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Ein Beitrag von www.unbekannter-bergbau.de

  

 
 

Der Ringbrandofen der ehemaligen Ziegelei bei Gelobt Land
(Brand-Erbisdorf)

Erstellt März 2017. 

Wir bedanken uns ganz herzlich für die Erlaubnis für diesen Blick in das Bauwerk bei Herrn Listner sr., der uns auch noch einige Fakten aus der jüngsten Geschichte erzählen konnte.

 

Fährt man über die B 101 von Freiberg in Richtung Annaberg, muß man am Ortsausgang von Brand-Erbisdorf unweigerlich direkt hier vorbei. Das eher unscheinbare Baudenkmal direkt neben der Bundesstraße fällt trotzdem nur Ortskundigen ins Auge.

 


Wir haben einmall die Äquidistantenkarte von 1874 über das aktuelle Reliefbild gelegt, um ein paar bergbaubezogene Ortsnamen einzublenden. Von Osten kam hier auch der Kohlbach-Kunstgraben, unterquerte die Landstraße, füllte den Landteich und versorgte hier den Gelobt Land Schacht und die Wäsche von Reicher Bergsegen mit Aufschlagwasser.

  

Über die Ursprünge und Betriebszeiten der Ziegelei am südlichen Ortsrand von Brand-Erbisdorf haben wir noch nicht wirklich viel herausbekommen können. Vielleicht liegen im Stadtarchiv noch Unterlagen dazu - in den Datenbanken des Staatsarchives jedenfalls ist die Aktenlage ziemlich dünn.

Deshalb nutzen wir die Möglichkeiten des Geoportals und des Kartenforums der Deutschen Fotothek und schauen einmal nach, wann die Ziegelei denn auftaucht.

 


Das Berliner Exemplar der Meilenblätter von Sachsen (No. 231, eingenordet) datiert auf 1786.
Den Kunstteich gibt es schon, eine Ziegelei jedoch noch nicht. Gegenüber liegt die Halde vom 10. oberen Maß auf Silberschnur.

  


Auch auf Blatt 15 der Oberreit'schen Karte von Sachsen, datiert auf 1836, ist neben dem Land-Teich noch keine Ziegelei zu finden. Blöderweise liegt er wieder einmal gerade am Blattrand. Wir haben so gut es ging das nördlich angrenzende Blatt 9 (datiert 1843) angebaut...

 


Etwas moderner und mit neuem Blattschnitt nun die Äquidistantenkarte von Sachsen, Blatt 98, Section Brand, aus dem Jahr 1874. Auch hier gibt es diese Ziegelei offensichtlich noch nicht.

 


Die folgende Ausgabe der Topographischen Karten des Königreichs Sachsen, hier nun Blatt 98 Oederan, datiert leider erst auf 1916. Jetzt ist die Ziegelei verzeichnet. Sie muß also zwischen 1874 und 1916 entstanden sein.

 


Die nächste Ausgabe der TK aus dem Jahr 1936. Sie ist ganz offenkundig noch da...

  

Die Geschichte und die Funktionsweise der Ringbrandöfen haben wir in unserem Beitrag zum Dolomitabbau bei Geithain schon ausführlich erläutert. Einen denkmalgerecht rekonstruierten Ringbrandofen kann man sich auch in Großtreben anschauen.

Bei diesem hier in Brand-Erbisdorf handelte es sich um einen rechteckigen Brennofen mit umlaufendem Brennkanal. Die Grundfläche hat nach Schrittmaß eine Größe von etwa 10 m mal 25 m. Die Außenmauern sind pyramidenstumpfförmig gesetzt.

Der Brennkanal besaß auf der Nord- und Südseite je sechs Abschnitte mit Einkarrtoren, an den beiden Stirnseiten jedoch nur schmale Kanäle ohne Zugangstore. Die Ofentore haben eine Höhe von etwa 1,6 m und knapp 0,8 m Breite.

Gegenüber anderen, ähnlichen Brennöfen erscheint er relativ klein. Die einzelnen Abschnitte des Brennkanals sind etwa 3 m lang und knapp 2 m breit; bei einer Höhe des Gewölbescheitels von etwa 2,4 m. Die Kanäle an den Stirnseiten besitzen dagegen nur den Charakter schmaler Rauchgaskanäle und sind bestenfalls 0,8 m breit.

 


Der Grundriß des Ofenbauwerks. Über den Aufbau des Rauchsammlers im Inneren können wir leider nichts mehr sagen, da die Schürebene mit einer Betonplatte abgedichtet und damit für Schüttgut tragfähiger gemacht wurde.

  


Der eigentliche Brennofen hat etwa so ausgesehen. In der Mitte der Shürebene lagen die Öffnungen für die Bedienung der Rauchglocken, außen lagen die Schüröffnungen über dem Brennkanal.

  


Noch eine letzte Zeichnung: Der Bauzustand des Ofenbauwerkes nach 1954. Den Zugang zum Schüttboden bildete eine Treppe an der Nordwestecke des früheren Brennofens. In dem Türmchen auf dem Ostgiebel war vermutlich ein Elevator untergebracht, mit dem man das Getreide auf den Schüttboden befördert hat.

  


So ungefähr kann man sich den Ziegeleibetrieb an einem Ringofen auch in den 1950er Jahren noch vorstellen: Einfahren der Formlinge in den Ringofen, Ziegelei der Pfännerschaft Halle, Braunsbedra (?).

Die Pfännerschaft war ursprünglich eine Genossenschaft der Halle’schen Salzsieder, die zwischen 1907 und 1926 auch als Braunkohlenbergbaugesellschaft im Geiseltal aktiv war. Sowohl das Salzsieden, als auch der Ziegeleibetrieb erforderte naturgemäß viel Brennstoff, so daß ein eigenes Engagement im Kohlenbergbau naheliegend war (besucherzentrum-geiseltal.de). Foto: Stoedtner, Franz (Lichtbildverlag), 1900/1940,
Bildquelle: deutschefotothek.de

Link zur Originaldatei: http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/87114455

  


Einsetzen der Formlinge in den Ringofen, Pfännerschaft Halle, Foto: Stoedtner, Franz (Lichtbildverlag), 1900/1940

 Link zur Originaldatei: http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/87114456

  


Trockenboden auf der Schürebene mit den Schüröffnungen zur Feuerung des Ringofens, Pfännerschaft Halle. Solche hölzernen Hebezüge auf den Rauchglocken, wie hier am rechten Bildrand, haben wir bei unserem Besuch in Großtreben schon einmal gesehen. Foto: Stoedtner, Franz (Lichtbildverlag), 1900/1940

Link zur Originaldatei: http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/87114452

   


Auskarren der gebrannten Steine aus dem Ofen, Pfännerschaft Halle, Foto: Stoedtner, Franz (Lichtbildverlag), 1900/1940

Link zur Originaldatei: http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/87114458

   


Eine haben wir noch: In der Ausgabe dieses Blattes der TK für die Volkswirtschaft aus dem Jahr 1984 ist keine Ziegelei mehr verzeichnet - stattdessen eine Reparaturwerkstatt der LPG.

 


Neben dem früheren Brennofen stand im „Stützpunkt der Schweren Technik“ der damaligen LPG Ernst Thälmann noch eine Siloanlage. Foto: J. Petřík, 1991.

Link zur Originaldatei: http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/70050692

   

Auf einem Übersichtsriß des VEB BHK Albert Funk aus dem Jahr 1954 (Bestand 40095, Archivnr. 3-K1731: Blatt Brand-Erbisdorf 3) ist die Ziegelei noch dargestellt.

Tatsächlich wurde der Ringbrandofen zuletzt als Ersatzteillager von der LPG genutzt. Die Schürebene erhielt eine Betondecke und wurde als Schütt- und Trockenboden für Getreide genutzt. Wahrscheinlich wurde zu diesem Zweck auch der hölzerne Oberbau letztmalig erneuert und dabei erhöht. Der nicht mehr benötigte Schornstein dagegen wurde abgerissen.

 

 

 

Nur ein kurzer Halt an der B 101...

 


Im Frühjahr 2017 haben wir nun endlich einmal hier gehalten, nachdem wir schon so oft selbst achtlos daran vorbeigefahren sind. Von der Bundesstraße blickt man auf den Ostgiebel und glaubt auf den ersten Blick eigentlich nur eine alte Scheune zu sehen...
  


Erst beim zweiten Blick über das Tor sieht man auf die Südseite unter dem überkragenden Schüttboden die Ofentore.
  


Das Gebäude ist inzwischen ziemlich baufällig und man sollte die Warnschilder respektieren. Zumindest von der Seite kann man sich´s aber sicher einmal anschauen, wenn man bei den heutigen Nutzern des umliegenden Geländes, u. a. der Firma Listner Schraubenhandel, einmal höflich Guten Tag sagt und um Erlaubnis bittet.
   


Am Westgiebel scheint einst ein weiteres Ofentor bestanden zu haben, wie man anhand des Ziegelmauerwerks in den sonst aus Bruchsteinen aufgemauerten Außenwänden des Ofens erkennt.
 


Wir sind uns nicht ganz sicher, ob diese Jahreszahl 1879 oder 1899 lautet und wissen natürlich auch nicht, ob der Stein am originären Platz sitzt, oder ob die Maurer hier einfach einen Stein wieder eingesetzt haben, der aus einem ganz anderen Gebäude stammte. Aber sowohl 1879 als auch 1899 könnte tatsächlich die Bauzeit dieses Brennofens gewesen sein, wie wir anhand unserer Recherche in den historischen Kartenwerken schon herausgefunden haben.
 


Der spätere Schüttboden kragt reichlich 2 m über die Oberfläche des Ofens über und wurde außen mit Holzpfosten gestützt. Irgendwann fügte man sicherheitshalber noch zusätzlich diese Ziegelpfeiler ein, weil Getreide natürlich ein ganz schönes Gewicht hat...
  


Der Oberbau kragte ursprünglich auf allen vier Seiten gleichermaßen über, aber weil die Traktorfahrer immer mal Probleme hatten, mit ihren schwer beladenen Gespannen um die Ecke zu fahren, hat man den Westgiebel später um diese 2 m zurückgenommen. An der Nordwestecke befindet sich auch der Aufgang zum Schüttboden - heute genauso baufällig, wie der ganze Rest.
  


Hier noch ein Blick von der Straße aus auf das Untergeschoß an der Südseite...
  


...und auf die östliche Stirnseite des Brennofens. Offenbar wurde der Ofen in Bauabschnitten aufgezogen, denn rundum finden sich diese mit Ziegelecken gemauerten Kanten, die wohl eher keinen Schmuck darstellten.
  


Die Ofentore. Während die Außenmauern weitgehend aus Bruchsteinen gebaut sind, hat man im Inneren des Ofens ausschließlich Ziegelmauerwerk verwandt. Ungewöhnlich ist das schräg auf der Sohle aufsitzende Mauerwerk der Seitenwände der Ofentore.
 


Die Wölbung über dem Tor hat man dagegen wieder schön waagerecht aufgesetzt.
 


Noch eines auf der Nordseite. Die Bauweise ist rundherum identisch, was zeigt, daß der Ofen in einem Zug errichtet wurde und danach nur wenig Umbauten erfahren hat.
 


An diesem Tor ist das Ziegelmauerwerk zwar auch schon stark vom Salpeter zerfressen, aber man sieht noch gut, daß man richtige keilförmige Gewölbe-Ziegel verwendet hat.
  


Ein bißchen hinter den Stützpfeilern versteckt findet man auch an den Längsseiten die Bauabschnitts-Kanten mit den Zierleisten aus Ziegelmauerwerk. Obenauf schaut die Betondecke hervor.
  


Nun obsiegt aber doch unsere Neugier und wir schauen einmal ins Ofen-Innere. Im Bild der Rauchgaskanal an der westlichen Stirnseite. Auch diese Mauerecke wurde schon einmal geflickt...
  


Obwohl dieser Abschnitt des Brennkanals gerade schulterbreit ist, besitzt auch er Schüröffnungen, allerdings der geringen Breite wegen nur paarweise in der Gewölbedecke angeordnet. Offenbar hat man also auch in diesen Schlauch noch Ziegelrohlinge zum Brennen aufgestapelt... An der Innenausmauerung ist hier im Gegensatz zur Außenmauer nichts mehr zu sehen, was auf ein früheres Ofentor an der Stirnseite hindeutet.
  


Für die Schüröffnungen hat man auch hier speziell gefertigte Formteile verwendet. Das Tonnengewölbe ist stellenweise ausgebrochen und wenn man diesen Ofen denn erhalten wollte, müßte hier sehr bald ein Fachmann ran, der solche Gewölbe auch noch mauern kann...
  


Der Brennkanal an den Längsseiten ist etwa dreimal so breit wie an den Stirnseiten und besitzt daher auch je drei Schüröffnungen in der Gewölbedecke. Das Tonnengewölbe ist im Gegensatz zu älteren, gleichartigen Brennöfen nicht mehr bis auf halbe Höhe heruntergezogen, sondern abgeflacht.  Auf dem hier noch herumstehenden Holzregal haben wohl einst die Ersatzteile für den ZT 300 gelagert...
 


Noch ein Detail der seitlichen Schüröffnungen...
 


... und die in der Gewölbemitte.
 


Hinter der Mauer aus Hohlblocksteinen ist noch ein längerer Abschnitt an der Südseite offen und bis auf die alleweil sichtbaren Mauerwerksausbrüche auch noch einigermaßen sicher begehbar.
 


Hier findet man auch die Füchse - die Rauchabzüge - an der Innenseite des Brennraumes. Auch dieser Ofen hat also einen zentral gelegenen Rauchsammler gehabt.
  


Nicht mehr so richtig vertrauenerweckend erscheint dagegen das Mauerwerk an der Nordseite.
 


Hier der Kanal an der westlichen Stirnseite im Gegenlicht.
 


.. und noch ein Blick in den Brennkanal an der Südseite zum Abschluß. Ein Stück hin ist ein ganzer Quadratmeter Mauerwerk aus der Wand gebrochen - da halten wir lieber respektvoll Abstand...

  

 

Alles in allem befindet sich der Ringbrandofen in einem bedauernswerten Zustand, der eine dauerhafte Erhaltung des Bauwerks wohl unwahrscheinlich macht. Aus Sicht der Anlieger wäre ein Abriß sogar wünschenswert, um freie Flächen für eine gewerbliche Nutzung zu gewinnen.

Unabhängig davon, wie eines Tages die Entscheidung der Treuhand und der Denkmalschutzbehörde über den Fortbestand aussehen wird, oder ob nicht doch einmal ein Blitzschlag dem Gebäude ein schnelles Ende macht, freuen wir uns jedenfalls, daß wir dieses technische Denkmal noch einmal besichtigen und hier vorstellen durften.

Glück Auf!

J. B.