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Ein Beitrag von www.unbekannter-bergbau.de

  

Zur Lage und regionalen Geschichte
Zur Geologie
Zur Montangeschichte

Südöstlich von Neunzehnhain: Zum Kalkbruch Weißer Ofen
Östlich von Neunzehnhain: Zu den alten Rauensteiner Kalkbrüchen
Nordöstlich von Neunzehnhain: Zu den Wünschendorfer Kalkwerken
Nördlich von Neunzehnhain: Zum Kalkbruch bei Neunzehnhain
Zum fiskalischen Kalkwerk Neunzehnhain ab 1840
Zur Wiedererschließung des Kalkbruchs Weißer Ofen 1863 bis 1867
Zum Abbau am Weißen Ofen durch das fiskalische Kalkwerk bis 1910
Zur letzten Betriebsphase am Weißen Ofen nach 1945
Verbliebene Zeugnisse
Der Kalkbruch Weißer Ofen
Im Kalkbruch Weißer Ofen
Neunzehnhainer Kalkbrüche
Wünschendorfer Kalkbrüche
Der Wünschendorfer Brennofen
Rauensteiner Kalkbrüche
Weiterführende Quellen 

  

Zum Kalksteinabbau bei Neunzehnhain

Recherchestand vom März 2019, letzte Ergänzungen im November 2020 .

Für die Unterstützung bei unseren Recherchen bedanken wir uns

  • bei den sächsischen Fledermausschützern, namentlich bei Herrn R. Francke für die Führung untertage im Weißen Ofen,
  • bei Herrn Th. Gersch für Hinweise zur Familie Stülpner,
  • bei Herrn F. Heyde für den Hinweis auf Oberforstmeister von Körbitz. 

Sie können diesen Beitrag auf dem Recherchestand vom August 2019  vom Qucosa-Server der Sächsischen Landes- und Universitätsbibliothek Dresden im PDF-Format herunterladen:

https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:bsz:14-qucosa2-361603

  

 

 

Zur Lage und regionalen Geschichte

 

Wir sind wieder im Mittleren Erzgebirge unterwegs, zwischen den Tälern der Zschopau im Westen und der Flöha im Osten ‒ etwas nordöstlich der Heinzebank, wo sich die von Chemnitz kommende Bundesstraße 174 und die Bundesstraße 101, in ihrem Verlauf von Freiberg nach Annaberg, kreuzen. Quer durch das ausgedehnte Waldgebiet nördlich der Heinzebank fließt hier der Lautenbach in nordöstliche Richtung der Flöha zu; ein Naherholungsgebiet vor allem für die Bewohner der unweit liegenden Städte Zschopau und Marienberg.

Bekannt ist allen, die von der Heinzebank aus in Richtung Freiberg fahren, das Museum und Technische Denkmal des Kalkwerkes in Lengefeld ‒ die Bundesstraße führt ja direkt durch diesen kleinen Ortsteil der heutigen Stadt Pockau- Lengefeld im Erzgebirge hindurch. Aber nördlich von diesem lagen noch wenigstens drei weitere Kalkwerke, deren Geschichte wir mit diesem Beitrag nachgehen wollen.

  


Übersichtskarte der Region zwischen Flöha und Zschopautal mit dem Tal des Lautenbaches und den heutigen Talsperren, Bildquelle: geoportal.sachsen.de

  


Direkt an der B101 stehen die Rüdersdorfer Brennöfen des ehemals fiskalischen Kalkwerks Lengefeld - heute Technisches Museum.

     

Im 12. Jahrhundert gehörte die Region zur pleißenländischen Herrschaft Schellenberg. Die Schellenberger waren es auch, die um 1200 zur Sicherung des Böhmischen Steiges entlang der Flöha unterhalb von Lengefeld die 1323 erstmals urkundlich erwähnte Burg Rauenstein anlegten.

Die im Besitz der reichsministerialischen Herren von Schellenberg befindliche Herrschaft Rauenstein ging infolge der Schellenberger Fehde 1324 zunächst an die Herren von Waldenburg über, während die Burg Schellenberg an die Wettiner fiel, die dort im 16. Jahrhundert das Schloß Augustusburg errichten ließen. Die Herrschaft Rauenstein dagegen erwarb 1480 die Familie von Güntherode. Ob bereits auf diese Eigentümer die Bezeichnung „Güntherbruch“ für die Steinbrüche im  Roßbachtal zurückgeht, wissen wir noch nicht.

1567 erwarb dann Kurfürst August auch diese Herrschaft und bildete daraus das Amt Rauenstein, welches aber nur bis 1596 Bestand hatte und dann dem Amt Wolkenstein angegliedert wurde.

Jobst Christoph von Römer pachtete 1651 den vorher schon von ihm verwalteten kurfürstlichen Besitz. Bis 1743 blieb Rauenstein danach für fast 100 Jahre im Besitz der Familie von Römer. Das Rittergut besaß die Gerichtsbarkeit über Güter in Lengefeld, Marterbüschel, Rauenstein und Reifland.

August Schumann erwähnt in seinem Postlexikon von Sachsen, Band 8, unter dem Stichwort Rauenstein in der Aufzählung des Zubehörs des Gutes auch: „Außer dem Gute selbst begreift der Ort noch... das Marterbüschel, es liegt ½ Stunde vom Schlosse gegen Süd, an der Straße von Lengefeld nach Zöblitz sowohl, als nach Sayda am untersten Theil des Baches, welcher sich durch den Zusammenfluß der Loßnitz (kommt aus Dorf Lengefeld) und des Haynbaches oder Hahnbaches (kommt von den Kalköfen oder aus der schwarzen Laide herab) nicht weit von hier bildet... am Rande der schönen breiten Flöhenaue, welche zum Theil die Görsdorfer Köhlereien erfüllen.

Westlich von hier beginnt der große königliche Wald, welcher sich durch 3 Aemter verbreitet, und bei einer, freilich nicht ganz regelmäßigen Form, 4 bis 5 Stunden im Umfang hat. Im Augustusburger Amte (bei Crumhermsdorf und Börnichen) heißt er der Forst, im Wolkensteiner die schwarze Laide oder der Lengefelder Wald, im Lautersteiner (bei Lauta und Lauterbach) der Hauptwald... Die beiden großen Kalköfen und die Kalkniederlage an der schwarzen Laide gehören nicht nach Rauenstein, sondern unter's Wolkensteiner Rentamt, und sind sehr einträglich.“

Mit diesen beiden großen Kalköfen sind hier sicher die des Kalkwerkes Lengefeld weiter südlich an der heutigen B 101 gemeint.

Auch in G. A. Poenicke´s Album der Rittergüter Sachsens, Band 4, gedruckt 1856, heißt es: „Rauenstein überliess 1651 der Churfürst Johann Georg I. an Jobst Christoph von Römer für 24.000 Gulden, der grösste Theil der schönen Waldungen aber mit den darin befindlichen Kalkbrüchen und Kalköfen blieb landesherrliches Eigenthum...

Diese Kalkbrüche haben folglich zu dieser Zeit nicht zum Rittergut Rauenstein gehört.

Allerdings weist die Geologische Karte im Tal des Holzbaches auch einen „Alten Rauensteiner Kalkbruch“ aus. Und in Poenicke´s Beschreibung des Rittergutes können wir lesen: „Die Kirche zu Lengefeld ist ein hübsches freundliches Gebäude, das in den Jahren 1725 bis 1729 einen Umbau erfuhr, der einem Neubau glich, wozu der damalige Herr auf Rauenstein, Oberflossaufseher und Kriegscommissair Carl Christoph von Römer, 8.000 Thaler, hundert Stämme Holz und den Kalk schenkte, seine Gemahlin aber Kanzel und Altar auf ihre Kosten herstellen liess.“

Der hier erwähnte Baukalk entstammte möglicherweise eben diesem Alten Rauensteiner Kalkbruch.

Nach mehreren Besitzerwechseln kam das Rittergut Rauenstein 1816 schließlich an den Kaufmann Christian August Hähnel aus Schneeberg, welcher Rauenstein 1843 dann an seinen Neffen, den Oberbergamtsassessor Eugen Wolfgang von Herder (*1810, †1853) übergab. E. W. von Herder war der einzige Sohn des als sächsischer Oberberghauptmann sehr bekannten Sigismund August Wolfgang Freiherr von Herder (*1776, †1838) und dessen Ehefrau Susanna Sophie Hähnel und außerdem der Enkel des Dichters Johann Gottfried Herder (*1744, †1803). Bis 1946 blieb das Gut daraufhin im Besitz der Familie von Herder (30777).

  


Schloß Rauenstein über der Flöhabrücke. Bildquelle: G. A. Poenicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen, IV. Section: Erzgebirgischer Kreis, Leipzig, 1856, S. 79

   

Das winzige Örtchen Neunzehnhain liegt an der Einmündung des Schwarzbaches ins Lautental auf einer Seehöhe von zirka 450 m. Die umliegenden Höhenzüge erreichen hier schon über 550 m Höhe über Null und steigen nach Süden bis auf über 680 m Höhe an. Die großen Flußtäler östlich und westlich haben sich dagegen bis auf nur noch etwa 362 m (Flöha an der Einmündung des Lautenbaches) bzw. etwa 328 m (Zschopau unter der Brücke der B 174) in das Geländerelief eingeschnitten.

Neunzehnhain ist eigentlich gar kein eigenständiger Ort. Die kleine Gemarkung quetscht sich im Lautental zwischen die Gemarkungen Börnichen und Lengefeld. Das Dorf Börnichen liegt einige Kilometer nordwestlich von Neunzehnhain. Mit der Forst- und Holzordnung des Kurfürsten August vom 8. September 1560 wurde sicher auch das Börnichener Revier erstmals beraint. Diese Verordnung führte zu einer deutlichen Einschränkung der freien Verfügung über den Holzreichtum. 1560 wurde auch der Dienstsitz eines Försters von Waldkirchen nach Börnichen verlegt. Das erste Forsthaus stand im Niederdorf von Börnichen. Dort war zuerst ein Oberförster, dann ein Hofjäger, dem ein Jägerknecht unterstellt war, für das Revier zuständig. Mit Beginn der Flößerei auf der Flöha und der Einrichtung eines Kohlplatzes in Borstendorf gehörte 1570 auch Börnichen zu den „kohlholzfuhrenpflichtigen“ Dörfern für das Freiberger Revier (boernichen.de)

Im Jahr 1550 wird vom Amt Augustusburg in Neunzehnhain dagegen nur ein einziger besessener Mann verzeichnet (wikipedia.de). Erst ab 1692 stieg die Bewohnerzahl an, denn in diesem Jahr ersuchte der Bergrat Caspar Siegmund von Berbisdorf um Konzession zum Bau eines Hochofens und Frischfeuers im Bornwald bei Neunzehnhain (10036, Loc. 36140, Rep. 09, Sect. 1, Nr. 2252). Wie uns der Aktentitel verrät, gab es den Ortsnamen Neunzehnhain wohl schon früher, denn es heißt dort: „...an der Lauterbacher und Wünschendorfer Rainung, genannt der Neunzehnhayn.“

Es ist aber genausogut auch denkbar, daß dieser Name auf einen „Neuen Zainhammer“ zurückgehen könnte. Diese Vermutung äußerte auch August Schumann in seinem Postlexikon von Sachsen, Band 8, gedruckt 1821, unter dem Stichwort Rauenstein, wo es über die zum Rittergut gehörige Mühle nämlich heißt: „Die Hammermühle, liegt ½ Stunde nördlich von Lengefeld am Lautenbache, welcher aus einem wilden, 300 Ellen tiefen, zum Theil von dem sonderbar geformten Spitzberge eingeschlossenen Thale des königlichen Waldes hervorströmt, hier aber ein liebliches Wiesenthal bildet... Nahe bei derselben liegt die Wünschendorfer Ziegelei; westlich aber erscheinen in und am Walde die sehr verstreuten, zu Börnichen gehörigen Häuser, welche Neunzehnhayn heißen. Der Name der Mühle beruht auf dem, ehemals hier gewesenen, Zaynhammer.“

Dieser von Berbisdorf'sche Eisenhammer war etwa bis 1729 in Betrieb. Wahrscheinlich zwang Brennholznot die Besitzer ab 1725 allmählich zur Aufgabe (10036, Loc. 39131, Rep. 18, Wolkenstein, Nr. 0106b und 10025, Loc. 05315/01). Das Hammerwerk wurde im Jahr 1749 versteigert (30007, Nr. 3114) und zu einer Brettmühle (einem Sägewerk) umgebaut.

Der damalige Besitzer des zugehörigen Hammermühlengutes, Johann Christian Stülpner (*1751, †1837), beantragte 1802 die Verleihung der Erbgerichtsbarkeit (30007, Nr. 838), die er 1810 auch zugesprochen bekam (30021, Nr. 1233). Die Obergerichtsbarkeit blieb aber beim Amt Augustusburg. Am 7. November 1848 trat die Familie Stülpner ihre Gerichtsbefugnisse freiwillig an das Justizamt Augustusburg wieder ab (32817).

Die Ansiedlung kam nur zögerlich voran und bestand 1834 lediglich aus fünf Häusern, die der Gemeinde Börnichen zugerechnet wurden. Die Annahme, der Ort habe einst 19 Wohnplätze umfaßt, beruht sicherlich auf einer Legende. Letzteres kann man auch in August Schumann´s Postlexikon von Sachsen, Band 7, gedruckt 1820 lesen, wo es heißt: „Neunzehnhayn, das südlichste Oertchen des, im Königlich Sächs. Erzgebirge gelegenen Amtes Augustusburg, bildet keine besondre Dorfgemeinde, sondern wird zu dem unmittelbaren Amtsdorfe Börnichen gerechnet, welches durch den Königl. Forst davon getrennt wird, und ½ St. weiter in Norden liegt. Neunzehnhayn liegt in einer sehr waldigen Gegend (denn in Süden verbreitet sich der große Lauterbacher Hauptwald nebst einigen Rauensteiner Waldungen) am Lauterbache in einem tiefen Thale; es besteht nur aus wenig Häusern, und ist gleich Börnichen selbst nach dem, eine Stunde weit gelegenen Waldkirchen gepfarrt, da doch Lengefeld nur ½ Stunde weit (gegen Ost) entfernt ist. In Leonhardi's Geographie wird das Örtchen gar nicht erwähnt; auf der Streit'schen Karte heißt es Neunzehnhäuser, und ist als Dorf verzeichnet. Ehedem scheint es beträchtlicher gewesen zu seyn, und bildete auch wohl eine besondre Gemeinde.

Bei der Familie Stülpner handelt es sich übrigens tatsächlich um Verwandtschaft des bekannten erzgebirgischen Volkshelden Karl Stülpner (richtig eigentlich Carl Heinrich Stülpner). Letzterer ist nämlich der dritte Cousin von Johann Christian Stülpner (Information von Herrn Th. Gersch).

Schon im Jahr 1847 hatte Christian Friedrich Stülpner auch das Recht „...zum Bier- und Branntweinausschank wie auch Tanzmusikhalten auf seinem Mühlengrundstück“ erhalten (30007, Nr. 857). Als Ausflugslokal „Hammermühle“ bestand der Ausschank noch bis 1955.

  


Die Häuser von Neunzehnhain. Foto: Postkartenverlag Brück & Sohn, 1912.

http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/71836353

  


Als es noch richtige Winter gab: Die Hammermühle im Winter, Foto: Postkartenverlag Brück & Sohn, 1919.

http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/71843062

   


Die Hammermühle bei Neunzehnhain im Lautental. Foto: C. Langer, um 1925.

http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/33130781

  

Erst 1876 wurde Neunzehnhain aus der Gemeinde Börnichen ausgeflurt und eine selbständige Gemeinde. Die Flur umfaßte gerade einmal 5 ha und 5 a. Dennoch gab es um 1860 in Neunzehnhain eine Mahl- und drei Schneidemühlen, darunter eine mit zwei Sägen, sowie ein Drehwerk (boernichen.de).

Während sich die Einwohnerzahl des Örtchens Neunzehnhain zwischen 1834 und 1890 von 75 auf 121 erhöht hatte, ging sie durch den Bau der Talsperren Neunzehnhain I und II ab dem Jahr 1905 und die damit verbundene Umsiedlung einiger Familien bis 1910 wieder auf 57 zurück (wikipedia.de).

Die Talsperren dienen der Trinkwasserversorgung der Bewohner der seit der Mitte des 19. Jahrhunderts infolge der Industrialisierung stetig wachsenden Stadt Chemnitz und wurden ab 1897 angelegt (30043, Nr. 28/2). Die untere Talsperre (auch Neunzehnhain I) wurde 1905 bis 1908 errichtet und speichert rund 0,58 Mio. m³ Wasser. Die obere Talsperre (Neunzehnhain II) wurde von 1911 bis 1914 errichtet und weist einen Gesamtstauraum von über 3 Mio. m³ Wasser auf. Eine Kette von Überleitungsstollen verbindet die untere Talsperre mit der südlich von Chemnitz liegenden Talsperre und dem Wasserwerk in Einsiedel (krumhermersdorf.de).

Zusammen mit der Talsperre Saidenbach östlich der Flöha bilden sie bis heute ein wichtiges Wasserreservoir im Verbund des Talsperrensystems „Mittleres Erzgebirge“ für das gesamte Versorgungsgebiet des Zweckverbandes Fernwasser Südsachsen. Das Wasser der Talsperre Neunzehnhain II ist qualitativ besonders hochwertig und gilt als eines der besten in ganz Sachsen (wikipedia.de).

 

Wie die alte Beschriftung sagt: Der Bau der oberen Sperrmauer im Lautenbachtal, um 1905. Bildquelle: Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Chemnitz, Bestand 30046 (Amtshauptmannschaft Marienberg), Archivnummer 4793-1.

  


Nach der Fertigstellung: Vollstau in der Oberen Talsperre Neunzehnhain, Blick von Nordosten über den Stausee zum Weißen Stein. Foto: H. Wunderlich, um 1940.

http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/72016286

  


Obere Talsperre Neunzehnhain, Blick aus dem Bornwald auf Pegelhäuschen und Staumauer. Foto: H. Wunderlich, um 1940.

http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/72016285

  


Obere Talsperre Neunzehnhain. Foto: W. Möbius, um 1935.

http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/90086096

   

Mit nur noch 35 Einwohnern erreichte deren Zahl in Neunzehnhain 1946 einen Tiefpunkt, nachdem bei einem Luftangriff auf die Talsperren durch alliierte Bomber im Jahr 1945 sechs der acht noch bestehenden Gebäude zerstört wurden.

Im früheren Ausflugslokal „Hammermühle“ wurde Anfang der 1960er Jahre ein Hydrobiologisches Laboratorium des Zoologischen Institutes der Universität Leipzig eingerichtet. Heute ist das Gebäude Ökologische Station der Fakultät Umweltwissenschaften der Technischen Universität Dresden. Im Jahr 2006 wurde das einzige neben der Ökologischen Station noch vorhandene Wohngebäude abgerissen (wikipedia.de).

  

Nordöstlich von Neunzehnhain liegt Wünschendorf. 1605 überließ Kurfürst Christian II. dieses Dorf mit allem dazu gehörigen Rechten seinem Kammerjunker Hauptmann Reinhard von Bölau (10036, Loc. 37817, Rep. 43, Wolkenstein, Nr. 0021). Erst 1696 wird auch ein schriftsässiges Mannlehngut Wümschendorf urkundlich erwähnt (30867).

Der 1733 zum Kreishauptmann für den Erzgebirgischen Kreis berufene Geheime Kammer- und Bergrat Otto Friedrich Zanthier (30016, Nr. 74) kaufte 1731 das Rittergut Wünschendorf (30021, Nr. 1311).

1825 war der Besitzer der Ölmühle zu Wünschendorf, Johann George Kirchhahn, auch der Besitzer des Rittergutes und nun Erb-, Lehn- und Gerichtherr (10036,Loc. 32023, Rep. 33, Spec. Nr. 2491c). Nach dessen Tod 1833 sollte das Gut versteigert werden (30021, Nr. 311), war aber noch bis 1845 verpachtet.

Das Rittergut Wünschendorf wurde 1919 mit der Gemeinde Wünschendorf vereinigt (30046, Nr. 919/1).

Die Siedlung Neunzehnhain wurde 1948 nach Wünschendorf eingemeindet und wurde mit diesem 1999 zum Ortsteil der Stadt Lengefeld.

  

Bereits im Zuge der Umsetzung der Sächsischen Landgemeindeordnung von 1838 war mit Wirkung vom 1. Mai 1839 eine Teileingliederung (bei der die im unmittelbaren Besitz des Rittergutes befindlichen Grundstücke noch ausgespart blieben) von Rauenstein in die Stadt Lengefeld erfolgt (wikipedia.de). 1919 wurden auch die vorher noch ausgegliederten Teile des Rittergutes mit der Stadt Lengefeld vereinigt (30777, Nr. 903). 

Nach der Bodenreform wurde 1947 im Schloß Rauenstein ein Kindergarten eingerichtet. Von 1949 bis August 1998 war es dann Kindererholungsheim bzw. Kinderkurheim sowie Sanatorium für Mutter und Kind. Im November 1999 erfolgte der notarielle Rückkauf des Schlosses Rauenstein durch Carl Wilhelm von Herder (30777).

Mit Wirkung vom 1. Januar 2014 entstand schließlich die heutige Stadt Pockau- Lengefeld durch den freiwilligen Zusammenschluß der Gemeinde Pockau und der Stadt Lengefeld.

  

 
 
 

Zur Geologie

  

Carl Friedrich Naumann beschreibt die Kalksteinvorkommen dieser Region im Heft 2 der Geognostischen Beschreibung des Königreiches Sachsen 1845, und zwar im Kapitel:

Kalk- und Dolomit-Lager zwischen Scheibenberg und Zschopau.

Im Heinzewalde südwestlich von Lengefeld, dicht an der Freiberg- Annaberger Chaussee, liegt eine mächtige Dolomitmasse, auf welcher ein sehr bedeutender fiscalischer Bruch betrieben wird...

Westlich von dem, aus der Gegend des grossen Kalkbruches nach Neunzehnhain führenden Flügel Nr. 4, liegt in der Nähe des sogenannten weissen Ofens ein alter Kalkbruch, in welchem ehemals weisser, körniger Kalkstein gewonnen worden ist.

Verfolgt man von Neunzehnhain aus das Thal des Lautenbaches abwärts nach Wünschendorf zu, so erreicht man nahe an der Gränze des Glimmerschiefers und Gneisses den Wünschendorfer Kalkbruch, wo gegenwärtig durch unterirdischen Betrieb ein grünlich und graulichweißer, körniger, z. Th. hornblendehaltiger Kalkstein gewonnen wird.

Da oberhalb dieses Kalkbruches die Schichten des Glimmerschiefers an dem, vom rechten Gehänge hereintretenden Felsenkamme 30°, und unterhalb des Bruches die Gneissschichten 40 bis 50° in Ost fallen, so würde sich für diesen Kalkstein, unter Voraussetzung regelmäßiger Einlagerung, ein nord- südliches Streichen ergeben. Obgleich also die den Kalkstein unmittelbar umgebenden Schichten manchen Unregelmäßigkeiten unterworfen zu sein scheinen, so ist doch die von Köhler ausgesprochene Vermuthung nicht unwahrscheinlich, daß der ganz in der Nähe und genau in der verlängerten Streichlinie der erwähnten Schichten südlich vorliegende alte Rauensteiner Kalkbruch, auf der Fortsetzung des Wünschendorfer Kalklagers liegen möge. Die gleiche Lagerung, dicht an der Gränze zwischen Glimmerschiefer und Gneiss, und die ähnliche Beschaffenheit des Gesteines (welchem jedoch hier noch häufiger Hornblende beigemengt zu sein scheint) dürften diese Vermuthung nicht wenig bestätigen...

Damit irrte er sich: Die relativ komplizierte Schollengliederung dieser Region war C. F. Naumann noch nicht bekannt.

  


Ausschnitt aus der Geognostischen Karte des Königreiches Sachsen, Blatt
XV, von 1845.

      

1905 erscheint die 2. Auflage der Erläuterungen zur Geologischen Spezialkarte des Königreiches Sachsen, Blatt 115: Zschopau- Grünhainichen, revidiert von C. Gäbert. Darin heißt es einleitend (S. 6): „Der unbedeutende Erzbergbau (hauptsächlich auf Blei, Silber, Kupfer und Eisen), welcher in früheren Zeiten vorzüglich bei Scharfenstein, Griesbach, Weißbach, Gornau, Dittmannsdorf, Krumhermersdorf und Börnichen umging, ist völlig zum Erliegen gekommen, dagegen sind die Kalkwerke von Griesbach, Venusberg und Neunzehnhain, welche die der Glimmerschieferformation eingeschalteten Kalklager abbauen, noch im Betriebe...“

Zum Erzbergbau siehe u. a. (40168, Nr. 609 und Nr. 488). Den alten Rauensteiner Kalkbruch ordnet der Autor jetzt der „Gneisformation“ zu und schreibt (S. 15) im Abschnitt:

3. Krystallinischer Kalkstein.

„Am Ostabhange des Lampersberges wurde an der auf der Karte bezeichneten Stelle früher ein im Gneisse eingebetteter körniger Kalk abgebaut, der aber zur Zeit nicht mehr aufgeschlossen ist. Die jetzt noch auf den Halden liegenden Stücke bestehen zum grossen Theil aus einem Gemenge von feinkörnig- krystallinischem Kalk mit derbem Granat und körnigem Magneteisenstein, welch´ letzterer z. Th. in grösseren, ausgezeichnet reinen, derben Massen einbricht. Von anderen mit dem Kalk in geringere Menge zusammen vorkommenden Mineralien sind außerdem noch anzuführen: Epidot, Serpentin, Kalkspath, Glimmer, z. Th. von licht smaragdgrüner Farbe, Titanit, Magnetkies, Kupferkies und Eisenkies. Die ganze Mineralassociation erinnert vollkommen an das Vorkommen von körnigem Kalk in der Gneisformation bei Boden (Section Marienberg- Wolkenstein) und bei Schmalzgrube (Section Annaberg- Jöhstadt).“

  

Die übrigen Kalksteinvorkommen werden dagegen jetzt in die als etwas jünger angesehene, hangende „Glimmerschieferformation“ eingeordnet. Gäbert schreibt dazu im Abschnitt (S. 25ff):

2. Krystallinische Kalksteine und Dolomite.

„Die im hellen Glimmerschiefer der Section... vorkommenden Kalklager vertheilen sich auf zwei Gruppen, deren eine in die SW.- Ecke der Section fällt, während die andere der SO.- Ecke angehört. Die besten Aufschlüsse gewähren die Kalkwerke von Venusberg, Griesbach und der fiscalische Kalkbruch südlich von Neunzehnhain...“

Dieser Bemerkung Gäbert´s ist zu entnehmen, daß der Kalkbruch am Weißen Ofen zu dieser Zeit im Staatsbesitz gewesen ist, denn dieser ist der einzige, der südlich von Neunzehnhain auf dem Kartenblatt liegt. Tatsächlich hat hier von 1864 bis 1910 das fiskalische Kalkwerk Neunzehnhain seinen Rohstoff gewonnen.

  


Ausschnitte aus der Geologischen Specialkarte des Königreichs Sachsen, Section 115: Zschopau- Grünhainichen (links) und Blatt 116: Section Pockau- Lengefeld (rechts), georeferenziert. Blau dargestellt sind Vorkommen metamorpher Kalksteine, rechts unten im Ausschnitt das fiskalische Kalkwerk im gleichnamigen Ortsteil der Stadt Lengefeld. 

      


Ausschnitt aus der Geologischen Specialkarte des Königreichs Sachsen, Section 115: Zschopau- Grünhainichen mit einem Profil durch das Lautenbachtal und mit dem Kalkbruch am Weißen Ofen.

   

Gäbert führt im Einzelnen auf:

c) Das Kalklager vom Weissen Ofen südlich von Neunzehnhain.

„Im Lengefelder Walde wird unweit Schneise 11 am Fahrwege nach Neunzehnhain schon seit langer Zeit ein Kalklager abgebaut, welches aus einem sehr reinen, von accessorischen Gemengtheilen absolut freien, licht- graulich gefärbten, krystallinisch- feinkörnigen, stark dolomitischen Kalkstein besteht. Es bildet in der Hauptsache ein einzelnes geschlossenes Lager; nur nahe seiner Grenzen gegen den Glimmerschiefer wechsellagert es mehrfach mit zwischengeschalteten Glimmerschieferpartien, die häufig noch faust- bis kopfgrosse rundliche Knauern von dolomitischem Kalkstein umschließen.

Deutliche Schichtung ist innerhalb des Kalklagers nirgends wahrzunehmen, nur gegen aussen hin sieht man, daß der Glimmerschiefer der Grenze des Kalkes entlang sich diesem in seinen allerdings oft sehr unregelmäßig gewundenen Schichten anschmiegt.

Die ziemlich unregelmäßige, plumpe, stockförmige Gestalt, welche der Kalk im Ganzen zur Schau trägt, erschwert es sehr, das Streichen des Lagers mit einiger Sicherheit festzustellen. Da indess weiter oberhalb des Bruches im Walde mehrere Schurflöcher angelegt wurden, welche auf die Fortsetzung des Kalklagers stießen, so wird sich deren ungefähr N.26°W. streichende Verbindungslinie mit dem Steinbruch annähernd als Streichrichtung des Kalkes ansehen lassen, während das Einfallen ein südöstliches ist. Das Nebengestein ist durchweg gewöhnlicher heller Glimmerschiefer mit Granaten, zum Theil auch reich an accessorischem Feldspath.

d) Kalklager unterhalb Neunzehnhain.

Das früher abgebaute Lager von körnigem Kalk unweit des alten Kalkofens im Lautenbachthale unterhalb Neunzehnhain war zur Zeit der Untersuchung nirgends mehr deutlich aufgeschlossen. Einzelne zerstreut herumliegende Stücke bestehen aus einem ziemlich grobkörnigen, hier und da von Flasern eines licht ölgrünen bis silberweißen Glimmers durchzogenen, fast vollkommen reinen Kalkstein. Das an den Wänden des ausgedehnten Bruches zum Vorschein kommende Nebengestein ist ein heller Glimmerschiefer mit Granat, häufig auch reich an acessorischem Feldspath.

Mit dem in der Richtung von Neunzehnhain nach dem Nesselgrunde getriebenen Stolln der Chemnitzer Wasserleitung wurden zwei im Glimmerschiefer eingebettete Lager von krystallinem Kalk überfahren. Das eine derselben ist ziemlich grobkörnig und erscheint durch dünne Lagen eines grünlichen Glimmerminerals ausgezeichnet geschichtet.

Mit dem letzten Absatz ist das „Vorkommen Sauwinkel“ gemeint. Weiter heißt es bei Gäbert:

e) Kalkstein bei der Klatschmühle unweit Wünschendorf.

Etwas unterhalb der Klatschmühle am Fusse des linken Lautenbachthalgehänges wurde früher durch Stollnbetrieb ein zum Rittergute Wünschendorf gehöriges Lager von körnigem Kalk abgebaut. Dasselbe soll ein ziemlich genau südnördliches Streichen bei östlichem Einfallen besessen haben. Der Kalkstein führte reichlich Hornblende, sowie derben Magneteisenstein, als Seltenheit auch Skapolith. Die wenigen jetzt noch auf der Halde liegenden Stücke bestehen aus einem fast weißen, krystallinisch- kleinkörnigen, beinahe chemisch reinen Kalk mit vereinzelt eingestreuten Muscovitblättchen, winzigen Eisenkieskryställchen und kleinen, licht blaugrünen, eigenthümlich abgerundeten Körnchen von Apatit.

Ein zweites, dem eben beschriebenen benachbartes Lager von Kalkstein wurde in dem Thälchen nordöstlich der Klatschmühle durch einen Tagebruch abgebaut. Das jetzt noch auf der Halde befindliche Material besteht theils aus einem ziemlich reinen, mit dem eben beschriebenen übereinstimmenden Kalk, theils aus einem Gemenge von dunkelgrüner, strahliger Hornblende, Kalkspath und kleinen Biotitblättchen nebst größeren Partien von schmutzig- braunrotem, derben, mit Quarz verwachsenen Granat.“

  


Ausschnitte aus der Geologischen Specialkarte des Königreichs Sachsen, Section 115: Zschopau- Grünhainichen (links) und Blatt 116: Section Pockau- Lengefeld (rechts), georeferenziert. Blau dargestellt sind die bekannten Vorkommen metamorpher Kalksteine nördlich (talabwärts von Neunzehnhain) und östlich des Lampersberges (Alter Rauensteiner Kalkbruch).

      

In der Bergbaumonographie Marmor im Erzgebirge (Hoth et. al., 2010) sind die Kalkgesteinsvorkommen beiderseits des Lautenbachtales einerseits unter den Nummern

  • D8: Alter Rauensteiner (auch Römer oder Güntherbruch) und

  • D9: Kalkbruch im unteren Roßbachtal (auch Österreichbruch),
     
    und andererseits unter den Nummern:
      

  • D30: Vorkommen Weißer Ofen,

  • D31: Lagerstätte Neunzehnhain- Lautenbachtal,

  • D32: Vorkommen Rothes Haus (Klatschmühle bei Wünschendorf) und

  • D33: Vorkommen Klatschmühle (im Tälchen nordöstlich) aufgeführt.

Außerdem ist unter der Nummer D34: Vorkommen Sauwinkel bei Börnichen noch das Kalklager weiter nordwestlich aufgeführt, welches nirgends zu Tage ausstreicht und tatsächlich erst im Jahr 1905 beim Vortrieb des Trinkwasserüberleitungs- Stollens in etwa 125 m Tiefe untertage angefahren wurde.

Die Bezeichnung Römerbruch“ geht gewiß die Familie von Römer zurück, die ja von 1651 bis 1743 im Besitz der Herrschaft Rauenstein gewesen ist. Die beiden Namen Österreichbruch“ und  Güntherbruch“ haben wir dagegen noch nicht sicher zuordnen können. Vielleicht geht der zweite Name ja auch schon auf die Familie von  Güntherode zurück...

  


Geologische Übersichtskarte mit Markierung der Kalksteinvorkommen bei Neunzehnhain. Grundkarte aus K. Hoth et al. (Hrsg.): Marmore im Erzgebirge, Bergbaumonographie, 2010. Markiert die Standorte Weißer Ofen, Alter Rauensteiner und Neunzehnhainer Kalkbruch.

  

Die Alten Rauensteiner Kalkbrüche (D8 und D9) liegen dabei östlich einer größeren Verwerfungszone (Marbach- Jahnsdorfer Störung) und sind als kleine Einzelvorkommen in Gneise eingeschaltet. Von geologischem Interesse ist die in den Quellen beschriebene Magnetitvererzung nahe dem Scharungspunkt der hier keilförmig aufeinander zu verlaufenden Marbacher und der Waldkirchener Störung.

Stratigraphisch sind diese beiden Vorkommen eher der Kupferberg- Formation des Neoproterozoikums zuzuordnen. Da die Vorkommen aber bereits in den 1880er Jahren gänzlich abgebaut waren, läßt sich Genaueres heute nicht mehr ermitteln.

Nach Nordwesten ist zwischen beiden Störungen ein Keil („Börnichener Glimmerschiefer- Keil“) abgesunken, so daß hier jüngere Granat- führende Glimmerschiefer der Raschau- Formation an der Oberfläche anstehen, während westlich der Waldkirchner Störung bereits wieder Gneise und Gneisglimmerschiefer der älteren Obermittweida- Formation anstehen. Die Vorkommen nördlich von Neunzehnhain im Lautenbachtal und unterhalb der heutigen Talsperre an der Klatschmühle (D31 bis D33) sind daher stratigraphisch in das mittlere Unterkambrium einzuordnen.

Zumindest das nordöstlichste Vorkommen an der Klatschmühle wird als ziemlich reiner Kalzitmarmor beschrieben. Analysen zeigten, daß die untersuchten Proben nur 0,4% MgO enthielten. Mit 2,1% MgO- Gehalt liegt der Dolomitanteil im südwestlichsten Vorkommen oberhalb der unteren Talsperre nur geringfügig höher.

Auch zu dem 1905 untertage im Sauwinkel angefahrenen Kalklager liegen Analysenergebnisse vor, die auf einen nur geringen Dolomitanteil (MgO bei 1,5% bis 7,0%) hinweisen. Aufgrund dieses Fundes wurde sogar vermutet, daß der gesamte Raum des „Börnichener Glimmerschiefer- Keils“ bis nach Waldkirchen höffig auf Äquivalente des Lengefelder Dolomitlagers sei (Bergbaumonographie, 2010).

Relativ gut untersucht ist nur das im Zeitraum von 1953 bis 1968 noch einmal abgebaute Vorkommen Weißer Ofen (D30). Hier überwiegt der Dolomit bei MgO- Anteilen zwischen 17,7% und 21,1% deutlich. Im Hangenden steht Quarz- Glimmerschiefer an, im Liegenden geht der Dolomit mit einer Wechsellagerung von Marmorlagen und Glimmerschiefer in den liegenden Glimmerschiefer über. Die Gesamtmächtigkeit des Kalklagers beträgt zirka 25 m bis 30 m.

Die Autoren der Bergbaumonographie schätzten den „Weißen Ofen“ noch als Reservelagerstätte für das Kalkwerk Lengefeld ein, allerdings müsse die Verbindung zwischen beiden Lagern durch Bohrungen noch näher untersucht und nachgewiesen werden. Obwohl im Jahr 2006 noch das „Lößnitz-Lager“ exploriert und 2010 in den Gewinnungsbetrieb integriert wurde (geomin.de), hat die GEOMIN Erzgebirgische Kalkwerke GmbH inzwischen aber auch in Lengefeld den Abbau aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt.

  


Einige Fundstücke von unseren Besuchen: Am Weißen Ofen fanden wir diese Stücke gelblich- braunen Dolomits mit kleinen Kalzitkrusten auf Klüften.

Der  Fundpunkt.

  


Ganz anders sehen Fundstücke im Wegschotter bei Wünschendorf aus: Links ein ziemlich reinweißes Stück Marmor, rechts eine ebenso weiße Kalk- Schmitze, die fest im Muskovit- führenden Gneisglimmerschiefer eingebettet ist.

   


Auch ein Fundstück im Wegschotter bei Wünschendorf: Auf dieser Kluft sitzen farblose bis leicht gelblich gefärbte, bis 5 mm große Calzitkristalle mit dicksäuligem Habitus („Kanonen- Spat“). Leider sind sie überwiegend stark abgerollt und haben keinen wirklichen Sammlungswert mehr; immerhin aber ein Belegstück.

Der  Fundpunkt.

   


Calcit xx, mit säuligem Habitus („Kanonenspat“), gefunden 1984 von Siegmund Nierobis am Streckenpunkt 2130, zwischen Schacht A und Schacht B, im Überleitungsstollen von der Talsperre Neunzehnhain zur Talsperre Einsiedel. Größe zirka  4 cm. Sammlung und Foto: Dr. A. Gerstenberg, Chemnitz.

  


Feinkörnig- kristalliner Kalkstein, Kalklager am Roten Haus bei Wünschendorf, Größe der Stufe zirka 12 x 10 x 7 cm. Sammlung und Foto: D. Lunau, Leipzig.

 https://www.mineralienatlas.de/lexikon/index.php/Bildanzeige?pict=1269691646

   


Kalkstein aus einem alten Brennofen, Kalklager am Roten Haus bei Wünschendorf, Größe: 7,5 x 7 x 6 cm. Sammlung und Foto: D. Lunau, Leipzig.

 https://www.mineralienatlas.de/lexikon/index.php/Bildanzeige?pict=1269691732

     

 
 
 

Zur Montangeschichte

  

Der Kalkabbau in der Lagerstätte Lengefeld im Erzgebirge wurde erstmals in einem Lehnbrief von 1528 erwähnt. Er erfolgte zunächst auf Grundlage von Pachtverträgen und später als fiskalisches Werk unter Aufsicht der Königlich Sächsischen Forstämter.

Wie oben schon zu lesen stand, war die Herrschaft Rauenstein seit dem 15. Jahrhundert im Besitz der Herren von Güntherrode, welche nach einer Erbteilung Anfang des 16. Jahrhunderts ihre Herrschaft aber sukzessive an den Herzog und späteren Kurfürsten August, I. (*1526, †1586) verkauften. In diesen Verkaufsurkunden werden die Kalkbrüche bei der Ortschaft Lengefeld 1567 noch ausdrücklich erwähnt. Die Verwaltung der Kalkbrüche sowie der damit verbundenen Kalköfen wurde nach dem Verkauf an das Fürstenhaus dem Amt Wolkenstein übertragen. Die Kalkbrüche und die Kalköfen gehörten danach also nicht mehr zur Herrschaft Rauenstein und fanden bei dem Verkauf der Herrschaft an Jobst Christoph von Römer im Jahr 1651 bereits keine Erwähnung mehr (Hoheisel, 2009).

Als herstellbare Kalkmenge wurden 1567 dabei für den einen Ofen 280 Tonnen, für den anderen 260 Tonnen pro Brennvorgang genannt. Kalk aus Lengefeld wurde u. a. auch von Baumeister Hans Irmisch für den Bau des Schlosses Freudenstein in Freiberg ab 1565 bezogen (Hoheisel, 2009).

Vielleicht nicht die Entdeckung, zumindest jedoch ein Aufschwung des Abbaus geht sicher auch hier auf die Suche nach Werksteinen und Bildhauermaterial unter Kurfürst August zurück, der dazu im Jahre 1575 den Tessiner Bildhauer Giovanni Maria Nosseni (*1544, †1620) mit einem Privileg ausstattete: Am 5. Mai 1585 wurde Nosseni der Marmorbruch bei Lengefeld im Erzgebirge auf 20 Jahre verschrieben. Nosseni hatte allerdings schnell gemerkt, daß der Marmor aus Lengefeld eigentlich ein Dolomit und für Bildhauerarbeiten zu spröd ist. Bei Reisen durch das Erzgebirge in den Jahren 1586 und 1587 entdeckte Nosseni danach außerdem in anderen Kalksteinbrüchen schwarzen Marmor bei  Kalkgrün und roten am Schießhaus bei Wildenfels. Dort hatte er schon bald darauf Abbaurechte erworben und ließ schön gemaserte, weichere Kalksteine abbauen. Weißen Marmor bezog Nosseni dagegen aus  Crottendorf.

Nach seinem Tod im Jahr 1620 erhielt nie wieder ein anderer ein gleichartiges Privileg, denn der Fiskus hatte die Gewinnchancen aus dem Abbau und dem Verkauf des gebrannten Kalks erkannt und übernahm daher einen Teil der Kalkwerke in eigene Verwaltung.

Die Administration der Lengefelder Kalkbrüche lag von 1812 bis 1842 bei der Älteren Amtshauptmannschaft Niederforchheim- Wolkenstein (33044, Nr. 307 bis 311). Von 1843 an und noch bis 1908 lag die Administration der Lengefelder Kalkbrüche dann bei der Amtshauptmannschaft Marienberg (30046, Nr. 3751).

Noch 1847 fragte die Amtshauptmannschaft Chemnitz im Auftrag der königlichen Finanzverwaltung aber bei der Forstmeisterei Zschopau an, ob sich der in Neunzehnhain gefundene Marmor denn auch für Bildhauerarbeiten eigne und sich wohlmöglich als Werkstein noch besser, denn als gebrannter Kalk verwerten ließe. Das zuständige Bergamt Annaberg mit Marienberg beschied diese Anfrage aber abschlägig, denn der Neunzehnhainer Kalkstein enthalte zu viele Beimengungen, wie Talk und Glimmer (40024-12, Nr. 310).

  

Erwähnung fand der Kalksteinbergbau um Lengefeld Ende des 17. Jahrhunderts auch in den Natürlichen Merckwürdigkeiten in dem Meißnischen Ober- Ertzgebirge des Scheibenberger Pfarrers Christian Lehmann, und zwar in der Achten Eintheilung: Von allerhand Steinen, darinnen das Capitel 3: Von Kalck- Brüchen, wo es heißt: „An der Flöhe und ihren Einfällen liegen drei fürnehme Kalck- Ofen um Lengefeld, die hoch aestimirt werden, dieweil man alle Jahr daselbst zu 3, 4, und auch mehrmahlen jederzeit auf 300 Tonnen Kalck brennen kan und gilt die Tonne auff der Stelle 8 gr.“

Man beachte, daß in dieser Quelle noch nicht die heutige metrische Tonne als Gewichtseinheit gemeint war, sondern ein altes Volumenmaß.

Es waren demnach also im 17. Jahrhundert hier wenigstens drei Kalkbrüche in Betrieb. Das heute als technisches Denkmal bewahrte fiskalische Kalkwerk an der B 101 zwischen der Heinzebank und Pockau im Flöhatal ist nur eines davon gewesen. Wo haben die anderen gelegen? Begeben wir uns auf die Suche...

   

 
 
 

Südöstlich von Neunzehnhain: Zum Kalkbruch Weißer Ofen

  

Nur einen Kilometer nördlich der B 101 im Staatsforst in Richtung Neunzehnhain und Wünschendorf, am östlichen Hang oberhalb des Lautenbaches, findet man noch heute einen relativ großen Steinbruch, der als Weißer Ofenbekannt ist.

In einer Beschreibung der Ephorie Marienberg in der Neuen Sächsischen Kirchengalerie aus dem Jahr 1908 kann man über die Kalkwerke lesen: „....im Betriebe sind die Kalkbrüche und Kalköfen des seit langem fiskalischen Kalkwerkes im Lengefelder Staatsforstrevier, über welches aus dem Jahre 1567 ziemlich ausführliche Nachrichten vorliegen. Schon damals werden zwei Brüche erwähnt, welche jährlich höchstens 20 bis 21 Öfen zu 33 bis 34 Malter Kalk lieferten. Bis anher ‒ heißt es in dem betreffenden Bericht ‒ ist der Kalk gahr wohl abgegangen, dann man dessen zun Kirchen und Stadtmauer uffn Mariaberg, auch zu Freybergk viel bedurfft...

Ob der ‚Weißer Ofen‘ genannte Bruch, neben welchem ein alter, außer Gebrauch gesetzter Kalkofen steht, und dessen Steine im Neunzehnhainer Kalkofen gebrannt werden, einer der damaligen beiden Brüche ist, ist zweifelhaft; vielleicht ist er vielmehr identisch mit einem der Marmorbrüche, die Kurfürst August’s Hofbildhauer Johann Maria Nosseni im Erzgebirge entdeckt hatte. Am 5. Mai 1585 nämlich verlieh der Kurfürst seinem bestellten Bildhauer und Mahler Johann Marien Nosseni, ...am Sondersberge (Schindersberg?), eine halbe Meil wegs vom Rauenstein und Lengefeldt gelegen, einen schönen weißen Marmorstein..., auf zwanzig Jahre das Recht, einen dort von Nosseni anzulegenden Bruch abzubauen.“

Das oben im Text verwendete „Malter“ (auch Malder) war ein deutsches und Schweizer Volumenmaß. Es war hauptsächlich ein Maß für Getreide, aber auch für Kohle, Torf und Holz.  Auch im Fürstentum Blankenburg war es ein Brennholzmaß, welches ½ Klafter pro 1 Malter, also 43⅓ Pariser Kubikfuß oder nach dezimalem Maß 1,5 Kubikmeter Brennholz hielt. Ein Malter betrug 109,387 Liter in Mainz, in Wiesbaden hingegen entsprach das Nassauer Malter genau 1 Hektoliter (wikipedia.de). Rund ein Hektoliter ist uns als Dresdner Scheffel mit zirka 107 Liter Inhalt auch für die Branntkalkbemessung schon bekannt.

 

Spätestens 1727 erinnerte man sich wieder an diesen Kalksteinbruch (30012, Nr. 344). Seit 1726 nämlich war der Steinbruch an einen Herrn Andreas Lauterding, seinerzeit Amtmann auf Wolkenstein, verpachtet. Als Kalkbrenner stand Herr Johann Christian Schönherr aus Lauterbach in Diensten des Amtmannes.

Aufgrund „sehr nassen Wetters“ war der noch ausschließlich übertägige Kalkbruch zubruchgegangen. Das lockere „Erdreich“ habe sich so sehr mit Wasser gesättigt, daß es aufweichte und zusammen mit Haldenschutt und zersetztem Kalkstein aus dem Hangenden in den Bruch gestürzt war. Diese Bruchmassen versperrten nun den Zugang zum Weißkalklager. Auch der Brennofen sei unbrauchbar und da vorerst kein neuer Kalkstein gebrochen werden könne, würden die vorhandenen Vorräte schnell zu Ende gehen. Anlaß zur Anlage der Akte war die Bitte Lauterding’s um Nachlaß der Pacht und Verrechnung mit den Kosten in Höhe von voraussichtlich 200 Thalern für die Räumung der Schuttmassen aus dem Bruch. Der Antrag wurde genehmigt und Amtmann Lauterding erhielt 1728 für die zwei Jahre 1726 und 1727 tatsächlich insgesamt 600 Thaler Kostenerstattung, die mit der zu zahlenden Pacht verrechnet wurden.

Der Beschreibung in diesem Bericht aus dem Jahr 1727 nach gab es damals schon ein „altes“ und ein „neues Lager“, zwischen denen eine „Brücke“ stehengeblieben ist. Dort stünde noch ein Rest des Kalksteins mit etwa 4 Ellen Mächtigkeit an. Der Hauptbruch sei durch den Böschungsbruch von 1727 auf gut 30 Ellen Höhe mit den tauben Bergen verstürzt, was uns sagt, daß dieser damals schon wenigstens 15 m Tiefe erreicht hatte. Daneben gäbe es noch zwei kleinere Kalkbrüche, in denen jedoch nur Graukalk anstünde.

Im September 1729 wurden die Kalkbrenner der beiden Graukalkbrüche nach der Möglichkeit der Beräumung des Steinbruches befragt. Sie schätzten die Kosten dafür auf 300 bis 400 Thaler und als viel zu hoch ein, weil nicht nur die Bruchmassen hinausgeschafft, sondern auch das Hangende zurückgenommen werden müsse, um einen neuen Abbruch zu verhindern. Daher schlugen sie die Anlage eines neuen Steinbruches vor. Um den richtigen Punkt dafür zu finden, wurden sicherheitshalber gleich zwei Rutengänger, Hannß Caspar Biermann und Georg Grießbach, bestellt, welche auch etwa 30 Wegruthen vom alten Bruch entfernt ein Kalklager gefunden haben wollten. Da aber die Transportkosten zum Weißen Ofen zu hoch waren, ließ man diese Idee wieder fallen. Ob dort also wirklich ein weiteres Kalklager ausstrich, weiß man nicht… (30012, Nr. 344)

 

Besitzer des Rittergutes Wünschendorf wurde im Jahr 1731 der Kammerrat Otto Friedrich Zanthier auf Henschendorf (30021, Nr. 1311). Im Jahr 1733 wurde er zum Kreishauptmann für den Erzgebirgischen Kreis bestellt (30016, Nr. 74).

Im Jahr 1747 ersuchte Herr O. F. Zanthier um erbliche oder laasweise Überlassung eines wüsten Kalkbruches im Heinzewald (10036, Loc. 39135, Rep. 18, Wolkenstein, Nr. 0197). Damit war aufgrund der Ortsangabe „auf dem sogenannten Heinzen Walde unter des Oberförsters Albrechts Revier auf dem Flügelwege unter der Viere ziemlich gewiß der Bruch am Weißen Ofen gemeint. Der Forstweg entlang des Höhenrückens heißt noch heute „Viererweg“. Es heißt im Antrag, es sei dort „ein wüster und verfallener Kalckbruch, der bis anhero niemand genutzt noch nutzen könne...“

Da Herr Zanthier nun aber „bei dem auf meinem Gute Wünschendorf vorhabenden starken Bau einiges Kalksteins benöthigt“ war, bat er um die Erlaubnis, „durch Aufräumung dieses Bruches“ dort Kalkstein zu gewinnen. Er bot dem Forstamt einen Erbzins von 2 Thalern pro Jahr, befristet auf 12 Jahre, an. Außerdem wolle er keinen neuen Kalkofen bauen, sondern den Kalk in seinem Ofen beim Gut Wünschendorf brennen lassen, so daß keine Schädigung des Staatsforstes zu befürchten sei. Diese Bemerkung bestätigt uns nebenbei, daß das Rittergut Wünschendorf um 1747 bereits einen eigenen Kalkbrennofen besessen hat.

Dem Antrag stimmte der amtierende Amtmann in Wolkenstein, Oberforstmeister von Bünau, am 6. November 1747 auch zu. Leider endet damit der Akteninhalt; jedoch steht zu vermuten, daß es Herr Zanthier bei dem Abräumen brauchbaren Materials hat bewenden lassen.

  

Denn nur elf Jahre später, aus dem Jahr 1758 nämlich, wird überliefert, daß ein Herr Johann Christian Winkler aus Rauenstein ebenfalls einen „zeithero eingegangen gewesenen Kalckbruch... im Lengefeldischen Heiniz Walde“ wieder aufzunehmen beabsichtigte. Dieser richtete sein Konzessionsgesuch an das Forstrentamt und an das Amt Wolkenstein und bot einen jährlichen Kanon in Höhe von 4 Thalern an. Brennholz wollte er aus den umliegenden Privatwäldern kaufen.

Der amtierende Oberforstmeister, Marschall von Bieberstein, und der Amtsverweser Hilbert zu Wolkenstein fanden 4 Thaler Förderzins pro Jahr recht angemessen, genehmigten den Antrag mit einem Schreiben vom 15. Juni 1758 und erbaten Bericht über das Gelingen des Werkes. Letzterer ist leider in der Akte wieder einmal nicht enthalten, so daß wir nicht wissen, ob das Vorhaben auch umgesetzt worden ist (10036, Loc. 33559, Rep. 32, Nr. 53).

Auf dem Meilenblatt von Sachsen ist um 1780 jedenfalls ein Steinbruch an der fraglichen Position, allerdings ohne weitere Eintragungen ‒ wie etwa Brennöfen ‒ dargestellt.

  


Ausschnitt aus Blatt 254: Lengefeld, Wünschendorf, Börnichen, Krumhermersdorf, Reifland, des Berliner Exemplars der Meilenblätter von Sachsen, um 1780.

 


Ausschnitt aus den Stollnkarten, welche im 19. Jahrhundert im Oberbergamt zu Freiberg zu Übersichtszwecken geführt wurden. Hierin sind zwar die Fiskalischen Kalkbrüche am Adlerstein nahe der Freiberger CHaussee verzeichnet, jedoch kein Hinweis auf einen Kalkbruch am Weißen Ofen enthalten... Bildquelle: Sächsisches Staatsarchiv, Bergarchiv Freiberg, Bestand 40044-5 (Generalrisse, Stollnkarten), Nr. I66, Ausschnitt, Norden ist rechts oben.

Link zum Digitalisat:  archiv.sachsen.de/archiv

   

Der Wiedererschließung dieses Kalksteinbruches ab 1863 durch das fiskalische Kalkwerk zu Neunzehnhain gehen wir weiter  unten nach.

  

 
 
 

Östlich von Neunzehnhain: Zu den alten Rauensteiner Kalkbrüchen

  

Unter der Bezeichnung „Alte Rauensteiner Kalkbrüche“ haben wir diese Vorkommen auf der geologischen Karte, Ausgabe 1905, gefunden. Sie liegen am Westhang eines kleinen Seitentals des Lautenbaches, welches auf den Meilenblättern als „Die Roß Bach“ benannt wird; auf den aktuellen Kartenausgaben im Geoportal ist der kleine Bachlauf unbezeichnet. Dieses Gebiet nördlich des Ortsteils Niedervorwerk gehört zur Gemarkung der Stadt Lengefeld, welche wiederum Teil der Grundherrschaft Rauenstein gewesen ist.

Der kursächsischer Oberforst- und Wildmeister sowie Oberaufseher der Zölle und der Saale- Flößerei, Jobst Christoph von Römer (*um 1588, †1660), hatte 1651 den schon vorher von ihm verwalteten kurfürstlichen Besitz Rauenstein gepachtet. Für die folgenden fast 100 Jahre bis 1743 blieb Rauenstein danach im Pachtbesitz der Familie von Römer.

Die Familie Römer war über fünf Jahrhunderte bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs dem sächsischen Bergbau eng verbunden. Bereits 1401 wird als Chemnitzer Ratsherr ein Paul Römer urkundlich erwähnt. Als Kaufmann war auch Hans Römer (* um 1400, †1481) in Chemnitz tätig. Das Adelsgeschlecht begründeten dessen Söhne, die beiden Brüder Martin Römer (* um 1432, †1493) und Nicol Römer (* um 1435, †1483) in Zwickau. Sie wurden 1470 durch Kaiser Friedrich, den III. in den Adelsstand erhoben. Martin erwarb sich als Bergzehntner zu Schneeberg großes Vermögen durch den von ihm dort wesentlich mit initiierten Silberbergbau, außerdem wurde er Amtshauptmann von Zwickau. Beide Brüder ließen sich spätgotische Stadthäuser in Zwickau errichten und erwarben zudem Rittergüter in der Umgebung, so 1470 das Rittergut Untersteinpleis, mit dem sie 1476 unter wettinischer Oberhoheit belehnt wurden; und 1478 das Rittergut Neumark im Vogtland. Zwei von Nicol Römers Söhnen begründeten dann die beiden Linien der Familie: Wolf Hans Georg Römer die ältere Neumark- Rauensteiner Linie, Martin Römer die jüngere Steinpleiser Linie.

Ein bekannter Nachfahre der Familie gleichen Namens ist auch Jobst Christoph von Römer (*1769, †1838), welcher kursächsischer und königlich- sächsischer Obersteuereinnehmer und Bergkommissionsrat gewesen ist. Von 1794 bis 1800 stand er als Bergmeister dem Marienberger Bergamtsrevier vor und erwarb 1796 das Gut Löthain im heutigen Landkreis Meißen. Von 1804 bis 1838 war er Bergkommissionsrat und Zwitterstock- Inspektor beim Zinnerzbergbau in Altenberg. Ihm zu Ehren wurde der seit 1837 abgeteufte neue Hauptschacht des Altenberger Zwitterstockwerks „Römer- Schacht“ genannt (wikipedia.de).

Nach der Bergbaumonographie 2010 wird der Alte Rauensteiner Kalkbruch auch als Römerbruch oder Güntherbruch bezeichnet. Zumindest der erstgenannte Name wird nun klar und weist zugleich darauf hin, daß unter der von Römer'schen Herrschaft in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts hier bereits Kalkstein gebrochen worden ist. Der Name Günther hingegen taucht als Besitzer einer Mühle im Lautenbachtal erst ab 1866 in den Akten auf.

  

In Akten der Grundherrschaft Rauenstein über die Akziseangelegenheiten in Lengefeld wurden schon lange auch Informationen über „die Kalk- sowie die Zollaccis“ festgehalten (30777, Nr. 298).

  

Ein zweiter Kalkbruch etwas unterhalb im Roßbachtal wird auch als auch Österreichbruch bezeichnet (Bergbaumonographie, 2010).

Die um 1780 entstandenen Meilenblätter von Sachsen zeigen uns an der fraglichen Stelle nur den einen Alten Rauensteiner Kalkbruch. Unterhalb im Tal gab es dazumal offenbar noch keinen weiteren Abbau.

  


Ausschnitt aus Blatt 254: Lengefeld, Wünschendorf, Börnichen, Krumhermersdorf, Reifland, des Berliner Exemplars der Meilenblätter von Sachsen, um 1780.

 


Ausschnitt aus den Stollnkarten, welche im 19. Jahrhundert im Oberbergamt zu Freiberg zu Übersichtszwecken geführt wurden. In dieser Karte ist nur der Rauensteiner Kalkbruch verzeichnet - weder bei Wünschendorf, noch bei Neunzehnhain sind hierin Kalkbrüche dargestellt. Bildquelle: Sächsisches Staatsarchiv, Bergarchiv Freiberg, Bestand 40044-5 (Generalrisse, Stollnkarten), Nr. I66, Ausschnitt, Norden ist oben.

Link zum Digitalisat:  archiv.sachsen.de/archiv

    


Etwas besser zu erkennen ist der Rauensteiner Kalkbruch und Ofen auf der Bergamtskopie der Sächsischen Meilenblätter; im Bildausschnitt rechts unten. Kartenquelle: Sächsisches Staatsarchiv, Bergarchiv Freiberg, Bestand 40044 (Generalrisse), Nr. 4-I243, Ausschnitt.

Link zum Digitalisat:  archiv.sachsen.de/archiv

   

In Zusammenhang mit der Aus- und Vorrichtung des Neunzehnhainer fiskalischen Kalkwerkes befuhr der Marienberger Bergmeister Rudolph Hering am 22. Juni 1846 auch die umliegenden Kalkwerke. Über den Rauensteiner Kalkbruch weiß er aber nur mitzuteilen, daß über dieses, auf Rauensteiner Rittergutsflur „früher“ abgebaute Kalklager weder Streichen noch Fallen bekannt sei. Bergmeister Hering äußerte damals sogar die Vermutung, daß es mit dem Neunzehnhainer Lager in Zusammenhang stehen könne. Dann müsse man aber am rechten Gehänge des Lautenbachtales das Lager wiederfinden können. Wie wir heute wissen, ist dem nicht so.

Auch auf den Äquidistantenkarten aus der Zeit um 1875 (auf der Sektion Zschopau) ist der Alte Rauensteiner Kalkbruch verzeichnet, jedoch fehlen zu dieser Zeit noch ähnliche Eintragungen weiter nördlich (in der östlich angrenzenden Sektion Lengefeld).

Die nächste Kartenausgabe des östlichen Kartenblattes datiert erst auf 1904. Darin sind nun auch weiter unten im Tal neue Steinbrüche dargestellt.

  


Erst auf Kartenblattausgabe ab 1904 sind auch unterhalb des Alten Rauensteiner Kalkbruches weitere Steinbrüche dargestellt.

  

Über deren Besitzer (nach der  Bergbaumonographie vielleicht der  Müller namens Günther ?) und über die Dauer des Abbaus haben wir noch nichts in Erfahrung bringen können. Jedenfalls gab es im Lautenbachtal bis zum Talsperrenbau eine Günther- Mühle, auch die Hintere Mühle oder die Veits- Mühle genannt. 1866 ließ sie der Gutsbesitzer Carl August Günther aus Lengefeld auf einem von der königl.- sächsischen Staatsforstverwaltung angekauftem Grundstück errichten. Zunächst als Schneidemühle gebaut, wurde sie 1878 zur Mahlmühle erweitert. 1906 mußte sie dann der Talsperre weichen (Informationstafel am Rundweg um die Talsperre).

Auch in der 1905 erschienenen Auflage der Erläuterungen zur geologischen Karte werden die Kalkbrüche im Roßbachtal als schon „lange stilliegend“ bezeichnet.

  

 
 
 

Nordöstlich von Neunzehnhain: Zu den Wünschendorfer Kalkwerken

  

Wünschendorf im Amt Wolkenstein wurde 1605 von Kurfürst Christian II. (*1583, †1611) dem damaligen Kammerjunker und „einspännigen Hauptmann Reinhardt von Bölau überlassen, einschließlich dem dazu gehörenden Vorwerk, der Schäferei, der Tammmühle, dem Waldstück Follung und allen Gerichten, Jagden und Gerechtigkeiten sowie Forderungen des von Bölau nach dem Fischgewässer Hahnebächlein (10036, Loc. 37817, Rep. 43, Wolkenstein, Nr. 0021).

Wenige Jahre später, 1614 wird erstmals ein Kalkofen in Wünschendorf erwähnt. Der nicht sehr umfangreiche Aktenbestand dazu wurde jedoch erst im Jahre 1820 im Auftrag des kgl.- sächs. Finanzministeriums zusammengetragen (10036, Loc. 33560, Rep. 32, Wolkenstein, Nr. 0075). Im Wesentlichen geht daraus hervor, daß besagter Reinhardt von Bölau zu dieser Zeit einen Kalksteinbruch und Brennofen am Schindlersberge im Amt Rauenstein betrieben hat. Nach der Ortsangabe im Amt Rauenstein könnte es sich bei diesem freilich auch um den alten Rauensteiner Bruch gehandelt haben, allerdings konnten wir den Schindlersberg auf alten Karten noch nicht zuordnen. Jedenfalls war 1615 für den Abbau ein Maßgeld von 3 Pfennigen pro Tonne an das Forstrentamt zu zahlen.

Grund für den damaligen Schriftverkehr waren wohl Bauarbeiten am Schloß Augustusburg. Das Forstrentamt beanspruchte 1616 den Abbau für sich und plante die Erbauung eines eigenen Brennofens. Ob es dazu gekommen ist, geht aus dem Akteninhalt nicht hervor.

Aus der dann folgenden Zeit des Dreißigjährigen Krieges sind uns bislang keine Nachrichten über den Kalkbergbau bekannt geworden. 1626 haben in der Gegend ansteckende Krankheiten (vor allem die Rote Ruhr) furchtbar gewütet. So gab es in diesem Jahr allein auf dem Friedhof in Waldkirchen 96 Beerdigungen. Selbst die Kirchenbücher weisen in der Zeit von 1642 bis 1651 eine Lücke auf. Pfarrer Feller aus Waldkirchen schrieb dazu im Jahr 1937: „Man hat das Gefühl, als ob die Menschen so abgestumpft gewesen wären, daß sie erlebtes Elend nicht auch noch niederschreiben wollten und konnten.“ (boernichen.de)

   

Unter den nächsten Besitzern des Gutes Wünschendorf ist ab dem Jahr 1731 der Kammerrat Otto Friedrich Zanthier auf Henschendorf (30021, Nr. 1311). Im Jahr 1733 wurde er zum Kreishauptmann für den Erzgebirgischen Kreis bestellt (30016, Nr. 74).

Wie wir zum Weißen Ofen bereits berichtet haben, ersuchte Herr O. F. Zanthier auf Wünschendorf im Jahr 1747 um erbliche oder laasweise Überlassung eines wüsten Kalkbruches im Heinzen Wald, weil er Kalkstein für den Ausbau seines Gutes benötigte (10036, Loc. 39135, Rep. 18, Wolkenstein, Nr. 0197). Offenbar brachten die Wünschendorfer Brüche schon damals nicht mehr genug Kalkstein aus.

Auf den ab 1780 entstandenen Meilenblättern ist jedenfalls am Standort der zum Wünschendorfer Rittergut gehörigen Klatschmühle ein „Kalck- Ofen“ verzeichnet; und zwar unterhalb des kleinen Seitentälchens, in dem bis heute noch ein Brennofen erhalten geblieben ist.

  


Ausschnitt aus Blatt 254: Lengefeld, Wünschendorf, Bö
rnichen, Krumhermersdorf, Reifland, des Berliner Exemplars der Meilenblätter von Sachsen, um 1780. Der Roßbach wird hier als „Goldborn“ benannt.

     


Etwas besser zu erkennen ist der Wünschendorfer Kalkofen auf der Bergamtskopie der Sächsischen Meilenblätter. Kartenquelle: Sächsisches Staatsarchiv, Bergarchiv Freiberg, Bestand 40044 (Generalrisse),
Nr. 4-I243, Ausschnitt.

Link zum Digitalisat:  archiv.sachsen.de/archiv

   

1825 gelangte der Mühlenbesitzer Johann George Kirchhahn in den Besitz des Rittergutes Wünschendorf. In der Folgezeit gab es einigen Streit mit dem Fiskus „wegen Rückgabe etlicher, angeblich als Zubehör des Rittergutes betrachteter Immobilien am Schinderberg und am Kalkwald“ (10036, Loc. 32023, Rep. 33, Spec. Nr. 2491c). Auch geht es schon 1829 um Besitzstörung eines Kalksteinbruchs“ (30867, Nr. 12 und 30021, Nr. 166). Inhalts dieser Akten sei das Rittergut schon früher „mit einem Bergrecht auf Zinn, Eisen und andere Bergarten“ belehnt gewesen, was durchaus nicht abwegig erscheint, besaß es doch wenigstens seit 1747 einen eigenen Kalkofen. J. G. Kirchhahn ist 1833 verstorben und das Rittergut wurde daraufhin versteigert (30021, Nr. 311).

Noch mehrere Jahre nach Kirchhahn's Tod zog sich die Verhandlung zwischen Johann Christoph Weber jun. zu Wünschendorf gegen den Stadtrichter und Advokat Otto Heinrich Klemann zu Wolkenstein als Gütervertreter und Nachlassverwalter des verstorbenen Rittergutsbesitzers Johann George Kirchhahn auf Wünschendorf „wegen des Kalksteinbruchs einschließlich Stollens unter Weber's Grundstück“ vor dem Amtsgericht Wolkenstein hin. Bauer Weber wurde dabei von Anwalt Heinrich August Jahn aus Lengefeld vor Gericht vertreten; Kirchhahn dagegen hatte seinerseits den Advokaten Karl Wilhelm Hasse aus Schellenberg mit seiner Vertretung beauftragt (30021, Nr. 167 und 30867, Nr. 12).

Offenbar hatten sowohl der Rittergutsbesitzer Kirchhahn als auch der Bauer Weber gleichermaßen in den Grundstücken des anderen abgebaut oder diese zumindest für Hilfsbaue mitbenutzt. So heißt es in der Gerichtsakte, daß Kirchhahn’s Förder- und Wasserlösestollen sein Mundloch unterhalb von Webers Besitzungen habe und unter diesen hinweg bis zu Kirchhahn’s Kalklager verlaufe. Weber hingegen habe oberhalb von seinem Gut ebenfalls einen Stollen angelegt, einen Schacht abgeteuft und baue Kalkstein auf den Fluren des Rittergutes ab.

Anlaß des Rechtsstreits nun war, daß Weber auf den Rittergutsfluren alte Schächte und offene Pingen mit seinem Abraum verfüllen ließ, wodurch der Wetterweg für Kirchhahn’s Stollen versperrt wurde. Des letzteren Bergleute könnten nun nicht mehr untertage arbeiten, weil der Pulverdampf mangels Wetterzug nicht mehr abzöge. Insbesondere habe Weber einen 50 Ellen (knapp 27 m) tiefen Schacht aufwältigen lassen und dabei den Kirchhahn’schen Stollen verschüttet. Die Stollnfirste unter dem Schacht war nur mit Holzausbau verzimmert, welcher infolge dieser Arbeiten durch Weber’s Leute am 11. Dezember 1828 zu Bruche gegangen sei. Am 13. Dezember soll Weber selbst im Schacht angefahren sein und sich „am Kalkstein und den Werkzeugen seiner (Kirchhahn’s) Bergleute“ bedient haben. Weber hingegen ging davon aus, daß er auf dem ihm gehörigen Grundstück schließlich tun und lassen könne, was er wolle.

Kirchhahn forderte daraufhin Schadenersatz und die Wiederherstellung des zerstörten Stollens durch Weber. Eine gütliche Einigung kam zwischen beiden Parteien nicht zustande. Die beiden von Kirchhahn noch zu seinen Lebzeiten benannten Zeugen, Jäger Friedrich Ernst Bauch und Hufschmied Johann Christian Münzer, wurden von Weber nicht anerkannt, da beide in Kirchhahn’s Diensten stünden. Kirchhahn führte ins Feld, daß der Stolln mindestens seit 1815 unter Weber’s Flur betrieben werde, ohne daß sich Weber sen. jemals darüber beschwert habe.

Schlußendlich drehte sich dieser Gerichtsstreit um grundsätzliche Fragen: War die Belehnung des Rittergutes mit dem niederen Bergrecht überhaupt urkundlich belegbar ? Hat sie Vorrecht vor dem Grundbesitz an der Oberfläche oder erstreckt sich die Belehnung nicht ausschließlich auf die Rittergutsbesitzungen ?  So kam es, daß sich sogar die Juristische Fakultät zu Leipzig mit diesem Prozeß befaßte. Sie entschied 1832 zugunsten der Erben Kirchhahn’s.

  

Über die Wünschendorfer Kalkbrüche findet sich im Bericht des Augustusburger Rentamtmanns Fürchtegott Leberecht Kaden sowie des Oberforstmeisters Hans Freiherr von Manteuffel zum Neunzehnhainer fiskalischen Kalkbruch vom 18. Dezember 1840 der Hinweis: „die Kalkbrennerei zu Wünschendorf dagegen wird zu periodisch betrieben und ist daselbst selten oder nur... auf Bestellung Kalk zu erlangen.“

Die Familie von Manteuffel ist ein altes und weitverzeigtes, aus Pommern stammendes Adelsgeschlecht und gelangte vor allem in Norddeutschland zu Besitz und Ansehen. Im 18. Jahrhundert wirkten aber auch in Sachsen Mitglieder dieser Familie, z. B. Ernst Christoph von Manteuffel als kurfürstlich- sächsischer Kammerherr und Gesandter in Kopenhagen. Christoph Friedrich Mihledorf von Mateuffel aus der sächsisch- niederlausitzer Linie wurde 1742 von Kurfürst Friedrich August in den Freiherrenstand erhoben. Sein Sohn war Hans Carl Erdmann von Manteuffel und wurde in Preußen Präsident des Oberlandesgerichtes. Georg August Ernst von Manteuffel war ab 1812 Direktor des ersten Departments im königlich- sächsischen Geheimen Finanzkollegium (wikipedia.de).

In einem weiteren Bericht von Fürchtegott Leberecht Kaden zum Neunzehnhainer fiskalischen Kalkbruch vom 18. Juli 1843 finden wir dann noch den Hinweis, daß „bei dem Kalkbruche auf dem Rittergute Wünschendorf …Hindernisse gegen die Gewinnung des nöthigen Kalksteins eingetreten (sind) aus einem in dessen Nähe liegenden, einem Bauern zugehörigen Kalklager,“ welcher sich nämlich entschlossen habe, in nächster Zeit „selbst einen Ofen zu erbauen und den Verkauf des Kalksteins zu sistieren.“ Hierdurch sei „der Pächter Ertel in große Verlegenheit gesetzt“ und wolle „den zum Betrieb seines Kalkofens erforderlichen Kalkstein gegen Bezahlung von angeblich 12 Thaler pro Ruthe“ vom fiskalischen Kalkwerk erwerben (10036, Loc. 35338, Rep. II, Nr. 62a). Weiter heißt es dort: „Solange der Kalkbruch des Rittergutes nicht wieder gangbar ist“, wolle Ertel weiterhin Kalk aus Neunzehnhain abnehmen. Wohl um den Preis zu drücken, habe besagter Pächter Ertel aber auch versichert, daß „der Kalkstein nicht so gut im Feuer stehe, als der Wünschendorfer, mithin weniger Kalk gebe…“

Nach späteren Berichten hatte man trotzdem bis 1845 insgesamt nur etwa 30 Ruthen Rohkalkstein nach Wünschendorf verkauft. Danach scheint also entweder der Abbau dort wieder in Gang gekommen oder der Brennereibetrieb gänzlich eingestellt worden zu sein.

   

In Zusammenhang mit der Aus- und Vorrichtung des Neunzehnhainer fiskalischen Kalkwerkes befuhr der Marienberger Bergmeister Rudolph Hering am 22. Juni 1846 erneut auch die umliegenden Kalkwerke. Seinem Bericht ist zu entnehmen, daß 350 Lachter nordöstlich vom fiskalischen Werk in der Wünschendorfer Gemarkung zu dieser Zeit noch zwei Werke, nämlich einerseits dasjenige auf der Flur des Rittergutes und andererseits eines auf Bauer Johann Christoph Weber's Grund, zeitgleich noch immer in Abbau standen.

Beide bauten nach Einschätzung Hering's auf demselben Lager, welches hora 11,4 bis hora 12 streiche und mit 40° bis 50° nach Morgen einfalle. Es bestehe zwar aus demselben körnigen Kalk, wie das bei Neunzehnhain, sei aber nur höchstens 8 bis 10 Ellen mächtig. Dafür sei es bei weitem nicht so stark zerklüftet, wie das bei Neunzehnhain, sondern fest mit dem Nebengestein verwachsen. Daher sei dort ein regelmäßiger Pfeilerbau möglich, dessen Ausrichtung allerdings einiges zu wünschen ließe.

Die Tiefe der Abbaue unter dem Tal war für Bergmeister Hering nicht zu ermitteln, jedoch wurde ihm noch berichtet, daß man ‒ ganz ähnlich wie u. a. auch in der Grube Neue Silberhoffnung in  Pöhla ‒ im Liegenden des Lagers auch hier Magneteisenstein gebrochen habe (40024-12, Nr. 309).

Ein Brennofen wird jedenfalls auch in der 1845 erschienenen Beschreibung der sächsischen und ernestinischen Lande von A. Schiffner unter dem Namen des Ortes erwähnt: Wünschendorf (510 E.), sonst ein Zubehör von Rauenstein, liegt am Gebirgshange links von der Flöhe, treibt – wie Stolzenhain am Lautenbache (60 E.) – Holzwaarenfertigung, und hat ein hübsches Rittergut mit Vorwerk, 2 Mühlen, 1 Kalkofen, 1 Zainhammer…“

 

Akten aus späteren Jahren kann man noch entnehmen, daß nach Bauer Weber’s Ableben um 1889 der Rittergutsbesitzer von Herder auf dem benachbarten Rauenstein die Absicht hegte, das Gut Wünschendorf „samt des alten Kalkbruchs und des verfallenen Ofens“ zu erwerben. Allerdings war die Gemeinde Wünschendorf schneller und erwarb das Gut selbst.

Von dieser wiederum habe der Faktor W. O. Pfeiffer vom fiskalischen Kalkwerk Neunzehnhain die betreffenden Grundstücke samt Abbaurechten aus eigener Tasche (!) gekauft, um, wie er sagte, zu verhindern, daß das Abbaurecht an einen Dritten falle. Wie groß die Vorräte an Kalkstein dort zu dieser Zeit überhaupt noch waren, wußte allerdings auch Faktor Pfeiffer nicht zu sagen (10036, Loc. 41722, Nr. 62, Band VII).

Wenn der zum Gut gehörige Brennofen also 1889 schon verfallen war, müssen wir davon ausgehen, daß derjenige, der heute noch dort steht, dann wohl der nach 1843 vom Bauern Weber neu errichtete Brennofen ist.

  

 
 
 

Nördlich von Neunzehnhain: Zum Kalkbruch bei Neunzehnhain

  

Das später fiskalische Kalkwerk zu Neunzehnhain befand sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts oberhalb der heutigen Talsperre Neunzehnhain I auf Börnichener Flur.

Am Ende des 17. Jahrhunderts wurde hier ein Eisenhammer begründet: Der Bergrat und Oberaufseher Caspar Siegmund von Berbisdorf auf Rückerswalde und Kühnhaide ersuchte 1692 um Konzession zum Bau eines Hochofens und Frischfeuers im Bornwald Neunzehnhain innerhalb der Lauterbacher und Wünschendorfer Rainung im Amt Augustusburg sowie um Vererbung eines Waldstückes in genanntem Revier und im Amt Wolkenstein (10036, Loc. 36140, Rep. 09, Sect. 1, Nr. 2252).

Die Herkunft der Familie von Berbisdorf liegt im Dunkeln. Den Ortsnamen Berbisdorf gibt es jedenfalls südlich von Chemnitz (bei Einsiedel), aber auch nördlich von Dresden (bei Radeburg). Am Beginn der gesicherten Stammfolge des Adelsgeschlechts von Berbisdorf stehen die Brüder Bastian von Berbisdorf (* um 1419), Patrizier der Stadt Freiberg, und Kaspar von Berbisdorf. Sie waren Berg- und Hüttenherren und vermögende Bergwerksunternehmer in Altenberg im mittleren Erzgebirge in Sachsen. Ihre Nachkommen blieben eng und erfolgreich mit dem Bergbau im Erzgebirge verbunden und waren von 1434 bis 1558 auch Eigentümer der Burg Lauterstein bei Zöblitz.

Kaspar von Berbisdorf, ein Nachfahre gleichen Namens, verkaufte am 29. September 1558  die Burg Lauterstein und einen Teil der für Bergbau und Forstnutzung wichtigen umgebenden Grundherrschaft – von diesem gezwungen – an den Kurfürsten August (*1526, †1586) für die Summe von 197.784 Gulden (10024, Loc. 07366/16). Im Besitz der Herren von Berbisdorf verblieben danach nur noch die östlich der Flöha gelegenen Besitzungen Schloß Forchheim, Rittergut Lippersdorf, sowie die Dörfer Nieder-, Mittel- und Obersaida, Görsdorf, Oberhaselbach und Wernsdorf. Im Jahr 1559 zogen die Mitglieder des Geschlechts von Berbisdorf nach Forchheim um. Bereits 1576 kam es jedoch zu einer Erbteilung in Ober- und Niederforchheim. Auch dieser Ort ist heute Teil der Stadt Lengefeld- Pockau und besonders durch die vom Architekten der Dresdener Frauenkirche, George Bähr, von 1719 bis 1726 erbaute Kirche bekannt. Als achteckige Saalkirche gilt sie als unmittelbarer Vorläuferbau der Frauenkirche in Dresden.

Ein weiterer Caspar von Berbisdorf war Bergwerks- Oberaufseher und wurde 1608 von dem sächsischen Kurfürsten Christian II. (*1583, †1611) mit dem Gut Kühnheide belehnt. Zugleich erhielt er die Bewilligung, ein Eisenwerk, Kirchen und Schulen in Rübenau zu errichten (wikipedia.de).

Oben zuerst genannter Nachfahre namens Caspar Siegmund von Berbisdorf ersuchte dann also im Jahr 1692 um Verlegung seines Zschopenthaler Hammerwerkes und Hochofens in den Bornwald bei Neunzehnhain (10036, Loc. 36070, Rep. 09, Sect. 1, Nr. 0417 und Nr. 2707). Grund dafür war sicherlich der Wasserreichtum der Täler als Antriebskraft für Maschinen; vor allem aber der Holzreichtum der umliegenden Wälder als Brennstoff für die Hochöfen und Schmiedefeuer.

1704 bat Herr von Berbisdorf auf Rückerswalde wegen seines nach Waldkirchen eingepfarrten Neunzehnhainer Hammerwerks um Überlassung eines Standes in der Kirche zu Waldkirchen. Das wurde ihm auch gewährt. Im Gegenzug erhielt der Pfarrer von Waldkirchen für Fürbitten in der Kirche ab 1705 vom Hammerherrn jährlich vier, der Schulmeister zwei Waag Eisen (boernichen.de).

Auf der Informationstafel am Wanderweg beim früheren Standort des Kalkwerkes steht zu lesen, daß (nach einer 1937 aus Anlaß eines Schul- und Heimatfestes erschienenen Chronik des Pfarrers Feller aus dem nahen Waldkirchen) schon im Jahre 1704 „Kalkbrenner auf'm königlichen Neunzehnhayn“ erwähnt worden seien. Das „königlich“ wird sich dabei auf das staatliche Forstrevier bezogen haben, denn Neunzehnhain selbst war ja, wenngleich unter sächsischer Lehnshoheit, so doch in dieser Zeit im Besitz des von Berbisdorf.

Sehr bald, beginnend ab 1700 und immer wieder bis 1725, meldete man sich aber wegen des Holzbedarfes der Berbisdorf'schen Hammerwerke Kühnhaide, Schmalzgrube, Ober- und Unterschmiedeberg im Amt Wolkenstein sowie bezüglich des Hammers in Neunzehnhain im Amt Augustusburg (10036, Loc. 36137, Rep. 09, Sect. 1, Nr. 2154a und 2154b sowie Loc. 39131, Rep. 18, Wolkenstein, Nr. 0106b). 1725 tagte daraufhin das Geheime Konsilium in Dresden über „das vor die Berbisdorfische Hammerwerke erforderliche Holzbedürfnis, ingleichen die Untersuchung der gebirgischen Waldungen und der Hammerwerke, ratione deren Beibehalt oder Abschaffung, so Jöhstadt, Niederschmiedeberg, Schmalzgrube und Neunzehnhain“ (10025, Loc. 05315/01).

Spätestens nach 1729 lag der Eisenhammer daraufhin wieder still und wurde 1747 versteigert (30007, Nr. 3114). Neunzehnhain gelangte nun aus dem von Berbisdorf'schen Besitz in den des Müllers Johann Hermann. 1760 kaufte es dann die Frau des Hofjägermeisters George Friedrich Otto. Schließlich wird 1802 Johann Christian Stülpner Besitzer und Gerichtsherr auf Neunzehnhain. Von seinen Nachkommen erwarb die Mühlen dann Johann Carl Friedrich Weise, der sie seinerseits im Jahr 1880 an Oswald Reinhard Schmidt weiter veräußerte (boernichen.de).

Bis zu deren Abbruch in den 1950er Jahren bestanden noch einige Gebäude. Die Stülpner'sche Mühle war als Ausflugsgaststätte Hammermühle bekannt.

   

Im Jahr 1822 wurden im Auftrag der Finanzverwaltung alte Nachrichten über einen hier gelegenen Kalkbruch zusammengetragen (10036, Loc. 38426, Rep. 18 (Augustusburg), Nr. 0092). Demnach besagte eine Anzeige des Oberförsters Johann Gottfried Otten aus dem Jahr 1721, daß Herr von Berbisdorf in dessen Revier einen Kalkbruch gefunden habe. Der Förster Otten zeigte diesen Fund seinem Vorgesetzten an und der damalige Vize- Oberforstmeister berichtete daraufhin am 31. Mai 1721, zusammen mit dem Amtmann Günther zu Augustusburg, nach Dresden, es habe sich …auf dem sogenannten Bornwalde an der Lautenbach, der Neunzehnhayn genannt, im Ambt Augustusburg… ein Kalcksteinbruch herfür gethan… nicht nur gut und tüchtig, sondern auch von zulänglichem Nachhalt angegeben...“

Die Amtleute erbaten nun eine Entscheidung vom Fürstenhaus: „Nachdem nun der Ort weit von dem Königlichen Kalckbruch zu Lengefeld gelegen, … so haben Eure Königliche Majestät und Churfürstliche Durchlaucht weiterem allergnädigsten Ermessen wir in aller Unterthänigkeit anhier zu geben, ob sie diesen neuen Kalckbruch selbst zu bauen, oder gegen einen gewissen Zins anderweits aus zu tun, sich allergnädigst gefallen lassen möchten.“ In ihrem Schreiben an das königliche Finanzministerium in Dresden wiesen die beiden aber auch schon darauf hin, daß die Anlegung eines Kalkbruches erhebliche Kosten verursachen werde, und äußerten zugleich die Vermutung, daß sich „an dem entlegenem Orte ein Pächter nicht finden werde.“

Wie sich das Fürstenhaus entschied, geht aus dem Inhalt dieser Akte nicht hervor. Stattdessen aber ergriff nun wohl besagter Herr von Berbisdorf die Initiative, konnte er doch den Kalkstein als Zuschlagstoff in seiner Eisenhütte nur zu gut selbst gebrauchen. Desweiteren nämlich hatten die Amtleute beobachtet, daß „Caspar Sigismund von Berbisdorf durch seine Leute Kalckstein zu brechen, alleweit einen Anfang gemacht“ habe. Herr von Berbisdorf nun sei der festen Überzeugung gewesen, daß dieser Platz zum Hammerwerk gehöre und ihm erblich eingeräumt sei. Das sahen die Forstleute aber anders und als sie ihm deswegen „entgegen gegangen“ seien, habe dies „der von Berbisdorf dermaßen übel aufgenommen, hat auf’s Heftigste inveniret, als ob ihm das größte Unrecht geschähe…“

Zunächst geschah aber offenbar nichts weiter.

   

Erst in einem Bericht über die Untersuchung der Umstände vom 17. September 1735 stellte der Oberforstmeister von Leubnitz dann erneut fest, daß „der Appellations Rath von Berbisdorf sich unterstanden (habe), auf dem Königlichen Bornwalde …ohnweit des eingegangenen Hammerwerks Neunzehnhain Kalkstein zu graben.“ Diesmal ging es schnell: Schon am 21. September 1735 kam Bescheid aus Dresden, „dem von Berbisdorf (sei) das weitere Graben zu untersagen.“ (10036, Loc. 38426, Rep. 18, Nr. 0092)

Wir können also mit gewisser Sicherheit davon ausgehen, daß besagter C. S. von Berbisdorf an dieser Stelle zwischen 1721 und 1735 als erster Kalkstein abgebaut und zumindest noch bis 1729 in der eigenen Eisenhütte genutzt hat.

  

Am 19. Januar 1752 reichte dann ein Herr Johann Christian Schreiber aus Rote Pfütze bei Olbersdorf Gesuch um Konzessionserteilung zum Anlegen eines Kalksteinbruches im sogenannten Born Wald beim Amt Augustusburg ein (10036, Loc. 33378, Rep. 32, Augustusburg, Nr. 0083). Dabei dürfte es sich um den Standort des vormaligen Berbisdorf'schen und späteren fiskalischen Kalkwerkes gehandelt haben.

Dieser Herr Schreiber wollte den Bruch auf eigene Kosten anlegen und bot zudem einen recht hohen Zins von 10 Gulden jährlich an. Zum Brennen wollte er allerdings 10 Schragen Holz jährlich aus dem Staatsforst gegen bare Bezahlung kaufen.

Der Kammerherr und Landjägermeister Johann Gotthold von Körbitz (*1684, †1760), seit 1743 Oberforst- und Wildmeister beim Amt Augustusburg, beschied am 27. September 1752 dann aber, daß der Refier Forstbediente Stieglitz die Genehmigung nicht anriet (und daß man) ...dabey verschiedene wichtige Bedenklichkeiten“ gefunden habe. So läge der angedachte Standort mitten in der Wildbahn“, also müßten neue Wege und Stege durch den Wald geschlagen werden, so daß viel junges Holz weichen müsse. Das Börnicher Revier sei nun aber schon durch die alljährlich an die Freiberger Hüttenwerke abzugebenden Kohlhölzer sehr mitgenommen. Durch den täglich mehr und mehr steigenden Holz- Mangel wisse man schon jetzt die Handwerker und Kommunen in der näheren Umgebung nicht mehr hinlänglich zu versorgen.

Überhaupt scheint, als ob der Kalckstein, welcher an dem questionierten Orte gefunden werden sollte, nicht lange nachhalten dürfte, mithin bliebe alsdann der ruinirte Platz liegen, ohne den offerierten Erbzinß zu erbringen.“ Damit zeigte Herr von Körbitz entweder hellseherische Fähigkeiten oder bewies einfach nur eine genaue Beobachtungsgabe, denn tatsächlich währte der Abbau im 18. Jahrhundert an diesem Ort dann nur noch wenige Jahre (von 1844 bis 1863). Jedenfalls überließ Herr von Körbitz die Entscheidung den Finanzbeamten in Dresden. Diese fiel im November 1752 und lautete: „Ihr wollet gedachten Schreiber mit seinem Ersuchen abweisen.

Von 1756 bis 1763 tobte dann erst einmal der Siebenjährige Krieg mit Preußen... Ob Herr von Körbitz infolge der Kriegsereignisse zu Tode kam, wissen wir noch nicht. Heimatfreunde aus Zschopau wiesen uns aber im Spätherbst 2020 darauf hin, daß sein Grabmal ‒ bereits vor 20 Jahren konserviert und seitdem in der Friedhofsscheune gelagert ‒ jetzt wieder an der Südseite der Zschopauer Friedhofskapelle aufgestellt worden ist. Dort steht es nun wieder in einer Reihe mit denen seiner Nachfolger: Ab 1761 August Siegmund von Poellnitz und ab 1783 Johann Adolph Ploetz.

   


Ob die Steinbruch- Signatur südlich von Neunzehnhain im Lautenbachtal auf dem 1824 gedruckten Blatt der Bergamtskopie der Sächsischen Meilenblätter (in der Bildmitte) den damaligen Stand des alten Berbisdorf'schen Kalkbruches zeigt, ist unklar. Kartenquelle: Sächsisches Staatsarchiv, Bergarchiv Freiberg, Bestand 40044 (Generalrisse), Nr. 4-I243, Ausschnitt.

Link zum Digitalisat:  archiv.sachsen.de/archiv

   

 
 
 

Zum fiskalischen Kalkwerk Neunzehnhain ab 1840

  

Am 18. Dezember 1840 vermeldete das Forstamt Augustusburg dem Finanzministerium in Dresden, daß der Unterförster Mechler aus Krumhermersdorf ein Kalksteinlager in der sogenannten Hänge des Börnicher Forstreviers „entdeckt“ habe (40001, Nr. 2975, 10036, Loc. 35338, Rep. II, Nr. 62a und 30007, Nr. 2752). In der Anzeige heißt es: „Allerdings hat Mechler das Kalksteinlager selbst nicht aufdecken und dessen Mächtigkeit untersuchen können, sich vielmehr begnügen müssen, bei Untersuchung eines durch Gneus stollnartig getriebenen Ganges und einer mit Holz bestandenen Halde kleinere und größere Kalksteine aufzufinden... In Erwägung nun, daß Mechler in seiner Anzeige eines Herrn von Berbisdorf gedenkt, welcher bereits vor 100 Jahren diesen Kalkstein bebaut hat und da mir, dem Amtbeamten, bei Fertigung des Amtszinsbuches bekannt worden, daß ein Herr von Berbisdorf den ehemaligen Hammer zu Neunzehnhain besessen, so sah ich mich veranlaßt, im Justizamt... Akten aufzusuchen...

Inhalts dieser Akten bestätigt es sich, daß Herr von Berbisdorf an dem in Frage kommenden Orte Kalkstein gebrochen und abgefahren hat, welches ihm jedoch untersagt worden ist. Die damaligen Forstbeamten fanden den Kalkstein gut und bauwürdig, scheuten jedoch die Kosten und glaubten auch nicht, daß in der Gegend jemand den Kalk gegen einen gewissen Zins annehmen werde; dieses hatte zur Folge, daß ...die Acten ohne Resolution zurückgesendet wurden.

In der Hoffnung, daß das Hohe Finanz Ministerium nicht mißfällig bemerken werde, wenn wir schon jetzt uns erlauben, unser ohnmaßgebliches Gutachten und unsere Ansichten... zu eröffnen, so (wäre) ... Folgendes darüber auszusprechen: Bei Aufnahme des ... Kalksteinlagers dürfte zu berücksichtigen sein, die Mächtigkeit desselben, die Gewinnungskosten, die Erlangung des nöthigen Brennmaterials und der zu hoffende Absatz.“

Über die Größe und Nachhaltigkeit des Kalklagers würden die alten Akten keine Auskunft geben. Der benötigte Brennstoff könne aus den umliegenden Torfstechereien, aus dem Staatsforstrevier oder aus dem Plauer Steinkohlen- Revier (bei Flöha) zu beschaffen sein. Weiter heißt es: „Was nun den Absatz des Kalkes betrifft, so scheint die Nähe des Kalkofens auf Lengefelder Revier und der auf Wünschendorf befindliche demselben entgegen zu stehen, allein, es wird dem Hohen Finanzministerium hinlänglich bekannt sein, daß der Lengefelder Kalkofen bei Weitem das Bedürfniß nicht decken kann... Die Kalkbrennerei zu Wünschendorf dagegen wird zu periodisch betrieben und ist daselbst selten oder nur... auf Bestellung Kalk zu erlangen.

Dem Hohen Finanzministerium wollen wir ... anheim stellen, ob hochdasselbe wegen näherer Untersuchung des besagten Kalklagers behufige Anordnung ergehen zu laßen gnädigst geruhen wolle und erlauben uns nur noch des Unterförsters Mechler... nicht zu verkennenden Diensteifer rühmend zu erwähnen.

Forstamt Augustusburg, den 18.12.1840   
Hans Freiherr von Manteuffel   
Fürchtegott Leberecht Kaden   

Es handelte sich, wie uns auch verschiedene Bergamtsakten aus jener Zeit verraten haben, bei diesem wieder entdeckten also um genau denjenigen Kalksteinbruch, den Herr Caspar Sigismund von Berbisdorf bereits 1721 ohne Konzession angelegt und bis etwa 1735 noch betrieben hatte.

In einem Schreiben des Mühlenbesitzers Christian Friedrich Stülpner aus dem Jahr 1847 schreibt dieser allerdings, er selbst habe das Lager entdeckt und dem Forstamt angezeigt (10036, Loc. 35338, Rep. II, Nr. 62a). Erfolge haben bekanntlich hinterher immer viele Väter…

   

Am 12. Januar 1841 schrieb die zuständige II. Abtheilung des Kögl. Sächs. Finanzministeriums aus Dresden an das Oberbergamt in Freiberg, man wolle „behufs der hierauf zu fassenden Entschließung von der Mächtigkeit und Bauwürdigkeit dieses Kalklagers in nähere Kenntnis gesetzt seyn, so wird das Oberbergamt beauftragt, hierüber vorläufige Untersuchung anstellen zu lassen und das Resultat derselben mittels gutachterlichen Berichtes anzuzeigen.“

Das Oberbergamt in Freiberg wurde aber nicht selber tätig, sondern verwies die Anordnung am 27. Januar weiter an das Bergamt Marienberg. Dieses wiederum erstatte am 18. Juni 1841 Bericht. Der Bergassessor Perl habe bei der angeordneten Besichtigung leider „wenig oder gar keine befriedigenden Ergebnisse“ erzielen können, weil er insbesondere „in die alten Baue nicht hat eindringen können.“ Daraufhin habe Herr Perl vorgeschlagen, zur Untersuchung des Lagers einen Stolln in die Bruchsohle zu treiben, was etwa 150 Thaler kosten würde. Die Bergbeamten Rudolph Hering, Bergmeister in Marienberg, und Johann Christian Müller, Berggeschworener ebenda, befürworteten diesen Vorschlag, empfahlen aber, den Stolln noch weiter talwärts anzusetzen und etwa in der Richtung hora 7,4 auf die Pinge zu, aber unter die Bruchsohle zu treiben.

Am Rande vermerken die Bergbeamten noch, daß „wie wohl zu vermuthen steht, weil ihm der Besitz streitig gemacht wurde, Herr von Berbisdorf ... nur einen Raubbau betrieben hat.“

Diesen Bericht gaben Friedrich Constantin Freiherr von Beust und Carl Amandus Kühn vom Oberbergamt dann am 2. Juli 1841 nach Dresden weiter und das Finanzministerium entschied am 21. Juli, daß man diesem Vorschlag folgen wolle und forderte das Oberbergamt wieder auf, dem zuständigen Bergamt Marienberg die nötige Instruktion zu erteilen (40024-12, Nr. 309 und 40001, Nr. 2975).

Freiherr Friedrich Constantin von Beust (*1806, †1891) war übrigens von 1844 bis 1869 der letzte Berghauptmann (ab 1851 Oberberghauptmann) in Sachsen. Obereinfahrer Carl Amandus Kühn (*1783, †1848) wurde 1818 als Professor für Bergbaukunst und Geognosie an die Bergakademie zu Freiberg berufen und war wesentlich an der ersten geologischen Landesuntersuchung beteiligt.

Die Wiedererschließung dieses wenigstens schon einmal wieder aufgegebenen Kalksteinbruches ab 1840 finanzierte ‒ da er ja im Staatsforstrevier lag ‒ nun der Fiskus, weswegen es von nun an ein fiskalisches Kalkwerk in Neunzehnhain gegeben hat (10036, Loc. 35338, Rep. II, Lit. N, Nr. 0062a und folgende bis 0062d).

Ein im Bergarchiv Freiberg vorhandener Riß aus der Zeit von 1842/1843 (40037, Nr. I22808) ist gegenwärtig leider aufgrund seines schlechten Erhaltungszustandes für die Einsichtnahme gesperrt.

   

Die Wiederaufnahme des Abbaus in diesem Kalksteinbruch erwies sich freilich als nicht so einfach. Herr von Berbisdorf hatte die leicht zugänglichen, tagesnahen Bereiche des Kalklagers offenbar bereits gründlich abgebaut.

Auch dem Forstamt wurde die Entscheidung der II. Abtheilung des Königlichen Finanzministeriums zu Dresden am 25. Juli 1842 mitgeteilt, daß man dem Vorschlag des Bergassessors Perl folgen und das Lager „durch Treibung eines Stollens“ anfahren wolle. Die voraussichtlichen Kosten von 300 Thalern solle das Forstrentamt vorschussweise tragen und das Bergamt sollte diesem in bergbaulichen Sachen beistehen (40024-12, Nr. 309).

Nach Lokalerörterung (wir würden heute vielleicht Bauanlaufberatung dazu sagen) am 25. August 1842 folgte man insbesondere auch dem Vorschlag des Bergmeisters Hering, den Stollen noch 5 bis 10 Lachter tiefer anzusetzen, wodurch man noch sicherer in unverritzte Teile des Lagers gelangen und für ein dereinst vielleicht anzulegendes Kunstrad mehr Gefälle (etwa 4 Lachter) gewinnen könne. Dieser Stollen sollte nun etwa 70 Lachter unterhalb der alten Halde und des alten, zusammengegangenen Bruches in der hier „von dem Thale daselbst gebildeten Krümmung“ angesetzt werden. Dadurch würde man zugleich den oberhalb am Gehänge anstehenden, stark zerklüfteten Fels umgehen.

Der Stolln sollte etwa 35 Lachter lang werden und von seinem Mundloch bis zum Lautenbach eine zirka 20 Lachter lange Rösche angelegt werden. Weiter legte man fest, daß das Unternehmen zunächst mit vier Mann in täglich zwei Schichten zu belegen ist, daß vorerst das benötigte Gezähe vom Königlichen Weißtaubner Stolln bei Marienberg abgezogen wird, das benötigte Holz vom Forstrevier zu stellen sei und die Rechnungsführung dem Markscheider Ferdinand Heinrich Steeger aus Marienberg übertragen werden solle.

Im März des Folgejahres 1843 waren die 300 Thaler aufgebraucht. Zwar war die 24 Lachter lange, gemauerte und mit „Dachsteinen“ abgedeckte Rösche fertig, doch stand das Stollnort erst bei 27 ¼ Lachter und hatte das Kalklager noch nicht angefahren. Den Bericht vom Bergmeister Rudolph Hering aus Marienberg und Eugen Wolfgang Freiherr von Herder schrieb Bergschreiber Carl Wilhelm Oehler nieder. Ihrem Antrag auf weiteren Vorschuß in Höhe von 150 Thalern stimmte das Finanzministerium am 10. April 1843 zu, verlangte jedoch vom Rentamt in Augustusburg und dem Bergamt in Marienberg zukünftig „quartaliter“ Berichterstattung über den Fortgang der Arbeiten.

Die nächste „Bauberatung“ fand deshalb am 19. Juni 1843 statt. Der ausführliche Bericht ist unterzeichnet von dem uns schon bekannten Bergmeister Rudolph Hering, von dem Rentbeamten Fürchtegott Leberecht Kaden, vom jetzigen Oberbergamtsassessor Eugen Wolfgang Freiherr von Herder auf Rauenstein sowie von dem Markscheider Ferdinand Heinrich Steeger (40024-12, Nr. 309, 40001, Nr. 2975 und 10036, Loc. 35338, Rep. II, Nr. 62a).

Darin steht zu lesen, daß man nur die ersten 6 bis 7 Lachter ab dem Stollnmundloch in Türstockzimmerung gesetzt habe, da das „Gestein im Ganzen ziemlich haltbar“ war. Es bestehe aus einem „sehr häufig von Quarzknauern durchzogenen und glimmerreichen Gneis von sehr verschiedener Festigkeit“, weswegen man den Vortrieb auch für 8 Thaler, 8 Groschen den Lachter habe verdingen müssen. Das Einfallen der Schichten sei ziemlich konstant mit 50° bis 70° in Morgen bei einem Streichen zwischen hora 12 und hora 2, nur in der Nähe des Kalklagers durchfuhr man eine der öfters in diesem Gebiete vorkommenden „vertikalen Schichtenwindungen“.

Bei 32 Lachter Entfernung vom Mundloch habe man nunmehr das Kalklager angefahren, aber noch nicht durchfahren, weswegen man zu seiner Mächtigkeit noch nichts sagen könne. Erfreut stellte man fest, daß es jedenfalls bedeutend mächtiger war, als man nach den alten Nachrichten vermutet hätte und in einer durchschnittlichen Höhe von 1,5 bis 2 Lachter anstand. Allerdings hatte der Stolln nur wenige Lachter weiter bereits in alte Baue eingeschlagen, in denen man „zwischen den Blöcken etwa 12 Ellen hoch hinaufsteigen“ konnte.

Der Optimismus war dennoch groß: „Namentlich nach Mitternacht zu, wo sich der alte Bau noch etwas unter die Stollnsohle nieder zieht, erscheint das Lager unabgebaut... Da zudem die umherliegenden Blöcke lediglich aus reinem Kalkstein bestehen und... ganz unzweifelhaft sich erst später aus der Firste losgezogen haben, so ist es als gewiß anzunehmen, daß die Vorfahren nicht das Lager in seiner ganzen Mächtigkeit, sondern nur die liegende Hälfte abgebaut haben.“

Weiter heißt es: „Sowohl der noch anstehende, als auch der aus der Firste niedergebrochene Kalkstein ist übrigens fast ganz weiß von Farbe, von mittlerem Korn und anscheinend völlig frei von Fossilien, mithin von vorzüglicher Qualität. Einzelne in das Hangende sich verlaufende Schmitzen sind jedoch weniger rein und enthalten Beimengungen von Talk und Chlorit. Das Streichen des Lagers scheint nach Mitternacht zu ziemlich regelmäßig in hora 1,2 bis 1,3 zu sein, während es sich nach Mittag zu mehr in hora 2 bis 3 herumzuwinden scheint, das Fallen desselben ist durchgängig zirka 50° in Morgen.“

Ungefähr drei Ruthen Kalkstein zu 54 Kubikellen hatte man nebenbei auch schon mit ausgebracht.

Bis hierhin hatte das Unternehmen schon rund 427 Thaler gekostet. Trotzdem wollte man sich aber noch mehr Gewißheit verschaffen, ob sich denn die Erbauung eines Kalkofens lohne, und plante das Absinken eines Tageschachtes ‒ auch, weil das Abfördern der Kalksteinblöcke aus den alten Bauen von der Stollnsohle aus für die Arbeiter gefährlich sein könne, wenn von oben Blöcke nachrollten ‒ sowie den Stolln bis ins Liegende des Lagers fortzutreiben. Die Kosten von weiteren 200 Thalern für die Fortsetzung der Untersuchung des Lagers wollte man dem Finanzministerium zu übernehmen empfehlen.

Diesen neuerlichen Vorschuß genehmigte das Finanzministerium auch am 19. Juli 1843 (40024-12, Nr. 309, 40001, Nr. 2975 und 10036, Loc. 35338, Rep. II, Nr. 62a).

  

Bei der nächsten gemeinschaftlichen Befahrung am 21. September 1843 war man schon etwas schlauer. In der Nähe des Durchschlagspunktes des Stollns in das Lager habe man „etwas aufgeräumt“ und es dort in einer Mächtigkeit von 7 Ellen (reichlich 3,5 m) vorgefunden. In der Sohle des Stollns stand der Kalk noch unverritzt an.

Mit einem gegen Mitternacht hora 1,2 angelegten Flügelort des Stollns habe man allerdings schon bei 6 Lachter Entfernung vom Hauptstolln erneut in einen alten, allerdings nur etwa 3 Lachter langen Bau eingeschlagen. Auch dieser war mit Steinen und Blöcken verrollt. Beim Ausräumen des Kalksteins aus diesem Bau fand man einen Durchhieb in der Firste und kurz darauf kam es zum Nachrollen von Steinen aus diesem heraus. Man vermutete einen Tageschacht, fand aber übertage keine Hinweise auf einen solchen. Das nachgerollte Material bestand vorwiegend aus Gneisstücken, es mußte also schon aus dem Hangenden des Kalksteinlagers stammen.

Die Stöße des Baus bestanden bei 8 Ellen Höhe (rund 4 m) ganz aus Kalkstein. Der Pfeiler soll nun durch das Flügelort durchfahren und das Ort um weitere 15 Lachter erlängt werden, um die Ausdehnung des Lagers in nördlicher Richtung weiter zu untersuchen. Zum gleichen Zweck wurde bei 35 Lachter Entfernung vom Mundloch (also kurz hinter dem Einschlag in das Kalklager) ein weiterer Querschlag nach Norden angesetzt. Außerdem wollte man nun unter Nutzung der alten Baue auch ein Tageschächtchen 13 Lachter flacher Länge (also tonnlägig) auf den Stolln absenken.

Die Kosten dafür hatte Markscheider Steeger auf 561 Thaler berechnet, wobei diesmal aber Einnahmen aus dem Kalkverkauf gegengerechnet werden könnten. Von den inzwischen 12 Ruthen des beim Ausräumen der alten Baue und beim Stollnvortrieb gewonnenen Kalksteins hatte man an den Besitzer des Ritterguts Wünschendorf und dessen Kalkwerk schon einmal 8 Ruthen für insgesamt 115 Thaler verkaufen können. Durch die geplanten Auffahrungen könne man ja bis zu 30 weitere Ruthen Kalk ausbringen.

Den Vorhaben stimmte auch das Finanzministerium am 27. Oktober 1843 zu und verfügte außerdem, daß Markscheider Steeger für seine Betriebsleiterfunktion ab sofort eine wöchentliche Entschädigung in Höhe von 1 Thaler, der Bergmann Christian Gottlob Krauß aber, dem die Beaufsichtigung der Arbeiter übertragen war, für seine Tätigkeit einen Zuschlag von 8 Groschen pro Woche erhalten solle (40024-12, Nr. 309 und 40001, Nr. 2975).

  

Am 16. Januar 1844 vermelden das Rentamt Augustusburg und die gerade neugeschaffene Forstmeisterei Zschopau, deren Leitung dem Oberforstmeister Hans Freiherr von Manteuffel übertragen wurde, gemeinsam an das Finanzministerium, daß man für den bisher gewonnenen Kalkstein keinen weiteren Absatz habe finden können und ersuchte erstmals um Genehmigung zur Errichtung eines eigenen Kalkofens.

Die nächste Beratung führte man am 29. Januar 1844 und wohl der Witterung halber auf der Heinzebank durch. Die Betriebsleitung konnte nun berichten, daß man das Tageschächtchen bereits weit abgeteuft habe und nur noch 1 Lachter in festem Kalkstein niederzubringen sei. Das Flügelort hatte man um 4 ½ Lachter nach Norden fortgebracht und bei 8,4 Lachter Entfernung vom Hauptstolln ein Abteufen begonnen, um die Erstreckung des Kalksteins in die Tiefe festzustellen. Der zweite Querschlag sei allerdings erst 14 Ellen vorgetrieben.

Ferner kam man überein, daß man ja allein durch die Versuchsbaue nun schon etwa 350 Kubiklachter Vorrat ausgerichtet habe, was 15.006,15 Kubikellen oder 277,9 Ruthen Kalkstein entspräche und schlug im Protokoll dem Finanzministerium erneut die Erbauung eines Kalkbrennofens vor. Letzteres prüfte die Berechnung aber ganz genau, fand einige Fehler und legte dann am 28. Februar 1844 nur fest, daß die Versuchsbaue weiterzuführen seien.

Die nächste gemeinschaftliche Befahrung des Kalkwerkes fand am 14. Mai 1844 statt. Jetzt war auch der Tageschacht bis auf die Stollnsohle durchschlägig. Im Durchbruch vom Stolln auf das Füllort fand man allerdings nur stark brüchiges Gestein vor, wodurch auf 3,5 Lachter Länge Ausbau erforderlich wurde. Immerhin könne man den Schacht nun als Ziehschacht nutzen und den Kalk leicht bis auf das Liegende aushauen.

Außerdem hatte man in Richtung Mittag ebenfalls ein Flügelort angesetzt, dieses schon 10 Lachter vorgetrieben, dabei allerdings feststellen müssen, daß im Liegenden des Lagers hier verbreitet eine ½ bis einen ¾ Lachter mächtige Kalkfäule ansteht. Im Hangenden dagegen sei das Lager meist fest mit dem Nebengestein verwachsen.

Als Kalkfäule bezeichneten die Alten stark brüchige, aufgelöste und meist bräunliche, dolomitische Zersetzungshorizonte im Kalkstein.

Im nächsten Quartal wollte man sich auf das Vortreiben des mittäglichen Stollnflügels und das Abteufen im mitternächtlichen Stollnflügel konzentrieren. Daneben wollte man die beiden Stollnflügel mit einer Quersohle“ untereinander verbinden. Auch habe man erneut 20 ¼ Ruthen Kalkstein ausbringen können, wodurch sich der Vorrat nun auf 33 ¾ Ruthen vergrößert habe. Die Berechnung der ausgerichteten Vorräte wurde daher auch auf 367,08 Kubiklachter oder 292,1 Ruthen angehoben. In Anbetracht eines jährlichen Bedarfs für einen kontinuierlichen Brennofenbetrieb könne man so schon jetzt mit einer Abbaudauer von zirka drei Jahren rechnen, innerhalb der sich das Anlagekapital restituieren müsse.

Nur ganz vorsorglich hatte man schon einmal den Maurermeister Carl August Drechsel aus Drebach hinzugezogen, um die Kosten für den Ofenbau abzuschätzen. Der sandte auch kurz darauf einen Kostenanschlag für den Bau eines Brennofens mit Steinkohlenfeuerung sowie einer Brennerwohnung und eines Vorratsschuppens in Höhe von 805 Thalern, 63 Groschen an das Bergamt Marienberg.

Nach Eingang dieses Protokolls in Dresden legte das Finanzministerium aber am 19. August 1844 erneut fest, daß die Untersuchungsarbeiten fortzusetzen seien, auch die Besoldung von Markscheider Steeger und des Steigerdienst- Versorger Krauß; die Entscheidung über den Bau eines Kalkbrennofens behielte man sich jedoch noch vor. Zuvor wolle man Bauzeichnungen und weitere Angaben über die Zweckmäßigkeit der gedachten Anlagen haben.

  

Bei der Befahrung im Mai 1845 befand man, daß das 6te Woche Luciae 1844 in Angriff genommene Abteufen auf dem mitternächtlichen Stollnflügel nun eine Teufe von 4 Lachter erreicht habe. Der Wasseranfall lag bei zwei Tonnen pro Schicht und war noch beherrschbar. Das mittägliche Stollnort hatte man dagegen noch nicht wieder belegt. Der Rohkalkvorrat übertage war auf inzwischen 42 Ruthen angewachsen.

Mit Schreiben vom 19. Juni 1845 stimmt das Finanzministerium erneut einer Fortsetzung der Ausrichtungsarbeiten, namentlich weiteren 300 Thalern Vorschuß für ein zweites Abteufen, zu. Zugleich wird das Forstamt explizit aufgefordert, den Rohkalk zu verkaufen, um Einnahmen zu erzielen, da man noch immer von einem Brennofenbau absehen wolle.

Für die Beratung am 28. Juli 1845 hatte das Rentamt Augustusburg zusammengerechnet, daß inzwischen 1.647 Thaler an Vorschüssen in die Erschließung des Kalklagers investiert worden sind. Von den inzwischen auf Vorrat geförderten 90 Ruthen Kalk habe man bisher aber nur 30 Ruthen verkauft, respektive noch 60 Ruthen auf Vorrat liegen.

Auch der Marienberger Schichtmeister Ludwig Moritz Pilz machte eine Rechnung auf, nach der nunmehr Vorräte in einem Umfange von 31.487,4 Kubikellen oder 583,1 Ruthen ausgerichtet worden seien, von denen besagte 90 Ruthen freilich schon gewonnen wurden, mithin also noch 493,1 Ruthen gewinnbar anstünden. Aus diesem Grund sei ein mehrjähriger Brennofenbetrieb möglich (40024-12, Nr. 309 und 40001, Nr. 2975).

Von Anfang an dachte man auch an den Bau eines Abfuhrweges aus dem Kalkbruch Neunzehnhain, da das Kalkwerk ohne Transportwege natürlich wenig Sinn machte (33042, Nr. 097). Zu diesem Zwecke hatte die Amtshauptmannschaft Chemnitz den Landbaumeister Krasting (oder Kresting) hinzugezogen und dem Finanzministerium am 17. August 1845 mitgeteilt, daß man einen einfachen Brennofen tatsächlich für 804 Thaler Kosten erbauen könne. Unabhängig davon erfordere aber der Ausbau eines „Kalkabfuhrweges“ zur „Schellenberger Chaussee“ eine weitere Investition in Höhe von 1.500 bis 2.100 Thalern (10036, Loc. 35338, Rep. II, Nr. 62a).

Die Planungen für diese Straße begannen bereits 1844. Im Januar 1845 fand sogar eine „Localexpedition“ mittels Schlittengespann statt. Daran nahmen Amthauptmann Brückner und der Landbaumeister teil. Eine erste Variante für den Straßenverlauf lag im Mai 1845 vor, die jedoch aus Kostengründen zunächst wieder verworfen wurde.

Erst 1847 genehmigte das Königl. Sächs. Finanzministerium dann den Bau einer Straße zur Schellenberger Chaussee – der heutigen B 101 südlich von Neunzehnhain bei Lengefeld. Um die Kosten zu reduzieren, wurden für deren Bau nur „brotlose Leute“, wie durch Hungersnot entkräftete Weber, Strumpfwirker und arbeitslose Holzarbeiter, angestellt. Da diese natürlich nicht dieselbe Arbeitsleistung, wie ein gesunder Mensch, aufzubringen in der Lage waren, ging dieser Versuch nach hinten los… Schon 1847 entstanden Nachforderungen von 731 Thalern zur geplanten Bausumme von 2.174 Thalern für diese Straße. Im September 1847 erstattete das Finanzministerium nochmals 1.785 Thaler Mehrkosten.

Überhaupt bildeten die Unterhaltungskosten der Alten Kalkstraße von Neunzehnhain nach Börnichen einen erheblichen Kostenfaktor für die Kalkwerksadministration. Alljährlich fielen für diese „785 achtellige Ruthen“ lang gewordene Straße (zirka 3,35 km) zwischen 206 Thalern (1856) und 353 Thalern (1863) Kosten an (10036, Loc. 35338, Rep. II, Nr. 62c). Diese wurden nur zu einem Viertel vom Staatsfiskus übernommen, den Rest mußte das Kalkwerk Neunzehnhain selbst aufbringen (30315, Nr. 82b).

  

Am 3. Oktober 1845 hatte das Finanzministerium auch dem Bau eines Brennofens zugestimmt. Erste Ideen dafür faßten einen „kleinen Steinkohlenofen, der seine Luft aus dem Stolln bezieht“ (...?!) ins Auge. Ein solcher Ofen könne jegliche Größe von Kalkstein und Kalkgrus (zumeist „Klares“ genannt) verarbeiten. Später könne noch ein mit Holz befeuerter Brennofen folgen (30007, Nr. 2752). An dieser Stelle führte aber Oberforstmeister von Mannteufel sogleich ins Feld, daß der immense Holzbedarf gar nicht zu beschaffen sei, solange das Zschopenthaler Blaufarbenwerk in Betrieb sei. Auch der Landbaumeister Schlenkhart meinte, daß ein Holzofen die schlechteste Wahl sei: „Von einem sogenannten Holzofen, nämlich eines solchen, in welchem bloß mit Holz gebrannt werden kann, ein Gegensatz der Zylinderöfen, in denen auch mit Holz oder Torf, vielleicht auch mit Steinkohle gefeuert werden kann, dürfte ganz abgesehen (werden), aber diese Art von Öfen die älteste und unvollkommenste unser aller, rentiert nur, wenn das Holz wohlfeiler ist, als dort, (wo es) aus den umliegenden Staatswaldungen (kommt).“

Zwar besäße auch das Kalkwerk Lengefeld einen solchen Ofen; dieser werde aber nur im Notfall benutzt, wenn der Absatz so groß ist, daß die drei Zylinderöfen es nicht schafften und dann auch nur „mit großem Schaden“. Herr Schlenkhart empfahl daher den Bau eines Steinkohlenofens.

Wer nun denkt, jetzt ginge es los, der hat sich geirrt.

Zunächst einmal kommt man bei der Fortführung der Untersuchungsarbeiten auf neue Erkenntnisse. In dem im mittäglichen Stollnflügel angesetzten Abteufen nämlich schlug man bereits in 1 Lachter Teufe unter Stollnsohle in ein Grundflöz ein, welches das Lager hier abzuschneiden schien. Auch im ersten Abteufen trat in etwas über 4 Lachter Teufe derselbe Fall ein.

  


Der Fahrbogen des Markscheiders Steeger vom 9. Dezember enthält am Blattrand diese Lageskizze zu den beiden Abteufen innerhalb des Kalklagers. Bildquelle: Sächsisches Staatsarchiv, Bergarchiv Freiberg, Bestand 40024-12 (Landesbergamt Freiberg, gewerbliche Gruben), Nr. 309, Blatt 166, leicht vergrößert.

  


An gleicher Stelle, auf der Rückseite desselben Blattes aus dem Fahrbogen, findet man diese Schnittskizze zum Abteufen. Man erkennt, daß man mit dem Gesenk auf eine steil geneigte Gneisoberfläche gestoßen ist, welche das Kalklager in der Tiefe auf sein Hangendes zu zusammendrückt. Bildquelle: Sächsisches Staatsarchiv, Bergarchiv Freiberg, Bestand 40024-12 (Landesbergamt Freiberg, gewerbliche Gruben), Nr. 309, Blatt 166, Rückseite, leicht vergrößert.

   

Am 22. Dezember 1845 fuhr daraufhin der Berggeschworenendienst- Versorger Kurt Alexander Richter aus Marienberg erneut an, fand das Abteufen mit 4 Mann belegt und vermutete aufgrund der steiler werdenden Neigung der Gneisoberfläche, daß das Kalklager nicht verworfen und gänzlich abgeschnitten, sondern nur verdrückt werde.

Auch seitens des Bergamtes wandte man in einem Bericht an das Finanzministerium vom 22. Februar 1846 ein, daß man im Abteufen das Liegende noch nicht erreicht habe und daher über die Bauwürdigkeit des Kalksteinlagers noch immer keine verbindlichen Aussagen treffen könne. Allerdings sei darüber hinaus auch zu bedenken, daß das Hangende sehr zerklüftet und druckhaft sei, was viel Ausbauholz erforderlich machen werde. Daher wolle man vonseiten des Bergamtes lieber die Versuchsbaue fortsetzen, anstatt bereits jetzt mit dem Bau eines Kalkwerkes zu beginnen.

Aufgrund der komplizierter werdenden Aufgaben äußerte nun außerdem der Steigerdienst- Versorger Krauß, der ja nur ein einfacher Bergmann war, den Wunsch, die Anstellung in Neunzehnhain aufzugeben und zu den Wünschendorfer Kalkwerken zu wechseln, weil er sich den Herausforderungen hier nicht mehr gewachsen sehe.

Daraufhin schlug Schichtmeister L. M. Pilz vor, den Steiger auf St. Johannes zu Wolkenstein, Carl Gottlob Schreiber, zukünftig mit der Aufgabe als Steiger in Neunzehnhain zu betrauen.

Das Hin und Her wurde nun wiederum dem Finanzministerium in Dresden zu bunt und so verordnete es am 24. Februar 1846, „den Bau des Kalkofens mit zwei Kesseln zur Ausführung zu bringen, im Übrigen der Verordnung vom 3. Oktober vergangenen Jahres nachzukommen und für thunliche Beschleunigung des Ofenbaus zu sorgen...“

Wer nun denkt, aber jetzt ginge es los, der täuscht sich immer noch.

Natürlich benötigte auch damals schon auch eine staatliche Forstverwaltung für die Errichtung von Gebäuden und Anlagen eine Baugenehmigung, welche in diesem Falle von der Amtshauptmannschaft Chemnitz einzuholen war. Zu diesem Zwecke hatte sich dieselbe in Person von Amtshauptmann Brückner am 7. November 1845 „nach Neunzehnhain verfügt“, wo man gemeinschaftlich schon mal den Bauplatz abgesteckt habe (40024-12, Nr. 309 und 40001, Nr. 2975). Um die Ofengicht leicht erreichen zu können, solle der Ofen an „einen Felsenbusen“ angelehnt werden. Auch werde dieser Platz mit dem untertägigen Abbau, nach dem Fallen des bisher erkundeten Lagers zu urteilen, erst bei 50 Lachter Teufe erreicht, so daß er auf lange Zeit standsicher sei. Daneben wurde auch noch der Bau eines Stallgebäudes empfohlen, um den Fuhrleuten und ihren Zugtieren einen Unterstand für die Zeit ihres Aufenthaltes zu ermöglichen (30007, Nr. 2752).

Auch der Landbaumeister Krasting hatte sich am 14. Februar 1846 wieder mit der Mitteilung gemeldet, daß man für 1.242 Thaler auch einen „sogenannten Stichflammenofen mit doppelten Kesseln“ errichten könne (Loc. 35338, Rep. II, Nr. 62a). Dabei muß es sich um einen „Brennofen mit großer Flamme“ – wie es die Autoren Wunder, Herbrig und Eulitz im Jahr 1864 benannten – gehandelt zu haben, welcher also von vornherein auf Befeuerung mit Steinkohle ausgelegt war.

Am 4. März 1846 kam man erneut in der Oberforstmeisterei Zschopau zusammen, konstatierte, daß die Vorbereitungen für den Bau weit gediehen, der Platz gerodet und begradigt und die Steine für den Bau gebrochen seien. Aber „die in neuerer Zeit ungünstigeren Erfahrungen der fortgeführten Versuchs- und Hilfsbaue“ führten nun auch die Forstverwaltung, die bisher oft auf den Ofenbau gedrängt hatte, zu dem Entschluß, von demselben vorläufig noch Abstand nehmen zu wollen.

Das Protokoll dieser Beratung in Zschopau faßte den erreichten Stand als Grundlage dieser Entscheidung wie folgt zusammen:

  • Das Stollnort hat 12 Lachter vom 1. Abteufen das Hangende des Kalklagers angefahren, wo der Kalkstein 3 Lachter mächtig und von guter Beschaffenheit sei. Im Liegenden stehe allerdings Kalkfäule, ½ Lachter mächtig, an und greife ins Hangende über.

  • Der mittägliche Stollnflügel habe auf auf 16 Lachter Länge vorzüglichen Kalkstein mit 3,2 Lachter Mächtigkeit aufgeschlossen, auf der zuletzt noch um 0,8 Lachter erlängten Strecke aber erneut in alte Baue eingeschlagen.

  • Das mitternächtliche Flügelort wurde noch 4 Lachter fortgebracht.

  • Das zweite Abteufen habe man hingegen sistieren müssen, da die Grundwasserzugänge stark angestiegen seien.

  • Schließlich hatte man aus dem Tageschacht heraus bei 7,5 Lachter über dem Stolln eine Mittelstrecke nach Mitternacht angeschlagen, wo sich der Kalkstein zunächst fest anstehend gezeigt hatte, war aber schon nach 2 Lachter Entfernung in Kalkfäule eingeschlagen, die bei 6 Lachter Entfernung vom Tageschachte so überhandnahm, daß sich nur noch einzelne Kalkwacken darinnen fanden.

  • Daraufhin habe man in 6 Lachter Höhe über dem Stolln eine weitere Mittelstrecke in mittägliche Richtung angesetzt, wo der Kalkstein „frisch und fest“ und 3 Lachter mächtig ansteht, habe diese inzwischen 2 Lachter fortgebracht und nur im Liegenden wieder Kalkfäule vorgefunden.

Insgesamt liege die Ansicht nahe, daß der Kalkstein kaum als ein zusammenhängendes Lager zu betrachten und jedenfalls für einen nachhaltigen Abbau keineswegs als günstig anzusehen sei. Besonders bedenklich sei außerdem der Zustand der Firsten, welche ein höchst gefährliches und druckhaftes Dach des Kalksteinlagers bilden. Somit seien die Aussichten für einen rentablen Betrieb „einigermaßen getrübt.“ Daher nun meine die Amtshauptmannschaft Chemnitz auch, es sei „der Mühe nicht werth, einen Kalkofen nebst den übrigen Tagegebäuden herzustellen..., weil er nach Verlauf von 4 bis 5 Jahren nutzlos dastehen werde.“ Dagegen stimme man zunächst dem Ausbau der Straße zu. Im Übrigen weigere man sich natürlich nicht, auch dem Bau der Gebäude zuzusagen, wolle aber „unsere unerheblichen Ansichten der hohen Finanzbehörde zur Prüfung unterstellen.“

Am Ende wird noch niedergeschrieben, daß Markscheider Steeger nach Freiberg versetzt werde und daher Schichtmeister Pilz die technische Aufsicht und Rechnungsführung für das Kalkwerk übernehmen solle.

Inzwischen mehrten sich nämlich auch die Stimmen der „begüterten Bürger von Neunzehnhain“, die nicht verstehen könnten, warum man mit dem Bau des Kalkwerkes so lange zögere. Schließlich läge das Kalkwerk Lengefeld weit entfernt und könne den Bedarf kaum decken, während man in Neunzehnhain immer noch den Rohkalk an andere Brennereibesitzer zu verkaufen suche (30007, Nr. 2752).

  

Am 24. April vermeldete das Bergamt nach Dresden, daß man das Stollnort nach Mitternacht um weitere 15 Lachter fortgebracht habe, dabei das Lager von guter Beschaffenheit und bis zu 4 Lachter mächtig vorgefunden habe. Nun sehe man vor, das Ort nochmals um 15 bis 20 Lachter fortzubringen, um dort entsprechend der Abflachung des Gebirges wieder zutage auszuschlagen und so nebenbei auch einen Weg zur Ableitung des Wassers herzustellen. Auch die untere Mittelstrecke nach Süden haben man noch um 8 Lachter erlängt, dabei aber hauptsächlich die ½ Lachter starke Fäule vorgefunden.

Daraufhin antwortet man am 9. Mai 1846 aus Dresden, „man genehmige die Fortsetzung der Versuchsbaue, bemerke jedoch zugleich, daß, wenn sich dabei abermals kein günstiges Resultat ergeben sollte, man sich geneigt sehe, die... Untersuchungen gänzlich und für immer sistieren zu lassen.“ Bis Oktober 1846 sei Bericht zu erstatten.

Das ist doch mal ´ne Ansage.

Am 22. Juni 1846 befuhr der inzwischen zum Bergmeister in Marienberg ernannte und nun für das zusammengelegte Bergamt Marienberg mit Geyer und Ehrenfriedersdorf zuständige Rudolph Hering gemeinsam mit Geschworenendienstversorger Kurt Alexander Richter und Schichtmeister Ludwig Moritz Pilz das Kalkwerk Neunzehnhain. Bei der Gelegenheit besichtigte man auch die umliegenden Kalkwerke auf Wünschendorfer und Rauensteiner Flur.

Dabei war zu konstatieren, daß das Stollflügelort nach Mitternacht auf 32 Lachter Länge fortgebracht war und im festen Kalk stehe. Die Mächtigkeit sei immer noch nicht angebbar, da das Lager noch nicht erneut durchbrochen worden sei.

Mit einer aus dem Lautental heraus hora 5,1 gegen Abend angelegten Rösche habe man bei 15 Lachter Länge ebenfalls das Kalklager angefahren, was zumindest bestätige, daß es sich in nord- südlicher Richtung forterstrecke, was somit die Aussichten auf einen rentablen Betrieb wieder steigen lasse. Hier wäre sogar ein Abbau im Tagebau denkbar, wie es vielleicht auch schon Herr von Berbisdorf seinerzeit ausgeführt haben könnte. Die Bergbeamten weisen daher den Steiger Schreiber an, die Abholzung und Entblößung des Lagers an diesem Punkt in Angriff zu nehmen.

Das Mittelstreckenort sei nicht mehr belegt, da man dort erneut alte Baue angefahren habe, die den Fortbetrieb zu gefährlich gemacht hätten.

Schon am 25. Juli 1846 erfolgte eine erneute „Expedition“ nach Neunzehnhain. Im Abteufen hatte man nun eine Drückelpumpe installiert, mittels derer man die Grundwasser mit nur einem Mann bequem niederhalten konnte. Auch das zweite Abteufen hatte man auf 2,4 Lachter Teufe abgesenkt, dabei nun leider aber feststellen müssen, daß das Kalklager dort völlig auskeilt (40024-12, Nr. 309, 40001 und Nr. 2975).

  


Schnittzeichnung des Kalklagers am Blattrand des Fahrberichtes vom 25. Juli 1846. Darin bedeuten: k = Kalkstein, g = Gneis, a´ - a` kennzeichnet die Stollensohle, A markiert das Streckenauge des Stollnflügels, der auf dem Liegenden von SW nach NO in Richtung des Tageschachtes getrieben wurde. Bildquelle: Sächsisches Staatsarchiv, Bergarchiv Freiberg, Bestand 40024-12 (Landesbergamt Freiberg, gewerbliche Gruben), Nr. 309, Blatt 225, etwa Originalgröße.

   

In den weiteren Ablauf mischte sich auch ein erster ein Unglücksfall: Beim Abräumen des Abraums über dem Kalklager zur Einrichtung eines Tagebaus hatte sich eine offenbar lose Wand, nachdem ihr Fuß von Geröll befreit war, gänzlich abgelöst und ist auf die Arbeiter niedergestürzt. Der Arbeiter Hieronymus Oesterreich aus Dörfel bei Marienberg kam mit einem Wadenbeinbruch davon, Friedrich August Krauß aus Pobershau (vielleicht ein Verwandter des Aufsehers Christian Gottlob Krauß) dagegen wurde verschüttet und schwer verletzt. Immerhin kam niemand zu Tode und auch F. A. Krauß konnte im Februar 1847 wieder aus ärztlicher Behandlung entlassen werden.

Wie dessen Rückfrage vom 24. August 1847 zu entnehmen ist, hatte man bis dahin aber ganz vergessen, die Behandlungskosten in Höhe von 11 Thalern, 15 Groschen an den Herrn Doktor Gotthelf Friedrich Lorenz zu erstatten (40024-12, Nr. 309). Am 15. September forderte dann auch noch ein Dr. Dittmann seine Auslagen für die Behandlung des Krauß in Höhe von 3 Thalern, 22 Groschen vom Bergamt Marienberg zurück (40024-12, Nr. 310). Da es sich offiziell noch immer um Versuchsbaue handelte, waren wahrscheinlich auch die Arbeiter noch nicht über die Steinbruchsberufsgenossenschaft versichert.

Der Geschworenendienstversorger K. A. Richter befuhr das Kalkwerk am 22. September; am 15. Oktober 1846 wieder der Bergmeister R. Hering selbst. Der Tagebau hatte im Schnitt nun 6 Ellen Tiefe erreicht, wobei das Kalklager aber auch erst in dieser Tiefe erreicht wurde. Zuoberst fand sich nur Kalkfäule, nur unmittelbar über der Röschenfirste stand fester Kalkstein an.

Das Abteufen hatte nun 5 Lachter Teufe erreicht, wo man zudem ein Streckenort nach Norden angelegt hatte. In der Sohle fand sich jedoch gar kein Kalkstein mehr. Erst beim Vortrieb des Ortes nach Norden fand man in dessen Firste wieder Kalkstein. Daher liege das Kalklager nach Annahme Hering's wohl muldenförmig im Gneis und habe eine mandelartige Form.

    

 
Zwei Schnittzeichnungen des nordöstlichen und südwestlichen Stoßes des Abteufens im Fahrbericht von Bergmeister Hering vom 15. Oktober 1846. A = Streckenauge des Ortes auf der Sohle des Abteufens nach Nordosten. Bildquelle: Sächsisches Staatsarchiv, Bergarchiv Freiberg, Bestand 40024-12 (Landesbergamt Freiberg, gewerbliche Gruben), Nr. 309, Blatt 238, Rückseite, etwa Originalgröße.

  

Inzwischen war auch der Oktober fast um und Oberforstmeister von Manteuffel erinnerte das Bergamt daran, daß man ja doch Bericht an das Finanzministerium zu erstatten habe. Im Bergamt hatte man aber noch einmal eine Generalbefahrung gemeinsam mit der Amtshauptmannschaft Chemnitz geplant, welche dann endlich am 19. November 1846 stattfand.

Am 12. November 1846 hatte auch der Finanzrat Eduard Polenz von der Domänenexpedition aus Dresden eine Besichtigung des Kalkbruchs vorgenommen und darüber notiert, daß zwar die Herstellung des Brennofens, der Brennerwohnung, eines Vorratsschuppens und des Kalkabfuhrweges längst angeordnet gewesen sei, „auf Antrieb des Bergamtes Marienberg“ der Bau aber zurückgestellt worden sei und daß man zunächst weitere Untersuchungen vorgenommen habe (10036, Loc. 35338, Rep. II, Nr. 62a). Mit den Domänen (oder in diesem Aktentitel Domain) waren staatseigene Güter gemeint.

Zu Vorbereitung dieser Generalbefahrung hatte Schichtmeister Pilz erneut eine Kostenzusammenstellung angefertigt. Demnach hatte die Aufschließung und Ausrichtung des Kalklagers von Quartal Luciae 1842 bis Luciae 1846 alles in allem 3.594 Thaler, 19 Groschen, 5 Pfennige Kosten verursacht. Im Jahr 1846 hatte man noch einmal 58 ½ Ruthen Kalkstein gewinnen können; insgesamt seit 1842 nun also 138 ½ Ruthen, von denen 32 verkauft, mithin noch 106 ½ Ruthen zum Brennen sofort vorrätig seien. Aus dem Verkauf besagter 32 Ruthen habe man demgegenüber Einnahmen in Höhe von gerade einmal 475 Thalern erzielt (40024-12, Nr. 310 und 10036, Loc. 35338, Rep. II, Nr. 62a).

Aber die Vorratsberechnung fiel nun erheblich günstiger aus: Ging man noch vor knapp zwei Jahren von nur 493,1 Ruthen gewinnbarem Vorrat aus, so errechnete Pilz jetzt, daß zusätzlich unter dem Stollen noch 466,48 Ruthen anstünden und da das Lager auch in größerer Ausdehnung gefunden worden sei, kämen weitere 835,32 Ruthen hinzu, mithin sei in Summe nun 1.793,9 Ruthen gewinnbarer Kalksteinvorrat bekannt.

Bei einem jährlichen Bedarf für einen Brennofenbetrieb von 120 Ruthen resultiere daraus eine Betriebsdauer von etwa 14 ½ Jahren und man könne abzüglich der Baukosten, der Brecher- und Brennerlöhne und der Brennmaterialkosten Einnahmen von ss. 18.043 Thalern erwarten.

Auch hinsichtlich des zu erbauenden Ofentyps haben sich die Pläne in der Zwischenzeit präzisiert (30007, Nr. 2752): Nach dem Landbaumeister Krasting sei ein „Stichofen (ein Stichflammenofen, oder wie Wunder, Herbrig und Eulitz 1867 diesen Brennofentyp benennen: ein „kontinuierlich arbeitender Ofen mit großer Flamme“) dem Nenntmannsdorfer oder Flaschenofen vorzuziehen, in dem die im vorliegenden Fall als Brennmaterial dienende, ihrer Qualität nach aber sehr geringe Flöhaer Steinkohle auf erstgedachter Art Oefen sich nicht allein schon durch längere Erfahrung als ganz brauchbar erwiesen, sondern auch – nach einer auf dem Betrieb des Wünschendorfer Stichofens basierten Berechnung des Kalkbrenners Weinhold, verglichen mit dem von dem Kalkwerksinspektor Rübe zu Crottendorf angegebenen Bedarf an Zwickauer Steinkohle bei dem Flaschenofen in Unterwiesenthal – zu einem Brande von 50 Scheffel Kalk circa 8 Scheffel Steinkohlen weniger erforderlich werden, und endlich dagegen die von dem mehrgenannten Weinhold abgegebene und bereits hohen Orts vorgelegene Skizze zu den Kalkofenunterlagen der in Neunzehnhain stattfindenden Terrainverhältnisse halber sich nicht zur Anwendung eignen…“ Grundsätzlich sei auch ein doppelter Brennofen zu bevorzugen, da dieser nur etwa die Hälfte mehr koste, als der Bau eines zweiten Brennofens.

Wer jetzt denkt, aber nun ginge es endlich los, hat sich noch immer geirrt.

 

Schon im Jahre 1844 nämlich hatte man begonnen, sich auch darüber Gedanken zu machen, wie denn die Administration, also die Leitung, des künftigen Kalkwerkes aussehen sollte und dazu Bescheid von der Amtshauptmannschaft Chemnitz eingeholt. Der damalige Interimsverwalter Freiherr von Biedermann schrieb daraufhin am 4. Oktober 1844 an die Forstverwaltung, daß es sich ja um einen unterirdisch betriebenen Kalksteinbruch handele, welcher unbedingt der Aufsicht eines bergmännisch gebildeten Mannes unterworfen werden solle. Außerdem wies auch er darauf hin, daß ein „nach Willkür mit Holz, Torf oder Steinkohlen gefeuerter Cylinderofen einem reinen Holzofen vorzuziehen sei. Zwar sei der Bau eines solchen Ofens teurer, aber in Anbetracht steigender Nachfrage nach Düngekalk, welcher gerade in einem Steinkohlenofen wohlfeiler zu produzieren sei, sei letzterer unbedingt anzuraten.

Der folgende Schriftverkehr über die Wahl der Form der Betriebsführung füllt etliche Seiten der Akte, zumal in dieser Zeit auch die Bergverwaltung neu organisiert wurde und nun das Bergamt Annaberg mit Marienberg für das Kalkwerk zuständig wurde (40024-12, Nr. 310). Noch im Juli 1847 lehnte der inzwischen zuständige Amtshauptmann Brückner in Chemnitz ab, die Administration des Kalkwerkes zu übernehmen. Stattdessen schlug er vor, daß doch der Zschopauer Oberforstmeister von Manteuffel diese Funktion ausüben solle, schließlich befinde sich das Kalkwerk ja in der Nähe dessen Wohnsitzes (10036, Loc. 35338, Rep. II, Nr. 62a).

Im Februar 1847 wurde auch der Landbaumeister des 2. Landbaukreises in Zwickau, der Herr Krasting (oder Kresting, seine Unterschrift ist schwer zu lesen) erneut befragt. Steiger Schreiber nämlich hatte sich am 11. April 1847 bei der „königl. Kommission für das Kalkwerk Neunzehnhain beschwert, daß sich seine Stellung seit seinem Weggang aus Wolkenstein nicht gebessert habe, da es an einer Wohnung für seine Familie mangele und seine Lebenshaltungskosten daher angestiegen seien. Deshalb hatte man sich überlegt, daß sowohl der Steiger, als auch der Brennmeister eine Wohnung auf dem Kalkwerk erhalten sollten.

Dadurch stieg nun aber auch der Kostenanschlag des Landbaumeisters für das Errichten der Gebäude auf 1.004 Thaler, 15 Groschen. Das wiederum gefiel in Dresden überhaupt nicht und man schlug vor, doch einen auch zum Brenner qualifizierten Steiger anzustellen, um die zweite Wohnung wieder einzusparen. Außerdem hatte man sich im Finanzministerium am 15. Juli 1847 entschieden, die Forstverwaltung anzuweisen, „einestheils, um Platz zu gewinnen, wo der gebrochene Kalk aufgeruthet wird, anderntheils, um die Kosten ohne dringenden Grund nicht noch weiter zu erhöhen, den gebrochenen Kalk zu verkaufen und den (Steinbruch-) Betrieb aufhören zu lassen. Das Bergamt habe das Werk in der Zwischenzeit „in gehörige Aufsicht zu nehmen und von Zeit zu Zeit zu befahren. Weitere Entschließungen behielt man sich vor, bis eine Entscheidung über die Art und Weise der Administration getroffen sei (40024-12, Nr. 310).

Warum letzteres eigentlich so schwierig war, erscheint uns heute unverständlich ‒ es war ja nun keineswegs so, daß es ähnliche Kalkwerke nicht überall in Sachsen schon gegeben hätte und man das Fahrrad hätte völlig neu erfinden müssen...

  

Nun endlich begann man mit dem Bau der Brennöfen: Nach einer erneuten Besichtigung der Baustelle durch den schon bekannten Herrn Eduard Polenz vom Finanzministerium am 25. Mai 1847 notierte dieser, daß nunmehr „die beiden Kessel zu den Kalköfen …in zweckmäßiger Weise zu bauen begonnen, der Kalkschuppen fast fertig“ und auch der Kalkabfuhrweg inzwischen auf 400 Ruthen Länge fertiggestellt sei. Im Juni 1847 berichtete auch Amtshauptmann Brückner aus Chemnitz nach Dresden, daß binnen „zwölf Wochen die zwei Kessel in Gangbarkeit gebracht werden“ könnten. Aber obwohl man schon 2.192 Thaler Baukosten darauf verwendet habe, sei der Kalkabfuhrweg noch immer nicht fertig und wahrscheinlich würden weitere 1.780 Thaler für dessen Fertigstellung erforderlich (10036, Loc. 35338, Rep. II, Nr. 62a). Ab 1851 wurde das Kalkwerk an den Kosten für Bau und Unterhaltung der Straße zunächst zur Hälfte, später zu drei Vierteln beteiligt (10036, Loc. 35338, Rep. II, Nr. 62b).

Dem nächstfolgenden Fahrbericht des Marienberger Schichtmeisters Pilz vom 13. August 1847 kann man entnehmen, daß die Belegung des Werkes bis dahin bei insgesamt sechs Mann und dem Steiger Schreiber gelegen habe und infolge der Verordnung aus Dresden auf nur noch einen Hauer und den Steiger reduziert werden solle. Außerdem wolle man das Stollenmundloch durch Ausmauerung sichern ‒ niemand wußte schließlich, wie lange sich weitere Entschließungen noch hinziehen sollten (40024-12, Nr. 310).

Schließlich kam dann am 28. August 1847 ein Brief des Rentbeamten Kaden aus Augustusburg in Dresden an, in dem es heißt: „Der Bau der beiden miteinander verbundenen Steinkohlenkalköfen bei Neunzehnhain ist vollendet, alle übrigen Baue sind der Vollendung nahe… so daß in einigen Tagen das Kalkbrennen ohne Gefahr für die Kessel seinen Anfang nehmen kann.“ (10036, Loc. 35338, Rep. II, Nr. 62a)

Daher hatte man sich am 31. August 1847 dann auch in Dresden doch schon weiterhin entschlossen und traf die folgenden Anordnungen:

  • Die Kreisdirektion Zwickau und das Rentamt Augustusburg haben gemeinschaftlich die Aufsicht zu übernehmen.

  • Das Rentamt hat die Rechnungsführung zu besorgen, d. h. der Schichtmeister Pilz aus Marienberg müsse ab sofort nur noch die bergbauliche Aufsicht führen.

  • Bei der Errichtung der Anlagen ist der Landbaumeister hinzuzuziehen. Alle Einrichtungen sollen aber so einfach wie möglich gehalten werden.

  • Nach der Errichtung des Kalkofens ist zunächst nur der schon vorrätige Kalk zu brennen.

  • Es ist nur eine Person als Steiger und Brennmeister anzustellen, diese bekommt eine Wohnung auf dem Werk und die kostenfreie Erlaubnis für ein beschränktes Schankrecht auf dem Werke gleich mit dazu.

  • Eingestellt wird als solcher Herr Carl Gottlob (oder Karl Gottlieb) Weinhold.

  • Selbiger soll einen Wochenlohn von 2 Thalern erhalten und mit 2 Pfennigen an jedem verkauften Scheffel Kalk und mit 1 Pfennig an jedem verkauften Scheffel Kalkasche beteiligt werden.

  • Die Scheffelmaße hatte der Rentbeamte im Amt Wolkenstein zu beschaffen, wo solche bereits in Gebrauch seien.

  • Auch der Rentbeamte wird, und zwar mit 5 Pfennigen vom verkauften Scheffel Kalk und mit 3 Pfennigen vom Scheffel Kalkasche, am Gewinn beteiligt und erhält für seine Aufwendungen für jede Fahrt nach Neunzehnhain zusätzlich 1 Thaler Entschädigung.

Nebenbei ist an dieser Verordnung von Interesse, daß darin ganz ausdrücklich vom Dresdner Scheffel die Rede ist, obwohl dieser erst 1855 als alleiniges Scheffelmaß in Sachsen gesetzlich vorgeschrieben wurde (40024-12, Nr. 310).

Aus den Akten des Rentamtes Augustusburg haben wir über Herrn C. G. Weinhold noch erfahren, daß er aus Kunnersdorf stamme, sich schon in früher Jugend für den Bergbau interessiert und 1820 auf der Kalkbrennerei in Bräunsdorf bei Freiberg gelernt habe. Von 1835 bis 1836 hatte er dann für den Kammerherrn von Beschwitz auf Arnsdorf auf dem dortigen Kalkbruch gearbeitet, bis dieser Bruch zudringenden Wassers wegen aufgegeben werden mußte. Danach hatte er selbst Kalköfen gepachtet und betrieben, bis die Stelle in Neunzehnhain vakant wurde. Auf Weisung des Königl. Finanzministeriums sollte Weinhold für seine Stelle allerdings eine Kaution von 400 Thalern im Justizamt zu Augustusburg hinterlegen, über die er nicht verfügte. Weinhold hoffte auf eine Bürgschaft seines Schwiegervaters in Bräunsdorf, der jedoch aus Altersgründen sein dortiges Haus nicht mit Hypotheken belasten wollte. Letztlich mußte Weinhold’s Gattin mit ihrem Vermögen für die restliche Hälfte der Kaution bürgen (30007 Nr. 2753).

Außerdem liest man in dieser Quelle noch, daß die Neunzehnhainer Kalköfen von Anfang an praktisch ausschließlich mit Steinkohlen befeuert worden sind. Als Kalkmesser wurde ein Mann namens Sommer eingestellt.

  

In einem Schreiben vom 14. November 1847 bat Schichtmeister Pilz das Bergamt, trotz der Sistierung des Abbaus wenigstens „einen tüchtigen Zimmerling auf dem Werke behalten zu dürfen, dem die Unterhaltung desselben zur Pflicht gemacht werde... (da) dem Königlichen Bergamte die Gefährlichkeit des fraglichen Kalksteinbruches nur zu wohl bekannt ist.“ Das aber lehnte das Finanzministerium in Dresden mit dem Hinweis darauf ab, daß es ja noch nicht wieder nötig sei, Kalkstein zu brechen; es seien schließlich noch immer 106 ½ Ruthen vorrätig und nach dem rentamtlichen Bericht vom 11. März 1848 davon erst 8 Ruthen im Jahr 1847 und in den ersten sechs Monaten des Jahres 1848 weitere 35 ¼ Ruthen Kalkstein gebrannt worden (40024-12, Nr. 310). Da Steiger Schreiber das Werk inzwischen verlassen hatte, sollte schließlich ein Zimmerling aus dem Erzbergbau bestellt werden (30007, Nr. 2753).

Einem „Natural Extract“ vom Oktober 1847 ist zu entnehmen, daß man von der Fertigstellung des Ofens und dessen Inbetriebnahme im September bis zum Oktober noch „8 Ruthen eingeschlagen“ und davon 805 Scheffel, 8 Metzen Steine gewonnen habe. Von diesen habe man 780 Scheffel, 8 Metzen gebrannt und 487 Scheffel, 13 Metzen Kalk sowie 190 Scheffel, 12 Metzen Kalkasche erhalten. Den Ausgaben für das Zurechtschlagen, Einsetzen und Brennen in Höhe von 292 Thalern, 18 Groschen stand eine Einnahme aus dem Verkauf von 200 Thalern, 25 Groschen gegenüber (10036, Loc. 35338, Rep. II, Nr. 62a). Aus den 35 ¼ Ruthen Kalkstein im Jahr 1848 produzierte man dann schon 2.550 Scheffel Kalk und 1.002 Scheffel Kalkasche. Im Folgejahr war die Produktion sogar auf 4.268 Scheffel Kalk (zirka 450 t) und 1.883 Scheffel Asche angestiegen (10036, Loc. 35338, Rep. II, Nr. 62b).

Die hier neben dem Scheffel verwendete Einheit, der Metzen“ (auch die Metze“), wurde eigentlich vorwiegend in Süddeutschland als Getreidemaß verwendet. Regional unterschiedlich gab es große“ und kleine Metzen“, die den achten oder den sechzehnten Teil eines Scheffels umfaßten. So unterschiedlich wie die Scheffelmaße waren auch die Metzen und reichten von 3,5 Liter bis zu 75 Liter Rauminhalt. In Sachsen hielt ein Metzen meist etwa 6,5 Liter (wikipedia.de).

Rechnet man obige Angaben einmal nach, so ergibt sich zunächst mit einer fiskalischen Kalkruthe zu 54 Kubikellen, also zirka 8,2 m³ Rauminhalt, daß Schichtmeister Pilz im September 1847 etwa 65,6 m³ Kalkstein hat einschlagen“ lassen. Durch das Zerschlagen der geförderten Brocken in brennfähige Kalkstücke kommt es offenbar zu einem ganz beachtlichen Volumenzuwachs von mehr als 30%, denn 805 Scheffel und 8 Metzen ergeben etwa 86,2 m³ Rauminhalt.

Eine Berechnung vom Steiger und Brennmeister Weinhold besagte, daß eine fiskalische Kalkruthe von 54 Kubik-Ellen 80 Scheffel zum Brennen geeignet zurechtgeschlagener Kalksteine ergäbe. Sie ergäbe nach dem Brennen 70 Scheffel gebrannten Kalk, nebst 20 Scheffeln Kalkasche. 95 Scheffel geschlagene Kalksteine ergäben dagegen 85 Scheffel Kalk, nebst 25 Scheffeln Asche (30007, Nr. 2752). Für eine „Ofenreise“ resultierten die folgenden Kosten:

  • 8 Thaler, die Ruthe Rohstein zu brechen, bis zutage zu fördern und hinzusetzen, mit den Schmiedearbeiten für das Gezähe,
  • 3 Thaler, 10 Groschen, die Ruthe zurechtzuschlagen und auf den Ofen zu schaffen,
  • 15 Thaler, für 30 Scheffel Steinkohle aus Flöha, also je Scheffel 7 Groschen, 5 Pfennige,
  • 7 Thaler, 15 Groschen der Fuhrlohn, die Kohle aus Flöha heranzuschaffen, wenn die Fuhrleute mit barem Gelde bezahlt würden,
  • 18 Groschen, die 30 Scheffel Kohle ofenrecht zu schlagen, also 6 Pfennige pro Scheffel,

summa summarum entstünden also 26 Thaler, 28 Groschen Kosten für einen Ofenbrand.

  

1848 findet man in einer Aufführung des Inventars des Kalkwerkes durch das Rentamt die folgende Beschreibung der Brennöfen: Man hatte tatsächlich zwei Brennöfen nebeneinander aus Stein errichtet und die Gichtbühnen mit einer hölzernen Dachkonstruktion versehen, die drei Türen besaß und mit Schiefer eingedeckt war. Zwischen den beiden Brennöfen stand das „Kalkgewölbe“ mit einem zweiflügligen Tor. Die Öfen besaßen je vier einflügelige Türen, links und rechts von den Öfen standen die „Ascheräume“ mit je einer Tür. Auch in der Schürebene oberhalb der Kalkabzüge und unterhalb der Ofengicht befand sich je eine weitere Tür.

Links vom Stollnmundloch habe der Kalkvorratsschuppen gestanden; ebenfalls gänzlich aus Stein gemauert, mit einem zweiflügligen Tor und mit Ziegeln gedeckt. Im Innern war er durch Bretterwände in mehrere Lagerräume unterteilt. Für die Lagerung der Kalkasche hatte man einen weiteren, hölzernen Schuppen links der Ofenanlage errichtet.

Daneben hatte man als Kalkmesserwohnung noch ein weiteres Haus gebaut; mit gemauertem Erdgeschoß, einem Obergeschoß aus Fachwerk und einem mit Ziegeln gedecktem Dach. Im Obergeschoß war die Wohnstube, mit Kachelofen und „kupferner Wasserpfanne“. Außerdem gehörte zur Wohnung eine Küche, von der aus auch der Stubenofen beheizt wurde, ein Abtritt und ein Kellerraum an den Kalköfen. Der war aber kaum brauchbar, denn die Kartoffeln des Steigers verfaulten darin. Landbaumeister Kresting mußte ihn mit einem Schuppen überbauen, während man den Keller nur noch als Lagerraum für Kohle nutzte.

Für die Gespanne der Kundschaft hatte man außerdem noch einen Pferdestall mit Platz für fünf Tiere errichtet. Als Tränke diente ein Steintrog, der von einer hölzernen Röhrwasserleitung gespeist wurde. Für die Notdurft gab es einen weiteren „Leuteabtritt“ mit Sitz und Brille.

Der Scheffel ungelöschter Kalk kostete im Januar 1849 am Werk 17 Neugroschen, gelöschter Kalk 11 Neugroschen und Kalkasche 8 Neugroschen, 5 Pfennige der Scheffel.

Wenige Monate später – im April 1849 – war zwar die Nachfrage nach „Feldkalk“ gesunken, jedoch guter Baukalk besonders gefragt, der in Wünschendorf 22 Neugroschen der Scheffel kostete. Man versuchte daher, Kalk in größeren Stücken zu brennen und die „Konjunktur“ auszunutzen. Der Scheffel Stückkalk wurde nun in Neunzehnhain zu 21 Neugroschen verkauft – allerdings nur bei Barzahlung und nicht auf Kredit. Kalkasche dagegen war gerade gar nicht absetzbar. Im Mai 1849 mußten daher 130 Scheffel, die aus Platzmangel bereits im Freien gelagert waren, unter Leitung des Rentbeamten Kreysig versteigert werden. Die Auktion brachte dem Werk immerhin noch 15 Thaler, 25 Groschen ein (30007, Nr. 2753).

  

Schon im Oktober 1848 vermeldet Schichtmeister Pilz, daß der Tageschacht wandelbar geworden sei, weil die Auszimmerung faulig geworden ist. Der Schichtmeister schlug „eine Verwahrung des Schachtes über dem Stolln“ vor, da er für den Weiterbetrieb nicht mehr gebraucht werde. Inzwischen war der Stolln bis „in das mitternächtliche Revier“ durchschlägig, so daß der Schacht auch für die Bewetterung nicht mehr nötig war (30007 Nr. 2753).

Der Fahrbogen von Schichtmeister Pilz vom August 1849 besagt dann, daß man binnen dieser zwei Jahre den größten Teil des vorrätigen Kalksteins gebrannt habe und daher den bergbaulichen Betrieb wieder aufnehme. Pilz ließ dazu das Abteufen wieder mit zwei Mann belegen, die im Gedinge für zunächst 2 Thaler die Ruthe, einschließlich Förderung und Materialien, Kalkstein abzubauen hatten. Pilz ließ aber den Gedingelohn schnell bis auf 5 Thaler die Ruthe anheben, da sich der Förderweg zunehmend verlängere und zudem auch die notwendige Zimmerung mit einzurechnen sei. Die Wasserhaltung bezahlte man im Tagelohn.

Außerdem hatte man nun den Tageschacht bis unter die Stollnsohle weiter verteuft, dabei aber so starke Wasserzuläufe erschroten, daß man den Gedingelohn erneut auf nun 8 Thaler pro Ruthe geförderten Kalksteins anheben mußte. Die Wasser müssen aus der Talsohle zulaufen, fand Schichtmeister Pilz, da das Niederhalten des Wassers im Abteufen keine Verringerung der Zuläufe im Schacht bewirken würde. Bis Ende 1849 habe man einerseits im Tagebau weiter Abraum abgeräumt und dabei 1 ¾ Ruthen Kalk gewonnen. Beim untertägigen Abbau wurden bis dahin 12 ½ Ruthen gebrochen.

1850 vermerkt Pilz in seinem ersten Fahrbericht, daß man im Winter wegen der gefrierenden Wässer den Betrieb im Tageschacht einstellen mußte. Daher habe man nur die Streckenörter im Abteufen, und zwar sowohl in mittäglicher, als auch in mitternächtlicher Richtung bis zum Abschneiden des Lagers mit 4 Mann Belegschaft fortbringen können. Das Lager streiche hier hora 1,4 und falle mit 65° in Abend. Der Kalkstein sei „ganz rein und weiß und 6 bis 7 Ellen mächtig. Im Liegenden fände sich aber wieder Kalkfäule, was zwar einerseits die Gewinnung erleichtere, andererseits aber auch Vorsicht nötig und Ausbau erforderlich mache. Bis Reminiscere 1850 wurden erneut 12 ½ Ruthen mit einem Kostenaufwand von über 152 Thalern gefördert. Erfreulich war, daß sich der Absatz „ganz unvermuthet schnell vermehrt habe, was nun aber dazu führte, daß es dem Werk an Arbeitskräften für eine höhere Förderung und Produktion mangelte (40024-12, Nr. 310).

Auch Herr Eduard Polenz besichtigte das Kalkwerk wieder und notierte am 28. Mai 1850 erfreut, daß man allein im ersten Halbjahr bereits 2.427 Scheffel Kalk und 876 Scheffel Asche erzeugt habe (10036, Loc. 35338, Rep. II, Nr. 62b).

Der starken Wasserzuläufe wegen mußte man im Frühjahr erneut den Abbau einstellen und verlegte sich deshalb auf die Gewältigung der schon 1846 begonnenen Rösche zur Tagebausohle. Erst im Juni konnte auch das Streckenort untertage wieder belegt werden. Bis Ende Trinitatis 1850 hatte man so für Gestehungskosten in Höhe von über 173 Thalern weitere 13 Ruthen Kalk gebrochen (40024-12, Nr. 310).

Im Juli 1850 berichtet Herr Pilz, daß das Kalklager immer noch mit 6 bis 7 Ellen Mächtigkeit anstehe, nun aber sehr unrein angetroffen werde, was vermehrten Ausschlageaufwand erfordere. Von den zuvor 8 Häuern seien drei wegen zu geringen Verdienstes abgegangen, so daß das Werk zurzeit nur mit 5 Mann belegt sei. Davon waren drei Häuer im Abbau, ein Junge für die Förderung und ein weiterer Mann mit der Wasserhaltung beschäftigt. Pilz hob daher den Gedingelohn auf nun 9 Thaler pro Ruthe an.

Als der Steiger Weinhold im August erkrankt war, übertrug Pilz die Aufsicht vertretungsweise dem Zimmerling Reichel. Im September 1850 hatte man dann die Gezeugstrecke unterhalb der Stollnsohle zwischen den beiden Abteufen durchgeschlagen. Pilz berichtete, daß dort der Kalkstein am Stoß 8 Ellen weit und 4 bis 5 Ellen hoch anstehe. Die liegende Grenze bilde eine 35° bis 40° nach Osten fallende Kluft, das Hangende dagegen eine bis zu 4 Zoll starke, schwärzliche gefärbte Lettenkluft, die mit 45° nach Westen einfalle. Ob man hier schon wieder die Lagergrenze erreicht habe, war unklar.

Parallel hatte man auch die Aufwältigung der Rösche beendet. Sie solle nun bis zur liegenden Lagergrenze erlängt werden, um bessere Wasserlösung zu schaffen. Im Oktober 1850 berichtete Pilz, daß man dabei aber schon 1 Lachter weiter bloß noch „Lehm und Grund angefahren habe, woraufhin man dieses Vorhaben zunächst wieder aufgab. Stattdessen wurde die Mannschaft nun darauf verlegt, vom Tageschacht aus das Röschenort anzufahren. Nebenbei hatte man bis Ende Crucis 1850 auch noch weitere 18 ½ Ruthen Kalkstein mit einem Aufwand von 212 Thalern gefördert.

Der letzte Fahrbogen aus dem Jahr 1850 berichtet dann, daß der Vortrieb des Röschen- Gegenortes noch im Gange war, wobei man aber in immer größer werdender Mächtigkeit Kalkfäule anfahre. Das mache die Arbeit sehr gefährlich und es sei durch das plötzliche Ablösen eines solchen Stücks Fäule, ... (das) sich gar nicht mit Zimmerung verwahren ließ, ... bereits ein Arbeiter beschädigt“ worden. Der Gefährlichkeit dieser Arbeiten halber, wurden sie mit dem recht hohen Gedingelohn von 15 Thalern pro Lachter Vortrieb bezahlt. 1851 wurde der Vortriebslohn noch einmal auf nun sogar 22 Thaler pro Lachter erhöht.

Pilz empfahl daher, den Ortsbetrieb einzustellen und das verbleibende, nur noch kurze Stück bis zum Durchschlag „vom Tage nieder durch Abfüllen im Tagebau zu entblößen, zumal der Grund hier nur 4 Ellen ansteigt. Weil aber der Winter bevorstand, wurde die Belegschaft zunächst wieder im Abbau beschäftigt. Im Dezember 1850 legte Pilz außerdem noch fest, daß man das Profil der Abbaustrecken ‒ um Brüchen vorzubeugen ‒ von 3 ½ Ellen Höhe und bis zu 6 Ellen (über 3 m) Weite auf nur noch 2 Ellen (etwas über 1 m) Weite verringern solle.

Im November 1850 beantragte Pilz eine Anhebung seiner „Reisekosten- Pauschale um 15 Groschen pro Befahrung. In einem Revisionsbericht aus dem Jahr 1857 wird der Steiger als ein „sehr thätiger und gewissenhafter Beamter gelobt und die Produktionssteigerung der letzten Jahre sei im Wesentlichen sein Verdienst (10036, Loc. 35338, Rep. II, Nr. 62c). Deshalb stimmte auch das Rentamt Augustusburg der Gehaltserhöhung zu, wollte sich aber der Zustimmung des Finanzministeriums versichern.

Am 5. Februar 1851 eröffnete dieses dem Rentamt daraufhin brieflich seinen Beschluß, „mit Rücksicht auf die gebotene Kostenersparnis und da auch bei anderen ... Kalkwerken bergmännische Befahrungen der Steinbrüche nicht vorkommen, den Schichtmeister Pilz von seiner Aufgabe gänzlich zu entbinden, wodurch sich auch sein Gesuch um Anhebung seiner Vergütung erledige. Das Rentamt wurde immerhin aber ermächtigt, einen „bergmännisch gebildeten Techniker mit der Aufsicht zu beauftragen (40024-12, Nr. 310). Was soll man dazu sagen? Gewinnmaximierung durch Einsparungen bei der Arbeitssicherheit?

Für uns heute ist eine Folge dieser Entscheidung leider auch, daß die ausführliche Berichterstattung in den Bergamtsakten mit dem Ende der bergbehördlichen Beaufsichtigung dieses Kalkwerkes für die folgenden Jahre aussetzt. Auch die Risswerkführung oblag nun dem Brennmeister und Grubensteiger in Personalunion, C. G. Weinhold, der sich sicherlich die größte Mühe gab, seinen Aufgaben nachzukommen, aber natürlich mit seinen eigenen Mitteln auskommen mußte. Immerhin hinterließ er uns die folgende, mit Bleistift gezeichnete „Ansicht des Grubenbaues beim fiskalischen Kalkwerk zu Neunzehnhain“ aus dem Jahr 1853.

  


Ansicht des Grubenbaues bei dem fiskalischen Kalkwerk zu Neunzehnhain, gezeichnet den 31 Decemb. 1853 von C. G. Weinhold, Steiger, allda. Bildquelle: Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Chemnitz, Bestand 30007 (Rentamt Augustusburg), Nr. 2754 (Acta, den Neunzehnhainer Kalkbruch betreffend.), Blatt 223, Gesamtansicht.

   


Ausschnittsvergrößerung aus obigem Steigerriß.

  

Die Beschriftung der Zeichnung lautet:

Ansicht
des Grubenbaues bei dem fiskalischen Kalkwerk
zu Neunzehnhain
Gezeichnet den 31. Decemb. 1853
von K. G. Weinhold,
Steiger allda.

Erklärungen.

1. Zugschacht ist nicht mehr in Gang

2. Gebirge, welches abgeräumt werden muß. 18 Ellen hoch.

3. Raum, welcher bisher beräumt wurde.

4. Die in den Jahren 1844-1846 abgebauten Räume.

5. Die Punkte sind das dabei eingebaute Holz.

6. der in obigen Jahren abgebaute und bis zu Tage eingestürzte Kalksteinbruch.

7. der Stolln. Zum Wasser abgießen.

8. das Abteufen, nebst Schwengelbumpe, zum Wasser heben.

9. das mittägliche Ort. 36 Ellen vom Abteufen nach Mittag getrieben.

10. das Mittel Ort. Nach dem neuen Zugschacht, 84 Ellen Länge.

11. Neuer Zugschacht, 24 Ellen tief.

12. Mitternächtliches Ort, nach der Rösche. Sind Kalkstein Brocken.

13. Rösche, steht 12 Ellen tiefer als das Mundloch des Zugschachtes.

14. allda (?) nur Kalkstein, 3 Ellen stark.

15. Was lagerartig gezeichnet ist, ist Kalkstein.

16. Was verworren gezeichnet ist, ist abzuräumendes Gebirge.

17. Streckensohle, vom Abteufen nach dem neuen Tageschacht.

- die Mächtigkeit des Kalksteinlagers ist auf der Strecke No. 10
  12 Ellen durchschnittlich.

Die Gewinnung und Förderung des Kalksteins durch die Personen.

 

Maßstab
¼ Zoll zu 3 Ellen gerechnet.
Wonach, Länge und Teufe nachzustechen, und zu finden ist.“

  

Auch sonst wurde gespart, wo es nur ging: So gab es für die Kalkstraße keinen Straßenwärter. Die gesamte Instandhaltung wurde vielmehr durch einen (!!) Tagelöhner für 8 bis 9 Groschen am Tag ausgeführt (30007, Nr. 2754).

Die betreffenden Akten der Domainen Expedition beim Finanzministerium aus dieser nachfolgenden Zeit enthält vor allem Rechnungen für Reparaturen an Straße und Gebäuden. Im Jahr 1853 findet man darin die folgende Zusammenstellung von Produktion und Erlösen der vorausgegangenen Jahre (10036, Loc. 35338, Rep. II, Nr. 62b).

Im Jahr… Branntkalk
(Scheffel)
Kalkasche
(Scheffel)
Einnahmen
(nur Thaler- Beträge)
Ausgaben
(nur Thaler- Beträge)
Erträge
(nur Thaler- Beträge)
1847 534 242 369 1.150 -781
1848 3.846 1.522 2.590 1.855 +735
1849 4.268 1.883 2.924 2.446 +478
1850 4.849 1.806 3.260 2.623 +637
1851 6.056 327 3.475 3.763 -288
1852 5.716 890 3.704 3.782 -78

Wenn die Erträge auch nicht bedeutend waren. so nahm doch offenbar die Entwicklung zunächst einen recht guten Verlauf, bis man dann ab 1851 der Kalkwerksadministration auch noch die Unterhaltungskosten für die Kalkstraße anteilig in Rechnung stellte.

Auffällig ist in dieser Zusammenstellung übrigens auch, daß sich der Anteil des Nebenproduktes Kalkasche von zeitweise über 40% (1849) wieder auf 5% (1851) bis 15% (1852) verringert hat.

Der schwankenden Gewinne ungeachtet wurde 1856 neben einem Kalkbrennerwohnhaus noch ein weiterer Brennofen in Neunzehnhain errichtet (10036, Loc. 35338, Rep. II, Nr. 62c).

Im Jahr 1856 rechnete dann das Forstrentamt zusammen, daß das ganze Unternehmen, einschließlich der Errichtung der Brennöfen und Gebäude, bisher Vorschüsse in Höhe von 7.180 Thalern verschlungen habe. Aus den noch recht bescheidenen Erträgen habe die Kalkwerksadministration bis dahin mit 3.101 Thalern noch nicht einmal die Hälfte „restituirt“ (10036, Loc. 35338, Rep. II, Nr. 62b).

   

Was man mit diesem Geld erreicht hatte, faßt ein Revisionsbericht des Schichtmeisters vom August 1856 wie folgt zusammen (30007, Nr. 2754):

An
das Königliche Rentamt
zu Augustusburg.
 

Eine unterm 10. und 26. Juli d. J. von dem Königlichen Finanzministerium an das Königliche Bergamt Freiberg erlassene Verfügung weist mich an, nach vorgängiger Vernehmung mit dem Königlichen Rentamte Augustusburg den fiskalischen Kalksteinbruch zu Neunzehnhain zu revidieren und namentlich sachliche Erörterungen anzustellen, ob und in welchem Maße und Ausdehnung Veranstaltungen zu treffen seien, um dem Kalkabbau in dem vorerwähnten Kalkbruche Fortgang geben zu können, das Ergebnis aber dem Königlichen Rentamte anzuzeigen.

In pflichtschuldiger Befolgung dieses hochherrschaftlichen (?) Auftrages habe ich am 7. d. M. den gedachten Kalkbruch befahren und scheue nicht, nah nöthig erscheinender kurzer Erwähnung den zeither dort verführten Abbaue, zu deren besserer Übersichtlichkeit der beigelegte flache Durchschnittsriß dienen soll, meine Ansicht im Folgenden ehrerbietig auszusprechen.

Das Kalksteinlager wurde im Jahre 1842 durch einen im Glimmerschiefer auf 105 Ellen Länge von der Thalsohle des Lautenbaches gegen West herangetriebenen Stolln entblößt und von seinem Anfahrungspunkte aus mittels Ortbetrieb sowohl gegen Südost als auch Nordwest aufgeschlossen, auch zu noch weiterer Orientierung sowie zu Herbeiführung frischen Wetterzuges ein Tageschacht auf dem Kalksteinlager 57 Ellen flach bis auf die Stollnsohle niedergesunken. Das Kalksteinlager nachhalte in seinem Streichen zwischen Stunde 9 bis 12 bei 45 bis 60 Grad Einschießen gegen Ost und bestand in 8 bis 12 Ellen mächtigem, körnigen, theils grauem, theils weißem Kalkstein, das jedoch hin und wieder in Kalkfäule von mehrer oder minderer Stärke und Längenerstreckung übergegangen war. Diese Kalkfäule sowohl, als mehrere, namentlich in südöstlicher Richtung getroffenen, von Tage nieder verführte, alte Abbaue erschwerten den Betrieb nicht unbedeutend und machten den Einbau tüchtiger Zimmerung nothwendig, ja es mußte aus diesen Gründen und wegen zu großer Gefährlichkeit der Tageschacht später wieder aufgegeben und verbühnt werden.

Bei ca. 60 Ellen südlicher Erlängung vom Anfahrungspunkte mit dem Stollnort im Quergestein, wo letzteres der Thalsohle wieder nahe kam, keilte sich jedoch das Kalksteinlager schon wieder aus und schnitt auch in einem unter die Stollnsohle daselbst niedergebrachten Abteufen bei 7 Ellen Teufe ab, wogegen dasselbe weiter nach Nord hin sich nicht nur ca. 35 Ellen über den Stolln hinaus verfolgen ließ, sondern auch unter denselben sich mehr und mehr niederzog.

Nachdem nun der südliche Theil des Kalksteinlagers größtentheils abgebaut und das dort noch anstehende, unbedeutende Mittel der Gefährlichkeit und geringer Ergiebigkeit halber verlassen worden war und zu Bruche ging, wurde auf die inzwischen durch Abteufungsversuche unter die Stollnsohle gemachte Erfahrung hin, daß das Lager in nördlicher Richtung eine größere Ausbreitung nach Länge und Teufe habe, der Abbau mehr nach dieser Gegend hin verlegt und nach Abfüllen des aufliegenden Grundes von Tage nieder sowohl als auch mittels getriebenen tiefen Strecken fortgestellt.

Gegenwärtig ist die 16 Mann starke Belegung des Kalkbruches damit beschäftigt, bei einem Gedingepreise von durchschnittlich 10 Thaler pro Ruthe Kalkstein inkl. der Förderung bis zu Tage

1.) aus einem, unter die Stollnsohle niedergebrachten Abteufen unter dem verbühnten Tageschachte in 14 Ellen Teufe, wo das Lager abschneidet, den 8 bis 10 Ellen mächtig anstehenden, ziemlich reinen weißen Kalkstein mittels Ortbetrieb und Überschießen gegen Südost und Nordost abzubauen und läßt sich hier unter Berücksichtigung der mitunter vorkommenden Fäule und der der Sicherheit wegen stehen zu lassenden Pfeiler noch auf die Gewinnung von 50 bis 60 Ruthen Kalkstein mit Sicherheit rechnen.

2.) von dem aus dem Tagebau auf bereits 36 Ellen flache Teufe niedergebrachten Fahr- und Ziehschachte aus, es ist in diesem Bau der Kalkstein bereits 46 Ellen in Süd und ebenso lang in Nord 4 ½ bis 5 Ellen hoch und 15 bis 16 Ellen mächtig abgebaut, die gegen Süd noch abzubauende Länge ist aber bis zum Durchschlag in den sub. 1. Gedachten Bau nur noch sehr gering und gegen Nord scheint sich der Kalkstein zwischen zwei in spitzem Winkel aneinander herankommenden Klüften auskeilen zu wollen.

Nach dem vorhin beschriebenen Verhalten des Kalksteinlagers nun und überhaupt nach den seit Jahren gemachten Wahrnehmungen, die auch von dem Königlichen Bergamte Marienberg bei dessen früher abgehaltenen, öfteren Befahrungen des fraglichen Kalksteinbruches getheilt und in amtlichen Schreiben ausgesprochen worden sind, unterliegt es keinem Zweifel, daß das Neunzehnhainer Kalklager vom Hauptstollnflügel oder Querschlag in Süd und namentlich, wo dasselbe sich dem Lautenbach und der Grenze des Glimmerschiefers mit dem Grunde nähert, sich erst anlegt, dagegen weiter nördlich an Ausdehnung nach Höhe und Mächtigkeit zunimmt, und wenn es auch scheint, als ob das Lager am gegenwärtig nördlichsten Punkte des vorhin zuletzt erwähnten Abbaus in 36 Ellen Teufe unter Tage abschneiden wollte, so scheint gleichwohl die gerade hier deutlich auftretende Windung dasselbe aus dem nördlichen in ein mehr nordwestliches

Streichen, so wie die Thatsache, daß das Lager mit der, wegen mehrer Orientierung über dasselbe in 157 Ellen vom Stollnmundloche in Nord angelegte Tagerösche erst in 52 Ellen erreicht wurde, statt daß dasselbe, dem zeither gewöhnlichen Streichen und markscheiderischer Hoffnung nach, schon bei 30 bis 35 Ellen Länge hätte angefahren werden müssen, für ein weiteres Fortsetzen in nämlicher Richtung.

Es erscheint daher, da das Lager in der Sohle des Abbaus bei 36 Ellen Teufe unter Tage auf die bis jetzt aufgeschlossene Länge von 92 Ellen noch 15 bis 16 Ellen mächtig in fast ganz reinem, weißen Kalkstein ansteht, ein weiteres Niedergehen mit dem Schachte auf ca. 12 Ellen Teufe zunächst mit der gewöhnlichen Länge von 6 Ellen und (…?) Ausbreitung aus demselben nach Süd und Nord wie das Königliche Rentamt für zweckmäßig erachtet, vollständig gerechtfertigt, ja es ist diese Maßnahme sogar unerläßlich nothwendig, um den Betrieb des Kalkwerks mindestens noch auf einige Jahre hinaus zu sichern. Bei der Auslängung gegen Nord in diese tiefere Sohle wird es sich auch deutlich herausstellen, ob das Lager wirklich abschneidet oder, wie oben die Vermuthung ausgesprochen wurde, in mehr nordwestliche Richtung fortsetzt.

Schließlich erlaubt sich der Unterzeichnete, dem Königlichen Rentamte anheimzustellen, ob dasselbe nicht für zweckmäßig erachte, dahin zu wirken, daß zu Aufsuchung noch eines anderen Kalksteinlagers in der Sohle oder dem Liegenden des jetzt betriebenen entsprechende Versuche durch Überröschen oder Fortstellung des Hauptstollnquerschlages in West auf ca. 50 Ellen Länge angestellt werden. Es wurde dieser Versuch bei Gelegenheit einer am 28. Juli 1845 gehaltenen Betriebsconferenz von Seiten des Königlichen Oberforstamtes gegen das Königliche Bergamt in Anregung gebracht, von letzterem auch zweckmäßig gefunden, wiewohl ein sicherer Erfolg, (der) nach von dortigen Einwohnern auf Grund vorgefundenen Spuren (von Kalkstein) in Aussicht gestellt war, nicht verbürgt werden konnte.

Endlich soll auch nach einer früheren Resolution des Hohen Bergmeisters Hering das Rauensteiner Ritterguths- Kalklager, wenn dasselbe überhaupt fortsetze, in das Alignement des Neunzehnhainer Kalklagers gegen Südost fallen und müßte dann am rechten Gehänge des Lautenbachthales auf Lengefelder Forsten anzutreffen sein. Ein Aufsuchen dieses Lagers würde jedoch vorerst genaue markscheiderische Messungen voraussetzen.

St. Michaelis, am 25 August 1856   

Ludwig Moritz Pilz.“   

    

Einem Bericht des Rentbeamten Carl Maximilian Leberecht Albani aus demselben Jahr 1856 kann man entnehmen, daß auf dem Werk 16 Mann angelegt waren. Man baute unter der Stollnsohle „mittels Ortbetrieb und Überschießen gegen Südwest und Nordost“ Kalkstein ab. Dort rechnete man noch mit 50 bis 60 Ruthen Kalksteinvorrat. Von dem auf 36 Ellen Teufe niedergebrachten Ziehschacht aus habe man schon 46 Ellen weit nach Süden und Norden 4 ½ bis 5 Ellen hoch abgebaut. Dort scheine der Kalkstein aber auskeilen zu wollen (10036, Loc. 35338, Rep. II, Nr. 62c).

1855 waren – außer dem Steiger und Brenner Weinhold – im Kalkwerk beschäftigt:

  • 1 Kalkmesser,
  • 4 Steinbrecher, bei großem Bedarf auch bis zu 6 Mann,
  • 2 bis 3 Kohlenschläger, je nach dem, ob nur einer oder beide Öfen gefeuert werden mußten,
  • 1 bis 2 Mann bei der Wasserhaltung und
  • 1 bis 4 Mann bei der Zuförderung zum Ofen,

alles in allem umfaßte die Belegschaft also zwischen 9 und 16 Mann (30007, Nr. 2754).

1857 berichtet Schichtmeister Pilz an das Rentamt Augustusburg, daß man unter der Stollnsohle sowohl in südlicher, wie nördlicher Richtung abbaue, wo unverändert noch Kalkstein anstehe. (30007, Nr. 2754).

1857 nahm auch der Geheime Finanzrat Eduard Polenz von der Domänen Expedition des Finanzministeriums erneut eine Besichtigung vor, über die er am 17. Juni 1857 in Dresden dagegen berichtete, daß „der Kalk nur noch aus den nächsten Umgängen gebrochen (werde und) ...der Vorrat erschöpft scheine.“ (10036, Loc. 35338, Rep. II, Nr. 62c)

Der Begriff „Umgang“, den Herr Polenz hier verwendete, weist darauf hin, daß man längst nicht mehr nur im Ortbetrieb abbaute, sondern daß man durch das „Überschießen“ Querschläge zwischen den Abbauörtern hergestellt hatte. Um die verbleibenden Pfeiler herum entstanden so die „Umgänge“. Auf diese Weise war man dort, wo es die Lagerungsverhältnisse zuließen, zum Pfeilerbau übergegangen. Üblicherweise beginnt man damit, wenn man die Lager- bzw. die Baufeldgrenze erreicht hatte und ging von dort aus rückschreitend bis zu den Sicherheitspfeilern der Zugänge (Stollen, Schächte) vor. Wenn man nun die diesen „nächsten Umgänge“ schon erreicht hatte, war schlicht gesagt, tatsächlich Schluß. In diesen „nächsten Umgängen“ konnte man mit gewissem Risiko noch die Pfeiler ausdünnen, aber mehr abzubauen geht nicht, will man nicht riskieren, daß einen das Deckgebirge erschlägt.

   

Am 20. Mai 1858 wurde im Finanzministerium in Dresden ein Schreiben aufgesetzt, in welchem man der Amtshauptmannschaft Chemnitz mitteilt, „infolge der Wahrnehmungen bei einer am 13. des Monats durch ein Mitglied des hohen Finanz Ministeriums stattgefundenen Besichtigung des Kalkwerkes Neunzehnhain... gewinnt es den Anschein, als gehe das jetzt dort betriebene Kalklager zu Ende, ohne daß die kostspielige Anlage der Gebäude gehörig ausgenutzt wurde... (40024-12, Nr. 11, sowie 30007, Nr. 2754)

Daraufhin wandte sich die Amtshauptmannschaft Chemnitz an das königliche Bergamt zu Freiberg, „das... Ministerium hat genaue Erörterung anbefohlen, ob und wie das auf fiskalische Rechnung betriebene Kalkwerk Neunzehnhain entweder durch Veränderung des Fortbetriebes des alten Kalklagers oder durch Aufsuchung eines neuen Kalklagers in der Nähe weiter gesichert oder bei Mangel eines solchen die Gebäude weiter genutzt werden könnten...“ Zu diesem Zweck wurde ein Ortstermin angesetzt, zu welchem auch der Schichtmeister Pilz wieder hinzugezogen werden sollte. Über das Ergebnis der Erörterung gibt die Bergamtsakte (40024-12, Nr. 11) leider keine Auskunft. Aus einer anderen Akte erfährt man aber, daß u. a. im Raum Grünberg / Grießbach recht verzweifelt nach abbauwürdigen Kalklagern gesucht wurde, um den Bedarf des Kalkwerkes weiterhin decken zu können.

Jedenfalls wurden der inzwischen zuständige Amtshauptmann zu Chemnitz, Herr Rudolph Constantin, sowie der Forstrentbeamte Carl Maximilian Leberecht Albani nun mit einer neuen Revision des Kalkwerkes beauftragt. Ihr Bericht kommt mit Datum vom 30. Juni 1858 in Dresden an. Darin kann man lesen, daß tatsächlich „das Kalklager... in seinem derzeitigem Umfange von 40 bis 50 Ellen unter Tage und in einer Länge von 220 Ellen als abgebaut anzusehen“ ist. Der noch vorhandene Rest werde binnen eines Vierteljahres ausgefördert sein oder sein Abbau sei zu gefährlich und erfordere „Bergwände“ zum Abstützen (womit wohl Bergepfeiler, wie im Erzbergbau üblich, gemeint waren). Nur nach Nordwesten scheine sich das Lager noch fortzusetzen, was man aber erst noch näher untersuchen müsse.

Die Revisoren rechneten auch zusammen, daß man binnen der zehn Jahre von 1847 bis 1857 eine Menge von 908 ½ Ruthen Kalkstein gebrochen habe und daraus 67.171 Scheffel und 10 ½ Metzen Branntkalk nebst 8.971 Scheffeln Kalkasche erzeugt habe.

„Ein neues Kalklager in der Nähe ist allerdings nicht sichtbar,“ heißt es weiter und man machte sich sogar schon Gedanken, was mit den Gebäuden geschehen solle, sollte der Abbau eingestellt werden müssen: Während man die einen als Wohnung für einen Forsthilfsbeamten für das Börnicher Revier ganz gut nutzen könne, käme für die Brennöfen nur ein Abbruch infrage.

In Anbetracht der Situation kündigte 1859 sogar der Kalkmesser Schreiter; allerdings stellte das Kalkwerk an seiner Stelle sofort wieder einen neuen ein. Auch der Steiger Carl Gottlieb Weinhold ist 1860 verstorben. Seine Funktion übernahm von nun an Johann Friedrich Gottlieb Müller (10036, Loc. 35338, Rep. II, Nr. 62c).

  

Unter diesen Umständen war es im Jahr 1861 also keine leichte Aufgabe für den Freiberger Oberkunstmeister Friedrich Wilhelm Schwamkrug (*1808, †1880), ein Gutachten über den Betrieb und die Wirtschaftlichkeit zum fiskalischen Kalkwerk in Neunzehnhain abzugeben.

Offenbar war es bei diesem Kalkwerk ganz besonders dringlich, denn in diesem Jahr erstellte Herr Schwankrug insgesamt fünf gleichartige Gutachten über fiskalische Kalkwerke, unter denen die Bewertung des Werkes bei Neunzehnhain im Abschnitt A. Die unter dem Rentamte Wolkenstein stehenden Kalkwerke die Nummer 1 trägt. Für die Bewertung dieses ersten nahm er die Unterstützung des Obereinfahrers Bauer in Anspruch.

Die Nummer II dieser umfangreichen Gutachten trägt das Kalkwerk  Heidelbach. Über dieses sowie über B. Die unter dem Rentamte Schwarzenberg stehenden Kalkwerke
 Unterwiesenthal (
III),  Crottendorf (IV) und   Oberscheibe (V) berichtete Herr Schwamkrug dann zusammen mit dem Berggeschworenen A. A. F. Thiele etwas später am 2. August 1861.

Das Gutachten über Neunzehnhain also gab er als erstes am 5. Juli 1861 ab. Zu dieser Zeit wurde noch im Kalklager am linken Hang des Lautenbachtales nahe der Kalköfen abgebaut. Eine Abschrift dieses Gutachtens zum Kalkwerk in Neunzehnhain haben wir gefunden (40024-12, Nr. 15/1):

I. Fiskalisches Kalkwerk Neunzehnhain

„Die Kalksteinlagerstätte am linken Gehänge des Lautenbachthales unmittelbar ueber dem Kalkofen ist auf 60 – 65 Ellen Länge untersucht. Sie hat das Streichen hor.12 und das Fallen 45 – 60° in Ost und besteht aus einem weißen, körnigen Kalkstein, der nur im Hangenden eine graue Färbung annimmt.

Diese im Glimmerschiefer aufsetzende Lagerstätte ist seit dem Jahr 1842 vom Lautenbachthale her mit einem 30 Ellen langen querschlagsweise... getriebenen Stollen gelöst und gegen S und N aufgeschlossen, auch ist ein 17 Lachter tiefer Tageschacht... darauf niedergebracht worden.

Nächstens sind noch einige Feldörter erlängt und unter den Stollensohle noch einige Abteufen niedergebracht worden. Aus allen diesen Vorrichtungs- und Hülfsbauen hat sich ergeben, daß man es hier, allem Anschein nach, nur mit einer muldenförmigen Einlagerung zu thun haben mag, die am südl. Ende des Stollenlaufes... nur etwa 2 Ellen gegen N auf gegen 4 Ellen und weiter südl. vielleicht noch etwas tiefer unter die Stollnsohle niederreicht. Auf dem Kalkstein liegt eine sehr mächtige Kalkfäule auf, die sich nach beiden (die Längsrichtung der Lagerstätte begrenzenden) Schichten... hin verflacht und auf das Liegende fällt..., während das Hangende nur eine Kluft bildet und zuweilen mit dem Nebengestein verwachsen ist.

Die Kalksteingewinnung bestand in der letzten Zeit nur im Untersuchen alter Kammern und im Bruchbau.

Hierbei betrugen die Kosten nach Werten für eine Ruthe Kalkstein von 54 Kubikellen 9 Thaler inclus. Pulver und Förderung bis auf den Ausschlagplatz jedoch exclus. der Schmiedekosten.

Es ist dasselbe Gedinge, welches schon früher bei der Gewinnung... des Kalksteins gewährt worden ist, mitunter auch bis 8 Thl. pro Ruthe... gedungen war, ja ausnahmsweise sogar eine Verminderung bis zu 6 Thl., aber auch eine Erhöhung bis zu 10 Thl. erfordert hatten.

Der Brennereibetrieb erfolgt in zwei sogenannten Kesselöfen ununterbrochen, wovon ein jeder angeblich 1 ¼ Ruthen Kalksteins faßt.

Es wird in denselben der Kalkstein mittels Flöhaer Steinkohlen gebrannt, wovon der Scheffel inclus. Fuhrlohn und einschließlich von 8 Pf. für das Klarschlagen 15 Gr. 3 Pf. zu stehen kommt.

Man zieht täglich aus jedem Ofen nur einmal Kalk ab und zwar angeblich bis zu 40 Scheffel, in der Regel aber... gewöhnlich nur so viel, als man abzusetzen vermag, weil durch das längere Liegen der frisch gebrannter Kalk... im Vorrathsschuppen zerfließt... und der Kalk an Werth verliert, denn frisch gebrannter Kalk wird

  • als Baumaterial für 22 Gr.,

  • der Düngekalk für 18 Gr.,

  • dagegen ein zerlaufener Kalk... nur für 9 Gr. verkauft.

Obschon (solches Vorgehen) bisher an Kesselöfen zulässig, bei Flaschenöfen oder überhaupt intermittierenden Brennöfen aber nicht... (und auch) einen etwas höheren Brennmaterialaufwand bedingt, als in dem Falle, wo Tag für Tag das Maximum an Kalk gezogen werden kann, so steht doch hierbei dieser Mehraufwand nicht im Verhältnis zu der besseren Verwerthung des Products.

In Zusammenhang mit diesem Verfahren werden die Brennerlöhne nicht nach dem Ausbringen, sondern nach der Betriebszeit und zwar mit 1 Gr. je Stunde bezahlt, um das Interesse der Arbeiter dafür zu gewinnen. Es ist deshalb der Betrieb der... Öfen als ein sehr rationeller zu begreifen.

Was die Ursache des von Schwamkrug angeführten Zerlaufens“ bzw. Zerfließens“ des gebrannten Kalkes gewesen sein könnte, ist uns noch unklar. Nur ein undichtes Dach im Vorratsschuppen kann es nicht gewesen sein; denn dann hätte man den zerlaufenen Kalk“ ja einfach als Löschkalk verkaufen können. Aber weiter im Bericht:

Im Jahr 1860 wurden über beide Öfen überhaupt

68 ¼ Ruthen Kalkstein

gebrannt und daraus 

5.090 Scheffel Bau- und Düngekalk,

   287 Scheffel zerlaufener Kalk und

   360 Scheffel Kalkasche

ausgebracht. Darauf wurden, außer dem verhältnißmäßig sehr geringen Bedarf an Scheit-, Stock- und Reisigholz zur Einrichtung der Öfen behufs ihrer jedesmaligen Inbetriebsetzung,

nur 3.005 Scheffel Flöhaer Steinkohlen

mit einem Gestehungsaufwand von 1.532 Thl. 16 Gr. 5 Pf. incl. Klarschlagens

gebraucht und die Kalkbrenner auf die Betriebszeit von überhaupt

3.363 Stunden

mit 112 Thl. 3 Gr.

verlohnt. Das ergiebt auf den Scheffel Ausbringen an Kalk und Kalkasche nun 

- Gr. 5,86 Pf. an Brennerlöhnen und

8 Gr. 0,14 Pf. für 0,5239 Scheffel Flöhaer Steinkohle.

Das Ausbringen aus 1 Ruthe Kalksteins betrug durchschnittlich

78,78 Scheffel Kalk

außer der Kalkasche. Außer den Brennerlöhnen (sind) noch die Gestehungskosten für den Kalkstein, welche... bei 9 Thl. Brecherlohn und 1 Thl. 15 Gr. für´s Ofenrechtschlagen und Einfördern in die Öfen... für den Scheffel

3 Gr. 8,69 Pf.

betragen, aber künftig etwas höher werden können, dagegen kann aber vielleicht der Brennmaterialaufwand reduziert werden, wenn statt der sehr erdreichen Flöhaer Steinkohlen Zwickauer oder Würschnitzer Pech- oder Rußkohlen angewendet werden. Nach den Hartig’schen Versuchen über die Heizkraft der sächsischen Steinkohlen nämlich leistet ein Scheffel der letztgenannten zwei Kohlensorten reichlich noch einmal so viel, als ein Scheffel Flöhaer Kohlen. Man würde hierdurch zum Brennen eines Scheffels Kalk in Neunzehnhain etwa nur höchstens 0,3 Scheffel Pech- oder Rußkohle von Zwickau oder Würschnitz brauchen, mithin, bei dem normalen sehr niedrigen Preis dafür, hätte der Scheffel aus Neunzehnhain allerhöchstens 20 Gr. zu stehen kommen dürfen...“

Die von Schwamkrug und Bauer für das gesamte Jahr 1860 angeführten Produktionszahlen bedeuten unter Zugrundelegung der für die fiskalischen Werke üblichen Kalkruthe zu 54 Kubikellen umgerechnet etwa:

  • 68 ¼ Ruthen Rohkalkstein = zirka 890 t

  • 5.090 Scheffel Branntkalk = 400 t bis 500 t

Das ist wahrhaftig nicht wirklich viel... Wir fügen hier zum Vergleich mit anderen Kalkwerken die Zahlen der vier, zur gleichen Zeit von F. W. Schwamkrug bewerteten, fiskalischen Kalkwerke ein:

Rang
(1860)

Nr. des Gutachtens,
Kalkwerk

Rohkalkstein-
förderung

(Ruthen)
im Jahr:

Branntkalk-
produktion

(Scheffel)
im Jahr:

1859

1860 1859 1860

1.

II. Heidelbach

257 --  264 ½ 17.042 15/16 16.007 1/16

2.

III. Unterwiesenthal

355 ¼

327 --

16.774 ½

15.844 ½

3.

V. Oberscheibe

129 --

119 ¾

6.046 ¾

5.488 ¼

4.

IV. Crottendorf

107 5/8

99 5/8

5.746  --

5.297 ½

5.

I. Neunzehnhain *)

k. A.

68 ¼

5.716  --  

5.090 --

*) Angaben für 1859 sind im Gutachten nicht aufgeführt; es wird eine Angabe aus dem Jahr 1852 für die Branntkalkproduktion zum Vergleich herangezogen.
k. A. = keine Angabe im Bericht von 1861 enthalten.

  

Zu den von Schwamkrug erwähnten Hartig'schen Versuchen kann man in unserer Abschrift der Dissertation von P. Kleinstäuber über den Steinkohlenbergbau in  Flöha nachlesen.

Den Einsatz von Zwickauer Steinkohle in Neunzehnhain lehnte die Administration aber dann doch ab, weil Versuche gezeigt hätten, daß sich kein Kostenvorteil ergäbe. Schließlich wäre besonders die anthrazitische Steinkohle aus Flöha trotz eines teilweise höheren Ascheanteils im Brennwert den Zwickauer oder Würschnitzer Rußkohlen durchaus gleichwertig.

Schon als Christian Friedrich Hesse in  Flöha den Preis für den Scheffel Kalkkohle von 7 Groschen, 5 Pfennigen auf 8 Groschen erhöhte, begann man nach Alternativen zu suchen. Versuche mit billigerer Würschnitzer Steinkohle Anfang der 1860er Jahre fielen jedoch nicht wie erhofft aus: Die besseren Pechkohlen waren schon binnen zwei Tagen ausgebrannt, so daß der Kalk überhaupt nicht fertig gebrannt wurde und ein zweites Mal gebrannt werden mußte. Mit der gleichen Menge von 24 Scheffeln Flöhaer Kalkkohle dagegen brannte der erneut mit einer Ruthe Kalk besetzte Ofen Kesselofen vier Tage und der Kalk war gänzlich durchgebrannt (30007, Nr. 2754).

  

1860 hatte man mit dem Abteufen eines neuen Schachtes noch begonnen, der in späterem Schriftverkehr die Bezeichnung „Röschenschacht“ erhielt. Bei 35 ½ Lachter Teufe habe man mit diesem auch das Kalklager durchteuft, in einer Mächtigkeit von 10 Ellen vorgefunden und wieder 7 ½ Ruthen Kalkstein brechen können. Voll freudiger Hoffnung wurde Herr Schwankrug 1862 deshalb gleich noch mit einem Gutachten über die Errichtung eines Kunstgezeuges für diesen Schacht beauftragt. Dazu plante man, einen Stolln rund 200 Ellen östlich anzusetzen und mit dem Schacht zum Durchschlag zu bringen.

 

Über den Fortgang dieser Arbeiten berichtete Steiger Müller im Januar 1862 an das Rentamt in Augustusburg das Folgende (30007, Nr. 2754):

An das
Königl. Rentamt
Augustusburg.

Anzeige über das, was bei dem Kalkbruch Neunzehnhain seit der Revision vom 31. Juni 1861 von dem Königl. Oberbergamt zu Freiberg durch den Herrn Vice- Obereinfahrer Bauer und Herrn Oberkunstmeister Schwamkrug, was seit der Zeit von mir unterzeichneten im alten Bau, Tagebruch und Röschenschacht vollzogen worden ist.

Um das Bestehen des Kalkwerks auf längere Zeit zu sichern, mußte ich mich wieder in den unteren Bau wenden, um (zu) versuchen, ob vielleicht da noch etwas Kalkstein zu gewinnen wäre, indem mein Vorfahrer diesen Bau schon abgethan und mit wildem Gebürge gründlich verstürzt hatte.

Es mußte vorerst das Wasser 12 Ellen heraus geschafft werden; dies ist im Decemb. 1860 geschehen, wofür sich der Aufwand auf 31 Thl. 11 Groschen, 6 Pf. belief.

Als ich nun den Bau befahren hatte, und auf manchen Stollen noch Kalkstein anstehend vorfand, da mußte das Gebürge nach und nach abgefüllt  und das Hangende damit unterschlagen und Vorsatzmauer gemacht werden, um den anstehenden Kalkstein im alten Bau rein abbauen zu können.

Es ist durch das Wasserausplumpen viel Vortheil erzielt worden, denn es können doch gegen 250 Ruthen Kalkstein mehr gewonnen werden, als wenn der Bau nicht wieder in Aufnahme gebracht worden wäre. Die Gewinnungskosten des Kalksteinbergbaus im alten Bau werden wahrscheinlich wie bisher immer auf 9 Thaler pro Ruthe stehen bleiben, weil keine Veränderung vorliegt.

Der Tagebruch ist seit der Revision auch in Betrieb gekommen und ist gebrochen worden bis (zum) 28. November 1861. Das Brechen mußte dann wegen der ungünstigen Witterung eingestellt werden, und wieder in den alten Bau verlegt, und der Bau dort eben so betrieben werden, wie schon oben erwähnt worden ist. Die Gewinnungskosten im Tagebruche sind etwas vermindert worden, indem die Ruthe früher für 6 Thaler gebrochen worden ist, während sie nunmehr für 5 Thaler gebrochen wird, denn durch das Wasserausplumpen ist der anstehende Kalkstein Stoß gehoben worden.

Da nun im Tagebruch nach der Teufe eine Stroße Kalkstein ansteht, wo vielleicht 80 – 90 Ruthen gewonnen werden können, diese erwähnte Stroße aber noch im Wasser steht und daher durch Plumpen heraus geschafft werden muß, wozu 2 Plumpen nöthig sein würden, weil es 28 Ellen hoch geplumpt werden müßte, da es sehr kostspielich käme, so blieb mir kein anderer Ausweg übrig, als daß ich mich nach dem Röschenschacht zu wenden und denselben wieder in Aufnahme zu bringen, den es war alles zusammen gebrochen, indem man annahm, daß der Kalkstein dort schon aller abgebaut wäre.

Da ich aber den Röschenschacht zum Wasserausplumpen benutzen wollte, und es für das Billichste hielt, weil das Wasser mit einer Plumpe rausgeschafft werden kann, während im Tagebruch zwei Plumpen nöthig gewesen wären, und es jährlig gegen 250 – 300 Thaler gekommen wär, je nach dem die Jahrgänge wegen nasser und trockener Witterung eintreten, wogegen aus dem Röschenschacht auf gefüllt und die alten Brüche verzimmert waren, da ergab sich, daß die Röschenschachtsohle noch 4 Ellen höher stand, als die Tagebruchsohle und daher der Röschenschacht 9 Ellen tiefer gesenkt werden müßte.

Weil aber im Hangenden noch Kalkstein anstand, und deshalb die Betriebskosten nicht ganz umsonst waren, indem einige Ruthen Kalkstein damit gewonnen werden konnten. Als nun bei dem 9 Ellen Schachtsenken der Kalkstein immer noch anstand, so fand ich mich bewogen, den im Hangenden Kalkstein durch einen Querschlag zu untersuchen, und ich ermittelte dabei, daß der Kalkstein 10 Ellen mächtig war.

Von dem Querschlag nach Mittag muß nun ein Ort nach dem Tagebruch getrieben werden, um dem Wasser im Tagebruch beizukommen, und die erwähnte Stroße abzubauen. Vom Röschenschacht Querschlag bis Tagebruch sind gegen 30 Ellen Länge, 7 ½ Ellen ist das Ort in Kalkstein in Kalkstein getrieben, wobei 2 Ruthen Kalkstein gewonnen wurden. Nachdem aber der Kalkstein alle war, so muß das Ort nun im wilden Gestein 22 ½ Ellen bis zum Tagebruche fortgetrieben werden. Davon sind schon 5 Ellen getrieben. Es wären daher noch 17 ½ Elllen fortzutreiben, und die Betriebskosten werden sich auf 35 Thaler belaufen á Elle 2 Thaler. Das ist aber jetzt eingestellt. Die 12 ½ Ellen, die schon aufgefahren sind, betragen 36 Thaler, 7 Groschen, 5 Pfennige, nämlich 7 ½ Ellen im Kalkstein á Elle 3 Thaler, 15 Groschen und 5 Ellen im wilden Gestein á Elle 2 Thaler und der ganze Gesamtbetrag macht, wenn das Ort durch getrieben ist, 71 Thaler, 7 Groschen, 5 Pfennige, wodurch aber jährlich 100 Thaler und vielleicht noch mehr an Wasserhaltungs-Löhnen erspart werden.

Ich habe das oben erwähnte Ort jetzt eingestellt, weil ich erst den Kalkstein im Röschenschacht noch mehr untersuchen will, denn es zieht sich das Lager nach Mitternacht zu, und geht auch noch mehr in die Teufe. Das muß daher mit einem Schacht untersucht werden, um zu sehen, wie weit der Kalkstein in die Teufe geht. Ich hoffe sicher, daß der Röschenschacht noch gute Ausbeute geben wird.

Das mitternächtlige Ort ist auf 5 ½ Ellen fortgetrieben, dabei aber der Kalkstein alle ward, mußte das Ort wieder eingestellt werden, und daher ein Schacht angelegt werden, um zu sehen, wie weit sich der Kalkstein in die Teufe zieht, und geht im Gedinge nach der Elle á 8 Thaler, wobei bei 1 ¾ Ellen Länge Schachtsenken immer eine Ruthe Kalkstein gewonnen wird. Der Abbau nach dem Ruthenschießen im Ort (?) kann nicht eher geschehen, als bis der Kalkstein in der Teufe untersucht ist, denn dann kann man den in der Teufe anstehenden Kalkstein erst abbauen, und den Oberen durch Tagebruch brechen. Dem Gedinge- Preis des Kalksteinbrechens kann man jetzt nicht genau angeben. Früher wurde im Röschenschacht die Ruthe zu 12 Thaler gebrochen, ich denke aber, das die Ruthe künftig für 10 Thaler geliefert werden kann.

Sollte nun der Abbau des Kalksteins im Röschenschacht nicht so ausfallen, wie man sich es vermuthet, da auch der Kalkstein im alten, sowie im Tagebruch von Jahr zu Jahr im Abnehmen ist, so daß er vielleicht in 5 bis 6 Jahren dort rein abgebaut sein kann, so wäre es ein großer Vortheil, wenn bei Zeiten ein Versuchsbau angelegt würde, und zwar der Versuch durch einen Stolln geschähe, welcher einige 100 Ellen vom Röschenschacht nach Mitternach entfernt gelegen wäre. Der gedachte Stolln würde dreifachen Nutzen gewähren.

A.

Durch den Stolln würde dem jetzt in Betrieb stehenden Bau das Wasser abgeführt, weil man 12 – 15 Ellen mehr Gefälle heraus brächte, als wie auf dem Stolln, wo jetzt das Wasser abgeführt wird, wodurch an Wasserhaltungs- Löhnen vier erspart werden kann.

B.

Als Versuchsbau ist auch der Stollen sehr zweckmäßig, es werden nämlich dadurch die Gesteinsshichen durchschnitten und ermittelt, ob noch ferner (?) Kalkstein vorhanden sind, denn man vermuthet, daß sich das Lager nach Mitternacht wieder finden würde, weil sich dasselbe nach dieser Richtung zu verdrücken scheint.

C.

Wollte man den Versuchsbau im Röschenschacht betreiben, wie früherer Zeit bestimmt war, so würde das Abbauen des Kalksteins gehindert werden, und man könnte bloß den in der Teufe anstehenden Kalkstein gewinnen, das Obere müßte als sichere Decke stehen bleiben. Im Röschenschacht würde auch der Versuchsbau viel kostspieliger kommen, weil fortwährend Wasser geplumpt werden müßte. Mit dem von mir beabsichtigten Stollen könnte man jährlig 100 Thaler billiger bauen, weil dann die Wasserplumpe in Wegfall käme, und man könnte auch den Kalkstein im Röschenschacht rein abbauen. Die Betriebskosten für diesen Versuchsbau und Stollen mit einem Mann würden sich jährlig auf 250 Thaler betragen, und würde mit einem Mann 3 Jahre Bauzeit nöthig werden. Besser und nutzbarer wäre es z. B. auch des Wasserabführens, wenn dieser Bau schneller unter Anlegung mehrerer Arbeiter betrieben wäre.

Da ich nun meine Vorschläge an das Königliche Rentamt Augustusburg abzugeben habe, so bitte ich den Herrn Rentamtmann, diesen meinen Vorschlag zu erwägen und nach Befinden dem hohen Finanz Ministerio zuzustellen, und bitte ich zugleich, daß der Betrieb auf die Art und Weise, wie oben erwähnt worden ist, fortbestehen kann, da er sich bewährt hat.

Königliches Kalkwerk Neunzehnhain   
am 17. Januar 1862.   

Johann Friedrich Gottlieb Müller.“   

  

Diese hoffnungsvollen Erwartungen bestätigten sich aber wieder einmal nicht. Schon in einer Entfernung von weniger als 10 Ellen vom Schacht zog das Lager wieder auf eine Mächtigkeit von nicht mehr als 3 Ellen ein und keilte dann bei einer Gesamtbreite von 16 bis 18 Ellen gänzlich aus. Die Förderung brach von ihrem Höchststand im Jahr 1859 mit 86 ½ Ruthen auf nur noch 3 Ruthen ein (10036, Loc. 35338, Rep. II, Nr. 62c).

Nun war das Lager in Neunzehnhain endgültig erschöpft. Zunächst schob man die Ursache noch auf die starken Regenfälle im Juli 1863, was den Abbau in Neunzehnhain „stark behindere“. Schließlich kam es aber so weit, daß das fiskalische Kalkwerk Neunzehnhain zwischen 1863 und 1866 sogar aus Lengefeld Kalkstein „zur Aushilfe“ ankaufen wollte (30046, Nr. 3748). Man wollte vermeiden, daß sich die Kunden vom Kalkwerk in Neunzehnhain abwenden, obwohl die Nachfrage nach Bau- und Düngekalk zeitweise kaum zu decken war. So wandte sich die Kalkwerksadministration Neunzehnhain an das Königliche Finanzministerium in Dresden mit der Bitte, Rohkalkstein vom Kalkwerk in Lengefeld ankaufen zu dürfen. Für 1863 brauche man in Neunzehnhain noch rund 20 Ruthen, für das folgende Jahr etwa 50 Ruthen Kalkstein, wofür man 11 Thaler die Ruthe zu zahlen bereit sei (30046, Nr. 3748).

Darüber wurden lange Erörterungen angestellt. Das Kalkwerk in Lengefeld nämlich weigerte sich – auch dem Königlichen Finanzministerium gegenüber – vehement, Rohkalkstein nach Neunzehnhain zu verkaufen. In der Diskussion kamen viele Argumente zur Sprache, u. a. wies man auf die unterschiedliche Qualität des Kalksteins (bzw. Dolomits) hin. Die Aufschlagwassermenge reiche nicht aus, um im Winter sowohl die Kunstgezeuge als auch den Wassertonnenaufzug in Lengefeld zu betreiben und zusätzlichen Rohkalk zu fördern. Auch würden die Fuhrlöhne die Sache für den Fiskus unrentabel machen. Selbst das Angebot aus Neunzehnhain, den Kalk mit eigenem Personal zu brechen und ohne Benutzung des Wassertonnenaufzugs zu fördern, wurde abgelehnt. Zuguterletzt bot das Kalkwerk Lengefeld die Abgabe völlig unreinen Kalksteins an und führte dazu selbst einen Brennversuch aus, wobei der zweite Kohleofen zum Einsatz kam. Er wurde mit 3/8 Ruthe dieses Rohkalksteins befüllt. Der Brand ergab gerade einmal 15 Scheffel Kalk, 3 Scheffel Kalkmehl und Asche – der Rest war verglaster Stein und Schlacke, wofür man einen zu hohen Gehalt „an Quarz und Kiesel und zu wenig Kalkspath“ verantwortlich machte (30046, Nr. 3748).

Am Ende aber äußerte Faktor Kirbach namens der Administration der Lengefelder Kalkwerke dann den wirklichen Beweggrund: Es sei für sie nämlich „eine ganz außergewöhnliche Sache; würde man doch die Mittel liefern müssen, den Betrieb der Concurrenz zu ermöglichen...“ (10036, Loc. 35338, Rep. II, Nr. 62c).

Zwar waren beide Kalkwerke im Staatsbesitz, aber das ging ja nun wirklich zu weit. Grundsätzlich einigte man sich aber im August 1863 immerhin doch dahingehend, in den Monaten Dezember und Januar maximal 20 Ruthen Rohkalkstein nach Neunzehnhain abgeben zu wollen.

Die weiteren Verhandlungen wurden abgebrochen. Am 17. Oktober 1863 erließ das Finanzministerium stattdessen die Anweisung, daß das Kalkwerk Neunzehnhain den Kalksteinabbau am Weißen Ofen wieder aufnehmen solle (30046, Nr. 3748).

  

Noch immer suchte man aber auch in der näheren Umgebung von Neunzehnhain fast schon verzweifelt nach neuen Rohstoffquellen: Ein Bericht von Markscheider Friedrich Julius Weiß über mögliche Untersuchungsarbeiten in der südlichen Fortsetzung des vom Kalkwerk abgebauten Lagers vom 1. September 1869 ist in den Akten des Forstrentamtes erhalten geblieben (30315, Nr. 82b). Von Interesse ist darin seine Beschreibung des letzten Abbaustandes im Neunzehnhainer Kalklager: „Der früher in Neunzehnhain gangbar gewesene Kalksteinbruch liegt auf der linken (westlichen) Seite des daselbst von Süd nach Nord abfallenden Lautenbach- Thales, hat eine Längenerstreckung von 80 Lachtern, geht circa 55 Lachter vom Bah entfernt ziemlich parallel demselben, endigt gegen Süd, wo das Thal plötzlich eine Biegung nach West macht, unmittelbar vor dem linken Ufer des Baches, ist hauptsächlich unterirdisch geführt worden und in Folge stattgehabter Einstürze nirgends mehr zugänglich. Wegen des letzteren Umstandes kann man … von der Natur und Beschaffenheit der Kalksteinlagerstätte keine Ueberzeugung durch den Augenschein gewinnen…“

Markscheider Weiß kam anhand des Grubenrisses von 1844 und der Versicherungen von Steiger Müller und Obersteiger Schreiber aus Marienberg über die Struktur des Lagers zu der Ansicht, daß dieses Lager nicht „als eine unregelmäßige Einlagerung, sondern als ein Gang anzusehen ist“, was zu der Vermutung berechtige, daß sich dieser gegen Süd unter dem Bach hinweg und in dem südöstlichen Talhang fortsetze, freilich: „…obgleich es mir bei der Begehung dieses Gehänges nicht gelungen ist, irgend eine Spur davon aufzufinden.“ Er schlug trotzdem das Abteufen eines Schurfschachtes an dieser Talseite vor und schätzte die darauf zu verwendenden Ausgaben auf etwa 300 Thaler.

Ob man diesem Vorschlag gefolgt ist, geht aus dieser Akte nicht hervor; erscheint jedoch auch unwahrscheinlich, da auch Markscheider Weiß keinen handfesten Beleg für seine Vermutung erbringen konnte.

 

 
 
 

Zur Wiedererschließung des Kalkbruchs Weißer Ofen 1863 bis 1867

  

Als dem fiskalischen Kalkwerk in Neunzehnhain Ende der 1850er Jahre der Rohstoff auszugehen drohte, bemühte sich auch das Forstamt selbst um neue Quellen für Kalkstein. Dabei rückte offenbar auch der zu dieser Zeit längst wieder auflässige Bruch am Weißen Ofen wieder ins Blickfeld. Zuletzt hatte im Jahr 1758 Herr Johann Christian Winkler aus Rauenstein hier um Abbaurechte nachgesucht. Dieser Vorgeschichte sind wir im betreffenden Kapitel  oben schon nachgegangen.

Über die nun folgenden Versuche der Wiedererschließung dieses Vorkommens durch den Fiskus ist umfangreicher Schriftwechsel in den Archiven erhalten geblieben (vgl. u. a. 10036, Loc. 35338, Rep. II, Nr. 62d, 40024-12, Nr. 15/1, 40001, Nr. 2975 sowie 30007, Nr. 2752, 2753 und 2754).

Am 8. Dezember 1863 wandte sich das Rentamt Augustusburg an das Finanzministerium in Dresden mit der Bitte um weiteren Vorschuß für die Erschließung und Untersuchung dieses Kalksteinbruches (40024-12, Nr. 15/1). Weil uns der diesbezügliche Bericht des Rentamts-Beamten Friedrich Wilhelm Fink (es gibt auch die Schreibweise „Fincke“ in den Akten) ausführliche Einblicke in die Vorgehensweise und in den Stand der Arbeiten zu dieser Zeit bietet, zitieren wir ihn vollständig:

Vom Rentamte Augustusburg, das Kalkwerk zu Neunzehnhain betr.

An das Königliche Finanz- Ministerium, II. Abtheilung.

In Gemäßheit der Verordnung des kgl. Hohen Finanz- Ministeriums vom 13. October dieses Jahres... ist nach erfolgter Verständigung mit der betreffenden Forstverwaltung die Abräumung des in der Abtheilung ,weißer Ofen´ auf Lengefelder Staatsforstterrain aufgefundenen Kalklagers in Angriff genommen worden und nunmehr, nachdem das Dispositionsquantum der fünfzig Tahler verbraucht worden ist, über die erlangten Resultate diese gehorsamste Anzeige zu erstatten.

Die bei Auffindung der Anzeichen dieses Kalklagers und bei Untersuchung der Aussichten derselben gehegten Hoffnungen haben sich bisher bestätigt und die Erscheinung desselben, soweit es mit den gewährten Mitteln bisher hat blos gelegt werden können, läßt auf eine große Mächtigkeit schließen. Es ist nämlich der anstehende Kalkstein jetzt in einer Breite von 23 Ellen und in einer ansteigenden Höhe von 11 bis 15 Ellen ausgefüllt und kann noch 3 bis 4 Ellen tief hereingestürzten Gestein geräumt und in Ansicht gebracht, daher auch zum billigeren Abbrechen zu Tage gestellt werden, während man nach der Dichtigkeit und Reinheit des zur Ansicht gebrachten Kalksteins darauf schließen kann, daß er noch ebenso mächtig in die Tiefe reiche, daher die Mächtigkeit in der Vertikale sich noch auf 30 und mehr Ellen herausstellen werde, was man aber zur Zeit nicht genau ermitteln kann, weil das Liegende noch nicht aufgeschlossen werden konnte und dies erst später beim Bruchbetriebe durch Schachtsenken ermittelt werden kann. Wenn ferner alle Anzeichen des verstürzten Bruches dahin deuten, daß der Kalkstein auch in der Breite noch weithin sich ausdehnen und das Ausbrechen des Steins wesentlich erleichtert und weniger kostspielig wäre, wenn mehr Platz genommen würde, so ist es rathsam und fast unerlässlich, daß das sämmtliche vorgestürzte Gestein vollends von dem Kalksteinstoße abgeräumt werde, was einen Kostenaufwand von noch 150 Thalern verursachen wird, wobei jedoch erfahrungsgemäß zu hoffen steht, daß im Abraum einige Ruthen Kalkstein gewonnen werden, indem wir schon bei der bisherigen Abräumung 3 Ruthen desgleichen gewonnen haben.

Bei dem Königlichen Hohen Finanz- Ministerium sehe ich mich daher zu fernerer behufigen Freilegung des aufgefunden Kalksteins zu der gehorsamsten Bitte genöthiget:

Hochdasselbe wolle zu dem gedachten Zwecke das Rentamt zu Verwendung von anderweit 150 Thalern mit gnädigster Beschleunigung ermächtigen, um eine Sistierung der fortgesetzten Abraumarbeiten zu vermeiden.

Von den im Abraume bisher bereits gewonnenen 3 Ruthen Kalkstein habe ich eine Ruthe zu 54 Kubikellen zum Kalkwerke Neunzehnhain schaffen und versuchsweise brennen lassen. Ebenso habe ich zur Controle vom anstehenden Kalkfels eine Ruthe ausbrechen und brennen lassen. Von jeder Ruthe Kalkstein sind nun 90 Scheffel Kalk gewonnen worden, welcher sich als fetter, feinster Weißkalk erwiesen hat.

Zum Beweis dessen erlaube ich mir, eine Suite beizulegen, bestehend aus einer Stufe rohen Kalksteins, einer dergleichen gebrannten Kalks und eine Schachtel mit gelöschtem Kalk und zwar auf der einen Seite trocken als Düngekalk und auf der anderen naß zum Mauern.

Diese Probe hat folgenden Kostenaufwand für 1 Ruthe Kalkstein verursacht:

  •   3 Thl. 15 Gr. Brecherlohn
  •   1 Thl. 17 Gr. 3 Pf, Förderlohn vom Bruche bis zur Straße
  •   3 Thl. 15 Gr. Transport von da bis zu dem Ofen des Kalkwerks Neunzehnhain
  •   1 Th. 5 Gr. Schlägerlohn
  •   1 Thl. 6 Gr. Brennerlohn
  • 21 Thl. 21 Gr. Brennmaterial für 42 Scheffel Kohlen
  •   - Thl. 10 Gr. Schmiedelohn,
    32 Thl. 29 Gr. 9 Pf. Summa.

Wenn nun daraus 90 Scheffel Kalk, durchschnittlich der Scheffel zu 18 Gr. gerechnet, gewonnen worden sind = 54 Thaler, so ergibt sich ein Gewinn von 21 Thl. – Gr. 7 Pf. pro eine Ruthe, von dem nur die übrigen allgemeinen Regiekosten der Werke abgehen, welche aber, je mehr Absatz erzielt wird, um so geringer sich herausstellen.

Bis jetzt war der Abraum dazu benutzt worden, einen Abfuhrweg vom Bruche ab bis an die Straße (Flügel) herzustellen, um doppelten Nutzen zu erreichen, es ist dieser Weg aber noch nicht vollständig fertig, weshalb auch der Kalkstein diesmal noch mit dem Karren bis zur Straße gefördert werden mußte, was einen Aufwand von 1 Thl. 17 Gr. 3 Pf. (für 43 Stunden Arbeit) verursachte.

Diese Kost wird wegfallen, sobald der Weg vollendet und es dem Fuhrwerke ermöglicht sein wird bis an den Bruch zu fahren, um von das die Steine sofort aufzunehmen und nach Neunzehnhain zu schaffen.

Es ist unter gehoffter hoher Genehmigung gelungen, den Mühlenbesitzer Stülpner zu Neunzehnhain zu bestimmen, dass er vom Bruche ab die Ruthe Kalkstein gleich 54 Kubikellen bis zum Ofen des Kalkwerkes Neunzehnhain transportiren, und da niemand billiger fahren wollte, so erlaube ich mir, dieses Abkommen hoher Genehmigung zu empfehlen.

Es muß das Geschirr mit zwei Pferden sechs Mal hin und her gehen und beim Anfahren zum Ofen Vorspann nehmen, um eine Ruthe Kalksteine vom weißen Ofen bis dahin zu transportiren. Dann wird der Förderlohn ... wegfallen und der Gewinn sich um so viel erhöhen und in dieser Höhe sich erhalten, so lange der Bruch vom Tage aus betrieben werden kann, was bei der großen Ausdehnung der nutzbaren Masse immerhin längere Zeit dauern wird und zwar um so länger, je tiefer es gelingt, den Kalkstoß abzuräumen und angreifen zu können. Gelangt man später zum Betriebe durch Schachtsenken, so wird sich der Brecherlohn etwas und je nach den Umständen erhöhen, jedoch nach menschlicher Erfahrung nicht den Durchschnittslohn von 6 Thl. übersteigen, wogegen aber, da der Kalkfels ganz rein erscheint, nach erfolgter Abräumung des vorgestürzten Gesteins keine Abfüllung weiter zu fürchten und von Wasser keine Spur ist; Hindernisse, welche bisher den Bruchbetrieb in Neunzehnhain außerordentlich vertheuert, erschwert, ja hin und wieder für die Arbeiter lebensgefährlich gemacht haben.

Es hat sich sonach das gehorsamst mittels Berichts am 25. September dieses Jahres vorgetragene Gesuch erledigt, denn durch das Auffinden dieses Kalklagers am Weißen Ofen ist das Fortbestehen des Neunzehnhainer Kalkwerks, über dessen alten Bruchstollen ich am Jahresschlusse zu berichten haben werde, gesichert.

Die Freude hierüber ist in der ganzen Umgegend groß, denn die dasigen Oeconomen sind mit dem bedürfenden Düngekalk der Nähe wegen dahin gewiesen. Es steht nun zu hoffen, nicht bloß, daß die alte Kundschaft dem fiscalischen Werke erhalten, sondern sogar, daß solche noch ansehnlich vermehrt werden würde, wenn es dem Kgl. Hohen Finanz- Ministerium gefallen wollte, bei dem Kalkwerke zu Neunzehnhain zu Erzeugung von gutem Weißkalk einen Holzofen bauen zu lassen.

Da von vielen Gewerken, welche mit Weißkalk zu thun haben, mir verführet worden ist, daß, wie im Niederlande wegen der theuren Holzpreise man von der Verwendung des Holzes zum Kalkbrennen absehen müßte, an Holzkalk überhaupt Mangel und man in hiesiger Gegend genöthigt sei, in die entfernteren Privatwerke zu Herold und Grießbach zu fahren, und da der vom weißen Ofen gewonnene Kalk dem von den gedachten Werken erzeugten mindestens gleich kommt, auch das Brennmaterial in den auf Börnichener Forstterrain ... zur Genüge und billig zurhand sein würde, übrigens das Kalklager so mächtig erscheint, um die Anlage eines Holzofens zu rechtfertigen, so muß ich mir die gehorsamste Bitte um hohe Genehmigung hierzu unmaßgeblich erlauben, um das reiche Kalklager so gut als nur möglich im fiscalischen Interesse ausbeuten zu können.

Ich würde mich befleißigen, das dadurch zu gewinnende Product gehörig auf den Markt zu bringen und die fiscalischen sowie Privatbauten dafür zu interessiren, so daß es an Absatz ... für Neunzehnhain ... nicht fehlen sollte.

Im Interesse des Kalkwerkes zu Neunzehnhain kann ich endlich noch einen Wunsch nicht unterdrücken und zwar den, es wolle das Kgl. Hohe Finanz- Ministerium gestatten, außer der auf der anliegenden Kärtchen mit A-B bezeichneten Kalkstraße, welche hauptsächlich für die oben gelegenen Ortschaften Krumhermersdorf, Großolbersdorf pp. benutzt wird, noch zur Kohlenanfuhr die Anlage eines nähern Weges zu gestatten und zwar von C nach D.

Die Kohlen werden nämlich von Flöha, also von der Straße von Augustusburg her (A) bezogen und werden, wenn der große Umweg über die Kalkstraße (A-B) wegfiele und dagegen auf dem gewünschten kürzeren Wege (C-D) hergeschafft werden könnten, der Scheffel anstatt für 7 Gr. dann um 1 Gr. billiger und zwar um 6 Gr. Fuhrlohn beschafft werden können, was bei einem jährlichen Bedarf von 5 bis 6.000 Scheffeln eine Ersparniß von 166 Thl. 20 Gr bis 200 Thl. ergäbe.

Dieser Weg C-D würde von der Lengefelder Chaussee C ab einen Holzfuhrweg, dem sogenannten ,Husarenweg` betreffen und es würde die Erweiterung und Ausbesserung desselben, sowie die Herstellung des Weges überhaupt einen Kostenaufwand von circa 100 Thalern verursachen, welcher aber durch die obenerwünschte Ersparniß in einem Jahr wieder Deckung fände.

Ja, es steht in Aussicht, daß der Kalkabsatz in die Gegend von Augustusburg, da dort noch viele sich mit schlechtem Privat- Kalke aus der Nähe behelfen müssen, sich mittelst dieser kürzeren Route ansehnlich erhöhen werden, wenn dieser Weg nur irgend so angelegt würde, dass auch mit beladenem Wagen bergauf gefahren werden könnte, was vom Kalkwerke ab ohne erhebliche Beschädigung des Waldes in Ausführung gebracht werden könnte. 

Das Königliche Hohe Finanz- Ministerium wolle die Gnade haben, diesen wohlgemeinten Vorschlag in Erwägung zu ziehen und deshalb Anordnung zu treffen.

Wenn im Übrigen hochdasselbe zu Untersuchung und Begutachtung des neuen Kalklagers am ,weißen Ofen´ sowie zur Instruction über den Betrieb daselbst einen Sachverständigen noch abzuordnen für gut befinden wollte, so erlaube ich mir dazu den Schichtmeister Ludwig Moritz Pilz in St. Michaelis bei Freiberg ganz unmaßgeblich vorzuschlagen, weil derselbe in Kalkabbauangelegenheiten sehr bewandert ist und sich hier für das Neunzehnhainer Kalkwerk von jeher mit Glück interessirt hat, bleibe aber hoher Anordnung in tiefster Ehrerbietung gebührend gewärtig.

Das Rentamt Augustusburg am 8. December 1863   
Friedrich Wilhelm Fink“   

Der uns aus dem Kapitel zur Wiedererschließung des Neunzehnhainer Kalklagers zwischen 1842 und 1851 bereits bekannte Schichtmeister L. M. Pilz war, wie wir hier nebenbei auch erfahren, 12 Jahre später von Marienberg nach St. Michaelis westlich von Brand- Erbisdorf versetzt worden. 

  

Für die Wiedererschließung des Steinbruchs hatte man bereits eine Croquis (Verleihkarte) skizziert, welche uns die damalige Aufschlussituation illustriert: oben Grundriß, unten Schnitt in Nord- Süd- Richtung; anstehender Kalkstein in der Bruchwand ist darin blau koloriert. Bildquelle: Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Chemnitz, Bestand 30315 (Forstamt Marienberg), Archivnummer 82b, Blatt 227.

  

In Dresden war man sich der Erfolgsaussichten dieses Unternehmens nicht ganz so sicher. Deshalb erließ das Hohe Finanzministerium zunächst am 15. Dezember 1863 die folgende Anordnung:

„Nachdem das Rentamt Augustusburg unterm 13. Oktober diesen Jahres zu der beantragten versuchsweisen Gangbarmachung eines auf Lengefelder Forstterrain, ½ Stunde vom Neunzehnhainer Kalkwerke aufwärts in der Abtheilung ,weißer Ofen´ aufgefundenen Kalklagers angewiesen worden war, ist von demselben über die hierbei bis jetzt erzielten Erfolge der abschriftlich für beifolgenden Bericht vom 8. diesen Monats erstattet worden.

Behufs weiterer Entschließung hierauf wird das Oberbergamt zu Freiberg andurch veranlasst, den Obereinfahrer Müller dahin mit Anweisung zu versehen, dass derselbe über die Beschaffenheit und Abbauwürdigkeit, sowie über die Lagerungsverhältnisse des fraglichen Kalksteins nähere Erörterungen an Ort und stelle anstelle und darüber, sowie über die zu dessen Ausnutzung bei dem Kalkwerke Neunzehnhain erforderlichen Maßnahmen, nach Befinden mit Berücksichtigung der von dem Rentamte gestellten Anträge sich unmittelbar... gutachterlich ausspreche.

Über den Erfolg ist Anzeige... zu erstatten.

Dresden, den 15. December 1863    
Finanz Ministerium, 2. Abtheilung
 

  

Weisungsgemäß hatte sich der ‒ aufgrund seiner vielfältigen Studien zu den Erzlagerstätten später auch als „Gang- Müller bekannt gewordene ‒ Obereinfahrer Carl Herrmann Müller (*1823, †1907) aus Freiberg auf den Weg gemacht. Den folgenden ausführlichen Bericht (40024-12, Nr. 15/1) sandte er am 5. November 1864 nach Dresden:

An das Königliche Finanz-Ministerium, II. Abtheilung. 

Durch Verfügung des Kgl. Hohen Finanz- Ministeriums vom 13. August d. J. beauftragt, den Kalkbruch am weißen Ofen zu Neunzehnhain anderseits zu besichtigen, die hierüber in dem Berichte des Kgl. Rentamtes Augustusburg vom 6. August d. J. gemachten Vorschläge, in Gemeinschaft mit dem betreffenden Beamten in Erwägung zu ziehen und sodann gutachterlichen Bericht zu erstatten, habe ich, der Unterzeichnete, am 19ten vorigen Monats im Beisein des Herrn Rentbeamten Finck auf dem genannten Bruche eine Localerörterung vorgenommen, als deren Ergebniß bei Wiedereinreichung des mir zugestellten Aktenstückes... Folgendes pflichtschuldig zur Kenntniß des Kgl. Finanz- Ministeriums zu bringen.

Anlangend die, seit Erstattung meines letzten gehorsamsten Berichtes vom 23. April d. J. bei dem vorgenannten Kalkbruche erfolgten Ausführungen behufs der weiteren Aufdeckung, Untersuchung und abbaumäßigen Vorrichtung der dortigen Kalksteinlagerstätte, so ist darüber Nachstehendes zu berichten, wobei ich mir zugleich erlaube, unter Bezugnahme auf den rentamtlichen Bericht vom 6. August d. J., die betreffenden Vorschläge für die Folgezeit beizufügen.

Im Bruche A. ist

I. nur an der Südostseite die Abräumung in größerem Umfange, nämlich auf circa 12 Lachter Länge und bis zu 5 Lachter Breite und Höhe, jedoch noch nicht bis zur völligen Beseitigung der daselbst liegenden Gesteinsschuttes erfolgt. Hierdurch ist der vor der hintern Bruchwand in der Bruchsohle anstehende, bauwürdige Kalkstein bis auf 4 Lachter Breite freigemacht und zugleich daneben ein Lagerplatz gewonnen worden.

Es hat sich dabei gezeigt, daß die Schuttablagerung auf dieser Seite ziemlich mächtig ist und daß die Böschung des dahinter anstehenden Felswand eine ziemlich steile sein muß, weshalb hier, nach bewirkter vollständiger Aufräumung leicht Lockerungen ... größerer Stücke der ihrer äußerlichen Unterstützung beraubten Felsmassen eintreten dürften, deren Hereinstürzen in den Bruch möglicher Weise Gefahr für die daselbst beschäftigten Arbeiter herbeiführen könnten. Aus diesem Grunde dürfte die weitere Aufräumung des Schuttes auf dieser Seite des Bruches wie ebenso der, in meinem früheren Berichte unter Ziffer 6. vorgeschlagene, Betrieb eines Versuchsortes auf dieser Seite nach dem Bruche B. für vorläufig zu unterlassen, und dagegen anstelle des letztgedachten Versuchsortes ein anderer, weiter unten... zu erwähnender, zugleich minder kostspieliger Weg der Untersuchung der Kalksteinlagerstätte... einzuschlagen sein.

 

II. Die Abräumung des Schuttes an der Nordostseite des Bruches unmittelbar vor dem hinteren Bruchwand ist nur auf 3 ½ Lachter Länge und circa 2 Lachter Breite und Höhe erfolgt. Hierbei ist man zuletzt auf anstehenden Felsen und zwar auf eine sogenannte Kalkfäule, d. h. eine hora 4-5 streichende und 54 bis 60° gegen Südost fallende, aus zersetztem, mürbem, sandigem, unbrauchbarem Kalkstein bestehende Gesteinslage gestoßen, aus Anlaß dessen hier die weitere Abräumarbeit eingestellt und der, von hier früher unter Ziffer 7. vorgeschlagene, Versuchsortbetrieb gegen Nordwest bis jetzt unterlassen worden ist. Nach meinem unmaßgeblichen Ermessen darf indessen das Auftreten der nun gedachten Fäule von weiteren Untersuchungen auf dieser Bruchseite nicht abhalten, da desgleichen Fäulen in der Regel keine beträchtliche Stärke besitzen und übrigens auch durch den etwas weiter westlich gelegenen Schurf bereits der Nachweis geliefert ist, dass jenseits dieser Fäule wieder reiner Kalkstein auftritt. Vor allem kommt es jetzt darauf an, über die wirkliche Ausbreitung und Lagerung der Kalksteinlagerstätte nach allen Seiten die Gewissheit zu erlangen, in dem sich erst dann der Plan zu einem bestimmten Bruchbetriebe aufstellen läßt.

Die Frage, ob man auf der einen oder der anderen Seite der Kalksteinlagerstätte schon mehr oder weniger über der jetzigen Bruchsohle abgebaut finden wird, kann bei diesen Versuchen nicht maßgebend sein, da es sich um den Nachweis der Möglichkeit eines umfänglichen Kalksteinabbaus über einer anzulegenden tieferen Bruchsohle handelt. Auch wegen des Umstandes, dass auf dieser Bruchseite eine Glimmerschieferdecke von unbekannter Stärke über dem Kalkstein lagert, kann die besagte Untersuchung nicht nutzlos erscheinen, da, wie ich bereits früher, in dem unterm 6. November 1863 verfaßten Berichte betreffs der Unterwiesenthaler Kalkbrüche, zu Punkt 2.d ausführlich dargelegt habe, unter gewissen Verhältnissen der Mächtigkeit des unterlagernden Kalksteins, selbst das Niederbrechen einer ziemlich starken Schieferdecke noch mit Vortheil verbunden sein kann.

Ich halte daher die Ausführung des von mir früher unter Ziffer 7. vorgeschlagenen Versuchsortbetriebes auch noch jetzt für zweckmäßig. Dabei aber für zulässig, den Ansatzpunkt dieser Örter, wie es auf dem Croquis (siehe Abbildung oben) ... angedeutet ist, etwas näher der hinteren Bruchwand zu (wählen), wo man wirklich weniger Schutt vorher zu beseitigen hat.

Was die weitere Beräumung dieser nordwestlichen Seite des Bruches A. betrifft, so dürfte diese von dem Ergebnis der letztbesagten Versuchsörter abhängig zu machen sein. Denn trifft man mit diesem noch auf mehr als 6 Lachter Länge brauchbaren Kalkstein an, so verlohnt es sich, den daraufliegenden Schutt auf dieser Seite wegzuräumen und den am Bruchrand auftretenden Glimmerschiefer bis auf den darunter lagernden Kalkstein niederzubrechen, um diesen dann auf wohlfeile Weise zu gewinnen.

 

III. Das in meinem Berichte vom 23. April d. J. unter Ziffer 8. vorgeschlagene Abteufen vor der hinteren Bruchwand ist unmittelbar unter letzterer angesetzt und bereits auf ungefähr ½ Lachter Tiefe unter die jetzige Bruchsohle niedergebracht worden. Die Verlegung desselben an diese Stelle ist unbedenklich, indem hier derselbe Zweck mit denselben Kräften, als an einem 2 Lachter weiter westlich gelegenen Punkte erreicht werden kann. Dieses Abteufen dürfte auf die früher angegebene Tiefe von 10 Lachtern unter die damalige Bruchsohle niederzubringen und sodann aus demselben Versuchsörter gegen Nordwest, Nordost und Südost so weit auszulängen sein, als die Kalksteinlagerstätte aushält. Für dieses Abteufen und Örterbetrieb dürfte, mit Rücksicht auf die dabei zu gewinnenden, verwerthbaren Kalksteine, eine Kostensumme von

300 Thl.

vorläufig in Aussicht zu nehmen sein. Sollte schon während des Abteufens starker Grundwasserzudrang eintreten, so würde diese Arbeit bis zu trockener Jahreszeit zu unterbrechen, dann aber mit Hilfe einer zu erbauenden Schwengelpumpe energisch fortzustellen und so vollständig als möglich zu Ende zu führen sein. Denn nach den hierbei zu erlangenden Resultaten wird zu beurtheilen sein, ob sich bei dem Neunzehnhainer Kalkwerke eine stärkere als die jetzige Kalkproduktion auf längere Zeit daraus effektuieren läßt, und welchen Nutzen die Heranbringung eines Stollens für den künftigen Kalkbruchbetrieb verspricht.

 

IV. Das in meinem letzten Bericht unter Ziffer 5. vorgeschlagene Versuchsort in der Sohle des Bruches A, von der hinteren Bruchwand aus gegen Nordost ist im Ganzen auf 9,5 Lachter Länge im Kalkstein bis an die Grenze des Glimmerschiefers fortgetrieben worden. Bei ungefähr 3 Lachter Abstand von der Mündung dieses Ortes hat man auf der linken Seite die oben erwähnte Fäule wieder angetroffen und entlang dieser das Ort bis zur Glimmerschiefergrenze fortgestellt. Letztere wird hier von einer ungefähr 40° gegen Nordost einfallenden, 1 bis 2 Fuß weiten, größtentheils mit zerrüttetem Glimmerschiefer und eisenschüßigem, braunem, sandigem Kalkmulm erfüllten Bruch gebildet, deren Brüchigkeit nicht gestattet, auf der Grenze selbst Versuchsörter auszulängen.

Deshalb ist schon bei 5 Lachter Entfernung von der Mündung dieses Versuchsortes ein gegen 2 Lachter breites und ebenso hohes, gleichzeitig zur Untersuchung der Kalksteinslagerstätte dienendes Abbauort... angefahren und in der Richtung hora 12 gegen Süd, also nach dem Bruche B. hin, bis jetzt 7 Lachter weit, im bauwürdigen, nur hier und da durch größere Brüche zerrissenen Kalkstein fortgebracht worden. Dieser ist durchgängig frischer und fetter, gelblichweißer, feinkörniger, dolomitischer Kalkstein, welcher aber stellenweise, wie das Funkengeben beim Beklopfen mit dem Hammer vermuthen läßt, durch fein beigemengte Quarzkörner verunreinigt ist. Von diesem Betriebe ist seither der größte Theil des in der letzten Zeit gebrannten Kalksteins gewonnen worden. Die Gewinnung ist pro Ruthe zu 54 Kubikellen Stückkalkstein mit 6 Thl. einschließlich der Förderung bis an den Lagerplatz und des Pulververbrauchs, aber ausschließlich der Schmiedekosten verdungen.

Dieses Ort dürfte in der bisherigen Richtung und mit den bisherigen Dimensionen fortzutreiben sein, soweit, als der bauwürdige Kalkstein reicht. Da seine Richtung direkt nach dem Bruche B. hinweist, so wird man durch seine Fortbringung die wünschenswerthe Auskunft darüber erlangen, ob der Kalkstein des Bruches A. mit dem des Bruches B. in ununterbrochenem Zusammenhange steht, und ob und wie tief der Kalkstein unter dem Bruche B. niedersetzt. Es wird also dieser Ortbetrieb ziemlich den... beabsichtigten Aufschluß geben... sobald insbesondere noch ein Seitenflügel von diesem Abbauorte aus gegen Südwest unter der übertage zwischen A. und B. auflagernden Glimmerschieferscheibe so weit ausgelängt wird, wodurch man erfahren wird, ob noch in der Sohle des Bruches A. zwischen beiden Brüchen Kalkstein liegt. Ist dies der Fall, so dürfte später die ganze 1 bis 3 Lachter breite Glimmerschieferwand zwischen A und B. bis auf den Kalkstein nieder wegzubrechen und dadurch der Bruch A. mit dem Bruche B. zu einem einzigen großen Bruche dergestalt zu vereinigen sein, daß die Abbaustroßen von A. aus nach B. zu aufsteigen, wie es auf nebenstehender Profilskizze durch punktierte Linien angedeutet ist.

Man würde auf diese Weise den richtigen Vortheil eines großartigen und zweckmäßigen Tagebruches erzielen, dessen Betrieb nicht nur der billigste, sondern auch die jeden Kalksteinverlust vermeidende Gewinnung auf eine lange Reihe von Jahren gestatten würde.

Ferner erscheint es zweckmäßig, von dem Abbauorte C. aus ein anderes Versuchsort in östliche Richtung im Kalkstein bis an die Glimmerschiefergrenze auszulängen, um auch hier ein weiteres Anshalten für die unterirdische Verbreitung und Lagerung der Kalksteinlagerstätte auf dieser Seite zu erlangen.

Endlich dürfte zu demselben Zwecke auch noch ein letzter Versuchsort... von dem Orte b. aus in der Richtung hora 10 gegen Nordwest durch die daselbst auftretende Fäule hindurch bis an die Glimmerschiefergrenze zu treiben sein. Alle diese hier aufgeführten und mit c. bis f. bezeichneten Versuchsörter können nach und nach, d. h. das eine nach dem anderen, hergestellt werden, und, da sie sämmtlich zugleich zum Abbau des Kalksteines dienen, so wird es für sie der Bereithaltung einer besonderen Kostensumme nicht bedürfen.

 


Vergrößerung der oben im Text erwähnten Skizze von Obereinfahrer Müller am Blattrand seines Berichtes. Offenbar sind es 1860 also noch zwei einzelne Kalksteinbrüche, hier mit „A.“ und „B.“ bezeichnet, gewesen. Bildquelle: Sächsisches Staatsarchiv, Hauptstaatsarchiv Dresden, Bestand 10036 (Finanzarchiv), Loc. 35338, Rep. II, Nr. 62d, Blatt 39, vergrößert. Eine weitere Abschrift des Gutachtens befindet sich im Bergarchiv Freiberg, Bestand 40024-12 (Landesbergamt Freiberg, gewerbliche Gruben), Nr.15/1: Notizen über Kalksteinbruchbetriebe in Sachsen; die gleiche Skizze darin Filmaufnahme 237 (Rückseite des Blattes), allerdings schlechter lesbar.

  

Über den angrenzenden, kleineren Tagebau B heißt es in dem Bericht von C. H. Müller weiter:

Bei dem Bruche B. sind

V. behufs der Ermittlung der Verbreitung des daselbst zu Tage tretenden Kalksteins an der Ostseite des Bruches zwei Schürfe und zwar in 6,5 Lachter und 11,5 Lachter Abstand zur Bruchwand, mit je 2 ½ bis 3 Ellen Länge und 2 ½ Ellen Tiefe auf das feste Gestein niedergebracht worden. Mit dem ersten derselben hat man zersetzten, sandigen, dolomitischen Kalkstein, mit dem zweiten aber festen Glimmerschiefer entblößt, wonach also anzunehmen ist, dass die Kalksteingrenze zwischen diesen beiden Schürfen durchsetzt. Ein dritter Schurf ist, näher gegen den Bruch A. hin, in ungefähr 1 ½ Lachter Abstand vom Rande des Bruches B. angelegt und damit der Kalkstein ebenfalls blosgelegt worden.

Hiernächst ist zu erwähnen, daß bei der Herstellung des Ausfuhrweges aus dem Bruche B., mehr westlich von dem früheren Schurfe Nr. 1, die Grenze des Kalksteins gegen den westlich vorliegenden Glimmerschiefer als ein hor. 2 streichendes und 70° gegen Nordost fallendes, ½ bis 1 Elle mächtiges Lager von erdigem schwarzbraunem Mulm und zersetztem Kalkstein angetroffen worden ist. Alle diese isolierten Entblößungen des Kalksteins genügen aber noch nicht, um selbst ein nur ungefähres Anhalten zur Beurtheilung der räumlichen Verbreitung und des zu erwartenden Nachhaltens der dortigen Kalksteinpartie abzugeben. Zu diesem Zwecke sind daher noch folgende Ausführungen wünschenswerth.

1.) die Anlage eines Schurfgrabens von dem vorhin erwähnten 1ten Schurf aus in östliche Richtung nach dem 2ten Schurfe hin, bis an die Glimmerschiefergrenze;

2.) die Anlage eines Schurfgrabens aus dem vorhin erwähnten 3ten Schurf gegen Nordost hin, ebenfalls bis zur Erreichung der Glimmerschiefergrenze;

3.) die Anlage eines Schurfgrabens von dem Südrande des Bruches B. in südliche Richtung, nach der daselbst neuerdings aufgestürzten Abraumhalde hin und falls der Kalkstein fortsetzt, über diese bis auf den anstehenden Kalkstein, was mit einem Kostenaufwande von ungefähr

75 Thl.

zu bewerkstelligen sind dürfte.

Sodann ist noch auf circa 12 Lachter Länge und 3 Lachtern Breite auf durchschnittlich 2 Lachter Tiefe der mürbe, zersetzte Kalkstein niederzubrechen, was, unter Abzug des dabei zu gewinnenden, brauchbaren Kalksteins gegen

120 Thl.

Kosten verursachen dürfte.

Nach erfolgter Ausführung dessen wird eine regelmäßige Lagerbaustrosse von 20 Lachter Länge, durchschnittlich 3 Lachter Breite und 4 Lachter Höhe zum künftigen Kalksteinabbau vorgerichtet sein, welche mit ihrem Inhalte von 240 Kubiklachtern Kalksteinfels eine Production von circa 360 Ruthen gebrochenen Kalksteins und daraus 32.400 Scheffel gebrannten Kalks ergeben, also für Jahresproduction von rund 12.000 Scheffeln auf reichlich 2 ½ Jahre Nachhalt gewähren dürfte.

Behufs der späteren Fortsetzung und Erweiterung des Tagebruchbetriebes wird alsdann zunächst weiter tiefer, oder einer neuen Abräumung der Oberfläche auf entsprechender Breite um den Bruchrand herum und später vielleicht der oben unter IV. gedachten Beseitigung der Glimmerschieferwand zwischen A. und B. bedürfen.

  

VII. die in dem Berichte des königl. Rentamtes Augustusburg vom 6. August d. J. vorgeschlagene Anlage eines geräumigen Kalksteinlagers und Ausschlageplatzes fast über dem Kalkofen, mittels Auffüllung von 2.800 Kubikellen Schutt und Herstellung von 348 Quadratellen Erdmauer halte ich für eben so zweckmäßig, als nothwendig. Das früher benutzte Lager und Ausschlageplatz befindet sich nämlich in ungefähr 60 Schritt Entfernung von dem Kalkofen in der Nähe des vormaligen Förderschachtes. Der Kalkstein wurde daselbst vor dem Brennen kleingeschlagen und dann auf den Ofen gefördert, für welche beide Arbeiten pro Ruthe 1 Thl. 25 gr. Accordlohn gezahlt wurden. Jetzt, wo fast nur noch Kalkstein vom weißen Ofen verbraucht und direkt bis unmittelbar über den Kalkofen gefahren wird, erfolgt auch das Kleinschlagen an dem Kalkofen, für 1 Thl. 5 Gr. pro Ruthe, also mit einer Ersparniß von 20 Gr. pro Ruthe gegen früher. Es ist aber der dermalige, sehr kleine Ablade- und Ausschlageplatz am Kalkofen zum Ablagern größerer Vorräthe von Kalkstein nicht ausreichend und macht sich deshalb das Bedürfniß zur Herstellung eines entsprechend großen Lagerplatzes daselbst dringlich fühlbar, welches mit den angegebenen Kostenaufwand von

60 Thl.

füglich zu bewirken sein dürfte.

  

VIII. Schließlich erlaube ich mir, noch gehorsamst zu erwähnen, daß der als Abfuhrweg vom Bruche am weißen Ofen nach dem königl. Kalkwerke zu Neunzehnhain benutzte und im verblichenen Sommer einer oberflächlichen Ausbesserung unterworfene Forstflügelweg bereits wieder in einen so grundlosen Zustand gerathen ist, daß das Kalkstein- Fuhrwerk stellenweise bis fast auf die Achsen einsinkt, und deshalb vom betroffenen Fuhrwerkbesitzer bereits eine Erhöhung des Fuhrlohns verlangt worden ist, welche die Productionskosten des Kalkes entsprechend steigern würde. Es möchte daher der gedachte Fahrweg entweder seitens des kgl. Forstes oder seitens des kgl. Kalkwerkes zu Neunzehnhain baldigst einer gründlichen Ausbesserung unterworfen werden, was indessen mit weniger als

200 Thl.

Aufwand wohl kaum zu erzielen sein dürfte.

Aus den verschiedenen für den Kalkbruch am weißen Ofen in der nächsten Zeit benöthigten Kostenbeträge... summieren sich also auf

830 Thl.

Freiberg, den 5. November 1864    
Müller
“    

   

Dem Kgl. Finanzministerium erschienen diese Vorschläge Müller's vernünftig und auch der Kostenaufwand nicht allzu groß und es hatte daher schon anhand seines ersten gehorsamsten Berichtes vom 23. April d. J.1864 entschieden:

Dem Rentamte Augustusburg wird in der Beilage eine Abschrift des von dem Obereinfahrer Müller in Freiberg über das Kalksteinlager am Weißen Ofen bei Neunzehnhain erstatteten Gutachtens nebst den miteingereichten Croquis mit der Verordnung andurch zugefertigt, zunächst nach den gemachten Vorschlägen die Gewinnung der Brüche A und B vorzunehmen, auch die Versuchsbaue in Angriff zu nehmen, und soweit nöthig, fortstellen zu lassen, den dabei entstehenden Aufwand bis zu den veranschlagten Beträgen einstweilen vorschussweise aus der Kalkwerkscasse zu bestreiten und über die erlangten Ergebnisse längstens bis zu dem Schlusse des laufenden Jahres unter gleichzeitiger Berechnung der... Kosten und bei Wiedereinreichung der Croquis anher zu berichten.

Übrigens sind die von dem Obereinfahrer Müller über das obige Gutachten nebst zwei Belegen ebenfalls beifolgenden Berechnung mit

Neun Thaler, 29 Gr. 5 Pf.

liquidirten Verlage und Gebühren, gegen diesen noch darunter zu bringen, in Quittung auszuzahlen und in der Kalkwerksrechnung zu veranschlagen.

Dresden den 9. Mai 1864      
Finanz- Ministerium,
II. Abtheilung   

Über diese Anweisung wurde auch Herr Müller informiert.

  

Über den Fortgang der Arbeiten kann man in den Akten des Forstamtes Marienberg (30315, Nr. 85a) lesen, daß das Abteufen im Bruche „A“ im Jahr 1865 auf 1 ½ Lachter niedergebracht worden sei, wobei man jedoch nur quarzhaltigen, unbrauchbaren Kalkstein gefunden habe, erst im Liegenden sei man wieder auf bauwürdigen Kalkstein gestoßen. Diesen Versuch hatte man daher eingestellt. Auch mit einem flach einfallenden Versuchsschacht im Streichen und Fallen des Lagers habe man nur Fäule und „wilden Stein“ angefahren und auch diesen Versuch wieder aufgegeben.

Das mit dem Ziel des Nachweises des Zusammenhangs der in den Brüchen „A“ und „B“ aufgeschlossenen Kalklager vom Hauptbruch aus hora 12 nach Süden angesetzte Ort sei nunmehr 11 Lachter weit fortgebracht. Mit diesem habe man bisweilen 6 Lachter frischen, feinkörnigen, nur „von einigen Drusen zerrissenen“ Kalkstein angefahren, ohne die übertage aufliegende Glimmerschiefer- Scholle vorzufinden. Der Vortrieb erfolge im Gedingelohn, wofür 7 Thaler je Lachter zu zahlen seien.

Auch im Bruch „B“ habe man inzwischen den Schutt des Hangbruches von 1727 auf 46 Ellen Länge und 23 Ellen Breite abgeräumt und das Kalklager wieder entblößt. Während der alte Steinbruch offenbar völlig ausgebeutet sei, könne man nunmehr von einer bekannten Ausdehnung des Kalklagers von wenigstens 106 Ellen Länge und 30 Ellen in der Breite ausgehen. Die Mächtigkeit wird in dieser Akte mit bis zu 50 Ellen (rund 25 m !!) angegeben (30315, Nr. 85a).

  

Auch in Dresden wollte man wissen, was bei den Untersuchungen denn nun herausgekommen sei und entsandte daher mit Anweisung vom 14. März 1866 Herrn Obereinfahrer Müller erneut nach Neunzehnhain. Am 30. April desselben Jahres erstatte Müller daraufhin den nachfolgenden Bericht (40024-12, Nr. 15/1):

An das Königliche Finanz-Ministerium, II. Abtheilung.

Zufolge hoher Resolution des kgl. Finanz- Ministeriums... vom 14. März 1866... habe ich am 12. April d. J. den zum Kalkwerke zu Neunzehnhain gehörigen Kalkbruch am Weißen Ofen, behufs Begutachtung des in dem Berichte des kgl. Forstrentamtes Augustusburg vom 8. März d. J. angeregten bezüglichen Fragen, meiner Beschäftigung unterworfen. Auf Grund der hierbei gewonnenen Anschauung ermangele ich nun nicht, bei Remission der mir zugestellten, 3 Stück Akten mit Rissen, Folgendes gehorsamst anzuzeigen.

Durch die seit meiner letzten Anwesenheit auf dem Kalkbruche am Weißen Ofen am 19. Oktober 1864 dort fortgesetzten Untersuchungsarbeiten hat sich nunmehr herausgestellt, daß die in den beiden Bruchabtheilungen A. und B. aufgeschlossnen Kalksteinmassen zusammenhängende Theile einer und derselben Lagerstätte sind, welche im allgemeinen wie der ... Glimmerschiefer das Streichen von Nordwest gegen Südost und theils gegen Nordost gerichtetes Fallen verfolgt, aber nicht allenthalben bis zur Lageroberfläche ausgeht, und... ihre hangende und liegende Begrenzung so vielfache und bedeutende Abweichungen von einer regelmäßigen lagerförmigen Gestalt zeigt, daß sie richtiger als ein liegender Stock oder als in seinen Conturen und in seiner Mächtigkeit sehr wechselnde Lagergang zu bezeichnen ist.

Der mit seinem Mundloche im hintern Theile des Bruches A. angesetzte Versuchsstolln ist nunmehr auf 27 Lachter Länge in verschiedene Richtung durchaus im Kalkstein fortgebracht und steht mit seinem jetzigem südlichen Orte... ziemlich unter dem Mittel des Bruches B., 8 Lachter unter dessen tiefster Sohle an. Da in letzterem der Kalkstein gegen 15 Lachter mächtig blosgelegt ist, so läßt sich demnach mit der größten Wahrscheinlichkeit annehmen, daß das gedachte Stollnort in derselben Kalksteinmmasse hält, welche im Bruche B. zu Tage ausgeht. Ein von der tiefsten Sohle dieses Bruches bis zum Stollen niederzubringendes Abteufen würde diese Folgerung zur Gewissheit erheben. Aber da diese unzweifelhaft ist, so erscheint ein solcher Nachweis gar nicht mehr nötig...

Durch mehrer über Tage, auf der Südseite des Bruches B. angelegte Schürfe ist die weitere südöstliche Fortsetzung der Kalksteinlagerstätte auf noch 20 Lachter Länge über den Bruchrand hinaus in einer Breite von 8 bis 11 Lachter ermittelt worden, so daß nunmehr die Erstreckung dieser Lagerstätte auf eine Gesamtlänge von mehr 50 Lachtern und bis zu einer Breite von 14 Lachtern bekannt ist.

Die durch den Bruch und Stollenbetrieb dargelegten Verhältnisse beweisen aber, daß, wenigstens in jener Gegend, die aufgeschloßne Kalksteinlagerstätte eine höchst unregelmäßige räumliche Lagerung hat, und daß eine so normale Einlagerung im Glimmerschiefer, wie sie auf dem Risse des Markscheiders Weiß angegeben ist, in Wirklichkeit nicht stattfindet. Denn nachdem man schon früher mit dem vom Mundloche aus direkt gegen Nordost erlängten Stollnflügel, bei 9,5 Lachter Entfernung vom Mundloche... die hangende Grenze des Kalksteins mir 40-45° Fallen gegen Ost angetroffen, hat man mit dem gegen Süd, nach dem Bruche B hin erlängten Hauptstollnflügel in ungefähr 10 Lachter Entfernung vom vorigen Stollnflügel wiederum Glimmerschiefer im Hangenden des Kalksteins erreicht und dessen unter 65-70° gegen Ost einfallende Grenze auf 8 Lachter Länge mit dem Stollnorte verfolgt, wie es auf dem beigegebenen Risse mit Bleistift angegeben ist. Ungefähr 7 Lachter weiter südlich hat man das gegen die hier hora 6,2 streichende und 52° in Nord fallende liegende Begrenzung des Kalksteins, bestehend in zersetztem, kalkigem Glimmerschiefer, erreicht, während dieselbe liegende Begrenzung an dem südlichen Rande des Bruches B. gegen 8 Lachter weiter in Süd mit gleichem Streichen und Fallen, am Eingange des Bruches B. aber mit dem Streichen hora 1-2 und 90° fallend entblößt ist. In den Schürfen an der Südostseite des Bruches B. wurde die hangende Grenze des Kalksteins mit steilem Fallen gegen Nordost gefunden.

Ist nun durch die bisherigen Aufschlüsse am Weißen Ofen zwar die Richtung einer nicht unbedeutenden Kalksteinlagerstätte daselbst constatirt, welche eine daselbst auf die nächsten 8 bis 10 Jahre des Kalkwerk zu Neunzehnhain für den dermaligen Umfang der Produktion mit dem nöthigen Kalkstein zu versorgen vermag, so erscheint es wegen der angeführten schwankenden Begrenzungsverhältnisse der Lagerstätte jetzt zur Zeit unmöglich, eine einigermaßen genaue und zuverlässige Vorrathsberechnung des zum künftigen Abbau disponierten Kalksteinquantums aufzustellen. Zu diesem Zweck und um gleichzeitig den weiteren Abbau der Lagerstätte vorzubereiten, erachte ich es für zweckmäßig, daß die Untersuchungsarbeiten zunächst noch fortgesetzt werden.

Demgemäß würde

a.) der bisher befahrbare Hauptstollnflügel... in südöstliche Richtung entlang der liegenden Grenze des Kalksteins auf noch ungefähr 30 Lachter Länge mit 2 oder 3 Querflügeln gegen Nord-Ost bis an die hangende Kalksteingrenze fortzubringen sein. Die Richtung, in welcher dieser Hauptstollnflügel vom jetzigen Oststoße weiterzuführen ist, läßt sich wegen des vermuthlichen unregelmäßigen Verlaufs der Kalksteingrenze im Moment nicht sicher feststellen. Deshalb kann auch ebenso wenig der... projektierte Stollnweg schon jetzt als der beste und rathsamste bezeichnet werden. Dieser wird vielmehr von den im Verlauf der Stollnortauffahrung sich herausstellenden Verhältnissen bestimmt sein, wobei es sich von selbst versteht, daß der Stollnflügel wenn auch gebrochen, doch möglichst geradlinig herzustellen ist, um für die spätere Kalksteinförderung bequem zu sein. Die in ungefähr 10 Lachter Abstand voneinander zu treibenden Querflügel haben den Zweck, die Mächtigkeit des Kalksteins an den betreffenden Punkten zu ermitteln.

 

b.) Gleichzeitig mit dem Fortbetriebe des Stollns dürfte ein Abteufen auf der Kalksteinlagerstätte unter die Stollnsohle auf 10 Lachter Tiefe niederzubringen und in letzterer sodann zunächst gegen Süd-Ost eine Untersuchungsstrecke im Hauptstreichen der Lagerstätte mit einigen Querschlägen bis an die hangende und liegende Begrenzungsfläche des Kalksteins anzuschlagen sein. Der Ansatzpunkt für dieses, saiger herzustellende, 2 Lachter lang und 1 Lachter weit  zu teufende Abteufen würde am Besten gegen 6 Lachter nördlich vom Punkte b... sein, weil man hier genügende Entfernung von der liegenden Begrenzung des Kalksteins und von der bei dem Stollnmundloche auftretenden, flach gegen Süd einfallenden Fäule hält, daher zu erwarten hat, daß man hier bis zur bezeichneten Tiefe im Kalkstein abteufen kann.

 

c.) Die vom Steiger Müller vorgeschlagene Herstellung eines kurzen Stollnflügels von dem Punkte b... in gerader Linie nach dem offenen Theile des Bruches A. erscheint zweckmäßig zur Herstellung eines kürzeren und billigeren Ausförderung von dem künftig in, über und unter der Stollnsohle zu betreibenden Kalkabbauen. Es wird aber, ehe zu dieser offenen Verbindung geschritten werden kann, noch ein Theil des an der südlichen Böschung des Bruches A. lagernden Schuttes beseitigt werden müssen.

 

Da die vorstehend unter a. b. und c. beschriebenen Vorrichtungs- und Hilfsbaue sämmtlich nur im Kalkstein und soweit als dieses anhält herzustellen sein werden, also zugleich mit zur Kalksteingewinnung dienen, deren Ertrag die... Kosten jedenfalls bezahlt macht, so bedarf es zur Ausführung dieser Arbeiten, die übrigens auch nur allmählich, binnen 2 bis 3 Jahren vorzunehmen sine dürften, nicht der Ausweisung besonderer Geldmittel.

Hierbei erlaube ich mir noch, zu erwähnen, daß der im Bruche B. unmittelbar unter der Oberfläche blosgelegte Kalkstein auf 1 bis 2 Lachter Tiefe mehr oder weniger angewittert und mürbe ist, so daß er bei der Gewinnung und noch mehr während des weiteren Transports nach dem Kalkofen zu kleinstückigem Haufwerk und grobem Sand zerfällt, welche beim Brennen die Zwischenräume zwischen den größeren Kalksteinstücken leicht verstopfen und dadurch den nöthigen Luftzug im Ofen und ein gleichmäßiges Durchbrennen des übrigen Kalkes verhindern. Er wird deshalb nicht gern zum Kalkbrennen genommen. Da er aber im Übrigen ein ganz brauchbares Material zur Herstellung von Düngekalk abgeben kann, und daher zu wünschen ist,... auch ihn zu verwerthen, so daß der von Steiger Müller ausgehende Vorschlag... der Berücksichtigung werth sei...

Herr Obereinfahrer Müller machte desweiteren noch den Vorschlag, „unmittelbar neben dem Ausgange des Bruches A. zu den... Stolln, wo noch die Überreste eines alten Kalkofens zu sehen sind, einen kleinen, sogenannten Erdofen von Bruchsteinen (zu) erbauen...“

 


Kopie eines Grundrisses nach der Aufnahme von Markscheider Weiß aus dem Jahr 1866 im Bericht von C. H. Müller zur Lage der beschriebenen Örter. Zu den im Text oben genannten, alten Brennöfen ist hierin leider nichts vermerkt. Bildquelle: Sächsisches Staatsarchiv, Bergarchiv Freiberg, Bestand  40024-12 (Landesbergamt Freiberg, gewerbliche Gruben), Nr. 15/1: Notizen über Kalksteinbruchbetriebe in S
achsen, Aufnahme 252. In der Abschrift im Hauptstaatsarchiv Dresden, Bestand 10036 (Finanzarchiv), Loc. 35338, Rep. II, Nr. 62d, fehlt diese Zeichnung leider.

  

Ein solcher Erdofen wurde im August 1866 auch tatsächlich errichtet, weil man dadurch Fuhrlöhne nach Neunzehnhain reduzieren wollte (10036, Loc. 35338, Rep. II, Nr. 62d).

Einem Bericht (30315, Nr. 82b) des Steigers des Kalkwerkes Johann Friedrich Gottlieb Müller kann man entnehmen, daß zur Ertüchtigung dieses Ofens freilich noch „umfangreiche Maßnahmen“ erforderlich seien. So bewirke die eindringende Nässe eine längere „Trocknungsphase“, in der der Ofen nur verhalten geheizt werden könne, um zu vermeiden, daß der Brennkessel in Mitleidenschaft gezogen werde. Dadurch sei der Einsatz von Brennstoff höher und der außen im Ofen eingesetzte Kalkstein werde nicht gar gebrannt. Steiger Müller empfahl daher, zwischen der Brennkesselwandung und dem Erdreich eine „Lehmbrust“ als „Dichtung“ einzustampfen. Auch die äußere Umfassungsmauer müsse bis zur Höhe des Kessels aufgeführt und der Zwischenraum mit Lehm dicht „verrammelt“ werden.

Außerdem sei es angeraten, den unteren Teil des Kessels trichterförmig umzubauen, was das Ziehen des Kalkes erleichtere. Vor allem aber müsse man einen Überbau (ein „Wetterschutzdach“) über der Ofengicht errichten, um das Eindringen von Regen zu verhindern. Die Arbeiten könne Maurermeister Frantzsch aus Lengefeld ausführen.

Der Empfehlung des Steigers wurde stattgegeben und noch im Herbst 1866 diese Umbauten ausgeführt. 1867 war der modernisierte Erdofen dann in Betrieb. Auch der blieb jedoch nicht lange in Betrieb, da die Kunden den steilen Weg hinauf zum Weißen Ofen scheuten und den gebrannten Kalk lieber in Neunzehnhain kauften.

  

Blieb Herrn Müller noch anzufügen: Die Liquidation über die bei Erledigung des vorliegenden Gutachtens von mir bestrittenen Kostenverläge an zusammen

6 Thl. 25 Gr. 5 Pf.

erlaube ich mir mit der Bitte um deren Restitution beizulegen.

Freiberg den 30. April 1866“    

Die Skizzen am Rand der Blätter in Carl Hermann Müller's Berichten sind leider sehr klein und stark schematisierend. Die von Müller eingangs erwähnten „3 Stück Akten mit Rissen“ ‒ in denen sich vielleicht auch noch auch das Original der Aufnahme durch Markscheider Friedrich Julius Weiß aus Marienberg im Jahre 1866 finden müßte ‒ haben wir bisher leider noch nicht wiedergefunden.

   


Ausriß einer Textseite mit einer Skizze des Kalkbruchs am Weißen Ofen aus einem Bericht von Steiger Oswald Theodor Richter vom 31. März 1870: Noch besteht die „Brücke“ zwischen den Brüchen „A“ (im Grundriß unten) und „B“ (oben). Auch ein „Erdofen“ an der Zufahrt zum Bruch “B“ ist hier verzeichnet. Bildquelle: Sächsisches Staatsarchiv Staatsarchiv Chemnitz, Bestand 30315 (Forstamt Marienberg), Archivnummer 82b, Blatt 230, Rückseite, Norden ist im Grundriß unten.

   

Im Jahr 1869 berichtete auch Obereinfahrer C. H. Müller wieder über das Kalkwerk. Er erwartete, daß die Abräumarbeiten nun ihrem Ende entgegen gingen und daher zukünftig die Kosten bei der Gewinnung niedriger ausfallen würden. Auch enthielte der jetzt freigelegte Kalkstein weniger „mit Erde gefüllte Drusen“, wodurch das aufwendige Ausklauben entfallen könne. Außerdem empfahl er, zukünftig Asche und Kalkmehl nicht mehr zu trennen, sondern zusammen als Kalkasche zum Verkauf anzubieten. Bereits jetzt lägen 4.500 Scheffel Kalkasche auf Halde, von denen man bisher nur 1.500 Scheffel verkauft habe. Als Grund für den geringen Absatz nannte Müller die Konkurrenz des Kalkwerkes in Gelenau, welches aschefreien Düngekalk besonders billig anbiete.

    

Schon am 30. August 1867 beantragte das Forstrentamt Zschopau beim Finanzministerium in Dresden die Bewilligung für den Bau eines Siemens'schen Gasofens in Neunzehnhain, um reineren und aschefreien Kalk erzeugen zu können.

Der großen Investition von voraussichtlich etwa 2.500 Thalern wegen holte das Finanzministerium aber vorher bei C. H. Müller ein weiteres Gutachten ein, welches auf den 16.10.1867 datiert ist. In einem Gutachten des Oberkunstmeisters F. W. Schwamkrug vom 9. Oktober 1869 werden die voraussichtlichen Baukosten sogar zu 2.774 Thalern berechnet (10036, Loc. 35338, Rep. II, Nr. 62d).

Das erste Gutachten enthält auch Müller's Berechnungen für die Vorräte im Kalklager am Weißen Ofen, welche sich inzwischen auf einen Vorrat von wenigstens 6.825 Kubiklachtern beliefen. Abzüglich von 30% für zu belassene Pfeiler im untertägigen Abbau resultierten immer noch 4.777 Kubiklachter oder 7.785,6 Ruthen Vorrat. Daraus könne man nun etwa 700.000 Scheffel Branntkalk erzeugen, wodurch bei einer Produktion von etwa 20.000 Scheffeln jährlich immerhin eine Betriebsdauer von 35 Jahren gesichert sei.

Allerdings sei ein Absatzquantum von 10.000 oder gar 20.000 Scheffeln für dieses Werk derzeit kaum zu erreichen. Der Absatz erfolge fast nur in der unmittelbaren Umgebung und habe seit der Eröffnung der Chemnitz- Annaberger Eisenbahn zusätzliche Beeinträchtigung durch die Konkurrenz billigen Düngekalks aus  Ostrau und des sehr guten Bau- und Weißkalks aus Grießbach erfahren. Daher befürwortete der Oberkunstmeister den Ofenbau, um auch in Neunzehnhain konkurrenzfähigere Produkte anbieten zu können (10036, Loc. 35338, Rep. II, Nr. 62d, Blatt 144ff sowie 40024-12, Nr. 15/1).

Auf seine Anfrage teilte der Steiger Heinrich Müller dem Obereinfahrer Carl Herrmann Müller in Freiberg in diesem Zusammenhang über die im Bruche A am Weißen Ofen im Zeitraum ab 1864 erfolgten Auffahrungen mit, man habe bis 1867 insgesamt:

  •    500 Thaler für den Ortsbetrieb verbraucht, dabei 25 ½ Ruthen Kalkstein gewonnen,

  • 1.154 Thaler für den Abbau von 181 Ruhten Kalkstein verbaut und ferner

  •       96 Thaler für das Schachtteufen benötigt, wobei weitere 4 ½ Ruthen Kalkstein

gewonnen wurden. Außerdem habe man noch mit einem Aufwand von 504 Thalern „aus den Stroßen“ ‒ also im Tagebau ‒ weitere 115 ½ Ruthen Kalkstein gebrochen. Alles zusammen waren das immerhin also schon 326 ½ Ruthen binnen der vier Jahre von 1864 bis 1867 (40024-12, Nr. 15/1).

 


Eine Bauzeichnung für den Gasofen gab es schon. Links und rechts im Schnitt erkennt man die zwei Gasgeneratoren. Sie sind über Kanäle mit einem Ringraum verbunden, von dem aus das Gas durch Düsen in den Brennraum geleitet wurde. Die kolorierte Tuschezeichnung auf Transparentpapier ist leider schlecht erhalten, zum Teil (rechts unten) verklebt und läßt sich ohne vorherige Restaurierung nicht mehr ganz entfalten. Der Grundriß unten bleibt daher leider verdeckt. Bildquelle: Sächsisches Staatsarchiv, Hauptstaatsarchiv Dresden, Bestand 10036 (Finanzarchiv), Loc. 35338, Rep. 
II, Nr. 62d, Blatt 233.

 

Der Gasbrennofen sollte von dem Civilingenieur Ferdinand Steinmann aus Dresden errichtet werden, welcher seinem Angebot auch gleich eine Liste von in Betrieb stehenden Gasöfen dieser Bauart beilegte. Grundsätzlich sah man dies auch in Dresden positiv, weil, wie es in einem Schreiben vom 12. August 1869 so schön heißt, „die Kalkwerke durch ihren immensen Ausstoß an Rauch der Umgebung zur Landplage geworden sind...“

Dennoch konnte man sich aufgrund der hohen Baukosten nicht zu einer Auftragserteilung entschließen, womit man in Anbetracht der Vorratslage sicherlich recht tat. Vielmehr sandte man Vertreter der Administration zunächst nach Lobositz / Lovosice und Oberscheibe, wo schon mit Gas befeuerte Brennöfen in Betrieb standen, um weitere Erkundigungen über deren Effizienz einzuholen.

  

Auch die Autoren des Kalkwerksbetriebs in Sachsen, Wunder, Herbrig und Eulitz, notierten in ihrem 1867 gedruckten Gutachten, daß zu diesem Zeitpunkt „Der Siemens’sche Gasofen wurde in Sachsen nur einmal angetroffen“ wurde, „nämlich auf dem fiscalischen Werke zu Hermsdorf bei Frauenstein, und hat daselbst so wenig befriedigende Resultate ergeben, daß eine weitere Besprechung desselben kaum gerechtfertigt erscheinen würde, wenn nicht anzuerkennen wäre, daß die zu Hermsdorf erzielten, höchst ungünstigen Resultate nicht sowohl einer Unrichtigkeit des von Siemens zur Anwendung gebrachten Princips zuzuschreiben sind als vielmehr der mangelhaften Art und Weise, in welcher das an sich richtige Princip zur Anwendung gebracht worden ist.

Der Schacht des Siemens’schen Ofens ist ähnlich dem des Rüdersdorfer construirt, doch liegt neben demselben der sogenannte Gasgenerator, das ist eine Feuerungsanlage, in welcher Brennmaterial in Folge beschränkten Luftzutritts nur unvollkommen und theilweise verbrennt, während ein anderer Theil des Brennmaterials vergast wird. Die hier entweichenden, gasförmigen, noch brennbaren Producte der unvollständigen Verbrennung und trockenen Destillation werden durch einen Canal in den Schacht eingeführt und mischen sich hier mit gleichfalls zugeführter atmosphärischer Luft, welche die vollkommene Verbrennung der Gase im Innern des Schachtes bewirken soll. Die durch das Verbrennen der Gase entwickelte Hitze soll das Garbrennen des Kalkes bewerkstelligen.

Damit der beabsichtigte Zweck in befriedigender Weise erreicht wird, ist es vor allem nöthig, daß die Vergasung des Brennmaterials im Generator in ökonomischer Weise, ohne daß zu viel Brennmaterial verbrennt, bewirkt wird, daß Luft und Gase mit nicht zu niedriger Temperatur in den Schacht eintreten, sich hier gehörig mischen und daß der Zutritt beider gehörig beurtheilt und regulirt werden kann.

Diesen Anforderungen ist durch die Siemens’sche Anlage (im fiskalischen Kalkwerk zu Hermsdorf) nicht in hinlänglicher Weise entsprochen, und dürften in dieser Beziehung Einrichtungen, wie sie bei mehreren, auf Gasheizung berechneten und sich sehr gut bewährenden Glas- und Porzellanöfen getroffen sind, mehrfache Andeutungen zu Verbesserungen an dem Siemens’schen Kalkofen darbieten. Zweckmäßige Änderungen am Siemens’schen Ofen haben unter andern in Gröbzig bei Köthen zu befriedigenden Resultaten geführt.

Der Vortheil, den die Gasheizung bei zweckmäßiger Anlage gewährt, beruht hauptsächlich darin, daß sie eine sehr gute Regulirung des Feuers, Ersparnis an Brennmaterial und namentlich Verwerthung der geringsten Sorten von Brennmaterial, als schlechter Kohle und Torf, Holzabfälle aller Art, selbst Tannenzapfen und dergleichen gestattet.“

 

Auch Herr Schwamkrug wurde mit einem zweiten Gutachten zum Thema beauftragt, welches er auch am 9. Oktober 1869 nach Dresden sandte. Darin nun schätzte der Freiberger Oberkunstmeister ein, daß der Brennmaterialaufwand bei einem Gasofen kaum niedriger liegen werde. Im Gegenteil erweise es sich, daß die direkte Feuerung im Kalkwerk zu Hermsdorf einen Aufwand von 42,04 t böhmischer Braunkohle auf 100 t Kalk erfordere, der Siemens'sche Gasofen in Oberscheibe hingegen (umgerechnet auf gleiche Brennwerte) von 47,03 t Kohle auf 100 t Kalk. Zwischen dem Erscheinungsjahr des Kalkwerksbetriebs in Sachsen (1867) und dem zweiten Bericht Schwamkrug's (1869) hatte man also auch im fiskalischen Kalkwerk zu  Oberscheibe einen solchen, mit Generatorgas befeuerten Kalkbrennofen errichtet und in Betrieb genommen.

Daneben erschien Schwamkrug aber auch die komplizierte Bedienung der Gasgeneratoren als sehr hinderlich. Außerdem verlange Herr Siemens natürlich auf die Anwendung seines patentierten Gaskalkbrennofens ein Honorar, welches man einsparen könne, feuere man weiter nach bewährter Methode. Alles in allem sei für das kleine Kalkwerk diese Investition zu hoch (10036, Loc. 35338, Rep. II, Nr. 62d).

Wie man in Bergverwalter Seemann's  Fahrbericht aus dem Jahr 1900 lesen kann, fand diese negative Einschätzung aber letztlich doch keine Beachtung. Der Gasofen wurde tatsächlich errichtet.

 

Die Angabe in der Bergbaumonographie, daß der am Weißen Ofen abgebaute Kalkstein schon ab 1854 zum Brennen zum fiskalischen Werk nach Neunzehnhain gefahren worden sei, kann jedenfalls nicht zutreffen, da die Wiedererschließung des Kalklagers ja erst ab 1863 erfolgte und ein mehr oder weniger regulärer Abbau erst ab 1867 aufgenommen wurde. Aber die Monographie konzentriert sich ja auch auf die geologischen und technischen Daten und führt nur mehr am Rande auch historische Angaben auf.

Dem weiteren Abbau des Kalksteins vom Weißen Ofen durch das fiskalische Kalkwerk zu Neunzehnhain und dem weiteren Betrieb dieses Bruches ab 1870 gehen wir im folgenden Abschnitt  unten nach.

 


Auf der Äquidistantenkarte von 1875 ist nur ein Steinbruch zu finden.

  


Auch in der Kartenausgabe von 1909 ist der Steinbruch dargestellt, der sich offensichtlich weiter ausgedehnt hat. Jetzt sind auch zwei kleine Gebäude am Zugang zum Steinbruch zu sehen, bei denen es sich um den Brennofen und das Arbeiterhäuschen handeln dürfte.

  


Auf einer Karte des Kreises Annaberg in größerem Maßstab aus dem Jahr 1909 wird der Steinbruch sogar als „Weisser K.O.“ bezeichnet. Gebrannt wurde der Kalkstein aber jetzt in Neunzehnhain.

  


Im Kartenblatt aus dem Jahr 1931 scheint der Steinbruch gegenüber der letzten noch einmal deutlich angewachsen zu sein. Auch einige Gebäude befinden sich noch immer westlich vor dem Bruch.
Unterhalb im Tal ist inzwischen die Talsperre Neunzehnhain
II entstanden.

   

   
 
 

Zum Abbau am Weißen Ofen durch das fiskalische Kalkwerk bis 1910

  

In seinem Bericht vom 31. März 1870 (30315, Nr. 82b) berichtet Steiger Johann Friedrich Gottlieb Müller an das Forstamt Marienberg, daß mit den durchgeführten Erschließungsarbeiten gegenwärtig abbaufähiger Kalksteinfels von wenigstens 9.720 m³ Rauminhalt freigelegt sei, was etwa 14.580 m³ gebrochenen Kalksteins ergäbe. Aus diesem könne man etwa 125.388 Hektoliter (Man ging inzwischen auch hier vom alten „Scheffel“ zu neuzeitlichen Volumenmaßen über) Branntkalk erzeugen. Bei einer Jahresproduktion von 13.000 hl garantiere diese Menge den Kalkwerksbetrieb in Neunzehnhain für 8 bis 9 Jahre, „so daß einer ergiebigen Zukunft für das Werk entgegengesehen werden kann.“

Steiger Müller berichtete aber auch, daß der Kalkstein am Weißen Ofen, besonders in der Sohle des Bruches „B“, recht mürbe und sehr klüftig sei. Durch das Ausklauben falle sehr viel klares (zu kleinstückiges) Material an, das zum Brennen ungeeignet sei und daher aufgehaldet werden müsse. Die gesamte hangende Schicht von 5 bis 6 Ellen Mächtigkeit sei unbrauchbar und müsse durch Tagelöhner abgetragen werden. Auch sei dadurch die Menge des am Weißen Ofen zu brechenden Kalkes gegenüber der zum Befüllen des Ofens erforderlichen Menge ausgeklaubten und kleingeschlagenen Kalkes derzeit deutlich größer als in anderen Kalkwerken. Insgesamt seien die Kosten für das Brechen des Kalksteins daher sehr hoch und das Kalkwerk schreibe rote Zahlen. Das Betriebsergebnis sei aber auch durch den aufwendigen Betrieb des Gasofens so schlecht (30315, Nr. 82b).

Hinzu kämen dann noch die Kosten für Bau und Unterhaltung der Kalkstraße von Neunzehnhain zur Schellenberger Chaussee (heutige B 101) sowie der Transportwege vom Weißen Ofen zum Kalkwerk Neunzehnhain, die zu drei Vierteln vom Kalkwerk getragen werden müßten und nur zu einem Viertel vom Fiskus getragen würden. Da auch der Transport des Kalksteins in einer Art „Akkordlohn“ bezahlt wurde, waren die Fuhrwerke regelmäßig stark überladen. Ihre Räder schnitten sich dadurch tief in die nur schlecht befestigten Wege ein, was immer wieder zu Schäden führte und Reparaturen erforderlich machte. Müller schlug daher vor, daß Anweisung ergehen solle, den Kalkstein zukünftig nur noch bei trockenem Wetter vom Weißen Ofen nach Neunzehnhain zu schaffen. Stattdessen wolle man an beiden Orten die Lagerplätze für das Aufruthen des Kalkes vergrößern, um einen „Puffer“ zu schaffen.

Um die Verhältnisse zu bessern, ließ das Königliche Finanzministerium endlich auch zu, daß ein Vorarbeiter für den Steinbruch am Weißen Ofen angestellt werden solle, so daß sich Steiger Müller fortan mehr um den aufwendigen Gasofenbetrieb kümmern könne. Dem Vorarbeiter wollte das Finanzministerium einen Lohn von fünf Groschen pro geförderte Ruthe Kalkstein zahlen.

Mit einem großen Schurfgraben wies man im Jahr 1872 dann auch nach, daß es sich bei den in den zwei Steinbrüchen „A“ und „B“ aufgeschlossenen Kalkausstrichen um ein zusammenhängendes Kalklager handelte. Um die beiden Kalkbrüche zu verbinden, müßte aber die aufliegende Glimmerschieferlage vollends abgetragen werden, die noch etwa 24 m lang, 6 m breit und 6 m hoch (864 m³) dazwischen anstand. Die dazu erforderlichen Aufwendungen wurden zu 260 Thaler berechnet. 1874 wird berichtet, daß man bei der Umsetzung dieses Planes große Schwierigkeiten habe, da die Trennschicht stark zerklüftet sei und viele große Blöcke zu bewegen oder zu zerlegen seien.

Erst 1875 hatte man dieses Projekt beendet, nachdem infolge sehr regenreicher Witterung nochmals große Teile der Glimmerschieferwand (rund 500 m³) in den Bruch gestürzt waren. Der dafür entstandene Kostenaufwand wurde mit 4.409,26 Mark beziffert.

Um den Transport der großen Mengen Gestein zu bewältigen, hatte man 1875 auch eine erste „Eisenbahn“ angelegt, die zunächst rund 100 m Länge besaß. Da sich dies offenbar sehr gut bewährt hat, wurde das „Schienennetz“ 1878 noch um zwei weitere Gleise erweitert und zwei neue Hunte angeschafft. Die Hunte, die Gleise sowie „Kippvorrichtungen“ lieferte eine Firma aus Freiberg, deren Name leider aufgrund der Heftung dieses Blattes unleserlich ist (30315, Nr. 82b, Blatt 233).

 


Skizze des Kalksteinbruches am Weißen Ofen, undatiert, aber möglicherweise um 1878. Inzwischen sind die beiden Brüche „A“ und „B“ verbunden. Die roten Linien im Grundriß sind nicht näher beschriftet (abgesehen von der Höhenangabe rechts unten, wo man sie als „obere“, „mittlere“ und „niedere Sohle“ wiederfindet), könnten aber den - seit 1878 drei - Förderbahnen entsprechen. Auch der neue und ein „alter Kalkofen“ sind noch verzeichnet. Bildquelle: Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Chemnitz, Bestand 30315 (Forstamt Marienberg), Nr. 82b, Blatt 298.

  

Der seit 1860 als Steiger für das Kalkwerk Neunzehnhain tätige Johann Friedrich Gottlieb Müller ist im Sommer 1874 verstorben. Daraufhin wandte sich das Finanzministerium an das Bergamt Marienberg mit der Aufforderung, es solle doch eine geeignete Person für die Wiederbesetzung dieser Stelle vorschlagen, „mit welcher namentlich die Leitung eines nicht unbeträchtlichen Kalkbruchbetriebes sowie die Beaufsichtigung des Betriebes der Kalköfen“ verbunden war. Ab 1. November 1874 wurde dann auch von der Oberaufsicht in Dresden als neuer „Localverwalter“ der bisherige Untersteiger auf der Himmelsfürst Fundgrube, Carl Theodor Richter, bestätigt (40024-12, Nr. 310). Er muß früher schon auf dem Weißen Ofen zugegen gewesen sein, denn der oben zitierte Bericht von 1870 über den Kalksteinbruch trägt seine Unterschrift.

In der Folgezeit ahnte wohl auch der neue Steiger, daß auch die Vorräte am Weißen Ofen nicht unbegrenzt sind und daß bald neue Aufschlußarbeiten erforderlich werden würden. Nach wie vor wurde deshalb überall in der näheren Umgebung des Kalkwerkes Neunzehnhain auf mögliche, weitere Kalksteinvorkommen geachtet, u. a. auch bei Umbauten an der 1866 von Carl August Günther errichteten Mühle talabwärts vom Kalkwerk in Neunzehnhain (30315, Nr. 82b). Am 18. Januar 1877 vermeldete Steiger O. Th. Richter dem Forstamt zu Marienberg daraufhin einen vermeintlichen Fund von Kalkstein bei der Errichtung einer zusätzlichen Mahlmühle bei der Günther’schen Schneidemühle, „nahe dem Hauptwerke“ gelegen, was natürlich „von bedeutender Wichtigkeit sein könnte…“

Er beschreibt die Fundstelle so: „Bei dem Grundgraben zu einer neuen Radstube … an der benachbarten Günther’schen Schneidemühle hat man bei einer Tiefe von 4 bis 5 Meter unter vielem Wasserandrang compacteres Gestein angetroffen und darauf die Grundmauer aufgesetzt. Nachdem jedoch Regen das aufgeschüttete und verschmutzte Steingewölbe abgespült und gereinigt hat, ist erst erkannt worden, daß Kalksteine von derber und frischer Beschaffenheit dem übrigen Schutt beigemengt waren, was die Annahme aufkommen läßt, daß man in der Tiefe des Grundes Kalksteine aufgegraben hat. Sobald mir Kenntnis von dem gefundenen Kalkstein wurde, sind von mir Schritte gethan worden, um mich über die Wahrheit und die Verhältnisse des Fundes zu unterrichten, da die Möglichkeit genommen war, den Fundort augenscheinlich zu untersuchen. Bei Orientierung der Lage an der Hand des Compasses fand ich den Fundort in der Fortsetzung der Streichrichtung hora 1,0 des abgebauten Kalksteinlagers vom verlassenen Bruch aus liegend… Zur Wahrnehmung eines etwa deutlich zu erkennenden Aufsetzens von Kalkstein ist von mir im mutmaßlichen Streichen des abgebauten Lagers beim Werke weiter in Nord mit Hacke und Spaten Aufsuchung vorgenommen worden, wobei wohl mehrere verfallene Tagestrecken und alte Halden aufgefunden wurden, die einer früheren Kalksteingewinnung vielleicht angehören, um den früher hier betriebenen Hammerwerken und Eisensteinschmelzwerken das nöthige Flußmittel an Kalksteinen zu beschaffen.

Zur Auffindung eines abbaufähigen Kalksteinlagers in der Nähe des ersten Kalksteinbruches beim Hauptwerke Neunzehnhain ist wiederholt Veranlassung gewesen, gutachterlichen Bericht Sachverständiger einzuholen, wonach die Wahrscheinlichkeit des Fortsetzens des abgebauten Kalksteinlagers in süd- und nördlicher Richtung angenommen ist und worauf mehr oder weniger bedeutende Versuche angestellt worden sind, welche jedoch einen Erfolg nicht ergeben haben…“

Steiger Richter schlug aber vor, einen zirka 20 m langen Schurfgraben quer zum erwarteten Streichen anzulegen und in dessen Fortsetzung einen etwa 15 m langen Versuchsstollen in den Hang zu treiben, um die Sache genauer aufzuklären. Den dafür notwendigen Aufwand schätzte er auf zirka 1.350,- Mark ein. Über die Umsetzung dieses Planes erfahren wir leider nichts aus den Akten; sehr wahrscheinlich aber ist, daß dem Forstamt die Angelegenheit zu vage gewesen ist, um darauf Geld zu verwenden.

  


Skizze über die 1877 von Steiger Richter vorgenommenen Schurfarbeiten im Abfallgraben unterhalb der Günther’schen Mühle. Bildquelle: Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Chemnitz, Bestand 30315 (Forstamt Marienberg), Nr. 82b, Blatt 266.

  

Die um 1875 entstandenen Äquidistantenkarten zeigen das fiskalische Kalkwerk Neunzehnhain und noch immer einen Kalkofen auf Wünschendorfer Flur im unteren Lautenbachtal unterhalb der Klatschmühle.

  


Ausschnitt aus den ab 1875 entstandene Äquidistantenkarten: Es ist jetzt als zweiter Kalkwerksstandort im Lautental das fiskalische Kalkwerk verzeichnet.

 

Nachdem im Juli 1883 der Lokalverwalter O. Th. Richter auf das fiskalische Kalkwerk zu Hermsdorf versetzt wurde, war die Stelle der Werksleitung erneut vakant. Für diese Beamten hatte man inzwischen das Dienstprädikat Factor eingeführt. Als solcher wird am 6. Oktober 1883 vom Finanzministerium der bisherige Obersteiger aus Freiberg, Wilhelm Oswald Pfeiffer, bestätigt (40024-12, Nr. 310).

Am 5. Juni 1894 berichtete Johann Brückner vom zuständigen Forstamt Marienberg nach Dresden, daß auch am Weißen Ofen nunmehr der Abbau in südwestlicher Richtung bis an die Grenze des Lagers fortgeschritten sei und nur noch in nordöstlicher Richtung Kalkstein anstehe. Dort aber durchziehe das Lager in 13 m Höhe eine bis zu 1 m mächtige Kluft, die mit roten Letten und Gesteinsbruchstücken angefüllt sei. Zu beiden Seiten der Kluft sei der Kalkstein stark verwittert und enthalte viel Quarzsand. Nach mehreren Beschwerden über die schlechte Qualität des Baukalks habe man entschieden, diesen Kalkstein nicht mehr zum Brennen zu verwenden. Daher wolle man nun von der Bruchsohle aus in die Tiefe gehen, dort „wo schon in früheren Zeiten“ ‒ nämlich während der Wiedererschließung ab 1860 ‒ ein Versuchsschacht 7 m tief in Kalkstein geteuft gewesen sei. Um diesen Kalkstein zu erschließen, schlug Herr Brückner außerdem den Bau eines Stollens vor. Das Vorhaben genehmigte das Finanzministerium am 7. Juli 1894 (10036, Loc. 41722, Nr. 62, Band VII).

Noch im selben Jahr wurde der Stollen angeschlagen. Mit vier Mann in zwei Schichten belegt, hatte man bis zum Jahresende einen 16,5 m langen Einschnitt am Talhang angelegt und von dort aus den Stollen im Profil 2,0 m Höhe und 1,5 m Breite schon 22 m weit vorgetrieben.

Bis Ende 1895 hatte man ihn insgesamt 70 m fortgebracht. Dabei hatte man mehrere, mit 1,5 m Mächtigkeit aber nur schmale und nicht bauwürdige Kalklager durchfahren. Im Jahr 1896 hatte der Stollen dann 103,7 m Länge erreicht. Auf den Stollnbau hatte man bis dahin rund 4.000,- Mark Vorschuß verwendet.

Ende 1897 hatte der Stolln bei 142,9 m Länge dann das eigentliche Kalklager angefahren. Von dort an erweiterte man das Profil auf 4 m bis 5 m Höhe bei 5 m Breite. Jedenfalls war nun erneut ein Abbau und der Fortbetrieb des fiskalischen Kalkwerkes in Neunzehnhain möglich. Der „Extract“ auf das Jahr 1900 beziffert Einnahmen in Höhe von 20.900,- Mark, allerdings auch bei Ausgaben von 24.334,- Mark.

Herr Pfeiffer wird auch in der Ausgabe der Jahrbücher für das Berg- und Hüttenwesen im Königreich Sachsen auf das Jahr 1901, in den Allgemeinen Mittheilungen über die unterirdischen gewerblichen Gruben auf das Jahr 1900, als Faktor in Neunzehnhain aufgeführt, allerdings nur mit einem ´F´ hinter dem ´Ei´. Er selbst unterschrieb stets mit drei ´F´ im Familiennamen, was man dann in der Jahrbuchausgabe von 1904 wieder korrigiert hatte. Im Jahr 1908 wird an dieser Stelle ein Herr W. C. Pfeiffer angeführt, was aber sicherlich nur ein Druckfehler war. Besitzer ist noch immer der sächsische Staat, inzwischen vertreten durch das Königliche Forstamt Marienberg, dessen Leiter in dieser Zeit der Herr F. R. Dürigen gewesen ist.

Weder die Wünschendorfer, noch die Rauensteiner Kalkbrüche werden dagegen an gleicher Stelle genannt; sie haben folglich zumindest zu dieser Zeit keinen unterirdischen Betrieb gehabt oder waren damals bereits eingestellt.

   

Ab dem Ende des 19. Jahrhunderts war für die gewerblichen Steinbruchbetriebe, insbesondere solche mit untertägigem Betrieb, die neugeschaffene Berginspektion III zu Freiberg zuständig. In dem ersten Fahrbericht dieser Landesbehörde vom 7. Juni 1900 zum Kalkwerk in Neunzehnhain treffen wir einen inzwischen schon alten Bekannten, den Herrn Bergverwalter Seemann nämlich, wieder (40024-12, Nr. 311).

Er berichtete wie immer von seinen ersten Befahrungen „zur Instruktion des Beamten auch hier sehr ausführlich über den Zustand des jeweiligen Werkes: „Der Bruch, in welchem der Kalkstein gewonnen wird, ist der sogenannte ´Kalksteinbruch bei dem weißen Ofen´ und liegt im Lengefelder Staatsforstrevier, Abtheilung 69... und ziemlich 3 km oberhalb der zugehörigen Kalköfen und des Huthauses. In unmittelbarer Nähe beabsichtigt die Stadt Chemnitz, eine oder mehrere Thalsperren zu errichten...

Das Lager ist in den ´Erläüterungen zur geologischen Specialkarte´, Sektion Zschopau, Blatt 115, S. 37, beschrieben. Der Kalkstein besitzt eine feinkörnige, krystalline Structur und ist von schmutzig- graulich- weißer Farbe. Er bildet eine linsenförmige Einlagerung im granatführenden, hellen Glimmerschiefer, deren Achsen zu 80 m und 40 m anzunehmen sind. Das Streichen ist schwer bestimmbar..., das Einfallen ist 55° bis 70° nach Nordost. Nach Dr. O. Herrmann, ´Steinbruchindustrie und Steinbruchsgeologie´, S. 284, enthält der gebrannte Kalk 58,15% Kalkerde und 40,01% Magnesia.

Betriebsleiter ist der Faktor W. O. Pfeiffer, auf dem Huthause wohnend. Er ist bereits 17 Jahre als solcher auf dem Werke und hat von 1868-1872 die Freiberger Bergschule besucht. Die Belegschaft besteht aus 9 Mann, welche der Ortskrankenkasse Lengefeld und der Steinbruchberufsgenossenschaft angehören.

Die Produktion belief sich im vergangenen Jahr (also 1899) auf 1.216,5 hl ungelöschten Kohlenkalk und 415,5 hl gelöschten Gaskalk. Der ungelöschte Kohlenkalk wird zur Düngung, der ungelöschte Gaskalk zum Bau verwendet. Der Baukalk erzielte einen Preis von 2,63 Mark pro Hektoliter, der Düngekalk von 1,83 Mark und der gelöschte Gaskalk von 1,23 Mark pro Hektoliter. Fast aller gebrannter Kalk wird an die Umgegend abgegeben, nur etwa 3 bis 4 Doppelwagen werden jährlich auf der Eisenbahn und zwar auf der Station Pockau- Lengefeld verladen.

Das Werk hat ober- und unterirdischen Betrieb. Akkordarbeit wird im Tagebruch beim Brechen und Aufladen verrichtet, während die Abräumarbeiten im Stundenlohn ausgeführt werden. Der durchschnittliche tägliche Arbeitsverdienst betrug im vergangenen Jahr 2,41 Mark. Die Lohnzahlung erfolgt 14tägig.“

Die Arbeitszeiten entsprachen den Regelungen auf anderen fiskalischen und privaten Kalkwerken und währten im Sommer von sechs Uhr früh bis sechs Uhr abends, im Winter von sieben Uhr früh bis abends fünf Uhr. Weiter heißt es bei Seemann: „Die Gewinnung erfolgte früher nur im Tagebruch. Da aber der dort anstehende Kalkstein in einigen Jahren abgebaut sein wird, so entschloß man sich bereits im Jahre 1894, den unterirdischen Betrieb aufzunehmen, indem man zunächst 20 m unter der Bruchsohle am Lautenbach- Gehänge einen auch zur Förderung dienenden Stollen ansetzte und diesen in östliche Richtung im Glimmerschiefer trieb, bis man bei etwa 140 m Erlängung das Kalksteinlager erreichte, worauf jetzt unter Beibehaltung der alten Richtung im erweiterten Streckenquerschnitt bis an das Ende des Lagers fortgegangen wird, um dasselbe dann von hinten nach vorn als Tagebruch mit unterirdischer Förderung und Wasserableitung abbauen zu können.“

Am Rand seines Berichtes hat Seemann diesen Zustand in folgender Skizze festgehalten (40024-12, Nr. 311).

  


Die Schnittskizze im Fahrbericht von Bergverwalter Seemann aus dem Jahr 1900. Bildquelle: Sächsisches Staatsarchiv, Bergarchiv Freiberg, Bestand  40024-12 (Landesbergamt Freiberg, gewerbliche Gruben), Nr. 311: Acten, Betriebsangelegenheiten beim fiskalischen Kalkwerk bei Neunzehnhain betreffend, Blatt 3, Rückseite.

   

Seemann berichtet weiter: „Die Schießarbeit findet in der Weise statt, daß im Tagebruch nur mit Pulver, im unterirdischen nur mit Dynamit geschossen wird. Pulver wird in geringen Mengen vom fiskalischen Kalkwerk Lengefeld bezogen und wird nicht in besonderen Räumlichkeiten aufbewahrt; für die Lagerung von Dynamit hingegen ist in etwa 50 m Entfernung vom Tagebruch ein besonderes, den Vorschriften entsprechendes Häuschen gebaut, für welches Genehmigung für die Lagerung von 70 kg Dynamit ertheilt worden ist. Das Dynamitlager- und Ausgabebuch... ist ordnungsgemäß geführt...

Die unterirdischen Baue außer der Verwahrung am Stollneingang stehen ohne Ausbau. Die Förderung findet in Wagen auf Schienengleisen statt.

Zur Wetterführung ist auf der Sohle des Tagebruchs ein Bohrloch auf den Stolln niedergebracht, welches seinen Zweck vollkommen erfüllt.

Der gewonnene Kalkstein muß mittels Geschirr nach den... Öfen gefahren werden. Ein am Bruch befindlicher Kesselofen ist außer Betrieb, weil sich niemand von der sehr hoch gelegenen und nur auf sehr ansteigenden Wegen zu erreichenden Stelle Kalk holen will.

Dem unten zitierten Gutachten von Berginspektor Roch aus dem Jahr 1905 ist zu entnehmen, daß dieser Kesselofen am Steinbruch bereits seit 1889 außer Betrieb war.

Von den drei Kalköfen (in Neunzehnhain) sind zwei Kesselöfen und einer ein Gasofen. Von den beiden Kesselöfen faßt jeder 10 bis 12 m³ Kalkstein..., während der Gasofen 13 m³ faßt. Von jedem Kesselofen können täglich 40 hl gebrannter Kalk abgezogen werden, vom Gasofen 50 hl. Nach den Ergebnissen des letzten Jahres gibt ein Kubikmeter Kalkstein 8,73 hl gebrannten Kalk. Der Gasofen wird mit Braunkohlen befeuert, die Kesselöfen mit Koks und dem Abfall des Gasofens. Auf 1 m³ Kalkstein rechnet man 6 hl Braunkohlen im Gasofen und 5 hl Koks in den Kesselöfen, wenn nur solcher gefeuert wird.

Die Rentabilität des Werkes leidet ungemein an seiner Entfernung von der Eisenbahn und seiner Abgelegenheit vom Verkehr; so erfordert ein Doppelwagen Kohlen von der Bahnstation Pockau- Lengefeld nach dem Werke heranzufahren, allein einen Fuhrlohn von 36,- Mark.

Das Werk ist vom sicherheitspolizeilichen Standpunkt in sehr gutem Zustande, zu erinnern ist nur die Anbringung einer Barriere am aufgemauerten Zugange zu den Kesselöfen.

Wie hier zu lesen steht, ist also neben den schon 1847 errichteten Kesselöfen irgendwann nach 1869 auch noch ein  Gasofen gebaut worden.

Die Akte enthält desweiteren den folgenden Lageplan ‒ noch ohne die Darstellung des Förderstollens ‒ auf dem Stand von 1894 (40024-12, Nr. 311).

 


Grund- und Profilriß von dem Kalksteinbruch bei dem weißen Ofen im Lengefelder Staatsfirstrevier, Abtheilung 69, Kopie nach dem Originalriß des Kalkwerkes, aufgenommen von Factor O. W. Pfeiffer im Mai 1894, kopiert im September 1900 von K. Böhm. Hier sind auch die Standorte der noch vorhandenen Kalköfen vermerkt. Im Schnitt unten ist die geplante Stollnsohle schon eingezeichnet. Bildquelle: Sächsisches Staatsarchiv, Bergarchiv Freiberg, Bestand  40024-12 (Landesbergamt Freiberg, gewerbliche Gruben), Nr. 311: Acten, Betriebsangelegenjeiten beim fiskalischen Kalkwerk bei Neunzehnhain betreffend, Blatt 6, Aktenbeilage, Gesamtansicht, Norden ist links.

  

Nach Angaben in der Bergbaumonographie wurde dieser Förderstolln im Zeitraum von 1898 bis 1899 aufgefahren. Dessen Mundloch habe man 2007 freigelegt und den Stollen zirka 150 m lang vorgefunden; 70 m bis 80 m vom Mundloch entfernt fand man Kalkabbaue, die etwa 20 m bis 25 m Länge aufwiesen. Außerdem hatte man zur Feststellung der Ausdehnung des Kalklagers noch ein Erkundungsbohrloch ungefähr im Bereich Unterer Weißer Ofen Weg gestoßen (Bergbaumonographie).

Die folgenden Fahrberichte Seemann's sind relativ knapp gefaßt (40024-12, Nr. 311).  Zumeist war nichts zu erinnern; der Betrieb verlief also sehr vorbildlich. Im Jahr 1901 vermerkt Seemann noch, daß sich die Werksleitung vom Talsperrenbau einen Aufschwung erhoffe.

1902 wurde auch hier Herr Seemann vom Berginspektor Roch abgelöst. Aufgrund der angewachsenen Länge des Stollens wird von ihm nun ein zweiter Fluchtweg gefordert, als der das Bohrloch nicht ausreiche. Dazu entschied man sich, ein Überhauen auf einem steil einfallenden Quarzgang an der liegenden Lagergrenze bis zur Tagebausohle hochzubrechen. Schon im November 1902 hatte man mit 9 m Höhe etwa die Hälfte der erforderlichen Teufe hergestellt, dabei die Liegendgrenze des Kalklagers aber noch nicht durchfahren. Über den vom Stolln durchörterten Kalkstein vermerkt Roch ferner, daß er mehrere Auswaschungen in Form von bis zu 30 cm starken „gewundenen Kanälen zeige.

Auf dem Werk waren damals 10 Arbeiter angestellt, wovon drei an den Öfen, sechs beim Abräumen und nur einer untertage eingesetzt waren. Neben dem Faktor Pfeiffer war Ernst Louis Münzner als Bruchmeister mit der Aufsicht betraut und außerdem zum Schießmeister bestellt. Stellvertreter in der zweiten Funktion war Ernst Louis Hinkel und ab 1903 Anton Karl Popp (40053, Nr. 146).

Im April 1903 wurde das Überhauen bis in die Tagebausohle durchschlägig. Vom Stolln aus habe man eine erste Flügelstrecke in nördliche Richtung begonnen, wo aber nach wie vor nur ein Mann untertage angelegt sei.

Zumindest im Sommer 1904 fand gar kein untertägiger Betrieb statt (40024-12, Nr. 311).

Den folgenden Riß hat Markscheider H. Gretschel im Jahr 1905 nachgebracht. Darin ist der Stolln und die Abbaustrecken im Kalklager ‒ kenntlich am breiteren Profil ‒ dargestellt. An ihrem östlichen Ende ist auch der im Steinbruch angesetzte Tageschacht eingezeichnet. Ab 1908 benutzte man ihn als Rolle für die Kalksteinförderung aus dem Tagebau heraus.

 


Grund- und Profilriß von dem Kalksteinbruch bei dem weißen Ofen im Lengefelder Staatsfirstrevier, Abtheilung 69, nach dem Originalriß des Kalkwerkes im Jahr 1894, nachgetragen im Januar 1905 von H. Gretschel. Bildquelle: Sächsisches Staatsarchiv, Bergarchiv Freiberg, Bestand  40053 (Bergamt Stollberg), Nr. 146: Akten, Kalksteinbruch bei dem Weißen Ofen bei Neunzehnhain betreffend, Blatt 1, Aktenbeilage, Gesamtansicht, Norden ist links.

   


Ausschnitt aus obigem Riß mit einem geologischen Schnitt in West- Ost- Richtung aus dem Jahr 1905. Bildquelle: Sächsisches Staatsarchiv, Bergarchiv Freiberg, Bestand  40053 (Bergamt Stollberg), Nr. 146: Akten, Kalksteinbruch bei dem Weißen Ofen bei Neunzehnhain betreffend, Blatt 1, Aktenbeilage, Ausschnitt.

   

1905 erstellte Berginspektor Roch ein Gutachten, den Zeitwert des beim staatlichen Kalkwerke Neunzehnhain noch anstehenden Kalksteins betreffend (40024-12, Nr. 311). Darin wird zusammengefaßt, daß der Steinbruch am weißen Ofen 1,7 km nordwestlich des Kalkwerkes Lengefeld mitten im Walde läge, lange Zeit außer Betrieb gewesen ist und seit den 1860er Jahren vom staatlichen Kalkwerk Neunzehnhain wieder betrieben wurde, weil das Lager bei den dortigen Kalköfen ja gänzlich ausgebeutet war. Im Handel sei der hier gewonnene Kalk dem Lengefelder gleichstehend, also von derselben Qualität.

Der südliche Lagerteil sei wegen zunehmender Einlagerungen geringwertig, während der nördliche bei gleichbleibendem Absatz noch für eine Reihe von Jahren Betriebszeit ausreiche. An der Bruchwand im Tagebruch stehe der Kalkstein derzeit auf 33 m Breite in einer Mächtigkeit von 22 m an; da die seitlichen Begrenzungen aber nicht freilägen, sei die Vorratsberechnung erschwert. Jedenfalls stünden hier noch mindestens 11.856 m³ gesicherte Vorräte an. Hinzu kämen weitere 6.160 m³ gesicherter Vorräte auf der Stollnsohle, in Summe also rund 18.000 m³.

In den Jahren 1899 bis 1903 habe man nun ‒ allerdings mit fallender Tendenz ‒ zwischen 108 und 196 Ruthen*) jährlich abgebaut. Auch unter Berücksichtigung von Abbauverlusten durch Pfeiler bei Fortführung des untertägigen Abbaus errechnete Roch daher eine noch mögliche Betriebsdauer von wenigstens 28 Jahren, in der einschließlich Verzinsung ein Gewinn von zirka 25.000,- Mark erreichbar sei. Außerdem wies Roch darauf hin, daß der Kalkwerksbetrieb einem Beamten und etwa acht Arbeitern Beschäftigung und Verdienst gewähre (40024-12, Nr. 311 und 40053, Nr. 146).

*) Anmerkung: Roch führt die Fördermengen in seiner Zusammenstellung mit der Maßeinheit 'Kubikmeter' auf. Diese Zahlen können dann aber nicht stimmen, da man aus dieser vglw. geringen Menge von rund 200 bis 400 Tonnen Rohkalk niemals 7.000 bis 10.000 Hektoliter (also etwa 800 t bis 1.000 t) Branntkalk erzeugen kann. Vermutlich muß die Maßeinheit dieser Zahlenangaben also noch immer die Ruthe sein.

Auf den Meßtischblatt von 1909 ist das Kalkwerk Neunzehnhain noch dargestellt.

 


Auf dem Kartenblatt von 1909 ist nur noch ein Standort - und zwar der des fiskalischen Kalkwerkes oberhalb der 1905-1908 entstandenen Talsperre Neunzehnhain
I - dargestellt.

  

Einige Jahren lief der Kalkwerksbetrieb noch geruhsam im gewohnten Maße weiter. Der Abbau erfolgte überwiegend im Tagebau. Auf dem Werk waren zwischen 4 und 6 Mann angestellt. Parallel wurde nun aber auch mit dem Talsperrenbau und der Auffahrung des Überleitungsstollens begonnen. In letzterem fuhr man im Sommer 1905 das Kalksteinlager im Sauwinkel an.

Den Trinkwassertalsperren im Lautenbachtal sollte auch das Kalkwerk weichen. Die Gemeinde Neunzehnhain reichte sogar eine Petition für den Erhalt des Kalkwerkes beim sächsischen Landtag ein, hatte damit jedoch keinen Erfolg. Wie folgende Zusammenstellung aus dem Jahr 1909 belegt, waren die Einnahmen des Werkes schon in den zurückliegenden Jahren stetig zurückgegangen (10036, Loc. 41722, Nr. 62, Band 8).

Im Jahr… Einnahmen (Mark) Ausgaben (Mark) Ertrag (Mark)
1906 15.923,- 14.033,- +1.890,-
1907 14.821,- 14.584,- +237,-
1908 12.832,- 14.125,- -1.302,-

Bei annähernd gleichbleibenden Kosten waren die Einnahmen offensichtlich stetig gesunken. Als einziges der noch existierenden fiskalischen Kalkwerke in Sachsen machte das Werk in Neunzehnhain im Jahr 1908 Verlust.

1907 hatte Herrn Roch's Funktion dann Herr Bachmann übernommen und dieser wiederum wurde 1909 von Berginspektor Spitzner abgelöst. Der notierte dann im Oktober 1909, daß Faktor Pfeiffer die Stelle des Kalkwerksfaktors im fiskalischen Werk in Hermsdorf übernehmen solle und forderte das Forstrentamt auf, den vorgesehenen Wechsel in der Betriebsleiterfunktion auch bei der Bergbehörde anzuzeigen (40024-12, Nr. 311 und 40053, Nr. 146).

  


Diese historische Ansicht des Kalkwerkes haben wir auf der Informationstafel in Neunzehnhain abfotografiert. Zu sehen ist eine Förderbrücke, die zu einem der Brennöfen (rechts im Bild) führte.

Abfotografiert von der  Informationstafel in Neunzehnhain.

  


Noch eine historische Ansicht der Kalkwerksanlagen im Lautenbachtal, abfotografiert von der Informationstafel in Neunzehnhain.

Abfotografiert von der  Informationstafel in Neunzehnhain.

 


Dieses ist ein Foto aus der Zeit kurz nach der endgültigen Stillegung, denn links neben den Gespannen parkt schon ein LKW. Zu sehen sind vermutlich die Vorratsschuppen und das Brennerwohnhaus.
Foto: Postkartenverlag Brück & Sohn, 1912.

 http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/71836352

  

Nun ging es sehr schnell: Am 5. Februar 1910 übernahm der amtierende Faktor des Kalkwerks Lengefeld, Georg Julius Böhland, die Leitung des Neunzehnhainer Werkes kommissarisch mit. Auch in der betreffenden Ausgabe der Jahrbücher wird Herr Böhland als Leiter des Werkes Neunzehnhain noch einmal aufgeführt.

Gleichzeitig hatte Herr Böhland aber vom Finanzministerium in Dresden den Auftrag erhalten, den Betrieb im Laufe der Finanzperiode 1910/1911 ... einzustellen. Dies geschah auch umgehend, indem Herr Böhland das Tagesschächtchen mit Abraum ausstürzen und das Mundloch des Förderstollens verschließen ließ. Dazu wurde sogar noch einmal ein Bergmann angestellt, während die Zahl der Arbeiter übertage bereits 1909 nur noch 2 Mann und 1910 noch 1 Mann umfaßte.

Offiziell ist die Stillegung per 30. Juni 1910 erfolgt. Wie Herr Böhland konstatierte, dürften sich Mieter für die abgelegenen Gebäude des Kalkwerkes nicht finden lassen. Jedenfalls seien die Vorschüsse von den Forstämtern für deren Errichtung inzwischen vollständig getilgt worden. Daher sei ihr Abriß die einzige sinnvolle Maßnahme. Das Gelände könne man ja der Stadt Chemnitz zum Kauf anbieten (10036, Loc. 41722, Nr. 62, Band 8).

Bereits im August 1910 fand der Berginspektor Spitzner dann bei seiner Befahrung, daß die oben genannten Verwahrungsarbeiten im Kalkbruch beendet seien und der Betrieb der Brennerei eingestellt sei (40024-12, Nr. 311 und 40053, Nr. 146).

Damit endete der Kalkwerksbetrieb in Neunzehnhain. In der Jahrbuchausgabe 1912 wird das Kalkwerk schon nicht mehr aufgeführt. Auf der Ausgabe der Meßtischblätter von 1931 sind in dieser Region keine Kalkwerke mehr dargestellt.

Die lückenhaften Angaben zu den Produktionsmengen des fiskalischen Werkes, die wir in den verschiedenen Akten verstreut gefunden haben, versuchen wir in den folgenden Grafiken zusammenhängend darzustellen.

  

   Uns bislang vorliegende Zahlen zur Förderung und Branntkalkproduktion des fiskalischen Kalkwerkes Neunzehnhain. Das den bescheidenen Lagerstättenverhältnissen geschuldete Auf und Ab ist auf den ersten Blick erkennbar. Erst mit der Aufnahme des Abbaus am Weißen Ofen kam wieder Kontinuität in den Betrieb. Zu den privaten Kalkwerken in Wünschendorf und Rauenstein sind uns keine belegbaren Fördermengenangaben bekannt.

  

Vergleich von Angaben aus verschiedenen Quellen zu Kosten und Erträgen des fiskalischen Kalkwerkes Neunzehnhain; die Produktionsmenge an Branntkalk haben wir aus obiger Grafik übernommen. Die jüngeren Angaben in Mark haben wir der Vergleichbarkeit halber mit dem Satz 1 Thaler = 3 Mark in erstere umgerechnet. Einen gewissen Gewinn machte man eigentlich nur in den letzten Betriebsphasen, als man Kalkstein vom Weißen Ofen brannte.

   


Da es 1912 stillgelegt wurde, fehlt die Eintragung des fiskalischen Kalkwerkes auf der nächstfolgenden Kartenauflage aus dem Jahr 1931. Auch an den übrigen Standorten privater Kalkwerke sind keine Eintragungen mehr in der Karte enthalten.

   

Erst nach dem Ende des 2. Weltkrieges hat man am weißen Ofen noch einmal Kalkstein abgebaut. Dem gehen wir im folgenden Kapitel nach.

  

   
 
 

Zur letzten Betriebsphase am Weißen Ofen nach 1945

  

Wenigstens noch bis 1923 blieb das Lengefelder Kalkwerk als Staatliches Kalkwerk Lengefeld in direktem fiskalischem Besitz (40024-12, Nr. 231). In den 1930er Jahren wurden dann die Staatlichen Kalk- und Hartsteinwerke Dresden gegründet, denen auch das Kalkwerk Lengefeld angegliedert war (40030-1, Nr. 1074).

Nach dem Ende des 2. Weltkrieges wurde ‒ ähnlich wie beim VEB Erzgebirgische Kalkwerke mit seinen Betriebsteilen  Oberscheibe, Crottendorf und Hammerunterwiesenthal im Landkreis Annaberg auch zunächst der VEB Kalkwerk Lengefeld gegründet und dann mit anderen Steinbruchbetrieben im Kreis Marienberg Mitte der fünfziger Jahre zum VEB Marmor- und Kalksteinwerke Zöblitz/Erzgebirge zusammengefaßt. Später benannte man ihn noch in VEB (K) Natursteine Zöblitz um (40072, Nr. 789).

Aus einer Akte der Landesregierung Sachsen geht hervor, daß man schon kurz nach Ende des 2. Weltkrieges über Möglichkeiten der Wiederaufnahme des Abbaus am Weißen Ofen nachdachte (11384, Nr. 2081, S. 22ff).

Für das Technische Büro des Bergbaus und der Brennstoffindustrie (TBBI) in Freiberg stellte Dr. O. Oelsner von der Zweigstelle der geologischen Landesanstalt ebendort, mit Datum vom 25. Juli 1952 einen kurzen Bericht zur Wiederaufnahme des Betriebes im Kalkbruch Weißer Ofen zusammen. Dieser besagte, daß die Bruchwand zu dieser Zeit bereits etwa 30 m Höhe besessen habe. Die Überdeckung des in östlicher Richtung streichenden Scheitels des sattelförmigen Lagers mit Abraum betrage nur 3 m bis 5 m, wachse aber nach den Seiten schnell an. Da nun ein Tagebaubetrieb einerseits zwar geringere Kosten und kaum Abbauverluste verursache, andererseits aber zunächst Vorlaufzeit für das Abtragen des Abraumes und viel Haldensturzfläche benötige, sei dieser ‒ zumindest für den Anfang ‒ nicht zu empfehlen.

Ein Abbau im Tiefbau könne dagegen nach Einrichtung der nötigen Tagesanlagen sofort beginnen. Nötig wären allerdings dieselbetriebene Stromaggregate und Kompressoren, weil „die Stromzuführung zu dem abgelegenen Bruch auf Schwierigkeiten stoßen könnte.“ Für die Untersuchungsbaue wurde ein Streckenprofil von 16 m² bis 20 m² (bis zu 4 m x 5 m) vorgesehen. Bei deren Auffahrung könne man sofort Kalkstein gewinnen. Wenn man später die Ausdehnung des Lagers genauer kenne, könne man ggf. auch immer noch zu einem Abbau im Tagebau wechseln.

Wesentlich mehr ist leider in dieser Akte nicht enthalten, so daß wir über die Umsetzung dieser Pläne noch nichts berichten können (40064-1, Nr. 611 und 11384, Nr. 2081, S. 23ff).

 

Zwischen 1953 und 1968 wurde dann sowohl im Steinbruch, als auch untertägig noch einmal Kalkstein abgebaut. Der untertägige Abbau erfolgte im Kammerpfeilerbau mit bis zu 7 m hohen und bis zu 8 m breiten Kammern bei Pfeilermaßen von zirka 8 x 8 m. Im Zeitraum von 1954 bis 1961 wurden im Untertagebau jährlich etwa 2.000 t bis 3.000 t gefördert (Bergbaumonographie).

Mit der einen Tiefbausohle im Höhenniveau der oberen Tagebausohle wurden nach Süden und Norden die Grenzen des Kalklagers angefahren. Im Westen befindet sich der Tagebau, nur im Osten ist die Begrenzung des Kalklagers noch nicht bekannt.

Nachdem wir uns die Grubenbaue aus dieser Zeit einmal anschauen durften, kommen wir überschlägig auf eine Fläche der Abbaukammern von etwa 2.000 m². Mit durchschnittlich nur etwa 3 m Höhe der Abbaukammern (nur bei einigen wurden die Firsten tatsächlich bis zu 7 m Höhe nachgenommen) wurden in dieser Zeit also um die 6.000 m³ Kalkstein abgebaut, woraus sich mit einer Rohdichte von etwa 2,5 t/m³ eine Menge von etwa 15.000 t errechnet. Dividiert durch die in der Monographie genannten 15 Jahre Betriebszeit können die untertägigen Baue also im Mittel dieser Betriebsjahre nur rund 1.000 t pro Jahr geliefert haben. Der Rest muß noch übertage abgebaut worden sein.

Warum man dabei von der Tagebausohle aus nicht wenigstens bis auf die Stollnsohle hinunter ‒ wo ja nachgewiesenermaßen noch immer Kalkstein ansteht ‒ abgebaut hat, ist allerdings unklar. Vielleicht erschienen unseren Großvätern ja einfach die Steinbruchstöße schon so bedenklich hoch, so daß sie vermeiden wollten, sie mit einer weiteren Tagebausohle noch tiefer zu unterfahren.

  

Bei unseren Recherchen anhand der Ortsnamen sind wir noch auf Untersuchungen des VEB Geologische Forschung und Erkundung Freiberg um 1966 bei Börnichen aufmerksam geworden. Diese galten jedoch nicht dem Kalkstein, sondern waren Bestandteil eines Erkundungsprojektes auf Fluß- und Schwerspat zwischen Euba, Augustusburg, Zschopau und Börnichen. Südwestlich von Börnichen wurde dabei ein alter Haldenzug vermessen und mit vier neuen Schürfen untersucht. Er gehörte vermutlich zur Himmelskron Fundgrube, die 1592 erstmals erwähnt wurde und auf einem Bleierzgang baute. Damals war die Grube schon mit einer Wasserkunst ausgerüstet, aber nur mit 2 Mann belegt (boernichen.de).

Über die geologischen Ergebnisse der Erkundung in den 1960er Jahren schweigt sich die Akte natürlich wieder einmal aus (40131-1, Nr. 445).

   

Die Autoren der Bergbaumonographie sahen den Weißen Ofen im Jahr 2010 noch als Reservelagerstätte für Lengefeld an. Die Verbindung zwischen beiden war bis dahin aber noch nicht geologisch untersucht worden. Dazu wären Bohrungen erforderlich gewesen, da Schürfe wegen der vermutlich mächtigen Solifluktionsdecken und wegen eventueller Auslaugungstrichter wenig Erfolg versprochen hätten (Bergbaumonographie).

Der Abbau in Lengefeld durch die GEOMIN GmbH wurde inzwischen eingestellt.

Schon seit 1977 sind die Bruchwand und die noch vorhandenen Stollen am Weißen Ofen ein Flächennaturdenkmal (SG-Nr. 364.23-147) und Fledermausquartier (geoportal.sachsen.de).

  

 
 
 

Erhaltene Zeugnisse

Der Kalkbruch Weißer Ofen

  

Unsere erste Foto- Tour im Jahr 2019 führte uns ‒ irgendwie ja naheliegend ‒ nach Neunzehnhain. Da wir unsere historische Beschreibung gerade eben mit dem Abbau am Weißen Ofen beendet haben, beginnen wir nun auch mit unserer Nachsuche im Gelände an dieser Stelle im Süden.

Man kann auch am Technischen Museum im Ortsteil Kalkwerk an der B101 parken. Wir sind von Lengefeld in Richtung Wünschendorf gefahren, an der Damm- Mühle im Lautental ganz scharf links abgebogen (Die Einfahrt auf die Lautenbachtalstraße zur Talsperre hat´s wirklich in sich.) und haben ungefähr 500 m östlich vor der Staumauer einen kleinen Wanderparkplatz entdeckt. Von dort ging es los und zwar zuerst an der Talsperre vorbei und dann den Berg hinauf...

  


Unsere Wanderung zum Weißen Ofen und nach Neunzehnhain.
Bildquelle der Hintergrundkarte: geoportal.sachsen.de

  


Die Lautenbachtalstraße auf Höhe des Wanderparkplatzes. Viel Platz bietet er nicht, aber um diese Jahreszeit reicht es für uns allemal. Im Tal hat der letzte Wintersturm ganz schön ausgelichtet, aber der Forstbetrieb ist dabei, es aufzuräumen.

  


Eine Wanderkarte gibt es auch - da kann es doch losgehen.

 


Ist gar nicht weit, dann steht man schon vor der Staumauer der Talsperre Neunzehnhain
I.

 


Betreten darf man sie nicht, aber das ist ja heute auch gar nicht unser Ziel...

 


Ein paar ordentliche Ventile für ganz große Wasserleitungen hat die Landestalsperrenverwaltung am Rundweg um die Talsperre zum Anschauen ausgestellt.

  


Die Lautenbachtalstraße ist gut ausgebaut, sehr bequem zu wandern und bleibt zunächst in einer Höhenlage. Die Talsperre ist im Februar noch zugefroren und gegenüber fällt uns das Türmchen über dem Einlaufbauwerk des Trinkwasserüberleitungsstollens in Richtung Chemnitz auf.

  


Wir stehen jetzt hier...

 


Nach etwa einem Kilometer kommt das südwestliche Ende des Staubeckens in Sicht. Gegenüber - wo der letzte Wintersturm auch eine Schneise in den Hochwald geschlagen hat - hat das fiskalische Kalkwerk Neunzehnhain gelegen. Das heben wir uns für den Rückweg auf...

  


Neben dem Weg fällt ein kleiner Steinbruch in der Morgensonne ins Auge: Hier hat man wahrscheinlich Bruchsteine für die Staumauer abgebaut.

 


Hier quert der Rundweg den Lautenbach. Wohin die Sonne noch nicht scheint, sind die Wege noch vereist.

 


Der Einlauf in die untere Talsperre. Wir bleiben zunächst auf dem Osthang des Tales...

 


...und folgen der Lautenbachtalstraße weiter in Richtung Neunzehnhain.

  


Ein erster Zwischenstopp: Es sind etwa 1,6 km zurückgelegt und bis hierhin hält sich auch der Höhenunterschied zum Ausgangspunkt am Wanderparkplatz noch in Grenzen. Wir sind gerade einmal 30 m höher und jetzt etwa auf 447 m Seehöhe. Nun muß man sich aber entscheiden...

 


Die Hammermühle ist gleich erreicht...

 


Zumindest einen Abstecher ans andere Ufer bis zur Hammermühle können wir uns aber nicht verkneifen. Wenn man von Börnichen kommt, heißt dieser Abzweig Alte Kalkstraße.

 


Um diese Jahreszeit sieht alles sehr verlassen aus, aber die Tafel ist noch dran.

 


Zur Erinnerung an das verschwundene Örtchen Neunzehnhain hat man hier einen ausdauernden Bewohner und eine Informationstafel aufgestellt.

 


Wir kehren zurück zum letzten Wegweiser. Von hier aus folgen wir nun dem Neuen Hammerweg.
Nur „1,5 km“ steht hier dran, aber ab jetzt geht es permanent bergauf...

  


Wir folgen dem Forstweg nach Süden in Richtung Weißer Ofen.

  


Der Weg ist heute fast menschenleer und das gewundene Tal wirklich sehenswert.

  


Auch beim Blick bergan entdeckt man etliche Felsklippen, von denen manche durchaus auch Kletterer begeistern könnten.

  


An lichten Stellen erreichen die Sonnenstrahlen den Waldboden und da ist auch der Weg schon Schnee- und Eis- frei.

  


Schau an - die ersten Frühlingsboten sind auch schon da.

  


Sogar ein erster Zitronenfalter kämpft sich an sonnigen Stellen schon durch den Wind.

  


Eine von den Klippen da oben markiert den Solbrigfels und der liegt schon mehr als 600 m über dem Meer.

   


Der nächste Rastplatz: Ein Stück weit folgten der Viererweg (im Foto halblinks bergan) und der Neue Hammerweg derselben Schneise. Aber was? Immer noch einen Kilometer bergauf? Uff... Auf dem zurückgelegten Stück führte uns der Neue Hammerweg von 447 m schon bis auf etwa 527 m Seehöhe hinauf. In dieser Höhe sind die schattigen Waldwege auch wieder der Jahreszeit entsprechend noch ganz schön vereist.

  


Auch an der Rastbank friert man noch fest... Die Wegebeschilderung hat den Winter gut überstanden und ist gepflegt und prima in Ordnung.

 


Jetzt ist´s geschafft: Solche geraden Kanten baut die Natur nicht in ihre Berge. Das dort vorn links muß die Abraumhalde vom Steinbruch Weißer Ofen sein!

 


Am Haldenfuß fallen ein paar Mauerreste auf. Hier könnte der letzte Brennofen gestanden haben.

 


Die abgebrochenen Steine des alten Ofens fanden sicher auch in dieser Trockenmauer, die den Haldenfuß zum Weg hin stützt, gute Verwendung.

 


Gleich neben dem Zugang zum Steinbruch wurde die Stützmauer ganz neu hergerichtet und hier ist ein neuer Rastplatz sowie eine Informationstafel über den Weißen Ofen aufgestellt. Den Rastplatz haben wir auch nötig. Die Bruchsohle, auf deren Höhe wir jetzt etwa stehen, liegt immerhin auf einer Höhe von zirka 590 m über dem Meer! Der Abzweig zur Hammermühle knapp 2 km zurück lag noch bei 447 m...

 


Das erste Ziel ist erreicht.

 


Der Zugang zum Bruch zwischen den Halden ist etwa 120 m lang.

  


Links und rechts davon liegen die Abraumhalden. Unter der rechten muß der alte Brennofen gestanden haben.

  


Aber nun wollen wir auch hinein.

 


Hinter der Kurve taucht die rund 30 m hohe Steinbruchwand auf.

  


Gleich sind wir drin!

  


Der erste Blick hinein...

  


Die Informationstafel berichtet von den Fledermäusen, die hier untertage überwintern.

 


Zwei kleine, offenbar alte Stollen in verschiedenen Höhenniveaus in der Bruchwand gleich hinter der Tafel sind gut zu sehen.

  


Die ganze Wand bekommt man in dem kurzen Winkel nur im Hochformat auf´s Bild. Die Oberkante des Abraumschnitts liegt bei fast 630 m Seehöhe.

  


Hier unten drunter setzt auch der Stolln aus der letzten Betriebsphase an. Damit die Fledertiere im Winter in Ruhe schlafen können, ist ein stabiles Gittertor davor. Es wurde schon Ende der 1970er Jahre eingebaut, da die Stolln damals vom Forstbetrieb auch für die Lagerung von Sämereien und Pflanzgut genutzt wurden.

  


Einmal durch´s Gitter fotografiert: Ziemlich breite und niedrige Strecken deuten darauf hin, daß man schon mit modernen Ladern förderte.

Einmal hineinschauen ?

   


Bleibt uns der Weg wieder hinaus.

 


Im Geröll unterhalb der Halden liegen ein paar frisch abgerollte Stücke herum. Der gelblich- bräunliche Dolomit hebt sich von dem dunklen Muskovit- Glimmerschiefer deutlich ab. Der Schiefer ist stark eisenschüssig und bildet intensiv rot glänzende Kluftbeläge.

  


Noch ein paar Stücke im Vergleich.

  


Hier haben wir auch die Stücke aufgelesen, die wir in unserem Abschnitt zur  Geologie der Lagerstätten schon abgebildet haben.

   


Zurück zum Wanderweg und dann müssen wir den ganzen Berg wieder hinunter...

  


Detail des Oberflächenreliefs mit der Lage des Tagebaus Weißer Ofen. Der eigentliche Steinbruch ist heute bei zirka 75 m Länge etwa 45 m breit. In der Südostecke liegt eine zweite Abbausohle noch einige Meter tiefer. Auch hier gibt es unweit der Staumauer einen Steinbruch im Talhang, der das Baumaterial für die Mauer geliefert haben wird. Bildquelle der Reliefkarte: geoportal.sachsen.de

  


Paßt man den Grundriß aus dem Jahr 1905 in die aktuelle Reliefkarte ein, stellt man fest, daß sich die Tagebaukonturen seitdem nicht mehr nennenswert vergrößert haben. Der Standort des alten Kalkofens ist inzwischen von der südlichen Abraumhalde überkippt. Unterhalb des Neuen Hammerweges, wo der Niedere Wurzelweg zum Kohlweg hinunter führt, kann man aber auch den Ansatzpunkt des Stollns vom Ende des 19. Jahrhunderts noch finden. Das Pulverhäuschen, in dem man das Dynamit für den Untertagebetrieb gelagert hatte, muß dagegen oben am Viererweg gestanden haben. Bildquelle der Reliefkarte: geoportal.sachsen.de

 


Wo wir schon mal da sind, schauen wir auch nach: Zunächst entlang eines fast schon wieder mit Buchen- Keimlingen zugewachsenen Forstweges unterhalb des Neuen Hammerweges. Die Buchen verweisen auf den kalkhaltigen Boden.

  


Tatsächlich: Der Stolln von 1894 dient heute als willkommenes Fledermaus- Winterquartier und erweist sich als gut verschlossen.

   


Mit der Kamera durch´s Gitter fotografiert: Er steht im festen Glimmerschiefer und führt nach wie vor das Wasser aus den Bauen unterhalb der Tagebausohle ab.

Einmal hineinschauen ?

  


Auch der 16 m lange Einschnitt vor dem Mundloch ist noch da: Hier läuft das Wasser heute noch ab...

 


Der kleine Bachlauf mündet unterhalb der Talsperre Neunzehnhain
II, die hier schon unter uns durch den Hochwald zu sehen ist, in den Lautenbach.

  


Und dann sind wir auch noch den Viererweg hinauf gelaufen und haben doch tatsächlich die - freilich schon sehr verfallenen - Reste des einstigen Pulvertürmchens gefunden...

 


Die Grundfläche lag bei kaum mehr als 3 x 3 m.

  


Der doppelte eiserne Türrahmen war mit V-förmigen Ankern im dicken Mauerwerk gesichert. Nach Bergverwalter Seemann's Bericht war es den Vorschriften entsprechend errichtet.

  


Diese Absperrung der oberen Tagebaukante ist schon mächtig alt...

  


En Blick von oben in den Tagebau. Es ist wie mit dem Mount Everest: Leider sieht man vom Mount Everest aus den Mount Everest nicht... Also kehren wir an dieser Stelle nun wieder um.

   

 
 
 

Im Kalkbruch Weißer Ofen

  

Mit Unterstützung der sächsischen Fledermausschützer um Reimund Francke, die sich um diesen Fledermausstandort kümmern, konnten wir die noch fahrbaren Grubenbaue am Weißen Ofen einmal besichtigen.  Selbstverständlich erfolgte unsere Befahrung außerhalb der Winterruhe der kleinen Flattertiere, die so fleißig Mücken und anderes Kleingetier vertilgen, im Sommer 2019.

Die folgenden Bilder sind teils eigene Aufnahmen, teils wurden sie uns von den Naturfreunden zur Verfügung gestellt, wofür wir uns auch an dieser Stelle noch einmal herzlich bedanken wollen.

  


Beginnen wir unten am Stollen. Foto: R. Francke.

  


Wie wir durch's Gitter schon gesehen haben und aus dem Riß von 1905 wissen, steht der westliche Teil des Stollens im Glimmerschiefer.

  


Die Altvorderen haben ihn in schnurgerader Linie nach Osten auf den Steinbruch zu vorgetrieben.

  


Dabei hatten sie mehrere kleine Kalklager angefahren (hier links im Stoß gut zu erkennen).

  


Es handelt sich dabei um gebänderte Dolomit-Marmore mit eingelagerten Schichtsilikaten, vermutlich Chlorit. Aber sie waren zu geringmächtig und zu unrein, so daß diese Lager schon damals nicht von wirtschaftlichem Interesse waren.

  


Noch einmal eine Ausschnittsvergrößerung aus dem Schnitt zum Stollen aus dem Jahr 1905. Die schmalen Kalklager wurden darin als gelbliche Streifen im rötlich koloriertem Glimmerschiefer dargestellt. Bildquelle: Bergarchiv Freiberg, Bestand 40053, Nr. 146, Blatt 1.

  


Die Geologen dagegen haben ihre Freude an diesen Aufschlüssen...

  


Zusätzlich war am Randbereich des Dolomit-Marmors mehrfach eine kleine Schlottenbildung mit Lehmausfüllung zu beobachten: Das Grundwasser hat auch entlang dieser schmalen Kalksteinbändern für Auswaschungen und Ablösungen gesorgt.

    


Teilweise sind diese dünnen Kalksteinlagen konkordant mit dem Glimmerschiefer intensiv verfaltet.

   


Detailaufnahme eines solchen Kalksteinlagers mit recht attraktiver Maserung.

   


Aber erstmal geht es schnurgerade weiter nach Osten... Foto: R. Francke.

  


Auch das alte Wetterbohrloch haben wir noch gefunden.

  


Es wurde nach der Eintragung im Riß 1897 für den Stollnvortrieb niedergebracht und wurde auch in dem Schnitt aus dem Jahr 1905 eingezeichnet. Bildquelle: Bergarchiv Freiberg, Bestand 40053, Nr. 146, Blatt 1.

   


Ein Stück weiter fällt im rechten Stoß ein Einhieb auf... Foto: R. Francke.

  


Das eigentliche Kalklager ist jetzt erreicht und in seiner Liegendgrenze hatte man offenbar einen ersten Versuchsbau nach Süden angesetzt.

 


Der Zugang in den Abbau ist aber versetzt.

   


Wohl auch, weil hier in der Gesteinsgrenze wieder eine Auslaugungsschlotte mit Lehmausfüllung einbricht.

  


Auch das Jahr des Einkommens im Kalklager ist hier festgehalten. Für wen das Initial unter der Jahreszahl steht, ist uns unbekannt.

   


Weiter östlich weitet sich das Profil auf: Hier haben die Alten im Ortbetrieb Kalkstein abgebaut.

  


Ganz beachtliche Dimensionen... Hier in der Richtung zum Stollnmundloch geschaut. Das Profil des Stollns im Hintergrund bildet einen recht schönen Vergleich zum „aufgeweiteten Teil“ im Kalklager.

  


Weiter östlich ragt nämlich der Glimmerschiefer wieder auf und schneidet das Lager ab. Hier zieht auch das Stollnprofil wieder ein und schwenkt nach Südosten ab.

  


Dank dieser Tafel erfahren wir auch, wann die Vorfahren hier angekommen sind.

  


Um die Ecke herum ist dann Schluß.

  


Der am Ende der Strecke befindliche, steil tonnlägige Rollschacht aus der Tagebausohle ist mit Massen ausgestürzt.

  


Bleibt der Rückweg zum Mundloch. Foto: R. Francke.

Nach übertage zurück.

  

  
 
 


Nun schauen wir uns auch die neuzeitlichen Abbaue aus den 1950er Jahren an.
Foto: R. Francke.

  


Wie man beim Blick durch´s Gittertor schon ahnen kann, haben unsere Großväter hier einen systematischen Kammerpfeilerbau ausgerichtet. Foto: R. Francke.

  


Die meisten Abbaustrecken sind etwa 6 m bis 8 m breit, aber kaum 3 m hoch. Foto: R. Francke.

  


In schachbrettartigem Muster gehen Querschläge ab. Foto: R. Francke.

  


Man braucht schon eine Menge Licht, um hier zu fotografieren...

   


An einigen Stellen wurden auch hier mit Lehm gefüllte Auslaugungsschlotten angefahren. Diese ist etwas kleiner...

 


Die sind natürlich für die Stabilität der Pfeiler nicht gerade nützlich... aber noch immer sehenswert für die Geologen.

   


An einigen Stellen war der Kalkstein offenbar besonders mächtig und von guter Qualität.
Foto: R. Francke.

  


Hier wurde auch die Firste nachgenommen, so daß ziemlich hohe Weitungen entstanden sind.
Foto: R. Francke.

   


Auf der Sohle liegen so gut wie keine Ablöser - die Firste steht also noch gut.

  


Noch ein Foto mit Größenvergleich.

   


Am Ende der hohen Baue.

   


Hier ist die südliche Grenze zum Glimmerschiefer erreicht. Im Kontakt kommt es offenbar zu Verbrüchen.

  


Kein Kalkstein mehr da...

  


Ein Blick rückwärts...

  


Solche „Eismännchen“ gibt es hier natürlich nur im Winter. Foto: R. Francke.

  


Eine Aufnahme aus dem Fundus der Fledermausfreunde: Einige Exemplare unserer flattrigen Freunde beim Winterschlaf während einer Kontrolle. Foto: R. Francke. Auch wir lassen ihnen jetzt wieder ihre Ruhe und bedanken uns noch einmal bei den Naturfreunden für die Führung.

  


Zum Schluß zeichnen wir uns das Gesehene noch einmal auf: Das Kalklager markieren wir wie auf den alten geologischen Karten mit blauer Farbe. Die Kammerpfeilerbaue aus den 1950er Jahren liegen in ihrer Haupterstreckung in Nord-Süd-Richtung quer hinter der Steinbruchwand und erreichen in dieser Richtung etwa 100 m Länge. Im Süden und Norden wurde das Nebengestein angefahren, in östlicher Richtung etwa 30 m vom Hauptquerschlag entfernt dagegen noch nicht. Den tiefen Stollen haben wir nach den alten Rissen darunter gezeichnet - er liegt noch etwa 20 m tiefer, als die Baue aus den 1950ern.

Nach übertage zurück.

  

 
 
 

Neunzehnhainer Kalkbrüche

  

Der Rückweg ist derselbe ‒ nur halt andersrum. Wir setzen unsere Bilddokumentation deshalb gleich unten fort, wo der Lautenbach und der Schwarzbach in die Talsperre Neunzehnhain I einmünden.

  


Das ehemalige fiskalische Kalkwerk bei Neunzehnhain ist unser nächstes Ziel. Dazu geht es erst einmal wieder 2,5 km bergab... Bildquelle der Hintergrundkarte: geoportal.sachsen.de

  


Diesmal überqueren wir die Brücke.

  


Bevor wir zum noch tief verscheiten Rastplatz abbiegen, schauen wir uns schnell noch die Wasserbauwerke oberhalb an...

  


Allerdings ist schnell Schluß.

  


Gut, Hochwasser ist zwar gerade nicht zu erwarten, aber respektieren wir das...

  


Auch hier steht ein hölzerner Kerl im Wald und erinnert zusammen mit der Tafel rechts an das ehemalige fiskalische Kalkwerk zu Neunzehnhain.

 


Auf dieser Tafel haben wir auch die historischen Bilddokumente vom früheren Kalkwerk gefunden.

  


Gleich hinter der Tafel sind noch ein paar Mauerreste im Unterholz zu entdecken. Alles andere wurde nach der Stillegung 1910 abgerissen.

  


Wir folgen zunächst dem Schwarzbach flußauf und finden noch ein paar Mauerreste am Hang...

 


Der kleine Schwarzbach fließt hier ein Stück weit parallel zum Lautenbach und dürfte einst auch das Antriebswasser für die Hammermühle geliefert haben.

  


Hinter einer Felsklippe am Talgehänge...

 


...findet man kleine Steinbrüche im Streichen des Kalklagers.

  


So richtig einzuordnen sind sie nicht: Hat hier schon Caspar von Berbisdorf graben lassen oder gehen diese Versuchsbaue erst auf des 19. Jahrhundert zurück ?

  


Zurück zur Brücke und dann geht es am Nordufer der Talsperre entlang.

  


Hier oberhalb am Hang liegen einige weitere Steinbrüche, die zum fiskalischen Werk gehört haben müssen. Um diese Jahreszeit ist es etwas mühselig, durch den verharschten Altschnee den Hang hinauf zu klettern...

 


Aber von oben ist dieser Bruch dann doch schon ganz eindrucksvoll... Vom Tal her haben sich die Vorfahren auf etwa 20 m Breite etwa 70 m weit in den Berg gegraben. Die Bruchwand unter uns dürfte hier etwa 15 m Höhe besitzen.

  


Dreht man sich hier um, entdeckt man hinter dem ersten noch einen zweiten, etwas höher am Hang.

  


Mit etwa 20 m Länge nicht ganz so groß, aber auch ziemlich tief in den Hang hinein gegraben.

   


Aber hier ist jetzt Schluß. In der Verlängerung des Streichens sind hinter der Kuppe dann die kleinen Steinbrüche am Schwarzbach- Ufer zu finden.

 


Detail des Oberflächenreliefs mit der Lage der Kalkbrüche des fiskalischen Kalkwerks im Lautenbachtal. Die Reihe der Steinbrüche zieht sich etwa 150 m weit im Streichen der Ausbisslinie über den Talhang. Bildquelle der Reliefkarte: geoportal.sachsen.de

 


Da es mehr hier nicht zu sehen gibt, umrunden wir nun die Talsperre.

  


Es gibt noch mehr Erinnerungstafeln am Wanderweg: Diese hier gedenkt der ehemaligen Günther- Mühle, welche der Talsperre weichen mußte. Der Name
 Günther erinnert uns auch an einen Steinbruchbesitzer aus unserem montanhistorischen Teil...

 


Und da erreichen wir auch gleich wieder das Einlaufbauwerk auf den Überleitungsstollen.

  


Bei dessen Bau hat man untertage das Marmor- Vorkommen
Sauwinkel nordwestlich von hier entdeckt.

  


Inzwischen steht auch die Sonne etwas höher...

 


...und zaubert winterliches Flair auf die Eisfläche des Staubeckens.

 

 
 
 

Wünschendorfer Kalkbrüche

  

Wir sind fast wieder am Anfang unserer Runde angekommen. Gegenüber vom Wanderparkplatz wollen wir nun nach den Resten der Wünschendorfer Kalkwerke suchen...

  


Die untere Talsperre ist einmal ganz umrundet und die Kalkwerke bei Wünschendorf sind nun unser nächstes Ziel. Inzwischen ist unser Wanderweg rund 7,5 km lang geworden... Bildquelle der Hintergrundkarte: geoportal.sachsen.de

  


Die Staumauer von der anderen Seite...

  


Eine Bank für eine Rast gibt es auch hier.

  


Das finden wir auch. Nach dieser Runde ist solch eine Ruhebank immer nützlich!

 

 
 
 

Der Wünschendorfer Kalkofen

  

An dieser Stelle haben wir auch den einen, erhalten gebliebenen Wünschendorfer Brennofen gefunden. Wie wir gelesen haben, wollte Bauer Weber aus Wünschendorf 1843 einen eigenen bauen. Weil der Brennofen des Rittergutes Wünschendorf schon im Jahr 1889 als „verfallen“ beschrieben wurde, wird der bis heute erhalten gebliebene vermutlich der nach 1843 von Johann Christoph Weber errichtete Brennofen sein.

  


Unterhalb der Staumauer angekommen, finden wir schließlich auch den Brennofen, der auch in der Bergbaumonographie abgebildet ist. Auf der früheren Ofengicht macht sich bedauerlicherweise auch bei diesem Ofen inzwischen allerlei Gestrüpp breit.

  


Es ist ein sechseckig gebauter Brennofen vom Typ der Rüdersdorfer Öfen, ganz leicht konisch, etwa 9 m hoch und von reichlich 3,0 m Seitenlänge im Sockelbereich. Man sieht gut die sich rundherum abwechselnden, höher liegenden Feuerungen und die Kalkabzüge weiter unten.

   


Es ist auch ein Denkmal- Schild dran. In den Mauern erkennt man noch gut die Auflager für die Balken, die den Böden der Schürebene und das Dach getragen haben. Ofengicht und Außenmauern sind leider auch bei diesem technischen Denkmal schon stark durch den Bewuchs und Durchwurzelung gefährdet...

   


Auf den auskragenden Steinen haben sicher die Balken des Dachs der Einhausung aufgelegen. Ungewöhnlich sind die zusätzlichen Stützpfeiler, die man den sechs Ecken noch vorgesetzt hat; wohl deshalb, weil er schlanker gebaut ist, als die größeren Brennöfen des Lengefelder fiskalischen Kalkwerkes und weil er nicht wie diese ummauert wurde, sondern die Einhausung aus Holz errichtet war.

 


Durch die Feuerungen kann man über die Aschefälle hinweg noch bis in den Brennraum hineinschauen. Die eisernen Roste fehlen natürlich ‒ die konnte man nach dem Einstellen des Brennens wohl anderweitig auch gut gebrauchen.

  


Der Blick von unten durch einen der Abzüge in den Aschefall unterhalb der Feuerung.

 


An der Rückseite lehnt der Ofen sich halbhoch ans Gelände an, so daß man dort einen Zugang zu den Feuerungen leicht einrichten konnte. Im Foto ist auch unterhalb des Kalkabzuges links eine Öffnung zu sehen, über die man wohl Kalkmehl getrennt vom Stückkalk ausziehen konnte.

   


Das Mauerwerk an der Rückseite hat schon sehr bedenkliche Risse...

  


...und auch die Gewölbe über den Feuerungen sehen nicht mehr richtig gut aus; deswegen krabbeln wir hier lieber nicht hindurch, um in den Brennschacht zu schauen.

  


Von einem Rost ist auch von hier aus nichts mehr zu sehen. Der Brennschacht besitzt in dieser Höhe etwa 2 m lichten Durchmesser und ist bis auf Höhe der Feuerungen mit Schnee und Schutt gefüllt. Wahrscheinlich besaß der Brennraum eine pyramidenstumpfförmige Sohle, wie es bei den Öfen Hoffmann'scher Bauart typisch war.

   

Mehr zum Prinzip des auf eine Konstruktion von Sir Benjamin Thompson Graf  Rumford zurückgehenden Rüdersdorfer Brennofentyps haben wir in unserem Beitrag über die Kalkwerke im  Triebischtal festgehalten.

Wie hat dieser Ofen funktioniert? Wir rekonstruieren einmal seinen Aufbau...  

   


Grundsätzlich sind auch die Brennöfen vom Rüdersdorfer oder Rumford'schen Typ Niederschachtöfen. In der Mitte des Bauwerkes steckt nämlich ein zylindrischer Brennschacht. Die Ausbauchung in seiner Mitte muß der Schacht haben, weil sich das nach unten sinkende Brenngut natürlich in der Hitze zunächst ausdehnt, auch wenn der Kalkstein beim Brennen durch die CO
2-Abgabe einen Teil seines Volumens und rund die Hälfte seiner Masse verliert.

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Besonderheit der Rüdersdorfer
oder Rumford'schen Brennöfen sind die auf halbe Höhe und nach außen verlegten Feuerungen. Das Brennmaterial kommt dadurch nicht direkt mit dem Brenngut in Berührung und man kann reineren Branntkalk ohne Ascheanteile erzeugen. Dieser hier ist - wie bei weitem die meisten seiner Art - sechseckig symmetrisch gebaut.

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Gewöhnlich waren die eigentlichen Brennöfen noch mit einer Einhausung umgeben. Sie schützte nicht nur die Arbeiter vor der Witterung, sondern hielt auch die Kohle und den frisch gebrannten Kalk trocken. Bei diesem war sie offenbar aus Holz errichtet und ist längst verfallen. In unserer Zeichnung nur angedeutet ist die Gichtbrücke, die bei diesem Ofen vermutlich mehr oder weniger eben von dem dahinter liegenden Hang ausging. Irgendwie mußte der Rohkalkstein ja nach oben und dort in den Ofen hinein. Um dagegen die Kohle zur Schürebene hinauf zuschaffen, nutzte man hier sicherlich eine kurze Rampe am Hang.

Zurück oder  weiter.  

   


Ist er befüllt, kann man den Ofen entzünden. Beim ersten Anfeuern wurde er im unteren Drittel gewöhnlich nur mit Holz und Kohle befüllt, um ihn zum einen schneller aufheizen zu können und weil zum anderen der Rohkalk unterhalb der Brennzone ohnehin nicht gar gebrannt werden würde. Die Aschefälle sorgten zugleich für die Sauerstoffzufuhr in den Feuerungen. Die unter den Kalkabzügen vorhandenen Kanäle dienten ebenfalls für Frischluftzufuhr; hier vor allem aber zum Abkühlen des gar gebrannten Kalks. Waren sie einmal angefahren, funktionierten diese Brennöfen kontinuierlich: In dem Maße, wie man unten fertigen Kalk abzog, füllte man oben Rohkalkstein nach. Durch die aufsteigenden Brenngase wurde der frisch eingefüllte Kalkstein vorgewärmt und getrocknet. Trotz des hier angewandten Gegenstromprinzips waren auch diese Öfen aber nicht gerade energieeffizient, da der größte Teil der immer noch heißen Gase ja einfach oben in die Atmosphäre entwich.

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Nachdem wir das letzte erhaltene Baudenkmal gebührend bewundert haben, klettern wir einen alten Weg rechts des kleinen Seitentales hangaufwärts und können dabei einen Rückblick auf den Brennofen genießen.

   


Nur wenig oberhalb des Brennofens finden sich schon kleine Abraumhalden am Wegrand.

  


Noch ein wenig weiter hoch...

  


...sind dann rechts vom Weg die Restlöcher der Wünschendorfer Kalkbrüche zu finden.

  


Die Tagebaustöße sind stark verrollt und nur an einigen Stellen schauen noch Felsklippen heraus.

   


Oberhalb des ersten liegt noch ein zweiter, weniger tiefer Bruch.

  


Sehr groß waren sie jedenfalls nicht: Da oben ist dann schon Schluß. In unregelmäßiger Form haben sich die Alten hier auf etwa 60 m Breite zirka 30 m weit in den Hang rechts oberhalb des Weges gegraben. Vermutlich waren dies die Kalkbrüche auf Bauer Weber's Grund.

    


Noch ein Blick von dem oberen auf den unteren, dann steigen wir wieder ab.

  


Diese Stücke haben wir im Wegeschotter gefunden. Das rechte ist fest mit dem dunkleren Glimmerschiefer verwachsen, vielleicht nur eine Schmitze im Nebengestein und zum Brennen sicher unbrauchbar.

  


Das Nebengestein scheint ein sehr Muskovit- reicher Zweiglimmergneis (links im Bild und stark glänzend im Sonnenlicht) zu sein. Das Stück rechts im Bild haben wir in unserem Kapitel zur  Geologie der Lagerstätten schon gezeigt.

   


Wieder im Tal angekommen, laufen wir noch ein paar Meter weiter flußab. Hier irgendwo muß einmal die Klatschmühle gestanden haben.

  


Hinter dem Gebäude im Bild oben lag ein weiterer, viel größer erscheinender Steinbruch, welcher einst zum Rittergut gehört haben dürfte. Bei etwa 40 m Breite reicht er etwa 30 m weit in den steilen Hang. Der Nordstoß dürfte wenigstens 15 m Höhe erreichen.

  


Er ist stark verwachsen, die Sohle mit Geröll bedeckt und beeindruckt im Vergleich mit den zuletzt besuchten nur durch seine größere Ausdehnung und Tiefe. Hinter der Hecke steht heute ein Wochenendhäuschen. Der kleine Garten paßt genau hinein.

 


Bleibt uns nur noch die Überquerung des Lautenbaches unterhalb der Staumauer und dann geht es zurück zum Parkplatz...

  


Detail des Oberflächenreliefs mit der Lage der Kalkbrüche auf Wünschendorfer Flur.
Bildquelle der Reliefkarte: geoportal.sachsen.de

 

 
 
 

Alte Rauensteiner Kalkbrüche

  

Einen haben wir noch: Zumindest unter den von Römer's wurde auf Rauensteiner Flur schon im 17. Jahrhundert im Roßbachtal Kalkstein abgebaut. Wo wir einmal da sind, schauen wir natürlich auch dort nach...

  


Unser letztes Ziel sind die Alten Rauensteiner Brüche. Dazu müssen wir noch einmal rund 1,5 km über die Kuppe zwischen Lautental und Roßbachtal hinweg. Bildquelle der Hintergrundkarte: geoportal.sachsen.de

  


Vom Wanderparkplatz aus geht es auf dem Neunzehnhainer Weg in Richtung Lengefeld noch einmal in die andere Richtung. Und wieder bergauf... Dafür belohnt uns das strahlend schöne Winterwetter mit klarer und weiter Sicht. Hier zurück in Richtung der Staumauer... 

  


...oder nordwärts über das Lautental hinweg nach Wünschendorf.

  


Das Roßbachtal aufwärts kann man bis zum Lengefelder Ortsteil Vorwerk weiter wandern, während der Neunzehnhainer Weg hier in einer steilen Kehre in Richtung Lengefeld wendet.

    


Das Haus hinter der Weggabelung und dem kleinen Weiher war sicherlich auch einmal eine Mühle. 

  


Nur ein paar Schritte weiter bergauf, gelangt man hinter ein paar halb verfallenen Bungalows in den jüngeren Bruch, der erst in den Kartenausgaben ab 1904 verzeichnet war.

  


Er ist vergleichsweise regelmäßig - annähernd rechteckig - konturiert. Bei knapp 30 m Breite reicht der Steinbruch etwa 55 m weit in den hier relativ flach ansteigenden Hang hinein. Von Kalkstein ist aber nichts mehr zu sehen.

  


Auch die Felsklippen oberhalb des Tales bestehen sämtlich aus Gneis und Glimmerschiefer.

   


Weiter geht es das hübsche Tal entlang bergauf.

  


Dann erblickt man unnatürliche Geländekonturen...

  


Es sind die Abraumhalden des Alten Rauensteiner Kalkbruches.

  


Auch ein paar Mauerreste sind noch zu entdecken...

  


Allerdings ist deren Ursprung und Zweck nicht mehr nachzuvollziehen.

   


Dahinter liegt ein mehr als 10 m breiter Einschnitt im Talhang, der in den alten Steinbruch führt. Die Stöße sind heute mit Geröll bedeckt, aber oben schauen noch große Felsklippen heraus.

   


Wir entschieden uns zunächst für die rechte Seite und kletterten einmal bergauf.

  


Dort oben gab es offenbar eine zweite Bausohle.

  


Wieder ein Blick zurück. Der Bruch war wenigstens 45 m breit.

  


Während die Felswand gegenüber steil nach Norden einfällt...

  


...hängt die am nördlichen Tagebaustoß mit gleicher Neigung über !  Daraus könnte man auf Streichen und Fallen des abgebauten Lagers schlussfolgern.

  


Hinter der südlichen Bruchwand ist noch ein weiterer Einschnitt zu sehen. Aber hier kommt man schlecht hinüber, also erstmal wieder ´runter...

 


Beim Abstieg fällt uns wieder ein Mauerrest ins Auge.

  


Bei näherer Betrachtung erweist es sich jedoch als derjenige, den wir schon neben dem Weg gefunden hatten. Irgendein Gebäude hat hier gestanden; für einen Brennofen sind die Mauern nicht massiv genug.

 


Auf der anderen Seite wieder hinauf. Oben ragen kleinere Abraumhalden der oberen Abbausohlen aus dem Gelände.

 


Der Anblick des oberen Bruchs von seiner Südseite.

  


Der ganze Wald scheint umgegraben und der Abbau alles in allem recht unsystematisch gewesen zu sein. Vielleicht war auch das Lager so unregelmäßig verfaltet und verworfen...

  


Der Steinbruch reichte jedenfalls noch weiter den Talhang hinauf.

  


Hier oben zerschlägt er sich aber dann in kleinere Schürfe, mit denen man wohl vergeblich eine Fortsetzung des Kalklagers suchte. Die Gesamtlänge vom Tal her bis hier hinauf liegt bei etwa 150 m.

   


Die hier stehenden, mächtigen Buchen weisen jedenfalls darauf hin, daß der Boden noch immer kalkhaltig ist.

   


Detail des Oberflächenreliefs mit der Lage der Rauensteiner Kalkbrüche.
Bildquelle der Reliefkarte: geoportal.sachsen.de

 


Ein letzter Blick das idyllische Roßbachtal aufwärts, dann kehren wir um.

   

Wenn schon von den einstigen Kalkwerken kaum noch etwas auf unsere Zeiten überkommen ist, so sind doch die alten Steinbrüche heute längst ein schicker Lebensraum für viele Tierarten geworden. Die Informationstafeln zu den Fledermausstandorten berichten nur über eine, wenn auch besonders gefährdete Gattung der hier heimischen Tiere... Vielleicht muß man die Frage ja einmal umgekehrt stellen: Umweltschutz durch Bergbau ?!

Auf jeden Fall erwies sich die Wanderung, die wir hier vorstellen, als nicht ganz anspruchslos. Aber man kann sie sich ja aufteilen und im Frühling machen, wenn man zumindest nicht mehr auf Eis und Matsch ausrutscht... Und die schöne und stille Landschaft lohnt es allemal.

Glück Auf !

J. B.

   

 
 
 

Weiterführende Quellen

   

Wo wir außerdem schon nach der Geschichte des Kalkbergbaus und der Kalkverarbeitung recherchiert haben, haben wir einmal in einem  Sammelband zusammengestellt. Sie finden diesen auch in unserer Rubrik Technik unter Baudenkmale.

Hinweis: Die verwendeten Digitalisate des Sächsischen Staatsarchives stehen unter einer
 Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz.

  

         Allgemeine Quellen

  1. wikipedia.de
  2. geoportal.sachsen.de
  3. boernichen.de
  4. krumhermersdorf.de
  5. myheritage.de
  6. geomin.de
  7. Chr. Lehmann: Historischer Schauplatz derer natürlichen Merckwürdigkeiten in dem Meißnischen Ober- Ertzgebirge, Leipzig 1699, Nachdruck 1744 (Digitalisat: Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt)
  8. C. F. Naumann: Geognostische Beschreibung des Königreiches Sachsen und der angränzenden Länderabtheilungen. Zweites Heft, Geognostische Skizze der Gegend zwischen Gößnitz, Oederan, Sebastiansberg und Auerbach. Dresden und Leipzig, in der Amoldischen Buchhandlung, 1845
  9. A. Schiffner: Beschreibung von Sachsen und der Ernestinischen, Reußischen und Schwarzburgischen Lande, 2. Auflage, Verlag von H. H. Grimm, Dresden, 1845
  10. Sächsische Landes- und Universitätsbibliothek (SLUB), Dresden, u. a.
    - August Schumann: Vollständiges Staats-, Post- und Zeitungslexikon von Sachsen, Band 7, 1820 und Band 8, 1821
    - G. A. Poenicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen, IV. Section: Erzgebirgischer Kreis, Leipzig, 1856
    - G. Wunder, A. Herbrig, A. Eulitz: Der Kalkwerksbetrieb Sachsens und die Ursachen der verschiedenen Kalkpreise in Sachsen, Verlag W. Engelmann, Leipzig, 1867
    - historisches Kartenmaterial

  11. Universitätsbibliothek der TU Bergakademie Freiberg: Kalender für den Berg- und Hüttenmann bzw. Jahrbücher für das Bergwesen im Königreiche Sachsen, Bergwerksverzeichnisse, Ausgaben 1827 bis 1942 (Digitalisate)

  12. F. Schalch: Erläuterungen zur geologischen Specialkarte des Königreichs Sachsen, Section 115: Zschopau-Grünhainichen, 2. Auflage, Leipzig, 1905

  13. Neue Sächsische Kirchengalerie, Die Ephorie Marienberg, darin S.396 ff: Die Parochie Lengefeld, Verlag Arwed Strauch, Leipzig, 1908

  14. P. Hoheisel: Der wettinische Baumeister Hans Irmisch, Schloss Freudenstein und das Kalkwerk Lengefeld, Vortragsskript zum 18. Agricola- Gespräch, Freiberg, 25. April 2009

  15. K. Hoth, N. Krutsky, W. Schilka, F. Schellenberg, LfULG (Hrsg.): Marmore im Erzgebirge, Bergbaumonographie, Freiberg, 2010

  16. Bergstadt Lengefeld (Hrsg.): Kalkbergbau in Lengefeld, 2. Auflage 2012
     
     
    Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden
      

  17. Bestand 10024 (Geheimer Rat), Loc. 07366/16: Kaufhandlung derer von Berbisdorf über das Amt Lauterstein 1559, dabei ist auch befindlich, was für Jagden die von Berbisdorf zu gebrauchen haben und welchergestalt sie um Einräumung der Schwein- und Rehjagd angesucht [betrifft Wildschweine und Rehe], 1616-1619, dat. 1559-1621

  18. Bestand 10036 (Finanzarchiv), Loc. 37817, Rep. 43, Wolkenstein, Nr. 0021: Überlassung des Dorfes Wünschendorf im Amt Wolkenstein durch Kurfürst Christian II. an den Kammerjunker und einspännigen Hauptmann Reinhard von Bölau, mit dem dazu gehörenden Vorwerk, der Schäferei, der Tammmühle, dem Waldstück Follung und allen Gerichten, Jagden und Gerechtigkeiten sowie Forderungen des von Bölau nach dem Fischgewässer Hahnebächlein, dat. 1605

  19. Ebenda, Loc. 33560, Rep. 32, Wolkenstein, Nr. 0075: Fascikel, den Kalckofen zu Wünschendorf im Amte Wolkenstein betreffend, dat 1614

  20. Ebenda, Loc. 36140, Rep. 09, Sect. 1, Nr. 2252: Gesuch des Bergrates und Oberaufsehers Caspar Siegmund von Berbisdorf aus Rückerswalde und Kühnhaide um Konzession um Bau eines Hochofens und Frischfeuers im Amt Augustusburg im Bornwald an der Lauterbacher und Wünschendorfer Rainung, genannt Neunzehnhain und um Vererbung eines Waldstückes im Revier des Amtes in genanntem Revier und im Amt Wolkenstein zu diesem Zweck, dat. 1692

  21. Ebenda, Loc. 36160, Rep. 09, Sect. 1, Nr. 2707: Gesuch des Bergrates von Berbisdorf aus Rückerswalde um Verlegung des Zschopenthaler Hochofens in den Bornwald Neunzehnhain innerhalb der Lauterbacher und Wünschendorfer Rainung im Amt Augustusburg, dat. 1692

  22. Ebenda, Loc. 36070, Rep. 09, Sect. 1, Nr. 0417: Gesuch des Bergrates von Berbisdorf um Verlegung seines Zschopenthaler Hammerwerkes nach Neunzehnhain im Amt Augustusburg an den Lauterbach, dat. 1692-1693

  23. Ebenda, Loc. 36137, Rep. 09, Sect. 1, Nr. 2154a: Holzbedarf der Berbisdorfer Hammerwerke Kühnhaide, Schmalzgrube sowie Ober- und Unterschmiedeberg im Amt Wolkenstein sowie des Hammers in Neunzehnhain, Amt Augustusburg, dat. 1700

  24. Ebenda, Loc. 36066, Rep. 09, Sect. 1, Nr. 0314, Bl. 248, 249: Besichtigung des Berbisdorfischen Hammerwerkes Neunzehnhain, der für dieses Hammerwerk schlagbare Holzbestand und die Einfuhr böhmischen Eisens, dat. 1706

  25. Ebenda, Loc. 36137, Rep. 09, Sect. 1, Nr. 2154b: Holzbedarf der Berbisdorfer Hammerwerke Kühnhaide, Schmalzgrube sowie Ober- und Unterschmiedeberg im Amt Wolkenstein sowie des Hammers in Neunzehnhain, Amt Augustusburg, dat. 1724

  26. Ebenda, Loc. 39131, Rep. 18, Wolkenstein, Nr. 0106b: Gesuch des von Berbisdorf auf Rückerswalde um weitere Belieferung seiner Hammerwerke Kühnhaide, Ober-, Mittel- und Niederschmiedeberg, Schmalzgrube, Neunzehnhain und Jöhstadt mit Schragenholz aus den königlichen Wäldern , dat. 1725

  27. Ebenda, Loc. 38426, Rep. 18, Augustusburg, Nr. 0092: Acta, den auf dem Bornwalde an der Lautenbach, der Neunzehnhayn genannt, sich hervorgethanen Kalcksteinbruch und des von Berbisdorf zu Rückerswalda unbefugtes Kalcksteingraben auf demselben betreffend, de anno 1721 und 1735, zusammengetragen 1822, dat 1721-1735

  28. Ebenda, Loc. 39135, Rep. 18, Wolkenstein, Nr. 0197: Rentherey- Acta, die von dem Herrn Kammerrathe und Kreishauptmanns Otto Friedrich Zanthier um erbliche oder laasweise ersuchte Überlassung eines im Heinzen Wald befindlichen, wüsten Kalksteinbruches betreffend, Amt Wolkenstein, zur Jagd- und Forst Expedition gehörig, dat. 1747

  29. Ebenda, Loc. 33378, Rep. 32, Augustusburg, Nr. 0083: Rentherey- Acta, die von Johann Christian Schreibern zur Rothen Pfütze gesuchte Concession zu Anlegung eines Kalckstein Bruchs im sogenannten Born Walde betreffend, Amt Augustusburg, zur Jagd- und Forst Expedition gehörig, dat. 1752

  30. Ebenda, Loc. 33559, Rep. 32, Wolkenstein, Nr. 0053: Die von Johann Christian Winklern zu Rauenstein gesuchte Betreibung des auf Lengefeldischen Heiniz Walde zeithero eingegangen gewesenen Kalckbruch betreffend, dat. 1758

  31. Ebenda, Loc. 32023, Rep. 33, Spec. Nr. 2491: Fiskus gegen den Johann George Kirchhahn, Besitzer des Rittergutes Wünschendorf wegen Rückgabe etlicher, angeblich als Zubehör des Rittergutes betrachteter Immobilien am Schinderberg und am Kalkwald, dat. 1825

  32. Ebenda, Loc. 35338, Rep. 02, Lit. N, Nr. 0062a: Kanzlei- Acta der Domain Expedition, den fiscalischen Kalkbruch bei Neunzehnhain auf Börnicher Revier betreffend, dat. 1844-1847

  33. Ebenda, Loc. 35338, Rep. 02, Lit. N, Nr. 0062b: Kanzlei- Acta der Domain Expedition, den fiscalischen Kalkbruch bei Neunzehnhain auf Börnicher Revier betreffend, dat. 1848-1856

  34. Ebenda, Loc. 35338, Rep. 02, Lit. N, Nr. 0062c: Kanzlei- Acta, der Domain Expedition, den fiskalischen Kalkbruch bei Neunzehnhain auf Börnichener Refier betreffend, dat. 1857-1863

  35. Ebenda, Loc. 35338, Rep. 02, Lit. N, Nr. 0062d: Kanzley- Acten, das fiskalische Kalkwerk Neunzehnhain im Amte Augustusburg betreffend, Finanz- Ministerium, II. Abtheilung, Domainen- Expedition, dat. 1864-1888

  36. Ebenda, Loc. 35337, Rep. 02, Lit. N, Nr. 0056: Baurechnung über die Herstellung einer Wasserleitung bei dem Kalkwerk Neunzehnhain, dat. 1848

  37. Ebenda, Loc. 41722, Nr. 62, Band VII: Akten des Finanzministeriums, IIte Abtheilung, Expedition für (Intraden, gestrichen) Berg Sachen, Sachbetreff: Den Betrieb des Kalkwerks Neunzehnhain, dat. 1889-1909 sowie: Band 8, dat 1909-1910

  38. Bestand 10025 (Geheimes Konsilium), Loc. 05315/01: Das vor die Berbisdorfische Hammerwerke erforderliche Holzbedürfnis, ingleichen die Untersuchung der gebirgischen Waldungen und der Hammerwerke, ratione deren Beibehalt oder Abschaffung, so Jöhstadt, Niederschmiedeberg, Schmalzgrube und Neunzehnhain, dat. 1725-1735

  39. Bestand 11384 (Landesregierung Sachsen, Ministerium für Wirtschaft), Nr. 2081: Kalk- und Schieferwerke, dat. 1946-1952
     
     
    Staatsarchiv Chemnitz
     

  40. Bestand 30012 (Amt Lauterstein), Nr. 1555: Holzordnung im Amt Lauterstein von 1560 (Abschrift), undatiert

  41. Ebenda, Nr. 344: Besichtigung des weißen Kalkbruches beim Amt Wolkenstein, dat. 1727-1731

  42. Bestand 30016 (Kreisamt Schwarzenberg), Nr. 74: Bestallung der Kreishauptmänner für den Erzgebirgischen Kreis, Haubold von Einsiedel und Otto Friedrich Zanthier auf Henschendorf , dat. 1681 und 1733

  43. Bestand 30021 (Amt Wolkenstein), Nr. 1311: Vertrag zwischen den Gebrüdern Zanthier über den auf den altväterlichen Gütern Salzfurt und Thalheim stehenden und an Otto Friedrich Zanthier und seine Ehefrau zum Kauf des Mannlehngutes Wünschendorf ausgezahlten Lehensstamm von 25.000 Gulden, dat. 1731

  44. Ebenda, Nr. 166: Johann Christoph Weber zu Wünschendorf gegen Johann Georg Kirchhahn, Erblehnrichter und Gerichtsherr auf Wünschendorf wegen Kalkbruchs, dat. 1829

  45. Ebenda, Nr. 167: Johann Christoph Weber zu Wünschendorf gegen den Stadtrichter und Advokat Otto Heinrich Klemann zu Wolkenstein als Gütervertreter und Nachlassverwalter des verstorbenen Rittergutsbesitzers Johann George Kirchhahn auf Wünschendorf wegen Kalksteinbruchs einschließlich Stollen unter Webers Grundstück, dat. 1833-1837

  46. Ebenda, Nr. 311: Versteigerung des Rittergutes Wünschendorf einschließlich Öl- und Schneidemühle, dat. 1833-1835

  47. Bestand 32817 (Grundherrschaft Neunzehnhain), Bestandserläuterungen

  48. Bestand 30867 (Grundherrschaft Wünschendorf), Bestandserläuterungen

  49. Ebenda, Nr. 6: Differenzen zwischen den Besitzern der Oelmühle zu Wünschendorf Johann Christian Kirchhahn und Johann Gottfried Stein, dat. 1787

  50. Ebenda, Nr. 12: Klagesache zwischen Johann Georg Kirchhahn, Erb-, Lehn- und Gerichtsherr auf Wünschendorf und Johann Christoph Weber wegen Besitzstörung eines Kalksteinbruchs, dat. 1829-1837

  51. Bestand 30777 (Grundherrschaft Rauenstein), Bestandserläuterungen

  52. Ebenda, Nr. 1: Lehnbrief des Kurfürsten Johann Georg I. von Sachsen für den kurfürstlichen Oberaufseher der Saal- und Elsterflöße und Oberforstmeister Jost [Jobst] Christoph von Römer (der Ältere) über Ober- und Nieder-Rauenstein mit Zubehör (Städtlein und Dorf Lengefeld, Dorf Reifland, obere und niedere Gerichtsbarkeit, Kirchlehn von Lengefeld, pp.), dat 1652

  53. Ebenda, Nr. 298: Akziseangelegenheiten in Lengefeld, dat. 1684-1778

  54. Ebenda. Nr. 903: Vereinigung des Rittergutes Rauenstein mit der Stadt Lengefeld, dat. 1919-1921

  55. Bestand 33044 (Ältere Amtshauptmannschaft Niederforchheim- Wolkenstein, Nr. 307 bis 311: Administration der im Amtsbezirk Wolkenstein gelegenen sogenannten Lengefelder und Heidelbacher Kalkbrüche , dat. 1812-1842

  56. Bestand 30007 (Amt Augustusburg), Nr. 838: Gesuch von Johann Christian Stülpner um Verleihung der Erbgerichtsbarkeit für die Neunzehnhainer Mühle, dat. 1802-1848

  57. Ebenda, Nr. 3114: Subhastation [Versteigerung] des Hammerwerks Neunzehnhain, dat. 1749-1752

  58. Ebenda, Nr. 2752: Entdeckung eines Kalksteinlagers in Neunzehnhain, dat. 1840-1847

  59. Ebenda, Nr. 2753: Kalkbruch in Neunzehnhain, dat. 1846-1850

  60. Ebenda, Nr. 2754: Kalkbruch in Neunzehnhain, dat. 1854-1863

  61. Bestand 30315 (Forstrentamt Marienberg), Nr. 10: Anlegung eines Waldweges im Lengefelder Revier unweit des fiskalischen Kalkwerkes Neunzehnhain, dat. 1848-1850

  62. Ebenda, Nr. 82a und 82b: Kalkbruch Neunzehnhain, dat. 1862

  63. Bestand 30021 (Amt Wolkenstein), Nr. 1233: Privileg für J. Chr. Stülpner, Besitzer der Neunzehnhainer Mühle, zur Ausübung der Erbgerichte auf seinem Gute, dat. 1693-1810

  64. Ebenda, Nr. 857: Realrecht des Christian Friedrich Stülpner in Neunzehnhain zum Bier- und Branntweinschank wie auch Tanzmusikhalten auf seinem Mühlengrundstück in Neunzehnhain, dat. 1847-1850

  65. Bestand 30046 (Amtshauptmannschaft Marienberg), Nr. 3751: Administration der Lengefelder und Heidelbacher Kalkbrüche, dat. 1843-1908

  66. Ebenda, Nr. 3748: Abgabe von Lengefelder Kalkstein zur Aushilfe an das fiskalische Kalkwerk Neunzehnhain, dat. 1863-1866

  67. Ebenda, Nr. 3562: Arbeitsordnungen, dat. 1892-1911

  68. Ebenda, Nr. 919/1: Vereinigung des Rittergutes Wünschendorf mit der Gemeinde Wünschendorf, dat. 1919-1925

  69. Bestand 33041 (Kreisdirektion Zwickau), Nr. 1017: Legate des Gutsauszüglers Carl August Stülpner in Prüfern für die Armen- und Schulkasse in Neunzehnhain (Ephorie Marienberg), dat. 1867

  70. Bestand 33042 (Ältere Amtshauptmannschaft Chemnitz), Nr. 097: Acta, die Anlegung eines neuen Abfuhrweges aus dem fiscalischen Kalkwerk bei Neunzehnhain betr., dat. 1844-1874

  71. Bestand 30043 (Amtshauptmannschaft Chemnitz), Nr. 28/2: Von der Stadtgemeinde Chemnitz geplante Anlagen zur Fassung und Ableitung der freiabließenden Quell- und Niederschlagswässer bei Burkhardtsdorf und Neunzehnhain, dat. 1897-1901

  72. Ebenda, Nr. 28/5: Kommissariatsakten von Dr. Hallbauer (Amtshauptmann von Chemnitz) zur Talsperre für die Wasserversorgung von Chemnitz im Tal des Lauterbachs bei Neunzehnhain, dat. 1902-1905

  73. Bestand 30046 (Amtshauptmannschaft Marienberg), Nr. 4793/1: Foto vom Bau der Staumauer der oberen Talsperre bei Neunzehnhain, dat. 1912
     
     
    Bergarchiv Freiberg
     

  74. Bestand 40168 (Bergamt Marienberg), Nr. 609: Lengefelder Glück Stolln, ab 1791 Kupferengel Fundgrube samt Lengefelder Glück Stolln, ab 1847 Lengefelder Glück Stolln, am Krötenbach bzw. Roßbach zwischen Lengefeld und Wünschendorf , dat. 1780-1851

  75. Ebenda, Nr. 488: Johannes Stolln an der Flöha bei Wünschendorf (Lengefeld). dat. 1851-1853

  76. Bestand 40001 (Oberbergamt Freiberg), Nr. 2975: Kalksteinlager, dat. 1831-1863

  77. Ebenda, Nr. 2976: Kalksteinlager, dat. 1864-1868

  78. Bestand 40037 (Deponierte Risse der Steine- und Erdenindustrie), Nr. 1-I22808: Neunzehnhain bei Lengefeld; Alter Kalkbruch in der Hänge der Abteilung 40 des Börnicher Forstreviers [Bornwald], dat. 1842-1843, 2018 wegen erforderlicher Restaurierung für die Einsichtnahme gesperrt. 

  79. Bestand 40024-12 (Landesbergamt Freiberg), Nr. 309: Acta, den fiskalischen Kalkbruch bei Neunzehnhain betreffend, ergangen vor dem Bergamte Marienberg de anno 1842, dat. bis1846

  80. Ebenda, Nr. 310: Acta, den fiskalischen Kalkbruch bei Neunzehnhain betreffend, Bergamt Marienberg de anno 1847, dat. bis 1883

  81. Ebenda, Nr. 11: Kalksteinbrüche, dat. 1858-1884

  82. Ebenda, Nr. 15/1: Notizen über Kalksteinbetriebe in Sachsen, dat. 1860-1891

  83. Ebenda, Nr. 312: Fiskalisches Kalkwerk Neunzehnhain, dat. 1901

  84. Ebenda, Nr. 311: Fiskalisches Kalkwerk Neunzehnhain, dat. 1900-1910

  85. Ebenda, Nr. 231: Staatliches Kalkwerk Lengefeld, dat. 1900-1923

  86. Bestand 40053 (Bergamt Stollberg), Nr. 146: Akten, den Kalksteinbruch bei dem Weißen Ofen in Neunzehnhain betreffend, dat. 1900-1910

  87. Bestand 40030 (Oberbergamt, Lagerstättenforschungsstelle), Nr. 1-1074: Kalkwerk Lengefeld der Staatlichen Kalk- und Hartsteinwerke Dresden, dat. 1939-1947

  88. Bestand 40064 (Technisches Büro des Bergbaus... des Landes Sachsen), Nr. 1-611: Kalkwerk Lengefeld, dat. 1951-1952

  89. Bestand 40072 (Bergbehörde Zwickau), Nr. 789: VEB Kalkwerk Lengefeld des VEB (K) Marmor- und Kalksteinwerke Zöblitz, später des VEB (K) Natursteine Zöblitz, dat. 1954-1961

  90. Ebenda, Nr. 94: Schachtanlage Neunzehnhain, Akku-Lokomotivförderung vom Stollnstoß bis zur Halde durchgeführt vom VEB Schachtbau, Verfestigung und Abdichtungen Nordhausen, dat. 1958-1962

  91. Ebenda, Nr. 56: Verschiedene bergmännische Arbeiten durchgeführt vom VEB Schachtbau Nordhausen, dat. 1961-1962

  92. Bestand 40131 (VEB Geologische Forschung und Erkundung), Nr. 1-445: Grünberg, Euba, Augustusburg, Börnichen, Zschopau, Rehefeld, Fluß- und Schwerspatschürfe, dat. 1966