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Ein Beitrag von www.unbekannter-bergbau.de

  

Technische Denkmale der Kalksteinverarbeitung:
Eine unvollständige Sammlung (noch) erhaltener Brennöfen

Begonnen 2018. Letzte Ergänzung Februar 2021 .

Inzwischen haben sich bereits einige Beiträge zu diesem Thema bei uns angesammelt, die wir bisher in unsere Rubrik „Regionales“ eingeordnet haben. Damit es für den interessierten Leser einfacher ist, sie zu finden, haben wir begonnen, diese Auflistung hieer zusammenzustellen, die freilich so schnell nicht fertig werden wird: Man kommt von dem einem immer wieder auf´s nächste und staunt immer auf´s Neue, wo überall unsere Vorfahren nach Kalkstein, Marmor und Dolomit gegraben haben. Die Bergbaumonographie Marmor im Erzgebirge ‒ welche allerdings auf die metamorphen Kalksteinvorkommen begrenzt ist ‒ vermittelt einen Eindruck davon.

Die hier eingefügten Textteile sind unseren montanhistorischen Beiträgen zu den jeweiligen Standorten entnommen, ggf. etwas gekürzt; und sollen hier in erster Linie die technischen Besonderheiten der einzelnen Ofentypen erläutern. Die zugehörigen Literaturangaben findet ihr in den jeweiligen montanhistorischen Beiträgen. Am Ende fügen wir hier einige Auszüge aus den Originalquellen an.

   

      Periodisch arbeitende Brennöfen
Feld- und Erdöfen
Harzer Öfen
Kammer- Öfen (Geithainer Typ)

      Kontinuierlich arbeitende Brennöfen
Kessel-, Zylinder- oder Schneller- Öfen (Niederschachtöfen)
Sonderform der Bienenkorb- Öfen
Ringbrandöfen
Rumford'sche oder Rüdersdorfer Öfen
Modernere Schachtöfen (Hochöfen)

Eine unvollständige Übersicht

Auszüge aus Literaturquellen zur Kalkbrennerei
J. H. Jung: Lehrbuch der Fabrikwissenschaft, 1785
Fr. J. Otto: Praxis der Landwirthschaft, 1840
Fr. Kirchhof: Der deutsche Landwirth, 1847
Das Hauslexikon für alle Stände, 1856
G. Wunder, A. Herbrig und A. Eulitz: Der Kalkwerksbetrieb in Sachsen, 1867
Meyer's Konversationslexikon, 1885-1892
O. Herrmann: Steinbruchindustrie und Steinbruchgeologie, 1899

  

 

 

Periodisch arbeitende Brennöfen

Feld- oder Erdöfen

 

Die ersten Einrichtungen zum Kalkbrennen waren einfache sogenannte Feldöfen ohne Ummauerung. Solche Brennöfen werden von J. Otto im Jahre 1840 wie folgt beschrieben: „…Noch muß das Brennen des Kalkes in Meilern*) wenigstens erwähnt werden. In einigen Gegenden Englands, auch Belgiens, werden die Kalksteine mit Steinkohlen oder mit Torf geschichtet, zu Meilern geformt, denen man eine Decke von Erde oder Rasen giebt. In der Mitte befindet sich, wie bei den Kohlenmeilern, ein Schacht, durch welchen das Anzünden bewerkstelligt wird. Die Leitung des Feuers wird, wie bei dem Kohlenbrennen, durch die Erddecke möglich gemacht. Man macht nämlich nach und nach in verschiedenen Höhen Oeffnungen (Räume, Räumlöcher) in die Decke des Meilers und regulirt durch Verschließung oder Vergrößerung derselben den Zug. Zieht sich das Feuer zu stark nach einer Seite, so werden an dieser die Oeffnungen mehr oder weniger verstopft; soll das Feuer nach einer Seite hingeleitet werden, so werden an dieser die Oeffnungen vergrößert, oder so wird hier die Anzahl derselben vermehrt.“

*) Anmerkung: Der Begriff „Meiler“ ist aus technischer Sicht eigentlich falsch. Der Meiler wird unter weitgehendem Luftabschluß, also unter reduzierenden Bedingungen betrieben (vgl. den (Holz-) Kohlen- Meiler). Dabei findet kein „Brennen“, sondern ein „Verschwelen“ statt. Beim Kalkbrennen erfordert bereits die höhere Brenntemperatur (bis zu 1.200°C) eine verstärkte Sauerstoffzufuhr.

  

Doch wieder zurück zu J. Otto anno 1840. Die inzwischen üblicherweise gemauerten Öfen beschreibt er wie folgt: „Man theilt die Kalköfen gewöhnlich in periodische und in continuirliche ein. Jene läßt man nach beendetem Brennen des Kalkes erkalten, um den Kalk auszuziehen; in diesen geht das Brennen ohne Unterbrechung vor sich, indem der gargebrannte Kalk von Zeit zu Zeit theilweise ausgezogen, und in dem Maße, als dies geschieht, der Ofen von oben wieder gefüllt wird. Die periodischen Kalköfen haben entweder keinen Rost, oder sie sind mit einem solchen versehen. …

Der in Figur 78 abgebildete Kalkofen ist ein periodischer Kalkofen ohne Rost, und ein Kalkofen der gebräuchlichsten Art. Man baute diese Oefen in einen Hügelabhang oder in den Abhang des Kalksteinbruches hinein, um den Kalkstein bequem zu ihrer obern Oeffnung, durch welche man sie füllt, karren zu können. Gewöhnlich werden mehrere Oefen neben einander angelegt, so daß dann eine Mauer zweien Oefen gemeinschaftlich ist, wie es die Fig. 79 zeigt.  

Der Durchmesser des abgebildeten Ofens beträgt im Lichten 6 Fuß, die Höhe 10 Fuß; a ist das 3 Fuß starke Mauerwerk; c das Gewölbe von ohngefähr 2 Fuß Breite und 4 Fuß Höhe, welches in das Innere des Ofens zu dem Heizraume führt, f sind Strebepfeiler.
 


  

Soll in dem Ofen Kalk gebrannt werden, so wird zuerst im Innern desselben aus ausgesuchten größeren Kalksteinen das Gewölbe d von 4 bis 5 Fuß Höhe gebildet, welches als Feuerraum dient und daher nach c zu offen ist. Hierauf wird der Ofen durch die obere Oeffnung (die Gicht) mit Kalksteinen vollends angefüllt und mit einer Schicht kleinerer Kalksteinstücke (Grus) gedeckt. Durch die Heizöffnung wird dann mit leicht entzündlichem Brennmaterial, mit Reisigholz oder Wasen, der Ofen langsam angewärmt und dann das Feuer allmählig bis zur vollständigen Gahre der Steine verstärkt.  

Der Ofen muß langsam angewärmt werden, damit die Kalksteine in Folge des raschen Entweichens der Feuchtigkeit, welche sie enthalten, nicht zerspringen. Beim Beginnen des Heizens, wo die Temperatur des Ofens noch niedrig ist, condensirt sich auf den Steinen der Wasserdampf, welcher beim Verbrennen des Brennmaterials gebildet wird, die Steine werden naß, der Luftzug ist wegen der niederen Temperatur noch schwach, die Verbrennung des Brennmaterials also unvollständig, es setzt sich Ruß auf die Steine ab und es entweicht aus der Gicht dicker schwarzer Rauch.

Je höher die Temperatur des Ofens aber wird, desto mehr vermindert sich der Rauch, der Ruß auf den Steinen verbrennt, sie werden wieder hellfarbig, es kommen Flammen an der Gicht zum Vorschein, die, anfangs dunkel und rußend, im weiteren Verlaufe des Brennens immer heller und rußfreier werden. Zeigt sich der Kalkstein unter der Decke als eine weißglühende, gleichsam wollige lockere Masse, so ist derselbe gahr gebrannt, der Proceß kann beendet werden. … 

 

Mit einer technischen und wirtschaftlichen Revision der unter dem Rentämtern Wolkenstein und Schwarzenberg stehenden, fiskalischen Kalkwerke zu Lengenfeld und Heidelbach, zu Hammerunterwiesenthal, Crottendorf und Scheibenberg wurden 1861 der Oberkunstmeister Friedrich Wilhelm Schwamkrug und der Berggeschworene Adolph August Friedrich Thiele beauftragt (40001, Nr. 2985). Sie berichteten über das Kalkwerk in Oberscheibe, daß man hier neben einem Rüdersdorfer auch noch immer über zwei Erdöfen verfüge.

Der Reinertrag pro Scheffel Branntkalk lag im Durchschnitt der Jahre 1859 und 1860 bei insgesamt etwa 6 Pfennigen je Scheffel. Bei dem eigentlich moderneren Zylinderofen wurden 44 bis 45 Scheffel Branntkalk, zuzüglich 3 bis 5 Scheffel Kalkasche, aus einer Ruthe Rohkalkstein erzeugt. Dagegen erzielte man in den Erdöfen zwischen 55 und über 56 Scheffel gebrannten Kalk, zuzüglich etwa 1,5 bis 2,5 Scheffel Asche.

Obwohl die Produktionsmenge der Erdöfen kaum ein Fünftel der des Rüdersdorfer Ofens ausmachte, erwiesen sie sich offenbar als effizienter hinsichtlich der Rohstoffausnutzung. Außerdem hielten die Revisoren fest, daß die Erdöfen vor allem im Frühjahr, wenn das Kalkgeschäft zu beginnen pflegt, in Betrieb gesetzt werden, um die zu dieser Zeit noch geringe Nachfrage befriedigen zu können; mit der Beschickung des Rüdersdorfer Ofens aber erst dann begonnen wird, wenn der Absatz eine solche Höhe erreicht hat, daß ...er ununterbrochen in regelmäßigem Betrieb gehalten werden kann. Die Erdöfen werden dann nicht mehr besetzt.“

 

Dr. G. Feichtinger, ordentlicher Professor an der Industrieschule in München, war der Autor des 6. Bandes: Chemische Technologie der Baumaterialien... des Handbuchs der chemischen Technologie von P. A. Bolley (Herausgeber), welcher im Jahr 1885 in Braunschweig erschienen ist. Dort werden in der Zweiten Abtheilung: Chemische Technologie der Mörtelmaterialien, noch im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts derartige Brennöfen wie folgt beschrieben (S. 7 ff):

4. Kalkbrennen

Der Ätzkalk wird ausschließlich durch starkes Erhitzen der in der Natur sich findenden Kalksteine (seltener Muschel- und Austernschalen) gewonnen, welchen Proceß man das Kalkbrennen nennt...

Das Kalkbrennen, d. h. die Darstellung des gebrannten Kalkes im Großen, wird auf verschiedene Weise ausgeführt, je nachdem man bei der Verwendung des Kalkes (ob zu Mörtel, Düngemittel etc.) verschiedene Ansprüche bezüglich der Qualität desselben macht, ferner je nachdem als Brennmaterial Holz, Torf, Steinkohlen oder Coaks zur Verwendung kommen und dann nach dem größeren oder geringeren Absatz des gebrannten Kalkes.

An Orten, wo das Brennmaterial sehr billig ist und wo der Bedarf nur ein vorübergehender ist, geschieht das Kalkbrennen noch auf die einfachste Weise in Meilern, Gruben oder Feldöfen.

Das Brennen in Meilern wird z. B. noch an den Ufern der Sambre in Belgien ausgeführt. Man gräbt auf der kreisrunden, 5 bis 6 m weiten Meilerstätte eine circa 1 m tiefe cylindrische Grube in der Richtung des Durchmessers vom Umfang bis etwas über den Mittelpunkt hinaus als Heizcanal aus, welcher mit größeren Steinen locker überwölbt wird. Die Löcher zwischen den großen Steinen werden mit kleineren so zugedeckt, daß die nun aufgeschütteten Kohlen nicht durchfallen können. Nachdem so die Feuergasse hergestellt ist, folgt der Aufbau des Meilers selbst, welcher aus abwechselnden Schichten von Kalkstein und Steinkohlen, je 19 bis 20 cm, in der Höhe von 4,5 m nach einem gewissen Plane besteht. Die Steine werden hoch gestellt, jedoch etwas nach innen geneigt. Die Steinschichten sind in dr Mitte des Meilers am dicksten und verlaufen gegen den Umfang hin; auch macht man jede obere Steinschicht stärker als die vorhergehende, die oberste etwa 30 cm dick. Die Kohlenschichten bleiben durchaus gleich. Auf diese Weise erhält der Meiler eine Art von Wölbung und der Bau hinreichend Sicherheit gegen das Einstürzen durch die beim Brennen erfolgende Schwindung. Sobald der Aufbau fertig ist, bekleidet man ihn äußerlich mit einer 50 mm dicken Lage von feuchtem Lehm und umgiebt das Ganze mit einem Mantel von liegend aufgeschichteten großen Steinen. Durch Einschieben von Reisig und dürrem Holz in die Feuergasse steckt man den Meiler in Brand, verschließt, sobald das Feuer ordentlich angebrannt ist, die Zündgasse mit Erde und leitet das Feuer, ähnlich wie beim Kohlenbrennen, durch passend angebrachte Zuglöcher. Auch hat man während des Brennens eines solchen Meilers fortwährend auf Risse und Sprünge im Lehmbewurf zu achten und solche schnell wieder zu verschmieren.

Ein solcher Meiler verbraucht bei einem Inhalte von ca. 50 Cubikmeter Kalkstein, 9,7 Cubikmeter Kohlenklein und erfordert mit acht Arbeitern vier Tage zum Aufschichten und fünf bis sechs Tage vom Anzünden bis zum Ziehen des fertigen Kalkes. Man erhält hierbei auch verhältnismäßig viel Staubkalk, welcher selbstverständlich mit viel Kohlenasche vermengt ist.

Kalkbrennen in Gruben. Man macht in eine Erdabdachung einen viereckigen Einschnitt mit abgerundeten Ecken von 1,20 bis 1,50 m Länge und Breite und 2,50 bis 3 m Tiefe, überzieht die inneren Wandungen mit einem Lehmbeschlag oder setzt sie mit feuerbeständigen Steinen aus. In dieser Grube werden die Kalksteine in der Weise aufgesetzt, daß durch größere Steine im unteren Theile ein freier 0,40 bis 0,60 m breiter und hoher Raum fast nach der ganzen Tiefe als Feuergasse gebildet und dieser oben durch gewölbeartig aufgesetzte Kalksteine geschlossen wird; über diesem werden kleinere Kalksteine so aufgeschichtet, daß die Flamme frei durchspielen kann; dabei wird die vordere Wand aus größeren Steinen regelmäßig angesetzt, damit die Kalksteine nicht zusammenrutschen können. In der Feuergasse wird die Feuerung mit Holz anfangs gelinde, dann stärker drei bis vier Tage beständig unterhalten, bis der Kalk gar ist. Mit 100 Pfund Steinkohlen werden im Durchschnitt 600 Pfund Kalksteine gar gebrannt.

Im bayrischen Oberlande, in Tyrol, in der Lahngegend etc. brennt man den Kalkstein zuweilen noch in sogenannten Feldöfen. Der Ofen ist ein in die Böschung eines Hügels eingebauter Schacht, den man aus denselben Kalksteinen, wie die zu brennenden, aber größeren Stücken, ohne Mörtelverbindung aufbaut. Auf den Boden wird zunächst ein Gewölbe für den Heizraum aus Steinen von geeigneter Form hergestellt, auf dieses Gewölbe werden die übrigen Kalksteine aufgeschüttet, doch so, daß die groben Steine zu unterst, dann die mittlerer Größe, dann die kleinsten kommen. An dem unteren Theile hat der Schacht noch einen Zugang zur Feuerung. Die Lage des Ofens an einer Erhöhung gestattet den bequemen Zugang sowohl von unten als von oben, und zugleich dient die umgebende Erde zum Zusammenhalten der Schachtmauer und der Wärme. Man verbraucht bei diesen Öfen ca. 1 Centner Buchen Stockholz auf 1 cbm gebrannten Kalk.

Es ist leicht einzusehen, daß das Kalkbrennen in Meilern, Gruben und Feldöfen ein höchst mangelhaftes ist; es erfordert einen bedeutenden Aufwand an Brennmaterial und Zeit, und außerdem ist der dadurch erzielte Kalk nicht immer tadellos, indem ein Theil der Kalksteine nur unvollkommen gebrannt erhalten wird; es ist daher diese Art zu brennen nur noch auf einige vom Verkehr noch wenig berührte Gegenden beschränkt. Wo es sich daher darum handelt, bedeutende Quantitäten von Kalk für einen größeren Absatz zu produciren und dabei an Arbeit, Zeit und Brennmaterial zu sparen, müssen zweckmäßig construirte, gemauerte Kalköfen angelegt werden.

Die Kalköfen haben eine sehr verschiedene Einrichtung und es haben diese namentlich in der letzten Zeit, besonders hervorgerufen durch den steigenden Preis des Brennmaterials, in Bezug auf Construction und die Art des Betriebes sehr wesentliche Verbesserungen erfahren...

  

Da solche Öfen stets reine Zweckbauten darstellten, die mit möglichst wenig Aufwand hergestellt wurden, sind so gut wie keine Exemplare bis auf unsere Tage überkommen.

  


Reste eines in die Haldenkante eingetieften Erdofens des Blume'schen Kalkwerkes zwischen Geithain und Tautenhain.

 

Zum Abbau des Plattendolomits bei Tautenhain

  

 

 

Harzer Öfen

 

In ihrem Gutachten aus dem Jahre 1867 beschreiben die Autoren Wunder, Herbrig und Eulitz unter der Bezeichnung „Harzer Ofen einen periodischen Ofen zur Feuerung „mit großer Flamme“, also mit Steinkohle. Nach dieser Beschreibung besaßen derartige Öfen einen viereckigen, meist quadratischen Grundriß von etwa 6 Ellen Seitenlänge (zirka 3 m) und gestatten in der Regel einen Einsatz von 2 bis 3 Ruthen Kalkstein (zu 54 Kubikellen gerechnet also bis zu 30 t) je Ofenbrand, „sie finden sich aber auch in anderen Dimensionen“.

Von Bedeutung ist der Zusatz der Autoren, daß sie „meist mit Tonnengewölbe versehen“ seien ‒ es handelte sich bei diesen also, zumindest gewöhnlich, nicht um oben offene Schachtöfen, sondern um Kammeröfen (siehe folgenden Abschnitt).

Wenn sie zur Befeuerung mit Kohle vorgesehen waren, mußte unterhalb der Feuergasse (oder mehrerer Feuergassen bei größeren Öfen) je ein Rost eingebaut sein, über den die Asche ausgetragen werden kann. Dieser könne entfallen, wenn der Brennofen ausschließlich für Holzfeuerung vorgesehen ist.

Die eigentlichen Feuergassen oberhalb der Luftzüge wurden aus grobstückigem Kalkstein gewölbeförmig gesetzt. Schon das Beschicken dieser Öfen war also sehr aufwendig. 1867 heißt es: „Bei diesen Öfen treten die Schattenseiten der Öfen zu periodischem Betriebe am grellsten hervor: Sie produciren sehr langsam; die Ausführung eines Brandes von 2 bis 3 Ruthen nimmt incl. des Beschickens und Ausfassens 2 bis 3 Wochen Zeit in Anspruch, so daß während der Brennzeit im Jahr (8 bis 10 Monate) höchstens etwa 12 bis 15 Brände bewerkstelligt und mittelst dieser nur gegen 50 Ruthen Urkalkstein gebrannt werden, was einer Production von etwa 3.000 Scheffeln entspricht. Auch die Bedienung dieser Öfen ist eine umständlichere als die der meisten anderen... Der Brennmaterialaufwand ist bei diesen Öfen größer als bei allen anderen, die üblich sind...

Daher muß es befremden, die Harzer Öfen so vielfach in Anwendung gebracht zu sehen. Namentlich in der Gegend von Wildenfels, auch im oberen Erzgebirge und auch auf den fiscalischen Werken begegnet man ihnen.“

In dem diesem voranstehenden Textabschnitt heißt es in derselben Quelle zu den Gründen, daß „da, wo ein starker und regelmäßiger, einen flotten Betrieb gestattender Absatz an Kalk stattfindet, den Öfen zu continuirlichem Betrieb der Vorzug zu geben ist; dagegen können auf Kalkwerken, die schwachen und unregelmäßigen Absatz haben, Öfen zu periodischem Betriebe trotz des größeren Brennmaterialaufwandes vortheilhaft sein; auch empfiehlt es sich, unter Umständen auf größeren Werken neben einer größeren Anzahl continuirlich arbeitender Öfen eine geringe Anzahl periodisch arbeitender anzulegen und letztere ausschließlich im ersten Frühjahr oder im Spätherbst, wenn die Nachfrage nach Kalk sehr schwach, zum Theil vom Wetter abhängig ist, und außerdem aushülfsweise neben den continuirlich arbeitenden zur Zeit des größten Bedarfes functioniren zu lassen. Freilich muß dabei auf die Vorliebe des Consumenten für Kalk aus dem einen oder dem anderen Ofen Rücksicht genommen werden...“

Da sie nur „meist“ überwölbt waren, was also heißt, daß es daneben auch andere, oben offene Typen gegeben haben muß, sind Harzer Öfen anhand ihrer Bauweise als solche oft kaum zu erkennen.

Möglicherweise meinten die Autoren 1867 mit diesem Begriff auch eine periodische Betriebsweise, die man im Übrigen bei den meisten Brennöfen mehr oder weniger ähnlich anwenden konnte. Dafür spricht u. a. auch der Umstand, daß sich in der Literatur eine Vielzahl von Berichten über verschiedene Brennofentypen findet, der Begriff „Harzer Ofen“ jedoch so gut wie nirgends sonst (z. B. überhaupt nicht in den zahlreichen Jahrgängen von Dingler´s Polytechnischem Journal) auftaucht.

Trotz inzwischen recht intensiver Nachsuche haben wir ihn bisher in nur sehr wenigen Quellen gefunden. Zum Beispiel werden in der ‒ allerdings auch 30 Jahre später erschienenen ‒ Schrift von O. Herrmann 1899 die Bezeichnungen Alter deutscher Ofen und Harzer Ofen für Kammeröfen des Geithainer Typs verwandt.

   

Eine weitere Quelle, in der diese Bezeichnung erscheint, ist das Handbuch der chemischen Technologie von P. A. Bolley (Herausgeber), dessen 6. Band sich der Chemischen Technologie der Baumaterialien... widmet und der im Jahr 1885 in Braunschweig erschienen ist. In der Zweiten Abtheilung: Chemische Technologie der Mörtelmaterialien, verfaßt von Dr. G. Feichtinger, ordentlicher Professor an der Industrieschule in München, finden wir in diesem Band die folgenden Angaben zum Harzer Ofen (S. 13 ff):

a. Kalköfen zu periodischem Betriebe

Dieselben sind immer noch an solchen Orten im Gebrauche, wo kein regelmäßiger und größerer Absatz vorhanden ist...

Zu den Öfen mit periodischem Betriebe und großer Flamme gehören die sogenannten Harzer Öfen, welche gewöhnlich einen inneren Ofenraum von ellipsoidischer Form haben. Soll der Ofen in Thätigkeit gesetzt werden, so baut man zunächst aus größeren Kalksteinen ein spitzbogenartiges Gewölbe, welches als Feuerraum dient. Auf dieses Gewölbe setzt man durch die Gicht die übrigen Kalksteine ein, bis der Ofenschacht gefüllt ist; dieses Gewölbe communicirt mit einer in der Vorderwand des Ofens befindlichen, verschliießbaren Öffnung, durch welche die Einführung des Brennmaterials erfolgt. Unter der Feuergasse läuft ein Rost hin, wenn der Ofen zur Steinkohlenfeuerung bestimmt ist; derselbe kann fehlen, wo Holzfeuerung stattfindet.

In Öfen von großen Dimensionen werden mehrere Feuergewölbe ausgespart. Das den Ofen bedeckende Gewölbe enthält eine Anzahl verschließbarer Öffnungen, wodurch der Zug regulirt werden kann. Bisweilen wird dieser noch durch Anbringung einer Esse vermehrt. In der Mitte des Ofens setzt man in der Regel noch eine Holzstange ein, durch deren Verbrennung nachher eine Höhlung entsteht, welche der besseren Vertheilung der Flamme und der Vergrößerung des Zuges förderlich ist. Nach dem Einsetzen der Steine wird durch die Heizöffnung ein leicht entzündliches Brennmaterial, Reisig u. dgl. gebracht und angezündet. Dadurch wird der Ofen allmälig angewärmt, so daß ein Zerbersten der das Gewölbe bildenden Steine vermieden wird. Nach und nach giebt man stärkere Hitze, bis die Steine vollständig gar werden...  Fig. 2 zeigt einen Harzer Kalkofen ohne Rost für Holzfeuerung; derselbe wird an einem Berghange angelegt, so daß er bequem von der Gicht aus beschickt werden kann, andererseits auch vor dem Winde mehr geschützt ist. Die Höhe desselben beträgt 4,9 m, der obere Durchmesser des Ofens 2 m, der untere Durchmesser 2,5 m und die Schürraumhöhe 1,2 . Ein Brand dauert einschließlich des Beschickens, Abkühlens und Entleerens etwa eine Woche; auf ein Volumen gebrannten Kalk rechnet man 2 bis 3 Volumen Buchenscheitholz.“

  


   

Fig. 3 und 4 zeigen einen Ofen mit Rost im Innern für Torf-, Braunkohlen- oder Steinkohlenfeuerung. c - Roststäbe in den Kerben eines eisernen Ringes, über welchen das Gewölbe aus größeren Kalksteinen aufgebaut ist, d - Aschenfall, b - Schürgasse, a - Arbeitsgewölbe. Anstatt eines Rostes, aus eisernen starken Stäben gebildet, kann ein soclher aus einem durchbrochenen flachen, aus Ziegelsteinen gemauerten Gewölbe gebildet werden. Der Rost wird 0,6 m über der Sohle des Ofens angebracht, gleiche Höhe hat auch das für das Heizmaterial unmittelbar über dem Roste vorhandene Mundloch; die Tiefe des Ofens, von der Gicht bis zum Roste, beträgt 2,55 m; der größte Durchmesser des ovalen Cylinders ist 1,88 m, der kleinere Durchmesser oben 1,5 m, unten 1,7 m. Je nach der Beschaffenheit des Kalksteins, des Brennmaterials, des Ofens und des Wetters dauert ein Brand 24 bis 48 Stunden. Man rechnet für derartige Öfen an Steinkohlen zum Feuern 1 bis 1,5 Volumen auf 3 Volumen gebrannten Kalk.

Die Bedienung dieser Öfen ist eine umständlichere als die der anderen; es können zwar große Steine gebrannt werden und ist deshalb ein Zerschlagen derselben nicht nöthig, aber die Steine müssen eingesetzt werden, und die Arbeit des Einsetzens ist besonders dann für den Arbeiter höchst lästig, wenn die neue Beschickung des Ofens erfolgen soll, bevor derselbe völlig erkaltet ist. Vollständiges Erkaltenlassen aber bedingt, da der Ofen geschlossen und überwölbt ist, beträchtliche Zeitverluste. Der Brennmaterialaufwand ist bei diesen Öfen größer als bei allen anderen...“

   



   

Wenn wir die Zeichnungen mit der Beschreibung vergleichen, vermissen wir allerdings das oben abschließende Gewölbe.

Wie unterschiedlich die Öfen ausgeführt waren, zeigen auch noch die folgenden Beispiele:

Einen Kalkofen, bei welchem der Aufbau eines Feuergewölbes umgangen ist, ist von Fink in Darmstadt construirt worden und in Fig. 5 im Verticaldurchschnitt und in Fig. 6 im Horizontaldurchschnitt durch die Abzugsöffnungen dargestellt... “

  



  

Bei Anwendung dieses schrägen Rostes ist es nicht mehr nothwendig, aus ungebrannten größeren Kalksteinen über den Feuercanälen Gewölbe zu setzen. Man legt die gröbsten Steine von unten ein und füllt die übrigen Steine in abnehmender Größe von oben von der Gicht aus ein. Zum Eintragen der Kalksteine (ca. 21 cbm) ist die Arbeit von 8 Mann und 1½ Tage nöthig. Der Brand dauert vier Tage und vier Nächte; wenn drei Tage und drei Nächte gefeuert ist, senkt man den eisernen mit Sand beworfenen Deckel... auf vier um die Gicht vertheilte Backsteine; ist der Kalk gar gebrannt, hört man mit dem Feuern auf und setzt den Deckel dicht auf; die Beschickung ist dann etwa 0,5 m unter die Gicht geschwunden. Nach drei bis vier Tagen kann der Kalk gezogen werden... Versuche, welche mit diesem Ofen zum continuirlichen Betriebe gemacht wurden, ergaben kein günstiges Resultat, weil seine breite Sohle das Abziehen des gebrannten Kalkes schwierig machte und oft veranlaßte, daß ungebrannte Kalkstücke von den zunächst der Abzugslöcher gelegenen höheren Schichten ausgezogen wurden...“

Der Professor aus München führt dann noch das folgende Beispiel an:

Ein periodischer Ofen mit seitlichen Rosten für Braunkohlen- und Steinkohlenfeuerung, wie er bei Berlin und Osnabrück mehrfach in Anwendung ist, hat nach Heeren nachstehende Einrichtung (Fig. 7 Verticaldurchschnitt, Fig. 8 der untere Theil des mit Kalkstein beschickten Ofens im Horizontaldurchschnitt und Fig. 9 im Verticalschnitt).“

  



   

Zum Brennen des Kalkes dient der untere, oben überwölbte Raum von 3,45 m Höhe, 3,60 m unterer und 3,13 m oberer Weite; die Feuerungen liegen hier außerhalb des Schachtes in gleicher Höhe mit dessen Sohle und von denselben gehen die Flamme und Feuergase in den Ofen. Es sind vier solcher Feuerungen vorhanden, symmetrisch um den Ofen vertheilt und mit eisernen, geneigten Rosten versehen, vor deren jeder zur besseren Vertheilung der Flamme  aus Kalksteinen ein kleines Gewölbe hergestellt ist. Darüber kommt Kalk, mit in der Mitte eingestecktem Holz, nach dessen Verbrennung ein Zugschacht entsteht; b - der Zugang zum Einbringen des Kalksteins, welcher während des Brennens mit Backsteinen zugemauert ist; d -  die Öffnung zum Ausfahren des gebrannten Kalkes, welche ebenfalls während des Brandes vermauert bleibt, c - eine Bedachung über dem Eingange zu dem bedachten, kreisförmigen Raume - m - um den Ofen, also zu den Schürlöchern und der Thüre d. a - ist ein Zugang zu dem oberen Mantel über dem Ofen und zu den Zuglöchern in dem Gewölbe des Ofens. Dieser Zugang dient, um das Austreten der Flamme aus den einzelnen Gewölbeöffnungen beobachten und je nach Erfordernis einzelne derselben durch aufgelegte Steine verschließen und dadurch die Gluth mehr nach anderen Stellen des Ofens hinlenken zu können. Der Brand dauert in diesen Öfen, das sechsstündige Schmauchfeuer eingerechnet, durchschnittlich 3 mal 24 Stunden, und man braucht auf 1 cbm Kalk ⅓ bis 2/5 cbm Steinkohlen...“

Dieser Ofen ist tatsächlich oben durch ein Gewölbe geschlossen und leitet damit zu den Kammeröfen vom Geithainer Typ über.

  


Leider nur noch Relikte sind von den zwei Barthel'schen Brennöfen an den "Kalklöchern" bei Kaltofen geblieben. Sie standen technisch vermutlich irgendwo zwischen den moderneren Schneller- Öfen und althergebrachten Feld- oder Erdöfen und könnten nach unserer Einschätzung durchaus als "Harzer Öfen" betrieben worden sein.

     

Zum Kalkabbau im Striegistal.

  

 
 
 

Kammeröfen (Geithainer Typ)

  

In dem Gutachten aus dem Jahre 1867 beschreiben die Autoren Wunder, Herbrig und Eulitz unter der Bezeichnung „Geithainer Ofen einen periodischen Ofen zur Feuerung „mit kleiner Flamme“, also mit Braunkohle, mit zylindrischem oder elliptischem und oben offenen Brennraum von etwa sechs Ellen (rund 3 m) Höhe und mit etwa 1½ bis 2 Ruthen Fassungsvermögen.

Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts bildeten – besonders bei kleineren Produzenten – sogenannte „Trichteröfen“ (auch als „Schneller“, „Zylinder-“ oder „Kesselöfen“ bezeichnet) aufgrund ihrer einfachen Bauweise und ihrer kontinuierlichen Betriebsweise die verbreitetste Brennofentechnik. Im technischen Sinne handelte es sich dabei um Niederschachtöfen.

Für diese Kammeröfen werden in der Schrift von O. Herrmann 1899 die Bezeichnungen Alter deutscher Ofen oder Harzer Ofen sowie Cylinderofen gleichbedeutend verwandt.

 

Mit der regional gebräuchlichen Bezeichnung Geithainer Ofen“ werden in Nordwestsachsen allerdings überwölbte Kammeröfen bezeichnet, welche sich sowohl zum Brennen von Kalk, als auch von Ziegeln eigneten. In dem Bericht von Wunder u. a. aus dem Jahr 1867 wird schon darauf verweisen, daß „schon ein Ueberbauen der Oefen dieser Art, wie dies von Bauch in Geithain bewirkt worden ist, ...eine Ersparniß an Brennmaterial...“ bewirke.

Bei diesen Kammeröfen wurde nebenbei auch die von Sir B. Thompson, Graf Rumford, schon um 1800 empfohlene Trennung von Brenngut und Feuerung durch die darin separierte Rostfeuerung*) realisiert. Der wesentliche Vorteil dieser Trennung bestand darin, daß reinerer Branntkalk erzielt werden konnte, da er sich von vornherein nicht mit der Asche vermischen konnte. Im Gegensatz zu den schachtförmigen – später nach dem Erfinder so benannten – Rumford'schen Öfen (oder auch „Rüdersdorfer Öfen“, weil 1803 der erste Brennofen dieser Bauart in Deutschland in Rüdersdorf bei Berlin in Betrieb ging) behielt man beim „Geithainer Ofen“ die bewährte Bauhöhe von stets weniger als 10 m bei, da man in diesen Öfen oft gleichzeitig Ziegel brannte, die natürlich von Hand eingestapelt werden mußten.

*) Von einer „Rostfeuerung“ spricht man, wenn die Unterseite des Brennraums für die festen Verbrennungsrückstände (Asche) durchlässig ist (einen „Rost“ besitzt). Unter dem Rost befindet sich der „Aschenfall“, aus dem diese ständig abgezogen werden kann, auch wenn das Feuer darüber ununterbrochen unterhalten wird.

 

Anlaß für diese Überlegungen war die während des 18. Jahrhunderts eingetretene Verknappung und damit natürlich auch Verteuerung des als Brennstoff noch immer vorherrschenden Holzes (oder Holzkohle). Das führte zum einen dazu, daß mit der noch heute bestehenden und 1929 der TU Dresden angegliederten Forstlichen Hochschule die erste forstwissenschaftliche Lehreinrichtung überhaupt gegründet wurde. Sie entstand zunächst als private forstliche Lehranstalt von Johann Heinrich Cotta zwischen 1785 und 1795 im thüringischen Zillbach und übersiedelte mit ihm 1811 nach Tharandt. Nach langwierigen bürokratischen Verhandlungen wurde sie 1816 Königlich-Sächsische Forstakademie. Hier wurde u. a. auch durch Hans Carl von Carlowitz 1713 in seinem Werk Silvicultura oeconomica der Begriff der „Nachhaltigkeit“ geprägt, welcher heute in aller Munde ist, wenn es um ökologisches Wirtschaften geht.

Zum anderen war die Holzverknappung Anlaß für die  Steinkohlenmandate, mit denen das sächsische Fürstenhaus schon ab der Mitte des 18. Jahrhunderts versuchte, den Einsatz von Stein- und Braunkohlen (letztere damals oft noch als „Torf“ bezeichnet) für Heizzwecke zu forcieren (vgl. auch 12884, Nr. 041 oder 10168, Nr. 2521).

Nachteil der Stein- und Braunkohlen aber war, daß sie weitaus mehr Schwefel enthielten. Die bis dahin als Nebenprodukt zu Düngezwecken eingesetzte Kalkasche war damit nicht mehr verkäuflich, weil deren Sulfatgehalt die Bodenversäuerung förderte, die man mit dem Kalken der Böden ja eigentlich gerade verringern wollte. Außerdem führte der Schwefelgehalt beim Brennen zur Bildung von Gips, was die Qualität des Branntkalkes verminderte.

Wie nachstehende Zeichnung aus dem Jahre 1766 zeigt, machte man sich daher schon früh über neue Brennofentypen Gedanken, bei denen Kohlenfeuerung zum Einsatz kam; möglichst noch verbunden mit einer Reduzierung des spezifischen Brennstoffeinsatzes. Es handelt sich dabei natürlich nicht um eine technische Zeichnung, wie wir das heutzutage gewohnt sind. Aber in der Zeichnung gut sichtbar und charakteristisch sind die Überwölbung des Brennraumes G, darüber die Rauchabzüge C, darunter die Feuerungen A mit dem Aschefall F.

 


Quelle: Sächsisches Staatsarchiv, Hauptstaatsarchiv Dresden, Bestand 10025 (Geheimes Konsilium), Loc. 5316/63: Acta, die zu Beförderung des Stein-Kohlen-Baues beschehenen Vorschläge betreffend, darin Blatt 210, dieses dat. auf 1766

 

Im Lehrbuch der rationellen Praxis der landwirthschaftlichen Gewerbe von F. J. Otto haben wir eine Beschreibung eines solchen Ofens aus dem Jahre 1840 gefunden:Die bei uns gewöhnlichen Ziegelöfen sind entweder oben offen, oder sie sind mit einem Gewölbe versehen. In der Regel halt man den gewölbten Ziegelofen für zweckmäßiger, als den offenen. Kein Praktiker erklärt sich entschieden für den gewölbten Ofen, weil das Ein- und Ausfahren schwieriger und langsamer bei denselben vor sich geht, daher kostspieliger ist, weil der Einsatz in der Gegend des Gewölbes nie sehr regelmäßig in seiner Schichtung ausfällt, und weil endlich die Regulirung des Brandes durch Oeffnen und Schließen der Zuglöcher mehr Aufmerksamkeit erfordert, als bei offnen Ziegelöfen. Es kann sich also trotz der Ersparniß an Brennmaterial, welche den geschlossenen Oefen nicht abzusprechen ist, ereignen, daß durch das schnellere und wohlfeilere Beschicken der offenen Oefen, die Ziegel bei Benutzung derselben wohlfeiler zu stehen kommen...

Fig. 88, 89 u. 90 zeigen einen gewölbten Ziegelofen. Fig. 88 ist ein senkrechter Durchschnitt nach der Lange des Ofens, Fig. 89 ein senkrechter Durchschnitt nach der Tiefe desselben, Fig. 90 ein horizontaler Durchschnitt in der Höhe der Einsatzöffnung t, a sind die sehr starken Umgangsmauern; c ist der Aschenfall mit dem darüber gespannten Roste, aus Ziegeln gemauert... Die Roste werden von einen Fuß hohem Mauerwerke eingefaßt, wodurch die sogenannten Bänke d, und die Feuergassen oder Schürgassen c (Fig. 88 u. 90) entstehen. iii.... in den Abbildungen sind Oeffnungen und Kanäle von 6 Zoll (zirka 15 cm) im Quadrat, in dem Mauerwelke des Ofens ausgespart; es sind die Zuglöcher, durch welche das Feuer regulirt wird. Nach den Erfahrungen vieler Brenner sind indeß die Zuglöcher im untern Theile des Ofens nicht vortheilhaft; man kann sich deshalb begnügen, im Gewölbe des Ofens 5 Reihen gerade aufsteigender Zugkanäle auszusparen.“ 

  


Bei dem im Folgenden vorgestellten Junghanns'schen Kammerofen haben wir die unteren Rauchabzüge nicht gefunden. Stattdessen besitzt er Zugänge in einer zweiten Ebene zum Einkarren.

 

Der abgebildete Ofen hat eine Länge von 18 Fuß, eine Tiefe von 12 Fuß, ist von den Bänken bis ans Gewölbe 10 Fuß, mit dem Gewölbe 16 Fuß hoch*). Diese Dimensionen werden aber auf die mannichfaltigste Weise abgeändert. Bald baut man die Oefen mehr quadratisch, bald giebt man ihnen eine weit bedeutendere Länge... Der abgebildete Ofen hat 3 Schürgassen, er ist, wie man sagt, ein dreischüriger... Für Torffeuerung ist ein Rost deshalb ganz unentbehrlich, weil dadurch die oft bedeutende Menge Asche, welche derselbe beim Verbrennen hinterläßt, aus der Feuerung entfernt wird. ...

Man brennt in den Ziegelöfen entweder Mauerziegel allein, oder Mauerziegel und Dachziegel zusammen, wo dann mit den ersteren der untere Theil des Ofens, welcher die höchste Temperatur erhält, angefüllt wird. Soll gleichzeitig Kalk mit in dem Ofen gebrannt werden, was recht wohl geschehen kann, so kommt dieser ganz unten in den Ofen. Die Ziegel werden auf den Bänken erst so aufgebaut, daß über der Schürgasse an denselben 2 bis 3 Fuß hohe Gewölbe gebildet werden, ... Hierauf wird der Ofen vollgesetzt. Die Ziegel kommen im Ofen auf die hohe Kante zu stehen, und zwar am häufigsten so, daß Schichten von je 3 Steinen sich rechtwinklich kreuzen. Es bleiben auf diese Weise hinreichende Zwischenräume, durch welche die Flamme hindurch gehen kann...

Bei dem Brennen im gewölbten Ofen sind Anfangs alle die oben erwähnten Zuglöcher im Gewölbe offen; durch diese kann der Gang des Ofens beurtheilt werden. Im Verlaufe des Brennens werden diese Zuglöcher nach und nach sämmtlich durch aufgelegte Steine geschlossen, und zwar reiheweis von vorn nach hinten zu. Es werden nämlich im vordem Theile des Ofens die Ziegel zuerst gahr gebrannt, an dem der Heizöffnung entgegengesetzten Theile zuletzt. Sobald die Steine vom im Ofen gahr sind, wird die erste Reihe der Züge geschlossen, damit die Flamme nicht mehr nach dieser Stelle sich ziehen kann, und so fahrt man fort, die Züge zu schließen, sobald die darunter liegenden Steine den gehörigen Grad der Hitze erhalten haben. Der Brand ist sonach beendet, wenn die letzte Reihe der Züge geschlossen werden kann...

Nach beendetem Brennen werden alle Oeffnungen des Ofens vermauert oder verschlossen, damit eine langsame Abkühlung der Steine stattfinde; 5 bis 6 Tage sind gewöhnlich zum Abkühlen erforderlich. Rechnet man zum Einsetzen der Steine ohngefähr 4 Tage, zum Brennen 7 bis 8, zum Abkühlen 5 bis 6 Tage, so kann in diesem Öfen etwa alle 3 Wochen ein Brand gemacht werden. Der in Fig. 88 abgebildete Ofen von 18 Fuß Länge und 12 bis 13 Fuß Tiefe wird dabei ohngefähr 15.000 Stück Ziegel liefern können. ...

*) Die Dimensionen des abgebildeten Ofens wären also in etwa: 6 m Länge, 4 m Tiefe und 3,3 m Höhe bzw. bis in den Gewölbescheitel 5,3 m Höhe. Mit etwa 4 m Stapelhöhe gerechnet käme man auf einen Inhalt von 96 m³.

 

In Geithain wurde 1854 von Emil Junghans der erste derartige überwölbte Kammerofen mit Rostfeuerung errichtet. Für diese Bauart wird später regionalspezifisch auch die Bezeichnung „Geithainer Ofen“ verwendet.

Wie in Geithain schon seit langem üblich, wurden auch jetzt mindestens zwei Brennkammern nebeneinander errichtet. Die beiden Kammern dieser daher gelegentlich auch als „Doppelkalköfen“ bezeichneten Brennöfen wurden wechselseitig betrieben, weswegen dieser Ofen wieder ein „periodischer“ und kein „kontinuierlicher“ Brennofen war. Schließlich mußte ja jeweils eine Kammer abkühlen, um das gare Brenngut abziehen und neues einkarren zu können, während die andere neu angeheizt wurde.

Der hier aber besonders angestrebte Vorteil bestand darin, daß man in diesen Öfen sowohl Kalk, als auch Ziegel brennen konnte. Da der Kalkstein eine höhere Brenntemperatur benötigte, wurde er meist unten eingesetzt. Darüber wurde mit Kalkgrus eine ebene Fläche geschaffen, auf der man die Ziegel stapeln konnte.

Daneben erhoffte man sich durch die „Einhausung“ durch die Überwölbung natürlich auch eine bessere Energieausnutzung, sprich Brennstoffeinsparungen. Durch die Beschickung des Ofens von der Seite her ersparte man sich außerdem die Gichtbühne.

 


Der Grundriß: Die Außenmaße der beiden Brennkammern des Junghans'schen Ofens betragen zirka 7 m x 7 m. Nur die westliche Stirnseite wurde zusätzlich mit zwei Strebepfeilern abgestützt. Unsere Zeichnung ist natürlich auch etwas schematisch.

 


Wir schneiden unseren Ofen nochmal auf: War eine Kammer vollständig beschickt, wurden die Feuerungen entzündet. Mit dem Schornsteinzug wurde nicht nur Rauch abgeführt, sondern auch die erhitzte Luft aus den Feuerungen in die Brennkammer „gesaugt“.
Die Temperaturverteilung im Ofen war natürlich durch die seitlich liegenden Feuerungen ungleichmäßig.

  

Im Grundriß oben erkennt man die unteren Beschickungstore an den Stirnseiten und an der breiten Südseite je drei Feuerbänke zur Beheizung der beiden Brennkammern. Nur in diesen Feuerungen wurde geheizt; in den Brennraum selber gelangte mit dem Zug der Rauchgase nur die erhitzte Luft – die Asche blieb draußen.

Die lichte Weite der Brennkammern beträgt 4,5 m quer zum unteren Zugang bei 4,75 m Länge. Da die heiße Luft naturgemäß nach oben strömt, besitzen die beiden Brennkammern mit etwa 5 m (in der Gewölbemitte) auch eine beachtliche lichte Höhe, welche zeitgleich gebauten Niederschachtöfen völlig vergleichbar ist. Das sehr flache Tonnengewölbe wölbt sich über die größere Länge und liegt bei etwa 4 m Höhe den Mauern auf. Jede Kammer des Brennofens faßte somit also wenigstens 85 m³; stapelte man bis unter die Gewölbemitte, theoretisch sogar bis zu 100 m³. Er entspricht also ziemlich gut der Beschreibung eines solchen Ofens von Herrn Otto aus dem Jahre 1840.

Auch diese Öfen wurden nach Möglichkeit in geneigtes Gelände eingetieft, um einfacher zu den oberen Beschickungstoren gelangen zu können. Da 1854 noch niemand einen Gabelstapler zur Verfügung hatte, war diese zweite Ebene schlicht erforderlich, um das Brenngut – unabhängig davon, ob Kalk oder Ziegel – auch bis unter das Gewölbe stapeln zu können. Beim Einkarren müssen Zwischenräume in den Brenngut-Stapeln als Strömungskanäle für die heiße Luft ausgespart bleiben.

Der Ofen würde freilich nicht funktionieren, wenn die Gewölbe tatsächlich „dicht“ gewesen wären. Der für die Feuerung und für den Wärmetransport in die Brennkammern hinein nun einmal unverzichtbare Zug sorgte auch bei diesem Ofentyp dafür, daß ein großer Anteil der Verbrennungsenergie als „Abwärme“ mit den Rauchgasen in den Himmel entschwand.

Um den Zug in die Brennkammer hinein, durch die Feuergassen zwischen den Brenngut-Stapeln hindurch nach oben zu lenken und dabei den Zutritt kalter Luft zu verhindern, wurden die beiden Beschickungstore vor dem Entzünden vermauert. Damit diese Mauerung der Hitze auch standhielt, wurde sie gewöhnlich doppelt ausgeführt und der Zwischenraum mit Sand oder Asche aufgefüllt.

Die Brennkammern selbst waren mit Ziegelmauerwerk ausgekleidet. Trotzdem schädigten die thermische Ausdehnung durch die hohe Brenntemperatur (und die danach immer wieder erforderliche Abkühlung) auf Dauer selbst das massivste Mauerwerk.

Dieser Ofentyp bildete einen Zwischenschritt auf dem weiteren technischen Entwicklungsweg, der die Verbesserung der Energieausnutzung bei den sehr energieintensiven Brennprozessen zum Ziel hatte. Man kann ihn – ähnlich wie die Rumford-Öfen – als einen der ersten „Industrie-Öfen“ ansehen, auch wenn sein periodisches Arbeitsprinzip für die Erzeugung von Massenrohstoffen wie Branntkalk nicht durchsetzen konnte.

 


Denkmalgerecht gesicherter, aber schon wieder stark bewachsener Doppelkammerofen des Junghans'schen Kalkwerkes in Geithain, errichtet 1854.

 


2001 denkmalgerecht gesicherter, jedoch schon wieder stark bewachsener Mehrkammerofen des ehemaligen Kretzschmar'schen Kalk- und Ziegelwerkes in Geithain, errichtet 1869, mehrfach umgebaut.

  

Zum Abbau des Plattendolomits bei Geithain

  

 
 
 

Kontinuierliche arbeitende Brennöfen

Kessel-, Zylinder oder Schneller- Öfen (Niederschachtöfen)

  

Eine Weiterentwicklung der Feldöfen bildeten die oft sogenannten Trichteröfen, bei denen innerhalb einer Heizkammer etwa in der Mitte eine Temperatur von 1.100°C bis 1.250°C konstant aufrechterhalten wird. Der Kalkstein wird bei diesen stets zusammen mit dem Brennstoff von oben in den Trichter eingefüllt, die chemische Reaktion erfolgt in der Mitte innerhalb des Ofenschachtes (in der sogenannten „Brennzone“); die aus der Brennzone aufsteigenden heißen Gase wärmen zudem die nachsinkende Kohle vor. Bis zum untenliegenden Abzug des Trichters kühlt der entstandene Branntkalk ab und wird dort entnommen. Dieses Vorgehen ermöglichte gegenüber den Feld- und Kammeröfen einen kontinuierlichen Anlagenbetrieb. Wie in der Beschreibung der „Harzer Öfen“ dargestellt, konnte man natürlich auch hier nur einen Brand durchführen, dann den gesamten gebrannten Kalk ziehen und den Ofen anschließend neu beschicken, so daß er dann quasi „periodisch“ in Betrieb stand. Auf diese Weise konnte man in absatzschwächeren Zeiten auch bei diesen Öfen die Produktion relativ stark verlangsamen.

Für eine nähere Beschreibung der ersten Trichteröfen zitieren wir wieder zeitgenössische Quellen. J. H. Jung beschreibt sie 1785 so: „Die gewöhnliche und allgemeine Art der Kalköfen ist am bequemsten und lange nicht so kostbar: Man gräbt in einen Hügel eine trichterförmige Grube, und führt von der Seiten her einen Gang dazu, der im Anfang weit, aber gegen die Spitze der Grube immer enger wird; der Trichter endigt sich unten in eine runde Oeffnung, welche etwa anderthalb Schuh im Durchmesser hat, auch der Trichter selbst ist rund; unter jener Oeffnung endigt sich auch der Gang, mit einer ebenso grossen Oeffnung, hier wird das Feuer unterhalten; sowohl der Gang als der Ofen selbst wird mit feuerfesten Steinen dicht ausgemauert.  

Der trichterförmige Ofen wird mit Kalksteinen dicht ausgemauert; die untere Oeffnung aber mit denselben gewölbt; die dickesten Steine bringt man zunächst an die Wand, und die kleinere in die Mitte. Oben über bedeckt man alles mit kleinem Gesteine, und baut einen Schuppen, oder ein Dach darüber, gegen den Regen. Alsdann macht man zuerst ein gelindes Feuer, verstärkt es allmählig bis zur höchsten Glut, und lässt es ja nicht auslöschen, bis die Steine gar sind; denn man hält dafür, daß sich die Flamme nicht so gern wieder durch die Steine zöge, als wenn sie beständig unterhalten wird. Wenn der Kalk ausgebrannt ist, so lässt man das Feuer auslöschen.“

Über die später gewöhnlich gemauerten Trichteröfen haben wir bei J. Otto 1840 gelesen: „Das Brennen des Kalkes geschieht in unseren Gegenden fast stets in Kalköfen, in einigen Ländern brennt man denselben aber auch in Meilern (der Begriff Meiler ist im technischen Sinne falsch, siehe Anmerkung oben zu den Feldöfen). Die Gestalt der Oefen ist sehr verschieden. Am häufigsten sind sie cylindrisch oder eiförmig; den Ziegelöfen ähnliche Kalköfen*) finden sich, wenigstens in unserer Gegend, seltner.“  

*) Damit sind Kammeröfen gemeint.

  

Ein angestrebter, höherer Durchsatz führte zum Einsatz von sogenannten Schachtöfen. Als solcher wird allgemein ein Brennofen mit der geometrischen Grundform eines auf seiner Grundfläche stehenden Hohlzylinders, Hohlkegels oder Hohlquaders bezeichnet, wobei die Höhe des Ofenkörpers seine Länge und Breite um ein Vielfaches übertreffen kann. Am unteren Ende des Ofeninnenraums befindet sich die Feuerstelle, deren Verbrennungsgase aufgrund des von der Form erzeugten Kamineffektes nach oben geleitet werden und dort entweichen. Bei solchen Öfen werden Brenngut und Brennstoff gewöhnlich gemischt aufgegeben.

Als Niederschachtofen wird dabei ein Ofen mit geringerer Bauhöhe (bis zu zehn Meter) im Unterschied zum Hochofen bezeichnet. Nach ihrem Arbeitsprinzip stellen die Schneller-Öfen Niederschachtöfen dar.

J. Otto schreibt 1840 zu den Brennöfen: Die periodischen Kalköfen haben den Nachtheil, daß, nach beendetem Gahrbrennen des Kalkes, der Ofen bis zur nächsten Füllung sich vollständig abkühlt, also bei einem neuen Brande wieder mit dem Aufwände einer gewissen Quantität Brennmaterial erhitzt werden muß, und daß die Wärme, welche der gebrannte hellrothglühende Kalk besitzt, gänzlich verloren geht, indem dieselbe von der nach Beendigung des Brennens durch den Ofen ziehenden Luft weggeführt wird…  

Es giebt nun zwei verschiedene Arten von continuirlichen Oefen, welche den genannten Nachtheil nicht zeigen. Bei der einen Art wird der Kalkstein in abwechselnden Schichten mit dem Brennmaterial, das dann nur Torf, Braunkohle oder Steinkohle sein kann, oben aufgegeben, und der gebrannte Kalk von Zeit zu Zeit unten herausgezogen. Bei der zweiten Art befindet sich die Feuerung in einer gewissen Höhe über der Sohle eines Schachtes, und zwar außerhalb desselben, so daß der Kalkstein in dem Ofen nicht mit dem Brennmaterial selbst in Berührung kommt, sondern nur durch dessen Flamme erhitzt wird. Wird durch, an der Sohle des Ofens angebrachte, Abzugsöffnungen der unterhalb der Feuerungen befindliche Kalk herausgezogen, so sinkt der oberhalb derselben befindliche Kalk nach und es kann Kalkstein wieder durch die Gicht eingeschüttet werden.  

Fig. 82 zeigt einen continuirlichen Ofen der erstgenannten Art, welcher sich bewährt hat. Derselbe ist trichterförmig und ebenfalls in einen Hügel gebaut, um bequem zu seiner Gicht kommen zu können. Der obere Durchmesser des Trichters i. betragt 12 Fuß, der untere 5 Fuß, die Höhe desselben 14 Fuß; d ist eine Abzugsöffnung von 2 ½ Fuß Höhe und 2 Fuß Breite. Dieselbe ist während des Brennens mit einer Thür geschlossen; e ist eine Oeffnung von 4 Zoll Höbe und 6 Zoll Breite zum Einströmen der atmosphärischen Luft. Es befinden sich im Umkreise des Ofens 3 Abzugsöffnungen und 3 Zugöffnungen, wie es die Fig. 83 zeigt, in welcher die entsprechenden Theile mit denselben Buchstaben, wie in Fig. 82, bezeichnet sind; a ist das Mauerwerk des Ofens.
 


  

Man erkennt, daß die Verbrennung des Brennmaterials, welches, wie schon erwähnt, Torf oder Kohle (Holzkohle, Braunkohle oder Steinkohle) sein muß, oberhalb c erfolgt; unterhalb c sammelt sich der gebrannte Kalk an und er wird von Zeit zu Zeit, nachdem seine hohe Temperatur zum Erhitzen des darüber liegenden, noch nicht gahr gebrannten, Kalkes benutzt ist, durch die Abzugsöffnungen aus dem Ofen gezogen, worauf man dann wieder abwechselnde Schichten von Kalkstein und Brennmaterial aufgiebt. Es versteht sich wohl von selbst, daß die Kalksteine für diesen Ofen nicht zu groß sein dürfen, und daß sie möglichst von gleicher Größe genommen werden müssen.  

Beim Anheizen des Ofens werden auf der Sohle des selben aus Kalksteinen Feuergassen gebaut, welche nach den Abzugsöffnungen hin offen sind, dann wird der Ofen mit Schichten von Kalkstein und Brennmaterial anfangs nur bis etwas über die Luftzüge hin angefüllt. Hierauf heizt man, bei geschlossenen Luftzügen, durch die Abzüge, so lange mit leichtem Holze, bis der unter den Luftzügen befindliche Kalk gahr gebrannt ist, wobei man von Zeit zu Zeit in dem Maaße, als der Kalk zusammensinkt, neue Mengen von Kalkstein und Brennmaterial nachgiebt. Hierauf schließt man die Kalkabzüge, öffnet die Luftzüge und füllt den Öfen mit Schichten von Kalkstein und Brennmaterial vollends an. Sobald ein beträchtlicher Theil des über dem Zugloche befindlichen Kalkes ebenfalls gahr gebrannt ist, wird aus den Abzugsöffnungen Kalk gezogen und dies ohngefahr alle 6 bis 8 Stunden wiederholt. …“

 

Im Handbuch der chemischen Technologie von P. A. Bolley (Herausgeber), dessen 6. Band sich der Chemischen Technologie der Baumaterialien... widmet und der im Jahr 1885 in Braunschweig erschienen ist, wird in der Zweiten Abtheilung: Chemische Technologie der Mörtelmaterialien, verfaßt von Dr. G. Feichtinger, ordentlicher Professor an der Industrieschule in München, folgende Beschreibung festgehalten (S. 20 ff):

b. Kalköfen für ununterbrochenen Betrieb

Bei diesen braucht man das Mauerwerk während der ganzen Zeit, wo man Kalk brennt, nur einmal zu heizen, man hat daher nicht die Verluste an Wärme durch die Abkühlung des Ofens beim Ausleeren und Füllen, wie bei Öfen mit periodischem Betriebe; daraus folgt, daß diese Öfen eine große Ersparnis an Brennmaterial und Arbeitszeit gewähren; sie sind aber nur da am Platze, wo ein regelmäßiger gesicherter Absatz in Masse vorhanden ist...

Die Öfen zu continuirlichem Betriebe mit kleiner Flamme haben gewöhnlich die Form eines Trichters. Fig. 15 zeigt einen solchen Ofen, Schneller- oder Trichterofen (auch Kessel- oder Trichter-Schüttofen) genannt, im verticalen Durchschnitt.“

   


   

Die Höhe des Ofenraumes A beträgt etwa 4,8 m, der kreisförmige Querschnitt desselben hat an der Ofensohle 1,4 m, an der Gicht 2,8 m Durchmesser. Die Ofensohle ist sattelförmig. An den beiden einander diametral gegenüberliegenden am tiefsten gelegenen Stellen der Ofensohle befinden sich die Öffnungen - b, durch welche der gebrannte Kalk herausgezogen wird, und durch welche die zur Verbrennung erforderliche Luft einströmt. Soll der Ofen in Betrieb gesetzt werden, so zündet man zunächst auf der Ofensohle ein kräftiges Feuer an, bedeckt es mit einer Kalksteinschicht, der man immer abwechselnde Schichten von Brennmaterial und Kalkstein folgen läßt, bis der Ofen gefüllt ist. Die letzte Schicht Steine ist über der Gicht aufgehäuft, und an dem Einsinken derselben erkennt man das Fortschreiten des Brandes; das Einsinken rührt nicht nur von der Volumenverminderung der Steine, sondern auch von dem Abbrennen der Kohleschichten her. Hat die von unten nach oben fortschreitende Gicht die oberste Brennmaterialschicht erfaßt, so zieht man durch die Öffnungen b gebrannten Kalk heraus; hierbei muß derselbe einen Rost - c - passiren, durch welchen die Kalkasche nach dem Raume d hindurchfällt, während der Stückkalk in die Räume f gelangt. Das Ziehen des Kalkes geschieht in regelmäßigen Zeitabschnitten. In dem Maße, als das Brennmaterial abbrennt und unten garer Kalk gezogen wird, sinkt der Inhalt des Ofens nieder, und in gleichem Maße werden durch die Gicht neue Schichten von Brennmaterial und Kalkstein aufgegeben; damit nicht Kalk außer der Zeit durch die Öffnungen b herausfallen kann, werden dieselben durch Vorstellsteine oder durch in Angeln bewegliche Gitter geschlossen; hierdurch läßt sich auch der Zug vermindern. Im Anfange, wenn ein solcher Ofen in Betrieb gesetzt wird, muß das Brennmaterial in dickeren Schichten aufgegeben werden. Bei einem Ofen der angegebenen Dimensionen können in 24 Stunden gegen 8 cbm Kalk gezogen werden, wozu cirka 40 Centner Kohlen verbraucht werden.“

   


Wir zeigen als Beispiel für diese Konstruktionsweise den Aufbau des Kalkofens bei Steinbach. Dieser Ofen kann als typisches Beispiel gelten und seine Errichtung ist anhand des gut erhaltenen Schlußsteins im Gewölbe der Ofenfront sicher auf das Jahr 1798 zu datieren.

  


Den eigentlichen Brennraum bildete der mehr oder weniger trichter- oder zylinderförmige, mit Ziegelmauerwerk ausgekleidete Schacht im Inneren des Bauwerks. Dieser quasi „versteckte“ Schachtofen hatte selten mehr als 8 m Höhe. Am unteren Ende besaß er Abzugsöffnungen für den gebrannten Kalk und die angefallene Asche.

 


Der Vorgang des Kalkbrennens am Beispiel eines im 18. und 19. Jahrhundert üblichen Schnellerofens. Das Schnittbild entspricht unseren noch folgenden Zeichnungen zum Kalkofen bei Steinbach. Die oft in schönem Bruchsteingewölbe aufgemauerten, unteren Zugänge waren gewissermaßen „Windkanäle“ und von großer Bedeutung für den chemischen Prozeß.

  


Einzeln stehender Schneller oder Niederschachtofen am ehemaligen Kalkwerk Schmutzler in Burkhardswalde.

 

Zum Kalkstein- und Marmorabbau im unteren Triebischtal

 


Einzeln stehender Schneller oder Niederschachtofen an der Graf Carl Fundgrube in Obermunzig.

 

Zum Kalkstein- und Marmorabbau im unteren Triebischtal

 


Zwei einzeln stehende Schneller oder Niederschachtöfen des ehemaligen Kalkwerkes Kippe in Groitzsch.

  

Zum Kalkstein- und Marmorabbau im unteren Triebischtal

 


Stark verfallene Reste zweier Kalköfen am Grünen See in Schmiedewalde.

 

Zum Kalkstein- und Marmorabbau im unteren Triebischtal

 


Einzeln stehender Schneller oder Niederschachtofen am ehemaligen Kalkwerk in Blankenstein.

 

Zum Kalkstein- und Marmorabbau im mittleren Triebischtal

  


Einzeln stehender Schneller oder Niederschachtofen am ehemaligen Kalkwerk bei Steinbach, nach dem Schlußstein 1798 erbaut.

 

Zum Kalkstein- und Marmorabbau im mittleren Triebischtal

  


Stark verfallene Reste eines einzelnen Kalkofens des ehemaligen Roßberg'schen Kalkwerkes bei Trebanitz, südlich von Ostrau.

 

Zum Abbau des Plattendolomits in Ostrau und südlich von Mügeln

  


1864 errichteter Kesselofen des Facius'schen Kalkwerks bei Raschau mit Schornsteinaufsatz.

 

Zum Abbau von Kalkstein und Marmor bei Schwarzenberg

  


Schon Ende der 1990er Jahre war der Bachmann'sche Zylinderofen in Meerane- Crotenlaide fast gänzlich zugewuchert. Von der Hoffläche aus sah man ihn fast nicht mehr, wenn man nicht weiß, wo man nach ihm suchen muß. Aufnahme: M. Och.

  

Zum Abbau des Plattendolomits bei Meerane

  


Am ehemaligen Kalkwerk Humboldtschacht bei Venusberg steht noch ein Schneller mit etwas abweichender Bauart.

  

Zum Marmor- Abbau bei Venusberg

  

 
 
 

Die Sonderform der Bienenkorb- Öfen

  

Aufgrund der Lagerstättenbedingungen um Ostrau mit sehr ausgedehnten Vorkommen und vergleichsweise großen Dolomit- Mächtigkeiten (bis zu 22 m) bei beherrschbaren Abraummengen war besonders in der östlichen Region um Ostrau auch die Fördermenge von Rohdolomit deutlich größer als in vergleichbaren Revieren, wie etwa in Geithain. Zudem erleichterte der bereits 1847 in Betrieb genommene Eisenbahnanschluß nach Döbeln und Riesa den Absatz, umgekehrt aber auch den Antransport von Brennstoffen (Steinkohle aus dem Plauenschen Grund bei Dresden, aus Lugau oder Zwickau) enorm.

Die daraus resultierenden Unterschiede der Brennofenanlagen stellen auch die Autoren eines Berichtes über den Kalkwerksbetrieb in Sachsen (Prof. Wunder, Chemnitz sowie die Mitautoren A. Herbrig und A. Eulitz, 1867) heraus. Wir können in dieser Quelle nachlesen:

...Man unterscheidet hiernach Oefen mit großer und Oefen mit kleiner Flamme. (Es) sei zunächst auf einige wesentliche Momente hingewiesen, durch welche sich der Betrieb von Oefen... unterscheidet.

Beiderlei Oefen setzen, ..., die Anwendung verschiedenen Brennmaterials voraus, und ist daher, wo es sich um die Frage handelt, welcher Art Oefen der Vorzug zu geben sei, mit in Betracht zu ziehen, ob im concreten Falle die Benutzung des einen oder des anderen Brennstoffes gestattet, resp. geboten ist. So brennt man z. B. in der Gegend von Geithain - Frohburg einerseits und Ostrau - Mügeln andererseits Kalksteine von genau gleicher Qualität. Während man aber dort auf die Benutzung von Braunkohlenziegeln angewiesen ist, die mit leidlicher Flammenentwicklung brennen, unter einer Last von Kalksteinen aber vollständig zerdrückt werden würden, gestattet in der Ostrauer Gegend die Nähe der Eisenbahn die Herbeischaffung und Verwendung schlechter Steinkohle und Coakes (veraltet für Koks), die nur mit kleiner Flamme brennen, der Gefahr, durch aufgeschichteten Kalkstein zerdrückt zu werden, aber nicht unterliegen...“ 

Wohl aus diesen Gründen hat man sich in dieser Region auf eine hohe Branntkalk- Produktion eingerichtet und die Schnelleröfen ab den 1850er Jahren zu ganzen Ofenbatterien mit drei bis acht reihenförmig hintereinander angeordneten Brennöfen kombiniert. Je nach Förderung und Absatz konnten davon dann nur einer oder mehrere oder auch alle angefeuert werden. Bei geringem Absatz wäre es auch möglich, einzelne Öfen abwechselnd ‒ periodisch ‒ zu betreiben.

In einem Bericht über das „Kalkwerk Fogel, Münchhof“ vom 17.12.1951 (40030-1, Nr. 1082, S. 59) taucht für diese Bauart dann die Bezeichnung „Bienenkorb-Öfen“ auf, die wir sehr treffend finden.

  


Stark verwachsener Bienenkorb- Ofen mit sechs aneinandergereihten Schachtöfen im Kalkgrund bei Ostrau.

  

Zum Abbau des Plattendolomits in Ostrau und südlich von Mügeln

  


Sanierter Bienenkorbofen der ehemaligen Kalkgenossenschaft, später Krug'sches Kalkwerk in Ostrau mit sechs aneinandergereihten Schachtöfen und einem Doppelkammerofen (ganz rechts im Bild).

  

Zum Abbau des Plattendolomits in Ostrau und südlich von Mügeln

  


Zwei denkmalgerecht gesicherte Bienenkorböfen mit jeweils drei aneinandergereihten Schachtöfen am ehemals Roßberg'schen Kalkwerk in Münchhof bei Ostrau.

  

Zum Abbau des Plattendolomits in Ostrau und südlich von Mügeln

  


Nahezu vollständig verfallene Reste des Bienenkorb-Ofens des ehemaligen Uhlemann'schen Kalkwerkes in Schrebitz, Am Birkenwäldchen, südlich von Mügeln.

 

Zum Abbau des Plattendolomits in Ostrau und südlich von Mügeln

  


Gut erhaltene Reste von zwei Bienenkorböfen mit je vier aneinandergereihten Schachtöfen des ehemaligen Lorenz'schen Kalkwerkes in Schrebitz, Kalkstraße.

 

Zum Abbau des Plattendolomits in Ostrau und südlich von Mügeln

  


Stark verfallene Reste der Kalkwerksanlagen des ehemaligen Wolf'schen Kalkwerks in Schrebitz, Zävertitzer Straße.

 

Zum Abbau des Plattendolomits in Ostrau und südlich von Mügeln

  

 
 
 

Ringbrandöfen

  

Die nach oben ziehenden, heißen Abgase werden in einem Schachtofen zum Vorwärmen und Trocknen des von oben aufgegebenen und nach unten absinkenden Brenngutes genutzt und umgekehrt die Abwärme des gebrannten Gutes zum Vorwärmen der von unten einströmenden, kalten Luft, deren Sauerstoffgehalt im Brennprozeß benötigt wird. Ein Hochofen ist freilich zum Brennen von Ziegeln gänzlich ungeeignet. Dieses bei (genügend hohen) Schachtöfen schon realisierte „Gegenstromprinzip“ wird bei dieser Ofenbauart gewissermaßen in der Horizontale realisiert.

Der erste Ringbrandofen des Hoffmann'schen Typs ging im November 1859 in Scholwin/Skolwin bei Stettin/Szczecin in Polen in den Probebetrieb. Der älteste erhaltene Ringbrandofen in Sachsen entstand 1865 in Großtreben bei Torgau. 1868 genehmigt die Amtshauptmannschaft Rochlitz den Bau eines Hoffmann’schen Ringbrandofens durch den Geithainer Kalkwerksbesitzer Heinrich Bauch. Ein Jahr später war dieser Ofen fertiggestellt. Anläßlich eines Besuches der Stadt Geithain am 12. und 13. Juli 1870 besichtigte selbst der damalige sächsische König Johann den neuartigen Brennofen.

Ringförmige Brennöfen wurden bereits vorher, unter anderem 1839 vom Maurermeister C. Arnold in Ketschendorf bei Fürstenwalde, im gleichen Jahr von P. H. Maille in Villeneuve sur Yonne südlich von Paris, 1841 von J. Gibbs in Kennington, London und 1854 von G. Hullmann in Elzhorn errichtet (Bender, 2004). Das am 17. April 1858 in Österreich, am 27. Mai 1858 in Preußen und am 9. Januar 1860 in Sachsen gemeinsam an den Berliner Bauingenieur Friedrich Eduard Hoffmann und den damaligen Danziger Stadtbaurat Julius Albert Gottlieb Licht (1860 Stadtbaurat in Leipzig) darauf erteilte Patent wurde deshalb am 9. August 1872 in Preußen, danach auch in Braunschweig, Österreich und Sachsen wieder aufgehoben. Aufgrund dieses Patentstreites wurden unabhängig von den eigentlichen Patentinhabern überall auch Schwarzbauten“ errichtet.

Bereits 1868 hatte F. Michell, technischer Direktor der Münchener Actien-Ziegelei und also auch ein Kenner der Materie, in Dingler´s Polytechnischem Journal eingeschätzt: „…daß Hr. Hoffmann nicht der Erfinder der Ringöfen und des denselben zu Grunde liegenden Heizungsprincips ist; wohl aber gebührt ihm das … Verdienst: die continuirlichen Ziegelöfen durch seine Ringöfen überall bekannt gemacht und eingeführt zu haben.“ 

Wesentlichen Anteil an der Aufhebung des Patents hatte der Berliner „Privatbaumeister“ Paul Loeff, welcher seitens des preußischen Patentamtes als Sachverständiger für die Untersuchung des – inzwischen wieder umgebauten – Arnold’schen Ofens zugezogen wurde und der dabei wohlmöglich nicht gänzlich uneigennützig handelte. Auch habe sich das Bauprinzip dieser Öfen für das Kalkbrennen nicht wirklich bewährt, wie P. Loeff 1873 konstatiert: „…es erübrigt nur noch zur Vervollständigung der Beschreibung der bisher vorgeschlagenen Brennvorrichtungen auch noch derjenigen zu gedenken, welche sich zum Theil als unbrauchbar für diesen Zweck erwiesen oder deren Brauchbarkeit bis jetzt noch nicht hinreichend constatirt ist, deren Anlage daher nicht mit Ueberzeugung empfohlen werden kann.

Zu der ersten Gattung von Oefen gehört vor allen Dingen der im Ziegelfache so vielfach besprochene sogenannte Hoffmann’sche Ringofen, welcher mehrfach zur Ausführung gekommen, aber zum Kalkbrennen nicht mit günstigem Erfolge betrieben werden ist. … Die bereits vielfach constatirten und beklagten Misserfolge einer solchen Anlage erklären sich aus den Fundamentalverhältnissen derselben, welche den für den Kalkbrennereibetrieb nothwendigen Bedingungen und Erfordernissen nicht Rechnung tragen. … Gerade die bei einem geregelten Kalkbrennereibetriebe am meisten gefürchteten und durch alle technischen Hülfsmittel möglichst vermiedenen Umstände, Zutritt von Kohlensäure und Feuchtigkeit, werden durch diesen Betrieb, als in der Natur desselben liegend, herbeigeführt. Der gewonnene Kalk ist bei der sogenannten directen Befeuerung mit den Rückständen der Brennmaterialien gemischt, kennzeichnet sich durch eine röthliche, zuweilen auch schwarzgraue Farbe, hat demnach niemals die schöne gelbe Färbung, wie ein in den vorher beschriebenen Oefen gebrannter Kalk.

Abgesehen von diesen nebensächlichen Uebelständen liegt es in der Construction dieser Oefen, dass das Gut an den verschiedenen Theilen des Ofenquerschnittes einen erheblich verschiedenen Hitzegrad bekommt. … Zwar stellt der Brennmaterialverbrauch sich geringer, als in den Setz-‚ resp. den Cylinderöfen, dar, und ist wohl der Consum an Brennstoff selbst geringer als bei den Rumfort’schen Oefen; allein dieser Vortheil wiegt nach den bisherigen Erfahrungen die oben angeführten durch die Praxis erwiesenen Nachtheile nicht genügend auf, und wird andererseits wieder zum grössten Theile compensirt durch das immerhin höhere Anlagekapital, welches die Errichtung eines Ringofens erheischt.“

Der Erfinder Friedrich Eduard Hoffmann war aber nicht nur ein umtriebiger Unternehmer, sondern auch Gründer des ersten Fachverbandes der Kalk- und Ziegelindustrie (der Deutsche Verein für Fabrication von Ziegeln, Thonwaaren, Kalk und Cement) und Herausgeber einer Fachzeitschrift. 1880 gründete er in Berlin ein Fachlabor für Baustoffe, dessen Leitung Professor H. A. Seger (nach dem später die „Segerkegel“ benannt wurden) übertragen wurde.

Professor Seger konnte aus nachvollziehbaren Gründen natürlich nicht anders, als in diesem Rechtsstreit die Position seines Sponsors zu vertreten und hob 1872 ebenfalls hervor: „…daß es jedenfalls Hoffmann's Verdienst ist – selbst wenn er nicht der Erfinder der Ringöfen seyn sollte, was trotz der gegentheiligen Entscheidung des preußischen Handelsministeriums, alle mit den Verhältnissen Bekannten wissen –, diesen eine allgemeine Anwendung auf allen größeren und vorgeschrittenen Ziegeleien verschafft und dadurch einem bisher von der Wissenschaft vernachlässigten Industriezweige neues Leben verliehen zu haben…“  

  

Und weiter: „Es läßt sich aus den Erhebungen constatiren, daß Arnold jedenfalls vor Hoffmann eine Idee ausgeführt hat, welche mit derjenigen Hoffmann's Vieles gemein hat, nämlich eine Continuität des Brennens durch einen unendlichen Ofencanal herbeizuführen, daß aber der Verwirklichung dieser Idee der Mangel an Erkenntniß entgegenstand, daß für dieselbe auch eine ganz bestimmte Befeuerungsmethode aus der, anderen Ofenconstructionen gegenüber wesentlich verschiedenen Bewegung der Luft hervorgehen müsse; dadurch daß Arnold diese Befeuerungsmethode nicht fand, scheiterten seine Ideen in den ersten Versuchen und ließen seinen Apparat als einen unbrauchbaren erscheinen; dadurch daß Hoffmann sie fand und verwirklichte, ist die Welt um einen Apparat bereichert, welcher in volkswirthschaftlicher Beziehung als einer der bedeutendsten der Neuzeit angesehen werden muß und sich einen Weltruf erworben hat…

Der Ringofen ist ein Ganzes und kann nur als solches aufgefaßt werden; nur die Harmonie, welche der Erfinder in die einzelnen Organe gelegt hat, machen ihn zu dem, was er wirklich geworden ist, zu einem Apparate von eminenter Leistungsfähigkeit und volkswirthschaftlicher Bedeutung; man nehme ihm eines seiner Glieder und man wird einen Krüppel erhalten, wie die Erzeugnisse derer welche glaubten ohne Vorstudien als Ringofenverbesserer auftreten zu dürfen; man nehme ihm seine Befeuerungsmethode und man wird einen Leichnam erhalten, wie es der Arnold'sche Ofen von 1839 war.“

Ähnlich wie schon F. Michell äußert sich rund 150 Jahre später auch W. Bender, nämlich „…daß es sich … nicht um originäre Erfinder in dem Sinne handelt, daß sie eine technische Neuheit geschaffen hätten, für die es bis dato noch keine Vorbilder gab. Allen gemein ist vielmehr, daß sie bereits vorhandene Ideen oder Ausführungen aufgegriffen haben, ihnen aber durch entscheidende Verbesserungen, konstruktive Neuerungen und persönlichen Einsatz zur Funktionsreife und allgemeinen Markteinführung verhalfen. Dies schmälert ihre Verdienste um die Entwicklung der Ziegeleitechnik natürlich in keiner Weise, denn sie waren allesamt hoch begabte bis geniale Konstrukteure.“

Dem bleibt höchstens noch hinzuzufügen, daß durch die verbesserte Energieausnutzung der spezifische (auf eine bestimmte Produktionsmenge bezogene) Brennstoffeinsatz in einem Hoffmann’schen Ringbrandofen gegenüber vorangegangenen Bauarten tatsächlich um bis zu 60% gesenkt werden konnte. Und dank des langen Rechtsstreites gibt es ausführliche Beschreibungen dieses Ofentypes, auf die wir heute zurückgreifen können.

 

Dieses Patentrechtsstreites unbenommen wurden Ringbrandöfen in der Folgezeit immer dann bevorzugt, wenn sie quasi „kombiniert“ zum Brennen von Ziegeln und von Kalk Verwendung finden sollten, wie es bedingt durch die Rohstofflage auch in Geithain der Fall war. Folgende Information zu den Mengenverhältnissen haben wir in Bergius´ Neuem Policey- und Cameral- Magazin für das 18. Jahrhundert gefunden: „Wird der Kalk zugleich in dem Ziegelofen mitgebrannt; so wird diese Art der Kalkbrennerey nur als ein Nebenwerk angesehen, die Ziegelbrennerey aber bleibet das Hauptwerk. In einer großen im sächsischen Churkreise an der Elbe gelegenen Ziegelbrennerey wird bey etwa 45.000 Ziegelsteinen auch ein Achtel Ruthe*) Kalksteine mit eingesetzet.“  

*) Zur Maßeinheit „Ruthe“ im Zusammenhang mit Schüttgütern und insbesondere Kalk haben wir in unserem Beitrag zum Triebischtal eine  Abschätzung versucht und sind dabei auf eine Menge von etwa 70 bis 80 Tonnen gekommen; ein Achtel davon würde also etwa 9 bis 10 Tonnen Rohkalk entsprechen. Laut Angabe der BG Bau (bgbau-medien.de) wiegt heute ein normaler Vollziegel von 24 x 11,5 x 7,1 cm etwa 3,8 kg bis 4,0 kg; 45.000 Stück davon würden also fertig gebrannt rund 180 Tonnen wiegen. Bei der von Bergius als Beispiel angeführten Ziegelbrennerey im sächsischen Churkreise wäre das Massenverhältnis von Kalk- zu Ziegelproduktion also ungefähr 1 zu 20 gewesen.

 

P. Loeff beschreibt die Funktion der Hoffmann'schen Öfen folgendermaßen: Die Ringöfen, bestehend aus einem kettengliederartig gruppirten Systeme einzelner mit einander communicirender Brennkammern zum Brennen von Ziegeln bereits von Arnold, Gibbs und andern seit 1839 benutzt, werden derart betrieben, dass die abziehenden Feuergase einer Kammer zum Vorwärmen des Brenngutes in die folgenden Kammern eintreten, während die zum Brande erforderliche Luft durch die vorliegenden mit heissem, fertig gebranntem Gute erfüllten Kammern hindurchstreicht, und dort die bei der Abkühlung des letzteren abgegebene Wärme aufnimmt, und dadurch nutzbar macht. Diese Oefen sind wie die Ziegelöfen durch Einschütten von Brennstoff in das Gut befeuert worden…

Nach dem … Grundriss Fig. 11 ist der wesentliche Theil des sogenannten Hoffmann‘schen Ofens wiederum ein in sich zurückkehrender Brennkanal, welcher, wie bei dem Arnold‘schen Ofen … durch einen von oben hinabzusenkenden eisernen Schieber in Brennkammern getheilt und durch diesen Schieber den Brenngasen der Weg zum Schornsteine angewiesen wird. Auch hier passiren wie bei allen ringförmigen vorher bekannten Systemen die abziehenden Feuergase Theile des Kanals, welche mit frischem Ziegelgute besetzt sind; es erwärmt sich die Heizluft an dem abgebrannten, in Auskühlung begriffenen Ziegelgute. …

Die Luft tritt durch die Einkarrthür derjenigen Ofenabtheilung, aus welcher die gar gebrannten und abgekühlten Steine herausgeschafft werden, ein, von hier aus dringt sie in die Ofenabtheilungen, in welchen bereits gar gebrannte Steine vorhanden, und weiter bis zum Feuer, welches durch Einstreuen des Brennmateriales von oben unterhalten wird, von hier weiter vorwärts in die Ofenabtheilungen, in welchen noch nicht gar gebrannte Steine stehen, wärmt diese vor und zieht dann in den Schornstein. Die Befeuerung des Ofens geschieht von oben durch Einstreuen des Brennmateriales zwischen die glühenden Steine, wozu verticale Kanäle, Heizröhren im Gewölbe des Ofens angebracht sind. Ist beispielsweise ein Ofen mit 16 Abtheilungen vorhanden, so müssen bei einem Betriebe, wobei täglich eine Abtheilung leer gemacht wird, eine davon im Vollfeuer, sieben im Abkühlen, sechs im Vorwärmen, eine im Einsetzen und eine im Auskarren begriffen sein.

Die vom Feuer abwärts liegende Seite des Ofenkanales wird mit einem Schieber von Eisenblech geschlossen. Dieser Abschlussschieber macht mit dem Feuer denselben Weg, nur dass er der Feuerquelle um die im Vorwärmen begriffenen Abtheilungen voraus, also an der kühlsten Stelle des Ofenkanales befindlich ist. Wenn nun die der offenen Thür zunächst stehenden Steine am meisten abgekühlt, also zum Herausschaffen geeignet sind, so werden sie durch frische, ungebrannte Steine ersetzt. Der Abschluss des Ofenkanals mittelst des Schiebers erfolgt vor der nächsten Thür hinter den frisch eingesetzten Steinen; diese Thür wird geöffnet, die vorhergehende vermauert, und ebenso der nächste Rauchkanal geöffnet, der geöffnet gewesene aber geschlossen, und das Vollfeuer findet in der Abtheilung statt, welche die längste Zeit im Vorwärmen begriffen war.“

Die hier benannten eisernen Schieber hat es im Verlauf der Technikentwicklung zunächst ebenfalls gegeben. Eine viel einfachere und deshalb sehr oft genutzte Lösung für die Abtrennung der frisch besetzten Abschnitte innerhalb des Brennkanals gegeneinander bestand darin, sie durch „Wände“ aus starkem Papier voneinander abzugrenzen. Allein schon durch den Ofenzug „saugte“ es sich zunächst einfach an den frisch eingesetzten, noch etwas feuchten Ziegelstapeln fest, bis sich das Feuer im Ofenkanal soweit genähert hatte, daß es einfach verbrannte und damit den Weg für die heißen Rauchgase in den nächsten Abschnitt des Ofenkanals freigab.

In einem anonym veröffentlichten Artikel Ueber das Brennen von Thonwaaren, Kalk, Cement und Gyps (Dingler's Polytechnisches Journal, 1879, Band 232, S. 423 ff) haben wir dazu folgende Bemerkungen gefunden: „Seit einiger Zeit finden die sogen. Papierschieber immer mehr Beifall. Statt der gewöhnlichen Schieber aus Eisenblech wird nämlich mittels Mehlkleister und ordinärem Tapetenpapier eine an dem Gewölbe, dem Seitenmauerwerk, den aufgestellten Steinen und der Ofensohle festgeklebte Papierwand hergestellt, welche die einzelnen Ofenkammern trennt. Soll sie fallen, so wird einfach ein unten an die Papierwand befestigter Bindfaden angezogen, worauf die durch die entstandene Oeffnung nachdrängenden Verbrennungsgase bald die letzten Papierreste verzehren. Wie sich Referent überzeugt hat, sind die Kosten verschwindend gegen die Vortheile derselben, indem durch Fortfall der Schlitze nicht nur der Bau des Ofens vereinfacht und die Haltbarkeit desselben erhöht, sondern auch wesentlich an Raum gewonnen wird, so daß jede Kammer bis etwa 1000 Steine mehr faßt als bei Anwendung der Eisenschieber.

 

Da die heißen Rauchgase naturgemäß nach oben strömen, mußte Hoffmann sich auch etwas einfallen lassen, wie man dafür sorgt, daß die Temperaturverteilung innerhalb des Brennraums möglichst gleichmäßig wird und alle Ziegel auch gleich gut durchgebrannt werden. Durch die Anlage der „Füchse“ im Sohlniveau des Ofenkanals wird zumindest der Zug der abziehenden Brenngase wieder nach unten gezwungen. Daneben versuchte man, durch die Art und Weise des Besatzes den Strömungswiderstand zu beeinflussen: Die oberen Reihen der Ziegelstapel wurden dichter gesetzt, während man in den unteren Reihen größere Zwischenräume beließ (Man vergleiche auch die Schürgassen der Kammeröfen).

Auch die Brennstoffmenge beeinflußte den Brennprozeß. Gab der Brennmeister zu schnell zu viel Kohle auf, hatte er zwar längere Pausen, bis es Nachschub brauchte. Aber die Kohle verbrannte dann unvollständig und es gelangten Ruß, Kohlenstaub und Kohlenmonoxid in den Rauchsammler und in die Esse. Verpuffungen konnten die Folge sein.

 


Zeichnung eines kreisförmigen Hoffmann'schen Ringofens, wie er auch bei H. Bauch zur Ausführung kam (aus P. Loeff, 1873), oben Grundriß, unten Schnittbild. Im Grundriß: a…Schornstein mit innenliegender Leiteinrichtung, f…Rauchsammler, c…Fuchs (Rauchkanal), d…Brennkanal, n…eiserne Schieber zur Lenkung der Rauchgase; im Schnitt: b…Einfüllöffnungen für Brennstoff auf der Gicht bzw. Schürebene. Die Bezeichnung „Fuchs“ rührt übrigens daher, daß – wie man im Schnitt gut erkennt – die Rauchkanäle wie ein Fuchsbau von der Sohle des Ofenkanals aus zum Rauchkanal führten. Das war nötig, damit die heißen Verbrennungsgase auch die unteren Reihen der Ziegelstapel ausreichend erwärmen.

  


Wir veranschaulichen es noch mal mit einigen vereinfachten schematischen Zeichnungen; zuerst die Regelung des Zuges: Im Inneren des Ringofens münden die „Füchse“ in den Rauchsammler, von dem aus die Rauchgase in die Esse abziehen. Öffnet man die richtige Rauchglocke, erzeugt man den Zug genau in dem Abschnitt des Ofenkanals, in dem man das Vollfeuer entfachen will. Damit es auch brennt, braucht es natürlich Brennstoff. Gewöhnlich nahm man billige Braunkohle oder Kohlengrus. Die Kohle wurde von der „Schürebene“ aus in den zu befeuernden Abschnitt des Brennkanals geschüttet. Da sich die Luft bei ihrem Umlauf um den Ofen durch die anderen Brennkammern hindurch bereits am fertig gebrannten Gut aufgeheizt hat, entzündet sich die Kohle bei über 800°C von allein. Die nicht benötigten Schürlöcher müssen natürlich abgedeckt sein.

 


Noch ein Blick ins Innere de
s brennenden Ofens: Damit das frisch eingestapelte Brenngut schön trocknet und sich schon mal vorwärmt, öffnet man immer die nächste Rauchglocke hinter dem im Brand stehenden Abschnitt. Damit das Feuer auch das gesamte Brenngut erhitzt, läßt man „Schürgassen“ zwischen den aufgestapelten Ziegelrohlingen frei, so daß die Kohle bis auf die Sohle der Brennkammer rutschen und das heiße Rauchgas zwischen den Ziegelrohlingen hindurch ziehen kann. Die Frischluft dagegen kühlt auf ihrem Weg einmal um den Ofen herum die fertig gebrannten Ziegel ab und erwärmt sich dabei.

 


Um die Produktionsmengen noch steigern zu können, hat man später aus dem Ring auch ein langes Oval gemacht, womit die Zahl der Abschnitte des Ofenkanals natürlich anstieg: Grundriß (Fig.2, oben links, zweigeteilt: obere Hälfte der Ofenkanal im unteren Niveau, untere Hälfte: Gicht bzw. Schürebene mit den Befüllöffnungen oberhalb des Ofenkanals und den Öffnungen für das Betätigen der Rauchglocken in der Mittelachse) sowie Schnitt eines ovalen Hoffmann’schen Ofens (Fig. 1, unten) mit seitlich stehender Esse (aus H. Seger, 1873). Darin a…Ofenkanal, b…Ofentore, c…Fuchs (Rauchkanal) mit Rauchglocke, d…Rauchsammler. Die Funktionsweise ist völlig analog wie beim kreisförmigen Ofen, nur die Anzahl der Abschnitte des Ofenkanals wird durch die gestreckte Bauweise noch vergrößert. Im Schnittbild unten ist auch eine „Einhausung“ dargestellt, die in erster Linie die Öffnungen des Ofens, aber auch die Arbeiter schützte, so daß diese auf der Schürebene nicht im Freien arbeiten mußten.
Bildquelle: H. Seger: Der Rechtsbestand des Hoffmann’schen Ringofen-Privilegiums vom Standpunkte der Thatsachen,  in: Dingler's Polytechnisches Journal, 1872, Band 205, Nr. LXIV, S. 205ff

  

Insbesondere in der Kombination mit der Ziegelbrennerei äußert sich selbst P. Loeff gar nicht grundsätzlich negativ: „Auf solchen Ziegeleien, welche den Zweck haben, gewöhnliches Baumaterial zu liefern, sind diese Oefen vortheilhaft, sobald eben die bedeutenden Herstellungskosten, welche ein solcher Ofen, anderen continuirlichen Systemen gegenüber erfordert, nicht beachtet werden.“

Weitaus euphorischer äußerte sich dagegen das Geithainer Wochenblatt vom 22. Mai 1869, nachdem der damalige Bürgermeister Christian Friedrich Bauer mit dem Gewerbeverein den Bauch'schen Ringbrandofen besichtigt hatte: „Jeder, der industrielle Unternehmen und Unternehmer zu schätzen weiß und den Werth derselben hauptsächlich für unser industriearmes Geithain nicht verkennt, wird sich freuen, zu vernehmen, daß sich der neuerbaute Ringofen des Herrn H. Bauch hier in allen Anforderungen vollständig bewährt.

Wir nahmen vor einigen Tagen Gelegenheit, dieses interessante und wirklich sehenswerthe Bauwerk zu beaugenscheinigen und fanden unsere Erwartungen weit übertroffen. Der in diesem Ofen gebrannte Kalk ist nach dem Urtheile aller Kenner ganz vorzüglicher Qualität und mit Sicherheit läßt sich annehmen, daß auch die damit verbundene Ziegelfabrikation in ihren Resultaten der ersteren nicht nachsteht.

Wie großartig und tief durchdacht praktisch dieser von Herrn Baumeister Fr. Hoffmann in Berlin erbaute, zur Kalk- und Ziegelbrennerei eingerichtete Ringofen ist, sieht man daraus, daß dieser Ofen bei vollem Betrieb alle 24 Stunden 300 Scheffel (also in gleicher Umrechnung wie oben zwischen 30 t und 40 t) gutgebrannten Kalk und in 6 Tagen 60.000 Stück Mauer- und 5.000 Stück Dachziegel liefert, zum Brennen von 10 Centnern Kalk aber nur 1 Centner Steinkohle, sogenannte Waschkohle beansprucht…“ (aus: Diederichs, 2009).

 

In den folgenden Jahrzehnten bemühten sich die Ingenieure um weitere Anpassungen der Ringbrandöfen an unterschiedliche Einsatzzwecke, bis schließlich moderne Drehrohröfen (für die Kalkherstellung) und Tunnelöfen (in der keramischen Industrie) auch diesen Ofentyp ablösten. Auch Herr Hoffmann besaß noch weitere Patente auf andere  Brennofentypen.

Dabei entstanden die verschiedensten, teils sogar mehrschenklige (sternförmige) Ofenformen, wie man unter anderem in Dingler’s Polytechnischem Journal nachlesen kann: „Die vierte Gruppe der Aenderungen des Ringofens betrifft seine Gestaltung, hauptsächlich beeinflußt von dem Bestreben, den Ofen kleineren oder größeren Betrieben anzupassen…

Auch der Zickzackofen (Fig. 49) wird für kleinere Betriebe gern verwendet. Der Brennkanal hat hier eine zickzackartige Form, die den Vorteil bietet, daß auf schmalem Raum und in kleinen Abteilungen doch die Vorzüge des Ringofens voll ausgenutzt werden können, während daneben noch durch die Trennung der einzelnen Abteilungen durch massive Wände es ermöglicht wird, jede einzelne Kammer ihrem Einsatz entsprechend gesondert zu behandeln.“ (Benfey, 1907)  

Bei diesen Öfen strömen die Brenngase nicht kreisförmig durch hintereinanderliegende Abschnitte, sondern entlang eines schlangenförmig gewundenen Kanals durch die nebeneinanderliegenden Abschnitte des Brennraums. Ein solcher Brennofen war u. a. bei der Ziegelei in Graupzig (bei Nossen) in Betrieb.

 

Außerdem blieb nach wie vor natürlich das Bestreben um rationellen Brennstoffeinsatz bestehen. Dies führte auch zur Entwicklung der Gasbefeuerung: „In den sämtlichen bis jetzt besprochenen Oefen findet die Wärmeentwicklung durch direkte Zuführung der Brennmaterialien auf Rosten oder Heizschächten statt, daneben hat man sich schon seit etwa 30 Jahren bemüht, auch die Gasfeuerung für die Herstellung derjenigen Warengattungen heranzuziehen, die uns hier beschäftigen. Zunächst geschah dies um den Einsatz, besonders, wo derselbe aus wertvoller Ware, wie Verblender oder Terrakotten-Dachziegel bestand, den Einflüssen direkter Flammenwirkung zu entziehen; dann aber auch um minderwertige Brennmaterialien, wie besonders die leichten, wasserreichen Braunkohlen, verwerten zu können…

In dem Mendheim‘schen Gasofensystem wird das Gas zunächst auf abseits gelegenen Generatoren erzeugt, dann durch Kanäle an beiden Seiten des Ofens geführt. Aus diesen Kanälen gelangt es unter diejenige Kammer des Brennkanals, die durch die überführte Wärme der vorigen Kammer genügend zur direkten Befeuerung vorgewärmt ist, mischt sich unter der Sohle der Kammer in genau durch Ventile einstellbarem Verhältnis mit der erwähnten erhitzten Luft, entzündet sich, und tritt entweder durch die Sohle oder von beiden Querwänden der Kammer hinter Feuerbrücken, überschlagend, in die Kammer ein.

Escherich läßt das Gas dagegen von oben durch Heizlöcher in den nicht durch Wände getrennten Brennkanal des Ringofens eintreten. Statt der früher geschilderten Heizschächte sind unter den Heizlöchern mit feinen Löchern versehene Tonrohre, sogen. Gaspfeifen, aufgestellt, durch die das Gas, welches sich in der heißen Atmosphäre der vorgewärmten Abteilung entzündet hat, in den Einsatzraum gelangt.“ (Benfey, 1907)

Anmerkung: „Generatorgas“ (auch „Luftgas“ im Unterschied zum „Synthese-Gas“) wird durch unvollständige Verbrennung bzw. durch Verschwelen bei Kohlenstoffüberschuß erzeugt und bildet ein Gemisch aus etwa 25% Kohlenmonoxid und 70% Stickstoff (dieser aus der Luft). Der dann im Ofen eigentlich energieliefernde Brennstoff ist das Kohlenmonoxid.

 

Wunder, Herbrig und Eulitz notierten 1867, daß es damals erst einen einzigen gasbefeuerten Kalkofen in Sachsen gegeben habe (im fiskalischen Kalkwerk zu Hermsdorf). Wenige Jahre später (1869) war ein zweiter im fiskalischen Kalkwerk zu Oberscheibe bereits in Betrieb und für das ebenfalls fiskalische Werk in Neunzehnhain wurde ein dritter geplant. Als den größten Vorteil dieser Öfen schätzten die Autoren des Berichtes von 1867 ein, daß man quasi alles als Brennstoff verwenden (und vergasen) konnte, was überhaupt irgendwie brennbar war: „Der Vortheil, den die Gasheizung bei zweckmäßiger Anlage gewährt, beruht hauptsächlich darin, daß sie eine sehr gute Regulirung des Feuers, Ersparnis an Brennmaterial und namentlich Verwerthung der geringsten Sorten von Brennmaterial, als schlechter Kohle und Torf, Holzabfälle aller Art, selbst Tannenzapfen und dergleichen gestattet.“

 


Denkmalgerecht sanierter Ringbrandofen der Ziegelei in Großtreben, errichtet 1865 nach dem Hoffmann'schen Patent von 1858.

  

Unsere Beschreibung dieses Baudenkmals

  


Denkmalgerecht sanierter Ringbrandofen des ehemaligen Bauch'schen Kalkwerkes bei Geithain, errichtet 1868.

 

Zum Abbau des Plattendolomits bei Geithain

  


Ringbrandofen der ehemaligen Brand-Erbisdorfer Ziegelei, errichtet um 1890.

  

Unsere Beschreibung dieses Baudenkmals

  


Der 1886 errichtete Bachmann’sche Ringbrandofen in Meerane- Crotenlaide.
Aufnahme: M. Och, Zustand Ende der 1990er Jahre.

  

Geschichte und Beschreibung dieses Baudenkmals in Meerane

   

 
 
 

Rumford'sche oder Rüdersdorfer Öfen

  

Als Rumford'sche Öfen oder auch Rüdersdorfer Öfen bezeichnet man einen Brennofen zur Fertigung von Branntkalk, dessen Aufbau Ideen von Sir Benjamin Thompson, Graf Rumford folgte. Bei diesem Ofentyp sind getrennte Brennkammern für Kalk und Brennstoff eingerichtet. Der Feuerungsraum befindet sich beim Rumfordofen an der Seite und ist komplett vom eigentlichen Brennraum abgetrennt.

Ursprünglich verband nur ein einziger Querkanal die beiden Schächte, durch den die heiße Luft aus dem Feuerungsraum in den Brennraum gelangt. Kalk wird von oben in den Brennraum eingefüllt, die Asche aus dem Brennraum fällt in einen separaten Schacht, aus dem sie entnommen werden kann. Im unteren Teil des Feuerungsraumes kühlt der gebrannte Kalk wieder ab, da die Hitze aus dem Feuerungsraum ja nach oben strömt („Gegenstrom-Prinzip“). Der obere Teil des Brennraumes, der nicht direkt am Feuerungsraum anliegt, dient als Vorwärmraum und wird mit Hohlkammern, vom Feuerungsraum isoliert.

Als Rüdersdorfer Ofen werden sechseckige Brennöfen mit drei Feuerungen bezeichnet, wie sie 1803 bei Berlin erstmals errichtet wurden. Die Tagesproduktion eines solchen Ofens stieg dabei auf 25 bis 30 Tonnen Branntkalk (je nach Dimensionen des Ofens) gegenüber zirka 2 Tonnen bei einem Trichterofen deutlich an.

 


In den Annalen der Physik, Halle, Jahrgang 1800, haben wir diese, von Graf Rumford höchstselbst gezeichnete Darstellung eines solchen konischen Schachtofens gefunden.

  

Bei Herrn Oberbergrath Kühn können wir 1837 darüber lesen: „Der Graf von Rumford teilte zu Ende vorigen Jahrhunderts in seinen vermischten Schriften eine Beschreibung zu einem Kalkofen mit, welcher von der bisher gewöhnlichen Form ganz abwich und bei dessen Anlage er nach eigener Angabe folgende besondere Zwecke zu erreichen beabsichtigte:

1) Die Feuerung auf solche Weise wirken zu lassen, dass die Flamme den Rauch verzehrt, und dies dadurch zu erreichen, dass der Rauch niederzusteigen und durch das Feuer zu gehen gezwungen wurde, um so viel Hitze als möglich zu erzeugen.

2) Die von dem Feuer aufsteigende Flamme und den heissen Dampf mit dem Kalkstein durch eine grosse Oberfläche in Berührung zu bringen, um den Wärmestoff zu sparen und sein Entweichen in die Luft zu verhüten, welches dadurch geschehen sollte, dass man dem Bauch des Kalkofens die Gestalt eines hohlen abgestumpften Kegels gab, ihn gegen seinen Durchmesser sehr hoch machte und ihn bis zu seiner Spitze ganz mit Kalksteinen füllte, indem das Feuer unter den Boden des Kegels hineindrang.

3) Den Prozess des Kalkbrennens ununterbrochen fortgehen zu lassen, um die Verschwendung des Wärmestoffes zu verhüten, der bei dem Kaltwerden des Ofens unausbleiblich erfolgt, wenn man beim Einlegen und Herausnehmen des Kalkes jedesmal  das Feuer auszulöschen gezwungen ist.

4) Die Einrichtung so zu treffen, dass der soeben fertig gebrannte Kalk, der folglich noch sehr heiss ist, beim Abkühlen seinen Wärmestoff so abgeben müsse, dass er die frische Portion kalter Kalksteine, die von neuem in den Ofen kommt, erhitzen helfe. ...

Wenn daher dem Grafen v. Rumford auch die Ehre gebührt, die Bahn zu der dadurch beabsichtigten Verbesserung eines der National-Industrie sehr nützlichen Gewerbes gebrochen zu haben, so hat Herr Rösch*) nicht minder das Verdienst, die Ideen des Grafen richtig aufgefasst, sie ausgebildet und mit Ueberwindung aller der Schwierigkeiten, die sich gewöhnlich jedem Neuen entgegenstellen, ausgeführt und zur Vollkommenheit gebracht zu haben. Derselbe machte nämlich unterm 2. Januar 1802 dem damaligen Staatsminister Herrn Freiherrn v. Heinitz**) den Vorschlag zur Erbauung eines konischen Kalkofens zur Beheizung mit Torf oder Steinkohlen…

Unterm 5. März 1803 wurde die Erbauung des oben beschriebenen Kalkofens in Rüdersdorf angeordnet und der erste konische Kalkofen nach den Vorschlägen des Herrn Rösch im April desselben Jahres mit einem Kostenaufwande von beiläufig 1.353 Rthlr. errichtet und im Juli auf Torffeuerung in Betrieb gesetzt. 

Dieser erste Rumfordofen kann heute noch im   Museumspark in Rüdersdorf besichtigt werden. In den darauffolgenden Jahren verbreitete sich diese Technologie in ganz Europa.

*) Bei Herrn Rösch handelt es sich um den preußischen Bergrat und dazumal amtierenden Vorsteher der Königlichen Porzellanfabrik in Berlin.

**) Gemeint ist hier Friedrich Anton von Heynitz, ab 1777 und bis zum Jahre 1802 Königl. Preußischer Oberberghauptmann. Nebenbei war er 1797 auch Vorstand der Königlichen Porzellanmanufaktur-Kommission.

 

J. Otto beschreibt 1840 diesen Ofentyp wie folgt: „Die zweite Art der continuirlichen Kalköfen ist in den Fig. 84, 85 u. 86 abgebildet; Fig. 85 ist der senkrechte, Fig. 86 der horizontale Durchschnitt, in der Höhe der Abzugsöffnungen. Gleiche Buchstaben bezeichnen gleiche Theile. Seitwärts an dem stehenden Schachte, in einer gewissen Höhe über der Sohle desselben, bei a, befinden sich die Heizöffnungen; sie sind mit dem Roste a versehen, zu welchem die Luft durch den Kanal i gelangt. Von diesen Heizöffnungen sind 3 vorhanden. Zwischen denselben, an der Sohle des Ofens, befinden sich die Abzugsöffnungen e, also ebenfalls drei, mit dem daran gebauten Gewölbe f, in welchem der ausgezogene Kalk bis zum Abkühlen liegen bleibt. Die Sohle des Ofens dacht sich nach den Abzügen hin ab, um das Ausziehen des Kalkes zu erleichtern, indeß nicht ganz so stark, als in der Zeichnung angegeben.  

Man hat auch Oefen mit vier und fünf Heizöffnungen und Abzügen, indeß werden die mit dreien vorgezogen. d ist der Aschenfall unter dem Roste, aus welchem die Asche durch c herausgenommen wird. Diese Oeffnungen c, so wie die Schüröffnungen a sind während des Brennens geschlossen, so daß die zum Verbrennen des Brennmaterials nöthige Luft nur durch die Kanäle b unter den Rost gelangen kann.  

Der Rost ist auf die, Fig. 85, gezeichnete Weise aus feuerfesten Steinen construirt, auch der Heizraum und selbst der Schacht ist mit solchen Steinen ausgelegt. Ein Weg muß zu der Gicht führen, auf welchem die Kalksteine zu dem Ofen gekarrt werden. Sehr zweckmäßig ist es, wenn im Mauerwerk des Ofens ein hohler Raum ausgespart wird, den man mit Asche und Sand ausfüllen, aber auch wohl ebensogut leer lassen kann. Die Wärme wird dadurch im Ofen zusammengehalten. Hin und wieder muß natürlich die äußere Mauer, welche von Kalksteinen aufgeführt werden kann, mit der innern durch eingreifende Binder verankert werden.
 


  

Sehr ausgezeichnete und berühmte Kalköfen dieser Art sind die zu Rüdersdorf bei Berlin, welche colossale Baue darstellen. … Der Schacht ist bei den Rüdersdorfer Oefen 35 Fuß hoch (zirka 11,5 m), der Durchmesser desselben beträgt bei den Feuerungen 8 ½ Fuß, oben an der Gicht 6 Fuß, unten auf der Sohle 7 Fuß. Die Feuerungen befinden sich 7 ½ Fuß über der Sohle. Die ganze Stärke der Schachtmauer beträgt 7 Fuß. Die Kalkabzüge sind 2 ¾ Fuß lang, 2 ½  Fuß hoch, 2 Fuß breit und werden mit eisernen Thüren verschlossen, die man während des Brennens mit Lehm verschmiert, damit keine Luft durch dieselben in den Ofen gelangen kann. Auch die Aschenfälle sind, wie schon erwähnt, und zwar auf gleiche Weise geschlossen; sie müssen so geräumig sein, daß sie innerhalb 4 bis 5 Tagen, als in welchen Zeiträumen sie geleert werden, sich nicht bis zu den Zugöffnungen b füllen können. …“

Auch in Meyer´s Großem Konversationslexikon, Ausgabe 1907, 10. Band, haben wir eine Beschreibung der Rüdersdorfer Brennöfen gefunden: „Kontinuierlich brennende Kalköfen sind meist Schachtöfen wie der Steinbrück‘sche und der sehr beliebte Rüdersdorfer. Er besteht aus dem Schacht, der durch die Futtermauer d und das von dieser durch einen mit Asche und Schutt gefüllten Zwischenraum getrennte Rauhgemäuer e gebildet wird, und besitzt außerdem eine Umhüllungsmauer c, so daß zwischen dieser und dem Rauhgemäuer ein Raum bleibt, der durch Gewölbe in Zellen geteilt ist. Letztere benutzt man zur Aufbewahrung von Material.

Während des Ganges des Ofens ist der untere Teil des Schachtes mit gar gebranntem K. gefüllt, der durch die drei Zugöffnungen a an der Schachtsohle von Zeit zu Zeit gezogen wird. Der Schacht hat eine Höhe von etwa 14 m. Ungefähr 4 m über der Sohle befinden sich die Feuerungen b für Torf und Holz, die zu drei oder fünf um den Ofen herum angebracht und mit Rost u. Aschenfall versehen sind. Um die Arbeiter vor der von dem gezogenen K. ausströmenden Hitze zu schützen, ist ein Kanal angebracht, durch den die Hitze in die Gewölbe gelangt.  

Der einmal angeheizte Ofen wird so lange im Gang erhalten, bis Reparaturen erforderlich werden. Man verbraucht in diesem Ofen auf 1 Volumen gebrannten K. 1,4 Vol. hartes oder 2–2,25 Vol. weiches Holz oder 1,5–2 Vol. Torf. Mit 1 Vol. Braunkohle erhält man 1–1,5 mit 1 Vol. Steinkohle bis 3,5 Vol. gebrannten K.“

  


Die Rüdersdorfer Kalköfen in Lengefeld sind schon lange Technisches Denkmal und waren einige Zeit auch Teil des Zweckverbandes Sächsisches Industriemuseum.

  

Ein sehr einfach gebauter Brennofen dieses Grundtyps ist unterhalb der Trinkwassertalsperre Neunzehnhain I im Lautenbachtal beim Ortsteil Wünschendorf der Stadt Lengefeld im Erzgebirge erhalten geblieben. Vermutlich besaß er eine hölzerne Umbauung, ähnlich, wie der Facius'sche Brennofen bei Raschau. Einen Schornsteinaufsatz besaß er noch nicht.

   


Grundsätzlich sind auch die Brennöfen vom Rüdersdorfer oder Rumford'schen Typ Niederschachtöfen. In der Mitte des Bauwerkes steckt nämlich ein zylindrischer Brennschacht. Die Ausbauchung in seiner Mitte muß der Schacht haben, weil sich das nach unten sinkende Brenngut natürlich in der Hitze zunächst ausdehnt, auch wenn der Kalkstein beim Brennen durch die CO2-Abgabe einen Teil seines Volumens und rund die Hälfte seiner Masse verliert.

 


Besonderheit der Rüdersdorfer oder Rumford'schen Brennöfen sind die auf halbe Höhe und nach außen verlegten Feuerungen. Das Brennmaterial kommt dadurch nicht direkt mit dem Brenngut in Berührung und man kann reineren Branntkalk ohne Ascheanteile erzeugen. Dieser hier ist - wie bei weitem die meisten seiner Art - sechseckig symmetrisch gebaut.

  


Gewöhnlich waren die eigentlichen Brennöfen noch mit einer Einhausung umgeben. Sie schützte nicht nur die Arbeiter vor der Witterung, sondern hielt auch die Kohle und den frisch gebrannten Kalk trocken. Bei diesem war sie offenbar aus Holz errichtet und ist längst verfallen. In unserer Zeichnung nur angedeutet ist die Gichtbrücke, die bei diesem Ofen vermutlich mehr oder weniger eben von dem dahinter liegenden Hang ausging. Irgendwie mußte der Rohkalkstein ja nach oben und dort in den Ofen hinein. Um dagegen die Kohle zur Schürebene hinauf zuschaffen, nutzte man hier sicherlich eine kurze Rampe am Hang.

 


Ist er befüllt, kann man den Ofen entzünden. Beim ersten Anfeuern wurde er im unteren Drittel gewöhnlich nur mit Holz und Kohle befüllt, um ihn zum einen schneller aufheizen zu können und weil zum anderen der Rohkalk unterhalb der Brennzone ohnehin nicht gar gebrannt werden würde. Die Aschefälle sorgten zugleich für die Sauerstoffzufuhr in den Feuerungen. Die unter den Kalkabzügen vorhandenen Kanäle dienten ebenfalls für Frischluftzufuhr; hier vor allem aber zum Abkühlen des gar gebrannten Kalks. Waren sie einmal angefahren, funktionierten diese Brennöfen kontinuierlich: In dem Maße, wie man unten fertigen Kalk abzog, füllte man oben Rohkalkstein nach. Durch die aufsteigenden Brenngase wurde der frisch eingefüllte Kalkstein vorgewärmt und getrocknet. Trotz des hier angewandten Gegenstromprinzips waren auch diese Öfen aber nicht gerade energieeffizient, da der größte Teil der immer noch heißen Gase ja einfach oben in die Atmosphäre entwich.

  

Nach Angaben in der Bergbaumonographie Marmor im Erzgebirge sei im Facius’schen Kalkwerk 1864 ein „Hoffmann'scher Ofen“ errichtet worden. Die Beschreibung in der Bergbaumonographie „Schachtofen mit großer Flamme für kontinuierlichen Betrieb“ ist auf den ersten Blick nicht ganz klar, denn als Hoffmann’sche Öfen sind eigentlich Brennöfen mit einem umlaufenden Ofenkanal, sogenannte Ringbrandöfen, besonders bekannt, deren Konstruktion sich vorallem bei Ziegeleiöfen bewährt hat.

In ihrem zeitgenössischen Bericht über den Kalkwerksbetrieb in Sachsen haben Wunder, Herbrig und Eulitz 1867 aber auch eine Beschreibung just dieses Brennofens bei Raschau abgegeben. Es heißt im Abschnitt:

IV. Oefen zu continuirlichem Betriebe mit großer Flamme

a) den Rüdersdorfer Ofen;
b) den Hofmann'schen Ofen;
c) den Siemens'schen Gasofen...

Unter b) liest man dort: Der Hofmann'sche Ofen ist als eine Modification des ersteren (des Rüdersdorfer) anzusehen. Er wurde, dem Hofmann'schen Patente genau entsprechend, nur einmal (in ganz Sachsen) angetroffen, nämlich bei Facius in Raschau, welcher von den Leistungen des Ofens im Jahre 1864, kurz nach der Aufstellung desselben, durchaus unbefriedigt war. Einige unbedeutende Abänderungen am Ofen, namentlich die Ersetzung des auf der Ofensohle angebrachten Kreuzes durch eine stumpfe Pyramide, haben jedoch bewirkt, daß die Leistungen des Ofens den Besitzer neuerdings mehr befriedigen. Ohne Zweifel dürfte durch das Hoffmann'sche Patent eine Richtung angedeutet sein, nach welcher der Rüdersdorfer Ofen eine zweckmäßige, den hiesigen Verhältnissen entsprechende Abänderung erfahren kann.  

Der Hoffmann'sche Ofen unterscheidet sich nämlich hauptsächlich in zwei Punkten von dem Rüdersdorfer:
1) dadurch, daß die Feuerungen und Ziehöffnungen, deren je vier*) vorhanden sind, in einem Niveau liegen;
2) dadurch, daß die Gicht des Ofens, um Steinkohlenfeuerung möglich zu machen
, überwölbt und die Überwölbung mit einer hohen, den Zug wesentlich befördernden Esse in Verbindung gesetzt ist.“

 

Bei den beiden auf dem Emmler bei Raschau erhalten gebliebenen Kalköfen handelt es sich einerseits um einen Niederschacht- bzw. „Schnellerofen“ mit quadratischem Grundriß, andererseits um einen ‒ allerdings achteckigen ‒ Schachtofen vom Grundtyp der Rumford'schen bzw. Rüdersdorfer Öfen. Wie wir nun wissen, ist der zweite tatsächlich auch nach einem Hoffmann’schem Patent errichtet und gegenüber den Rüdersdorfer Öfen insbesondere durch die Esse modifiziert, die man bei der Gelegenheit auch gleich noch dem anderen Ofen aufgesetzt hat. Der Zusatz „mit großer Flamme“ bezieht sich dabei auf die Art der Feuerung – nämlich mit Steinkohle, die wohl aus dem unweit liegenden Zwickau herangeschafft wurde.

  


Der nach 1843 errichtete Brennofen bei Wünschendorf im Winter 2019.

 

Zum Kalksteinbergbau bei Neunzehnhain.

   


Der achteckige Kalkofen des ehemaligen Kalkwerks Facius in Raschau, errichtet 1864 nach einem Hoffmann'schen Patent mit Hochesse.

 

Zum Kalksteinbergbau bei Schwarzenberg

  


Die Reste des Hempel'schen Kalkofens in Schwarzenberg- Wildenau. Er ist dahingehend besonders interessant, daß er zeitweise zum Ringbrandofen umgebaut war.

 

Zum Kalksteinbergbau bei Schwarzenberg

  


Auch der alte Schachtofen am Kalkwerk Hammerunterwiesenthal steht konstruktiv irgendwo zwischen einem Schnellerofen mit abgetrennten Feuerungen und einem Schachtofen mit aufgesetzter Esse.

 

Zum Kalksteinbergbau bei Hammerunterwiesenthal

 


Zwei denkmalgerecht gesicherte Rüdersdorfer Öfen und ein ehemaliger Kesselofen (rechts im Bild) in Herold bei Thum. Auch diese Öfen hatten Schornsteinaufsätze, um den Zug zu verstärken und Kohle als Brennmaterial einsetzen zu können.

 

Zum Kalksteinbergbau bei Herold

 


Zwei Rüdersdorfer Öfen und ein ehemaliger Kesselofen sind auch in Grießbach (Gemeinde Drebach) noch erhalten geblieben.

 

Zum Kalksteinbergbau bei Grießbach

 

 
 
 

Moderne Schachtöfen (Hochöfen)

  

Noch einmal zurück zu J. Otto anno 1840. Er beschreibt die ersten Schachtöfen mit Rostfeuerung so: Kalköfen mit Rost, ähnlich dem, welcher in Fig. 80 abgebildet ist, …, liefern den meisten Kalk für die Stadt Braunschweig. Sie sind eiförmig, verengen sich indeß nach oben zu nicht so stark, als es die Abbildung zeigt, indem der obere Durchmesser wie der untere ohngefähr 5 Fuß betragt. Ueber dem Aschenfalle n ist ein Rost aus gebrannten Steinen gewölbt gemauert…

  


 

Die hier angefügte Zeichnung erinnert stark an die  Harzer Öfen. Das Bauprinzip derHohöfen“ war jedenfalls in der Eisenindustrie schon lange bekannt und wurde spätestens seit der Gründerzeit verstärkt auch in der Bindemittelindustrie eingesetzt. Zahlreiche Techniker und Ingenieure, wie etwa F. E. Hoffmann oder Hilke, entwickelten die konischen Cylinderöfen“ schließlich zu modernen Hochöfen weiter.

Umso mehr während der Industrialisierung und der Gründerzeit in den 1870er Jahren die Effizienz der Produktion in den Mittelpunkt des wirtschaftlichen Interesses rückte, umso mehr wurden größere Produktionsmengen bei kontinuierlicher Produktionsweise auch bei den Kalkwerken erforderlich. Außerdem trug die Beschleunigung der Transportwege durch den Eisenbahnausbau zu einem wachsenden Konkurrenzdruck auf die sächsischen Kalkwerke bei, von denen zumeist kleinere Lagerstätten unter schwierigen geologischen Bedingungen abgebaut wurden.

Die Produktion in kleineren Werken wurde unrentabel und vor allem die Herstellung von Branntkalk konzentrierte sich immer mehr auf größere Lagerstätten, etwa in Thüringen, Böhmen oder Niedersachsen. Nur die effizientesten Werke in Sachsen überstanden daher die Zeit der Jahrhundertwende und hatten auch nach dem 1. Weltkrieg noch Bestand.

  

Auch im Handbuch der chemischen Technologie von P. A. Bolley (Herausgeber), dessen 6. Band sich der Chemischen Technologie der Baumaterialien... widmet und der im Jahr 1885 in Braunschweig erschienen ist, werden in der Zweiten Abtheilung: Chemische Technologie der Mörtelmaterialien, verfaßt von Dr. G. Feichtinger, ordentlicher Professor an der Industrieschule in München, Beispiele von Schachtöfen beschrieben. Dabei kommt bereits Gasbefeuerung zum Einsatz (S. 31 ff):

Eine einfache Kalkofenconstruction für Gasfeuerung, wie sie in Fig. 20 und 21 dargestellt ist, wurde von dem schwedischen Ingenieur Otto Fahnehjelm mehrfach in Schweden ausgeführt.“ 

   



    

Dieser Ofen besteht aus einem Schacht, der von oben bis unten sich erweitert, um das Niedergehen des Kalkes zu erleichtern.... Die Feuerheerde sind durch einfache Generatoren ersetzt; die hier gebildeten GAse werden durch 2 Canäle von jedem Generator in den Ofen geleitet und verbrennen hier zwischen dem Kalkstein, gemischt mit der von unten kommenden Luft, die durch die Steinmasse passirt und bis zur Glühhitze vorgewärmt worden ist; den Luftzutritt kann man durch Schraubventile reguliren. Bei dem abgebildeten Ofen befinden sich 6 Feuerplätze mit 12 Feuercanälchen, wodurch das Feuer soweit wie möglich im Ofen verbreitet wird, und wodurch verhindert wird, daß sich todte Ecken im Ofen bilden können; die Gefahr ungare steine zu bekommen, wird hierdurch dehr vermindert, was überhaupt bei diesen Anlagen nie vorkommt; durch die Benutzung der Gasfeuerung kann man auch ein werthloses Brennmaterial anwenden...

Um den Ofen vor dem Einfluß des Windes zu schützen, wird derselbe mit einem 6 bis 9 m hohen Schornsteine versehen, wodurch auch der Zug bedeutend verstärkt wird. Wenn der Ofen im Brande ist, so kann man ihn continuirlich jede Stunde ziehen.

Um die Kosten für die theuren Chamottesteine zu sparen, baut Fahnehjelm den Schacht doppelt und nimmt nur den inneren Theil von Chamotte, der nur etwa 2 m über die Feuercanäle einen Stein stark und von da bis circa 2,5 m von oben ½ Stein stark gemacht wird. Der oberste Theil wird von gut gebrannten Mauersteinen gebaut. Hinter dem Kernschacht kommt eine Mauer von ½ bis 1 Stein Stärke und zwischen diesem und der Futermauer, die wenn möglich aus Bruchsteinen gebaut wird, läßt man einen Zwischenraum, der mit Sand ausgefüllt wird... 

Die oben dargestellte, hölzerne Umbauung dürfte es in ähnlicher Form auch bei dem Brennofen in  Wünschendorf gegeben haben.

Bei Wildenfels, in Schönau, wurde 1928 für das Dörrer'sche Kalkwerk ein etwa 14 m hoher Hochofen errichtet, um den Anforderungen moderner Produktion gerecht zu werden.

 


Praktischerweise wurde der Dörrer'sche Schachtofen am steilen Talhang gebaut, so daß man hier in Schönau keine Förderanlage nach oben zur Gichtbühne benötigte. Man konnte Kalk und Kohle einfach über eine Brücke – quasi zu ebener Erde – auf die Gichtbühne schieben. Der konische Schornsteinaufsatz ist uns von den Hoffmann’schen Öfen bekannt. Die Gichtbrücke gibt es heute – auch aus Sicherheitsgründen – nicht mehr.

  


Das von der Gichtbühne aus aufgegebene Material rutscht wie in den Niederschachtöfen auch sukzessive nach unten durch die Brennzone hindurch, so wie der gar gebrannte Kalk unten abgezogen wird. Der Transport im Ofen erfolgt also allein durch die Schwerkraft. Die von unten zutretende Luft erwärmt sich bereits und kühlt dabei den fertigen Branntkalk ab. Die oben ausströmenden Rauchgase wärmen dagegen den Rohkalk vor. Das nennt man Gegenstromprinzip.

  


Die sogenannten Hilke'schen Öfen im staatlichen Kalkwerk in Hammerunterwiesenthal, errichtet um 1877.

  

Zum Kalksteinbergbau bei Hammerunterwiesenthal

  


Schachtofen des ehemaligen Dörrer'schen Kalkwerkes in Schönau bei Wildenfels, errichtet 1928.

 

Zum Kalksteinbergbau um Wildenfels

  


Der Schachtofen des Kalkwerkes Crottendorf, errichtet in den 1960er Jahren.

  

Zum Kalksteinbergbau bei Crottendorf

  

Als Sonderform der Schachtöfen ist noch der sogenannte  Dietzsch'sche Etagenofen zu betrachten. Er wurde erst im Jahr 1899 in Zusammenhang mit Kalkwerken erwähnt und damals nur auf zwei Kalkwerken in Sachsen betrieben. Er hat sich wohl der wesentlich komplexeren Bedienung und nur marginaler Brennstoffeinsparungen halber zumindest auf den Kalkwerken nicht durchgesetzt.

 

 
 
 

Übersicht über Technische Denkmale der Kalk- und Ziegelindustrie in Sachsen 

  

Standorte von Brennöfen ‒ ob nun mit oder ohne den Status eines Technischen Denkmals ‒ die wir bisher kennengelernt haben, haben wir in der folgenden Karte eingetragen.

  


Eine Übersicht der bisher von uns besuchten Abbauorte, Ziegeleien und ehemaligen Kalkwerke mit mehr oder weniger gut erhaltenen Resten der einstigen Verarbeitungsanlagen. An einigen Standorten befinden sich mehrere gleichartige Brennöfen, was wir der Übersichtlichkeit halber aber nicht mehrfach eingezeichnet haben. Dagegen haben wir grün markiert: rekonstruierte und denkmalgerecht gesicherte Ofenanlagen, rot: stark zerstörte und u. E. bereits jetzt (Stand 2019) nicht mehr zu rettende Anlagen, weiß: ohne Bewertung, auf Privatgrund gelegene Anlagen oder Reste mit Sicherungsbedarf.

  

 
 
 

Auszüge aus Literaturquellen zur Kalkofentechnik

  

 
 
 

Versuch eines Lehrbuchs der Fabrikwissenschaft
zum Gebrauch Akademischer Vorlesungen.

Von D. Johann Heinrich Jung, Professor zu Heidelberg.

Nürnberg, in der Grattenauerischen Buchhandlung, 1785

  

Es ist eine typische Erscheinung, daß sich Berichte über die Konstruktion und Betriebsweise von verschiedenen Brennereien, welche grundeigene Rohstoffe verarbeiten, in Lehrbüchern und Lexika über die Landwirtschaft finden. Der Bauer oder sein Lehnsherr waren nun einmal die Grundeigentümer und ‒ wo nicht der Staatsfiskus, meist auf den Flächen der Staatsforste, die Kalkwerke selbst betrieb ‒ waren es deshalb auch überwiegend die Landwirte, welche die Kalkbrennereien betrieben.

Schon die Sprache, noch mehr die Art und Weise der Beschreibung und Ordnung der chemischen Prozesse erscheint uns heute völlig überholt... Jedenfalls findet man in dieser Quelle ab S. 245 ff das Folgende zum Kalkbrennen.

  

Die zweyte Classe.
Zubereitungen im trockenen Weg.

Viertes Hauptstück.

Vom Kalkbrennen.

   

§. 671. Der Kalk ist eine mit den Alkalien verwandte Substanz, denn er verbindet sich durch Aufbrausen mit allen Säuren, und macht mit denselben ein mittelsalzigtes Wesen aus; er hat die gröste Verwandschaft mit dem Wasser , welches auch einen grossen Theil seiner Zusammensetzung ausmacht, und wenn es ihm durchs Brennen entzogen wird, so zieht er es da, wo ers findet, mit einer so grossen Gewalt an, daß eine kochende Hitze daher entsteht, er selber zerfällt, und macht mit demselben eine gleichartige, weisse, und bindende Masse aus; er wiedersteht dem Schmelzen im höchsien Grad, dadurch unterscheidet er sich von den andern Alkalien, ist ihnen aber wieder darinnen ähnlich, daß er das Schmelzen schwerflüssiger Körper erleichtert. Endlich ist er eben seines Wasserhungers wegen, zerfressend, äzzend, und befördert also die faule Gährung, aller Pflanzen, und Thierischen Körper.

§. 672. Der Gebrauch des Kalkes ist zum Mörtel, zum Tünchen, zum Düngen der Aecker u. d. g. sehr häufig und wichtig, zu allen diesen Zwecken aber dient er in seiner natürlichen mit Wasser gesattigten Gestalt gar nicht, sondern er muß desselben durch Brennen beraubt werden, alsdann heist er lebendiger Kalk. Man hat durch Versuche ausgemacht, daß dem Kalk durchs Brennen weiter nichts als klares unschmackhaftes Wasser entzogen werde; ob aber noch subtilere unbekannte und flüssige oder flüchtige Materien sich in seiner Zusammensezzung befinden, das weiß man nicht.

§. 673. Der Kalk wird vornemlich in dreyerley Gestalt gefunden: 1) als ein fester Stein in den Steinbrüchen, dieser ist der beste. 2) Braucht man auch die gewöhnlichen Muscheln dazu, wo man sie in genugsamer Menge haben kan, als z. B. in Holland; und 3) kan der Kalkmergel auch zu lebendigem Kalk gebrannt werden; er dient wohl zum Mörtel, und auf die Aecker, aber zum Tünchen ist er zu unrein. Die beste Probe den Kalkstein zu kennen, ist, wenn er mit einer Säure aufbraust.

§. 674. Der Stein wird ordentlich, wie andere Mauersteine gebrochen, oder mit Pulver loß gesprengt; die Muscheln werden bloß gesammlet, und so gebrannt, und der Mergel wird in 4eckigte Stücke wie Ziegel gebildet, und dann gebrannt. Die Kalköfen sind auf mannigfaltige Art eingerichtet, bald findet man grosse kostbare, und mit Kunst gebaute, bald sehr einfach verfertigte Oefen.

§.675. Die erste und beste Art des Kalkofens ist folgende: er steht unter einem Schoppen gegen den Regen gesichert, als welchen der Kalkstein nicht verträgt; er besteht aus einem länglichten Viereck, 18 Schuh lang, 12 breit, und 15 hoch, und ist oben zugewölbt. Die Mauern müssen einen Schuh dick, auswendig mit Strebepfeilern, und inwendig mit einer Ziegelsteinernen Mauer versehen seyn; eben so muß auch der Boden mit wohlgebrannten Ziegelsteinen belegt werden, weil das Feuer darauf brennt. Eine der langen Seiten hat zwey Feuerlöcher, deren jedes 3 Schuh hoch und 2 Schuh breit ist; unter diesen befindet sich noch ein Zugloch, und an der gegenüberstehenden Seite eine Thür zum Einsezzen, und Ausbrechen des Kalks. Das Gewölbe hat zur Regierung des Feuers 22 Zuglöcher.

§. 676. Dieser Ofen wird so dicht als möglich, mit Kalksteinen, bis oben an, ausgefüllt; unten wird mit denselben, von jedem Feuerloch bis an die gegenüberstehende Wand, in der Grösse des Lochs, ein Gang gemauert und gewölbt, in welchem das Feuer unterhalten wird; endlich mauert man auch die Thür mit Ziegelsteinen zu.

§. 677. Alsdann wird anfänglich ganz gelind gefeuert, um den Kalkstein auszutrocknen, und die elastische Luft herauszutreiben; wenn kein schwarzer dicker Rauch mehr aufsteigt, so vermehrt man das Feuer allmälich zur höchsten Glut; wenn man aber durch die Zuglöcher bemerkt, daß die Ziegelsteine weich werden, so vermindert man das Feuer wieder ein wenig. Wenn der Kalkstein nach etlichen Tagen ausgebrannt ist, so sieht er in der Glut weiß, wie lockere Baumwolle aus; diejenigen Steine welche zunächst an der Mauer liegen, sind zuerst ausgebrannt, daher vermauert man diese Zuglöcher im Gewölbe, und wo sie noch nicht gar sind, da last man sie offen. Der gebrannte Kalk kan nach 24 Stunden aus dem Ofen genommen werden.

§. 678. Der Kalkmergel ist zweyerley; der erste bricht wie ein fauler Stein, und wird in viereckigten Stücken gestochen, so wie sie sich zum Brennen schicken; und der andere ist eine weiche Erde, welche erst mit Wasser befeuchtet, und dann wie Ziegel gestrichen werden muß. Das Brennen geschieht in einem Ofen, der dem Ziegelofen gleich ist, man verfährt übrigens mit dem Brennen wie oben gelehrt worden.

§. 679. Die gewöhnliche und allgemeine Art der Kalköfen ist am bequemsten, und lange nicht so kostbar: man gräbt in einen Hügel eine trichterförmige Grube, und führt von der Seiten her einen Gang dazu, der im Anfang weit, aber gegen die Spizze der Grube immer enger wird; der Trichter endigt sich unten in eine runde Oeffnung, welche etwa anderthalb Schuh im Durchmesser hat, auch der Trichter selbst ist rund; unter jener Oeffnung endigt sich auch der Gang, mit einer eben so grossen Oeffnung, hier wird das Feuer unterhalten; so wohl der Gang als der Ofen selbst wird mit feuerfesten Steinen dicht ausgemauert.

§. 680. Der trichterförmige Ofen wird mit Kalksteinen dicht ausgemauert; die untere Oeffnung aber mit denselben gewölbt; die dickesten Steine bringt man zunächst an die Wand, und die kleinere in die Mitte. Oben über bedeckt man alle« mit kleinem Gesteine, und baut einen Schoppen, oder ein Dach darüber, gegen den Regen. Alsdann macht man zuerst ein gelindes Feuer, verstärktes allmälig bis zur höchsten Glut, und last es ja nicht auslöschen, bis die Steine gar sind: denn man halt dafür, daß sich die Flamme nicht so gern wieder durch die Steine zöge, als wenn sie beständig unterhalten wird. Wenn der Kalk ausgebrannt ist, so läst man das Feuer auslöschen.

§. 681. Da der ungelöschte Kalk allmälig die Feuchtigkeit der Luft einsaugt, und in Pulver zerfällt, alsdann aber das löschen nicht so innig geschieht, und die Masse nicht so bindend wird, so thut man am besten, wenn man den Kalk so gleich aus dem Ofen ablischt, und den gelöschten Kalk verkauft; diesen kann man viele Jahre in einer zugedeckten Grube aufbewahren. Zum Düngen auf die Felder, nimmt man ungelöschten, und an der Luft zerfallenen Kalk.“

  

 
 
 

Lehrbuch der rationellen Praxis der landwirthschaftlichen Gewerbe.

Die Bierbrauerei und Branntweinbrennerei, die Hefe-, Liqueur-, Essig-, Starke-, Stärkezucker- und Nunkelrübenzuckerfabrikation, die Kalk-, Gyps- und Ziegelbrennerei, Potaschesiederei, Oelraffinerie, Butter- und Käsebereitung, das Brotbacken und Seifensieden umfassend.

Zum Gebrauche bei Vorlesungen über die landwirthschaftlichen Gewerbe und zum Selbstunterrichte für Landwirthe, Techniker und Cameralisten.

Von Dr. Fr. Jul. Otto, Professor der Chemie im Collegio Carolino zu Braunschweig,

Braunschweig, Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn, 1840

  

Diese Beschreibung des technischen Standes klingt schon weitaus moderner und gibt uns schon einige Hinweise mehr, wie es damals eigentlich gemacht wurde. Die Arbeit ist sicher auch eine Grundlage für das umfangreiche Gutachten zum Kalkwerksbetrieb in Sachsen aus dem Jahr 1867 gewesen... Wir zitieren ab S. 455 ff den Abschnitt:

  

Das Kalk- und Gypsbrennen.

Das Kalkbrennen.

  

Das Kalkbrennen hat die Darstellung des kohlensäurefreien (gebrannten) Kalkes zum Zwecke.

Der gebrannte Kalk ist, in seinem reinen Zustande, die Verbindung eines Metalles, des Calciums, mit Sauerstoff, er ist das Calciumoxyd, und wird von den Chemikern Kalk oder Kalkerde genannt. Dem chemischen Verhalten nach ist die Kalkerde eine starke Base sie gehört zu der Gruppe der alkalischen Erden, und bildet mit den verschiedenen Säuren die verschiedenen Kalksalze, so mit der Kohlensäure den kohlensauren Kalk, mit der Schwefelsäure den schwefelsauren Kalk. In der Natur findet sich der gebrannte Kalk oder die reine Kalkerde nicht, oder doch äußerst selten, er muß immer künstlich dargestellt werden. Dies geschieht durch Glühen des kohlensauren Kalkes, der Verbindung der Kalkerde mit Kohlensäure. Erhitzt man nämlich den kohlensauren Kalk bis zu einer bestimmten Temperatur, so wird die Verwandtschaft der Kohlensäure zum Kalk aufgehoben, die Kohlensäure entweicht als Kohlensäuregas und die Kalkerde bleibt rein, das heißt als gebrannter Kalk, zurück. Diese Entfernung der Kohlensäure aus dem kohlensauren Kalk durch Erhitzen, wird das Kalkbrennen genannt; der Ofen, in welchem man das Erhitzen bewerkstelligt, heißt der Kalkofen. Im Gegensatz zum gebrannten Kalk nennt man den kohlensauren Kalk auch wohl ungebrannten Kalk.

Da der kohlensaure Kalk in 100 Theilen 56,3 Theile Kalkerde und 43,7 Theile Kohlensäure enthält, so geben z. B. 100 Pfunde desselben 56,3 Pfunde gebrannten Kalk. So bedeutend das Gewicht des kohlensauren Kalkes beim Brennen in Folge des Verlustes der Kohlensäure vermindert wird, so wenig bedeutend vermindert sich daß Volumen. Das Volumen des gebrannten Kalkes ist nicht viel geringer als das Volumen des ungebrannten Kalkes, aber der gebrannte Kalk ist viel lockerer, poröser, als der ungebrannte.

Der kohlensaure Kalk wird in der Natur in großer Menge angetroffen, und zwar theils sehr rein, sehr frei von fremdartigen Beimengungen, theils gemengt mit mehr oder weniger fremden Substanzen, nämlich mit kohlensaurer Talkerde, mit Eisenoxyden, Manganoxyden und besonders mit Thon (kieselsaurer Thonerde). Nach der Verschiedenheit der Entstehung, nach der Verschiedenheit im Aeußern und nach der verschiedenen Reinheit hat der natürliche kohlensaure Kalk verschiedene Namen erhalten.

Ehe ich nun zu der Darstellung des gebrannten Kalkes, zu dem Brennen des Kalksteins in den Kalköfen übergehe, wird es zweckmäßig sein, das Verhalten des kohlensauren Kalkes und des reinen Kalkes im Feuer für sich und in Vermengung mit einigen anderen Körpern zu erläutern.

Wird der kohlensaure Kalk allmählig bis zu lebhafter Rothglühhitze erhitzt, so entläßt er, unter den gewöhnlichen Umständen, wie schon früher erwähnt, die Kohlensäure, und es bleibt die reine Kalkerde, der gebrannte Kalk, zurück. Ein Zusammenschmelzen oder Zusammensintern der Theilchen des Kalkes findet dabei nicht statt, weil die Temperatur, bei welcher der kohlensaure Kalk seine Kohlensäure verliert, eine niedriger ist, als die, bei welcher er schmelzen oder doch zusammensintern kann, und weil der kohlensäurefteie Kalk, die reine Kalkerde , auch im heftigsten Feuer unschmelzbar ist. Das Entweichen der Kohlensäure beim Glühen erfolgt aber nicht unter allen Umständen mit gleicher Leichtigkeit. Wird nämlich die aus den zuerst zersetzten Theilen des kohlensauren Kalkes entweichende Kohlensäure nicht entfernt, entweder durch einen über den Kalk ziehenden Strom einer andern Luftart, oder durch einen Strom von Wasserdampf, bleibt also der kohlensaure Kalk mit einer Atmosphäre von Kohlensäuregas umgeben, so entweicht höchst wenig, ja gar keine Kohlensäure mehr. Steigert man unter diesen Umstanden die Hitze bis zum Weißglühen, so kann der kohlensaure Kalk schmelzen, ohne daß er die Kohlensäure verliert. Der kohlensaure Kalk ist nämlich, wie schon gesagt, schmelzbar, während der reine Kalk, das ist, der durch zweckmäßiges Erhitzen von der Kohlensäure völlig befreiete Kalk selbst in dem allerstärksten Feuer nicht zum Schmelzen gebracht werden kann. Soll der kohlensaure Kalk durch Erhitzen seine Kohlensäure leicht und schnell entlassen, so muß während des Erhitzens ein Strom irgend eines fremden Gases oder ein Strom von Wasserdampf die ausgetriebene Kohlensäure fortwährend wegführen. Bei dem Brennen des Kalkes in den Kalköfen sind es der Wasserdampf, welcher sich bei Verbrennen des Brennmaterials erzeugt, und das Stickstoffgas der atmosphärischen Luft, welche die Kohlensäure aus dem Ofen fortführen. Etwas feuchter Kalkstein läßt sich, besonders mit etwas feuchtem Brennmaterial, viel leichter von der Kohlensäure befreien, als trockener Kalkstein mit völlig trocknem Brennmaterial.

Sind die Steine in Folge einer zu hohen Temperatur zu sehr zusammengesintert, so nennt man die selben todtgebrannt. Ein solches Todtbrennen kann auch bei dem Brennen der gewöhnlichen Kalksteine, welche, gut gebrannt, einen fetten Kalk liefern, der sich mit Wasser unter beträchtlicher Erhitzung löscht, statt finden.

Ich wende mich nun zu dem Brennen des Kalkes im Speciellen; es soll dabei das Brennen des von fremdartigen Beimengungen sehr freien Kalksteins, welcher den fetten Kalk giebt, zu Grunde gelegt werden, da dies wegen der so ausgedehnten Anwendung dieses Kalkes am allerhäufigsten ausgeführt wird.

Das Brennen des Kalkes geschieht in unseren Gegenden fast stets in Kalköfen, in einigen Ländern brennt man denselben aber auch in Meilern.

Die Gestalt der Oefen ist sehr verschieden. Am häufigsten sind sie cylindrisch oder eiförmig; dm Ziegelöfen ähnliche Kalköfen finden sich, wenigstens in unserer Gegend, seltner.

Man theilt die Kalköfen gewöhnlich in periodische und in continuirliche ein. Jene läßt man nach beendetem Brennen des Kalkes erkalten, um den Kalk auszuziehen; in diesen geht das Brennen ohne Unterbrechung vor sich, indem der gargebrannte Kalk von Zeit zu Zeit theilweise ausgezogen, und in dem Maße, als dies geschieht, der Ofen von oben wieder gefüllt wird.

Die periodischen Kalköfen haben entweder keinen Rost, oder sie sind mit einem solchen versehen. Es herrschte in früheren Zeiten die irrige Ansicht, daß die Oefen, in welchen mit Holz gebrannt würde, eines Rostes nicht bedürften, die Oefen mit Torffeuerung aber einen Rost haben müßten. Man weiß jetzt aus Erfahrung, was man schon vorher hätte schließen können, daß nämlich auch für Holzfeuerung die Anwendung eines Rostes sehr zweckmäßig ist.

   


  

Der in Figur 78 abgebildete Kalkofen ist ein periodischer Kalkofen ohne Rost, und ein Kalkofen der gebräuchlichsten Art. Man bauet- diese Oefen in einen Hügelabhang oder in den Abhang des Kalksteinbruches hinein, um den Kalkstein bequem zu ihrer obern Oeffnung, durch welche man sie füllt, karren zu können. Gewöhnlich werden mehrere Oefen neben einander angelegt, so daß dann eine Mauer zweien Oefen gemeinschaftlich ist, wie es die Fig. 79 zeigt. Der Durchmesser des abgebildeten Ofens beträgt im Lichten 6 Fuß, die Höhe 10 Fuß; a ist das 3 Fuß starke Mauerwerk; c das Gewölbe von ohngefähr 2 Fuß Breite und 4 Fuß Höhe, welches in das Innere des Ofens zu dem Heizraume führt, f sind Strebepfeiler.

Soll in dem Ofen Kalk gebrannt werden, so wird zuerst im Innern desselben aus ausgesuchten größeren Kalksteinen das Gewölbe d von 4 bis 5 Fuß Höhe gebildet, welches als Feuerraum dient und daher nach c zu offen ist. Hierauf wird der Ofen durch die obere Oeffnung (die Gicht) mit Kalksteinen vollends angefüllt und mit einer Schicht kleinerer Kalksteinstücke (Grus) gedeckt. Durch die Heizöffnung wird dann mit leicht entzündlichem Brennmaterial, mit Reisigholz oder Wasen, der Ofen langsam angewärmt und dann das Feuer allmählig bis zur vollständigen Gahre der Steine verstärkt. Der Ofen muß langsam angewärmt werden, damit die Kalksteine in Folge des raschen Entweichens der Feuchtigkeit, welche sie enthalten, nicht zerspringen. Beim Beginnen des Heizens, wo die Temperatur des Ofens noch niedrig ist, condensirt sich auf den Steinen der Wasserdampf, welcher beim Verbrennen des Brennmaterials gebildet wird, die Steine werden naß, der Luftzug ist wegen der niederen Temperatur noch schwach, die Verbrennung des Brennmaterials also unvollständig, es setzt sich Ruß auf die Steine ab und es entweicht aus der Gicht dicker schwarzer Rauch. Je höher die Temperatur des Ofens aber wird, desto mehr vermindert sich der Rauch, der Ruß auf den Steinen verbrennt, sie werden wieder hellfarbig, es kommen Flammen an der Gicht zum Vorschein, die, anfangs dunkel und russend, im weiteren Verlaufe des Brennens immer Heller und rußfreier werden. Zeigt sich der Kalkstein unter der Decke als eine weißglühende, gleichsam wollige lockere Masse, so ist derselbe gahr gebrannt, der Proceß kann beendet werden.

So einfach der ganze Proceß des Kalkbrennens ist, so ist doch das vollständige Gelingen desselben an die Erfüllung gewisser Bedingungen geknüpft, so dürfen doch gewisse Vorsichtsmaßregeln und Handgriffe nicht außer Acht gelassen werden. Die Heizöffnung des Kalkofens muß gegen den Wind geschützt sein; man bringt dieselben deshalb an der den herrschenden Winden entgegengesetzten Seite an, schützt sie auch wohl durch einen Vorbau, durch eine Thür oder durch vorgelegte Reisigbündel. Wird die Heizöffnung von Winden getroffen, so treibt dieser die Flamme nach hinten, der an der Hinterseite des Ofens befindliche Kalk allein wird stark erhitzt, der an der Vorderseite liegende wird nicht gahr gebrannt. Es ist schon oben angegeben, daß das Entweichen des Kohlensäuregases aus dem Kalkstein ungemein befördert wird durch das Vorhandensein eines andern Gases oder Dampfes, namentlich des Wasserdampfes. Vollkommen aus getrocknete, das heißt, nach dem Brechen lange an der Luft gelegene Kalksteine lassen sich mit trocknen, Brennmaterial äußerst schwierig brennen. Bei Anwendung von feuchten, das heißt, frisch gebrochenen Steinen, und mäßig trocknen, Brennmaterial «folgt das Entweichen der Kohlensäure, das heißt, das Gahrbrennen des Kalksteins, am leichtesten. Es ist nämlich in diesem letzten Falle der Ofen mit Wasserdämpfen angefüllt, und in diese entweicht (diffundirt) das Kohlensäuregas sehr leicht. Selbst das Einsprengen von Wasser in den Feuerraum wird zur Erleichterung des Brennens der Steine vorgeschlagen. Wenn der zu brennende Kalkstein sehr frei von fremdartigen Bestandtheilen, nämlich von Thon und Kieselerde ist, wenn derselbe also nach dem Brennen einen sehr fetten Kalk giebt, so kann die Hitze in der letzten Periode des Brennens ohne Nachtheil sehr hoch gesteigert werden, da der reine Kalk, der kohlensäurefreie Kalk, selbst in der höchsten Temperatur unveränderlich ist. Enthält aber der Kalkstein Kieselerde oder Thon, so erfolgt in hoher Temperatur ein Zusammensintern oder anfangendes Zusammenschmelzen in Folge der chemischen Vereinigung der Kalkerde mit der Kieselerde und Thonrede; der Kalk wird dann todtgebrannt genannt, weil er die Eigenschaft, mit Wasser sich stark zu erhitzen und zu Pulver zu zerfallen, mit einem Worte, die Eigenschaft, durch Wasser gelöscht zu werden, verloren hat, zur Darstellung des gewöhnlichen Mörtels also nicht mehr brauchbar ist. Unreiner Kalkstein, das heißt Kalkstein, welcher beim Uebergießen mit Salzsäure einen bedeutenden Rückstand ungelöst läßt, erfordert daher eine größere Aufmerksamkeit beim Brennen, als reiner Kalkstein; man muß ihn durch eine mäßig hohe Temperatur in längerer Zeit gahr brennen, während man aus reinem Kalkstein durch eine kürzere Zeit anhaltende höhere Temperatur die Kohlensäure austreiben kann. Aber auch sehr reine Kalksteine können unter gewissen Umständen einen todtgebrannten Kalk geben.

Sind diese und das Brennmaterial nämlich sehr trocken, so erfolgt das Austreiben der Kohlensäure nur sehr langsam und leicht unvollständig, und es kann daher bei zu rasch gesteigerter Temperatur eine Zusammensinterung des kohlensauren Kalkes selbst erfolgen, da, wie oben Seite 464 angeführt, zwar der kohlensäurefreie Kalk im Ofen ganz unschmelzbar ist, der kohlensaure Kalk aber ziemlich leicht geschmolzen werden kann. In diesem letzten Falle wird der todtgebrannte Kalk, mit Salzsäure übergossen, heftig aufbrausen, in jenem Falle nicht. Es leuchtet ein, daß die Oberfläche der Steine zuerst erhitzt wird, also zuerst die Kohlensäure verliert; bei anhaltendem Heizen dringt dann die Wärme auch in das Innere der Steine und treibt hier die Kohlensäure aus. Unterhält man daher das Feuer nicht hinreichend lange Zeit, so bekommt man Kalk, welcher im Innern noch ungebrannt ist, von welchem beim Uebergießen mit Wasser nur die äußeren Schichten sich löschen, ein Kern von ungebranntem Kalke zurückbleibt.

Beim Ausnehmen des Ofens erkennt man die nicht durchgebrannten Steine leicht an ihrem großen Gewichte. Da nämlich der Kalkstein beim Brennen ohngefähr 40 Proc. am Gewichte verliert, ohne in demselben Verhältnisse sein Volumen zu vermindern, so erscheint er nach dem Brennen leichter, indem man die zum Heben erforderliche Kraft nach dem Volumen schätzt. Man sieht, daß dieser Uebelstand am leichtesten bei sehr großen Stücken Kalksteinen sich zeigen kann, weil diese die längste Zeit nöthig haben, um durchgebrannt zu werden. Zu große Steine werden deßhalb gar nicht in den Ofen gebracht, die größten bringt man unten in die Nähe des Heizraumes und in die Mitte des Ofens, die kleinen an die Wand des Ofens und nach oben hin.

Ueber die Zeit, in welcher das Brennen beendet ist, läßt sich etwas Bestimmtes nicht sagen, sie hängt von sehr vielen Umständen ab. Bei Anwendung von frisch gebrochenen Steinen, leichtem, nicht zu trocknen Brennmaterial, günstigem Winde kann ein Brand in 36 Stunden beendet sein; bei ungünstigen Verhältnissen ist längere Zeit erforderlich. Hat man starkes, schweres Holz, so kann man aus dem Heizraume eine nicht unbeträchtliche Menge von Kohlen gewinnen. Aus der Zusammensetzung des kohlensauren Kalkes ergiebt sich, daß derselbe beim Brennen 44 Procent verlieren muß: enthält der Kalk aber Thon, so wird natürlich der Gewichtsverlust geringer sein, weil dann in einem gleichen Gewichte des Kalksteins weniger Kohlensäure enthalten ist. Dies ist mit die Ursache, weshalb man im Allgemeinen zum Brennen unreiner Kalksteine weniger Brennmaterial bedarf, als zum Brennen reiner Kalksteine.

Da die Verbrennung des Brennmaterials auf einem Roste viel rascher und vollständiger erfolgt, als ohne Rost, so verdienen die periodischen Kalköfen mit Rost den Vorzug vor den eben genannten.

Kalköfen mit Rost, ähnlich dem, welcher in Fig. 80 abgebildet ist, trifft man in hiesiger Gegend am Elme, sie liefern den meisten Kalk für die Stadt Braunschweig. Sie sind eiförmig, verengen sich indeß nach oben zu nicht so stark, als es die Abbildung zeigt, indem der obere Durchmesser wie der untere ohngefähr 5 Fuß betragt. Ueber dem Aschenfalle n ist ein Rost aus gebrannten Steinen gewölbt gemauert; Fig. 81 zeigt die Zusammenfügung der Steine.

  


   

Die Heizöffnung ist 2 Fuß breit, nicht viel breiter setzt man auch das Gewölbe von Kalksteinen im Innern des Ofens über dem Roste. Auch diese Oefen werden in den Abhang des Kalksteinbruches hineingebaut, um bequem zu ihrer Gicht gelangen zu können, und über dieser befindet sich gewöhnlich ein leichtes Haus, gebaut zur Abhaltung des Regens, zum Schutzorte für die Arbeiter und zum Aufbewahrungsorte für die Werkzeuge. Nicht selten liegen zwei dieser Oefen dicht neben einander, wo dann der eine im Brande begriffen ist, während der andere ausgenommen oder eingesetzt wird. Ueber das Brennen des Kalkes in diesen Oefen ist dem oben Mitgetheilten nichts hinzuzufügen. Kann man Wasen (Reisigholz) in hinreichender Menge erhalten, so brennt man diese.

Außer den genannten beiden Arten der periodischen Kalköfen sind in einigen Gegenden die vierseitigen Kalköfen von der Gestalt der Ziegelöfen in Gebrauch. Die Einrichtung derselben ist so ganz der Einrichtung der Ziegelöfen entsprechend, daß auf diese letzteren hingewiesen werden kann. Jeder nicht zu große Ziegelofen wird als Kalkofen benutzt werden können, ja man brennt bisweilen wohl Kalk und Ziegel in ein und demselben Ofen zugleich. Der Kalk wird dann in die Nähe der Feuergassen gebracht, wo die Temperatur am höchsten ist. Die Oefen können mit Rosten versehen sein oder nicht, sie können oben offen sein oder geschlossen.

Die periodischen Kalköfen haben den Nachtheil, daß, nach beendetem Gahrbrennen des Kalkes, der Ofen bis zur nächsten Füllung sich vollständig abkühlt, also bei einem neuen Brande wie der mit dem Aufwände einer gewissen Quantität Brennmaterial erhitzt werden muß, und daß die Wärme, welche der gebrannte hellrothglühende Kalk besitzt, gänzlich verloren geht, indem dieselbe von der nach Beendigung des Brennens durch den Ofen ziehenden Luft weggeführt wird.

  

Es giebt nun zwei verschiedene Arten von continuirlichen Oefen, welche den genannten Nachtheil nicht zeigen. Bei der einen Art wird der Kalkstein in abwechselnden Schichten mit dem Brennmaterial, das dann nur Torf, Braunkohle oder Steinkohle sein kann, oben aufgegeben, und der gebrannte Kalk von Zeit zu Zeit unten herausgezogen.

Bei der zweiten Art befindet sich die Feuerung in einer gewissen Höhe über der Sohle eines Schachtes, und zwar außerhalb desselben, so daß der Kalkstein in dem Ofen nicht mit dem Brennmaterial selbst in Berührung kommt, sondern nur durch dessen Flamme erhitzt wird. Wird durch, an der Sohle des Ofens angebrachte, Abzugsöffnungen der unterhalb der Feuerungen befindliche Kalk herausgezogen, so sinkt der oberhalb derselben befindliche Kalk nach und es kann Kalkstein wieder durch die Gicht eingeschüttet werden.

  

 
  

Fig. 82 zeigt einen continuirlichen Ofen der erstgenannten Art, welcher sich bewährt hat. Derselbe ist trichterförmig und ebenfalls in einen Hügel gebaut, um bequem zu seiner Gicht kommen zu können. Der obere Durchmesser des Trichters i. betragt 12 Fuß, der untere 5 Fuß, die Höhe desselben 14 Fuß; d ist eine Abzugsöffnung von 2 ½ Fuß Höhe und 2 Fuß Breite. Dieselbe ist während des Brennens mit einer Thür geschlossen, e ist eine Oeffnung von 4 Zoll Höhe und 6 Zoll Breite zum Einströmen der atmosphärischen Luft. Es befinden sich im Umkreise des Ofens 3 Abzugsöffnungen und 3 Zugöffnungen, wie es die Fig. 83 zeigt, in welcher die entsprechenden Theile mit denselben Buchstaben, wie in Fig. 82, bezeichnet sind; a ist das Mauerwerk des Ofens.

Man erkennt, daß die Verbrennung des Brennmaterials, welches, wie schon erwähnt, Torf oder Kohle (Holzkohle, Braunkohle oder Steinkohle) sein muß, oberhalb c erfolgt; unterhalb c sammelt sich der gebrannte Kalt an und er wird von Zeit zu Zeit, nachdem seine hohe Temperatur zum Erhitzen des darüber liegenden, noch nicht gahr gebrannten, Kalkes benutzt ist, durch die Abzugsöffnungen aus dem Ofen gezogen, worauf man dann wieder abwechselnde Schichten von Kalkstein und Brennmaterial aufgiebt. Es versteht sich wohl von selbst, daß die Kalksteine für diesen Ofen nicht zu groß sein dürfen, und daß sie möglichst von gleicher Größe genommen werden müssen. Beim Anheizen des Ofens werden auf der Sohle desselben aus Kalksteinen Feuergassen gebaut, welche nach den Abzugsöffnungen hin offen sind, dann wird der Ofen mit Schichten von Kalkstein und Brennmaterial anfangs nur bis etwas über die Luftzüge hin angefüllt.

Hierauf heizt man, bei geschlossenen Luftzügen, durch die Abzüge, so lange mit leichtem Holze, bis der unter den Luftzügen befindliche Kalk gahr gebrannt ist, wobei man von Zeit zu Zeit in dem Maaße, als der Kalk zusammensinkt, neue Mengen von Kalkstein und Brennmaterial nachgiebt. Hierauf schließt man die Kalkabzüge, öffnet die Luftzüge und füllt den Ofen mit Schichten von Kalkstein und Brennmaterial vollends an. Sobald ein beträchtlicher Theil des über dem Zugloche befindlichen Kalkes ebenfalls gahr gebrannt ist, wird aus den Abzugsöffnungen Kalk gezogen und dies ohngefähr alle 6 bis 8 Stunden wiederholt.

Anfangs, wenn der Ofen noch nicht gehörig im Gange ist, hat man die Schichten des Brennmaterials etwas stärker zu machen als später; man bricht immer von dem Brennmaterial ab, bis man den Punkt erreicht, bei welchem der Kalk nicht mehr gehörig gebrannt aus dem Ofen kommt. Nur die Erfahrung kann über das Verhältnis des Brennmaterials zum Kalkstein entscheiden, da dasselbe nach der Beschaffenheit des Steines abweicht. Thonhaltige Kalksteine bedürfen weniger Brennmaterial als fette, das heißt sehr reine Kalksteine. Im Allgemeinen rechnet man 3 bis 4 Volumina Kalkstein auf 1 Vol. Brennmaterial, wenn dies aus Steinkohlen besteht. Von Coaks und Torf bedarf man ein größeres Volumen, da dieselben leichter sind. Man hat auch Oefen der beschriebenen Art, bei welchen sich der Rost auf der Sohle des Trichters befindet, und dicht über diesem an den Seiten die Abzüge, die ebenfalls mit rostförmigen Thüren geschlossen sind.

Die zweite Art der continuirlichen Kalköfen ist in den Fig. 84, 85 u. 86 abgebildet; Fig. 85 ist der senkrechte, Fig. 86 der horizontale Durchschnitt, in der Höhe der Abzugsöffnungen. Gleiche Buchstaben bezeichnen gleiche Theile. Seitwärts an dem stehenden Schachte, in einer gewissen Höhe über der Sohle desselben, bei a‘, befinden sich die Heizöffnungen; sie sind mit dem Roste a versehen, zu welchem die Luft durch den Kanal i gelangt. Von diesen Heizöffnungen sind 3 vorhanden. Zwischen denselben, an der Sohle des Ofens, befinden sich die Abzugsöffnungen c, also ebenfalls drei, mit dem daran gebauten Gewölbe f, in welchem der ausgezogene Kalk bis zum Abkühlen liegen bleibt. Die Sohle des Ofens dacht sich nach den Abzügen hin ab, um das Ausziehen des Kalkes zu erleichtern, indeß nicht ganz so stark, als in der Zeichnung angegeben. Man hat auch Oefen mit vier und fünf Heizöffnungen und Abzügen, indeß werden die mit dreien vorgezogen. d ist der Aschenfall unter dem Roste, aus welchem die Asche durch 5 herausgenommen wird. Diese Oeffnungen c, so wie die Schüröffnungen a' sind während des Brennens geschlossen, so daß die zum Verbrennen des Brennmaterials nöthige Luft nur durch die Kanäle ü unter den Rost gelangen kann.

  


 

Der Rost ist auf die, Fig. 85, gezeichnete Weise aus feuerfesten Steinen construirt, auch der Heizraum und selbst der Schacht ist mit solchen Steinen ausgelegt. Ein Weg muß zu der Gicht führen, auf welchem die Kalksteine zu dem Ofen gekarrt werden. Sehr zweckmäßig ist es, wenn im Mauerwerk des Ofens ein hohler Raum ausgespart wird, den man mit Asche und Sand ausfüllen, aber auch wohl eben so gut leer lassen kann. Die Wärme wird dadurch im Ofen zusammengehalten. Hin und wieder muß natürlich die äußere Mauer, welche von Kalksteinen aufgeführt werden kann, mit der Innern durch eingreifende Binder verankert werden.

Sehr ausgezeichnete und berühmte Kalköfen dieser Art sind die zu Rüdersdorf bei Berlin, welche colossale Baue darstellen.

Die erste Füllung des Ofens ist schwieriger und weicht von den späteren, wenn der Ofen bereits im Gange ist, bedeutend ab. Man bringt zuerst Kalksteine durch die Abzüge in den Ofen, packt mit diesen den Heerd möglich hohl und hoch voll, und bildet an den Mündungen der Abzüge hohle Gassen, um in diese Holz zum Anheizen des Ofens bringen zu können. Alsdann werden Kalksteine durch die Heizöffnung in den Ofen gebracht, wobei man den Rost, um ihn nicht zu beschädigen, mit Brettern bedecken muß. Auch von hier ab füllt man den Ofen möglichst hohl und so hoch als möglich. Das fernere Füllen des Ofens geschieht dann von der Gicht ab mit Haspel und Seil bis auf etwa 10 Fuß von der Mündung der Gicht (bei dm Dimensionen der Rüdersdorfer Oefen). Man darf die Steine nicht tief in den Ofen hinabwerfen, um die Wände des selben nicht zu beschädigen, und um die Füllung nicht zu dicht zu machen. In 10 bis 12 Fuß Höhe von der Gicht ab kann zuletzt aber die Füllung durch Einwerfen beendet weiden. 4 Fuß von der Gicht ab bleibt der Schacht leer, was den Zug befördert. Das erste Heizen des Ofens geschieht nur durch die Abzüge « mit Holz, wobei die oberen Feuerungsthüren und die Zuglöcher verschlossen sind. Die in den Feuergassen sich ansammelnden Kohlen zieht man von Zeit zu Zeit heraus, um neues Brennmaterial in reichlicher Menge einwerfen zu können. Das langsame Anheizen nimmt 24 bis 26 Stunden Zeit weg, dann wird das Feuer verstärkt. Sobald die Steine im untern Theile des Ofens gahr gebrannt sind, beginnt das Feuern durch die eigentlichen Heizöffnungen, und zwar bei den Rüdersdorfer Oefen mit Torf. Man füllt dann zugleich nicht allein den noch leeren Theil des Schachtes vollständig mit Kalkstein an, sondern schüttet auch noch einen hohen Haufen Kalkstein lose auf. Nach 12 bis 18stündiger Heizung ist der Kalk auch vor den Feuerungen gahr.

Man läßt dann die Glut in den Feuerungen ausglimmen, öffnet die Kalkabzüge und zieht durch eiserne Ziehhaken von allen drei Seiten zugleich den Kalk heraus. Mittelst 12 bis 15 Fuß langen Stangen ist man dabei von den Feuerungen aus bchülflich; man stößt mit diesen den Kalk von den Seiten weg, doch so, daß der oberhalb der Feuerungen befindliche Kalk mit einem Bauche nach unten hangen bleibt. Zeigt sich beim Wegstoßen des Kalkes vor den Feuerungen, daß derselbe fest aneinander hängt und daß sich ein Bauch bildet, so ist der über den Feuerungen befindliche Kalk hinreichend gahr, und kann nach 1 bis l1 ½ stündigem Hängen durch ferneres Wegstoßen entfernt werden. Die Ofenmauern bauchen sich, besonders wenn sie noch neu sind, hierbei stets ein wenig aus; bei alten Oefen bleibt daher der Kalk oft zwei bis 3 Stunden hängen.

Ist der erste Brand auf beschriebene Weise beendet, so wird das Füllen und Brennen beim fortgesetzten Betriebe einfacher. Es werden nämlich die Abzüge geschlossen, das Feuer in den Feuerungen von neuem angeschürt, der Schacht mit Kalksteinen ganz angefüllt, und ein Berg davon aufgeschüttet. Das Nachfüllen wird auch während des Brennens fortgesetzt, weil sich das Volum des Kalksteines dabei vermindert. Alle 12 Stunden erfolgt nun das Kalkabziehen: 8 Stunden kommen auf das eigentliche Brennen, IV2 bis 2 Stunden auf das Hängen des Kalkes und die übrige Zeit auf das Abziehen. Das aus den Rüdersdorfer Oefen bei dem Ziehen erhaltene Quantum betragt ohngefähr 50 Berliner Scheffel.

Die Vorzüge, welche diese continuirlichen Oefen vor den periodischen besitzen, sind im Allgemeinen schon oben angedeutet worden.

Noch muß das Brennen des Kalkes in Meilern wenigstens erwähnt werden. In einigen Gegenden Englands, auch Belgiens, werden die Kalksteine mit Steinkohlen oder mit Torf geschichtet, zu Meilern geformt, denen man ein« Decke von Erde oder Rasen giebt. In der Mitte befindet sich, wie bei den Kohlenmeilern, ein Schacht, durch welchen das Anzünden bewerkstelligt wird. Die Leitung des Feuers wird, wie bei dem Kohlenbrennen, durch die Erddecke möglich gemacht. Man macht nämlich nach und nach in verschiedenen Höhen Oeffnungen (Räume, Räumlöcher) in die Decke des Meilers und regulirt durch Verschließung oder Vergrößerung derselben den Zug. Zieht sich das Feuer zu stark nach einer Seite, so werden an dieser die Oeffnungen mehr oder weniger verstopft; soll das Feuer nach einer Seite hingelcitet werden, so werden an dieser die Oeffnungen vergrößert, oder so wird hier die Anzahl derselben vermehrt.

Der auf die eine oder andere Weise gebrannte Kalk muß sofort nach dem Brennen in Fässern an einem trocknem Orte aufbewahrt werden. In feuchter Lust zieht derselbe begierig Wasser und Kohlensäure an und er giebt dann beim Löschen keinen sehr zarten Kalkbrei mehr, auch nicht eine so reichliche Menge, als frisch gebrannter Kalk; er gedeiht, wie man sagt, nicht gut. Bei dem Füllen der Fässer werden die nicht vollständig gebrannten Stücken, und die todtgebrannten Stücken, welche man leicht an ihrer Schwere erkennt, ausgeschossen.“

  

 
 
 

Der deutsche Landwirth.
Ein vollständiges Hand- und Lehrbuch
der gesammten Landwirthschaft.

Für größere und kleinere Gutsbesitzer, Pächter und alle diejenigen, welche sich der Landwirthschaft widmen wollen. Nach eigenen praktischen Erfahrungen bearbeitet und mit vielen Abbildungen erläutert.

Von Friedrich Kirchhof, Oeconomie- Comissar.

Neue unveränderte Auflage mit acht Bildnissen.
Georg Wigand's Verlag, Leipzig, 1847.

  

Auf der Suche nach dem Ursprung des Begriffes „Schneller  haben wir in dieser Quelle die folgende Beschreibung gefunden:

  

Die zweite Art Kalköfen sind die sogenannten Schneller, in denen man den Kalk zwar auch mit Holz oder Torf, gemeiniglich aber mit Steinkohlen brennt. Diese Schneller sind zwar bei weitem minder kostspielig in der Herstellung, der Kalk wird aber auch weniger gleichmäßig durchgebrannt, es wird derselbe mit der Asche des Brennmaterials vermischt, und es ist von letzterem eine größere Menge zum Brennen selbst erforderlich.

Ein solcher Schneller ist ebenfalls von Mauerwerk gebaut und hat einen Schacht, der aber förmlich trichterförmig, d. h. oben beträchtlich weiter als unten ist. Die etwa 3 Ellen über dem Fußboden erhabene Sohle dieses Schachtes bildet zuerst einen auf einem gemauerten Boden ruhenden Sattel, welcher in der Mitte des Schachtbodens querüber geht und nach oben zu eine spitze Kante bildet. An jeder der beiden Seiten dieses Sattels befindet sich, so weit als der Schachtboden geht, ein eisernes Gitter, zum An- und Abklappen eingerichtet, so daß diese Theile des Schachtbodens nach Belieben geöffnet und geschlossen werden können.

Die Holzfeuerung ist bei den Schnellern ziemlich kostspielig und keineswegs zu empfehlen; man wird vielmehr besser thun, bei Holzfeuer, wenn man keinen ordentlichen Ofen hat, die Kalksteine wie beim Ziegelbrennen in sogenannte Feldöfen zu setzen.

  

 
 
 

Das Hauslexikon.
Vollständiges Handbuch praktischer Lebenskenntnisse für alle Stände.

Vierter Band:  Halbbäder – Kreide.

Mit Königl. Würtembergischem allergnädigsten Privilegio.

Breitkopf und Härtel, Leipzig, 1856.

  

Fast wortgleich, wie in Kirchhof's Lehrbuch aus dem Jahr 1847 wird unter dem Stichwort „Kalkbrennerei ab Seite 509 auch in dieser Quelle der Schnellerofen beschrieben:

  

Die zweite Art Kalköfen sind die sogenannten Schneller, wo der Kalk zwar auch mit Holz oder Torf, gemeiniglich aber mit Steinkohlen gebrannt wird. Man hat diese Schneller theils da, wo man den Kalk nur theilweise brennt, theils aber auch bei Kalkbrüchen, wo ununterbrochen gebrannt wird.

Diese Schneller sind bei weitem minder kostspielig in der Herstellung, der Kalk wird aber weniger gleichmäßig durchgebrannt, er wird mit der Asche des Brennmaterials vermischt, u. es ist zum Brennen selbst eine größere Menge desselben erforderlich.

Ein solcher Schneller ist ebenfalls von Mauerwerk gebaut u. hat einen Schacht, doch ist dieser förmlich trichterförmig, d. h. oben beträchtlich weiter als unten. Die Sohle dieses Schachtes, die etwa 3 Ellen über dem Fußboden erhoben ist, bildet zuerst einen, auf einem gemauerten Boden ruhenden, Sattel, welcher in der Mitte des Schachtbodens querüber geht u. nach oben zu eine spitze Kante bildet. An jeder der beiden Seiten dieses Sattels befindet sich, so weit als der Schachtboden geht, ein eisernes Gitter, welches sich mittelst einer Vorrichtung an- u. abklappen läßt, so daß diese Theile des Schachtbodens nach Belieben geöffnet u. geschlossen werden können. Ob man unter dem Sattel eine gerade durchgehende Mauer hat, welche den Raum unter dem Schacht in zwei Theile theilt, oder diese wegläßt, so daß ein freier Durchgang bleibt, darüber sind die Meinungen getheilt, indem Einige behaupten, es sey in ersterem Falle ein besserer Zug vorhanden, der Ofen brenne besser, Andere dagegen, daß dieß nur bei letzterem Umstande der Fall sey. Die Verschiedenheit der Localitäten mag wohl hier am besten entscheiden.

Bei Steinkohlen- u. Torffeuerung muß mehr Zug stattfinden, als bei Holzfeuerung, die überhaupt bei den Schnellern ziemlich kostspielig u. keinesweges zu empfehlen ist; man thut vielmehr besser bei Holzfeuer, wenn man keinen ordentlichen Ofen hat, die Kalksteine, wie beim Ziegelbrennen in sogenannte Feldöfen zu setzen.“

  

 
 
 

Der Kalkwerksbetrieb in Sachsen
und die Ursachen der verschiedenen Kalkpreise“

Auszug aus einem auf Veranlassung des Königlichen Ministeriums des Innern abgegebenen Gutachtens

Dr. Gustav Wunder, A. Herbrig und Adolph Eulitz

Verlag von Wilhelm Engelmann, Leipzig, 1867

  

Dieses Gutachten von aus dem Jahr 1867 ist wohl die bekannteste Quelle zur Geschichte der Kalkwerke im damaligen Königreich Sachsen und ‒ lange vor der Erwähnung in den Jahrbüchern für das Berg- und Hüttenwesen eine der ersten und umfangreichsten statistischen Zusammenstellungen zu diesem Thema.

Diese Zusammenfassung fußte wiederum auf Vorarbeiten, wie den vorangegangenen Gutachten bekannter Fachleute, etwa Obereinfahrer Carl Hermann Müller oder Oberkunstmeister Friedrich Wilhelm Schwamkrug, die in der Zeit um 1860 im Auftrag des Königlich Sächsischen Finanzministeriums erstellt wurden. Die II. Abtheilung des letzteren war nämlich für die fiskalischen Kalkwerke zuständig.

Wir interessieren uns besonders für die Brennofentechnik und finden dazu auf S. 31 ff das Folgende:

   

Der Kalkofenbetrieb – Verschiedene Arten der Öfen –
Leistung derselben – Aufwand an Brennmaterial

Die zum Kalkbrennen bestimmten Öfen dienen entweder diesem Zwecke ausschließlich, dies sind die eigentlichen Kalköfen, oder sie dienen gleichzeitig zur Erreichung anderer Zwecke.

Von den Öfen der letztern Art sind in Sachsen nur die gleichzeitig zum Kalk- und Ziegelbrennen benutzten Öfen üblich. Solche sind den gewöhnlichen Ziegelöfen mit rechtwinkligem Querschnitt und Tonnengewölbe ganz ähnlich construirt. Man setzt in den untern Theil dieser Öfen Kalkstein ein, indem man Feuergassen in demselben ausspart, die mittelst größerer Kalksteinstücken überwölbt werden. Auf der durch klaren Kalkstein geebneten Oberfläche des Kalksteineinsatzes stellt man dann unmittelbar die zu brennenden Ziegel reihenweise auf. Der Kalkstein, der zum Brennen mehr Hitze erfordert, als die Ziegel, ist hier der Flamme näher und daher der Hitze stärker ausgesetzt.

Dies Verfahren gewährt den Vortheil, daß ein großer Theil der Hitze, die bei den meisten eigentlichen Kalköfen verloren geht, noch zum Brennen von Ziegeln nutzbar gemacht wird, und überdies werden die untersten Ziegel, die beim ausschließlichen Ziegelbrennen leicht unter dem Einflusse zu großer Hitze leiden, durch den Kalkstein vor dem Verderben durch Zusammenschmelzen geschützt. Nachtheile dieses Verfahrens bestehen darin, daß in Folge der beim Brennen des Kalksteins eintretenden Volumenverminderung desselben, die aufgesetzten Ziegel herabsinken und dabei theilweise ihre Form verlieren, zerbrechen, kurz mehr Abgang liefern; andererseits darin, daß das Herausnehmen der Ziegel aus den Öfen in Rücksicht auf den dem Zerfallen ausgesetzten Kalk oft schon geschehen muß, bevor die Ziegelwaare gehörig abgekühlt, was dieser nachtheilig ist. – Beiden Nachtheilen läßt sich indessen dadurch entgegentreten, daß man aus zwei Etagen bestehende Öfen construirt,, in deren unteren Raum Kalk, in deren oberen Raum Ziegelwaare gebrannt wird, und in welchem die Feuerluft aus dem unteren Raum in den oberen gelangt. Die Benutzung der Öfen zum gleichzeitigen Kalk- und Ziegelbrennen ist in einigen Gegenden Sachsens seltener, z. B. im Erzgebirge, in anderen häufiger. So werden von den 1.300 Ruthen (à 54 Kubikellen) Kalksteinen, die jährlich in der Nähe von Nenntmannsdorf gewonnen werden, gegen 700 an Ziegeleien abgeliefert, während sogar sämtlicher Kalkstein, den man in den Brüchen zu Thiergarten, Kürbitz usw. im Vogtlande fördert, an die Ziegeleien verkauft wird.

Die eigentlichen Kalköfen haben die verschiedenartigste Construction. Man kann zunächst zwei Arten derselben unterscheiden, nämlich Öfen, welche auf einen periodischen  Betrieb und Öfen, welche auf einen continuirlichen Betrieb berechnet sind.

Der periodische Betrieb ist dadurch charakterisirt, daß man den Ofenraum zunächst mit Kalkstein beschickt, dann das Brennen desselben bewirkt, darauf den Ofen mit Inhalt ganz oder theilweise erkalten läßt und endlich den gesammten, gar gebrannten Inhalt herauszieht, um darnach den Ofen behufs Ausführung eines zweiten Brandes aufs Neue mit Kalkstein zu beschicken. Hier bilden das Beschicken, das eigentliche Brennen und das Ausfassen getrennte, aufeinander folgende Perioden des Betriebes.

Dahingegen setzt der continuirliche Betrieb einen Ofen voraus, welcher gestattet, aus einer im untern Theile des Ofens befindlichen Öffnung in regelmäßigen Zeitabschnitten gebrannten Kalk herauszuziehen und gleichzeitig durch eine obere Öffnung im Ofen Kalkszein nachzufüllen, während der Proceß des Kalkbrennens im Innern des Ofens ohne Unterbrechung „continuirlich“ fortschreitet.

Man übersieht sofort, daß der periodische Betrieb infolge der nach jedem Brande statthabenden Abkühlung des Ofens Wärmeverluste und somit im Vergleiche zu dem continuirlichen im Allgemeinen einen Mehrverbrauch von Brennmaterial bedingen muß, welcher je nach der speciellen Construction des Ofens sehr verschieden groß ausfallen kann. Ferner ist klar, daß ein Ofen zu periodischem Betriebe – da bei ihm das Beschicken wie das Abkühlen und Ausfassen Zeit erfordert, während der der Ofen nicht thätig ist – in einer bestimmten Zeit, z. B. während einem Jahre, nicht ein gleiches Quantum gebrannten Kalkes produciren kann, ,als ein auf continuirlichen Betrieb berechneter von entsprechenden Dimensionen. – Dies sind die Schattenseiten der Öfen zu periodischem Betrieb.

Dahingegen gewähren sie den Vortheil, daß sie da, wo der Kalkbedarf ein geringer ist, gestatten, die Production beliebig zu verlangsamen und genau dem Absatze an Kalk anzupassen, in dem man zwischen zwei aufeinander folgenden Bränden beliebige Zeit verstreichen lassen kann.

Die Öfen zu continuirlichem Betrieb haben den Vortheil einer Brennmaterialersparnis für sich gestatten eine stärkere Production bei gleicher Anlage von Kapital und gleicher Verwendung von Arbeitskräften, setzen aber einen nicht zu geringen und regelmäßigen Absatz voraus, da sie gleichmäßig fortproduciren und der gewonnenen Kalk nicht lange aufbewahrt werden kann, ohne an Qualität zu verlieren. Zwar kann der Gang der continuirlich arbeitenden Öfen etwas verlangsamt werden, aber immerhin nur in geringem Grade und unter Aufopferung von Brennmaterial.

Hiernach ist klar, daß da, wo ein starker und regelmäßiger, einen flotten Betrieb gestattender Absatz an Kalk stattfindet, den Öfen zu continuirlichem Betrieb der Vorzug zu geben ist; dagegen können auf Kalkwerken, die schwachen und unregelmäßigen Absatz haben, Öfen zu periodischem Betriebe trotz des größeren Brennmaterialaufwandes vortheilhaft sein; auch empfiehlt es sich, unter Umständen auf größeren Werken neben einer größeren Anzahl continuirlich arbeitender Öfen eine geringe Anzahl periodisch arbeitender anzulegen und letztere ausschließlich im ersten Frühjahr oder im Spätherbst, wo die Nachfrage nach Kalk sehr schwach zum Theil vom Wetter abhängig ist, und außerdem aushülfsweise neben den continuirlich arbeitenden zur Zeit des größten Bedarfs functioniren zu lassen. Freilich muß dabei auf die Vorliebe der Consumenten für Kalk aus dem einen oder dem anderen Ofen Rücksicht genommen werden.

In den periodisch wie in den continuirlich arbeitenden Öfen kann das Brennen des Kalksteins entweder dadurch bewerkstelligt werden, daß man den Kalkstein durch Einwirkung einer großen, von einer separat angelegten Feuerstätte ausgehenden Flamme aussetzt, wobei Brennmaterial und Kalk gar nicht mit einander in Berührung kommen, oder dadurch, daß man in den Ofen abwechselnde Schichten von Kalkstein und einem Brennmaterial einträgt das mit kleiner Flamme brennt, mehr glüht (geringe, aschereiche Kohlen oder Coakes) und dadurch die entwickelte Gluth den mit dem Brennmaterial in unmittelbarer Berührung stehenden Kalkstein gar brennt.

Man unterscheidet hiernach Öfen mit großer und Öfen mit kleiner Flamme.

Sei zunächst auf einige wesentliche Momente hingewiesen, durch welche sich der Betrieb in Öfen mit großer Flamme von dem in Öfen mit kleiner Flamme unterscheidet.

1) Beiderlei Öfen setzen, wie schon aus dem Gesagten hervorgeht, die Anwendung verschiedenen Brennmaterials voraus, und ist daher, wo es sich um die Frage handelt, welcher Art Öfen der Vorzug zu geben sei, mit in Betracht zu ziehen, ob im concreten Falle die Benutzung des einen oder des anderen Brennmaterials gestattet, respective geboten ist. – So brennt man z. B. in der Gegend von GeithainFrohburg einerseits und OstrauMügeln andererseits Kalksteine von genau gleicher Qualität. Während man aber dort auf die Benutzung von Braunkohlenziegeln angewiesen ist, die mit leidlicher Flammenentwicklung brennen, unter einer Last von Kalksteinen aber vollständig zerdrückt werden würden, gestattet in der Ostrauer Gegend die Nähe der Eisenbahn die Herbeischaffung und Verwendung schlechter Steinkohle und Coakes, die nur mit kleiner Flamme brennen, der Gefahr, durch aufgeschichteten Kalkstein zerdrückt zu werden, aber nicht unterliegen; daher man in Ostrau und nächster Nähe nur Öfen mit kleiner Flamme, in Geithain nur solche mit großer Flamme findet.

2) Da in den Öfen mit kleiner Flamme der zu brennende Kalkstein in abwechselnden Schichten mit Brennmaterial eingetragen wird, so ist dem aus solchen Öfen gezogenen, gebrannten Kalk die Asche des Brennmaterials beigemengt. Diese kann zwar dadurch, daß man den gebrannten Kalk beim Herausnehmen aus dem Ofen über Roste zieht durch welche sie hindurch fällt, von den groben Kalkstücken in den meisten Fällen fast vollständig getrennt werden, oft aber unterläßt man es, die Asche zu entfernen und bisweilen, namentlich wenn auf Regulirung der Hitze nicht sorgfältig geachtet wird, kann ein Zusammenschmelzen der Asche mit dem Kalkstein stattfinden; in diesen Fällen bedingt sie eine Verminderung der Qualität des gebrannten Kalkes.

Diese Ursache der Beeinträchtigung der Güte des Kalkes kommt bei den Öfen mit großer Flamme in Wegfall. Übrigens gestatten die letzteren, in welchen das gesammte Brennmaterial auf einem separaten Feuerherde liegt, eine sorgfältigere Regulirung des Feuers, und hat dies ein gleichmäßigeres Durchbrennen des Kalkes zur Folge. Daher kommt es, daß bei übrigens gleicher Qualität der mit großer Flamme gebrannte Kalk dem mit kleiner Flamme gebrannten vorgezogen und besser bezahlt wird. So wird z. B. in Chemnitz der Geithainer (mit großer Flamme gebrannte) Kalk entschieden höher geschätzt und steht höher im Preise, als der Ostrauer (mit kleiner Flamme gebrannte), weil er beim Löschen mehr Ausbeute giebt, als dieser und doch werden beide, wie schon bemerkt, aus Kalkstein von ganz gleicher Qualität gewonnen.

3) Da, wie eben angeführt wurde, der Kalk in Öfen mit großer Flamme gleichmäßiger durchgebrannt wird, so gestatten diese auch den Kalkstein in größeren Stücken anzuwenden, machen so eine Aufbereitung des geförderten Steins, das Schlagen, überflüssig und liefern überdies den gebrannten Kalk in größeren Stücken. Auch letzterer Umstand ist nicht ohne alle Bedeutung, da große Stücken bei der Aufbewahrung der Einwirkung der Luft besser widerstehen, und ein mit großen Stücken gefülltes Scheffelmaaß beim Löschen dem Volum nach mehr Kalkmehl giebt, als ein gleiches mit kleinen Stücken gefülltes. Beim Brennen in Öfen mit großer Flamme ist daher der Kalk weniger der Gefahr ausgesetzt, an Qualität zu verlieren.“

  

Mit „großer Flamme“ sind von den Autoren 1867 also Brennöfen mit außenliegender Feuerung bzw. mit separierter Rostfeuerung gemeint. Die „kleine Flamme“ meint dagegen eine Verbrennung direkt im Ofenschacht, also die abwechselnde Aufgabe von Brenngut und Brennstoff in denselben Brennraum hinein.

  

Da sowohl in den periodisch, wie in den continuirlich arbeitenden Öfen das Brennen entweder mit großer oder mit kleiner Flamme bewirkt werden kann, ergeben sich vier Hauptarten von Öfen, nämlich:

  I. Öfen zu periodischem Betrieb mit großer Flamme;

 II. Öfen zu periodischem Betrieb mit kleiner Flamme;

III. Öfen zu continuirlichem Betrieb mit kleiner Flamme;

IV. Öfen zu continuirlichem Betrieb mit großer Flamme.

  

I. Zu den Öfen zu periodischem Betrieb mit großer Flamme

gehören:

a) die sogenannten Harzer Öfen, meist auf Steinkohlenfeuerung berechnet, mit vierseitigem, meist quadratischem Querschnitt von etwa 6 Ellen Seite, gestatten in der Regel einen Einsatz von 2-3 Ruthen Steinen, finden sich aber auch in andern Dimensionen; sie sind meist mit Tonnengewölbe versehen.“

 

Aus den hier angegebenen Maßen errechnet sich ein Fassungsvermögen zwischen 16 m³ und 25 m³ bzw. 26 t bis 40 t Rohkalkstein. Umgekehrt bestimmt sich aus dem Fassungsvermögen und dem genannten Querschnitt, daß diese Öfen nur 1,6 m bis 2,4 m Höhe besessen haben können.

Diese Beschreibung der Autoren von 1867 trifft jedoch eher auf die Reste der Blume’schen Kalköfen bei Tautenhain zu, die wir bisher als einfache Erdöfen betrachtet haben! Der Begriff „Erdofen“ taucht hingegen bei Wunder, Herbrig und Eulitz 1867 gar nicht mehr auf. Solche Erdöfen werden nur in älteren Quellen noch beschrieben.

  

„In dem eingesetzten Kalkstein wird ein als Feuergasse dienendes Gewölbe ausgespart, das mit einer in der Vorderwand des Ofens befindlichen verschließbaren Öffnung communicirt, durch welche die Einführung des Brennmaterials erfolgt.

Unter der Feuergasse läuft ein Rost hin, wenn der Ofen zur Kohlenfeuerung bestimmt ist; derselbe kann fehlen, wo Holzfeuerung stattfindet.

In Öfen von großen Dimensionen werden mehrere Feuergewölbe ausgespart. Eine Anzahl verschließbarer Öffnungen im Gewölbe gestattet die Regulirung des Zuges. Bisweilen wird dieser durch Anbringen einer Esse vermehrt.

Bei diesen Öfen treten die Schattenseiten der Öfen zu periodischem Betriebe am grellsten hervor: sie produciren sehr langsam; die Ausführung eines Brandes von 2-3 Ruthen nimmt inclusive des Beschickens und Ausfassens 2-3 Wochen in Anspruch so daß während der Brennzeit im Jahre (8-10 Monate) höchstens etwa 12-15 Brände bewerkstelligt und mittelst dieser nur gegen 50 Ruthen Urkalkstein gebrannt werden, was einer Production von etwa 3.000 Scheffel Kalk entspricht.

Die Bedienung dieser Öfen ist eine umständlichere als die der meisten anderen – denn es können zwar große Steine gebrannt werden und ist deshalb das Schlagen derselben nicht nöthig; aber die Steine sind nicht einzuschütten, sondern müssen eingesetzt werden, und diese Zeit des Einsetzens ist besonders für den Arbeiter höchst lästig, wenn die neue Beschickung des Ofens erfolgen soll, bevor derselbe vollkommen erkaltet ist. Vollständiges Erkaltenlassen aber bedingt, da der Ofen geschlossen und überwölbt, beträchtliche Zeitverluste.

Der Brennmaterialaufwand ist bei diesen Öfen größer als bei allen anderen, die üblich sind. In Niederrabenstein bei Chemnitz, wo ein Vergleich der Leistungen des Harzer Ofens mit denen anderer Art sehr gut angestellt werden kann, hat sich ergeben, daß die nachher zu besprechenden Rüdersdorfer Öfen nur Dreiviertel und der gewöhnliche Schneller- Ofen nur die Hälfte des Brennmaterialaufwandes bedingt als der Harzer, um die gleiche Menge desselben Kalksteins zu brennen.

Die eckige Form, welche der gleichmäßigen Verbreitung der Wärme offenbar nicht günstig ist, mag hiervon eine wesentliche Ursache sein; die Anlage und Unterhaltungskosten sind bei den Harzer Öfen ebenfalls erheblich größer als bei den Schneller- Öfen. Daher muß es befremden, die Harzer Öfen so vielfach in Anwendung gebracht zu sehen. Namentlich in der Gegend von Wildenfels, auch im oberen Erzgebirge und auch auf den fiscalischen Werken begegnet man ihnen.“

   

„b) Die Geithainer Öfen sind auf Feuerung mit Ziegeln aus (Lausigker) Braunkohlenmulm berechnet, haben geringere Dimensionen als die vorgenannten und fassen meist nur 1½ bis 2 Ruthen Steine. Der innere Ofenraum hat etwa 6 Ellen Höhe und meist elliptischen, seltener länglich viereckigen Querschnitt, welcher letzterer entschieden unzweckmäßig ist. Die Seitenwände stehen vertikal, oben sind die Öfen nicht überwölbt, sondern offen, so daß der Ofenraum eine cylindrische oder parallelepipedische Form hat.“

  

Die hier genannte Ruthenzahl entspricht 12 m³ bis 25 m³ Volumen des Brennraumes oder 19 t bis 26 t Einsatz an Rohkalkstein pro Ofenbrand. Bei 6 Ellen oder zirka 3,2 m Höhe dürften diese Öfen also 2,0 m bis 2,3 m Durchmesser besessen haben.

Regional werden als „Geithainer Brennöfen“ aber gerade solche überwölbten Kammeröfen bezeichnet, sie oben beschrieben wurden. Diese Öfen konnten sowohl zum Brennen von Kalkstein, als auch von Ziegeln benutzt werden. Eine solche Kombination ist sicher auch immer lagerstättenspezifisch und davon abhängig, ob Kalkstein (bzw. bei Geithain Dolomit) und Ziegeltone bzw. geeignete Lehme am selben Ort in abbauwürdiger Menge und Qualität vorkamen.

  

„Die Steine werden durch die obere Öffnung des Ofens eingetragen, und zwar wird zunächst aus größeren Steinen über einem auf der horizontalen Sohle des Ofens befindlichen Rost eine Feuergasse gebildet und darnach der obere Theil des Ofens mit kleineren Steinen ausgefüllt, deren oberste Schicht mit Kalksteinkläre oder desgleichen bedeckt wird. Der Zug wird durch Einsetzen von Stöcken und Rohrbündeln befördert. – Diese Öfen produciren im Verhältnis zu ihrer Größe wesentlich mehr als die vorgenannten. Ein Brand nimmt inclusive des Beschickens und Entleerens etwa eine Woche Zeit in Anspruch, man kann also in einem solchen Ofen im Jahre, ohne die Wintermonate, 30-40 Brände beenden und somit über 60 Ruthen dolomitischen Zechsteinkalk brennen.

Der Brennmaterialverbrauch muß nach dem Gesagten größer sein als in zweckmäßig angelegten Öfen zu continuirlichem Betrieb, er beträgt pro Ruthe Zechsteinkalk (à 54 Kubikellen) etwa 7.000 Stück Braunkohlenziegel, die am Ofen pro Mille 2⅓ bis 2½ Thaler kosten; doch könnte er nicht unerheblich vermindert werden, wenn man dem inneren Ofenraum statt der in Geithain beliebten cylindrischen Form die Gestalt eines oben und unten abgestumpften Ellipsoids geben wollte, wodurch der Ofen dem sehr ähnlich werden würde, welcher den Herren Deblinne & Donop von der Société d´Encouragement in Paris prämiirt wurde. Die vertikalen Seitenwände und die weite Gichtöffnung bedingen nämlich leicht begreiflicher Weise Wärmeverluste.

Schon ein Überbauen der Öfen dieser Art, wie dies von Bauch in Geithain bewirkt worden ist, veranlaßt eine Ersparnis an Brennmaterial.“

  

II. Zu den Öfen zu periodischem Betrieb mit kleiner Flamme

gehören die sogenannten Flaschenöfen, welche in Zaunhaus und die überbauten, mit Esse versehenen, trichterförmigen Öfen, welche in Nenntmannsdorf in Anwendung gebracht sind.

Die Nenntmannsdorfer Öfen haben die Form eines umgekehrten, abgestumpften Kegels. Nachdem auf der Sohle des Ofens, die entweder sattelförmig oder horizontal angelegt ist, ein Holzfeuer angezündet worden, giebt man abwechselnde Schichten von Stein- oder Braunkohle und Kalkstein auf, bis der Ofen nach und nach gefüllt ist. Der eigentliche Brand dauert 2-3 Tage. Nach einiger Abkühlung erfolgt die Entleerung (das Ziehen) durch Ziehöffnungen an der Sohle des Ofens. Das Ziehen des Kalkes kann schon beginnen, bevor der von unten nach oben fortschreitende Brand ganz bis an die Oberfläche vorgedrungen ist. Hierdurch und durch den Umstand, daß der entleerte Ofen wieder in Betrieb gehen kann, bevor er völlig erkaltet ist, da der Kalkstein nicht eingesetzt, sondern eingeschüttet wird, ist bedingt, daß in solchen Öfen im Jahre mehr Brände bewerkstelligt werden können, als in einem periodischen Ofen mit großer Flamme. In den Nenntmannsdorfer Öfen, die allerdings durchschnittlich nicht erheblich mehr als eine Ruthe fassen, kann man in einer Woche unter günstigen Umständen (bei geeignetem Winde etc.) zwei Brände beendigen.“

  

Der Begriff „Flaschenofen“ könnte sich auch aus ihrer meist hohen und schlankeren Form herleiten. Eine Ruthe Rohkalksteineinsatz pro Brand entspricht einem Fassungsvermögen von 8,2 m³ oder zirka 13 t.

Eigentlich sind es nach dieser Beschreibung der Betriebsweise aber schon kontinuierlich arbeitende Öfen?! Auch die Beschreibung ihrer Form, die einem Trichter- Ofen doch recht nahekommt, ähnelt sehr den im Folgenden beschriebenen Schneller- Öfen.

  

„Diese Öfen bieten gegenüber den periodisch arbeitenden Öfen mit großer Flamme den Nachtheil daß in ihnen, wie in allen Öfen mit kleiner Flamme, der Kalk mit dem Brennmaterial und der Asche desselben in unmittelbare Berührung kommt und daß sie die Verwendung kleinerer Kalkstücke erfordern, also etwas geringeren Kalk liefern; sie produciren aber schneller und billiger, da die Wärmeverluste infolge der nicht vollständig bewirkten Abkühlung geringer sind und somit weniger Brennmaterial verbraucht wird. Der Vortheil, den sie in dieser Beziehung gewähren, kommt jedoch demjenigen nicht gleich, welchen die continuirlichen Öfen mit kleiner Flamme darbieten. Dies letztere beweist deutlich ein Versuch, der in Hermsdorf ausgeführt wurde, wo man einen Flaschenofen, ähnlich dem Zaunhauser, in einen continuirlich arbeitenden verwandelte und dadurch eine Ersparnis an Brennmaterial im Betrage von 8 Pfennigen pro Scheffel erzielte.“

  

III. Die Öfen zu continuirlichem Betriebe mit kleiner Flamme

sind unter dem Namen „Schneller- oder Fix-Öfen“ verbreitet und werden ihrer Form nach auch als Kessel- oder Trichter-Öfen, nach der Art ihrer Beschickung auch als Schüttöfen bezeichnet, unter welchen letzteren Benennungen jedoch zum Theil auch periodisch arbeitende Öfen verstanden werden.

Der innere Raum dieser Öfen ist in der Regel trichter- oder kesselförmig, sich nach oben erweiternd; die Beschickung dieser Öfen erfolgt, wie bei den periodisch arbeitenden Öfen mit kleiner Flamme durch abwechselndes Eintragen von Brennmaterial- und Kalksteinschichten. Wenn jedoch die im Ofenraume von unten nach oben sich fortpflanzende Gluth an die Oberfläche vordringt, wird nur ein Theil des im untern Raum befindlichen, gut gebrannten Kalkes durch an der Sohle angebrachte Ziehöffnungen herausgezogen, was ein Nachsinken des ganzen Ofeninhalts zur Folge hat, und werden darnach durch die obere Ofenöffnung, die Gicht, neue Schichten von Brennmaterial und Kalkstein aufgegeben. Diese Operationen wiederholen sich, und kann auf diese Weise ein Ofen monatelang in unaufhörlicher Thätigkeit erhalten werden.

Vor den Ziehöffnungen bringt man vielfach Roste an, über welche man den Kalk beim Ziehen aus dem Ofen hinwegrafft, so daß die Asche des Brennmaterials, der sich Kalkstaub beimengt, die sogenannte „Kalkasche“, von dem Stückkalk gesondert wird.

Als Brennmaterial für diese Öfen empfiehlt sich hauptsächlich eine Kohle von geringer Qualität oder Coakes, oder ein Gemisch von beiden und zwar aus naheliegenden Gründen. Da sich der Kalkstein hier in unmittelbarer Berührung mit dem Brennmaterial befindet, muß ein Brennmaterial gewählt werden, welches die beim Verbrennen entwickelte Hitze auf die nächsten Umgebungen concentrirt, also nicht mit großer, sondern mit kleiner Flamme oder ohne eigentliche Flamme brennt, nur lebhaft glüht und die durch das Glühen entwickelte Hitze auf den in unmittelbarer Berührung stehenden Kalkstein überträgt. Eine Steinkohle von an sich guter Qualität brennt mit großer Flamme; sie würde im Schnellerofen, bevor sie zur Entzündung gelangt, durch die Hitze der tieferen Schichten vergast werden und die entwickelte Gase würden entweder unverbrannt entweichen oder an der Gichtöffnung, wenn daselbst eine zur Entzündung hinreichende Temperatur herrscht, in Folge des dort stattfindenden größeren Luftzutritts unter Bildung einer nutzlosen Gichtflamme verbrennen. Daher kann es durchaus nicht befremden, daß sich eine gute Steinkohle in dem Schnellerofen schlechter verwerthet, als eine geringe.

Überall, wo an sich geringwerthige Brennmaterialien im Vergleich zu werthvolleren effectreicheren für einen verhältnismäßig nicht allzu hohen Preis zu haben sind gestatten die hier in Rede stehenden Öfen mit geringsten Mitteln auf billigste Weise in kürzester Zeit die größte Menge Kalk zu produciren. Freilich wird durch sie nicht Kalk von bester Qualität erzielt, indem in ihnen wie in allen Öfen mit kleiner Flamme … die Qualität des Kalkes dadurch beeinträchtigt wird, daß derselbe in kleineren Stücken resultirt, meist minder gleichmäßig durchgebrannt und oft durch die Einwirkung der Brennmaterialasche alterirt erscheint.

Die Qualitätsverminderung dürfte jedoch in sehr vielen Fällen gegenüber der Verminderung der Productionskosten und des Brennmaterialaufwandes nur wenig ins Gewicht fallen…“

  

„Ein Vergleich der Schnelleröfen mit anderen Öfen bezüglich ihrer Leistungen … soll angestellt werden, nachdem die vierte Klasse der Öfen charakterisirt worden ist, nämlich die

 IV. Öfen zu continuirlichem Betriebe mit großer Flamme.

Diese sind Schachtöfen von wesentlich größeren Dimensionen als die bisher besprochenen. Man bezeichnet sie insgesammt wohl auch als Cylinderöfen oder Rumford’sche Öfen*).

*) Der Rumford’sche Ofen in seiner ursprünglichen Form zu Steinkohlenfeuerung wurde auf den sächsischen Werken nirgends angetroffen.

In den untern Theil des mit Kalksteinen gefüllten Schachtes dringen von seitlich angebrachten Rostfeuerungen her mächtige Flammen ein und bewirken das Brennen des Steins. Die Verbrennungsproducte und die Kohlensäure ziehen durch die obere Öffnung des Schachtes (die Gicht) ab und erfolgt durch die Gicht zugleich die Beschickung mit neuem Kalkstein in dem Maaße, als durch die Ziehöffnungen im untern Theil des Ofens gebrannter Kalk ausgezogen wird. Das Brennmaterial und die Asche desselben kommen also hier mit dem zu brennenden Kalk nicht in Berührung.

Von den hierher gehörenden Öfen sind auf den sächsischen Kalkwerken drei Arten angetroffen worden:

a) der Rüdersdorfer Ofen;

b) der Hofmann’sche Ofen;

c) der Siemens’sche Gasofen.

  

a) Der Rüdersdorfer Ofen hat überall, wo man ihm in Sachsen begegnet, z. B. auf vielen fiscalischen Werken, drei Feuerungen, die, unter sich einen Winkel von 120 Grad bildend, etwa 4 Ellen über der Ofensohle in den Schacht einmünden. Zwischen je zwei Feuerungen, jedoch etwa 4 Ellen tiefer als diese, nämlich im Niveau der Ofensohle, liegt eine Öffnung zum Ziehen des Kalkes, so daß deren ebenfalls drei vorhanden sind. Diese Öfen sind im Wesentlichen auf Holz- und Torffeuerung berechnet, also auf ein Brennmaterial, das eine große Flamme liefert und übrigens dadurch, daß es der Luft eine große Oberfläche darbietet, leicht hinwegbrennt.

Ein Blick auf die selbst mit Holz und Torf beschickten Feuerungen ließ jedoch mehrfach erkennen, daß das Feuer in demselben der gewünschten Lebhaftigkeit entbehrte. Die Anwendung von Steinkohlen – selbst solche von guter Qualität – ist daher meist ausgeschlossen oder kann nur in untergeordnetem Maaße erfolgen.

  

b) Der Hofmann’sche Ofen ist als eine Modification des ersteren anzusehen. Er wurde, dem Hofmann’schen Patente genau entsprechend, nur einmal angetroffen, nämlich bei Facius in Raschau, welcher von den Leistungen des Ofens im Jahre 1864, kurz nach der Aufstellung desselben, durchaus unbefriedigt war. Einige unbedeutende Abänderungen am Ofen, namentlich die Ersetzung des auf der Ofensohle angebrachten Kreuzes durch eine stumpfe Pyramide, haben jedoch bewirkt, daß die Leistungen des Ofens den Besitzer neuerdings mehr befriedigen.

Ohne Zweifel dürfte durch das Hofmann’sche Patent eine Richtung angedeutet sein, nach welcher der Rüdersdorfer Ofen eine zweckmäßige, den hiesigen Verhältnissen entsprechende Abänderung erfahren kann.

Der Hoffmann'sche Ofen unterscheidet sich nämlich hauptsächlich in zwei Punkten von dem Rüdersdorfer:
1) dadurch, daß die Feuerungen und Ziehöffnungen, deren je vier vorhanden sind, in einem Niveau liegen;

2) dadurch, daß die Gicht des Ofens, um Steinkohlenfeuerung möglich zu machen, überwölbt und die Überwölbung mit einer hohen, den Zug wesentlich befördernden Esse in Verbindung gesetzt ist.

Der Vorteil der ersten Abänderung dürfte zweifelhaft erscheinen. Sie gestattet zwar, den Ofen etwas zu verkürzen und somit etwas billiger herzustellen, verhindert aber, daß der gebrannte Kalk im Ofen selbst zur Abkühlung gelangt. Dieser muß vielmehr in glühend heißem Zustande gezogen werden und zwar in demselben Raume, von welchem aus die Bedienung der Feuerungen erfolgt, und wird dadurch die Operation des Kalkziehens zu einem für die Arbeiter sehr lästigen Geschäft.

Die durch das Anbringen einer Esse ermöglichte ausschließliche Steinkohlenfeuerung dürfte indessen für die sächsischen Verhältnisse ‒ die des Erzgebirges nicht ausgeschlossen ‒ einen ganz erheblichen Vortheil gewähren. Dies beweisen die... in Grießbach gemachten Erfahrungen, wo man wirklich den Rüdersdorfer Ofen mit einer Esse, wie sie sich am Hoffmann'schen Ofen findet, versehen hat...

Facius in Raschau gewann (im Jahre 1866) im Hofmann'schen Ofen 47 Scheffel Kalk unter Verbrauch von 28 Scheffeln Kohlen, was genau dasselbe Verhältnis von gebranntem Kalk und verwendetem Brennmaterial ergiebt. Der Vortheil der mit Esse versehenen und auf Steinkohlenfeuer berechneten Cylinderöfen gegenüber den auf Holzbrand berechneten ohne Esse liegt also auf der Hand.

  

c) Der Siemens’sche Gasofen wurde in Sachsen (also zwischen 1864 und 1867) nur einmal; nämlich auf dem fiscalischen Werke zu Hermsdorf bei Frauenstein, angetroffen und hat daselbst so wenig befriedigende Resultate ergeben, daß eine weitere Besprechung desselben kaum gerechtfertigt erscheinen würde, wenn nicht anzuerkennen wäre, daß die zu Hermsdorf erzielten, höchst ungünstigen Resultate nicht sowohl einer Unrichtigkeit des von Siemens zur Anwendung gebrachten Princips zuzuschreiben sind als vielmehr der mangelhaften Art und Weise, in welcher das an sich richtige Princip zur Anwendung gebracht worden ist.

Der Schacht des Siemens’schen Ofens ist ähnlich dem des Rüdersdorfer construirt, doch liegt neben demselben der sogenannte Gasgenerator, das ist eine Feuerungsanlage in welcher Brennmaterial in Folge beschränkten Luftzutritts nur unvollkommen und theilweise verbrennt während ein anderer Theil des Brennmaterials vergast wird. Die hier entweichenden, gasförmigen, noch brennbaren Producte der unvollständigen Verbrennung und trockenen Destillation werden durch einen Canal in den Schacht eingeführt und mischen sich hier mit gleichfalls zugeführter atmosphärischer Luft, welche die vollkommene Verbrennung der Gase im Innern des Schachtes bewirken soll. Die durch das Verbrennen der Gase entwickelte Hitze soll das Garbrennen des Kalkes bewerkstelligen.

Damit der beabsichtigte Zweck in befriedigender Weise erreicht wird, ist es vor allem nöthig, daß die Vergasung des Brennmaterials im Generator in ökonomischer Weise, ohne daß zu viel Brennmaterial verbrennt, bewirkt wird, daß Luft und Gase mit nicht zu niedriger Temperatur in den Schacht eintreten, sich hier gehörig mischen und daß der Zutritt beider gehörig beurtheilt und regulirt werden kann.

Diesen Anforderungen ist durch die Siemens’sche Anlage nicht in hinlänglicher Weise entsprochen, und dürften in dieser Beziehung Einrichtungen, wie sie bei mehreren, auf Gasheizung berechneten und sich sehr gut bewährenden Glas- und Porzellanöfen getroffen sind, mehrfache Andeutungen zu Verbesserungen an dem Siemens’schen Kalkofen darbieten. Zweckmäßige Änderungen am Siemens’schen Ofen haben unter andern in Gröbzig bei Köthen zu befriedigenden Resultaten geführt.

Der Vortheil, den die Gasheizung bei zweckmäßiger Anlage gewährt, beruht hauptsächlich darin, daß sie eine sehr gute Regulirung des Feuers, Ersparnis an Brennmaterial und namentlich Verwerthung der geringsten Sorten von Brennmaterial, als schlechter Kohle und Torf, Holzabfälle aller Art, selbst Tannenzapfen und dergleichen gestattet.“

  

„Die (hier beschriebenen, drei Typen der...) Cylinderöfen gestatten sehr hohe Temperatur hervorzubringen und qualificiren sich daher besonders zum Brennen von Steinen, die sehr starkes Feuer erfordern, ja sie setzen sogar insgesammt das Vorhandensein eines Kalksteins voraus, der an sich fest ist und auch einen einigermaßen festen, gebrannten Kalk liefert; da stark zerklüftete und zerreibliche Steine bei der ansehnlichen Höhe des Schachtes, die häufig über 20 Ellen beträgt, leicht unter der auf ihnen ruhenden Last zerdrückt werden und somit zu Verstopfungen und nachtheiliger Beeinträchtigung des Zuges Anlaß geben.

Im Übrigen vereinigen die Cylinderöfen die Nachtheile und Vortheile der Öfen zu continuirlichem Betrieb mit denen der Öfen mit großer Flamme. Sie setzen einen flotten Betrieb voraus und produciren nicht am billigsten, gestatten aber eine starke Production und liefern Kalk von bester Qualität.

Durchschnittlich werden im Cylinderofen, wenn er in stetem Betriebe erhalten wird, im Jahre (ohne die Wintermonate) 150 Ruthen eines sich schwer brennenden Steines (entspricht etwa 10.000 Scheffeln Kalk) gebrannt der Cylinderofen in Oberscheibe bei Scheibenberg brannte im Jahr 1863: 207 Ruthen…

Gleiches leistet kein anderer Ofen, da, wie oben bereits erwähnt wurde, im Schnellerofen jährlich höchstens gegen 100, im Harzer Ofen etwa 50, im Geithainer etwa 60, im Nenntmannsdorfer etwa 70-80 Ruthen gebrannt werden. Freilich betragen die Herstellungskosten eines Cylinderofens etwa 3-4.000 Thaler, während ein kleiner Harzer Ofen mit einer Feuerung zu circa 3 Ruthen Einsatz (Gegend von Crimmitschau) für etwa 500 Thaler, ein größerer mit 3 Feuerungen und zu etwa 4½ Ruthen Einsatz (oberes Erzgebirge) für etwa 800 Thaler, ein kleiner Schnellerofen für 4-500 Thaler, ein größerer Schnellerofen (5½ bis 6 Ellen obere Kesselweite und 6 bis 7 Ellen Höhe, wie in der Gegend von Ostrau üblich ist) für 8-900 Thaler pro Kessel zu beschaffen ist...“

  

Außerdem stellten die Autoren des Berichtes von 1867 umfangreiche Statistiken über die damals in Sachsen gängigen Kalkwerke zusammen, die bis heute und auch für uns eine wichtige Quelle der Geschichtsforschung darstellen.

Hinsichtlich des Entwicklungsstandes und der Art der damals üblichen Brennöfen entnehmen wir diesem Bericht noch die folgende Zusammenfassung (S. 6 f). Wie man aus dieser ersieht, war der Schnellerofen bzw. vergleichbare Typen mit fast 57% der bei weitem verbreitetste Brennofentyp im damaligen Sachsen, während nur knapp 5% der Brennöfen vom moderneren Rüdersdorfer Typ waren. Die erst ab 1860 entstehenden Ringbrandöfen, die zunächst bei weitem überwiegend für Ziegeleien errichtet wurden, tauchen in ihrem Bericht noch nicht auf, ältere, einfachere Typen, wie die sogenannten Erdöfen, tauchen dagegen nicht mehr auf.

  

Kreisdirektion

Typ und Anzahl der Kalköfen

Verarbeitete Menge
(Ruthen Kalkstein)

Periodische Öfen

Kesselöfen (Schneller)

Zylinder- bzw. Rumford'sche Öfen

Zwickau

76

59

18

7.938

Dresden

6

93

5

6.598

Leipzig

96

113

0

11.380

Summe

178

265

23

25.916

insgesamt  

 466

 

anteilig

38,2%

56,9%

4,9%

 

 

Nur ein Bruchteil dieser einst weit über 400 technischen Anlagen ist bis auf unsere Tage erhalten geblieben.

  

 
 
 

„Meyer's Konversationslexikon“

Band 9: Irideen - Königsgrün.

Autorenkollektiv.

Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892.

  

Unter dem Stichwort „Kalk  ab Seite 400 des genannten Bandes des bekannten Lexikons findet man u. a. die folgende Beschreibung der Kalkofentechnik:

  

„Man brennt den Kalk bisweilen noch in Meilern, in denen man den Kalkstein mit Stein- oder Braunkohle schichtet, in meilerähnlichen Feldöfen oder Gruben, bei größerm Betrieb aber in besondern Kalköfen. Von diesen haben die liegenden im Grundriß länglich viereckige Gestalt und sind mit einem flachen Gewölbe  überspannt, welches verschließbare Zuglöcher zur Regulierung des Zugs besitzt. Jeder Ofen besitzt drei Schüröffnungen mit Rost und Aschenfall und denselben gegenüber einen während des Brandes zu vermauernden Eingang zum Einbringen des Kalksteins.

Von letzterm setzt man, anschließend an die Schüröffnungen, durch die Tiefe des ganzen Ofens kleine Gewölbe auf und füllt dann den weitern Ofenraum durch die seitwärts angebrachten, später gleichfalls zu vermauernden Öffnungen. Gewöhnlich liegen zwei Öfen beisammen und besitzen einen gemeinsamen Schornstein. Der Brand wird bis zur Weißglut fortgesetzt und diese je nach der Beschaffenheit längere oder kürzere Zeit unterhalten, worauf man den Ofen langsam erkalten läßt.

Ein Brand währt 36-40 Stunden. Viel häufiger werden stehende Kalköfen angewandt, welche man zweckmäßig an oder in einem Bergabhang neben dem Kalkbruch anlegt und 1,25-12,5 m hoch und zwar cylindrisch, viereckig, konisch, elliptisch etc. baut. Man unterscheidet auch Flaschenöfen mit Verjüngung nach oben und Trichter- oder Kesselöfen mit Erweiterung nach oben, im letztern Fall zweckmäßig von der Gestalt eines halben Eies. Beide Ofenarten werden auch Schneller- oder Fixöfen genannt.

Nach dem Betrieb unterscheidet man Öfen mit periodischem und kontinuierlichem Gang, je nachdem man den Ofen nach dem Ausziehen des garen Kalks abkühlen läßt und dann wieder füllt oder rohen Kalkstein ununterbrochen in dem Maß oben aufgibt, wie garer unten ausgezogen wird. Dabei modifiziert sich der Betrieb nach der Beschaffenheit des Brennmaterials. Koks und Kohlenklein, magere Steinkohle etc. schichtet man in abwechselnden Lagen mit dem Kalk und entzündet die Beschickung im untern Teil des Ofens.

Man kann hierbei geringes, billiges Brennmaterial anwenden und erzielt eine gute Ausnutzung der Wärme, während freilich der Kalk durch die Asche des Brennmaterials verunreinigt und leicht zum Sintern gebracht wird. Bei dem etwas teuern Betrieb mit besonderer Feuerung kommt der Kalk nur mit der Flamme in Berührung, er wird besser, gleichmäßiger, und man kann ihn in größern Stücken brennen, die sich bei der Aufbewahrung weniger leicht löschen.

In neuerer Zeit wendet man mit Vorteil Gasfeuerung beim Kalkbrennen an. Dieselbe gestattet die Benutzung jeglichen Brennmaterials, vermeidet die lästige Rauchbildung bei Beginn des Brandes, gewährt Ersparnis an Brennmaterial und größere Leistungsfähigkeit und liefert ein gutes Produkt.

Fig. 1-3 zeigen einen Kalkofen für periodischen Betrieb. Zum Brennen dient der untere, oben überwölbte Raum von 4 m Höhe. Er besitzt 4 Schürlöcher e e e e mit Rosten für das Brennmaterial (Braun- oder Steinkohle). Der Kalk wird durch die Öffnung b eingetragen, welche man nach der Füllung des Ofens vermauert. Durch d wird der gebrannte Kalk ausgetragen, a ist der Zugang zu dem Raum über dem Gewölbe. Man beobachtet von dort das Austreten der Flamme aus den Gewölbeöffnungen, um nach Erfordernis einzelne derselben durch aufgelegte Steine zu verschließen und die Glut in andre Teile des Ofens zu lenken. Figur 2 und 3 zeigen, wie der Ofen eingesetzt wird. Bei jeder Feuerung baut man ein zur bessern Verteilung der Flamme dienendes Gewölbe, und in der Mitte wird ein Stück Holz angebracht, durch dessen Verbrennung ein zentraler Schacht zur Leitung der Flamme entsteht. Man feuert in den ersten sechs Stunden schwach und gibt dann allmählich stärkeres Feuer, bis die gelbe Kalkflamme aus den Gewölbeöffnungen hervorschlägt und eine klare Glut im Ofen sichtbar ist.

  

    

Als Repräsentant der kontinuierlichen Öfen gilt der Rüdersdorfer (Fig. 4 u. 5). Er besteht aus dem Schacht, welcher durch die Futtermauer d und das von dieser durch einen mit Asche oder Schutt gefüllten Zwischenraum getrennte Rauhgemäuer e gebildet wird, und besitzt außerdem eine Umhüllungsmauer c, so daß zwischen dieser und dem Rauhgemäuer ein Raum bleibt, welcher durch Gewölbe in Zellen geteilt ist. Letztere benutzt man zur Aufbewahrung von Material. Während des Ganges des Ofens ist der untere Teil des Schachtes mit gar gebranntem Kalk gefüllt, der durch die vier Zugöffnungen a an der Schachtsohle von Zeit zu Zeit gezogen wird.

Der Schacht hat eine Höhe von etwa 14 m. Etwa 4 m über der Sohle befinden sich die Feuerungen b für Torf und Holz, welche zu drei oder fünf um den Ofen herum angebracht und mit Rost und Aschenfall versehen sind. Um die Arbeiter vor der von dem gezogenen Kalk ausströmenden Hitze zu schützen, ist ein Kanal angebracht, durch welchen die Hitze in die Gewölbe gelangt. Der einmal angeheizte Ofen wird so lange im Gang erhalten, bis Reparaturen erforderlich werden. Man verbraucht in diesem Ofen auf 1 Volumen gebrannten Kalk 1,4 Vol. hartes oder 2-2,25 Vol. weiches Holz oder 1,5-2 Vol. Torf. Mit 1 Vol. Braunkohle erhält man 1-1,5, mit 1 Vol. Steinkohle bis 3,5 Vol. gebrannten Kalk.

  


   

Die mit Gasfeuerung betriebenen Kalköfen haben bis jetzt hauptsächlich in der Zucker- und Ammoniaksodafabrikation Anwendung gefunden, wo man die aus dem Kalk ausgetriebene Kohlensäure mit den Verbrennungsgasen unter der verschlossenen Gicht ableitet, um sie in dem Fabrikbetrieb zu benutzen. Der Gaskalkofen gleicht in der innern Form etwa einem Rüdersdorfer Ofen, nur sind an Stelle der Feuerungen Gasdüsen angebracht, welche mit einem nahe am Ofenschacht herumgehenden Gaszuführungskanal verbunden werden. Die Verbrennungsluft tritt durch die noch glühenden Steine unterhalb der Düsen durch die im Boden befindlichen, mit Fallthüren versehenen schrägen Ausziehkanäle ein. An zwei Seiten des Ofens befinden sich Gasgeneratoren, aus welchen das Gas zunächst in Teersammler (zur Abscheidung der Teerdämpfe durch Abkühlung), dann in den erwähnten Gaszuführungskanal tritt. Man braucht auf den gebrannten Kalk nur 50 Proz. Braunkohle.

Bisweilen werden auch die Gichtgase aus Hochöfen oder die Wärme aus Koksöfen zum Kalkbrennen benutzt, und in neuerer Zeit findet auch der ursprünglich zum Ziegelbrennen bestimmte Ringofen zum Brennen von Kalk Anwendung. Er zeigt den gewöhnlichen Kalköfen gegenüber dieselbe Überlegenheit hinsichtlich der Ausnutzung der Wärme wie beim Brennen der Thonware. Während aber beim Ringofen das zu brennende Material festliegt und das Feuer beweglich gemacht ist, beruht der kontinuierliche Kanalofen auf dem entgegengesetzten Prinzip: das Feuer steht fest, und der Kalk wird auf Wagen demselben entgegengeführt.“

   

 
 
 

Steinbruchindustrie und Steinbruchgeologie – Technische Geologie nebst praktischen Winken für die Verwertung von Gesteinen
unter eingehender Berücksichtigung der Steinindustrie des Königreiches Sachsen.

Dr. O. Herrmann, Lehrer der Technischen Staatslehranstalten zu Chemnitz

Verlag Gebr. Borntraeger, Berlin, 1899

  

Unter den Kapitelüberschriften

II. Die Verwertung von Gesteinen des Königreiches Sachsen  

C. Schichtgesteine

ist auch in diesem Lehrbuch ab S. 283 ein Abschnitt zu Kalkstein, Dolomit und Marmor enthalten, aus dem wir zunächst das Folgende zur Entwicklung der Kalksteingewinnung und Branntkalkerzeugung in Sachsen ‒ rund 30 Jahre nach den gleich angeführten Autoren ‒ zitieren wollen:

Wir besitzen in der von G. Wunder, A. Herbrig und A. Eulitz verfassten Schrift, Der Kalkwerksbetrieb Sachsens etc., eine knappe Darstellung der Betriebs- und Produktionsverhältnisse der um das Jahr 1866 gangbaren Kalkwerke… welche heute einen sicheren Ausgangspunkt für weitere Studien auf diesem Gebiete und einen willkommenen Anhalt bei Vergleichen bildet. Wenn wir nun das heutige Kalkgewinnungswesen demjenigen von damals gegenüberstellen, so ergiebt sich, dass in den meisten Gegenden, diejenigen von Geithain, Mügeln und Ostrau nicht völlig ausgenommen, ein bedeutender Rückgang in der Zahl der Werke und in der Produktions- und Ertragsmenge zu verzeichnen ist. Zahlreiche Punkte und Gegenden sind heute aus der Reihe der kalkproduzierenden Stellen verschwunden... Andere Kalkdistrikte sind in ihrer Produktion dem Erlöschen nahe, so derjenige von Weinböhla bei Dresden etc. 

Forschen wir nach der Ursache dieser Erscheinung, so stoßen wir auf folgende Punkte, von denen einer oder mehrere im Vereine das Erliegen eines Kalkwerkes veranlaßten:

1. Die Erschöpfung einzelner Lager, namentlich im Gebiete der Gneis- Glimmerschiefer- und Phyllitformation. 2. Billiges Angebot seitens anderer, wohlfeiler produzierender Kalkgegenden sowohl Sachsens als auch … außersächsischer Striche… und dies infolge der Ausgestaltung des Eisenbahnnetzes. Dieser Punkt ist aber nur eine scheinbare Ursache, da die verbesserten Kommunikationsmittel der sächsischen Kalkproduktion ja in gleichen oder erhöhten Maße zugute gekommen sind und dieselbe der ausländischen Konkurrenz leicht hätte die Spitze bieten können, wenn nicht andere Ursachen dies vereitelt hätten. 3. Verteuerung des Betriebes infolge größerer Tiefe der Baue, Anwachsens des Abraumes und die Notwendigkeit der Wasserhaltung. 4. Zähes Festhalten an unrationell arbeitenden Brennöfen. 5. Abnahme des bequemen und billigen Absatzes, namentlich der Kalkasche, in die direkte Umgebung der Werke infolge des Rückganges der Anwendung von Düngekalk. 6. Die Gepflogenheiten der modernen Konkurrenz und die Handhabung des Kalkgeschäftes (die Staatswerke!). 7. Unrentabilität kleiner, billiger Betriebsanlagen gegenüber großen mit bedeutendem Betriebskapital. 8. Die Steigerung der Preise für Brennmaterialien. 9. Höhere Arbeitslöhne. 10. Lokale Gründe.“

Zur Entwicklung des Abbaus von Werksteinen für Dekorationszwecke heißt es weiter:

Marmor für Bildhauerarbeiten haben besonders in früheren Jahrhunderten die Gegenden von Crottendorf, Fürstenberg, Herold, Wildenfels und Maxen produziert. Heute kann von einer Industrie in sächsischem Marmor nicht mehr gesprochen werden, da nur bei Crottendorf gelegentlich von den Bildhauern der Umgebung ein Block entnommen und bei Wildenfels ebenfalls nur ab und zu von einer Zwickauer Firma einmal ein Block des schwarzen Marmors verarbeitet wird. Außerdem liefert das Königl. Kalkwerk zu Hermsdorf bei Frauenstein etwas Marmor zu kleinen Gegenständen, wie Briefbeschwerer etc. …

Die Industrie beim Königl. Kalkwerk bei Crottendorf, beim Kalkwerk am Fürstenberge, bei Grünau (früher Kalchgrün) unweit Wildenfels und bei Maxen ist zeitweise bedeutend gewesen und hat mit Schneidewerken und Bildhauerwerkstätten gearbeitet, während bei Herold nur versuchsweise Marmor in Verarbeitung genommen worden ist. Die Gründe für das Scheitern… liegen in der Beschaffenheit des Materials, von dem nur unzuverlässig bis etwa 1 cbm große, rissfreie Blöcke und bloß bei Wildenfels umfangreichere Klötze, die aber auch meist mit Rissen durchsetzt sind und deren schwarzes Material nur zur Verwendung im Innern geeignet ist, gewonnen werden können…“

  

Wir interessieren uns hier insbesondere für die Beschreibung der Kalkbrennofentechnik und deren Weiterentwicklung gegenüber dem 30 Jahre älteren Bericht und im Einzelnen auch für die dazu genannten Standorte (S. 291ff):

Die in Sachsen gebräuchlichen Kalkbrennöfen. 

1. Alter deutscher Ofen, Harzer Ofen.

Derselbe ist ein Kammerofen mit periodischem Betriebe und großer Flamme. Er enthält eine in ein vierflächiges Rauhgemäuer eingeschlossene Kammer mit rechteckiger Grundfläche und ellisoidischem Gewölbe, die etwa 3 m Höhe und eine Fassung für 200 bis 300 hl, bisweilen auch 500 hl Kalkstein aufweist. Ein Brand erfordert mit Füll- und Entleerungszeit in der Regel eine Woche.

Die ältere Konstruktion stellen die Öfen mit Langfeuerung dar, welche am Boden von einer Seite aus eine oder mehrere parallele, fast bis zur gegenüberliegenden Wand reichende Feuerungen mit Rosten aus gusseisernen Längsstäben besitzen. Im Anfang entließen diese Öfen die Feuerungsgase durch ein im Deckengewölbe ausgespartes, kreisrundes Koch in die Luft (Wiesen bei Zwickau), später erhielten sie einen 5 – 15 m hohen Schornstein (Langenreinsdorf bei Crimmitschau)…  

Die Öfen neuerer Konstruktion sind diejenigen mit Kurzfeuerung oder Stichflamme, welche in Sachsen gern als Geithainer oder Cylinderöfen bezeichnet werden. Bei ihnen sind am Boden in der Wandung zwei oder drei kurze Rostfeuerungen vorhanden, von denen aus die Flamme in die Ofenfüllung hineinschlägt. Diese Öfen tragen eine größere Anzahl, meist 13, niedriger Essen (Geithain, Crimmitschau), neuerdings neben denselben noch einen ca. 10 m hohen Schornstein (Geithain, Ostrau), welcher die Gase der verschließbaren, kurzen Essen sammelt und abführt.

In beiden Konstruktionen wird von einer, in halber Höhe des Ofens angebrachten Zutrittsöffnung aus über der Feuergasse oder deren Verlängerung zunächst aus 20 bis 30 cm langen Kalksteinen ein Kanal gewölbt, auf welche Kanäle dann die grobe (ca. 20 cm lange Stücke), darauf die mittlere (10 cm) und endlich die „klare“ Füllung geschichtet werden. Als Brennmaterial dient Braunkohle…  

Eine geringe Abänderung dieser Öfen ist in dem sogenannten Holländer vertreten (Geithain), bei dem das Feuer von oben nach unten durch die Füllung hindurchschlägt, und der gestattet, daß er durchweg mit kleinen Fragmenten bestückt werde.

Die Harzer Öfen eignen sich einigermaßen nur zum Brennen von weniger festen, dichten Kalksteinen. Ihre Produktion ist umständlich und langsam, mit großer Belästigung der Bedienung verbunden, da das völlige Auskühlen des Ofens meist nicht abgewartet wird. Ferne sind große Wärmeverluste beim Ingangsetzen und Abkühlenlassen, beträchtlicher Brennstoffverbrauch verbunden. Sie erfordern große Sorgfalt beim Einsetzen der Steine, welche vorher eine Sortierung erfahren müssen. Ihre Anlage ist aber billig und bequem.

  

2. Kesselöfen.

Derselbe wird auch Trichter- oder Schachtofen, von der Art seiner Beschickung oft Schüttofen, dann auch im Gegensatz zu dem anfangs mit Holz bedientem Rüdersdorfer Ofen Kohlenofen, in der Berggießhübler Gegend Kalkschneller oder Fixofen genannt. Er stellt einen Schachtofen dar, welcher, da Brennmaterial und Kalkstein gemischt eingeschüttet werden, mit kleiner Flamme arbeitet, und der vorwiegend in kontinuierlichem, bloß bei Berggießhübel in periodischem Betriebe benutzt wird.

Dieser Ofen besteht aus einem in ein vierflächiges Bruchsteingemäuer eingeschlossenen, ca. 5 m hohen und 100 – 200 hl Kalkstein fassenden, trichterförmigen Schacht, dessen Querschnitt am oberen, nicht verschlossenen, aber bisweilen mit einem Holzaufsatz überbauten Ende kreisrund ist und dort einen Durchmesser von 2 – 3 m aufweist. Nach unten zu nimmt dieser Trichter allmählich elliptischen Querschnitt an. Der Boden wird aus einer in Ziegeln gemauerten Platte gebildet, an der sich zwei einander gegenüberliegende Öffnungen zum Abziehen des Inhaltes, der bisweilen über einen Rost geführt wird, um die „Asche“ in einem gesonderten Raume auffangen zu können, befinden.

In den Schacht werden abwechselnd Koks (oder auch Steinkohle oder beide gemengt) und Kalkstein eingeschüttet und am unteren Ende, in der Regel einmal am Tage (in Ostrau auch wiederholt bis zur Mitagszeit), gebrannter Kalk, insgesamt durchschnittlich 30 – 40 hl pro Tag, abgezogen.

Verbreitet sind diese Öfen bei Ostrau- Mügeln, Tharandt- Wilsdruff, Borna- Nentmannsdorf, im ganzen oberen Erzgebirge, bei Chemnitz- Mittweida. Die großen Mängel des Ofens ergeben sich aus der Vermischung von Brennmaterial und Kalkstein, wodurch dem Kalk Schlacke und Asche beigemengt werden und derselbe wenig ergiebig und oft mit einer geschmolzenen Kruste „Schmelz“ bedeckt erscheint. Ferner produziert er nur geringe Quantitäten, diese teuer und mit großer Rauchbelästigung der Umgebung. Größere Steine müssen unter Kostenaufwand zerkleinert werden.

Die große Verbreitung und ihren Fortbestand verdanken sie der Billigkeit und der Einfachheit ihrer Anlage und dem Umstande, daß in ihnen auch kleine Fragmente gebrannt werden können.

  

3. Rüdersdorfer Ofen.

Derselbe wird in Sachsen in der Regel als Cylinder- oder auch Schachtofen bezeichnet, also durch zwei Namen, welche gleichzeitig für die schon genannten Öfen Nr. 1 und 2 völlig abweichender Konstruktion Anwendung finden. Er ist ein Schachtofen mit großer Flamme, welcher überall kontinuierlich betrieben und mit Braunkohle bedient wird (früher und z. T. noch heute mit Holz). Sie sind ausschließlich im Erzgebirge, z. B. auf den Königl. Werken Lengefeld, Crottendorf, auf den Kalkwerken Venusberg- Grießbach und in Niederrabenstein bei Chemnitz in Betrieb.

Den Hauptteil des Ofens bildet der 12 – 15 m hohe, in feuerfesten Ziegeln gemauerte, kreisrunde Schacht mit einem Fassungsraum für 200 – 300 hl Kalkstein, der in ca. 2 ½ m Höhe, dem Niveau der Feuerungen, seine größte Weite hat und sich, wie ein Hochofen, nach oben und unten verjüngt. Der runde Schacht wird zunächst von einer sechsseitigen Futtermauer eingeschlossen. An drei abwechselnden Flächen*) dieses Gemäuers finden sich, wie gesagt, in 2 ½ m Höhe, die Rostfeuerungen und an den nicht mit Feuerungen versehenen Flächen des Rauhgemäuers nahe der Sohle drei Öffnungen zum Abziehen des gebrannten Kalkes. Umgeben sind diese Teile des Ofens von einem zweiten, sechsflächigem Bruchsteingemäuer, welches die Form einer etwas flacheren, abgestumpften Pyramide aufweist und demnach gegen die innere Futtermauer einen freien Zwischenraum, in dessen verschiedenen Etagen sich Gewölbe, Vorratsräume etc. finden, läßt.

Der Kalkstein wird in 20 – 40 cm langen Stücken in die obere Öffnung eingefüllt. Kleinere Fragmente müssen ferngehalten werden. Die Gicht des Ofens ist meist offen und nicht überbaut. Nur vereinzelt findet sich (z. B. in Grießbach) eine Haube aus Eisenblech über der Öffnung und ein seitlich gestellter Schornstein.

Der Ofen eignet sich namentlich zum Brennen der festeren, körnigen, älteren Kalksteine und Dolomite. Der erhaltene Kalk ist, da Brennmaterial und Steine nicht in Berührung kommen, rein, weshalb der Kalk seine weiße Farbe behält. Er ist sehr ergiebig, aber die nicht beträchtliche Produktion (täglich 35 – 50 hl) ist kostspielig.

 

*) Die Öfen in Rüdersdorf- Kalkberge unweit Berlin besitzen vier und fünf Feuerungen und ebenso viele Abziehlöcher, zeigen größtenteils cylindrisches Rauhgemäuer, tragen oberhalb der Füllöffnung noch einen kegelförmigen Aufsatz, den Konus, und sind dicht aneinander gebaut.

 

Hilge’scher Ofen.

Eine kleine Abänderung des Rüdersdorfer Ofens stellt der Hilge’sche dar, der z. B. auf den Königl. Werken Lengefeld und Heidelbach in Benutzung steht. Er besitzt einen reichlich 300 hl fassenden Schacht, niedrigere, breitere Feuerungen als Nr. 3 und trägt eine dicke, konische Esse. Größere Produktion (täglich bis zu 70 hl Kalk) und besser Regulierbarkeit des Betriebes sind die wesentlichen Vorzüge gegenüber Nr. 3.“

Anmerkung: Wir kennen ihn als Hilke'schen Ofen u. a. aus Hammerunterwiesenthal.

  

4. Gasofen.

Der ursprünglich nach System Siemens gebaute Ofen ähnelt in seiner Konstruktion durchaus derjenigen von Nr. 3, indem er einen ca. 9 m hohen, in einen achtflächigen oder cylindrischen Mantel eingeschlossenen, hochofenähnlichen Schacht besitzt. Das Wesentliche an demselben sind die Generatoren, welche, meistens zwei an der Zahl, zu ebener Erde entweder diametral gegenüber oder dicht nebeneinander auf einer Seite angelegt sind. In diesen Generatoren wird Kohle in den untersten Schichten am Glimmen erhalten, wodurch sich infolge der unvollkommenen Verbrennung derselben die Generatorgase erzeugen. Dieselben gelangen in einen waagerechten Hauptkanal und werden, mit Luft gemischt, durch meist vier engere Kanäle in der Höhe des größten Durchmessers des Schachtes in diesen eingeführt. Erst hier entzünden sich die Gase und brennen den Stein gar. Aus zwei am Boden angebrachten Öffnungen wird täglich 4 – 6 mal, im Ganzen 45 – 65 hl Kalk abgezogen. Als Brennmaterial hat sich in Sachsen nur solches von vorzüglicher Güte, nämlich beste böhmische Braun- oder gute Steinkohle bewährt.

Die Öfen sind auf den Königl. Werken Neunzehnhain, Hermsdorf und Oberscheibe, auf dem Werke in Grumbach, ferner auf dem Runge’schen Kalkwerk in Kiebitz und dem Kalkwerk in Däbritz in Benutzung und scheinen sich für die Kalksteine sämtlicher geologischer Formationen… gleich gut zu eigenen. Die Gasöfen erfordern sehr sorgfältige Überwachung, arbeiten aber bei einer solchen zu großer Zufriedenheit. Da durch das öftere Abziehen des Kalkes immer neue Schichten des Brenngutes in die hohen Temperaturen kommen, lässt sich eine große Gleichmäßigkeit der Kalkes erzielen. Das Produkt ist frei von Asche, die Produktion bedeutend. Sie nehmen nicht viel Platz in Anspruch, ihre Maximalleistung lässt sich verringern, die Rauchverbrennung ist bei ihnen am vollkommensten. Die Gasöfen produzieren unter den gebräuchlichen Öfen Sachsens den besten reinen Kalk, wenngleich die Produktion einer bestimmten Menge nicht auf dem wohlfeilsten Wege erreicht wird.

  

5. Kalk- Ringöfen,

in Sachsen meist nach dem Friedr. Hoffmann’schen System gebaut und beispielsweise in Wildenau bei Schwarzenberg, in Nentmannsdorf bei Pirna, in Münchhof bei Ostrau, in Grünau bei Wildenfels etc. im Ganzen sieben an der Zahl, gegenwärtig in Gebrauch. Dieselben dienen teilweise zum gleichzeitigen Brennen von Ziegeln und Kalk, teilweise ausschließlich der Kalkbrennerei und weisen dann geringe Abänderungen gegenüber dem Ziegelofen auf (Fortfall der Schmauchkanäle etc.). Der Ringofen gestattet die vollständige Ausnutzung des Brennwertes der Braunkohle, produziert rasch, billig und in großen Quantitäten. Der Kalk ist von mittlerer Güte, da er noch an vielen Stellen mit dem Brennstoff in Berührung kommt und von der Asche nur unvollkommen getrennt wird. Der Ofen dürfte aber den heutigen Anforderungen des Bauwesens am meisten entsprechen, da dasselbe in der Regel vor allem billigen, brauchbaren, gar nicht vorzüglichen Kalk verlangt. Er ist nicht der beste, aber der rentabelste Ofen. Vorausgesetzt wird jedoch für seine Verwendbarkeit ein starker, ununterbrochener Absatz des Kalkes.

  

Außer diesen Öfen sind in Sachsen noch zwei Dietsch’sche Etagenöfen (Ostrau- Mügeln), die sich bewährt haben, sowie einige der genannten mit geringen Abänderungen in Gebrauch.

Früher ist im Kalkwerk Raschau ein Hofmann’scher Schachtofen benutzt worden.“

 

Anmerkungen: Die Bezeichnung Dietsch'scher Etagenofen ist uns wieder einmal neu. Man lernt doch nie aus... Wir haben dazu ein wenig  nachgeforscht.

Die zwei hier von Otto Herrmann erwähnten Öfen diesen Typs haben nach den im weiteren Text noch angeführten Angaben zu den einzelnen Abbauregionen seinerzeit jedenfalls zum einen auf dem  Eulitz'schen Werk in Pulsitz bei Ostrau und zum anderen auf dem  Michael'schen Kalkwerk in Paschkowitz bei Mügeln gestanden.

Im Gegensatz zu Friedrich Hoffmann oben schreibt Otto Herrmann hier Ho-f-mann. Eine gewisse Verwirrung bei der Schreibweise der Namen zieht sich auch durch die Sekundärliteratur fort. Tatsächlich wurde der besagte Schachtofen im Kalkwerk Raschau bei Schwarzenberg ebenfalls nach einem Patent des Friedrich Hoffmann gebaut.

  

Im Erzgebirge haben die verschiedenen Öfenkonstruktionen einander in folgender Reihenfolge abgelöst: Auf die Meilerbrennerei, welche in den ältesten Zeiten geübt sein mag, von der aber schon Wunder etc. im Jahr 1865 keine Spuren mehr fanden, folgten die Harzer Öfen (Erdöfen), von denen z. B. beim Königl. Werk Crottendorf noch Reste erhalten sind, darauf die Kesselöfen und auf diese oder neben denselben die Rüdersdorfer. Diese wurden teilweise durch Hilge’sche Öfen oder aber Siemens’sche Gasöfen ersetzt. Der jüngsten Zeit gehört der Ringofen an.“

Mit dem Erdofen führt der Autor hier zuguterletzt noch eine weitere Bezeichnung ein. Außerdem hat sich die ‒ von O. Herrmann selbst schon beklagte ‒ vielfach regional unterschiedliche oder auch gleichbedeutende Verwendung von Bezeichnungen der verschiedenen Ofenarten natürlich ebenfalls ständig weiter entwickelt, so daß wohl auch diese zusammenfassenden Beschreibungen nur eine Momentaufnahme in der Geschichte darstellen...

  

 
 
 

Einige Nachforschungen zum Etagenofen...

  

Der in O. Herrmann's Schrift auftauchende Begriff Etagenofen hat uns neugierig gemacht. Unsere Nachforschungen dazu haben die folgenden Ergebnisse erbracht: In Dingler's polytechnischem Journal ‒ eigentlich eine unerschöpfliche Quelle zu technischen Lösungen ihrer Zeit ‒ haben wir Etagenöfen in Verbindung mit dem Kalkbrennen nur an ganz wenigen Stellen können.

Die erste Erwähnung eines Etagenofens in diesen Quellen entstammt dem Jahr 1858 und einem ganz anderen Produktionszweig. Demnach geht der Etagenofen wohl eigentlich auf die Voelker'sche Brotfabrik in Stuttgart zurück. Ein Herr Regierungsrath Wichgraf aus Potsdam berichtete darüber anläßlich seiner technologischen Studienreise vor dem Verein zur Beförderung des Gewerbefleißes in Preußen Folgendes:

Die Brodfabrik der Gebrüder Voelker ist die erste Fabrik in Deutschland gewesen, welche den Brodteig, statt mit der Hand, mit Maschinen kneten läßt und die Bäckerei fabrikmäßig im Großen betreibt...

Zum Betriebe der Bäckerei dient eine Knetmaschine Rolland'scher Art und zwei Doppelbacköfen nach eigener Construction...

Dieses sind Etagenöfen von Backsteinen mit zwei flachen Backgewölben über einander, deren jedes zwischen zwei Feuergewölben liegt, durch welche die Flammen circuliren, so daß der Ofen im Ganzen aus sechs Gewölben besteht. Durch die Trennung der Feuerung vom Backraume bleibt dieser stets reinlich, und dabei kann mit geringen Unterbrechungen immerfort gebacken werden. Ein Gewölbe faßt etwa 600 Pfd. Brod in Laiben zu 1½ bis 3 Pfd. Die Oefen sollen bedeutendes Ersparniß an Brennmaterial gewähren...“ (Jahrgang 1858, Band 150, Nr. XC, S. 346ff).

Auch hier ging es natürlich wieder um die Einsparung von Brennstoff durch kontinuierliche Betriebsweise der Öfen.

   

Analoge Ofenkonstruktionen waren aber auch von Töpfereien und Porzellanherstellern schon bekannt. In einer Lobrede auf den Hoffmann'schen Ringofen aus dem Jahr 1861 äußerte sich etwa ein Herr A. Türrschmidt vor der Polytechnischen Gesellschaft zu Berlin im Jahr 1861 hierzu so:

Wenn erst alle Ziegelöfen, Kalköfen, Cementöfen, Oefen zum Rösten von Erzen, ja Porzellanöfen und Oefen für die trockene Destillation sich das Princip aneigneten, nach dem die HH. Baumeister Hoffmann und Licht ihre ringförmigen Oefen bauten, so wird man sich wundern, daß diese so einfache und naheliegende Idee der Feuerungsmethode bei den genannten Flammöfen nicht schon früher Anwendung gefunden hat...

Welchen Nachweis können Kalköfenbesitzer von der Verwendung der Hitze liefern, welche dem gahrgebrannten glühenden Kalk inne wohnt? Man läßt ihn abkühlen, d. h. man verliert unbenutzt die ihm durch das Brennen mitgetheilte Temperatur in den bei weitem meisten Fällen ganz und gar.

Bei sehr gut disponirten Kalköfen, wie der zu Rüdersdorf, bleibt allerdings der gahre Kalk in einem Sammelschacht unterhalb der Feuerungen eine Zeit lang noch liegen und gibt von seiner Wärme nach den oberen Ofentheilen ab, aber die in den Ofenraum geführte Hitze würde einen ungleich höheren Effect zu Wege bringen, wenn sie den Brennstoff und die Verbrennungsluft bis zur Temperatur des Kalkglühens vorheizen könnte.

Welcher Ziegeleibesitzer dürfte sich rühmen, die ganze Temperatur seiner ins Glühen gebrachten Steine je benutzt zu haben? Man hat alle möglichen Vorkehrungen getroffen, man ist immer darauf ausgegangen, die heiße Luft aus einem abgebrannten Ofen in einem anderen zum Vorwärmen der Steine zu benutzen, und wenn Töpfereien und Porzellanfabriken mit ihren Etagenöfen eine Brennstoffersparniß erreichten, so gab die in der Abkühlung befindliche Unteretage ihre Hitze an die Werkstücke der darüber liegenden Etage ab...

Daß Luft, welche erhitzt dem Herde zugeführt wird, einen ungleich höheren Effect des Brennstoffes zur Folge hat, ist eine aus dem Hüttenbetriebe bekannte und vielfach constatirte Thatsache. Seitdem man anfing, abziehende Verbrennungsgase zur Dampferzeugung, zum Vorwärmen etc. zu verwenden, wurde auch die Luft für das Gebläse erwärmt und das feste Brennmaterial in brennbares Gas umgewandelt.“ (Jahrgang 1861, Band 160, Nr. LXI, S. 199)

  

Darüber hinaus fanden wir zum Stichwort ,Etagenofen' die mit Abstand meisten Treffer in Zusammenhang mit der Chemischen Industrie, etwa mit der Soda-, Kohlensäure- und Schwefelsäure- Herstellung. Bei letzterer kamen Etagenöfen offenbar beim Abrösten des Pyrits zur Anwendung.

  

Ein anonymer Verfasser beschrieb im Jahr 1883 einen Calcinirofen für Schieferthon u. dgl. in Dingler's Polytechnischem Journal folgendermaßen:

Um Schieferthon, sowie auch Thon, Bauxit, Quarz, Magnesit, Dolomit u. dgl. zu glühen, wendet A. Heintz in Saarau (D.R.P. Kl. 40 Nr. 23222 vom 3. December 1882) sogen. Etagenöfen an. Die zu glühenden Stoffe werden vor dem Einbringen in den Ofen mit Kohlen, Theer, Roherdöl u. dgl. gemischt, oder es werden die heiſsen Gase aus Hochöfen, Puddelöfen u. dgl. in den Ofen geleitet. Der Ofen ist mit einer direkten Rost- oder Gasfeuerung versehen und enthält Kanäle a bis g (Fig. 6 und 7 Taf. 25) für die Zuführung secundärer Verbrennungsluft, welche bei dieser Art der Einführung nicht nur stark vorgewärmt in den Ofen eintritt, sondern auch gleichzeitig eine Kühlung der Feuerbrücke, Wangen und Gewölbedecken veranlaßt.

An Stelle von atmosphärischer Luft können auch bestimmte Gase, Dämpfe u. dgl. zur Erhitzung in reducirender, chlorirender oder Wasserdampf haltiger Atmosphäre durch diese Kanäle in den Ofen eingeleitet werden. Diese Zuleitung kann in jeder Abtheilung geschehen. Feste und flüssige Brennstoffe können durch die Oeffnungen r oder s, gasförmige bei v, g, s oder x eingeführt werden.

Der Ofen ist durch Schieber h in mehrere Abtheilungen getrennt, so daſs bei geschlossenen Schiebern die entweichenden Gase jeder Abtheilung für sich gesondert in der Richtung der Pfeile in den Schornstein abziehen bezieh. durch geeignete Ansaugeapparate abgezogen werden oder auch direkt ins Freie treten. Die Gase der oberen Abtheilung gehen bei geschlossenem Schieber h vom Roste oder sonstigen Entwickelungsapparaten aus bei v nach oben, dann durch die oberen Gewölbelöcher l nach m und fallen hier zum Schornsteine oder sonstigen Ansaugeapparaten nieder bezieh. gehen durch z direkt ins Freie. Die Gase der unteren Abtheilung gehen von x aus in der Pfeilrichtung nach oben und durch den geöffneten Schieber i in den Kanal k hinein, von welchem |aus sie durch Absaugeapparate nach dem Orte etwaiger Verwendung hingeleitet werden, oder auch wagrecht hinter dem Ofen herum durch y zum Schornsteine gehen bezieh. bei k direkt ins Freie treten.

Die Gase der einen Abtheilung beeinflussen somit nicht den beabsichtigten Prozeß der anderen. Soll das Material von der über dem Schieber h liegenden Abtheilung auf die unter ihr liegende heruntergeschafft werden, so können inzwischen Schieber i und l den Abzug in den Rauchkanal k bezieh. n reguliren oder absperren.“ (Jahrgang 1883, Band 250, S. 364f)

  


Darstellung dieses Etagenofens aus Dingler's Polytechnischem Journal, Band 250, 1883. Dieser Ofenaufbau erinnert irgendwie tatsächlich an einen riesigen Backofen mit zahlreichen ,Etagen'.

   

Schließlich fanden wir den Etagenofen in Zusammenhang mit dem Namen Dietzsch aber doch und zwar zuerst im Jahr 1884. (Übrigens hier mit Diet-z-sch, aber wir sehen es Herrn Otto Herrmann gern nach: Auch er war schließlich Sachse und unsereins geht schon ab und an mal ein Konsonant verloren...) In einem anonymen Bericht über Neuerungen an Oefen zum Brennen von Thonwaaren, Cement u. dgl. heißt es jedenfalls:

C. Dietzsch in Saarbrücken (D.R.P. Zusatz Nr. 27742 u. 27891 vom 23. Januar 1884) will bei seinen Cementbrennöfen mittels durch Zahnstangengetriebe bewegter Schieber die vorgeglühte Masse aus den Vorwärmern in den Brennraum befördern.

Einfacher ist es, den Vorwärmer C (Fig. 4 bis 6 Taf. 25) direkt über den Brennraum B zu setzen. Um einen Zwischenraum zwischen dem Brennraume B und dem Vorwärmer C herzustellen und es möglich zu machen, den Brennraum B für sich zu bedienen, ist derselbe von einem Grewölbebogen n überbrückt, auf welchen sich die vom Vorwärmer C niederfallende Masse aufsetzt. Zwei weitere Gewölbebogen a lassen in ihrer Mitte eine Oeffnung, durch welche die Masse nach n niederfällt. Die vom Brennraume B aufsteigenden Gase schlagen um den Gewölbebogen n herum und treten zwischen n und a in den Vorwärmer. Die Oeffnungen e dienen dazu, die vorgeglühte Masse nach B zu befördern; durch die Oeffnungen v erfolgt das Schüren und Reinigen des Brennraumes B, durch die Oeffnungen z das Nachstoſsen der hängenbleibenden Masse. Im Scheitel der Gewölbe a ist noch ein aus einzelnen Stäben bestehender Rechen r angebracht, um durch Vor- oder Zurückschieben derselben das Nachfallen der Masse vom Vorwärmer C nach dem Brennraume B zu regeln." (Jahrgang 1884, Band 254, S. 337ff)

  


Die oben genannten Figuren 4 bis 6 aus Tafel 25 mit zwei Schnitten
und einem Grundriß des beschriebenen Brennofens aus
Dingler's Polytechnischem Journal
, Band 254, 1884.

   

Wenn wir die Zeichnung oben richtig deuten, bestand das Besondere dieses Ofens ‒ der ansonsten ein hoher Schachtofen ist ‒ darin, daß der Brennraum in vertikaler Richtung unterbrochen ist, so daß das Nachsetzen von Brennstoff und Brenngut hier gezielt gesteuert werden mußte. Ob die Einsparung an Brennstoff den technischen Aufwand aufwog, erscheint zweifelhaft...

Ein ebenfalls anonym bleibender Verfasser berichtete dann im Band 261 aus dem Jahr 1886 ausführlicher Ueber die Herstellung und Untersuchung von Cement und erwähnte darin:

F. M. Meyer (Thonindustriezeitung, 1885 S. 515. 1886 S. 101) untersuchte die Leistung des Cementofens von Dietzsch. Die Rauchgase aus einem Ringofen für Cement enthielten bei scharfem Zuge nur 3,2 bis 7,6, im Mittel 6,2 Proc. Kohlensäure. Stündlich wurden mit 238k Kokes und 100k Kohlen 1734k Cement erhalten. Da der Cement 64,2 Proc. Kalk enthielt und die Gase mit 232° entwichen, so berechnet sich der Verlust durch die Rauchgase auf 1.081.000°. Die verwendeten Brennstoffe lieferten etwa 2.629.000°, so daß von der Gesammtwärme etwa 41 Proc. durch die Rauchgase verloren gingen. Somit bleiben für das Garbrennen des Cementes, Verluste in den Kammern u.s.w. für je 1k Cement 835c.

Die Baukosten des am 1. April 1885 in Beckum fertig gebauten Etagenofens von Dietzsch stellten sich auf 10.000 M. Der Betrieb des Ofens erfordert für die Tag- und Nachtschicht:

4 Brenner zu 2,50 M 10,00 M
2 Arbeiter für den Vorwärmer zu 2 M 4,00 M
Das Ausleeren des Ofen im Verding wird für je
24 Stunden bezahlt mit

9,00 M
  ––––––––
  23,00 M

Die feuerfeste Ausmauerung des Brenn- und Schmelzraumes erfolgt alle 6 Wochen neu, erfordert aber nur wenig Kosten, da der Mörtel sowohl, als auch die Steine auf der Fabrik selbst aus eigens dazu bereitetem Cement hergestellt werden. Hierzu werden die besten Cementklinker, mit Dolomit vermengt, gemahlen, die Mischung wird ähnlich wie Beton mit wenig Wasser angemacht in Formen gestampft. Nachdem der Mörtel abgebunden, werden die Steine völlig ausgetrocknet und sind dann zur Verwendung bereit. Die Form der Steine wird dem Ofen angepaßt und sind dieselben 26cm lang, 21 cm bezieh. 18 cm breit, 13 cm dick. Zwei Maurer und zwei Handlanger arbeiten je 2 Schichten, um den Brenn- und Schmelzraum eines Ofens auszuhacken und neu auszufüllen. Hiernach wird der Ofen, ähnlich wie beim Schachtofen, mit Cementmasse und Kohlen schichtenweise eingesetzt und angeheizt. Die Cementfuttersteine fritten hierbei zu einer dem gebrannten Cemente ähnlichen Masse zusammen und erhalten eine allen Anforderungen genügende Festigkeit. Das während des Betriebes abbrennende Ofenfuttermaterial sowie die beim Ausbessern auszuhackenden Stücke werden mit reinem Cemente vermahlen...

Täglich wurden verbrannt 2.070k Kohlen und 16.000k Cement erhalten. Danach stellt sich, abgesehen vom Wasserdampfe, der Verlust durch die Rauchgase auf stündlich 65.625° oder 12,1 Proc. Zum Garbrennen des Cementes, Erwärmen des Schmelzraumes, Verdampfen der erheblichen Menge Wasser (die Steine enthielten 8,6 Proc.) sind demnach für je 1k Cement 710° verbraucht. Diese geringe Menge gegenüber dem Ringofen (mit 835°) ergibt sich daraus, daß das Feuer stets in demselben Raume bleibt, somit nur durch Strahlung Wärme verloren geht, aber nicht, wie beim Ringofen, auch durch Erwärmung kalten Mauerwerkes, und weil ferner stets mit heißer Luft gebrannt wird. Die geringen Verluste durch die Rauchgase sind bedingt durch die niedrige Temperatur im Schornstein.

Neuerdings wird der Ofen auch zum Brennen von Kalk verwendet, angeblich mit der Hälfte Braunkohlen, welche Schachtöfen mit ununterbrochenem Betriebe und seitlicher Feuerung gebrauchen.

C. Dietzsch (daselbst S. 31 und 83) meint, der Ringofen passe wenig zum Cementbrande. Nach seinen Angaben erfordern zwei oberrheinische Massen mit 76 Proc. Kalk und einem Kokesbedarfe von 25 bis 27 Proc. im Schachtofen 15,5 bis 19 Proc. Kohle im Etagenofen. Eine norddeutsche hochkalkige, dabei aber leichtflüssige und sehr feste Masse wurde im Schachtofen mit 20 Proc. Kokes gebrannt, im Etagenofen waren 9 Proc. Kohle nöthig. Es hat sich gezeigt, daß der Ofen um so ungestörter arbeitet, je rascher die Kohle an der Spitze des Schmelzraumes verbrennt. Geht ein Theil der Kohle zu tief in den Kühlraum nieder, so entsteht hier leicht Anschlacken an den Ofenwänden; namentlich ist aber die Verbrennung eine ungünstigere, indem die oberen Kohlenschichten theilweise vergasen, ohne daß oder bevor sie Schmelzhitze erzeugen. Die Wahl der Kohle hat sich also danach zu richten, daß ihre Brennzeit mit der kurzen Zeit, welche zur Verfrittung der vorgeglühten Masse nothwendig ist, möglichst übereinstimmt. Maßgebend hierfür ist die Korngröße; denn Kohlenstücke von größerem Durchmesser als 20 mm brennen in dem regelrechten Zuge des Etagenofens länger, als die Pausen zwischen dem Ziehen dauern. Feine Staubkohle von weniger als 10 mm Korngröße ist demnach der jetzt allenthalben verwendete Brennstoff.

In einer Cementfabrik, welche alle drei Sorten Oefen im Betriebe hat, stellten sich die Betriebskosten, einschließlich Brenner, Anfuhr der Steine, Ziehen und Abfuhr des Cementes beim Etagenofen auf 37,7 Pf., beim Ringofen auf 38 Pf. und beim Schachtofen auf 30,6 Pf.“ (Jahrgang 1886, Band 261, S.529ff)

Wie vor allem die letzten Zahlen leicht zeigen, war ‒ wir könnten ihn im Gegensatz zu diesem Typ vielleicht den ,offenen' nennen ‒ der Schachtofen also trotz aller Bemühungen der Ingenieure, es noch besser zu machen, der mit Abstand günstigste bei den Betriebskosten.

  

Schließlich entdeckten wir noch einen Bericht Ueber Gewinnung der Saturationskohlensäure in Zuckerfabriken aus dem Jahr 1887. Zumindest für diese Anwendung erschien das Prinzip des Etagenofens dem wieder einmal anonymen Verfasser ebenfalls wenig geeignet:

Ehrhardt beschreibt noch einen sogen. Etagenofen von C. Dietzsch in Saarbrücken (vgl. D.R.P. Kl. 80 Nr. 23919, 26699, 27742, 27891, 28430 und 38384), in welchem die Räume für Vorwärmung, Garbrennen und Abkühlen getrennt angeordnet sind, um möglichst gut ausgenutzt werden zu können. Dieser Ofen dürfte aber nach den in Zuckerfabriken allgemein gemachten Erfahrungen nur schwierig im Gange, im „Rutschen“, zu erhalten sein, da der Kalk (wenigstens bei der Ofenconstruction D.R.P. Nr. 28430) zweimal durch ein knieförmiges und einmal durch ein wagerechtes Kanalstück sich fortbewegen soll und für Zuckerfabriken jeder Aufenthalt im Gange des Kalkofens sehr störend und empfindlich ist, daher immer thunlichst vermieden werden muß.“ (Jahrgang 1887, Band 264, S. 191f)

An der geringen Zahl der Erwähnungen von Etagenöfen sehen wir auch, daß sich dieses Prinzip zumindest auf den Kalkwerken nicht durchgesetzt hat.

  

Diese Zusammenstellung wird sicherlich nie fertig werden. Wir hoffen aber auf viele Zuschriften und Hinweise auf weitere, erhalten gebliebene oder erhaltenswerte Baudenkmale.

Glück Auf!

Das Team vom "u-b".