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Ein Beitrag von www.unbekannter-bergbau.de

Erstellt Mai 2017, letzte Ergänzungen im Juni 2020

Wir danken der Familie Ney für die Erlaubnis zur Besichtigung des Kalkofens im Kalkgrund.

  

Zum Plattendolomitabbau in der Mügelner Senke

Die Bergbauunternehmen südlich von Ostrau
(Münchhof, Trebanitz, Rittmitz)

  

Zur Lage und Regionalgeschichte
Zur Geologie
Zum Abbauverfahren
Brennofentechnik und Produktionsmengen
Montangeschichtlicher Überblick  bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts

Die Bergbauunternehmen östlich von Ostrau
Eulitz'sche Kalkwerke bei Pulsitz und Ostrau
Ostrauer Kalkgenossenschaft, später Krug'sches Kalkwerk
Möbius'sches Kalkwerk bei Ostrau
Kalkwerke bei Zschochau

Die Bergbauunternehmen südlich von Ostrau
Roßberg'sches Kalkwerk Münchhof
Kalkwerk Trebanitz
Kalkwerk Rittmitz

Die Entwicklung des Dolomitbergbaus bis zur Gegenwart
VEB Ostrauer Kalkwerke
Aktiver Bergbau (Ostrauer Kalkwerke GmbH)

Die Bergbauunternehmen westlich von Ostrau
Lützschera und Obersteina
Runge's Kalkwerk in Kiebitz

Die Bergbauunternehmen südlich von Mügeln
Uhlemann's Kalkwerke in Schrebitz
Wolf's Kalkwerk in Schrebitz
Lorenz' Kalkwerk in Schrebitz
Michael's Kalkwerk in Schrebitz
Weitere Kalkwerke in Schrebitz
Michael's bzw. von Ende's Kalkwerk in Paschkowitz

Weiterführende Quellen

  

   
 
  

Roßberg'sches Kalkwerk Münchhof, zuletzt VEB Kalkwerke Ostrau 

 

Das Gut Münchhof befand sich von 1574 bis 1790 im Besitz der Familie Hummitzsch (Kalkabbau im Jahnatal, S. 26 ff) oder auch Hommitzsch (S. 33 ff). Dieser Familienname ist uns am Ende des 19. Jahrhunderts erneut als Kalkwerksbesitzer im Striegistal bei  Kaltofen begegnet; ebenso wie wenig später der Name Roßberg, auf den wir gleich zu sprechen kommen.

  


Ausschnitt aus dem Blatt 95 der Bergamtskopie der Meilenblätter von Sachsen mit dem Standort des später Roßberg'schen Kalkbruchs und Ofens auf Münchhofer Flur südwestlich von Ostrau am Osthang des Jahna- Tales. Hierin ist noch ein weiterer Kalkofen direkt an der (rot später eingezeichneten) Bahnlinie eingetragen. Dessen Standort müßte sich unserer Kenntnis nach jedoch viel weiter südöstlich an der Straße von Trebanitz zu den Trebanitzer Kalkbrüchen befunden haben. Bildquelle: Sächsisches Staatsarchiv, Bergarchiv Freiberg, Bestand 40044-4 (Generalrisse), Nr. I91, gedruckt 1829.

archiv.sachsen.de/archiv

  

Der damalige Besitzer des Rittergutes Zunschwitz, Johann Christian Roßberg kaufte im Jahr 1793 das Hummitzsch'e Gut. Das Gut sowie das Kalkwerk blieben von da an und bis nach dem 2. Weltkrieg im Besitz der Familie Roßberg.

1814 übergab er es seinem ältesten Sohn Christian Gottlob Roßberg. Bereits 1847 kaufte Heinrich Adolf Roßberg das Walther'sche Gut samt Kalkofen in Ostrau hinzu. Nach einem Brand im Jahr 1860 erwarb er ferner Güter in Trebanitz und bildete ein größeres Gut daraus. Zu den Kalkwerken in Trebanitz folgt noch ein separater Abschnitt.

 


Auch auf der Oberreit’schen Karte von Sachsen aus den 1850er Jahren ist bei Münchhof nur der schmale Bruch im Kalkgrund bezeichnet, dagegen aber schon die Steinbrüche westlich von Trebanitz. Auch der Brennofen an der Bahnlinie fehlt in diesem (großmaßstäblichen) Kartenwerk...

  


Erst auf den Äquidistantenkarten aus den 1880er Jahren ist auch der dritte Brennofen dann eingetragen. Nördlich von Münchhof befand sich außerdem eine Ziegelei (Zgl.). Noch immer gibt es den gro0en Bruch am (auf der Oberreit'schen Karte so bezeichneten) Steinberg nicht.

  

1887 hat H. A. Roßberg auch das vormals Gühne'sche Gut einschließlich des Kalkofens im Kalkgrund erworben. Bis 1917 folgte zunächst Julius Roßberg als Besitzer, danach Herr Heinrich Arndt Roßberg (20226, Nr. 0289, sowie 21033, Nr. 0896 und Kalkabbau im Jahnatal, S. 15 ff).

Den Namen Roßberg haben wir in einer Akte aus dem Jahr 1948 auch als Besitzer eines Kalksteinbruchs bei  Kaltofen gefunden. Dort heißt es, daß der vormals Bartel'sche Bruch nach 1902 im Besitz von Roßberg gewesen sei (11384, Nr. 2081). Allerdings lägen die dortigen Brüche schon lange still.

Insgesamt zeichnete sich der Betrieb in Münchhof durch besonders weitsichtiges Handeln und zahlreiche Anstrengungen, moderne Technik einzusetzen, aus. Auch die heutige Straße vom Bahnhof in Ostrau zum Werk in Münchhof wurde von den Roßberg's speziell als Transportweg zum Bahnhof in Ostrau gebaut.

Neben einer Kalkmühle verfügte das Werk über die 1904 errichteten und noch erhaltenen gebliebenen zwei Ofenbatterien mit je drei Trichteröfen. Auch ein Ringofen soll zeitweise zum Brennen genutzt, 1950 aber gesprengt worden sein (Kalkabbau im Jahnatal, S. 29). Ein solcher wird 1899 auch von O. Herrmann in seinem Lehrbuch der Steinbruchindustrie erwähnt. Auf den historischen Fotos aus den 1930er Jahren sieht man einen hohen Schachtofen (siehe dazu unsere Bemerkungen zu den Brennöfen vom Hofmann’schen Typ im Abschnitt zu den Eulitz'schen Kalkwerken  oben).

In der schon erwähnten Zusammenstellung der Berginspektion III für die Jahrbuchausgaben 1902 und 1903 ist das Roßberg'sche Kalkwerk seltsamerweise nicht aufgeführt, obwohl es zu dieser Zeit ja in Betrieb gestanden hat (40024-12, Nr. 15).

In den Erkundungsberichten der Lagerstättenforschungsstelle ab dem Jahr 1934 (40030-1, Nr. 1082) findet man auch Unterlagen zum Dolomitbruch der Firma Roßberg in Münchhof bei Ostrau (40037-1, Nr. K22900 bis K22902). Darin heißt es, der Bruch bei Münchhof stelle „…das wirtschaftlich günstigste Unternehmen im Mügelner Dolomitgebiete dar.“ Er sei durch eine etwa 300 m lange Schwebebahn direkt mit der Bahnlinie Döbeln – Riesa verbunden.

Einem Gutachten der Lagerstättenforschungsstelle aus dem Jahr 1937 (40030-1, Nr. 1060) zufolge hat das Münchhofer Werk im Jahr 1936 eine Menge von 24.700 t Rohkalk gefördert. Zu dieser Zeit war es damit das größte in der Region, gefolgt vom Rittmitzer Werk (13.500 t Jahresförderung), Obersteina (13.000 t), dem Möbius'schen Werk in Ostrau (6.000 t) und dem Lorenz'schen Werk in Schrebitz (mit 5.700 t Jahresförderung).

Die folgende geologische Beschreibung entspricht dem, was oben im allgemeinen Teil und im Abschnitt zur Kalkgenossenschaft schon zu lesen war. Bei einer Gesamtmächtigkeit des Dolomits von 19 m betrage der Abraum nur etwa 10 m, nach Osten jedoch bis auf über 20 m anwachsend, welcher sich aus etwa 5 m bis 6 m mächtigen Lettenschichten, darüber Diluvium – also pleistozänen Sedimenten – zusammensetzt. Die Abbaufront nach Norden sei fast 500 m breit.

 


Auf den Topographischen Karten aus den 1930er Jahren ist jetzt der ausgedehnte Kalksteinbruch bei Münchhof hinzugekommen. Auch die Steinbrüche westlich von Trebanitz haben ihre heutige Ausdehnung erreicht. Sie sind aber jetzt mit „Altes Kalkwerk“ bezeichnet.

  

Der Treuhänder Fogel, unter dessen Verwaltung das vormals Stolle’sche Kalkwerk ab 1949 stand, scheint das „Kalkwerk Fogel, Münchhof“ zeitweise selbst gepachtet zu haben, denn in einer Akte des Oberbergamtes wird es 1951 so bezeichnet. In diesem Bericht vom 17. Dezember 1951 schreibt man über das Werk, daß der Rohdolomit mittels Diesellok durch einen unter einer Abraumhalde hindurch geführten Tunnel sechs alten „Bienenkorb-Öfen“ zugeführt werde (wohl den beiden Ofenbatterien mit je drei Brennkammern), die Lösch- und Mahlanlage jedoch außer Betrieb sei (40030, Nr. 1082).

Die Familie Fogel geriet 1951 in Konkurs, woraufhin auch das Kalkwerk am 26.11.1951 in Volkseigentum überging und 1953 dem VEB Kalkwerk „Fortschritt“ zugeschlagen wurde (40 Jahre VEB Ostrauer Kalkwerke, 1988). Am 1.7.1960 wurde es endgültig stillgelegt.

 

 
 
  

Erhaltene Zeugnisse

 

Jetzt geht es von Ostrau in südöstliche Richtung entlang der Jahna talaufwärts. Hier liegt das ehemalige Gut Münchhof und noch ein Stück weiter am linken Talhang Trebanitz. Schauen wir uns zuerst den ehemaligen Kalksteinbruch an.

 


Vom Roßberg'schen Kalkwerk Münchhof sind noch Werksanlagen erhalten geblieben, ein weiterer Brennofen älterer Bauart bei Trebanitz. Die großen Tagebaue sind noch heute zu erkennen.

 


Dolomitbruch Münchhof, Gesamtansicht von Norden 1938, kein Fotograf angegeben. Über die Brücke im Bildvordergrund wurde der Abraum mittels Feldbahn zur Innenkippe auf die schon abgebaute Seite des Tagebaus hinüber transportiert. Auf der Abraumberme links ist ein kleiner Eimerkettenbagger zu sehen.

http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/70004790

 


Ostrau-Münchhof (Döbeln), Kalkbruch, Plattendolomit, Abbau unter Buntsandstein, Foto: Nowak/Wagner, 1938. Links die Abraumhalde. Bei genauerem Hinschauen erkennt man auf den Gleisen im Tagebau bereits eine kleine Diesellok. Das Gleis zum linken Bildrand führt zu dem südöstlichen Tunnel, unter der Halde hindurch und weiter zum Kalkwerk.

http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/70004726

 


Dolomitbruch Münchhof, noch einmal ein Überblick von Südosten nach Nordwesten, Fotograf unbekannt.

http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/70004723

     


Kalksteinbruch Mümchhof, die enge Zufahrt zwischen Halde links und Abbaufront rechts, Fotograf unbekannt.

http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/70004785

   


Ostrau. Münchhof, Kalksteinbruch, Foto: Thomas, 1927. Zu dieser Zeit wurden die hölzernen Loren noch von Pferden gezogen.

http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/70004722

 


Ostrau-Münchhof (Döbeln), Kalkbruch, Plattendolomit, Abbau unter Buntsandstein, Foto: M. Nowak, um 1935.

http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/70004727

 


Ostrau-Münchhof (Döbeln), Kalkbruch, Plattendolomit, Abbau unter Buntsandstein, Foto: Nowak/Wagner, 1938.

http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/70004728

   


Ostrau-Münchhof (Döbeln), Kalkbruch, Plattendolomit, Abbau unter Buntsandstein, Foto: Nowak/Wagner, 1938. Bei genauem Hinsehen erkennt man auf den beiden Fotos Arbeiter mit der Keilhaue in der Bruchwand arbeiten - eine ziemlich riskante Tätigkeit...

http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/70004729

Der heutige Zustand.

 

Das Restloch des Tagebaus im Kalkgrund befindet sich hinter dem Brennofen auf Privatgrund und ist nicht zugänglich.

Auch an den ehemaligen Tagebau hinter dem Münchhofer Kalkwerk kommt man nur schwer und nur über Privatgrund heran. Obwohl dieser Steinbruch als Naturschutzgebiet ausgewiesen ist, gibt es gegenwärtig bedauerlicherweise keinen Wanderweg, der ihn einem interessierten Besucher erschließen würde. Aber wir sind „stiefelfest“ und kommen trotzdem hin…

  


Hinter den ehemaligen Kalkwerksanlagen kann man über die Innenkippe zur einstigen Feldbahn-Trasse (links am Gittermast vorbei) gelangen…
  


…und durch den Ruderalbewuchs einen ersten Blick auf die Steinbruchwand erhaschen.
  


Die Böschung der Abraumhalde ist abgeflacht und mit ein wenig Trittsicherheit kommt man hier durch´s lichte Unterholz ganz gut hinunter…
  


…und entdeckt hier das Mundloch des oberen Feldbahn-Tunnels. Das Einflugloch verrät, daß es heute als Fledermausquartier ausgewiesen ist.
  


Das westliche Ende dieses Tunnels wird offenbar von den Anliegern als Keller genutzt und ist etwas versteckt an der Zufahrt zu finden. Es liegt im Höhenniveau der Gichtebene der beiden Ofenbatterien.
 


Der Verlauf der Bahntrasse vom Tunnelmundloch in den Tagebau ist anhand des ebenen Geländeeinschnitts noch zu erkennen. Der folgen wir auch…
  


…und stehen dann staunend vor einer vielleicht 15 m hohen Wand aus gelbem Plattendolomit. Hier das südliche Ende des Tagebaus...
  


…und der Blick nach Osten. Die Birken markieren die schon freigeräumte Hangendgrenze des Dolomits, dahinter stehen oberhalb der Berme die rötlichen oberen Letten und brauner Lößlehm an.
  


Mitten auf der Bruchsohle erinnert uns diese Konstruktion an Schützengräben…
  


Für einen Pumpensumpf liegen die in Betonformteile gefaßten Gräben zu hoch.
  


Auch das Ende dieses Grabens mitten auf der Bruchsohle läßt nicht erkennen, wozu er mal gedient haben könnte. Vielleicht hat hier mal die GST geübt...
     


Im Stoß des Steinbruches sind die von Norden nach Süden gerichteten Abbaustöße noch gut zu erkennen.

 Historische Aufnahmen aus den 1930er Jahren. 
  


Auch ein Blick entlang der Abbaukante nach Norden ist von hier aus recht eindrucksvoll.
  

Wir folgen im Steinbruch weiter der alten Feldbahntrasse – zumindest eine Art Weg… 
 

Von den alten und teils stark zerklüfteten Steinbruchwänden halten wir uns dabei lieber respektvoll fern.
  

Die Risse im Fels und die Witterung werden wohl mit der Zeit auch hier für ein Herunterbrechen der heute noch senkrechten Wände sorgen.
  

Nebenbei bieten sie aber allerlei neuen Bewohnern Platz.
  

Ein Blick zurück nach Süden…
  

…und nach Norden auf den engen „Hals“ des Steinbruches.
   

Ach ja: Wir folgen ja der Bahntrasse und die muß natürlich auch wieder aus dem Tagebau hinaus. Hier gibt es noch einen zweiten Tunnel unter der Abraumhalde.
  

In diesen schauen wir mal durch das Einflugloch hinein und sehen ein schnurgerades und nicht sonderlich interessantes Tonnengewölbe aus Bruchsteinmauerwerk, das man wohl einfach in offener Bauweise errichtet und später mit Abraum überkippt hat. Das Baumaterial lieferten offensichtlich die Porphyr-Steinbrüche weiter südlich im Jahna-Tal. Der Tunnel hat ein Profil von 3 m Breite und etwa 2,7 m Höhe im Gewölbescheitel - ausreichend für eine Feldbahn.
   

Dann nutzen wir einen Trampelpfad durch´s Dickicht am Nordende des Tagebaus und finden noch einen Uhu.
  

Und nach etwas Kletterei über die Abraumhalde wieder an der Münchhofer Straße finden wir auch noch den westlichen Ausgang des nördlichen Feldbahn-Tunnels. Dieser Tunnel mündet im Straßenniveau und unterhalb der Kalköfen. Die Tafel am Tor weist ihn heute ebenfalls als Fledermausquartier aus. So hat er heute einen guten Zweck…

  

 
 
  

Die Anlagen des älteren Kalkwerks befanden sich an der Straße Im Kalkgrund und heute auf Privatgrund.

Das zuletzt noch betrieben Kalkwerk Münchhof stand direkt an der gleichnamigen Straße rechts der Jahna.

 


Ostrau. Lommatzscher Pflege, Dolomitbruch
Münchhof (laut Bildbeschriftung SLUB). Im Hintergrund rechts am Bildrand vermutlich die damals noch nicht bewachsene Steinbruchkontur im Kalkgrund unterhalb der Dresdner Straße, bei dem Kalkofen im Vordergrund links handelt es sich um den am Ausgang des Kalkgrunds zwischen Ostrau und Münchhof. Foto: O. Kaubisch, 1928.

http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/70004784

 


Die historische Ansicht oben können wir heute nicht rekonstruieren, da inzwischen auch gegenüber ein paar Einfamilienhäuschen entstanden sind.
 


Aber der Straßenname bewahrt die Erinnerung an den Ursprung der Siedlung am Rande Ostraus.
  


Der heutige Zustand des Brennofens im Kalkgrund. Im Vergleich mit der alten Aufnahme oben sieht man gut, daß die Außenmauern inzwischen leider auseinanderbröckeln...
   


Auch dieser Ofen
besaß „abgerundete“ Ecken. Als einziger in dieser Region besitzt er auch an der Stirnseite ein Zugangstor (links im Bild).
  


Mit freundlicher Genehmigung der Anwohner durften wir auch einmal in das Grundstück der Familie Ney hinein und uns die Rückseite des Bauwerks anschauen. Die Zugänge zu den hinteren drei Brennöfen sind ins Gelände eingetieft. An der Rückseite hat sich die Rampe zur Gichtbühne befunden.
 


Der Ofen bildet ebenfalls
eine ganze „Batterie“ aus sechs gleichartigen, aneinandergereihten Niederschachtöfen und ist nach Schrittmaß über 30 m lang und zirka 12 m breit.

Die einzelnen Brennöfen entsprechen im Wesentlichen dem Bautyp der Schneller- Öfen, die uns aus dem Triebischtal schon bekannt sind.
  


Mit ein bißchen Vorsicht kann man mal in die Ofentore hineinschauen...
  


...und schaut auf die leider schon halb eingestürzten Abzüge der Brennkammern.
  


Die Ausmauerung des trichterförmigen Brennraums. Unter dem querliegenden Gewölbe in der Bildmitte befand sich der Aschefall.
  


Der Blick nach oben in einen der leeren Brennräume.

  

 
 
  

Nun weiter in Richtung Münchhof... Zunächst wieder einige historische Aufnahmen aus der Betriebszeit des zweiten Kalkwerkes.

 


Ostrau. Kalkwerk Münchhof. Kalkofen und Kalkmühle, Foto: O. Kaubisch, vor 1945. Am linken Bildrand im Hintergrund ist ein hoher Schachtofen vom Hoffmann'schen Typ zu sehen, jedoch nirgends ein Ringofen.

  http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/33097911

 


Dolomitwerk Münchhof 1938, kein Fotograf angegeben. Die westliche der beiden Ofenbatterien.

http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/70024727

    


Gichtbühne der drei westlichen Niederschachtöfen am Dolomitwerk Münchhof 1938, kein Fotograf angegeben. Man sieht am aufsteigenden Rauch deutlich, daß alle drei Brennkammern nicht nur gefüllt, sondern auch in Betrieb sind.

http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/70024728

Der heutige Zustand.

 


Ostrau. Kalkwerk Münchhof. Eckansicht eines Kalkofens und (links dahinter) der Kalkmühle, Foto: O. Kaubisch, vor 1945. Die beiden baugleichen Kalköfen sind erhalten geblieben.

http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/70024725

 


Schachtofen am Dolomitbruch Münchhof 1938, kein Fotograf angegeben. Rechts daneben die Fördereinrichtung zur Beschickung. Diese im Gegensatz zu den Rüdersdorfer Öfen rech
t schmal gebauten Hochöfen wurden aus Standsicherheitsgründen nach ihrer Stillegung überall in der Region abgerissen. Wahrscheinlich handelte es sich bei diesem um den Hoffmann’schen (Schacht-) Ofen.

http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/70024726

  


Das Jahna-Tal zwischen Ostrau und Münchhof.
  

An der Münchhofer Straße stehen die beiden noch guterhaltenen Ofenbatterien, sowie einige heute als Wohnhäuser genutzte und daher stark umgebaute Gebäude des ehemaligen Kalkwerks.
  


Der heutige Zustand der beiden noch erhaltenen und 1904 errichteten Brennöfen des Roßberg'schen Kalkwerkes in Münchhof. Vorn hat man eine Garage eingebaut. Die Öfen wurden im Jahr 2001 durch ABM-Kräfte von Müll und Erdmassen freigeräumt.

 


Wie auf den historischen Aufnahmen schon zu erkennen war, enthielten die beiden baugleichen Ofengebäude jeweils drei einzelne Brennöfen.
     


Da der Zaun große Lücken hat, trauen wir uns mal, einen Blick hinein zu werfen...
    


...und entdecken diese Durchgänge zwischen den Abzügen der drei Brennöfen.

In ganz ähnlicher Form haben wir sie auch in Trebanitz wiedergefunden.

 


Unter den Abzugsöffnungen wieder der Aschefall. Wozu die beiden schmalen Durchlässe darüber dienten, ist nicht ganz klar - vielleicht zum „Stochern“, wenn sich Kalkblöcke verkeilt hatten und zum Abziehen gelöst werden mußten.
  


Auch an diesem Mauerwerk nagt inzwischen der Zahn der Zeit und man sollte sich aus Selbstschutz lieber unsere Fotos anschauen, anstatt auch hier hinein zu gehen.
 


Der Blick nach oben: Die Öfen stehen natürlich heute leer. Interessant ist noch die Art der Ausmauerung mit vertikal vermauerten Klinkern. Damit konnte man wohl die Rundungen mit ihrem engen Radius am besten herstellen. Wie auch im Kalkgrund sind die Brennkammern im unteren Drittel rechteckig geformt.

 


Das Gelände ist in Privatbesitz, aber wenn man höflich Guten Tag sagt, kann man schon mal hier lang spazieren… Dieses Gebäude ist schon in recht bedenklichem Zustand und wird wohl bald nur noch abgerissen werden können. Zu DDR-Zeiten war mal vorgesehen, einen Jugendclub darin einzurichten (Information von J. Claußnitzer, Ostrau).
  

Die Öfen wurden durch eine AB-Maßnahme 2001 von Schutt beräumt. Inzwischen wird die Gichtebene der Brennöfen aber schon wieder von neuen Birken heimgesucht…

  Die Öfen in Betrieb 1938

  


Eine schematische Darstellung zum Aufbau des Bauwerkes. Zunächst die drei nebeneinander stehenden Öfen auf dem Grundriß des Ofenbauwerks (allerdings in ihrer Form etwas vereinfacht)…
  

…und hier nun das vollständige Brennofenbauwerk mitsamt der Ummauerung und den Zugängen zu den Abzügen auf der unteren Ebene. Beim Krug’schen Ofenbau in Ostrau standen ursprünglich sogar sieben gleichartige Brennöfen nebeneinander. Möbius hat – sicherlich aus Platzgründen im engen Jahna-Tal – dagegen zwei solcher Öfen mit je drei Kammern nebeneinander errichtet.

 Gewissermaßen den „Urtyp“ dieser Bauweise kann man noch an der Ofenruine in Trebanitz erkennen.
Von gleicher Bauart sind auch die beiden Brennöfen des Lorenz'schen Kalkwerkes bei Schrebitz.

  

Die beiden baugleichen Ofenbauwerke haben eine Grundfläche von zirka 12 m mal 20 m. Die auf beiden Seiten symmetrisch angeordneten Räume neben den Abzügen nehmen davon jeweils eine Fläche von 3,5 m mal 3,5 m ein und sind etwa 2,8 m hoch.

Die jeweils drei gemauerten Ofenschächte haben oben einen Durchmesser von zirka 2,5 m. Nach unten gehen sie oberhalb der Abzüge in einen rechteckigen Querschnitt mit den Abmessungen 1,5 m mal 1,2 m über. Die Höhe zwischen Gichtebene und Abzug liegt bei etwa 4 m. Grob überschlägig faßte also jeder Brennofen rund 75 m³ oder etwa 100 Tonnen (wenn man ihn nur mit Dolomit gefüllt hätte - aber es mußte ja auch noch Kohle mit hinein).

 

 
 
  

Kalkwerk Trebanitz 

 

Über den früher umgegangenen Abbau auf Trebanitzer Flur konnten wir noch keine Angaben ermitteln. Kalkabbau bei Trebanitz läßt sich aber wenigstens ab 1618 urkundlich belegen, als dessen damaliger Besitzer Hans Mürisch den Kalkbruch dem Fürstenhaus zum Kauf anbot (Kalkabbau im Jahnatal, S.11). Um den Verkauf schmackhaft zu machen, wird von Stadtrichter Melchior Schneider und den Gebrüdern Martin und Christoph Richter aus Roßwein attestiert, daß der Bauer Hans Mürisch aus Trebanitz eine Ruthe Kalksteine angeliefert habe. Der Roßweiner Ziegelstreicher Barthel Schneider habe daraus „richtigen und tüchtigen Kalk“ gebrannt.

Für die Ruthe Kalk geben die Autoren hier übrigens eine Masse von zirka 17 Tonnen an, was unser Kopfzerbrechen über diese regional höchst unterschiedlich verwendete Maßeinheit nicht verringert hat.

Kurfürst Johann Georg jedoch war mit dieser Bescheinigung nicht zufrieden und beauftragte den Schosser David Schmieden aus Nossen und den Mühlenvogt Andreas Schwarzen aus Dresden mit einem weiteren Bericht, welcher nach einiger Zeit denn auch schon 1621 eingeht. Darin nun wird berichtet, daß die Kalksteine im Amt Pirna „....merklicher in ein Abnehmen geraten... zudeme haben die Kalckfuhrleute ein hohes draufgeschlagen. Und wollen anitzo von jeder Rute von Maxen nach Pirna auf der Elbe zu führen 103 Groschen haben und die Schiffsleute von dannen auf der Elbe bis nach Torgau zu liefern unter 40 Groschen auch nicht nehmen... Wenn gnädigster Churf. und Herr, zu Münnichhofe uff eines Bauern Gute ein Kalckbruch sich ereignet, darinnen so guter Kalckstein brüchet, so sich besser als der Pirnische ergiebet..., gestalte solcher auch von Münnichhofe auf der Ax sehr wohl füglicher bis nach Riesa an der Elbe geführet, und von dannen nach Torgau, Annaburg, Mühlbergk, Wittenberg bracht werden könnte...“  (Mit der Ax ist hier die Achse, also das Fuhrwerk, im Gegensatz zum Schiffstransport auf der Elbe gemeint.)

Der Dolomit wurde im sogenannten Kleinamerika gebrochen, einem Waldstück in dem kleinen südöstlichen Seitentälchen des Rittmitzer Baches, der bis heute die Flurgrenze nach Noschkowitz bildet. Das Tälchen wird heute von der Ausbaustrecke der B 169 durchschnitten; die ehemaligen Kalksteinbrüche liegen östlich der Bundesstraße. Wie die erhaltenen Bruchkonturen noch heute zeigen, hat es sich hier bei Trebanitz um zwei unmittelbar aneinandergrenzende Kalkbrüche gehandelt.

  


Ausschnitt aus dem Blatt 95 der Bergamtskopie der Meilenblätter von Sachsen mit den Kalkbrüchen südlich von Noschkowitz auf Trebanitzer Flur. Bildquelle: Sächsisches Staatsarchiv, Bergarchiv Freiberg, Bestand 40044-4 (Generalrisse), Nr. I91, gedruckt 1829.

archiv.sachsen.de/archiv

  

Als Besitzer von Kalkwerken in Trebanitz werden in der Erfassung von Kalkwerken anno 1755 die Herren Christoph Güldner und Martin Mürisch genannt.

In der schon mehrfach angeführten Zeitungsmeldung aus dem Jahre 1815 unterzeichnen dann die Herren Johann Gottlob Lehmann und Johann Traugott Oehmig als Kalkwerksbesitzer in Trebanitz. Im Jahr 1768 erfahren wir in Zusammenhang mit der Verpachtung des Paschkowitzer Kalkwerkes, daß dazumal der Bauer Johann Oehmigen im unweit liegenden Niederlützschera einen Kalkofen errichten wollte (20012, Nr. 0649). Ob es sich dabei um dieselbe Familie handelte, bleibt noch aufzuklären. Die Familie Oehmichen war außerdem Grundbesitzer in Kiebitz und auch dort im Kalkabbau aktiv.

Das Anwesen in unmittelbarer Nähe der Bahnlinie mit der noch heute daneben stehenden Ruine eines Schnellerofens, südlich von Münchhof, war dagegen schon lange vor dem 2. Weltkrieg im Besitz der Familie Roßberg.

 


Ausschnitt aus der Geologischen Karte, Blatt 46: Döbeln-Scheerg
rund, 2. Auflage von 1897. Zwischen Trebanitz und Noschkowitz ist ein schon recht ausgedehnter Steinbruch eingezeichnet; da die Abraumhalde in der Mitte dazwischen liegt, handelte es sich sicher um zwei getrennte Werke. Der Ofen wurde jedoch schon damals mit „früherer K.O.“ bezeichnet. Ein neuer Kalkofen steht jetzt direkt neben der Güter-Ladestation am Bahngleis. Im Ausschnitt rechts oben sind auch die Roßberg’schen Kalköfen bei Münchhof zu sehen.

 

 
 
  

Erhaltene Zeugnisse

 

Nun geht es von Ostrau in südöstliche Richtung entlang der Jahna weiter talaufwärts. Hier liegt noch ein Stück weiter südlich vom ehemaligen Gut Münchhof und am linken Talhang Trebanitz.

 


Trebanitz liegt südlich von Münchhof links der Jahna. Die Kalksteinbrüche befanden sich am Westrand der Trebanitzer Flur in der Nähe der heutigen B169.

 


Von dem in der geologischen Karte verzeichneten Kalkofen sind nur noch Ruinen westlich hinter der Bahntrasse zu finden.
  


Schauen wir einmal näher hin…
 


In den östlichen Zugang zu den Abzügen kann man noch hineinschauen.
  


An der Nordseite befand sich ein niedriger Durchgang (im Bild rechts), während der eigentliche Brennraum in der Mitte wohl verfallen ist oder abgebrochen wurde. Der Wechsel im Mauerwerk von Porphyr-Bruchsteinen zu Ziegelmauerung weist darauf hin, wo sich der Brennraum befunden hat.
  


Wie man an der Westseite der Ofenruine sieht, wurde er später als Keller nachgenutzt.
  

Etwas Kram haben die letzten Mieter dagelassen.  
  

Und auch im westlichen Zugang zu den Abzügen findet sich symmetrisch zur anderen Seite an der Nordseite des Raumes eine solche niedrige Luke.

Diese Bauform wurde später in Münchhof gewissermaßen in Serie“ wiederholt.

  


Hier in der Mitte muß sich einst der eigentliche Brennofen befunden haben, von dem aber nur noch Trümmer existieren.
  

Vermutlich also hat er einst etwa so ausgesehen: Ein zylindrischer Brennofen in der Mitte mit zwei seitlich angeordneten Abzügen…

  


…an der Ost- und Westseite umbaut mit den überwölbten Zugängen zu Feuerung und Abzug und an der Nordseite die kleineren, zusätzlichen Windöffnungen.

Diese Bauform ist wohl später auch in die Bauweise der  Münchhofer Öfen eingeflossen. In Serie nebeneinander gesetzt, entsteht daraus die Bauform der „Bienenkorb-Öfen“, die wir vom Krug’schen und Roßberg’schen Kalkwerk kennen.

 


Wo wir einmal hier sind, nutzen wir den bequemen Wirtschaftsweg und genießen dabei den Ausblick nach Südosten ins obere Jahna-Tal.
  

Im Osten schaut schon die Zschochau’er Kirchturmspitze herüber…
  

Im Norden sieht man Ostrau und das Gewerbegebiet an der B 169…
  

…und im Nordwesten schimmert wieder der Collmberg durch den gerade etwas dunstigen Horizont.
  

Unser Weg führt uns jetzt nach Westen zu einigen Waldstücken, welche die Lage der einstigen Tagebaue markieren.
  

Der Weg führt mitten hindurch und rechterhand…
  

…wie linkerhand kann man in die Steinbrüche hineinschauen.
  

Dann führt der Weg über die in der Mitte zwischen beiden Brüchen gelegene Abraumhalde weiter hinunter.
  

In der südlichen Halde, links vom Weg, entdecken wir eine Ruine.
  

Aber bei diesem kleinen „Kellerchen“ sind wir uns nicht sicher, ob dies ein Brennofen gewesen ist, denn es fehlt der Schacht…
  

Die Steinbrüche machen einen sehr aufgeräumten Eindruck und man gelangt bequem hinab zur Bruchsohle.
  

Hier entdeckt man sogar noch ein paar kleine, wenn auch stark bemooste Klippen des Plattendolomits.
 

Wieder oben und auf dem Weg zum nördlichen Steinbruch fallen uns noch mehr Ruinen ins Auge, die wohl zum früheren Kalkwerksstandort gehört haben.
  

Diese Ruine verfügt über seitliche Lichtschächte, ganz ähnlich wie der Schneller- Ofen am Bahngleis. Ob der verbrochene Raum im Hintergrund der Abzug eines Brennofens war, ist aber nicht mehr sicher zu sagen. In Anbetracht des schon ziemlich wandelbaren Zustands des Gewölbes verkneifen wir uns, hineinzuklettern...
  

Rundherum finden sich noch mehr Ruinen…
 

…alles aber lange bis auf die Fundamente verfallen und schon fast ganz wieder von der Natur zurückerobert.
   

Auch diese kleinen Kammern waren wohl eher Kellerräume und keine Brennöfen.
  

Werfen wir noch einen Blick in den nördlichen der beiden Brüche, zunächst nach Süden in Richtung des Wirtschaftsweges…
  

…und noch nach Norden. Auch dieser Bruch ist „halbmondförmig“ und eigentlich recht aufgeräumt. Damit haben wir hier alles gesehen, was noch zu finden war.

  

 
 
  

Kalkwerk Rittmitz, zuletzt im VEB Kalkwerke Ostrau

 

Zuletzt drehen wir in unserem ersten Beitragsteil noch nach Westen in das Tal der Kleinen Jahna ab. Der Ortsname „Rittmitz“ tritt erstmals mit der urkundlichen Erwähnung des Ritters Friedrich von Rithmitz, Angehöriger des meißnischen Adels, im Jahre 1197 auf. Ursprünglich befand sich im Ortskern eine slawische Wasserburg, an deren Stelle später eine romanische Kirche erbaut wurde. Die Rittmitzer Dorfkirche wurde 1285 erstmals urkundlich erwähnt (gemeinde-ostrau.de).

Über den früheren Dolomitabbau auf Rittmitzer Flur können wir der Publikation Kalkabbau im Jahnatal, S.39, sowie bei R. Schmidt, Denkmale im Landkreis Döbeln, S. 16, die folgenden Angaben entnehmen. Vorallem über die Anfänge in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts sei wenig bekannt. Der Abbau erfolgte bis zuletzt ausschließlich übertage.

Auf den Meilenblättern von Sachsen ist dieses Kalkwerk jedenfalls Ende des 18. Jahrhunderts schon dargestellt.

  


Ausschnitt aus dem Blatt 95 der Bergamtskopie der Meilenblätter von Sachsen mit dem Kalkbruch und Ofen nördlich von Rittmitz. Bildquelle: Sächsisches Staatsarchiv, Bergarchiv Freiberg, Bestand 40044-4 (Generalrisse), Nr. I91, gedruckt 1829.

archiv.sachsen.de/archiv

  

In der 1845 bereits in 2. Auflage erschienenen „Beschreibung der sächsischen und ernestinischen Lande“ erwähnt A. Schiffner den Ort und einen Kalkbrennofen: „Rittmitz (330 E.) am Noschkowitzer Bache, mit Schäferei, Vorwerk, Mühle und Kalkofen, auch 4 geringen Dörfchen, trieb ehedem Weinbau…“

Das Kalkwerk wechselte oft den Besitzer, obwohl die Qualität des Brannt- und Düngekalkes gerühmt wurde: Namentlich bekannt ist um 1899 ein Herr R. Steiger als Besitzer der Rittmitzer Kalk- und Ziegelfabrik (in O. Herrmann, 1899, angeführt) und 1903 Herr Franz Grundmann, der einen Zylinderofen errichten ließ, womit wieder ein Schachtofen vom Hoffmann’schen Typ gemeint sein dürfte. 1911 hatte das Werk Herr Karl Kühn erworben.

In der schon erwähnten Zusammenstellung der Berginspektion III für die Jahrbuchausgaben 1902 und 1903 ist das Kalkwerk nicht aufgeführt (40024-12, Nr. 15).

1924 hatte dann ein Herr Konrad, Apotheker in Mügeln, das Werk erworben. Die Familie Konrad aus Mügeln ist uns als Begründer der Chemischen Fabrik Lipsia bekannt.

Zu dieser Zeit waren hier 15 Arbeiter beschäftigt. Allerdings waren 1924 nur zwei der fünf vorhandenen Brennöfen in Betrieb. Nur ein Jahr später stellt jetzt die Krusewerk GmbH einen Bauantrag über Umbau und Erweiterung der alten Kalköfen sowie der Kalkmahlanlage in Rittmitz. Wie lange dieser Eigentümer hier den Abbau betrieb, konnte noch nicht geklärt werden.

Nach einer Akte der Lagerstättenforschungsstelle beim Sächsischen Oberbergamt (40030-1, Nr. 1060) sei das Werk jedenfalls 1933 wieder in Betrieb genommen worden. 1936 habe man hier bereits wieder rund 13.500 t Rohdolomit gebrochen. 

Am 5. Oktober 1938 kam es hier zum Einsturz eines Kalkofens. Glücklicherweise kamen dabei keine Arbeiter zu Schaden. Natürlich untersuchte die Gewerbeaufsicht den Vorfall. Dieser gegenüber gab Betriebsleiter Ernst Kühn an, daß der Einsturz „infolge von Gasdruck“ erfolgt sei. Vermutlich ist es also zu einer Fehlbedienung gekommen: Es wurde zuviel Brennstoff aufgegeben, wodurch ein Teil der Kohle unvollständig verbrannte, zu Kohlenmonoxid reduzierte und es daraufhin im oberen Teil des Ofens zu einer Verpuffung gekommen ist. Obwohl ein Vierteljahr später die Wiederinbetriebnahme der übrigen Kalköfen zugelassen wurde, wurde ein weiteres halbes Jahr später das Kalkwerk wegen erheblicher Mängel an den Brennöfen von der Behörde erneut stillgelegt.

  


In der Oberreit’schen Karte aus den 1850er Jahren ist bereits ein Kalkofen nördlich von Rittmitz vermerkt, jedoch sind noch keine Steinbruchkonturen verzeichnet (oder der Bruch hatte noch keine nennenswerte Ausdehnung erreicht).

  


In diesem Ausschnitt aus der Äquidistantenkarte aus den 1880er Jahren kann man schon die Kontur eines Steinbruches neben dem Kalkofen an der Straße von Rittmitz nach Lützschera erahnen.

    


Ausschnitt aus der Geologischen Karte, Blatt 46: Döbeln-Scheergrund, 2. Auflage von 1897. An der Straße von Pfarsteina nach Rittmitz (hier im unteren Teil des Ausschnittes) ist der inzwischen erreichte Abbaustand des Kalksteinbruches und die Eintragung des Kalkofens (K.O.) zu erkennen.

 

Spätestens ab 1941 war das Kalkwerk schließlich im Besitz der Firma Junge & Co. des Herrn Fritz Junge aus Berlin. Eine Akte des Oberbergamtes in Freiberg (40027-1, Nr. 1161) gibt darüber Auskunft, daß Herr Junge die beiden alten durch einen neuen, mit Brechkoks beheizten Schachtofen ersetzt habe, der zirka 40 Tonnen Branntkalk pro Tag erzeugen könne. Der Abraum von etwa 8 m Mächtigkeit bestehe aus Lößlehm, werde von Hand mittels Spaten abgestochen und mittels Muldenkipper oder 600-mm-Schmalspur-Feldbahn zur Halde gefahren. Der Branntkalk werde mittels LKW zur Eisenbahnstation gefahren.

Kurz vor dem Kriegsende arbeiteten hier elf (deutsche) Arbeiter und eine Arbeiterin sowie achtzehn Kriegsgefangene. Man hatte nach dem statistischen Fragebogen für das Jahr 1943 im selben 7.657 Tonnen Branntkalk, überwiegend gesackt, aus 11.013 t Rohdolomit produziert. Dazu habe man 3.000 m³ Abraum abtragen müssen. Die gesamte Produktion wurde an die Mitteldeutsche Düngekalk GmbH in Wernigerode geliefert.

 


Auch auf diesem Ausschnitt aus den Topographischen Karten der 1930er Jahre ist die Steinbruchkontur deutlich zu erkennen. Von Südosten hat man offenbar einen zweiten Aufschluß begonnen, der auf älteren Karten nur als Waldstück erkennbar war, vielleicht aber auch schon älter ist und erst jetzt Eingang in die Kartendarstellung gefunden hat.

  

Als Privatunternehmen arbeitete das Werk noch bis 1956; 1958 wurde zunächst Herr Wilfried Rockstroh als Treuhänder eingesetzt, bevor es vom VEB Ostrauer Kalkwerke übernommen wurde.

Wie wir oben schon gelesen haben, gehörte das Werk in Rittmitz dann von 1958 bis 1980 zum VEB Ostrauer Kalkwerke. Im Jahr 1958 wurden hier 12.823 Tonnen Rohdolomit gefördert. Die Menge wurde bereits 1961 auf 31.500 Tonnen Förderung gesteigert, aus der 14.400 Tonnen Branntkalk erzeugt wurden.

Im Jahr 1980 wurde der Abbau eingestellt. Damit endete auch die Branntkalkerzeugung in der Mügelner Senke endgültig.

  


Eine historische Aufnahme des Kalkwerks Rittmitz mit dem Schachtofen aus den 1940er Jahren. Bildquelle: 40 Jahre VEB Ostrauer Kalkwerke, 1988.

  

 
 
  

Erhaltene Zeugnisse

 

Nun drehen wir nach Westen in das Tal des Rittmitzer Bachs westlich der Jahna und der heutigen B 169 ab…

 


Der noch bis 1980 in Betrieb gewesene Tagebau bei Rittmitz (Ortschaft südlich und nicht im Kartenausschnitt) hat ein beeindruckendes Restloch hinterlassen, das nur teilweise mit Abraum aufgefüllt ist.

 


Der Kalksteinbruch liegt ziemlich auf der Höhe zwischen Rittmitz und Lützschera. Von hier hat man einen schönen Blick auf das flache Sohlental der Kleinen Jahna.
  


Auf der Anhöhe führt auch ein Wirtschaftsweg entlang und wenn man den ein Stück nach Osten entlang läuft, kann man durch´s Gestrüpp und von oben in das Tagebaurestloch hineinschauen. Der Blick in Richtung Westen, wo sich die Zufahrtsrampe und das Kalkwerk befanden...
  


...und der Blick Richtung Süden.
 


Einmal durch das Unterholz geklettert, nutzen wir ein paar Wildwechselpfade zwischen den Birken und verschaffen uns eine bessere Übersicht über den Bruch von der Höhe der Abraumsohle aus.
 

Ein paar nicht abgebaute Klippen des Plattendolomits findet man noch.
  

Ganz unten auf der Bruchsohle angekommen, fallen gegenüber die noch anstehenden, roten oberen Letten und weiter links der gelbliche Dolomit auf. Vermutlich keilt der Dolomit hier in östliche Richtung aus oder wird durch eine pleistozäne Erosionsrinne abgeschnitten, was dann zur Einstellung des Abbaus führen mußte.
  

Der Blick in Richtung Westen zur Rampe.
 

Auf der Sohle breitet sich seit der Einstellung des Abbaus ein Gemisch aus Trockenrasen- und Hochmoor-Vegetation aus - das lassen wir mal schön in Ruhe wachsen, denn Gummistiefel haben wir gerade nicht an den Füßen...
 

Beim Umkreisen des Steinbruches stoßen wir an dessen Südostseite noch auf das - vielleicht noch ältere - Abbaugebiet im Südosten.
 

Dieser Abbau setzte im Niveau des Tals des Rittmitzer Baches nördlich gegenüber des Örtchens Kattnitz (die Häuser rechts im Hintergrund) an.
 

Hier stehen wir jetzt auf der Südwestspitze der Abraumhalde und genießen den Ausblick hinüber nach Rittmitz. Die ebene Haldenoberfläche wird heute längst wieder bewirtschaftet.
 

Unser Standort von eben nun von der Straße unten aus gesehen. Der Abstieg auf dieser Seite ist durch das Gestrüpp auf den Haldenbermen ziemlich beschwerlich und dem normalen Wanderer nicht zu empfehlen.
  

An der Straße nach Lützschera entlang wieder bergauf stehen noch einige Gebäude, die in ihren Grundmauern vom früheren Kalkwerk stammen.
  

Hier hat sich heute ein Metallbau-Unternehmen angesiedelt. Außer der einen oben haben wir noch keine weiteren historischen Aufnahmen von diesem Standort gefunden, so daß wir nicht sagen können, welche Gebäude in für den neuen Zweck umgebauter Form noch vom Kalkwerk stammen.
 

Auf dem Weg zurück zu unserem Parkplatz finden wir hinter dem Zaun des Betriebsgeländes noch ein paar Mauerreste, die auch bei Schmidt, 2005 erwähnt sind. Wie die Reste eines Brennofens sehen sie tatsächlich nicht aus...

  

Wir hoffen, daß wir unseren Lesern wieder etwas Neues erzählen konnten. Da das Material zu dieser Region aber insgesamt viel zu umfangreich ist, als daß wir es hier erschöpfend darstellen könnten, sind wir natürlich auch für Ergänzungen unserer Leser dankbar. Schreiben Sie uns doch bitte, wenn Sie mehr wissen und unseren Text ergänzen können! Die Kontaktadresse unserer Redaktion finden Sie unter dem Button „Autoren“ rechts unten.

Für alle, die wir mit diesem Teil unseres Beitrages neugierig machen konnten, gibt es natürlich noch einen weiteren  Beitrag zur Abbaugeschichte in jüngerer Zeit und zum aktiven Bergbau in Ostrau.

Glück Auf!

J. B.