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Ein Beitrag von www.unbekannter-bergbau.de

Erstellt Mai 2017.

Wir bedanken uns für die Unterstützung bei der Erstellung dieses Beitrages und für die Besichtigungsmöglichkeit der Werksanlagen bei den Geschäftsführern der Ostrauer Kalkwerke GmbH, Herrn U. Dürasch und Herrn Dr. U. Horn. Für weiteres Material und Informationen zur jüngeren Geschichte bedanken wir uns bei Familie Claußnitzer in Ostrau.

  

Zum Plattendolomitabbau in der Mügelner Senke 

Die Entwicklung des Dolomitbergbaus bis zur Gegenwart

  

Zur Lage und Regionalgeschichte
Zur Geologie
Zum Abbauverfahren
Brennofentechnik und Produktionsmengen
Montangeschichtlicher Überblick bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts

Die Bergbauunternehmen östlich von Ostrau
Eulitz'sche Kalkwerke bei Pulsitz und Ostrau
Ostrauer Kalkgenossenschaft, später Krug'sches Kalkwerk
Möbius'sches Kalkwerk bei Ostrau
Kalkwerke bei Zschochau

Die Bergbauunternehmen südlich von Ostrau
Roßberg'sches Kalkwerk Münchhof
Kalkwerk Trebanitz
Kalkwerk Rittmitz

Die Entwicklung des Dolomitbergbaus bis zur Gegenwart
VEB Ostrauer Kalkwerke
Aktiver Bergbau (Ostrauer Kalkwerke GmbH)

Die Bergbauunternehmen westlich von Ostrau
Lützschera und Obersteina
Runge's Kalkwerk in Kiebitz

Die Bergbauunternehmen südlich von Mügeln
Uhlemann's Kalkwerke in Schrebitz
Wolf's Kalkwerk in Schrebitz
Lorenz' Kalkwerk in Schrebitz
Michael's Kalkwerk in Schrebitz
Weitere Kalkwerke in Schrebitz
Michael's bzw. von Ende's Kalkwerk in Paschkowitz

Weiterführende Quellen

  

 
 
  

Der VEB Kalkwerke Ostrau

 

In den Jahren bis zur Gründung der DDR wurden viele der vormals privatwirtschaftlich geführten Unternehmen verstaatlicht. Wenigstens seit Juli 1948 beschäftigte sich der Kreisrat Oschatz schon mit der Errichtung des Kreisbetriebes Kalkwerk Pulsitz (20235, Nr. 0510 und 0608).

Im Mai 1949 erfolgte schließlich die Gründung des VEB Kalkwerk „Fortschritt“ im Verband Kommunale Wirtschaftsunternehmen (KWU) des Landkreises Döbeln, zunächst nur mit dem Tagebau in Pulsitz. Wie wir schon ahnen, handelt es sich bei diesem „in Pulsitz“ aber um den Aufschluß auf der nördlichen Seite des Birmenitzer Bachs, schon auf Pulsitzer Flur, aber immer noch viel näher bei Ostrau. Die ehemals Eulitz’schen Kalkwerke am Tännigt und weitaus näher bei Pulsitz wurden dagegen nie wieder aufgenommen.

  


Aus dieser Zeit stammt diese Tafel, die noch immer einen Platz im Foyer des Bürogebäudes hat.

  


1949 arbeitete man im Tagebau noch immer mit Schaufel und Steingabel und belud die Loren von Hand. Bildquelle: 40 Jahre VEB Ostrauer Kalkwerke, 1988.

 


Für die Abraumbewegung gab es bereits Eimerkettenbagger und Dieselloks für die Loren. Bildquelle: 40 Jahre VEB Ostrauer Kalkwerke, 1988.

  


Der letzte Förderwagen der Feldbahn hat direkt am Kundenparkplatz im Betriebsgelände einen Ausstellungsplatz bekommen.

  

1953 wurde das Kalkwerk Münchhof vom VEB „Fortschritt“ übernommen und der VEB Ostrauer Kalkwerke  gebildet. In Münchhof erwartete man zu dieser Zeit noch etwa 5 Mio. t Dolomitvorräte. Der Betriebsplan für 1954 weist eine Belegschaft von 44 Mann in Pulsitz und 31 Mann in Münchhof aus (40067, Nr. 1106). Die Abraumförderung erfolgte zeitweise durch Fremdfirmen (Kemmlitzer Kaolinwerke). Für den Transport standen in beiden Werken Dieselloks und Muldenkipper zur Verfügung.

Der Plan, in Münchhof im Untertagebetrieb abzubauen, wurde auf Anweisung des Kreisrats Döbeln allerdings im Juni 1953 gleich wieder verworfen. Die TBBI genehmigte nämlich höchstens 11 m Abbauhöhe anstelle der vorgesehenen 18 m, so daß die resultierenden Abbauverluste den Untertageabbau wieder unrentabel gegenüber dem Tagebaubetrieb gemacht hätten. Auch in dem älteren, westlichen Tagebauteil, dem sogenannten „Teichbruch“, waren die gewinnbaren Vorräte bereits erschöpft und er wurde bereits 1954 stillgelegt.

Stattdessen erinnerte man sich der Pläne Stolle’s, den früheren Zschochauer Bruch auf der Nordseite des Birmenitzer Baches wieder aufzunehmen, wozu man sich jedoch nun mit der Flußmeisterei einigen mußte, denn inzwischen war im Tal just zwischen beiden Baufeldern ein Hochwasserrückhaltedamm entstanden.

Ab 1. November 1958 wurde außerdem das Kalkwerk Rittmitz gepachtet, das sich 1945 noch im Besitz von Fritz Junge befand (40027-1, Nr. 1161). Zu dieser Zeit betrug die Belegschaft in Rittmitz 41 Mann. Der Abbaustoß hatte etwa 80 m Breite bei 12 m bis 14 m Höhe.

  

Für die einzelnen Werke wurden zunächst noch getrennte Betriebspläne erstellt, welche z. B. für 1958 eine Produktion von 10.121 Tonnen Branntkalk in Münchhof und – mehr als doppelt so viel – von 21.371 Tonnen im Tagebau in Pulsitz ausweisen. In diesem Jahr wurden auch die ersten Abraumbagger UB 75 und UB 20 als Ersatz für die bisherigen „Kugelschaufelbagger“ angeschafft und zunächst in Münchhof eingesetzt.

Wie wir nach etwas „Guhgeln“ herausgefunden haben, war der UB 20 der erste Hydraulikbagger aus DDR-Produktion, wurde 1956 entwickelt und vom VEB Schwermaschinenbau NOBAS in Nordhausen ab 1957 in Serie produziert. Die Firma NOBAS wurde nach Ende des 2. Weltkrieges aus zwei Privatunternehmen gebildet, die eigentliche Gründung erfolgte 1948. Zunächst wurden verschiedene Ausrüstungen für den Bergbau, Traktoren und Winden hergestellt. Seit 1951 wurden fast ausschließlich Universalbagger entwickelt und produziert, und zwar zunächst rein mechanisch betriebene Seilbagger. Der UB 75 war wohl ein Vorläufer des Typs UB 80 (gerd-lintzmeyer.homepage.t-online.de).

  


Nahaufnahme eines UB 80 mit Tiefschaufel im Einsatz in Dresden. Foto: M. Thonig, 1966.

http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/72026195

   


Ein UB 80 mit Hochlöffel im Tagebau Pulsitz. Bildquelle: 40 Jahre VEB Ostrauer Kalkwerke, 1988.

 


Der Transport im Tagebau erfolgte nun schon mittels russischen Kras- Kippern. Bildquelle: 40 Jahre VEB Ostrauer Kalkwerke, 1988.

 


Die Werksanlagen und der Fuhrpark in den 1970er Jahren. Ab 1972 wurde nur noch mittels LKW gefördert und die Feldbahn ganz eingestellt. Bildquelle: 40 Jahre VEB Ostrauer Kalkwerke, 1988.

  

Das Werk Münchhof wurde 1960 endgültig stillgelegt (ostrauer-kalkwerke.de), weil die Brennöfen veraltet waren und die Abraummächtigkeit zu groß geworden ist. Durch Produktionssteigerungen in den beiden anderen Werken wurde dessen Produktion nahezu ausgeglichen. Der Betriebsplan für 1962 weist eine Belegschaft für die beiden Werke von 81 Mann und 10 Handwerkern, sowie eine Förderung für das Rittmitzer Werk von etwa 31.500 Tonnen, für das Werk in Pulsitz von zirka 61.200 Tonnen Rohdolomit aus.

Bereits 1956 bis 1958 und nochmals Anfang der 1980er Jahre erfolgten durch den VEB Geologische Forschung und Erkundung Freiberg (GFE) geologische Bohrungen in Pulsitz, bei Schrebitz und bei Ostrau (vgl. 40131-1, Nr. 0135, Nr. 0202 und Nr. 0913 bis Nr. 0914).

Mittels einer ersten Brech- und Siebanlage im Werk Pulsitz wurde das Fördergut in „ofenfähiges Gestein und Split“ getrennt. Damit wurde die Arbeit der Kalkwerker erheblich erleichtert, denn das manuelle Sortieren und Zerkleinern der Rohsteine verrichtete nun die Maschine.

Zur vollständigen Nutzung des abgebauten Dolomits wurde 1965 die Rohkalkvermahlung aus dem sogenannten Unterkorn aufgenommen. Das als Abrieb beim Transport unvermeidliche, zum Brennen jedoch ungeeignete Unterkorn (mit Korngrößen bis maximal 10 mm) konnte nun zu Magnesiamergel verarbeitet werden, der vorallem für Düngezwecke eingesetzt und u. a. ins Petrolchemische Kombinat nach Schwedt geliefert wurde, wo daraus Kalkammonsalpeter (KAS) als hochwertiges Düngemittel hergestellt wurde.

Kalkammonsalpeter besteht in der Regel aus einer Mischung von 76 % NH4NO3 (Ammoniumnitrat) und 24 % CaCO3 und bildet in der Landwirtschaft einen der wichtigsten Stickstoffdünger. Als Nitratdünger hat er eine schnelle Anfangswirkung, die durch die Nitrifikation des Stickstoffanteils aus dem Ammonium nach und nach ergänzt wird. Die eigentlich bodenversauernde Wirkung der Nitrat-Anteile wird dabei durch den enthaltenen Kalk teilweise kompensiert.

Ab 1973 wurde dafür das sogenannte „Ostrauer Mahlaggregat“ im Unternehmen entwickelt und die erste Anlage 1975 in Betrieb genommen. Außerdem wurde ein Branntkalkmahlanlage in Betrieb genommen.

Aus dem „ofenfähigen Gestein“ wurden 1961 in Rittmitz 14.400 Tonnen und in Pulsitz 23.119 Tonnen Branntkalk erzeugt (40067-1, Nr. 234). In Pulsitz standen dafür der gasbeheizte Schachtofen, ein weiterer mit Koks befeuerter „Mischfeuerofen“ sowie eine Kugelfallmühle für den gebrannten Kalk zur Verfügung.

Nach Anschaffung einer eigenen Bohrmaschine führte man ab 1958 führte man in den Werken Ostrau und Pulsitz sogenannte „Großbohrloch-Sprengungen“ aus (u. a. 40067-1, Nr. 256 und 234). Dabei wurden z. B. 1958 in Pulsitz erstmals siebzehn 22 m tiefe Bohrungen mit insgesamt 622 kg Gelatine-Donarit und 1960 zwölf 19 m tiefe Bohrungen mit insgesamt 418 kg Sprengstoff besetzt.

Im Jahr 1961 zündete man bei der Großbohrlochsprengung Nr. 21 in Pulsitz (40067-1, Nr. 1114) bereits achtundzwanzig, je 21 m tiefe Bohrungen, die jeweils mit rund 43 kg besetzt waren, in Summe waren es jetzt schon 1.161 kg Sprengstoff!

1963 verbrauchte der VEB insgesamt 18.793,33 kg – also fast 19 Tonnen – Sprengstoff.

    


Eine Sprengung in der Dolomitwand. Bildquelle: 40 Jahre VEB Ostrauer Kalkwerke, 1988.

  


Die erste Brech- und Siebanlage von 1962. Bildquelle: 40 Jahre VEB Ostrauer Kalkwerke, 1988.

  


Beschickung der Anlage. Bildquelle: 40 Jahre VEB Ostrauer Kalkwerke, 1988.

  


Der Junge'sche Schachtofen in Rittmitz in den 1940er Jahren. Bildquelle: 40 Jahre VEB Ostrauer Kalkwerke, 1988.

  


Der 1949 neu errichtete Hochofen in Pulsitz. Bildquelle: 40 Jahre VEB Ostrauer Kalkwerke, 1988.

  


Die 1975 in Betrieb gegangene, neue Produktionshalle mit dem ersten Ostrauer Mahlaggregat für die Verarbeitung des Unterkorns zu Dolomitmergel. Bildquelle: 40 Jahre VEB Ostrauer Kalkwerke, 1988.

 


Bandverladung auf dem eigenen Anschlußgleis zur Eisenbahn. Ab 1984 verließen die sogenannten Ganzzüge Ostrau zum Düngemittelwerk nach Rostock. Lokführer für die Rangierloks wurde ein ganz neuer Beruf im VEB, der sich längst von einem Gewinnungs- zu einem Verarbeitungsbetrieb gewandelt hatte. Bildquelle: 40 Jahre VEB Ostrauer Kalkwerke, 1988.

 


Wir würden uns sehr freuen, wenn der eine oder andere Ostrauer einmal in alten Fotoalben blättern und uns benachrichtigen würde, wenn noch interessante Bilddokumente aus dieser und auch aus früherer Zeit vorhanden sind. Wir bedanken uns an dieser Stelle u. a. ganz herzlich bei Familie Wustmann in Ostrau, der dieses Fotoalbum gehört und die es für uns geöffnet hat.

  


Die Topographische Karte, Ausgabe für die Volkswirtschaft von 1988, zeigt den damaligen Abbaustand durch den VEB Ostrauer Kalkwerke. Wohl, weil die Abraummächtigkeit am Talhang geringer war, baute man zunächst in südöstliche Richtung gegen den Eichberg hin ab. Aber auch die schon bewaldeten Restlöcher der Kalkwerke im Tännicht und bei Münchhof sind zu erkennen. Nördlich von Zschochau hat sich noch immer der „Spitzer Kalkofen“ als Flurname erhalten.

  


Dieser Ausschnitt aus der Topographischen Karte von 1988 zeigt uns den Umriß des Tagebaus und der Abraumhalde nordöstlich von Rittmitz nach der Einstellung des Abbaus. Während das südwestliche Baufeld weitgehend mit Abraum aufgefüllt wurde, hat man den Abbau in nordöstliche Richtung fortgeführt.

  

Zum 1.1.1980 wurde der VEB Ostrauer Kalkwerke dem VEK Agrochemie Piesteritz als selbstständiger Betrieb angegliedert. Unter dieser Leitung wurde der Dolomitabbau bis 1990 fortgeführt.

In dieser Zeit erfolgte auch eine grundlegende Rekonstruktion des Kalkwerkes, u. a. wurden neue Produktionshallen errichtet, ein Sozialgebäude und das Anschlußgleis. Am 25. Mai 1984 fuhr erstmals ein sogenannter „Ganzzug“, beladen mit Dolomit, von Ostrau bis ins Düngemittelwerk Rostock. Dort wurde der Dolomit zu Kalkammonsalpeter verarbeitet und der gesamte RGW beliefert.

1987 wird bereits ein viertes „Ostrauer Mahlaggregat“ eingebaut (ostrauer-kalkwerke.de). Aber auch die eigentliche Tagebautechnik profitierte von der Umstrukturierung und Modernisierung: So wurden in dieser Zeit der erste vollhydraulische Bagger vom Typ UB 1232 und moderne Planierraupen für die Abraumbewegung angeschafft.

Seit 1974 verfügte der VEB auch über ein betriebseigenes Ferienzentrum in Michendorf. Als die Broschüre „40 Jahre VEB Ostrauer Kalkwerke 1949-1989“ entstand, waren 165 Mitarbeiter im VEB beschäftigt.

Am 01.06.1990 wurde der VEB als  Ostrauer Kalkwerke GmbH in neue Rechtsform überführt. Ein Jahr später wurde er von Herrn Hans-Peter Dürasch gekauft. Als privatwirtschaftliches Unternehmen baut die GmbH weiterhin in Ostrau Dolomit ab.

 


Angaben zur Produktion an Rohdolomit und Branntkalk der Unternehmen in der Mügelner Senke liegen besonders in älteren Unterlagen leider nur sporadisch vor.

 


Zum Schluß noch ein aktueller Kartenausschnitt vom Geoportal Sachsen: Hier sind die Hohlraumverdachtsgebiete nach § 8 SächsHohlrV hellbraun mit hellbrauner Farbe markiert. Wir sehen das Gebiet nördlich der Dresdner Straße in Ostrau mit den ehemals Möbius'schen, Eulitz'schen und Krug'schen Kalkwerken, am anderen Talhang des Birmenitzer Bachs zwischen Pulsitz und Zschochau den Bruch am Eichberg und im Norden die Eulitz'schen Kalkwerke am Tännigt. Alle haben hier auch untertage abgebaut. Wenn die Zuordnung des historischen Fotos korrekt ist, wurde auch am Südhang des Eichberges (dem heutigen Naturschutzgebiet Dolomitwand Ostrau) untertägiger Abbau versucht, ist jedoch in dieser Karte nicht vermerkt.

In Rittmitz (links unten) und Trebanitz wurde ausschließlich übertägig abgebaut und auch bei Clanzschwitz finden sich keine Eintragungen. Zwischen Kalkgrund und Münchhof, südlich der Dresdner Straße, wurde zumindest nach 1869 und nach unserer Kenntnis ebenfalls nie untertägig abgebaut. Sicher weiß die Bergbehörde darüber noch mehr als wir und vermutet trotzdem, daß auch hier untertäger Bergbau umgegangen sein könnte.

  

 
 
 

Aktiver Bergbau

  

Während wir uns in den meisten unserer Beiträge bisher bei weitem überwiegend mit dem vergangenen Bergbau befassen, haben wir an dieser Stelle einmal die Möglichkeit, einem aktiven Bergbauunternehmen über die Schulter zu schauen. Das haben wir mit freundlicher Genehmigung der Ostrauer Kalkwerke GmbH natürlich auch sehr gern getan !

  

Im Rahmen der Privatisierung nach der Wende von 1989 erfolgte am 03.06.1991 aus einer Management-by-out-Zwischenlösung heraus der Kauf der Ostrauer Kalkwerke GmbH durch Herrn Hans-Peter Dürasch. Herr Dürasch war bereits ab 1983 Betriebsleiter in Ostrau.

Umgehend erfolgte eine Modernisierung der Produktionsanlagen. Bereits im Juni 1991 konnten neue Trocknungs- und Klassierungsanlagen in Betrieb genommen werden. 1992 erfolgte der Umbau der Splittanlage. Heute arbeiten hier vier Mahl- und Siebaggregate, mit denen Mineralstoffgemische mit unterschiedlicher Korngrößenverteilung nach den speziellen  Anforderungen der Kunden hergestellt werden können. Bei diesen „Ostrauer Mahlaggregaten“ handelt es sich um Prallmühlen mit drehbaren Rostbahnen, die hier im Unternehmen entwickelt wurden und jeweils bis zu 30 t/h Durchsatz erlauben.

Bis in die 1990er Jahre bildeten vorwiegend Baustoffe die Hauptprodukte, bei denen das Werk aber dem Konkurrenzdruck anderer Produzenten mit weitaus günstigeren Lagerstättenbedingungen auf Dauer unterliegen mußte. (Wir erinnern hier nur mal nebenbei an die Stillegung des Eulitz'schen Zylinderofens.)

Auch die LPG der DDR als frühere Großabnehmer der Düngekalke durchliefen ja gleichzeitig ähnliche Umstrukturierungsprozesse. Das VEK Agrochemie Piesteritz bestand nicht mehr. In diesem Zusammenhang wurde auch der Zugbetrieb, der besonders die Massenguttransporte kostengünstig gemacht hatte, 1996 zunächst eingestellt.

Die Geschäftsführung reagierte jedoch auf die neuen wirtschaftlichen Bedingungen und orientierte die Produktion zunehmend auf Spezialprodukte, bei denen gerade der hohe Magnesiumgehalt des Dolomits erwünscht ist. Zur Produktpalette gehören heute zum Beispiel auch Bindemittel, die zur Rauchgasentschwefelung eingesetzt werden oder die dazu beitragen, daß in den Tagebaurestlöchern der heutigen „Neuseenländer“ in den ehemaligen mitteldeutschen und Lausitzer Braunkohlenrevieren Badewasser steht und keine schweflige Säure (Tiefenmelioration). Hinzu kommen z. B. Brechsande für farbige Asphaltbaustoffe, Dekorationssplitt, wie etwa die Ostrauer Wegedecke gelb oder sogar Lehmbaustoffe.

Inzwischen schätzen aber auch die wieder selbständigen Landwirte die Produkte aus Ostrau. Etwa 70% bis 80% der Produktion bilden heute wieder Magnesiumkalke für Düngezwecke und Stallhygiene. Am 21.10.2010 konnte auch die Anschlußbahn zum Bahnhof in Ostrau und zum Schienennetz der Deutschen Bahn wieder in Betrieb genommen werden. Für den Bahnanschluß interessieren sich inzwischen sogar dritte Unternehmen, wie etwa die Ostrauer Wein- und Sektkellerei.

Nach dem schweren Sommerhochwasser von 2002 wurden hier auch Dünnschlämme aus Überflutungsgebieten der Elbe- und der Muldeaue zwischengelagert.

  

Die Ostrauer Kalkwerke GmbH verfügt gegenwärtig über ein Bergwerkseigentum von zirka 127 Hektar Fläche. Die Förderung liegt zur Zeit bei zirka 300.000 Tonnen Rohdolomit jährlich. Um diese Menge zu fördern, müssen außerdem etwa 700.000 Tonnen Abraum bewegt werden.

2004 wurde im Ostfeld (der Bereich der ehemaligen Tagebaue am Eichberg) die Feldgrenze erreicht. Nach Nordosten reichen die heute technisch und wirtschaftlich gewinnbaren Dolomitvorräte noch für wenigstens 80 bis 100 Jahre Betriebszeit aus.

Die GmbH beschäftigt etwa 30 Angestellte. Gegenüber früheren Zeiten hat nicht nur moderne Technik Einzug gehalten, die die Arbeit der Kalkwerker leichter macht. Auch die Arbeitskräftefluktuation hat abgenommen, weil neue Herausforderungen die Arbeit vielseitiger und interessanter machen. Saisonale Beschäftigung erfolgt praktisch nicht mehr, da auch die Abraumbewegung und das Teufen der Sprenglöcher durch die eigenen Mitarbeiter erfolgt. Das Abtun der Schüsse erfolgt durch einen Dienstleister.

In den abgeworfenen Flächen erfolgen parallel zudem umfangreiche Sanierungsmaßnahmen bzw. sind geplant. Diese Arbeiten zeigen Erfolge: Seltene Vogelarten, wie der Steinschmätzer*) haben sich im Umfeld der auflässigen Bruchteile bereits angesiedelt. Leider sind die Wertungskriterien der Behörden hier sehr unterschiedlich. Unseres Erachtens ist dieser Vogel hier, gerade weil es den Bergbau gibt. Die flachen Talauen in den Lößgebieten sind sicher auch ein schöner Lebensraum, aber eben nicht wirklich seiner. Man möge sich einmal offenen Auges einige Tagebaurestlöcher anschauen, die sich die Natur – vollkommen sich selbst überlassen – anderenorts bereits zurückgeholt hat. Auch unsere Bildergalerie bietet dazu einige Gelegenheit. Sicher mag dies längere Zeit brauchen, aber die Natur macht es viel besser, als wir das je könnten.

Wir sind jedenfalls auf eine sehr aufgeschlossene Geschäftsführung getroffen, die sich nicht nur um wirtschaftliche Interessen Gedanken macht, sondern viele Ideen auch in die Renaturierung steckt. Im Übrigen kann man sich über die aktuellen Arbeiten – selbstverständlich auf Anmeldung – selbst ein Bild machen. Besonders Schülergruppen nehmen dieses Angebot bereits sehr gern an.

Hervorhebenswert erscheint uns darüber hinaus, daß der erste Geschäftsführer, Herr Hans-Peter Dürasch, nach seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen eine Stiftung gegründet hat, die sich die Förderung der Traditionspflege und die Bewahrung der Technischen Denkmale zum Ziel gesetzt hat. Mit Förderung durch die Stiftung sind nicht nur Publikationen entstanden, sondern auch einige der Technischen Denkmale der Kalk- und Bindemittelindustrie in der Region vor dem Verfall gerettet worden.

 

*) Natürlich haben wir nachgeschaut – nur falls wir mal einen treffen sollten: Die etwa  sperlingsgroßen und schwarz-weiß gezeichneten Steinschmätzer (Oenanthe oenanthe) kommen eigentlich in ganz Eurasien vor. Sie sind Höhlenbrüter und leben vorallem im Gebirge, bewohnen aber auch andere Landschaften. Sie bevorzugen offenes, steiniges Gelände – als eigentlich recht anspruchslose Art nutzen sie witzigerweise sogar Mülldeponien als Lebensraum. Typische Biotope sind natürlich die Gebirge sowie die Küstendünen, wo die Bestände ziemlich stabil sind. Die Vögel überwintern in Afrika.

In Deutschland sind sie tatsächlich sehr selten. Der Steinschmätzer gilt in Deutschland als vom Aussterben bedroht (Rote Liste Kat. 1). Weltweit ist die Art – schon wegen ihres großen Verbreitungsgebietes – aber nicht gefährdet. Fotos und Gesang findet man zum Beispiel bei
 http://www.vogelwarte.ch/de/voegel/voegel-der-schweiz/steinschmaetzer.html.

 

Nun wollen wir in unserem Beitrag aber auch einige Impressionen vom heutigen Abbau zeigen...

 


Zuerst ein Übersichtsfoto aus der Vogelperspektive: Rechts im Hintergrund Ostrau. Am linken Bildrand die Abraumhalde zwischen dem aktiven Tagebau und dem östlich davon liegenden, stillgelegten Bruch am Eichberg.
Bildquelle: ostrauer-kalkwerke.de
  


Die Aufbereitungsanlagen der Ostrauer Kalkwerke GmbH von der Abraumhalde zwischen dem Ostfeld am Eichberg und dem aktiven Tagebau aus gesehen. Rechts die Anschlußgleise, im Hintergrund Ostrau.
 


Nördlich des Werksgeländes liegt der Tagebau, in dem gegenwärtig Dolomit abgebaut wird.
  


Für den Weg hinunter braucht es geländegängige Fahrzeuge. Rechts die Innenkippe.
  


Vor uns nun der aktive Abbaubereich. Geradeaus erkennt man anhand des Versprungs der Dolomitoberfläche am Bruchstoß eine Auslaugungsrinne.
 

In diesem Profil erkennt man über dem Plattendolomit (auf dem gerade das Bohrgerät die nächsten Sprenglöcher bohrt) gut das dünne, rot gefärbte Band der oberen Letten, darüber helle Kiessande und obenauf schließlich den gelbbraunen Löß.
 

Von der Südseite her wird auch hier das Restloch sukzessive mit Abraum wieder aufgefüllt. Wo die Lettenschicht selbst erodiert war und den Dolomit nicht mehr vor der Verwitterung schützte, ist er stark zersetzt und nicht bauwürdig, so daß an solchen Stellen kleine Restpfeiler stehengelassen werden.
 

Darin finden sich dann manchmal auch solche kleine Auslaugungskavernen.
 

Dieses Fundstück aus der Betriebsgeschichte belegt die Lösungsvorgänge durch zirkulierende Wässer im Gestein. Es wurde geborgen und im Werksgelände aufgestellt.
 

An der Rückseite dieser "kleinen" Stufe zeigen sich auch kleine rhomboedrische Calzitkristalle. So etwas Schickes haben wir nicht gefunden...
 

Aber ein Handstück vom hier hellgrauen Plattendolomit haben wir auch eingepackt...
 

...mit hübschen Dendriten darauf, die ebenfalls von den Lösungsvorgängen im Gestein zeugen.
  

Nach Norden nimmt die Mächtigkeit des Dolomits wieder zu. Im Liegenden ist er relativ dünnplattig und geht dort allmählich in die unteren Letten über.
 

Gefördert wird heute natürlich nicht mehr in Handarbeit und mittels Feldbahnloren...
 

Diesem „Dicken“ machen  wir lieber respektvoll Platz...
 

Diese Kipper haben 35 Tonnen Ladekapazität und wiegen voll beladen über 70 Tonnen. Und das sind noch gar nicht die größten ihrer Art.
 

Wieder nach oben: Am Nordoststoß des Tagebaus sieht man hier die in Richtung Pulsitz zunehmende Lößmächtigkeit. Im Löß finden sich hier übrigens Muschelhorizonte, für die sich auch die Quartär-Paläontologen interessieren.
  

Im Hintergrund schauen hier schon die Bäume am Tännigt herüber.
   

In Richtung des Eichberges (die Kuppe am Horizont) liegt saniertes Gelände, daß bereits an die Landwirtschaft zurückgegeben wurde und das sich schon nach wenigen Jahren nicht mehr von anderen Anbauflächen unterscheiden läßt.
 

Auch die große Abraumkippe aus der Abbauphase bis 1990 zwischen dem Nord- und dem Ostfeld hat sich die Natur längst zurückgeholt.
  

Im Ostfeld ist die Feldgrenze erreicht und 2004 wurde hier der Abbau eingestellt.
 

In den verbliebenen Felswänden finden Höhlenbrüter, wie etwa der Steinschmätzer einen Lebensraum, den sie sonst hier gar nicht hätten.
 

An einem kleinen Restpfeiler können die Geologen noch einmal die Lagerungsverhältnisse des Dolomits studieren - oder sich die Eidechsen sonnen...

 

Wir hoffen, daß wir unseren Lesern wieder etwas Neues erzählen konnten. Wir sind aber immer noch nicht fertig… Für alle, die wir schon neugierig machen konnten, gibt es bei uns noch einen weiteren  Beitrag zum Abbau im westlichen Teil der Lagerstätte.

Glück Auf!

J. B.