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Ein Beitrag von www.unbekannter-bergbau.de 
      Nach einem Manuskript von G. Mühlmann, Ehrenfriedersdorf

Erstellt Dezember 2015,
zuletzt ergänzt im
 Juni und  Juli 2021.

Sie können diesen Beitrag auf dem Recherchestand vom Dezember 2015 vom Qucosa-Server der Sächsischen Landes- und Universitätsbibliothek Dresden im PDF-Format herunterladen.

http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:14-qucosa2-78917

  

 

Der Steinkohlenbergbau bei Hainichen 
und Oberberthelsdorf

 

Geleitwort
Zur Geologie des nordöstlichsten Teils des Erzgebirge-Beckens
Besonderheiten der Aus- und Vorrichtung und des Abbaus
Besondere bergrechtliche Regelungen für den Kohlenbergbau
Die Vermarktung der Steinkohle von Hainichen 
Zur sozialen Lage der Kohlenbergleute 
Die Bergbauunternehmungen bei Hainichen  
Die Bergbauunternehmungen in Berthelsdorf
Die Bergbauunternehmungen des A. C. F. Freiherrn von SCHIRNDING 1789 bis 1795 (?)
Die Bergbauunternehmungen des D. K. Graf von EINSIEDEL bis 1804  
Die Bergbauunternehmungen des A. G. FIEDLER von 1804 bis 1855
Die Bergbauunternehmungen des J. F. KUNTZE von 1853 bis 1857
Die Bergbauunternehmungen des K. F. ENGLER von um 1857 bis 1918
Die Versuche des C. H. PÖLAND 1872/1873 
Die Versuche des J. G. KRASSELT um 1835  
Vergebliche Versuche im Hölloch bei Niederberthelsdorf
  
Die Bergbauunternehmungen in Ottendorf und Cunnersdorf
Quellenauswahl 

Ein Nachtrag zur späteren geologischen Erkundung 

  

 

 

Überblick über die wesentlichsten Bergbauunternehmungen in Berthelsdorf

  

Der vom Beginn des 18. Jahrhunderts bis Ende des 19. Jahrhundert im heutigen Stadtgebiet von Hainichen, von breiten gesellschaftliche Schichten des Adel, des Bürgertums, aber auch von Bauern, betriebene Steinkohlenbergbau hatte, hinsichtlich des Ausbringens seinen Schwerpunkt in Berthelsdorf.

Berthelsdorf ist ein heute nach Hainichen eingemeindetes Waldhufendorf im Süden an Hainichener Flur, im Nordosten an Ottendorfer und Cunnersdorfer Flur und im Westen an Weißbacher und Gersdorfer Flur angrenzend. Dieses Territorium berührte zur aktiven Bergbauzeit gleich mehrere  adlige Grundherrschaften auf engstem Raum.

Die größte Ortschaft, die einem Rittergut Untertan war, war die Stadt Hainichen, ein zur Stadt ausgebautes Waldhufendorf, war eine Exklave der Grundherrschaft des Rittergutes Wingendorf mit Patrimonialgerichtsbarkeit der Familie von Schönberg, die u. a. als Gutsherrschaft in Börnichen ansässig war.

Ottendorf und Gersdorf unterstanden als Exklaven der Grundherrschaft des Rittergutes Arnsdorf im Amt Leisnig. Das Rittergut Arnsdorf war im 17., 18. und 19. Jahrhundert nacheinander im Besitz der Familien von Carlowitz, von Tümpling und von Beschwitz. Letztere mußte ihre Patrimonialgerichtsbarkeit 1856 an das Justizamt Nossen übergeben.

Demgegenüber gehörten Berthelsdorf und Cunnersdorf zum Amt Nossen, eine zum Erzgebirgischen Kreis gehörende selbständige Verwaltungseinheit mit Höherer und Niederer Gerichtsbarkeit bis 1856. Auch solche Ämter verlangten Fronleistungen von ihren Untertanen. 1828 – 1853 erfolgte die Abtrennung der Ortschaften Bockendorf, Eulendorf, Cunnersdorf, Berthelsdorf, Langenstriegis, Reichberg und Lauenhain vom Amt Nossen. Sie gingen an das Amt Frankenberg über.

1705, gleichzeitig mit einem Bergbau beim Gottesacker Hainichen, wurde erstmalig eine „Gottes Güte Fundgrube“ in Berthelsdorf beim Erbgericht als gemutet erwähnt.

Der Steinkohlenbergbau bei Hainichen hielt in seinem Hauptabbaugebiet beim Erbgericht Berthelsdorf mindestens noch bis zum Jahre 1860 aus.

In Innensenken des variskischen Gebirges waren nur geringmächtige Flöze gebildet worden, die eine begrenzte Ausdehnung hatten und unter kontinentalen Sedimenten ruhten. In der Hainichen Mulde hatten sie lediglich Mächtigkeiten im Dezimeterbereich bis max. 1 m, bei Zwischenmitteln aus Sandstein oder Schieferton von 5 m bis 12 m. Ihre horizontale oder flach wellige Lagerung wurde durch nachfolgende tektonische Bewegungen stark deformiert. 

Bei Berthelsdorf gab es nach der Flözbildung einen fortgesetzten Senkungsprozeß des Grabengrundes an früh angelegten, tief reichenden Störungszonen, so daß die Flöze dieser Senkung folgten und ihre Flanken eine mehr oder weniger steile Lage von 70° Einfallen und mehr einnahmen.

Zudem wurde das Erzgebirge Becken samt seiner Umgebung am Ende des Karbons emporgehoben. Durchschneidende Flüsse trugen einen sehr beträchtlichen Teil der abgelagerten produktiven (für den Kohleabbau relevanten) Schichten ab, so daß die Kohlenreviere heute nur noch Reste der ursprünglichen Ablagerungen darstellen. Lokaltektonische Bewegungen führten zu Bruchstörungen, Vertikalbewegungen und Kippungen von Blöcken und Schollen des geologischen Untergrundes und damit zu weiterer Störung der Struktur der Flöze. 

Diese Faktoren wurden erst im Laufe der praktischen Erfahrungen durch den Bergbau bekannt. Eine geologische Untersuchung setzte erst zum Ende der Bergbauperiode ein. Das hemmte die realistische Einschätzung der Erfolgsaussichten und der Wirtschaftlichkeit der Bergbauunternehmungen. Bauwürdige Flöze waren auf den südwestlichen Teil der Mulde, die Gegend von Berthelsdorf, beschränkt, wo sich auch die Mehrzahl der Grubenbaue konzentrierte. 

In Oberberthelsdorf hat man drei Flözzüge mit zusammen 6 Flözen abgebaut, welche als Gruppe der

  1. Neuen Flöze, bestehend aus 3 Flözen, vermutlich mit Fortsetzung und Ausbiß im Hölloch,

  2. Gerichtsflöze, bestehend aus 3 Flözen, die 70 m über dem Neuen Flöz liegen und

  3. als Neu Glück-Flöze, bestehend aus 2 bis 4 Flötzen, die 120 m über den Gerichtsflözen liegen,

bezeichnet wurden. Später fand man unter der Gruppe der Neuen Flöze, neben mehreren schwachen Kohlenschmitzchen, ein noch etwas stärkeres, siebentes Flöz durch einen Querschlag beim Erbgericht. 

Im Zwischenmittel der Berthelsdorfer Flöze von der Mittelmühle bis Nieder- Berthelsdorf sind besonders mächtige Schichten von Granitkonglomerat und Arkosen feststellbar. Die mürben Arkosen wurden in mehreren Gruben als Bausand gewonnen.

Von der Obermühle bis zur Mittelmühle (im Nachfolgenden nur „Mühle“) sind auf einem Riß drei Radstuben eingezeichnet. Zu der mit „Alte Radstube“ bezeichneten ist kein Feldgestänge vermerkt. Die Schächte in deren Nähe gehören zu den Bergbauversuchen

  • des Kammerjunkers bzw. Oberforst- und Wildmeisters August Carl Friedrich Freiherr von Schirnding, Doberlug-Kirchhain, aus den Jahren 1789 bis zum Ende des 18. Jahrhunderts,

  • des Konferenzministers Detlev Graf von Einsiedel, als Nachfolger von Schirnding's,

  • des Advokaten Löwe aus Hainichen, aus dem Jahre 1790, und

  • des Pächters Zähl, um das Jahr 1801 zwischen Striegis und Mühlgraben auf einem 50 cm mächtigen Flöz 1790 angelegt und mit 1 Steiger, 19 Mann belegt.

Eine Ausdehnung des letztgenannten Grubenfeldes scheiterte u. a. am Unwillen des benachbarten Grundeigentümers.  

Der Schacht des von Schirnding wurde später von Graf von Einsiedel übernommen, der ihn auf eine Teufe von 23 m brachte. Letzterer legte am rechten Ufer des Mühlgrabens einen 56 m langen Stolln nahezu in N-S-Richtung an, der zur Suche und Erkundung der Fortsetzung der hier verworfenen Flöze diente.  

Das Kohlenwerk von Advokat Löwe befand sich nur 50 Schritte unterhalb des zuvor genannten und bestand aus drei Schächten:

  1. im Garten des Gutes, soll 7 m tief gewesen sein,

  2. am Mühlgraben, von 10 m Tiefe und

  3. auf dem Hange jenseits des Mühlgraben, mit 18 m Tiefe.

Diese drei Schächte hatten auch untereinander nur einen Abstand von lediglich 50 Schritten. Obwohl sie gute Kohle förderten, mußten sie bald wegen zu großen Wasserzudranges aufgegeben werden.  

Pächter Zähl übernahm offensichtlich Löwes Kohlenwerk und trieb einen Stolln, 28 m oberhalb des von Einsiedel'schen Stollnmundloches, ca. 35 m weit ins rechte Talgehänge, von dem aus er einen 7 m tiefen Schacht teufte. Dabei fuhr er zwei 50 cm bis 60 cm mächtige Kohlenflöze an. Aus denen konnte er 1801 gute Schiefer- und Pechkohle fördern, wovon auch Grundeigentümer Häner profitierte. 

A. G. Fiedler hatte im Jahre 1838 am rechten Gehänge des Höllochs dicht neben der Cunnersdorfer Flurgrenze auf einem 30 cm bis 40 cm mächtigen Flöze einen Schacht abteufen lassen, auf dem die Kohlenförderung wegen schwieriger Wasserhaltung aber bald eingestellt wurde. Zur Lösung der Wasser begann er von Richters Grundstück aus, unweit eines schon von Schirnding geteuften Schachtes, einen Stolln in das Talgehänge in südöstliche Richtung zu treiben. Bei ungefähr 80 m Erlängung durchfuhr dieser einige ca. 10 cm mächtige Kohlenflöze und blieb dann unvollendet liegen.

Von 1803 bis zum Jahre 1852, erbrachte der Bergbau des Adolph Gottlob Fiedler, über 40 Jahre erfolgreichster Bergbauunternehmer in Berthelsdorf, eine Bruttoeinnahme von bis zu 15.000 Thalern jährlich. Er beschäftigte durchschnittlich 40 bis 50 Mann und 2 Steiger. Das jährliche Förderquantum seiner Gruben betrug durchschnittlich 25.000 Scheffel (= 50.000 Zentner) Kohle.

Der von Ober-Berthelsdorf bis Ottendorf reichende, von Verwerfungen unterbrochene Flözzug wurde in Niederberthelsdorf im ehemaligen Steinbruch durch dessen Besitzer Crasselt (oder Krasselt) um 1835 bebaut.

Im Jahre 1871 bis 1873 ließ H. Pöland in einem Seitentälchen einen Stolln 23 m weit in steilfallende Schiefertone und Konglomerate treiben, wobei man auf drei je 10 bis 15 cm starke Flöze traf. Unweit davon aber, etwa 100 m im Hangenden dieses Stollns ersank er mit einem 5 bis 6 m tiefen Schacht ein 2 bis 3 cm und ein 15 cm starkes Flöz, welches höchstwahrscheinlich die südwestliche Verlängerung des Cunnersdorfer (Neuglück)- Flözes darstellte. Im Niveau des späteren Pöhland'schen Stollns war ein weiterer alter Schacht angesetzt.

Das war einer der letzten aktiven der zumeist erfolglosen Bergbauversuche beim Höllloch, zwischen Nieder-Berthelsdorfer und Cunnersdorfer Flur.

Meist trugen die Grubenbaue Namen mit Bezug auf den Grubenherrn, wie der Adolph-Schacht, der Engler-Schacht, oder den Grundeigentümer, unter dessen Grundstück das Kohlenfeld lag, wie der Kuntze-Schacht und der Ulbrich-Schacht, hatten Bezug zum Verwendungszweck, wie der Kunstschacht, oder der Eigenart der technischen Anlage, wie beim Windschacht. Die Anlage der Grubenbaue folgte sukzessive den Flözverläufen.

Abnehmer von Stückkohle waren die Drucker, Färber und Bleicher der Umgegend, während die Kalkkohle in den Memmendorfer, Pappendorfer und Erdmannsdorfer Kalköfen verbrannt wurde. Der Vertrieb beschränkte sich auf die nächste Umgebung von Berthelsdorf.

Der Nachteil an Reinheit und Heizkraft gegenüber den Plauenschen und Zwickauer Kohlen wurde durch geringere Transportkosten aufgewogen. Zur besseren Vermarktung baute Fiedler die Kohlenstraße von Berthelsdorf zur Hainichen- Frankenberger Chaussee, von wo die Kohle u. a. nach Mittweida, Schönborn-Dreiwerden, Frankenberg und Umgebung transportiert werden konnte. Deren Bau und Unterhalt soll Fiedler 90.000 Taler gekostet haben.

Inwieweit der Verbindungsweg von Berthelsdorf nach Obermühlbach in südlicher Richtung die Bezeichnung „Kohlenstraße“ im Zusammenhang mit der Berthelsdorfer Kohle erhielt, ist nur zu vermuten. Es könnten sich in Obermühlbach die Transporte auf der Landstraße nach Frankenberg und in die entgegengesetzte Richtung über Langenstriegis, nach Oederan oder über Frankenstein nach Memmendorf geteilt haben.

Der Standortvorteil des Hainichen- Berthelsdorfer Bergbaus durch die „ortsnahe“ Vermarktung endete spätestens mit der Entwicklung des Eisenbahnwesens.  

In der ausgehenden Bergbauperiode bei Hainichen, in den Jahren 1845 / 1846 wurden im Hainichen- Ebersdorfer und im Flöhaer Becken zusammengenommen nur noch 92.700 Scheffel Steinkohle gefördert. Zu dieser Zeit hatten die beiden großen Abbaugebiete Döhlener Becken (Freital) und Zwickau schon eine um mehr als das 20-fache höhere Produktion erreicht.

 

 

 

Die Bergbauunternehmungen des August Carl Friedrich Freiherrn von SCHIRNDING bei Hainichen (von 1789 bis zum Ende des 18. Jahrhunderts, vermutlich bis 1795)

  

Zeitgleich mit den Unternehmungen des von Schönberg in Hainichen begannen im Jahr 1789 die bergbaulichen Aktivitäten des von Schirnding aus Dobrilugk (oder Dobriluzk (Niederlausitz), heute Doberlug-Kirchhain) in Oberberthelsdorf und auf Cunnersdorfer Flur bei Hainichen. Zu diesem Zeitpunkt waren die Steinkohlevorkommen in und um Hainichen und Berthelsdorf seit ca. 80 Jahren bekannt und es waren immer wieder Abbauversuche vorgenommen worden.  

August Carl Friedrich Freiherr von Schirnding, geb. am 14.10.1753, war Kurfürstlich Sächsischer Kammerjunker und Oberforst- und Wildmeister. Er galt als betriebsamer Baron und wurde als Gründer des ersten deutschen evangelischen Missionsseminars am 1. Februar 1800 in Berlin bekannt. Für die Missionsschule und den Unterhalt ihrer Zöglinge, die zumeist aus dem Handwerkerstand kamen, wandte er einen Großteil seines privaten Vermögens auf. Infolge finanzieller Verluste mußte er sich bereits im November 1800 aus diesem Engagement wieder zurückziehen. 

Anm.: Es ist zu vermuten, daß in den seit vorgenanntem Zeitpunkt bis zu seinem Tode anhaltenden finanziellen Problemen auch die Ursache bestand, warum er seine Investitionen aus dem Steinkohlenbergbau bei Hainichen herauszog und seine Bergwerke an Graf von Einsiedel verkaufte.  

Von Schirnding starb am 11.06.1812 in Doberlug-Kirchhain, ohne ein wesentliches Vermögen zu hinterlassen. Ironie des Schicksals: Auch in Doberlug gab es 1880 Funde von Anthrazitkohle. Eine geologische Erkundung erfolgte aber erst ab 1926, dabei wurden Vorräte von zirka 70 Mio. t berechnet. Im Jahr 1947 wurde westlich der Stadt der Untersuchungsschacht „Kirchhain I“ errichtet. Im Ergebnis der Erkundung erwies sich der Abbau der auf insgesamt 19 Flöze, davon nur 3 bauwürdig, verteilten Vorräte aber bereits damals als unökonomisch. Die Untersuchungen wurden 1959 eingestellt.   

Im Hainichener Revier waren seine Unternehmungen

  • bei des Bauern Schubert, später Richters Wohnhaus und

  • auf des Bauern Berthold Grund in Oberberthelsdorf sowie

  • am Ende von Cunnersdorf, hart neben der Straße wo diese nach Hainichen hoch führt, auf der Bauern Ludwig und Lang Feld, u. a. an der Ottendorfer Flurgrenze und auf der Berthelsdorfer Flur angelegt.

In Oberberthelsdorf, zwischen dem Mühlgraben und der Striegis, unmittelbar neben der Striegis, teuft er einen 14 m tiefen Schacht und erschließt damit ein 50 cm mächtiges N.60°O. streichendes und 70° bis 80° nach NW. fallendes Flöz, das er bei 7 m durchfährt und nach beiden Seiten auslängt. Bei 8 m südwestlicher Auslängung wurde ein Querschlag 14 m ins Liegende gefahren, welcher zuerst einige 2 bis 3 cm starke Flözchen und dann ein 10 bis 25 cm starkes Flöz guter Kohle durchfuhr. Auf letzterem hatte man einige Meter gegen NO und 26 m gegen SW und bei der zweiten Fahrt (13 bis14 m Teufe) beiderseits ebenfalls mehrere Meter ausgelängt. Im Jahre 1790 förderte man die vor diesen Örtern, sowie aus den Schachtstößen und im Tiefsten gehauene Kohle.

Auf den oberen Orten gegen NO baute man das Flöz bis zu Tage ab. Es bestand nach Werner zu ¼ bis 1/3 aus Blätterkohle (Schmiedekohle) der Rest aus Schieferkohle, Kohlenschiefer und Brandschiefer (Kalkkohle). Im gleichen Jahr war dieser Schacht bereits 17,5 m (2 ½  Fahrten) tief.  

 


Ausschnitt aus einem Grundriß des Fiedler'schen Kohlenwerkes mit der Lage des Alten Schachts von Schirnding (links oben, am Ostufer der Striegis), der Löwe`schen Schächte am Westufer sowie zweier weiterer Stolln, die von Rothpletz dem Bergbau des von Einsiedel zuordnet bzw. als "Zähle Stolln" bezeichnet werden, am Nordostrand des Fiedler'schen Grubenfelds. Neben Schirndings Schacht ist eine "Alte Radstube" neben dem Mühlgraben eingezeichnet.
Hier kann man vorwärts zum gesamten Grubenriß blättern.

 


Grundriß von einem Theil der sogenannten Aue bey Hainichen, aufgenommen mit Schnitten im Quartal Luciae 1791, Carl Gottlob Friedrich Goldberg, Bergfactor. Bildquelle: Sächsisches Staatsarchiv, Bergarchiv Freiberg, Bestand 40010 (Bergamt Freiberg), Nr. Ü4507, Blatt 1051 der Akte, Gesamtansicht, Norden ist rechts oben.

   


Ausschnitt aus dem obigen Grundriß mit der Darstellung eines doppelten Feldgestänges zwischen der am "Sandgraben" - einem Arm des dortigen Mühlgrabens - am Westufer der Kleinen Striegis gelegenen Radstube und dem auf einem gegenüberliegenden Hang angelegten Kunstschacht. Nordöstlich von diesem (im Ausschnitt rechts unten) sind hier insgesamt drei weitere Schächte verzeichnet, leider alle ohne Eintragung von Grubenbauen.

   


Der Vermerk der "Ziegelscheune" durch Goldberg erlaubt uns, die Lage dieses Punktes näher einzugrenzen, denn die Ziegelscheune ist auch auf dem betreffenden Meilenblatt von Sachsen, hier Berliner Exemplar, Blatt 181 dargestellt.

  


Ausschnittsvergrößerung aus obigem Riß: Am linken Blattrand - weiter südöstlich in Richtung Berthelsdorf - hat der Bergfactor Goldberg hier einen weiteren Stolln am Westufer der Kleinen Striegis dargestellt. Nach dem Vermerk des Zeichners habe dieser "ohngefähr eine ¾ Stunde" von dem anderen Schacht (Goldberg hat beide in seinem Grundriß nicht näher bezeichnet) entfernt gelegen.

  


Auch auf dem Meilenblatt sind oberhalb der Niedermühle und von dort das Nebentälchen aufwärts zwei weitere "Kohl Schächte" zu finden...

  


Noch weiter südöstlich ist dagegen as Fiedler'sche Kohlenwerk im um 1790 entstandenen Berliner Exemplar der Meilenblätter noch nicht verzeichnet.

   

Dieses Werk war mit 1 Steiger und 19 Mann belegt. Von der 19- köpfigen Belegschaft waren bei trockener Jahreszeit allein 9 Mann für die Wasserhaltung erforderlich.

Für Blätterkohle wurde pro Tonne 8 Groschen = 1 Mark gezahlt. Für Brandschiefer (Kalkkohle) 4 Groschen (50 Pfennige).  

In einem Schacht auf des Bauern Lang Felde fand er Schiefertone voll verschiedener „Kräuterabdrücke“, tonigen Sandstein, feines Konglomerat und ein 5 cm starkes Flöz in einem zirka 10 m tiefen (1 ½ Fahrt) Schacht.

In einem weiteren Schacht, nahe bei des Bauern Schubert, später Richters Wohnhause in Oberberthelsdorf, ungefähr 20 Schritte vom Bette der Striegis gelegen, der eine Teufe von 24 m erreichte (3 ½ Fahrten) trifft er ein 2 bis 5 cm starkes Flöz, N.65°O. streichend und 40° nach NW fallend an, welches am Feldweg an der einmündenden Schlucht zu Tage erschürft und 2 m weit verfolgt wird.  

Um 1790 entlohnte von Schirnding einen Bergmann in Berthelsdorf für eine achtstündige Schicht mit 4 Groschen Lohn. 24 Groschen waren zu der Zeit 1 Taler.  

Erst im Februar 1792 beantragt Carl Friedrich von Schirnding nachweislich offiziell seinen Kohlenabbau in Cunnersdorf und Berthelsdorf beim Stadtrat von Hainichen. (SHSTAD Loc. 41848 Acta: „Die bei dem Städlein Haynichen befindlichen Steinkohlenbrüche und zu Bebauung derselben verschiedentlich gesuchte Conceßsiones betr.“)

Anm.: Warum dieser Antrag zeitverzögert zum tatsächlichen Beginn seiner Bergbauaktvitäten im Jahre 1789 erfolgte, ist zur Zeit noch nicht bekannt. 

Die von Schirnding´schen Werke gingen am Ende des 18. Jahrhunderts, vermutlich aus bereits erwähnten finanziellen Gründen, an den Grafen und Konferenzminister von Einsiedel auf Wolkenburg über.

   

 

 

Die Bergbauunternehmungen des Graf Detlev Karl von EINSIEDEL bei Hainichen (vom Ende des 18. Jahrhunderts, etwa um das Jahr 1795 bis ca. 1804)

  

Das beginnende 19. Jahrhundert gilt als die Geburtsstunde der modernen kapitalistischen Industrie in Sachsen der Beginn der „Industriellen Revolution. Am Anfang dieser Epoche nehmen hier die ersten drei Maschinenspinnereien ihre Tätigkeit auf, u. a. auch die Schafwollspinnerei des Grafen von Einsiedel in Wolkenburg.

Das Geschlecht derer von Einsiedel war am 15. Dezember 1627 durch Kauf des Besitzes des Haubold von Ende Eigentümer des Schlosses und der Herrschaft Wolkenburg geworden. Durch Erbfolge gelangte die Herrschaft zu Graf Detlev Karl von Einsiedel.

Dieser wurde am 26. August 1737 geboren und war seit 1764 mit der Sidonie Albertine geb. Gräfin von Schönburg- Lichtenstein verheiratet. Er studierte an den Universitäten Görlitz, Leipzig und Straßburg. Seit 1760 war er Administrator des Nachlasses seines Vaters. 1763 wurde er Kammerherr und Kreishauptmann des Leipziger Kreises. Im Jahre 1764 erbte er von seinem Vater und wird Besitzer der Güter Wolkenburg, Wolperndorf, Ehrenberg und Saathain.

Im gleichen Jahr 1764 wird Graf von Einsiedel Obersteuerdirektor. 1766 kauft er die Rittergüter Bräunsdorf und Kaufungen. Bereits 1776 (oder lt. www.wolkenburg-kaufungen.de bereits 1766 ) übernimmt er den Besitz Mückenberg. Im gleichen Jahr 1776 vererbt ihm seine Patentante Freifrau Benedikte Margarethe Freifrau von Löwendal die Herrschaft Mückenberg und damit auch das Lauchhammerwerk, einen Eisenhammer, der noch eine rasante Entwicklung erfahren sollte.

Dieses hatte seinen Ursprung in dem am 17. Juli 1725 von Freifrau Benedicta Margareta von Löwendal gegründeten Eisenhammers. Die Gemahlin des kursächsischen Oberhofmarschalls Woldemar von Löwendal ließ nach der Entdeckung umfangreicher Raseneisensteinvorkommen im Mückenberger Herrschaftsgebiet nördlich von Naundorf dieses Eisenwerk errichten, das bald durch mehrere Zweigbetriebe erweitert wurde.

Durch Einführung neuer technischer Verfahren, Methoden und Maschinen sowie die Einbeziehung der Wissenschaft in den Produktionsprozeß baute von Einsiedel, später zum Teil gemeinsam mit seinem 1773 geborenen Sohn, Detlev Graf von Einsiedel, den Eisenhammer zu einem hoch entwickelten Musterbetrieb des Eisenkunstgusses aus. Zunutze kam ihm dabei offensichtlich, daß er 1782 sächsischer Konferenzminister wurde und damit Zugang zur Skulpturensammlung am sächsischen Hof hatte. Aus dieser Sammlung und dem Nachlaß des spanischen Hofmalers Anton Raphael Mengs, dessen Antiken- und Gipsabdrücke 1785 nach Dresden kamen, dürfte der Eigentümer des Lauchhammer Eisenwerkes Graf Einsiedel seine eigene Sammlung von Modellabgüssen der Antikenfiguren angelegt haben, die er für den 1784 weltweit erstmalig durchgeführten Hohlguß von großformatigen Eisenstatuen benötigte. Dieser Hohlguß von Eisenstatuen entsprach der damaligen Mode und hatte damit einen entsprechenden Markt, war kostengünstiger als der Bronzeguß oder Kopien aus Werkstein oder Marmor und wetterfester als Gipsfiguren.

Letzter technischer und kaufmännischer Leiter des Lauchhammer Werkes war ab 1798 Johann Friedrich Trautscholdt. 1790 kaufte von Einsiedel den Burghammer bei Spremberg. 1787, mit dem Tod seiner Gattin, gibt er u. a. die Erziehung seiner sechs Kinder auf.

Am 14. Mai 1791 geht Detlev Carl Graf von Einsiedel seine zweite Ehe mit der Johanne Amalie geb. Pannewitz ein.

1794 erfolgte die Grundsteinlegung der Salpetersiederei in Wolkenburg, auf deren Gelände 1799 durch Detlev Carl Graf von Einsiedel dann eine Baumwollspinnerei errichtet wurde. 1802 kaufen die Einsiedel das Rittergut Niederfrohna.  

Anm.: Inwieweit von Einsiedel für seine Metallunternehmungen oder / und die Salpetersiederei nach Kohle als Brennmaterial bei Hainichen suchte, oder ob seine Unternehmungen nur einem Zeittrend folgten, ist bisher nicht untersucht, erscheint aber natürlich als sehr wahrscheinlich.

Bereits 1777 war er zum Landschaftsdirektor des Fürstentums Altenburg ernannt worden, 1780 zum wirklichen Geheimrat und 1782 zum sächsischen Konferenzminister mit Sitz im geheimen Konzil berufen.

Ausgehend von der Französischen Bürgerlichen Revolution 1789 bis 1794 hatte sich bis zum Ende des 18. Jhdts. eine technisch wie sozialökonomisch auf Sprengung der feudalen Formen zielende Entwicklung abgezeichnet. Innenpolitisch sah sich Sachsen 1790 erneut mit einer Rebellion seiner Bauernschaft konfrontiert, die zugleich ein Echo auf die Französische Revolution darstellte.

Ungünstige Witterungsverhältnisse 1789 / 1790, ein strenger Winter, gefolgt von einer Dürreperiode verschlimmerte die ohnehin allgemein schlechte Lage der Bauern und weiter Kreise der übrigen Bevölkerung Sachsens. Die feudale Ordnung wurde selbst von den freien Bauern zunehmend als Last empfunden. Frondienste und Zinsen sowie Schaftrift wurden aufgekündigt oder verweigert, die rücksichtslose Durchführung des adeligen Jagdprivilegs angeprangert, das Erbregister als Menschenrechtsverstoß und Sklavenjoch bezeichnet, Zehntscheunen geöffnet und Gehorsam gegenüber der adligen Herrschaft aufgekündigt.

Eine Vielzahl militärischer Versuche zur Unterdrückung der Rebellionen erzeugten Gegengewalt, auch handgreifliche Übergriffe auf Adlige und deren „Vasallen“. Die Staatsregierung erließ am 24. August 1790 das kurfürstliche Mandat „Wider Tumult und Aufruhr“ und stellte sich so, entgegen den Erwartungen eines Großteils der Aufständischen, demonstrativ auf die Seite des angefeindeten Landadels. Das Aufstandsgebiet umfaßte ca. 5.000 Quadratkilometer, darunter unser unmittelbares Interessengebiet um Hainichen. Unrühmlich fielen dabei die Schönburger Herrschaft, die von Einsiedel'sche Gerichtsherrschaft, die von Vitzthum, sowie von Eckstädt, Hofmeister zu Weißbach, auf.

Doch das unkoordinierte Vorgehen der Bauern, die getäuschten Hoffnungen, beim Kurfürsten Gerechtigkeit zu erhalten, die Hinhaltetaktik des Landadels gepaart mit nachfolgender militärischer und juristischer Repression, u. a. durch Inhaftierung der sogenannten Rädelsführer, verhinderten den Erfolg der bäuerlichen Aktionen. Die zumeist voneinander isolierten Aktionen der Bauern konnten so niedergeschlagen und die Bauern gezwungen werden, Abbitte zu tun. Die alten Machtverhältnisse und die adligen Privilegien erneut restauriert. 

Im Jahre 1805 ist sein Sohn, der Detlev Graf von Einsiedel, bereits Administrator über die gesamten Besitzungen seines Vaters, nachdem er schon 1794 das Lauchhammerwerk und den Besitz Mückenberg übertragen bekommen hatte. Wie sein Vater nutzte er die sich ihm bietenden Bildungschancen gleichermaßen, studierte in Wittenberg und entwickelte das gleiche technisch- ökonomische Talent.

Anm.: Die Entscheidung zur Aufnahme der Bergbauaktivitäten bei Hainichen könnte er deshalb durchaus schon wesentlich mit getragen haben.

Trotz ihrer reaktionären Rolle in der Zeit der Unruhen gegen die feudalistischen Verhältnisse in Sachsen und im familiären Herrschaftsgebiet (beispielsweise wurde erst im Jahre 1839 in Wolkenburg eine neue Gemeindeordnung eingeführt, was die Ablösung der Fron und Hutung bedeutete) gelten die von Einsiedel als typische Vertreter des sogenannten aufgeklärten Adels. Ein hoher Bildungsgrad und ein entsprechender Weitblick in Wirtschaftsdingen erhoben sie über das durchschnittliche Niveau des Landadels. In einer Zeit des allgemeinen Aufblühens des Manufakturkapitalismus in Sachsen zeigten sie sich der technischen und damit verbundenen ökonomischen Entwicklung gegenüber aufgeschlossen, erkennend, daß daraus neue, reichere Einnahmequellen erwachsen könnten. 

Nebenbei soll nicht unerwähnt bleiben, daß auch das Geschlecht derer von Einsiedel einen Bergbeamten hervorgebracht hat. Von 1775 bis 1833 lebte der Ferdinand Graf von Einsiedel, ein preußischer Bergbeamter, Oberbergmeister von Oberschlesien und Berghauptmann von Schlesien.

Anm.: Inwieweit dieser beratend zum Steinkohlenbergbau bei Hainichen konsultiert wurde oder anderweitig Einfluß nahm, ist dem Verfasser zur Zeit nicht bekannt. 

Mit der Übernahme der von Schirnding´schen Bergbaurechte versuchte von Einsiedel um das Jahr 1795 die Bergbauaktivitäten bei Hainichen zu forcieren. Eigens in Eisleben rekrutierte Bergleute – qualifizierte Bergarbeiter waren auf dem sächsischen Arbeitsmarkt aufgrund des ständig steigenden Bedarfs des Erzbergbaus und der anderen Kohleabbau betreibenden Gebiete offensichtlich nicht verfügbar – sollten ihm dabei helfen.

Zuerst ließ er den Schacht im Striegistal auf 23 m teufen, der aber wegen zudringender Wasser wieder aufgegeben werden mußte.

Bei Berthold des Jüngeren Gute, unterhalb der Berthelsdorfer Mittelmühle läßt von Einsiedel in Berthelsdorf, einen Stollen in der Richtung N.35°W. 35 m weit ins Talgehänge treiben um damit die hangenden Schichten der Neuglückflöze anzufahren, ohne abbauwürdige Kohle zu finden.  

Beim Gute Berthold des Jüngeren, unterhalb der Mittelmühle, hatte von Einsiedel ebenfalls einen 35 m langen Stolln in der Richtung N.35°W. zur Erkundung ins rechte Talgehänge treiben lassen. Die Grubenbaue sind heute offensichtlich unter der Aufschüttung des Kriegerdenkmals verdeckt. In der Hanglage hinter dem Thümer Gut waren 2015 keine Rudimente des Stollns feststellbar. 

Gleich oberhalb der Einmündung des Ellergrundes ließ er einen Stollen in N-S-Richtung 56 m weit ins rechte Talgehänge vortreiben. Dabei wurden kleinere Kohlenflöze, eines 60 cm und eines 1,2 m mächtig, überfahren. Auf diesen Flözen wurden Örter nach NO. ausgelängt.

Bei 30 m vom Mundloch gelangte man in der Firste in das die Kulmformation überlagernde Rotliegende, welches sich im Süden immer mehr herabziehend, vor Ort beinahe die Sohle erreichte. Bei 34 m Entfernung vom Mundloch teufte man einen Schacht bis auf 10 m ab und machte von da aus nach NW und SO Querschläge und Auslängungen auf jenen beiden Flözen, die sich in der Tiefe als besser erwiesen. Die Flöze wurden nach NW zu mächtiger, drückten sich nach NO aber zusammen. Es waren offenbar die beiden Neuglückflöze angefahren worden. Man förderte beträchtliche Mengen von Kohlen, die zumeist aus Pech- und Schieferkohle bestanden.

Für die Tonne Schieferkohle wurden 5 Groschen, für die Tonne Pechkohle (Schmiedekohle) 12 Groschen gezahlt, der Grundbesitzer erhielt für jeden Scheffel 6 Pfennige, respektive 1 Groschen. 

Die hier abgebaute Flözgruppe besteht nur aus zwei Flözen. Sie ist in der Hainichen- Frankenberger Kulmmulde eine von insgesamt drei damals bekannten Flözzügen mit zusammen 6 Flözen. Sie liegen 120 m über den so genannten Gerichtsflözen. Die Neu Glück Flöze nehmen noch Osten hin an Stärke zu und sollen im von Einsiedel'schen Stollen 1,2 m und 0,6 m Mächtigkeit erreicht haben. Das liegende Flöz ist 10 cm bis 20 cm mächtig und mit 4 m bis 6 m Zwischenmittel vom hangenden Flöz getrennt, das wiederum eine Mächtigkeit von 0,4 m bis 1,2 m besitzt.  

Anm.: Eine Familie Berthold ist noch immer in Berthelsdorf ansässig und unterhält derzeitig hier ein Dachdecker-, Klempner- und Installations- Handwerksgeschäft in einem Gehöft auf dem rechten Ufer der Kleinen Striegis, Berthelsdorfer Strasse 79.

Dieses Grundstück wurde erst lange nach der Bergbauperiode von der Familie angekauft. Zweige der Familie sind aber schon länger an anderen Orten in Berthelsdorf ansässig. Eine Familienchronik oder Stammbaum ist bisher nicht in Angriff genommen worden, so daß die Begriffe „Berthold der Jüngere” oder  „Berthold der Ältere” hier in der Familie nicht geläufig sind. Über den ehemals auf den Besitzungen der Familie erfolgten Steinkohlebergbau ist diesen Nachfahren nichts Konkretes bekannt. Bergbaurechte sind nach Angaben des derzeitigen Seniors der Familie in den Liegenschaftsunterlagen nicht verzeichnet.

Auf dem Gelände des Grundstücks am rechten Striegishang befindet sich eine von den Berthold's eingefaßte Brauchwasserquelle, deren Ursprung ein Bergwerksstollen gewesen sein soll, der aber bisher von den Berthold's noch nicht befahren wurde. Wie unsere Befahrung ergab, handelte es sich dabei vermutlich um einen Flachbrunnen, aber nicht um den Einsiedel’schen Stolln.

Ein unterhalb der Quelle direkt am Striegisufer noch sichtbarer Erdhügel hat familienintern die Bezeichnung „Halde“. Woher diese Bezeichnung stammt und welche Ursache sie hat, ist nicht bekannt. Es kann sich um das Haldenmaterial eines Stollens handeln, wurde aber mit Hausbrandasche etc. überschüttet. Eine Grabung ist bisher nicht vorgenommen worden.

 

 


Ein Bergkeller hinter Thümer's Gut in Niederberthalsdorf (Privatgelände !)

 


Die Anwohner waren so freundlich, uns einen Blick hinein zu gewähren. Dieser Bergkeller steht komplett im Sandstein und ist zur Bergseite hin durch Mauerwerk abgeschlossen.

 


Für eine angemeldete Befahrung mit der passenden Ausrüstung ausgestattet, wurde für uns und Herrn Mühlmann 2015 der schachtartige Zugang zur "Quelle" einmal geöffnet.

 


Hinter dem gemauerten Schacht findet sich tatsächlich ein in bankiges, feinkörniges Konglomerat geschlagener Stolln.

    


Der setzt sich in einem leichten Bogen bergwärts fort, während die Fortsetzung in Richtung zum einstigen Stollnmundloch hinter der Schachtmauerung verschwunden und vielleicht auch längst verbrochen ist.

 


Etwas winklig geht es einige Meter in den Berg, ohne daß sich das Anstehende ändert - Kohle gab es hier jedenfalls nicht.

   


Und da ist Schluß. Auf Kluftflächen tropft stetig Wasser in den Stolln, das heute von den Anwohnern als Brauchwasser genutzt wird.

  

Am Ende des 18. Jahrhundert / Anfang des 19.Jahrhundert versucht Graf von Einsiedel in Berthelsdorf, rechts vom Eulendorfer Weg, wo der das Striegistal verläßt, einen Schacht zu teufen, der nicht im Kulm, sondern in dem das Kulmbecken unterlagernden Gneis aufsetzt.  

Insbesondere die Gerichtsflöze wurden von Graf und Konferenzminister von Einsiedel bis zu einer Tiefe von 80 m abgebaut. Die hatte er hinter der Restauration von Thum durch einen 30 m langen Stollen angefahren.  

Auf der anderen Seite der Striegis, hart neben dem Dorfweg, und 100 m oberhalb Thums Gaststätte war ein Kunstschacht auf denselben Flözen abgeteuft worden, welche bis zu gleicher Tiefe, wie auf der anderen Talseite abgebaut wurden. Die beiderseitigen Abbaue waren durch eine Strecke in 80 m Teufe unter der Striegis in Verbindung gesetzt. Diese Abbaue stellten das Hauptwerk von Einsiedels dar. 

 


Ausschnitt aus dem Grundriß des Fiedlerschen Grubenfeldes mit der Lage des Kunstschachtes (etwa Bildmitte) und des Einsiedelschen Schachtes östlich (im Bild unterhalb) der Striegis hinter Hähners Gut. Von den Talhängen und den Schächten ausgehend wurden auch Stollen bzw. Strecken zur Erkundung in NW-Richtung (vom Kunstschacht aus nach rechts oben) und SO-Richtung vorgetrieben. Die Neuglück Flöze wurden dabei jedoch noch nicht erreicht. Gegenüber des Stollenmundloches östlich des Mühlgrabens (zum unteren Bildrand) ist eine weitere Halde eingezeichnet und ein alter Schacht angedeutet.
Hier kann man vorwärts zum gesamten Grubenriß blättern. 

  


Das Striegistal in Niederberthelsdorf auf Höhe von Thums Wirtschaft heute (Foto G. Mühlmann 2011)

  

In Unterberthelsdorf befindet sich ein Ausstrich von Kohlenflözen im Hölloch auf der Grenze zwischen der Berthelsdorfer und der Cunnersdorfer Flur, wobei hier Anzahl und Mächtigkeit der Flöze bedeutend reduziert ist. Vielleicht handelt es sich bei dem obersten hangenden Flöz mit einer Mächtigkeit von 15 bis 40 cm auch um das Neu Glück- Flöz.   

Die kurze Ortschronik von Cunnersdorf weist für die Jahre 1789, 1839, 1844 aus, daß Graf von Einsiedel einen Versuchsstollen am Hölloch (hier zu Cunnersdorf gerechnet) baute. Es sei aber keine Kohle gefunden worden. (Richard Witzsch aus Mobendorf: „Zwischen Chemnitz und Freiberg - Ein Heimatbuch für Schule und Haus“, Druck und Verlag von C.G. Roßberg in Frankenberg, 1929)

Anm.: Offensichtlich wurden bei diesen Jahresangaben die Bergbauaktivitäten von Schirnding und Fiedler mit erfaßt und einfach dem von Einsiedel zugeordnet. 

Bei diesem Versuch entstand ein in festes in Konglomerat gehauener Stollen, dessen Mundloch am linken Gehänge des Hölloches noch sichtbar gewesen sei. Er sollte offensichtlich in das Liegende des bereits von Oppel bebauten Flözes getrieben werden.

Ungefähr in demselben Niveau ist ein unweit des späteren Pöland'schen Stollens gelegener alter Schacht angesetzt. Das war einer der häufigen, aber ziemlich vergeblichen Schürfversuche am Höllenloch, rechts am Wege nach den Schneiderhäusern.  

Darüber hinaus ließ Graf von Einsiedel ein angeblich bei Schachtarbeiten für einen Hauskeller in Langenstriegis, hinter dem Gute des Richter Morgenstern, gefundenes Kohlenflöz untersuchen. Ein 8 m langer Stollen wurde zu dessen Ausrichtung angelegt. Von dem damit Beauftragten Ernst Friedrich Lindig (die Quelle spricht lediglich von Lindig), Königlicher Steinkohlenfaktor im Döhlener Becken, war aber nur „stark kohliger Alaunschiefer“ vorgefunden worden.  

Nach Schumann habe Graf Einsiedel insgesamt ca. 74.000 Thaler für diesen Steinkohlebergbau aufgewendet, ohne mit Gewinn oder Verlust zu arbeiten.

Anm.: Die ursächlichen Gründe für den Verkauf seiner Bergbaurechte in Berthelsdorf an den Oederaner Unternehmer Adolph Gottlob Fiedler sind bisher noch nicht näher untersucht.

Zumindest im Lauchhammer fehlte es damals noch an den technischen Möglichkeiten, die Steinkohle nutzbringend zu verwerten. Erst um 1840 wurde dort Koksfeuerung in den Kupolöfen eingeführt. Bis dahin qüälte man sich mit zahlölosen Versuchen, Brennstoffe, wie Torf und Braunkohle in den Eisenhütten einzusetzen. Ob auch mit Hainichener Steinkohlen solche Versuche erfolgten, ist nicht mehr belegbar, jedoch mit einiger Wahrscheinlichkeit anzunehmen.

Für den Unternehmungsgeist und die Schaffenskraft des von Einsiedel jedenfalls ist auch dieser Bergbau, so kurz diese Periode auch gewesen sein mag, ein beredtes Zeugnis.

   

 

 

Die Bergbauunternehmungen des Adolph Gottlob FIEDLER bei Hainichen zwischen 1804 und 1855

  

Von einer ursprünglich aus militärischen Erwägungen im Jahre 1780 erstellten Karte der Landesaufnahme durch das sächsische Ingenieurkorps unter Leitung des Ingenieurmajor Friedrich Ludwig Alster wurden durch das Oberbergamt zwischen 1787 und 1801 insgesamt 16 sogenannte Revierkopien erstellt, die als Urrisse beim Oberbergamt verblieben. Davon beglaubigte Zweitkopien wurden als Arbeitsgrundlage an die Bergämter gegeben. Sie dienten auch der frühzeitigen kartografischen Erfassung des Steinkohlenbergbaugebietes von Hainichen- Berthelsdorf, auf der einzelne Steinkohlenwerke sowie die Grenzen des Bergbaugebietes eingezeichnet sind. Das Kohlenwerk beim Erbgericht Berthelsdorf wird hier schon als „Fiedlers Kohlwerk” bezeichnet, so daß davon auszugehen ist, daß die nachträglichen Einzeichnungen nach 1804 erfolgt sein müssen.  

  


Ausschnitt aus dem Meilenblatt No. 167, Section Haynichen, mit der Eintragung von "Fiedler's Kohlwerk", noch ohne den Adolph Schacht, jedoch der von Einsiedel'schen Baue am anderen Striegisufer. Auch die von Fiedler angelegte Kohlenstraße nach Südosten ist hierin rot nachgetragen.

    


Auf der Topographischen Karte, Blatt 9, Section Freyberg, von 1843 sind nebeneinander ebenfalls die "Stein-K. Grube" und ein "Kohlenschacht" eingezeichnet.

  

Die bisher früheste aktenkundige Datierung erfolgte in der Eintragung der Akte: „Berechtigungsangelegenheiten bei "Gottes Segen", dem Steinkohlenwerk von F. Engler in Berthelsdorf (Nr.782 beim Bergarchiv Freiberg)“, in der angeführt wird, daß A. G. Fiedler bereits 1804 eigenständige Verträge mit den Grundbesitzern von Berthelsdorf geschlossen hätte.  

Anm.: Es besteht aber auch die Möglichkeit von zeitweilig parallel erfolgten Bergbauaktivitäten von Einsiedel und Fiedler.

 

Über die Tuchfabrik in Falkenau des geschäftstüchtigen Tuchfabrikanten A. G. Fiedler haben wir in L. Oeser's Album der sächsischen Industrie, Band 1, S. 27 ff, folgende Beschreibung aus dem Jahr 1856 gefunden:

In einem reizenden, von Bergen malerisch umgebenen und von dem Flöhaflusse durchströmten Thale, in dem Dorfe Falkenau, eine Stunde von Oederan an der Chemnitzer Chaussee und an dem Flöhaflusse gelegen, treten uns diese neuen, schönen Fabrikgebäude entgegen.

Diese Tuchfabrik ist eine der berühmtesten in ganz Deutschland und hat zugleich seinen Betrieb in Falkenau und Oederan.

Der Grundbesitz gehört ausschließlich dem Herrn Eduard Magnus Fiedler in Opatowek bei Kalisch in Polen, wo derselbe eine zweite Tuchfabrik besitzt und leitet. Der zweite Associé des hiesigen Geschäfts heißt Alexander Haupt, dem die Leitung und Führung des Letzteren obliegt. Der Sitz des Geschäftes selbst ist Oederan, der Haupttheil der Fabrik befindet sich in dem Dorfe Falkenau.

Die Gebäude in Falkenau bestehen in:

  • einem Hauptgebäude von fünf Stock Höhe, 86 Ellen Fronte, 24 Ellen Tiefe, worin sich die Spinnerei, Maschinenweberei, Walke und Appretur befindet,

  • einem Maschinengebäude, enthaltend Dampfkessel, Wollschweißerei, Wäscherei und Kardentrocknerei,

  • einem Wintertrockenhaus für Wolltrocknerei und Tuchrahmen,

  • einem Färbereigebäude mit Blauerei, 4 Küpen und 6 Kesseln, Farben-Niederlage und Wohnungsräumen,

  • einem Ateliergebäude mit Decatirerei und Holzraspel.

In Oederan befinden sich:

vier Gebäude zu Handweberei und Presse, ein Gebäude für Wollsortirerei, ein Gebäude für Magazine und Niederlagen und mehrere Nebengebäude...

Das Etablissement umfaßt sämmtliche zur Tuchfabrik gehörige Branchen, als: Wollsortirerei, Wollwäsche, Färberei, Spinnerei, Weberei, Walke, Rauferei, Scheererei und Presse nebst den dazu nöthigen Zwischen-Branchen und sind die Haupterzeugnisse namentlich: Dick-und ¾Tuche, Satins, sowie Winter- und Sommerrockstoffe.

Die berühmtesten und gangbarsten Artikel sind die Tuche und Sommerrockstoffe, und gehen die sämmtlichen Erzeugnisse dieser Fabrik hauptsächlich nach den Zollvereinsstaaten, nach dem Orient, nach Amerika, Italien und der Schweiz, sowie nach Hamburg. Es hat auch diese Fabrik noch ihre besonderen Verkaufsetablissements in Berlin, Hamburg, Wien, Smyrna, Zürich, Livorno und New-York.

Auf den Industrie-Ausstellungen in Leipzig, Dresden, London und München haben sich diese Fiedler’schen Fabrikate einer ganz vorzüglichen Beachtung zu erfreuen gehabt und erhielten vier Mal die große goldene Preismedaille in Sachsen, und zwar 1822, 1835, 1845 und 1850, in München die belobende Auszeichnung für Tuche und Sommerstoffe.

In fortwährender Thätigkeit sind in dieser Fabrik:

  • 8 Sortiments-Spinnmaschinen, das Sortiment zu 4 Krempeln gerechnet; incl. ein Sortiment von nur 3 Krempeln und den dazu nöthigen Feinspinnmaschinen,

  • 20 mechanische Webstühle,

  • 60 Handstühle,

  • 6 Walkmaschinen,

  • 12 Rauhmaschinen,

  • 16 Transversal-Scheermaschinen und die nöthigen Nebenhülfsmaschinen,

und werden diese außer den Handstühlen sämmtlich mit einer Turbine getrieben, welche circa 60 Pferdekraft ausübt. Außerdem finden wir hier noch beschäftigt: gegen 250 Arbeiter, zwei Procuristen, die Herren Carl Felgner und Carl Stohwasser, einen Techniker, zugleich für die Direction der Falkenenauer Fabrik, Herr Gustav Röhrens aus Cottbus, und 6 Reisende.

Der Begründer dieses Etablissements ist der am 12. August 1850 zu Oederan verstorbene Adolph Gottlob Fiedler.

Am 11. August 1771 zu Oederan geboren und der Sohn des Schichtmeister und Flanell- und Golgasfabrikant Christian Gottlob Fiedler erlernte er in den Jahren von 1785 bis 1791 die Kaufmannschaft zu Pirna und conditionirte hierauf einige Jahre in einem Handelshaus zu Magdeburg; obschon er hierauf sich selbst als Flanellfabrikant etablirte und nach dem Tode seines Vaters dessen Fabrik übernahm, verwandelte er doch bald sein Geschäft in Tuchfabrikation, und widmete sich von dieser Zeit an der Vervollkommnung derselben mit einem solchen Eifer bis an den späten Abend seines Lebens, daß er viele Jahrzehnte hindurch in diesem Zweige der Industrie seinen Geschäftsgenossen als Vorbild galt; aber nicht nur seine Vaterstadt Oederan und sein Vaterland Sachsen verdanken ihm die weitere Ausbildung dieses Industriezweiges, sondern es erwarb sich auch die von ihm im Jahre 1825 in Opatowek in Polen errichtete Tuchfabrik einen so allgemeinen Ruf, daß sein Name auch im fernen Auslande die größte Achtung genoß. Welche Verdienste sich Fiedler um die Industrie erworben, und wie sehr dieselben auch höchsten Orts anerkannt worden sind, beweisen die ihm zu Theil gewordenen ehrenvollen Auszeichnungen. Nachdem ihm im Jahre 1829 das Ritterkreuz des Königl. polnischen Stanislausordens verliehen worden war, erhielt er im Jahre 1840 den K. K. russischen Orden der heiligen St. Anna und im Jahre 1847 den Königl. Sächsischen Civilverdienstorden; außerdem wurden ihm für seine in Industrieausstellungen gegebenen Fabrikate einmal die goldene Medaille von der K. K. russischen und fünfmal dieselbe von der Königl. Sächs. Regierung zu Theil.

War Fiedlers Thätigkeit auch namentlich auf den von ihm gewählten Beruf gerichtet, so darf doch ebensowenig vergessen werden, daß er auch in mancher anderen Richtung zur Hebung der Gewerbthätigkeit beigetragen und der Schöpfer von mit bedeutenden pecuniären Opfern verbundenen Unternehmungen wurde, welche das öffentliche Interesse wesentlich beförderten. Wir erwähnen hier nur die seit einer langen Reihe von Jahren von ihm besessenen Kohlen- und Kalkbergwerke, und die ausgezeichneten Privatforstculturen auf seinem Besitzthum Memmendorf und Langenstriegis, denen er bis zum Ziele seines Lebens besondere Sorgfalt widmete.

Einen seltenen persönlichen Muth, wie eine ungewöhnliche Entschlossenheit und Ausdauer hat Fiedler in der Zeit des französischen Krieges in seiner Stellung sowohl als Bürgermeister der Stadt Oederan, wie als Etapen-Commissar bewiesen; wir gedenken nur beispielsweise, wie er damals unter sehr schwierigen Verhältnissen die sofortige Lieferung sämmtlicher Bekleidungsgegenstände für zwei Militairregimenter übernahm und den Auftrag in kürzester Zeit zur vollen Zufriedenheit des Militairs ausführte, überhaupt aber durch sein umsichtiges und energisches Auftreten in den Kriegsjahren im Allgemeinen seiner ihm dankbaren Vaterstadt Oederan wesentliche Dienste leistete...

Seine Gattin, mit welcher er sich im Jahre 1794 verheirathet, war ihm nach einer mehr denn fünfzigjährigen Ehe im Tode vorangegangen. Er hinterließ 5 Kinder, 10 Enkel und 11 Urenkel.

Der hauptsächlichste Theil dieser Tuchfabrik war bis im Jahre 1855 in Wingendorf und Oederan, die Walke bis dahin in Falkenau. Im Jahre 1851 brannte in Falkenau eine Herrn Fiedler gehörige Mahlmühle nebst Baumwollspinnerei ab, und im Jahre 1852 wurde zum Aufbau der jetzigen dortigen Fabrikgebäude geschritten, welche 1855 vollendet wurden. Im Mai 1855 wurde zur Translocation der bis dahin in Wingendorf befindlichen, zur Tuchfabrikation nöthigen Maschinen geschritten, die aber den neuen Gebäuden und der starken Wasserkraft angemessen um circa ein Drittheil vermehrt wurden. Die Mühle wurde in Wegfall gebracht.

Die von Herrn A. G. Fiedler in Opatowek in Polen gegründete Tuchfabrik ward im Jahre 1824 bis 1826 gebaut und wird durch drei Dampfmaschinen betrieben. Sie beschäftigt 42 mechanische und circa 80 Handwebestühle und liefert jährlich gegen 5000 Stück Tuche, deren Absatz lediglich nach Polen und Rußland stattfindet.

Nach dem Tode des Gründers ging sie gleich der Oederaner Fabrik auf die drei nachgelassenen Söhne desselben über, von denen aber zwei bald darauf ebenfalls starben, so daß seit 1852 nur der zweite Sohn, der davon übrig blieb, Herr Eduard Magnus Fiedler, als Universalerbe Eigenthümer der Fabriken geblieben ist. Derselbe dirigirt die Fabrik in Polen, während dessen Associé für das Oederaner Geschäft, Herr Alexander Haupt, welcher im Jahre 1825 als Lehrling in das Geschäft eintrat, im Jahre 1834 Procura erhielt und im Jahre 1847 als Teilnehmer des Oederaner Geschäftes aufgenommen wurde, das Oederaner und Falkenauer Etablissement verwaltet.

 


Diese Lithographie haben wir im Album der Sächsischen Industrie, Band 1, herausgegeben von Louis Oeser, Neusalza im Jahre 1856, auf der Seite 48 gefunden.

 

Richard Witzsch aus Mobendorf schrieb in seinem „Heimatbuch für Schule und Haus”, Druck und Verlag von C. G. Roßberg in Frankenberg, 1929, auf S. 70 vom Verkauf der Abbaurechte des Grafen von Einsiedel im Jahre 1813 „wegen fehlenden Gewinns daraus” an den Tuchfabrikanten Adolph Gottlob Fiedler aus Oederan.

Pfarrer Otto Külz umschrieb diese Situation in seiner 1889 erschienenen Chronik „Nachrichten über Hainichen und die nächste Umgebung“, offensichtlich gestützt auf A. Rothpletz, lediglich als „die über 40 Jahre erfolgreiche Bergbautätigkeit des A. G. Fiedler in Berthelsdorf“.

A. Rothpletz hatte in den Jahren 1877 bis 1879 die Geschichte des Kohlenbergbaues bei Hainichen recherchiert und im Jahre 1880 eine gleichnamige Erläuterung zur geognostischen Karte des Königreich Sachsen veröffentlicht. Hier findet sich die, von Pfarrer Külz wiederholte Aussage zur 40jährigen erfolgreichen Tätigkeit Fiedlers: „Fiedler war in Folge der Einzige unter allen Kohle abbauenden Unternehmern, welcher mit Erfolg arbeitete und dem Kohlenbergbau bei Hainichen 40 Jahre hindurch eine ansehnliche Stellung unter den sächsischen Kohlenbergwerken verschaffte. In Zwickau und Plauen (Döhlener Becken) zusammengenommen sind über einen langen Zeitraum hinweg gleichzeitig nur annähernd 25mal so viel Kohle gefördert worden als bei Fiedler in Berthelsdorf.”  

Bezieht man das Ende der 40 Betriebsjahre auf das Sterbejahr des A. G. Fiedler, müßte der Beginn seiner Aktivitäten um das Jahr 1810 gelegen haben. Wäre jedoch das Ende der wenig engagierten Bergbautätigkeit der Erben Fiedlers der Maßstab, käme man dem Jahr 1813 als Beginn der Bergbautätigkeit bei Berthelsdorf nahe. Auch der Grund- und Saigerriß über das Steinkohlenwerk in Berthelsdorf gibt darauf aber keine eindeutige Antwort. Markscheider August Jonas Oelschlägel oder Oelschlegel hatte im Monat April 1814 diesen Riß wahrscheinlich erstmals abgezogen, benennt aber keinen Besitzer der dargestellten Berganlagen.

Erst am 21. Oktober 1823 erfolgte die erste Nachtragung dieses Grund- und Saigerrisses, wiederum, wie auch weitere folgende, ohne Hinweis auf den Besitzer oder Betreiber.

Ein anderer vorliegender Grundriß des Berggebäudes beim Erbgericht wird durch Herr Petersen, Ortschronist von Ebersdorf, auf das Jahr 1820 datiert, ohne daß es einen Hinweis auf den Besitzer oder den Namen des Kohlenwerks gibt.

Adolph Gottlob Fiedler wurde am 11. August 1771 als 4. Kind von 11 Kindern und als ältester Sohn des wohlhabenden Tuchmachermeisters Christian Gottlob Fiedler und der Christiane Regina, geborene Kupfer geboren.

Die Familie der Mutter besaß in Oederan seit 1766 eine Flanelldruckerei, welche Fiedlers Vater übernahm. Schon die Vorfahren Adolph Gottlobs wirkten in Oederan als Bürgermeister, Stadtrichter und Stadtälteste. Er selbst war von 1804 bis 1808 Stadtrat, von 1810 bis 1812 Stadtrichter und von 1813 bis 1814 Bürgermeister der Stadt Oederan und gilt in bürgerlichen Kreisen als Wohltäter der Stadt Oederan, als „der vornehmste und auch bedeutendste Vertreter... heimischer Tuchfabrikation“, „der bedeutendste Industrielle aller Zeiten... der Stadt Oederan“, „ein bedeutender Mitorganisator der sächsischen Industrie“ und „Senior der Oederaner Industrie“, „angesehendster und reichster Mann Oederans“. Für die „Verdienste bei der Industrialisierung Polens“, sicher insbesondere aufgrund seiner erfolgreichen Firmenpolitik in Opatowec erhielt er 1829 das Ritterkreuz des polnischen Stanislausordens. Im gleichen Jahr wurde er Mitglied des Ausschusses für die Organisation der sächsischen Industrie.

Anm.: Inwieweit ihm dabei seine zumindest aus der Zeit der Übernahme der von Einsiedel´schen Bergwerke in Berthelsdorf bestandenen geschäftlichen Kontakte zu diesem einflußreichen Minister behilflich waren, wäre noch zu untersuchen.

Als wenige Jahre nach einer unglücklich erfolglosen Erbschaftsgeschichte ein Zweig der Oederaner Familie Fiedler rasch zu Reichtum gelangte, ging das Gerücht um, daß das (Erbschafts-) Gold von einem Familienzweig doch noch erlangt worden sei, der die Familie des Adolph Gottlob Fiedler gewesen sein könnte. Glaubhafter scheint zu sein, daß der Reichtum des A. G. Fiedler zu der Zeit aus riesigen Tuchlieferungen an den sächsischen Heeresteil stammte, der 1812 Napoleon auf dessen Rußlandfeldzug begleitete. Während der Zeit der Befreiungskriege 1812 / 1813 war Adolph Gottlob Fiedler nachweislich Etappenkommissar und stattete hier kurzfristig zwei Regimenter der sächsischen Truppen mit sämtlichen Bekleidungsstücken aus.  

Auf Grund der relativ späten Verfügbarkeit dieses Vermögenszuwachses als Investitionssumme für den Kauf der Bergbaurechte und Bergwerksanlagen vom Grafen von Einsiedel im Jahre 1813 läßt die Vermutung zu, daß Fiedler die Investition tatsächlich aus der „Portokasse“ bezahlt hat !

Der Adolph Gottlob Fiedler übernahm jedenfalls nach dem Kauf der Bergwerksrechte von Einsiedels unter Wahrung des Grundeigentümerrechts im Steinkohlenbergbau auch dessen Kontrakte mit einer Reihe von Grundeigentümern in Berthelsdorf. Darüber hinaus schloß er auch neue Verträge mit den Grundeigentümern, unter deren Grund er die Steinkohlen abzubauen gedachte; zuerst mit dem Erbrichter Lange sowie den Grundbesitzern Morgenstern, Kunze und den Grundeigentümern Häner, Ulbricht, Lippmann, Uhlmann, Schulze, Rost und Richter, wodurch er sich die alleinigen Abbaurechte auf Kohle unter deren Grundbesitz sicherte. Als Entschädigung entrichtete er 12 Pfennige für die Tonne guter und 9 Pfennige für die Tonne klarer Kohle.

Einzelne dieser nach dem Erbpachtrecht geschlossenen Verträge wurden im Laufe der Zeit strittig. Darauf weist die Klage des Kaufmanns Adolph Gottlob Fiedler aus Oederan aus den Jahren 1835 und 1836 gegen Carl Gottlob Ulbricht und andere in Berthelsdorf wegen Behinderung seines Erbpachtrechts zum Kohlenabbau hin.

Mit seinen Bergbauaktivitäten wandte sich Fiedler in erster Linie der westlichen, sogenannten „wilden Seite” des Tales zu, da sich die Flöze erfahrungsgemäß nach Osten zu verschlechterten.

Aus dem Grubenriß (Bergarchiv Freiberg, Bestand 40039, Nr. C14734) ist die übertägige „Rainung” (die Grundbesitzgrenzen) mit den Namen einer Reihe vorher erwähnter Grundbesitzer ersichtlich. So sind von West nach Ost die Grundeigentümer Morgenstern, Lange, Kunze, Häner, Lange und wieder Häner, Ulbricht und nochmals Lange grundstücksbezogen vermerkt. Auffällig ist der nicht immer zusammenhängende Flickenteppich des Grundbesitzes einiger Eigner, was aber in früherer Zeit durchaus üblich war. Das Erbgericht Berthelsdorf gehörte zu der Zeit demgemäß zum Grundbesitzer Lange.  

   


Reproduktion mit freundlicher Genehmigung des Sächsischen Staatsarchivs, Bergarchiv Freiberg, Bestand 40039-1 (Deponierte Risse zum Steinkohlenbergbau), Archivnr. C14734: Das Steinkohlenwerk in Berthelsdorf, Grund- und Saigerriß.
(Hier: Fast vollständige Wiedergabe des Risses, im Weiteren werden Details in Ausschnitten dieses Risses vergrößert; spätere Darstellungen, u. a. bei Rothpletz, gehen im Wesentlichen auf diesen Grubenriß zurück.) Achtung: Der Markscheider hat Mitternacht zur rechten Blattseite gedreht; in diesem Grubenriß ist oben also Westen.

    

Außerdem wird in besagtem Riß die Systematik der bergbaulichen Unternehmungen des Fiedler deutlich, da der Markscheider August Jonas Oelschlaegel seit April 1814, der C. F. Franke im Mai 1837 und der Obermarkscheider C. F. Leschner bis zum 15. Oktober 1850 die Entwicklung der Grubengebäude im Gebiet um das Erbgericht über die Jahre farblich differenziert dokumentierten. Diese Nachbringungen des Risses erfolgten:

  • am 21. Oktober 1823 durch Markscheider Christian Friedrich Leschner,

  • am 24. November 1825 durch Markscheider C. F. Leschner,

  • am 24. November 1835 durch Markscheider C. F. Leschner die Neuglücker Baue,

  • am 22. Mai 1837 durch Markscheider C. F. Franke,

  • am 27. Oktober 1837 durch Markscheider C. F. Leschner,

  • am 23. Oktober 1838 durch Markscheider C. F. Leschner,

  • am 9. Februar 1840 durch Markscheider C. F. Leschner,

  • am 11. September1843 durch Markscheider C. F. Leschner,

  • am 24. März 1846 durch Markscheider C. F. Leschner,

  • am 28. Februar 1848 durch Obermarkscheider C. F. Leschner,

  • am 28. August 1848 durch Obermarkscheider C. F. Leschner,

  • am 7. November 1849 durch Obermarkscheider C. F. Leschner,

  • am 15. Oktober 1850 durch Obermarkscheider C. F. Leschner.

Anm.: Bemerkenswert ist, wie schon erwähnt, daß es auf dem Riß keine direkten Hinweise auf den oder die Grubenherr(e)n gibt.  

Der Gutachter des Berthelsdorfer Steinkohlenbergbau- Verein, Bergverwalter H. Ritter schrieb im Jahre 1856: „Der Betrieb auf den Gerichtsflözen fand in den Jahren 1783 bis 1852 statt; selbige sind in einer Tiefe von 185, resp. 280 Ellen durch 3 von Tage nieder abgesunkene Hauptschächte, den Kunstschacht, den Windmühlenschacht und den Adolphschacht, in verschiedenen Sohlen miteinander durchschlägig, aufgeschlossen und in Abbau genommen worden; das eine Flöz im äußersten Liegenden fast gänzlich, so weit es aufgeschlossen, das mittlere ungefähr zur Hälfte, das hangende indeß nur sehr unbedeutend.“   

Adolph Gottlob Fiedler betrieb also den Abbau ebenso auf den Gerichtsflözen wie von Einsiedel und das hauptsächlich über die folgenden drei Schächte:  

1. Den tonnlägigen Neuen Kunst- oder Gassenschacht, der um 1813 geteuft wurde und eine Teufe von 160 m erreichte. (Anm.: ein weiteres Indiz für den Beginn der Fiedler´schen Bergbautätigkeit?!

Von Tag herein durchsank er 5 m bis 6 m Lehm, um dann unter einem Winkel von 70° auf dem Hauptflöze nieder zu gehen“. Er befand sich nordöstlich neben dem Erbgericht, auf der linken Seite der Kleinen Striegis, gegenüber Häner's Gut auf Häner's Grund und  

2. den Windmühlenschacht oder Windschacht, der saiger beginnt und nach Erteufung der Gerichtsflöze tonnlägig abknickte, dem schrägen Fallen des Hauptflözes folgend.

Er war an der nordwestlichen Ecke des Erbgerichts auf Lange's Grund angesetzt und offensichtlich noch von von Einsiedel begonnen und um 1808 fertiggeteuft worden, hatte zuerst 2,5 m Lehm und dann 13,5 m Rotliegendes durchsunken, eine Gesteinsformation, die sich über den karbonen Gesteinen ablagerte und keine Kohlenflöze mehr enthielt.

  


Ausschnitt aus dem Grundriß mit der Lage des Windmühlen- (etwa Bildmitte) und Neuen Kunst- oder Gassenschachtes (rechts) im Fiedler'schen Grubenfeld, die Kunstgestänge im Schacht wurden offensichtlich durch ein Feldgestänge von einer Radstube an der Kleinen Striegis aus (Bildmitte unten) angetrieben. Vom Windschacht aus nach SO ist der Querschlag bereits begonnen, mit welchem später das „neue Flöz“ erreicht wurde.
Hier kann man zurück zum gesamten Grubenriß blättern. 
   

Ausschnitt des Saigerrisses mit Windmühlen- und Neuem Kunstschacht und den angeschlagenen Sohlen.

  

Bei ca. 68 Lachter (ca.136 m) Teufe soll er seine tiefste Strecke gehabt haben. Das Grubengebäude des Windschachtes bestand von oben nach unten aus:

  • der Sohle der alten “Herfter”(?)strecke,

  • der Sohle der alten Mittelstrecke,

  • der Sohle der alten oberen Strecke,

  • der Sohle der 48 Lachterstrecke,

  • der Sohle der 52 Lachterstrecke,

  • der Sohle der 62 Lachterstrecke und

  • der Sohle der 68 Lachterstrecke.

Anm.: Gemäß der Einzeichnung im Saigerriß ist die Schachtröhre des Windschachtes aus bisher noch nicht bekannter Ursache zwischen der 48 Lachterstrecke und der 52 Lachterstrecke in ihrem Verlauf vom allgemeinen Lot des oberen und nachfolgenden Teil der Schachtröhre versetzt geteuft worden.  

1839 wird der Wind- oder Windmühlenschacht Fiedlers infolge des Druckes von Seiten des lockeren Rotliegenden unfahrbar.

Der Neue Kunstschacht, kommunizierte mit dem Windmühlenschacht auf folgenden Sohlen:

  • Sohle der alten Mittelstrecke,

  • Sohle der alten oberen Strecke,

  • Sohle der 47 Lachterstrecke,

  • Sohle der 52 Lachterstrecke,

  • Sohle der 62 Lachterstrecke und

  • Sohle der 68 Lachterstrecke.

In NNW- Richtung, unmittelbar beim Windschacht ist ein Neuer Tageschacht eingezeichnet, der saiger die obere Strecke erteufte; dessen Bedeutung aber noch unklar ist. Vielleicht sollte er aber den später erfolgten Schachtbruch umfahren. Der Neue Tageschacht befand sich jenseits der Kohlenstraße, unmittelbar nördlich vis á vis des Alten Windmühlenschachtes und hat bei Rothpletz die Bezeichnung „Neuer Windmühlenschacht”.  

   

3. Den saigeren Adolph- oder Maschinenschacht legte Fiedler nach 1839 wegen des erwähnten Schachtbruches des Windschachtes an. Er soll zuletzt mit einer Dampfmaschine gefördert haben, die nach Geinitz gemeinsam mit einer Wasserradkunst im Wechsel und bei Bedarf auch zur Wasserlösung eingesetzt war.

Der Adolph Schacht befand sich südwestlich vom Windmühlenschacht auf Erbrichter Lange's Grund. Er durchsank von Tag herein 2,5 m Lehm, ungefähr 40 m Rotliegendes und dann Kulm, in welchem er die Gerichtsflöze erreichte.

Das Grubengebäude bestand von oben nach unten aus:

  • der Sohle der 1. Mittelstrecke,
  • der Sohle der 2. Mittelstrecke,
  • der Sohle der 52 Lachterstrecke,
  • der Sohle der 62 Lachterstrecke und
  • der Sohle der 68 Lachterstrecke.

Zumindest ab der 52 Lachterstrecke und der 62 Lachterstrecke, und hier über einen Blindschacht, kommunizierte der Adolphschacht mit dem Windmühlenschacht und dem (Neuen) Kunstschacht. Vermutlich aber waren diese Schächte schon auf der Sohle der 47 Lachterstrecke miteinander verbunden. 

Das „bedeutend steile Fallen” der Flöze von durchschnittlich 70°, verbunden mit deren geringen Mächtigkeit, meist im Dezimeter-Bereich, machte eine eigentümliche Abbaumethode erforderlich, die starke Ähnlichkeit mit dem Firstenbau auf Erzgruben hatte. Im NO des Feldes, also im Kunst- und Windschacht, herrschten N.60°O. Streichen und 60° bis -70° in NW Fallen. Zur Abbaumethode findet man Details im Abschnitt: „Besonderheiten der Aus- und Vorrichtung und des Abbaus“ in dieser Veröffentlichung. 

Im südwestlichen Teil beim Adolph Schacht macht sich eine Wendung nach W. bemerkbar, welche so sehr zunimmt, daß 1833 im Ortsstoße des ersten Flözes ein Streichen von N.75°W und ein Fallen von 50° in NNO. abgelesen wurde.  

     


Ausschnitt aus dem Grundriß mit der Lage des Adolphschachtes im Fiedler'schen Grubenfeld. Vom Adolph Schacht aus wurden in verschiedenen Teufen auch Querschläge nach SO getrieben, mit denen das „Neue Flöz“ ausgerichtet wurde.
Hier kann man zurück zum gesamten Grubenriß blättern. 
  
 
Ausschnitt des Saigerrisses mit dem Adolphschacht und den angeschlagenen Sohlen. Drei Sohlen waren vom Adolphschacht aus auf die Grubenbaue des nordöstlich benachbarten Windmühlenschachtes durchschlägig.

  


Nur am ehemaligen Adolph Schacht zeigen uns die hochauflösenden Reliefkarten vom Geoportal Sachsen noch eine kleine Halde auf der linken Talschulter des Striegistals an.

 


Die Adolph Schachthalde von Westen.

 


Auf dem Plateau der Halde finden sich keine Reste der Schachtanlagen mehr.

  


Die talseitige Schüttkante der Bergehalde.

  

Wahrscheinlich bereits zu des A. G. Fiedler's Betriebszeiten wurde von Schulze's Häuschen ein Stollen „ganz oberflächlich” in nördlicher Richtung, quer zum Streichen der Kulmschichten, ins Hangende der Neuglückflöze getrieben – mit offensichtlich geringem Erfolg.

Darüber hinaus befand sich 100 m oberhalb von Thums Wirtschaft, laut benanntem Riß direkt gegenüber Häner's Gut, auf der linken Seite der Kleinen Striegis, der 80 m tiefe und wahrscheinlich noch von von Einsiedel geteufte, tonnlägige, „alte” Kunstschacht.

Vom Alten Kunstschacht hatte Fiedler einen etwa 150 m langen Querschlag bis zu den Neuglückflözen getrieben. Auf den Neuglückflözen, die nördlich und parallel zu den Gerichtsflözen verlaufen, waren drei weitere tonnlägige Schächte in Betrieb:

  1. der Rostschacht oder Neuglück-Tagesschacht auf Häner´s Grund, mit 22 m Teufe
  2. der Ulbrichtschacht auf Ulbrichts Grund, mit 30 m Teufe und
  3. der Döringschacht auf vermutlich Langes Grund, bei Schulze's Haus, mit 10 m Teufe.

Der Abbau konzentrierte sich hier auf oberflächennahe Partien, so daß es zu Störungen der Ruhe und Sicherheit benachbarter Häuser kam.  

  


Ausschnitt aus dem Grundriß mit der Lage von Döring- und Ulbrichschacht (im Bild rechts unten) sowie dem Neuglück Tagesschacht (oder Rostschacht, links oben) im Fiedler'schen Grubenfeld. Hier rot dargestellt der Querschlag vom alten Kunstschacht (links unten im Bild) nach NW in Richtung der Neuglück Flöze.
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Ausschnitt des Saigerrisses mit Döring- und Ulbrichtschacht (rechts) auf den Neuglück Flözen. Die Abbausohlen waren nicht zum südöstlich liegenden Neuglücker Tagesschacht (bei Rothpletz: Rosts Schacht) durchschlägig.

   

Andere seiner Versuche auf den Niederberthelsdorfer Flözen, als auch auf dem Oppel'schen Flöze (offensichtlich hauptsächlich auf Cunnersdorfer Flur) waren nicht sehr erfolgreich.  

Ein Ausstrich von Kohleflözen fand sich außerdem im Hölloch auf der Grenze zwischen der Berthelsdorfer und der Cunnersdorfer Flur, wobei hier die Anzahl und die Mächtigkeit der Flöze bedeutend reduziert sind.  

Auch hier, im unteren Berthelsdorf und bereits nahe der Hainichener Stadtgrenze hatte Fiedler im Jahre 1838 am rechten Gehänge des Hölloches dicht neben der Cunnersdorfer Flurgrenze auf einem 30 bis 40 cm mächtigen Flöz einen Schacht abteufen lassen, auf dem die Kohlenförderung wegen schwieriger Wasserhaltung aber bald aufhörte. Um die Wasser zu lösen, wurde von Richter's Grundstück aus, unweit jenes alten von Schirnding'schen Schachtes, ein Stollen in das Talgehänge in südöstlicher Richtung getrieben, an der Stelle, welche 20 m tiefer liegt als jener Schacht im Hölloch. Der Stollen durchfuhr bei einer Erlängung von ungefähr 80 m einige gegen 10 cm mächtige Kohlenflöze und blieb dann liegen. Das Flöz war dasselbe, auf welchem das von Oppel´sche Werk baute. 

  


Ausschnitt aus dem Grundriß mit der Lage des Alten Schachts von Schirnding (links oben, am Ostufer der Striegis), der Löwe`schen Schächte am Westufer sowie zweier Stolln, die von Rothpletz dem Bergbau des von Einsiedel zuordnet bzw. als Zähle Stolln bezeichnet werden, am Nordostrand des Fiedlerschen Grubenfelds.
Hier kann man zurück zum gesamten Grubenriß blättern. 
  

Rothpletz hat in dieser Darstellung nur das Streichen der Flöze im Niveau um 200 m NN dargestellt, wodurch die Karte an Übersichtlichkeit hinsichtlich der Schachtlage sehr gewinnt. In dieser Karte ist Norden oben, wie man das heute gewohnt ist. Den Einsiedel'schen Stolln und Schirnding's Schacht findet man daher jetzt rechts oben am Ostufer der Kleinen Striegis.

  

1845 soll das Förderquantum in Fiedler's Steinkohlenwerk in Berthelsdorf bereits 36.800 Scheffel, was ca. 2.392 t Kohle entspricht, betragen haben.  

Abnehmer von Stückkohle waren vor allem die Drucker, Färber und Bleicher der Umgegend, während die Kalkkohle von den Memmendorfer, Pappendorfer und Erdmannsdorfer Kalkwerken abgenommen wurde. Der Vertrieb beschränkte sich also auf die nächste Umgebung von Berthelsdorf.

Obwohl die Berthelsdorfer Kohle der Plauenschen und Zwickauer ob Reinheit und Heizkraft unterlegen gewesen sein soll, waren die Transportkosten offensichtlich wesentlich geringer und schlugen sich so in der Kalkulation positiv nieder.

Zur weiteren Verringerung der Transportkosten baute Fiedler die Kohlenstraße von Berthelsdorf und verband damit seine Bergwerke direkt mit der Hainichen- Frankenberger Chaussee, von wo aus die Kohle auf den Chausseen u. a. nach Mittweida, Schönborn- Dreiwerden- Seifersbach, Frankenberg und Umgebung weiter transportiert werden konnte.

Darüber hinaus erhielt der Verbindungsweg von Berthelsdorf nach Obermühlbach in südlicher Richtung die Bezeichnung „Kohlenstraße”, offensichtlich weil er hauptsächlich für den Kohlentransport genutzt wurde. Es könnten sich hier in Obermühlbach die Transporte auf der Landstraße nach Frankenberg und in die entgegengesetzte Richtung über Langenstriegis, nach Oederan oder über Frankenstein nach Memmendorf geteilt haben.

In Oederan gibt es noch heute sogenannte Kohlenstraßen, deren Namenursprung bisher dem Autor nicht bekannt ist. Sie könnten durchaus vom „Vertriebssystem” Fiedler's genutzt worden sein; ihre Bezeichnung kann aber auch auf den Vertrieb der Holzköhler hinweisen.

Nach dem Tode Fiedlers nannte der Bergwerksdirektor Feller die Summe von 90.000 Taler, die Fiedler allein für den Straßenbau investiert haben soll.  

Eine Kohlenstraße wird bereits am 26. September 1826 in Lehmanns Tagebuch als ein möglicher „Heimweg” vom Jahrmarkt in Oederan über Berthelsdorf nach Hainichen genannt: „...diesmal fuhren wir nicht wieder nach Bockendorf, sondern bey Remscher Augusten vorbey auf der Kohlstraße nach Oberberthelsdorf zu...“   

Anm.: Im Bestand 20014, Amt Nossen, Nr. 3065 des Staatsarchiv Leipzig aus den Jahren 1839 bis 1842 ist eine Beschwerde des Fabrikanten Adolph Gottlob Fiedler in Oederan über die Gemeinde Eulendorf wegen Verweigerung der Durchfahrt von Kohlenfuhren aus dem Bergwerk bei Berthelsdorf archiviert, die noch zu sichten ist.  

Da Adolph Gottlob Fiedler selbst ein Kalkwerk in Memmendorf besaß, wäre es nur logisch, wenn er seine eigene Kalkbrennerei mit Steinkohle aus Berthelsdorf versorgt hätte – Recherchen vor Ort und im Museum und Stadtarchiv Oederan konnten bisher dafür aber noch keinen Nachweis erbringen. Das Kalkwerk Memmendorf stand offensichtlich am Ortsrand von Memmendorf in Richtung Frankenstein und war noch nach 1945 in Betrieb. Der Name Fiedler war dem befragten Ortsansässigen in diesem Zusammenhang aber kein Begriff mehr, obwohl er laut seines Testaments im Memmendorfer Erbgericht seinen letzten Wohnsitz hatte.

Oberhalb des Ortes befinden sich noch immer die sogenannten Kalklöcher, in denen auch im Untertagebetrieb Kalk gebrochen wurde. Am rechts von der Straße von Memmendorf nach Frankenstein fließenden Bach, befindet sich, unter der nach der Bergbauperiode für landwirtschaftliche Zwecke errichteten „Kaue”, das Mundloch des Entwässerungsstollns dieses Kalkbruchs.  

Das jährliche Förderquantum der Fiedler'schen Gruben betrug durchschnittlich 25.000 Scheffel (= 50.000 Zentner) Kohle. Dabei gab es (Anm.: angeblich absatzbedingte) Schwankungsbreiten, so z. B.:

  • 1822: 20.000 Scheffel,
  • 1826: 25.000 Scheffel,
  • 1828: 35.000 Scheffel,
  • 1845: 36.800 Scheffel.

1845 soll der Reinertrag der Kohlenwerke 9.000 bis 12.000 Mark betragen haben. Die Selbstkosten betrugen 1845 dabei 1 Mark pro Scheffel Kohle. Fiedler verkaufte seine Kohle sortiert als:

  • Schmiedekohle (beste Pechkohle) zu 1 Mark und 90 Pfennige,
  • Blätter- oder Schieferkohle (größter Anteil) als Stück- oder Fabrikkohle zu je 1 Mark 25 Pfennige und
  • klare oder Kalkkohle = 90 Pfennige pro Scheffel.

Abnehmer von Stückkohle waren die Drucker, Färber und Bleicher der Umgegend, während die Kalkkohle in den Memmendorfer, Pappendorfer und Erdmannsdorfer Kalköfen verbrannt wurde. Der Vertrieb beschränkte sich auf die nächste Umgebung von Berthelsdorf.

Zur Bewältigung der Grubenwasser ließ Fiedler, wie sein Vorgänger von Einsiedel, Wasserkünste mit Radstuben „am Dorfbach” (die Kleine Striegis) arbeiten. Zumindest ein Wasserrad davon soll einen Durchmesser von 10 m besessen haben. Ein zusätzlicher Kunstgraben war laut dem Grund- und Saigerriß von der Oberen Mühle bis zur Radstube südlich des Erbgerichts geplant.  

  


Das Tal der Kleinen Striegis südlich des Fiedler´schen Kohlenwerkes mit der eingezeichneten Lage des projektierten Kunstgrabens (blau hervorgehoben) für die geplante Radstube ("C") am Neuen Kunstschacht. Bei "B" befand sich die "jetzige Radstube". Der Neubau hätte die Länge des dann noch benötigten Feldgestänges gegenüber dem bestehenden - und damit auch Wartungsaufwand und Leistungsverluste - mehr als halbiert.
Hier kann man zurück zur Gesamtansicht des Grubenrisses blättern. 
   

Die Anmerkungen des Markscheiders auf dem Grubenriß zur Berechnung für einen 233 Lachter langen, "zu erbauenden Kunstgraben" für eine neue Radstube am Neuen Kunstschacht. Die Anmerkungen sind leider nicht datiert oder unterzeichnet, so daß man nicht genauer eingrenzen kann, wann dieses Projekt bestanden hat.

  

In den Jahren 1838, 1844 und 1849 erwuchsen dem Fiedler in Hainichen, Ottendorf und Cunnersdorf vermeintliche Konkurrenten durch eine neue Unternehmensform, den Aktienverein, gegen die er sich offensichtlich glaubte, zur Wehr setzen zu müssen. Übrigens warben die Aktienvereine u. a. „mit der reichen Ausbeute der Adolph Fiedler´schen Steinkohlen Gruben” um Aktionäre. (Archiv der Stadt Hainichen, Archiv-Nr.1014)   

Am 18. September 1844 stellt Bürgermeister Lechla dem Tischlermeister Friedrich August Heyne eine Genehmigungsurkunde für Bohrversuche auf der Hainichen- Berthelsdorfer Grenze, an rechtem Ufer des Striegisbaches beginnend, aus. Dazu hatte dieser vorher eine Kaution von 50 Talern zu hinterlegen, die in 14 Talermünzfüßen zu zahlen sei. Bei Mißerfolg dieses Unternehmens habe die Einebnung des Geländes zu erfolgen oder die Kaution würde einbehalten. Bei Erfolg hätte er vor dem Schachtabteufen die Stadt zu informieren.

Heyne hatte am 27. Juli 1844 erstmals beim Stadtrat vorgesprochen und erweiterte sein Anliegen am 19. Oktober 1844 auf das ehemalige Bohrloch eines zwischenzeitlich wieder aufgelösten Steinkohlenbau- Aktienvereins. Er versuchte sich vor den extra Kautionen „zu drücken“, wolle aber „selbstverständlich“ den Bauern Schadenersatz zahlen. Der Stadtrat beschloß am 8. November 1844 weitere Grundzinskonditionen, wofür die existierenden Grundzinskonditionen von Berthelsdorf zugrunde gelegt wurden:

  • 9 Pfennige für jede Tonne Schmiedekohle,
  • 3 Pfennige für jede Tonne anderer Kohle,

nach Scheffel (1 Scheffel = 65 kg Kohle) berechnet:

  • 1 Pfennig für jeden Scheffel Kalkkohle,
  • 1 Pfennig für jeden Scheffel Stückkohle,
  • 2 Pfennige für jeden Scheffel Schmiedekohle.

Der Stadtrat mußte danach den Heyne mehrfach dazu auffordern, vor Vertragsschluß Stellung zu nehmen. Am 21.12.1844 endlich erklärt Heyne, daß eigene Vermögensverhältnisse einen Steinkohlenversuchsbau nicht zulassen, „vielmehr habe ihn Herr Adolph Fiedler sen. zu Oederan beauftragt, für ihn das beschriebene Revier zu muthen und der Erfüllung der Bedingungen... des Stadtraths... zuzusagen.” Sollte dem Fiedler der Versuchsbau nicht zugesagt werden, wolle Heyne selbst einen Aktienverein gründen.  

Anm.: Heyne versuchte vermutlich so, als „Trittbrettfahrer” zu agieren und ohne Eigenkapitaleinsatz – vielleicht hatte er auch keines – „seinen Schnitt zu machen”. Es ist aber auch möglich, daß Fiedler von Anfang an den Heyne als Strohmann nutzte. Fiedler seinerseits sah darin offensichtlich eine Möglichkeit, seine exponierte Stellung in der Steinkohlenproduktion in Berthelsdorf auf die Stadt Hainichen auszudehnen und mögliche weitere Mitkonkurrenten, auch eines weiteren Aktienvereins, dessen Gründung sich schon abzeichnete, auszuschalten. Weitere Vorstöße des Fiedler beim Stadtrat Hainichen u. a. vom 23. und 25. Januar 1845 scheinen das zu unterstreichen. Zumal aus dem Schriftverkehr des Fiedler mit der Stadt vom 28. Dezember 1844 hervorgeht, daß er in die „verbrieften”, aber von der Stadt zurecht bestrittenen Rechte des Heyne einsteigen wolle. Da der Stadtrat am 20. Januar beschloß, daß mit Tischlermeister Heyne kein Vertrag zustande kommt, wurde das am 22. Januar 1845 dem Fiedler mitgeteilt. (Archiv der Stadt Hainichen, „Acta das Aufsuchen eines Steinkohlenlager auf den Grundstücken der Stadtgemeinde Haynichen betr.“ - HA 451) 

Am 23. und 25. Januar 1845 wendet sich Adolph Gottlob Fiedler persönlich an den Stadtrat von Hainichen, um die „Conditionen” eines Steinkohlenabbaus unter Communland zu erfahren. Unter Berufung auf § 2 des Steinkohlen- Mandats vom Jahre 1822 richtet er ein Gesuch zum Abbau von Steinkohlen und bittet um die dazu von der Stadt zu erwartenden Bedingungen.  

Anm.: Es ist nicht ersichtlich, ob der zu dieser Zeit bereits hoch betagte Fiedler die Abbaurechte nur erwerben will, um die sich anbahnende Konkurrenz der sich gründenden Aktiengesellschaft abzuwehren; solche Überlegungen gehen offensichtlich auch im Stadtrat um.  

Am 9. Februar 1845 wendet sich der Mitkonkurrent, der Steinkohlenbau- Verein bzw. dessen „interimistisches Directorium” Gottlob Herklotz, Carl Eduard Ebigt, Moritz Sieghardt und Gottlob Wilhelm Clauß, ihrerseits an den Stadtrat zu Hainichen, um die Vorzüge einer Gründung einer Aktiengesellschaft Steinkohlenbau- Verein für die Stadt Hainichen herauszustellen.  

Anm.: Die Konkurrenz zu Herrn Fiedler's Absichten zur Erlangung der gleichen Abbaurechte sind entweder zeitlich zufällig, oder eine gezielte Aktion des Fiedler.  

Das interimistische Direktorium kündigt daraufhin jedenfalls die Überbietung des von Fiedler vorgeschlagenen Kohlenzinses – ohne Unterschied der Kohlenqualität – an.  

Im Zeitraum vom 17. Februar bis zum 17. Mai 1845 berät der Stadtrat, u. a. S. W. Lechla, T. v. August Gette, Julius Werner, Julius Gottlieb Guth und Carl Stief unter Vorsitz des Herrn Frenzel erneut über die Mutungsgesuche des Adolph Gottlob Fiedler und der sich gründenden Aktiengesellschaft.

Frenzel enthält sich der Abstimmung, da er mittlerweile Mitglied des Kohlenbau-Vereins geworden war. Inwieweit er Einfluß auf die Entscheidungsfindung nahm, ist bisher nicht bekannt.

Bei diesen Beratungen gibt es auch Überlegungen zur Gebietsteilung mit konkreten Grenzvorschlägen auf übertägigem Terrain zwischen den beiden Gesuchstellern. Es kam darüber aber zu keiner Einigung im Stadtrat, da man „keinen alsbaldigen Gewinn für die Stadt“ sah. Am 17. März 1845 wurde daraufhin der Beschluß gefaßt, sämtliche Abbaurechte unter Commun-Grund dem Aktienverein zu überlassen.  

Doch Fiedler gibt noch nicht auf, spricht nach dem 13. April 1845 persönlich vor und macht neue Vorschläge. Er bietet u. a. eine Zahlung von 3.000 Thalern für die Stadtkasse, sollte sich eine Flözmächtigkeit von 3 Ellen einstellen. Endgültig lehnt der Stadtrat das Mutungsgesuch Fiedler's am 9. Mai1845 ab und übermittelt den Beschluß mit Schreiben vom 17. Mai 1845. 

Anm.: Im Nachhinein stellt sich diese „Niederlage” für Fiedler als Gewinn dar, da alle Bergbauunternehmungen unter dem Stadtgebiet von Hainichen erfolglos blieben. 

Im Jahre 1846 läßt Tuchfabrikant Adolph Fiedler auf dem Adolph Schacht von der 52 Lachter Strecke aus einen Querschlag ins Liegende treiben, der bei einer Länge von 104 m außer einigen kleinen, unbedeutenden Flözen schließlich ein solches von 60 cm bis 1,2 m Mächtigkeit durchfuhr, welchem der Name „Neues Flöz" beigelegt wurde. Man trieb daraufhin von der obersten, 44 m tiefen Strecke des Windschachtes ebenfalls einen, diesmal 80 m langen, Querschlag und richtete mit demselben das Neue Flöz aus. Die Kohle übertraf die Güte der Kohle der Gerichtsflöze.  

Die Gesamtlänge des aufgeschlossenen und zum Teil abgebauten Feldes betrug somit nun über 500 m.  

Dieser zeitlichen Abfolge widerspricht etwas die Aussage des Bergamtsrates Börchers aus dem Jahre 1912, wonach erst kurz nach dem Tode Fiedlers die Erben seiner Bergwerksanlagen das Neue Flöz entdeckten. Es sei noch bis 1903 für das tiefste Liegende aller Kohlenflöze gehalten worden. Im Jahre 1903 fand man aber unter diesem, neben mehreren schwachen Kohlenschmitzchen, ein noch etwas stärkeres, siebentes Flöz durch einen beim Erbgericht nach SO hin getriebenen Querschlag. 

Am 12. August 1850 verstirbt Adolph Fiedler. Gemäß einer Abschrift seines Testaments aus dem Jahre 1849 setzt er seine drei Söhne als Universalerben ein und garantierte wiederum deren Erben für den Fall des Ablebens eines seiner Söhne vor dem Eintritt des Erbfalls des A. G. Fiedler, 200.000 Taler. Der vererbte Nachlaß an Immobilien, Fabrik- und Handlungsgeschäfte mit Aktiven und Passiven unter dem Namen der Firma: „Adolph Gottlob Fiedler“ ist nicht genau beziffert bzw. detailliert aufgeschlüsselt, so daß der Anteil der Bergwerke in Berthelsdorf auch nicht ersichtlich wird.

Anm.: Im Testament steht erläuternd: „Die Inventur meiner Verlassenschaft oder Fertigung eines Nachlassverzeichnisses erbitte ich andurch...“  Bisher konnte das hier erbetene Nachlassverzeichnis nicht gefunden werden.

Zirka zwei Jahre nach dem Tode erhält offensichtlich ein Sohn schon 250.000 Taler Erbe ausgezahlt. Die Universalerben wurden per Testament daneben verpflichtet, auch an ihre zwei Schwestern, die Töchter des August Gottlob Fiedler, 400.000 Taler zu zahlen, davon je 120.000 Taler in bar oder in Hypotheken, Wechseln, Obligationen, Staatspapieren oder Aktien und desgleichen.

Anm.: Rechnet man so „Pi mal Daumen“ bleiben zumindest 1.100.000 Taler im Familienbesitz, zuzüglich Nachgenanntem, denn ... Das „Metallurgische Etablissement in Valde Castello und Riva bei Florenz geht zu gleichen Teilen an alle Kinder.“

Darüber hinaus verfügte Fiedler an Verwandte, Bekannte, ehemalige Mitarbeiter, kirchliche und karitative Organisationen und an die Stadt Oederan Legate in Höhe von mindestens 26.300 Talern sowie Renten von 172 Talern pro Jahr.

Anm.: Erstaunlich ist, daß Fiedler im Testament mit keinem Wort seine Bergwerke in Berthelsdorf erwähnt und auch keine Bediensteten von hier mit einem Legat bedenkt. Es ist denkbar, daß ein weiteres Testament oder Vermächtnis existiert, in dem dieser Personenkreis bedacht wurde. (Stadtarchiv Oederan, Abschrift des Testament des Kauf- und Fabrikherrn Adolph Gottlob Fiedler)  

Mit dem Tode Fiedler's übernehmen die Erben, vornehmlich seine Söhne die Werke. Offensichtlich wegen Interessenlosigkeit seiner Söhne an den Kohlenwerken verfallen diese zunehmend. 1852 stürzte der Adolphschacht ein, 1853 soff der Kunstschacht ab, womit der Abbau gänzlich aufhörte.  

Bei Geinitz liest sich diese Situation rückblickend aus dem Jahre 1856 so: „Nachdem der Betrieb auf dem Windmühlenschachte bereits seit längerer Zeit geruht hatte, sahen wir im Juni 1852 auch den Adolphschacht ungangbar. Derselbe war zusammengestürzt, die Maschine wurde verkauft und 1853 war in Berthelsdorf eine Dampfmaschine zur Kohlenförderung nicht mehr zu finden. Aber auch der Kunst- und Gassenschacht, der einzige von allen früher betriebenen, der 1852 hier noch im Gange war, wurde im Mai 1853 durch die nun nicht mehr zu bewältigenden Gewässer unzugänglich. Das bergmännische Leben in Berthelsdorf war fast gänzlich erloschen und selbst der Obersteiger von diesen Werken verließ das Dorf, um einen neuen Ort für seine Tätigkeit aufzusuchen. Es waren… die Kohlenwerke… nunmehr in die Hände des Schmiedes Johann Friedrich Kuntze in Berthelsdorf übergegangen...”  

Nach A. Rothpletz waren die Erben des Bergwerkseigentums uneins über deren Fortbestand und veräußerten die Mehrzahl ihre Anteile nach 1853 bis 1857 für 4.500 Thaler und die Maschinen für 6.600 Thaler an Schmied Johann Friedrich Kuntze aus Berthelsdorf.

Anm.: Diese Zahlen für den Kaufwert erscheinen auf den ersten Blick unlogisch, da der Reingewinn aus dem Kohlenbergbau des Fiedlers allein im Jahre 1845 bereits mindestens 9.000 Mark betragen haben soll.  

 

Offenbar waren sich die Erben auch uneins über den tatsächlichen Wert des Kohlenbergwerks. Darüber gibt das von ihnen eingeholte, folgende Gutachten nähere Auskunft (40010, Nr. 3350, Blatt 139ff). Wir zitieren es hier vollständig, weil mit dessen Erstellung kein Geringerer als der Schneeberger Berggeschworene G. A. Netto beauftragt worden ist und da die enthaltene Beschreibung der technischen Ausstattung und der geologischen Verhältnisse der Grube aus fachkundigem Munde, zu einer Zeit, als das Bergwerk tatsächlich noch gangbar gewesen ist, von großem Interesse ist.

praesentum am 6. May 1852.

Begutachtung und Taxation
des zum Nachlasse
Herrn Adolph Gottlob Fiedlers
gehörigen Steinkohlenwerks zu Berthelsdorf
bei Hainichen.

Nachdem von Herrn Alexander Haupt in Oederan als Bevollmächtigter der Erben des Herrn Adolph Gottlob Fiedler daselbst beim Königl. Bergamte allhier eine Begutachtung und Taxation des, zum Nachlasse Herrn Fiedlers gehörenden Steinkohlenwerk zu Berthelsdorf bei Hainichen unterm 19ten October 1851 verlangt und ich, der Unterzeichnete am 8ten November c. a. vom Bergamtlichen Directorio hiermit beauftragt worden war, habe ich mich durch zweimalige Befahrung am 20ten November und 16ten December 1851 und einmaligen Besuch des Werkes am 27ten Januar 1852 mit dem hierauf einfolgenden Verhältnissen bestmöglichst bekannt zu machen gesucht und glaube nun, gestützt auf die dabei gemachten Beobachtungen und eingezogenen Erkundigungen mich folgendermaßen über dieses Werk aussprechen zu können, nachdem ich einige, für die Beurtheilung des fraglichen Werkes maßgebende geognostische Notizen aus dem von Herrn Professor Naumann herausgegebenen 1ten Hefte der Erläuterungen zu der geognostischen Charte des Königreiches Sachsen vorausgeschickt habe.

  

Geognostische Verhältnisse.

In diesem Schriftchen ist zunächst über die Mächtigkeit des Hainicher Kohlengebirges, in welchem dieses Werk laut pag. 76 auseinandergesetzt, daß dieselbe in Berthelsdorf, wo die Schichten an der Grenze desselben fast vertical stehen, auf etwa 1.700 Fuß zu schätzen sei, wovon wenigstens die Hälfte auf den Sandstein und Schieferthon, die andere Hälfte auf das Grundconglomerat zu rechnen sei.

Die Länge der Kohlensandsteinsmulde, wird pag. 83 auf etwa 10.ooo Ellen angegeben, während über die größte Breite gesagt ist, daß sich aus mehrfachen weiter ausgeführten Gründen etwas Positives nicht angeben lasse, und hinsichtlich der Tiefe heißt es pag. 84: Auch über die Tiefe der Mulde bleiben wir so ungewiß, indeß lässt das sehr am Rande flache Fallen der Flötze in dem um 200 Ellen tiefen Windmühlenschachte auf ein bedeutendes Fortsetzen in derselben Fallrichtung und somit auf eine nicht geringe Teufe der Mulde schließen, und pag. 85 wird ein durchschnittliches Niedersetzen der Flötze auf 400 Ellen angenommen und in Ansehung gebracht.

Da das in Rede stehende Werk das einzige, welches auf dieser Kohlenniederlage jetzt wirklich Kohle findet, am südöstlichen Rande des Bassins baut, so ist es sehr erklärlich, daß die daselbst bebauten Flötze sich in ihrem Streichen aus hor. 4,6 im westlichen Theile der Grube allmählig bis hor. 7,5 wenden und es ist sehr wahrscheinlich, daß sie bei weiterem Verfolgen ein immer höheres Streichen annehmen, wie es der Rand der Mulde mit sich bringt, bis dasselbe südnördlich wird.

Ob vielleicht gerade mit dieser Richtungsveränderung die Bauwürdigkeit der dasigen Flötze in Zusammenhang stehen könne, will ich dahin gestellt sein lassen, auch kommt hier wenig darauf an, doch scheint die Annahme pag. 85, daß die Bauwürdigkeit dieser Flötze in nordöstlicher Richtung nur etwa bis an die von Cunnersdorf und Hainnichen führende Freiberger Straße sich erstrecke, darauf hinzudeuten.

Was die Flötze selbst anlangt, so hat man auf dem Fiedlerschen Werke bis jetzt davon 4 bebaut, welche eine Hauptfallrichtung von 64° in Nord und wie bereits bemerkt, ein Streichen von hor. 4,6 bis 7,5 haben.

Die Mächtigkeit des

1ten (hangenden) Flötzes ist ½ bis ¾ Elle,

2ten (Hauptflötzes) ¾ bis 1 Elle,

3ten (liegenden) Flötzes gegen 2 Ellen,

4ten (neuen) Flötzes gegen 1 ½ bis 2 Ellen.

Die aus Sandstein und Schieferthon bestehenden Zwischenmittel betragen nach Ausweis des Grubenrisses in horizontaler Richtung (in den Querschlägen)

zwischen dem 1ten und 2ten Flötze 5 bis 6 Lachter

zwischen dem 2ten du 3ten Flötze 3 bis 5 Lachter,

zwischen dem 3ten und 4ten Flötze 22 bis 25 Lachter.

Die ganze Mächtigkeit der Flötze besteht aber leider nicht aus reiner Kohle, indem sie vielmehr von Schieferthonschmitzen häufig durchzogen sind, so daß, natürlich mit der Ausnahme derjenigen Punkte, wo Verdrückungen stattfinden, die Mächtigkeit der reinen Kohle

im 1ten Flötz nur auf durchschnittl. 10 Zoll,

im 2ten Flötz nur auf durchschnittl. 14 bis 18 Zoll (0,22- 0,425 m)

im 3ten Flötz aber auf durchschnittlich 18 bis 20 Zoll (0,425- 0,47 m)

anzunehmen ist.

Am Ende des östlichen Feldes scheint das 2te Flötz sich an das 3te anzuscharen und sollen sie auch in den alten weiter östlich gelegenen, vormals Gräflich Einsiedel'schen Werken beisammen liegen.

Was die Längenausdehnung der Flötze anlangt, so hat man sie auf in Rede stehendem Werke auf eine Länge von ohngefähr 320 Lachter von Nordost nach Südwest aufgeschlossen und beziehendlich abgebaut.

Gegen Ost werden dieselben durch eine bedeutende Verdrückung von den alten, vormals Gräflich Einsiedel'schen Werken getrennt, welche unter Wasser stehen und auch wegen Wassernöthigkeint und unzweckmäßiger Betriebsmethode verlassen worden sein sollen, daher man auch auf eine weitere Ausdehnung der Baue in dieser Richtung nicht reflectirt.

Gegen West fürchtete man dagegen das Ende der Flötze erreicht zu haben, indem dieselben in einer Entfernung von 60 bis 70 Lachtern vom Adolphschachte eine starke Verdrückung erleiden, und man vergeblich Versuche hatte, sie wie gewöhnlich im Liegenden wieder auszurichten, doch hat man durch einen Versuch ins Hangende in der jetzigen tiefsten Sohle das 3te Flötz bereits wieder bauwürdig ausgerichtet und dadurch das Fortsetzen der Flötze constatirt.

Störender ist der Umstand, daß das Kohlengebirge in westlicher Richtung vom Rothliegenden übergreifend überlagert wird, welches 15° bis 20° in Süd einschießt, so daß der Adolphschacht bereits 43 Lachter vom Tage nieder in demselben abgesunken werden musste, während es in dem 140 Lachter östlich davon gelegenen Windmühlenschachte nur gegen 8 Lachter mächtig und im noch 60 Lachter weiter östlichen Kunstschachte gar nicht auftritt.

Da jedoch das Einschießen des Rothliegenden mehr südwestlich ist, die Kohlenflötze sich aber immer mehr aus West nach Nordwest zu wenden scheinen, so wird die Auflagerungsfläche des ersteren über dem letzteren bei weiterer Verfolgung derselben wahrscheinlich eher wieder ansteigen, statt  noch mehr einzuschießen und die Flötze in immer größerer Teufe aufzufinden.“

An dieser Stelle ist folgende Bemerkung eingefügt: „Nach einer mir nachträglich von Herrn Vicebergmeister Haupt gemachten Mitteilung hat sich diese Vermuthung in den alten Strecken, welche ich nicht befahren konnte, da sie bereits verbrochen sind, schon bestätigt. G. A. Netto

Weiter im Text des Gutachtens:

Auch im Hangenden der genannten Flötze als zwischen denselben hat man noch mehre dergleichen gefunden, die jedoch wegen zu geringer Mächtigkeit keine weitere Hoffnung verdienen.

Nur die ohngefähr 80 Lachter im Hangenden liegenden, sogenannten (Textstelle ist schwer zu lesen) Flötze sind bis zum Jahre 1850 in einem Punkte von …(?) auf ohngefähr 70 Lachter Länge einigermaßen …(?) worden.

Das Liegende derselben soll 18 bis 22 Zoll Mächtigkeit schon Kohle gegeben haben, während das Hangende bei 18 Zoll Mächtigkeit von geringer Baulichkeit gewesen sein soll.

Da sie nur östlich von der genannten Verdrückung befindlich waren und mit dem Gräflich Einsiedel'schen Werken durch einen jetzt verspundeten Querschlag in Verbindung standen, so müßte man sie zugleich mit diesen verlasen, wenn man nicht eine besondere Wasserhebungsmaschine auf sie sie setzen und unterhalten wollte, wozu man sich jedoch nicht veranlaßt sehen dürfte, so lange die jetzt in Abbau stehenden Flötze noch nicht ausgehauen sind.

Doch verdienen sie jedenfalls eine nähere Untersuchung westlich von der oben erwähnten Verdrückung.

Diese Flötze von dem jetzt in Baue befindlichen Grubenfelde aus wieder aufzuschließen, hat man sich bis jetzt ebenso wenig veranlaßt gefunden.“

  

Beschreibung der Grube.  

„Um obengenannte Flötze abbauen zu können, hat man auf in Rede stehenden Werke drei Hauptschächte niedergebracht, als:

1. im östlichen Grubenfelde den mit einem Radkunstgezeuge versehenen, vorzugsweise so benannten „Kunstschacht“, welcher auf den 2ten Flötze mit 68,6 Lachter flacher Teufe bis auf die jetzige tiefste Strecke niedergebracht ist, und von Tage nieder 12 Lachter in Bolzenschrot, dann aber 56,6 Lachter in Wandruthenzimmerung steht.

2. der ohngefähr 60 Lachter westlich von diesem gelegene, sogenannte „Windmühlenschacht“, welcher 23 Lachter saiger bis auf die oberste alte strecke ebenfalls in Bolzenschrot, dann aber ferner 49,8 Lachter auf dem 2ten Flötz bis Tiefstes in Wandruthen steht.

3. Der circa 140 Lachter südöstlich von jenem erst im Jahre 1838 angefangene saigere „Adolphschacht“, welcher bis 5 Lachter unter die jetzige tiefste Strecke 73,5 Lachter saiger niedergebracht ist und als Kunst- und Treibeschacht dient, in dem seit dem Jahre 1844 eine Dampfmaschine von 12 Pferdekraft über demselben aufgestellt ist, welche zugleich als Förder- und als Wasserhaltungsmaschine dient.
Dieser Schacht steht vom Tage nieder auf 16 Lachter in Mauerung und dann auf seine ganze übrige Teufe in Bolzenschrotzimmerung, welche insofern einen nicht unerheblichen Unterhaltungsaufwand verursacht, als sie wegen der in diesem Schachte ausziehenden Wettern nur ohngefähr 8 Jahre stehen soll.

Die Wasserhaltung erfolgt, wie bereits bemerkt, theils durch den vorzugsweise so benannten Kunstschacht, mittels eines 16 Ellen hohen, mittelschlägigen Kunstrades, welches bei 5 ⅔ Ellen Wassereinfallhöhe seinen Aufschlag aus dem Berthelsdorfer Dorfbach erhält.

Für die Benutzung dieses Wassers hat die Grube jährlich 12 Thaler Zins an die Grundbesitzer der Gräben zu bezahlen und ist vertraglich verbunden, außer ihrem eigenen Wehr nebst Aufschlaggraben auch das darunter liegende Mühlwehr nebst Graben, dann noch eine Grabentour von zusammen circa 500 Lachter Länge zu unterhalten.

An dieses Gezeug sind 7 sieben- und 7 achtzöllige Saugsätze von gewöhnlicher Construction angebaut. Wegen der vitriolischen Wasser hat man in neuerer Zeit mit einem bedeutenden Aufwande statt der eisernen Kolbenpumpen 12 dergl. von Kanonenmetall und versuchsweise 2 von Kupfer eingebaut.“

Mit Kanonenmetall meinte Herr Netto sicher Bronze.

 

„Insoweit das Kunstgezeug nicht ausreicht, was namentlich trockenen Zeiten der Fall ist, werden die Wasser durch die, auf dem Adolphschachte seit dem Jahre 1844 neuerbaute doppelt wirkende Dampfmaschine gehalten, welche bei 18 Zoll Kolbendurchmesser und 1 ½ Ellen Hub mit hohem Druck arbeitet, und zu gleicher Zeit das Treibegezeug in Bewegung setzt, in der Regel aber bloß täglich 12 Stunden und über Feiertage gar nicht geheizt zu werden braucht.

Am Dampfgezeug sind ebenfalls 7 achtzöllige Kunstsätze angebaut, die jedoch bloß gewöhnliche eiserne Kolbenröhren haben, die hier weniger leiden sollen, als im Kunstschachte.

Von den genannten drei Hauptschächten aus hat man die Flötze in 8 verschiedenen Sohlen durch Querschläge angefahren und durch Streckenbetrieb im Ganzen auf einer Längenerstreckung von ohngefähr 320 Lachter mehr oder weniger aufgeschlossen und da, wo sie bauwürdig getroffen wurden, auch bereits abgebaut, daher das 2te und 3te Flötz nur über der tiefsten, der sogenannten „Fünfundsechzig Lachter Strecke“ zum Theil noch anstehen, während umgekehrt das 4te (Neue) Flötz erst an zwei Punkten und zwar vom Adolphschachte aus mit der Zweiundfünfzig und der Fünfundsechzig Lachter Strecke angefahren worden ist.

Die abgebauten oberen Strecken sind größtentheils zu Bruch gegangen, die tiefste Strecke aber ist zwischen dem Adolphschachte und dem Windmühlenschachte noch auf keinem Flötze durchgetrieben, wird aber sowohl auf dem 2ten, als dem 3ten Flötze im Laufe künftigen Sommers noch zum Durchschlage kommen, wodurch der Abbau der daselbst noch anstehenden Kohle von ohngefähr 15.ooo Tonnen vorbereitet wird.

Mit dem tiefen Orte auf dem 3ten Flötze, welches am weitesten fortgebracht ist, hat man, wie bereits erwähnt, das Flötz hinter einer Gefahr drohenden Verdrückung im Hangenden wieder ausgerichtet und hinter derselben auch schon einige und 20 Lachter bauwürdig verfolgt.

Man ist daher beschäftigt, das zweite (Haupt) Flötz auch daselbst mittelst eines Querschlages wieder aufzusuchen und beabsichtigt, auch einige alte obere Strecken, die bereits verbrochen sind, wieder aufzugewältigen, um die Flötze auch in oberen Sohlen hinter dieser Verdrückung wieder auszurichten, da man mit Recht hofft, sie auch hier wieder bauwürdig anzutreffen.

Wie weit man die Flötze in dieser Richtung bauwürdig fortbringen wird, läßt sich, da man dieses Feld noch gar nicht untersucht hat, natürlich nicht bestimmen, doch berechtigen die geognostischen Verhältnisse in dieser Hinsicht zu sehr guten Hoffnungen.

Beim Betrieb dieser Grube sind im Jahre 1850, das ich deshalb zum Anhalten nehme, weil mir von diesem Jahre die Grubenrechnungen vorliegen, die aufs Jahr 1851 noch nicht abgeschlossen sind, und weil in diesem Jahre auch ein regelmäßiger, weder durch besondere Baue, noch sonstige Ereignisse gestörter Betrieb stattgefunden hat, durchschnittlich 60 ¾ Mann angestellt gewesen, als:

  1 Obersteiger mit 4 Thl. Wochenlohn,

  1 Untersteiger mit 2 Thl. 15 Gr. Wochenlohn,

  1 Maschinenwärter mit 3 Thl. Wochenlohn,

18 ½ Gedinghauer (mit Gedingelohn)

  8 Zieher mit 8 ¾ Gr. Schichtlohn,

  9 ½ Bergknechte mit 8,1 Ngr. Schichtlohn,

  2 ½ Treibeleute mit 8 Ngr. Schichtlohn,

  6 ¼ Zimmerlinge incl. des

      Kunstarbeiters mit 10 Ngr. Schichtlohn,

13 Bergsäuberer mit 8,1 Ngr. Schichtlohn.

Durch diese Mannschaft ist in zwölfstündigen Schichten ein Quantum von 41.045 Tonnen Kohlen à Tonne zu 78.160 Kubikzoll = 0,9624 Dresdner Scheffel gewonnen und gefördert worden, wovon

  5.345 ¼ Tonnen unsortierte Kohle, à Tonne für 10 Gr.,

27.139 ½ Tonnen Kalkkohle à 8,2 Gr.,

  4.920 Tonnen Stückkohle à 12,5 Gr.,

       19 ¼ Tonnen Schmiedekohle à 18,8 Gr.

verkauft, ferner waren

  3.369 Tonnen Kalkkohle zur Feuerung der Dampfmaschine verbraucht,

       52 Tonnen Schmiedekohle in Folge eines älteren Vergleichs unentgeldlich
             an den Schmied des Dorfes abgegeben worden.

  

Die Gewinnung der Kohle erfolgt in Überhauen und Förstenbauen über den Strecken, welche Art des Abbaus bei dem starken Fallen und der geringen Mächtigkeit der Flötze die einfachste und  bequemste ist. Man bedient sich dazu der Keilhauen, seltener der Fümmeln und nur ausnahmsweise der Sprengarbeit.

Die Arbeit wird in zweiwöchentlichen Gedingen verrichtet und mit 1, 1 ½ bis höchstens 2 Thl. 1.200 Tonnen bezahlt, wofür die Häuer züglich die Kohle von den mitgewonnenen Schieferthonstückchen trennen und in die, in Entfernungen von 2 Lachtern voneinander angelegten Kohlenplätzen (transportieren) müssen, sondern auch den Bergeversatz nebst der dazu gehörigen Rollen machen und die Verwahrung des Hangenden von seinem Fuße nahe seinem Überhauen zu besorgen, hierfür die Schmiedekosten selbst zu zahlen hat.

Die Verwahrung des Hangenden erfolgt durch wandruthenartig an dasselbe angelegte Schwarten, die durch lange, etwa 4 Zoll starke Stangen abgespreizt werden. Auf 6 Ellen Länge rechnet man nur einen, gewöhnlich auch 6 Ellen hohen Strecke in der Regel 5 Schwarten, welche meistentheils nicht wieder gewonnen werden können, was mit den Spreizen wenigstens theilweise beim Nachziehen des Bergeversatzes der Fall ist.

Der Holzaufwand berechnet sich daher zu 36 Ellen Fläche ungefähr auf

13,7 Ngr., als

  8,7 Ngr. für 5 Stück Schwarten à 3 ½ gr.

  5 Ngr. für 5 Stück Spreizen à 1 Ngr.

Vor Örtern auf den Flötzen, die man in Kohle in der Regel mit 1,0 Lachter Höhe treibt, wird die Kohle nach denselben Plätzen wie in den Abbauen verlohnt, den Häuern aber außerdem ein sogenanntes Lachtergeld von 2 bis 6 Gr. pro Lachter Länge berechnet. Auch wird vor Örtern die Zimmerung durch die Zimmerlinge im Schichtlohn gemacht.

Vor Querschlägen, welche meist mit 8 bis 9 Thl. pro Lachter Länge verdingt werden, erhalten die Häuer ihr Gezähe von der Grube.

Die Streckenförderung erfolgt durch die Bergknechte im Schichtlohn, und zwar im Bereiche des Adolphschachtes mittelst ungarischen Hunten von 1 ½ Maßtonne Inhalt, beim Windmühlenschacht aber mittelst Schleppkörben, welche bei ⅓ Maßtonne Inhalt die Form eines abgestumpften Kegels mit elliptischer Grudfläche haben und zugleich als Fördergefäße bei der Schachtförderung dienen, welche daselbst durch die Zieher mit der Haspel verrichtet wird, wobei als Norm dient, daß 2 Mann in 12 Stunden 3 Schock Kübel = 60 Tonnen Kohle aus 20 Lachter Teufe ziehen.

Im Adolphschachte hingegen fördert man seit 1844 mit dem Dampfgöpel und bedient sich hierzu der auf Kohlenwerken üblichen Gestelle, in welche die Fördertonnen eingeschoben werden, in denen man auch die Kohlen über Tage auf einer kurzen Eisenbahn in den Vorrathsschuppen transportirt, wo man sie vor dem Verladen mit Hilfe von Gattern sortirt.

Beim Sortiren und Verladen der Kohle ist ein Mann angestellt, der mit dem Lohn der Zimmerlinge auch in den Rechnungen unter diesen aufgeführt wird.

Im Adolphschachte fördert man in 12 Stunden 60 Förder- = 120 Maßtonnen und sind dabei

1 Maschinenwärter mit 3 Thl. Wochenlohn

1 Feuermann

1 Steiger

1 Anschläger, letztere mit 8 ¾ Ngr. Schichtlohn,

beschäftigt.

Da das Hangende der Flötze ziemlich flüchtig ist, so ist man genöthigt, die Strecken auf den Flötzen durchgehend durch Thürstockzimmerung zu verwahren, wozu man jedoch in der Regel nur Holz von 8 bis 10 Zoll Stärke verwendet und Förste und Hangendes mit gewöhnlichen Schwarten verzieht.

Mit Besorgung der anderen Zimmerungsarbeiten, als Auswechslung der defecten Zimmerung auf Strecken und Schächten, Instandhaltung des Tragwerkes und Stellung neuer Zimmerung vor Örtern sind in der Regel 4 Zimmerlinge bei der Grube beschäftigt, während einem fünften lediglich die Wartung des Kunstgezeuges übertragen ist.

Endlich habe ich des Bergsäuberns noch Erwähnung zu thun, welches darin besteht, daß die vor Örtern gefallenen Berge im Schichtlohn, meist in der Nachtschicht, zur Vervollständigung des Bergeversatzes in die Abbaue gefördert werden.

Man bedient sich zu dieser Arbeit junger Leute mit 8,1 Ngr. Lohn für die zwölfstündige Schicht, derer im Jahr 1850 durchschnittlich 13 in Rechnung gebracht sind, die aber nicht vollständig bei dieser Arbeit beschäftigt waren, indem einestheils der Nachtwächter mit eingerechnet ist, anderentheils aber auch Leute zu vorkommenden extraordinären Arbeiten aus dieser Casse genommen wurden.

In der Regel ist es möglich, das Fortschreiten des Ortsbetriebes gegen das der Abbaue in ein festes Verhältnis zu bringen, daß einerseits in den letzten wegen Mangel an Bergen weder überflüssige und dadurch gefährliche Räume entstehen, noch andrerseits sich dieselben so häufen, dass man große Quantitäten davon zu Tage fördern müßte.“

Man steuerte also den Abbau so, daß anfallende taube Berge gleich wieder als Versatz in ausgekohlte Abbaue eingebaut werden konnten. Deshalb findet man heute übertage auch keine nennenswerten Bergehalden vor.

  

Berechnung des Werthes der Grube.

Hiermit glaube ich, mich über die geognostischen und technischbergmännischen Verhältnisse der Grube hinlänglich ausgesprochen zu haben, um eine Betrachtung und Berechnung der Ertragsfähigkeit der Grube, auf welche der reale Werth derselben taxirt sein muß, insoweit eine solche Berechnung überhaupt möglich ist, darauf zu begründen, doch muß ich leider zum Werth bemerken, daß derselbe insofern schwierig und unsicher sein muß, als in der Regel auf Kohlenwerken, da man es hier mit sehr saiger fallenden Flötzen zu thun hat, deren Erstreckung in Länge und Teufe noch gar nicht bekannt ist, während man in anderen Kohlengebirgen in der Regel die ganze Ausdehnung des Kohlenbassins ziemlich genau kennt und in Rechnung bringen kann, doch glaube ich, man kann sich hier mit guten Aussichten einigermaßen auf die, allerdings ziemlich gutbegründete bergmännische Wahrscheinlichkeit verlassen.

Der reale Werth eines Kohlenwerkes berechnet sich nämlich aus folgenden Factoren:

1. aus der Quantität der noch vorhandenen, abbauwürdigen Kohle,

2. aus dem zu erwartenden Erlös dafür,

3. aus den dafür aufzuwendenden Productionskosten,

oder, wenn man die beim Verkauf eingeführte Tonne als Einheit annimmt, so sind die 3 Fragen zu beantworten:

Was ist der durchschnittliche Werth einer Tonne Kohle ?

Wie hoch belaufen sich die Productionskosten dafür ?

Wie viel Tonnen Kohle können für diesen Preis noch gefördert werden ?

Zur Beantwortung der ersten Frage kann ich anführen, dass nach mir mitgetheilter Rechnung in den Jahren 1841 bis mit 1850 in Summa

            383.872 ½ Tonnen Kohle

verkauft worden sind, deren Erlös nach den oben angegebenen Preise der verschiedenen Sorten auf

            118.8448 Thl. 29 Gr, 5 Pf.

sich herausstellt, daher sich der durchschnittliche Verkaufspreis pro Tonne auf

            9 Ngr. 2,88 Pf.

berechnet.“

Anmerkung: Bei den hier genannten Förderzahlen ist zu beachten, daß es sich nicht um heute übliche metrische Tonnen ‒ also ein Gewichtsmaß ‒ handelte, sondern um Fördertonnen, die nach oben von Netto schon angeführtem Hohlmaß knapp einen Dresdener Scheffel, respektive rund einen Hektoliter faßten.

   

Was die Productionskosten anlangt, so hat man dreierlei Kosten zu unterscheiden, nämlich solche, die klar und direct durch die Gewinnung und Förderung der Kohle herrühren, die ich deshalb directe nennen möchte, und die indirecten, zu welchen Generale und Unterhaltungskosten usw. gehören, welche zwar auf die Kohlengewinnung übertragen werden müssen, aber nicht direct mit deren Stärke in Zusammenhang stehen.

In die dritte Kathegorie möchten Streckenbetriebe, Schachtabteufen und neue Maschinenbaue zu setzen sein.

Zur Ermittlung dieser verschiedenen Kosten ergiebt sich aus den mir vorliegenden Betriebsrechnungen vom Jahre 1850, daß in diesem Jahre ein Quantum von 45.045 Maßtonnen Kohle, nach dem in Rechnung gebrachten Hohlmaß, als Ergebnis des gewöhnlichen Fassungsraumes der Fördergefäße gegen die Maßtonne, gefördert worden ist.

Die Gewinnungskosten dieses Quantums betrugen an Gedingegeld incl. des Lachtergeldes in Überhauen, aber excl. desselben ansonsten

            1.452 Thl. 15 Ngr. 2 Pf.

Die Löhne bei der gesammten Förderung inkl. der Bergesäuberer und der Treibeknechte belief sich auf

            2.392 Thl. 1 Ngr. 5 Pf.

Die Unterhaltung der Dampfmaschine fällt zwar eigentlich der Wertherhaltung zur Last, ich glaube jedoch nicht sehr zu fehlen, wenn ich den ganzen Kohlenverbrauch von 3.793 Tonnen à 8,2 Ngr. für

            1.036 Thl. 22 Gr. 6 Pf.

hier in Rechnung bringe und bloß den übrigen Aufwand an Oel und Inselt, Reparaturkosten usw. unter den allgemeinen Ausgaben auf die Wertherhaltung rechne.

Von der Zimmerung ist bloß derjenige Theil zu den directen Kosten zu rechnen, welcher zur Verwahrung des Hangenden in den Abbauen dient und nach Obigem mit 13,7 Ngr. zu 36 £ Ellen an Holzaufgang zu berechnen ist, da die Häuer die Arbeit im Kohlengedinge ohne besondere Verlohnung mit verrichten müssen.

Wenn nun im Jahre 1850 ein Quantum von 45.045 Tonnen = 320.807.720 Kubikzoll Kohle gefördert wurde, so giebt dies, da der Raum der gewonnen Kohle zu dem der vorhandenen sich bekanntlich

            wie 1,37 : 1 verhält,

234.578.329 Kubikzoll anstehende Kohle und bei 18 Zoll durchschnittliche Mächtigkeit der reinen Kohle 13.009.878 Quadratzoll = 22.586 £ Ellen Fläche. Theilt man diese Fläche in Felder von 36 £ Ellen, so erhält man deren 527, welche nach Obigem einen Holzaufwand von 292 Thl. 19 Ngr. 9 Pf. verursacht haben.

Zu diesen Kosten gehört endlich der an die Grundbesitzer zu entrichtende Tonnenzins, welcher je Tonne 12 Pf. beträgt, also im Jahre 1850

            45.045 x 12 Gr. = 1.640 Thl. 24 Ngr.

betragen hat.

Demnach beliefen sich die reinen Productionskosten von 45.045 Tonnen Kohle auf

            1.452 Thl. 15 Ngr. 2 Pf. Gewinnungskosten

            2.392 Thl.   1 Ngr. 5 Pf. Förderlöhne

            1.036 Thl. 22 Ngr. 6 Pf. Heizung der Dampfmaschine

               292 Thl. 19 Ngr. 9 Pf. Zimmerungskosten

            1.640 Thl. 24 Ngr. – Pf. Tonnenzins                                       

            6.815 Thl. 23 Ngr. 2 Pf. summa

und berechnen sich pro Tonne Kohle auf

           4,98 Ngr.

Der Vergleich mit der oben genannten Zahl von 9 Ngr. 2,88 Pf. Verkaufserlös pro Fördertonne dürfte die Erben beim Lesen des Gutachtens an dieser Stelle sehr optimistisch gestimmt haben. Doch damit war´s ja noch nicht getan, wie Herr Netto gleich auch erläuterte:

   

Zu den Kosten der zweiten Kathegorie gehören zunächst die Administrationskosten, welche für jetzigen Betrieb jährlich eine Summe von

            438 Thl. beanspruchen.

Ferner sind Materialien aller Art, die zwar für verschiedene Zwecke, sowohl in der Grube als über Tage verwendet werden, für deren Vertheilung mir aber in den Rechnungen nicht das mindeste Anhalten gegeben ist., sowie Steuern und Abgaben aller Art, Schmiedekosten, Markscheidergebühren, Gratificationen usw. hier zu berechnen, welche im Jahre 1850 nach Abrechnung des in den Förstenbauen verwendeten Holzes

            1.689 Thl. 7 Ngr. 2 Pf. – 292 Thl. 19 Ngr. 9 Pf.

            = 1.396 Thl. 17 Ngr. 3 Pf.

betrugen.

Die Löhne für die Zimmerlinge mit Einschluß des Kunstarbeiters und desjenigen Mannes, der das Sortiren der Kohlen besorgt, beliefen sich auf

            676 Thl. 7 Ngr. 2 Pf.

Ferner erhält der Schmied von dem Werke angeblich nach einem früheren Vergleich wöchentlich 1 Tonne Schmiedekohle, was jährlich eine Ausgabe von 52 x 18,8 Ngr.

            = 32 Thl. 27 Ngr. 6 Pf. verursacht.

Endlich haben die Beiträge zur Knappschaftscasse seitens des Werkes, welche in bestimmten Verhältnis sich nach den von den Arbeitern eingezahlten Summen richten

            38 Thl. 10 Ngr. 7 Pf.

betragen.

Die gesammten hierher gehörigen Kosten erreichten demnach eine Höhe von

               438 Thl.   – Ngr. – Pf. Administrationskosten,

            1.396 Thl. 17 Ngr. 3 Pf. Materialien,

               676 Thl.   7 Ngr. 2 Pf. Zimmerlingslöhne,

                 32 Thl. 27 Ngr. 6 Pf. an Kosten für den Schmied,

                 38 Thl. 10 Ngr. 7 Pf. Knappschaftscassenbeitrag.        

            2.581 Thl. 23 Ngr. 8 Pf. summa  

und berechnen sich demnach pro Tonne Kohle auf

            1,887 Ngr.

Ohne Berücksichtigung der Ortsbetriebe, auf welche im Jahre 1850 eine Summe von 587 Thl. 9 Ngr. 3 Pf. verwendet wurde, kostete demnach jede Tonne Kohlen zu produciren

            4,98 Ngr.

            1,887 Ngr.   

            6,867 Ngr.

und es ergab sich demnach, da auf die Kosten der 3ten Kathegorie hier nicht Rücksicht genommen zu werden braucht, die später einer besonderen Rechnung zu unterwerfen sind, pro Tonne ein Überschuß von

            9,288 – 6, 867 = 2,421 Ngr.“

  

„Wenn ich nun zur Beantwortung der dritten Frage:

Welche Quantität bauwürdiger Kohle verspricht das Werk künftig noch zu liefern,

übergehe, so muß ich zuvörderst bemerken, daß leider der jetzige Zeitpunkt hierzu im höchsten ungünstig ist, weil zunächst das vielversprechende 4te (Neue) Flötz noch zu wenig untersucht ist, um mit einiger Sicherheit eine Berechnung auf dasselbe begründen zu können, obgleich es, wenn es mit gleicher Consequenz, wie die übrigen Flötze so fortsetzt, wie es getroffen worden ist, eine bauwürdige Fläche von durchschnittlich 60 Lachter Höhe über der tiefsten Strecke und von 320 Lachter Länge, also nach Abrechnung von 25% auf Verdrückungen und taube Mittel von 60 x 320 x ¾ = 14.400 £ Lachtern zu geben verspräche, woraus ein Quantum von ohngefähr 310.000 Tonnen Kohle zu gewinnen sein könnte.

Ferner ist das Fortsetzen der Flötze westlich von der mehrfach erwähnten Verdrückung erst an einem einzigen Punkte nachgewiesen und auch an diesem einzigen Punkte hat man erst einige und 20 Lachter jenseits dieser Verdrückung aufgefahren.

Obgleich sich daher hier ebenfalls dem künftigen Abbau ein neues und möglicherweise sehr weites Feld darbietet, so steht man doch auch hier erst am Anfange der Untersuchung derselben und leider nicht im Stande, mit irgendeiniger Sicherheit eine Berechnung darauf zu gründen, während man bei schwunghafter Fortstellung der Örter sehr wahrscheinlich in wenig Jahren überzeugen wird, daß die auf geognostischer Beobachtung begründeten Hoffnungen sich realisiren.

Unter diesen Umständen lassen sich aber mit einiger Sicherheit gegenwärtig nur die wenigen, über der tiefsten Strecke noch anstehenden, sowie die in deren Sohle bekannten Mittel auf dem 2ten und 3ten Flötze in Rechnung bringen.

Was die ersteren anlangt, so sind diese im Ganzen nur unbedeutend und dürften im Laufe des jetzigen Jahres größtentheils noch abgebaut werden.

In Hinsicht auf die letzteren aber ist kein Grund vorhanden, das tiefere Niedersetzen der Flötze in ihrer bisherigen Mächtigkeit und Güte zu bezweifeln, da vielmehr aus geognostischen Gründen zu erwarten ist, daß dieselben bei zunehmender Teufe ein flacheres Fallen annehmen und dabei eher mächtiger als schwächer werden, und es fragt sich daher nur, welche Teufe man hier in Rechnung bringen will.

Das nächste Anhalten hierzu geben meines Erachtens die jetzt vorhandenen Maschinenkräfte, welche nach Versicherung des Herrn Kunstmeisters Braunsdorf völlig ausreichen, um noch 30 Lachter saiger tiefer niederzugehen, was um so enleuchtender erscheint, wenn man bedenkt, daß gegenwärtig die Dampfmaschine bei weitem nicht halb so viel zu leisten braucht, als sie zu leisten im Stande ist.

Teuft man nun 30 Lachter saiger mehr ab, so giebt dies ohngefähr 35 Lachter flache Teufe und auf dem 2ten und 3ten (dem Haupt- und dem liegenden) Flötze bei einer Längenausdehnung von 320 Lachtern zusammen eine Fläche von

            2 x 320 x 35 = 22.400 £ Lachtern,

welche allerdings insofern auf 16.800 zu reduciren ist, als wenigstens ¼ der ganzen Fläche auf Verdückung und taube Stellen zu rechnen ist.

Da jedoch das 4te (neue) Flötz zuverlässig auch zu der Production nicht unwesentlich beitragen, so wie auch das erste (hangende Flötz) bauwürdige Punkte darbieten wird, worauf keine besondere Rechnung begründet werden soll, so hat man meines Erachtens nichts zu verlieren, wenn man die berechnete Fläche ungekürzt in Rechnung bringt.

Wenn nun bei 18 Zoll mächtiger Kohle ein Quadratlachter 22,32 Tonnen Kohle giebt (wofür eine runde Summe von 22 zu setzen sein möge), so sind aus obiger Fläche

            22.400 x 22 = 492.800 Tonnen

zu gewinnen, welche bei einem jährlichen Förderquantum von ohngefähr 45.000 Tonnen, das nach einem zehnjährigen Durchschnitt ohngefähr abgesetzt wird, in 12 Jahren abgebaut sein werde.

Rechnet man nun nach Obigem pro Tonne einen Reinertrag von 2,4 Ngr., so giebt dies einen Gewinn von

            39.090 Thl. – Ngr. – Pf.“

  

„Derselbe wird jedoch durch folgende Ausgaben wieder bedeutend reducirt.

Zunächst muß sowohl der Kunstschacht, als der Adolphschacht, ersterer 35, letzterer 30 Lachter tiefer niedergebracht werden.

Rechnet man nun im ersten vom Schacht das Lachter Abteufen nebst Satzeinbau zu 50 Thlr., in letztem aber zu 100 Thlr., so giebt dies eine Summe vion 5.500 Thlr., welche im Laufe der obgedachten 12 Jahren zu übertragen ist.

Ferner ist darauf zu sehen, daß die Zimmerung im Adolphschachte nach und nach in dieser Zeit 1 ½ mal zu erneuern ist, wofür eine Summe von 1.900 Thlr. zu nehmen ist, da in dem Schachte 120 (?) liegen und jeder derselben für 21 Ngr. einmal auszuwechseln steht.

Ebenso ist die Zimmerung im Kunstschacht 1 ½ mal zu wechseln, welches nach diesem Verhältnis, wenn man die Erneuerung von 6 Ellen Wandruthen der Bolzenschrotzimmerung 895 Thl. 24 Ngr. kostet, dafür 900 Thl. zu setzen sind.

Demnach ist auf Schachtabteufen und Schachterhaltung eine Summe von

            5.500 + 1.900 + 900 = 8.300 Thl.

zu rechnen, wofür, da auch in den nachzustoßenden 30 Lachtern während 12jähriger Betriebszeit wieder Reparaturen vorfallen, nebst 10% für unvorhergesehene Fälle, eine runde Summe von

            10.000 Thl. – Ngr. – Pf.

anzusetzen sein dürfte.  

Ferner ist die abzubauende Fläche von 35 Lachter flacher Teufe, um den regelmäßigen Aushieb derselben vorzurichten, dreimal auf beiden Flötzen zu durchörtern, was eine Ortslänge von 320 x 2 x 3 = 1.920 Lachtern giebt.

Da ich aber gerechnet habe, daß 25% des Ausbringens vom 1ten und 4ten Flötze als Ersatz für die Verdrückungen und tauben Stellen auf dem 2ten und 3ten gewonnen werde, so sind dieser Ausfall mindestens 1.920 / 4 = 480 Lachter zuzusetzen, also im Ganzen 2.400 Lachter Ort aufzufahren, welche bei einem Lachtergeld von durchschnittlich 3 ½ Thl. pro Lachter (im Jahre 1850 betrug dasselbe 3 Thl. 11 Ngr. 5 Pf.) eine Summe von 8.400 Thl. beansprucht.

Obgleich die Kosten für Holzmaterialien schon oben unter den allgemeinen Materialien mit berechnet sind, so ist doch im Jahre 1850 verhältnismäßig wenig Ort aufgefahren, also auch wenig Holz verbraucht worden, daher man füglich pro Jahr 50 Thl. dafür zu setzen und demnach diese Position um 50 x 12 = 600 erhöhen und auf

            9.000 Thl.

setzen kann.

Wenn das 4te Flötz nach dem oben hierüber Gesagten durchschnittlich 31 ½ Lachter vom 1ten entfernt liegt, und alle Flötze doch wenigstens an einem Punkte in jeder Sohle aufgesucht werden müssen, so sind 31 ½ x 3 = 91,5 Lachter Querschlag zu treiben, wofür man auch gut 120 Lachter nehmen kann. Kostet 1 Lachter Querschlag 5 ⅔ Thl. (im Jahre 1850 durchschnittlich 5 Thl. 19 Ngr. 3 Pf.) so ist hierfür eine Summe von

            1.040 Thl.

erforderlich.

Subtrahiert man demnach diese Kosten von

            10.000 Thl. – Ngr. – Pf.,

              9.000 Thl. – Ngr. – Pf.,

              1.040 Thl. – Ngr. – Pf.,                

            20.040 Thl. – Ngr. – Pf. summa  

von dem oben errechneten Überschuß, so bleibt ein Rest von

            39.090 – 20.040 = 19.050 Thl.

als Gewinn.

Da sich derselbe jedoch nicht auf einen Zeitraum von 12 Jahren regelmäßig verteilt, ist der gegenwärtig dafür zu rechnende Werth folgendermaßen zu bestimmen:

Wenn der jährliche Überschuß 19.050 / 12 = 1.590 (genau 1.589 Thl. 5 Ngr. – Pf.), der Zinssatz 4% und daher insgesamt … (diese Stelle war besonders schwer zu lesen) und der Zeitraum, in welchem das Capital nebst Zinsen aufgebracht werden soll, 10 bis 12 Jahre (beträgt), so berechnet sich das dafür zu erlangende Capital auf 13.954 Thaler, als der mit ziemlicher Sicherheit gewinnbare Werth der noch gewinnbaren Kohle.

Nimmt man an, daß die Maschinen und Zugangsbaue, die zum Werthe gehören, noch einen Zeitraum von 12 Jahren (das ist Schluß des Jahres 1864) zusammen nur noch einen Werth von 4.000 Thl. haben, was ich allerdings nur willkürlich annehmen kann, da ich gar keine Unterlagen für eine derartige Abschätzung habe, was aber gewiß nicht zu hoch geschätzt ist, so würde für dieselben im jetzigen Jahre, mit Berücksichtigung der Interessen, eine Summe von 2.532 Thalern anzunehmen sein, indem die Zinsen auf den zwölfjährigen Zeitraum zu übertragen sind, während diese Anlagen in dieser Zeit keinen andren Nutzen gewähren, als daß sie zur Unterhaltung des Betriebes nothwendig sind und also als Mittel dienen, um den aus diesen zu ziehenden Gewinn zu ermöglichen.

Demnach wird der Werth des ganzen Werkes auf

            13.954 + 2.532 = 16.486 Thaler

zu schätzen sein.

  

Indem ich hiermit die mir gestellte Aufgabe, insoweit es die obwaltenden Verhältnisse gestatten, gelöst zu haben glaube, kann ich nur zum Schlusse nochmals darauf hinweisen, daß ich bei dieser Berechnung bloß die, wenigstens auf einer Seite verfahrenen Mittel zugrunde gelegt, auf das (?) 4te Flötz dabei aber nur wenig gerechnet und das Fortsetzen der Flötze gegen West und Nordwest, wo sich wahrscheinlich dem künftigen Abbau ein sehr großes Feld darbieten wird, ganz unberücksichtigt gelassen habe.

Endlich verdienen auch die Neuglücker Flötze in dieser Hinsicht einige Berücksichtigung, da dieselben leicht möglicherweise im westlichen Grubenfelde sich bauwürdig erweisen und nach Aushieb der Kohlen der jetzt bebauten Flötze (im sogenannten Gerichtsfelde) und Versetzung der Maschinen auf die erstren noch eine bedeutende Production hoffen lassen.

Freiberg, den 28. Februar 1852   
Gustav Adolph Netto,   
Berggeschworener.   

Nachträglich sehe ich mich noch zu der Bemerkung veranlaßt, daß mir vor Ablieferung dieser Schrift noch ein Croquis von der Berthelsdorfer Flur nebst einem Verzeichnis derjenigen Grundbesitzer mitgetheilt worden ist, mit denen Contracte wegen des Abbaus der Kohlenflötze in ihrem Territorio abgeschlossen sind, woraus hervorgeht, daß sich diese Contracte auf einen Flächenraum von 1.536 Acker, 246 £ Ruthen und somit fast auf die ganze Berthelsdorfer Flur erstrecken.“

Auch für dieses Gutachten entstanden den Erben übrigens Kosten in Höhe von 48 Thalern, 26 Neugroschen, deren Empfang Herr Netto am 4. Mai 1852 quittierte.

  

Im „Prospectus” zur Gründung des Berthelsdorfer Steinkohlenbergbau-Verein aus dem Jahre 1857 wird u. a. von E. F. B. Lorenz eingeschätzt, daß seit dem Beginn der Berthelsdorfer Bergbauunternehmungen im Jahre 1783 (Anm.: Der tatsächliche Beginn lag früher, wahrscheinlich um 1705) und bis zum Jahre 1852, dem Ende der Fiedler'schen Unternehmungen, ein höchst vorteilhafter Bergbau mit einer jährlichen Ausbeute von 40.000 bis 50.000 Scheffel Kohle umgegangen sei und eine Bruttoeinnahme von bis zu 15.000 Thalern jährlich gewährt habe.

Nun kam Herr Netto diesbezüglich auf eine viel niedrigere Zahl, nämlich auf nur rund 1.590 Thaler Gewinn pro Jahr und als Geschworener und von den Interessen dieses Werkes gänzlich unabgängiger Gutachter mußte er´s ja schließlich wissen. Abgesehen von dem Absatz der Steinkohle an andere Abnehmer hat Herr Fiedler die Steinkohle natürlich zu einem großen Teil auch für die Heizung der eigenen Dampfkessel in seinen Textilbetrieben sowie für die Kalköfen bei Memmendorf selbst verbraucht, so daß ihm zumindest der Absatz stets gewährleistet war. Letzteres wird die Kohlengrube für ihn in besonderem Maße rentabel gemacht haben.

Für die Erben stand nun die Frage, ob man die eigene Gewinnung selbst fortführen wolle oder ob es nicht unter´m Strich doch billiger war, sich die Kohle über das zu dieser Zeit ja schnell anwachsende Schienennetz von anderen Orten nach Oederan liefern zu lassen. Auch die auf nur noch zwölf Jahre eingeschätzte, anhand der bekannten Vorräte noch gesicherte Betriebszeit der Kohlengrube dürfte die Entscheidung beeinflußt haben. Jedenfalls entschieden sich die Erben für den Verkauf des Werkes. Der beim Verkauf erzielte Preis von 11.100 Thalern liegt zwar unter dem von Netto errechneten Zeitwert von 16.486 Thalern ‒ aber einen Käufer für ein ganzes Bergwerk mußte man auch erstmal finden...

   

 

 

Die Bergbauunternehmungen des Schmiedemeisters Johann Friedrich KUNTZE aus Berthelsdorf, später Freiberg (von ca. 1853 bis 1857)

 

Die „Familien-Verhältnisse des verstorbenen Vorbesitzers A. G. Fiedler gaben im Jahre 1852 dem Werke einen neuen Besitzer, der aber, da der Hauptschacht (Adolphschacht) zu Bruche gehen wollte und die Tagegebäude den Einsturz drohten, beregten Schacht abwarf, die alten auf den Gerichtsflötzen zum Ersaufen kommen ließ und sich sodann 86 Lachter nördlich vom Adolphschacht ein frisches Feld mit einen neuen saigeren Schachte… ansetzte.” (Bergverwalter Ritter 1856/57)  

Bei Geinitz liest sich die Lage der Kohlenschächte noch viel dramatischer: „…wobei zum Zeitpunkt des Besitzerwechsels der Betrieb auf dem Windmühlenschacht bereits längere Zeit ruhte und der Adolph Schacht im Juni 1852 zusammengestürzt und ungangbar war. Selbst der noch 1852 nutzbare Kunst- und Gassenschacht wurde den Grubenwässern nicht mehr Herr und wurde im Mai 1853 nicht mehr gangbar.“  

Tatsächlich hatte der Schmiedemeister Johann Friedrich Kuntze, vermutlich in den Jahren 1853 bis 1855, die Werke des Tuchfabrikanten Adolph Gottlob Fiedler aus Oederan sowie die vorhandenen Abbaurechte von dessen Erben für 4.500 Mark und die Maschinen für 6.600 Mark gekauft.

Anm.:  Dabei stellt sich d. A. die Frage der Finanzierung des Kaufs durch einen „Dorf-Schmiedemeister“ und, wenn er die Summe schon begleichen konnte, für die nachfolgenden Investitionen im Schachtbau, offensichtlich ohne Amortisation durch die „geringe“ Ausbringung an Kohlen.

Seit dem 27.02.1854, sind die Kohlenabbaurechte des J. F. Kuntze, besonders unter Folie 8 (beim Erbgerichte) in Rubrik I für den Schmiedemeister als Eigentümer eingetragen und waren es am 28.11.1868 noch immer.  

Selbst am 25. September 1890, ist gemäß der nachfolgenden Grundbucheintragung dieses Recht noch immer für die lfd. Nr, 22. bestätigt: „In den nach Nr. 15. hinzugeschlagenen, mit Parz. Nr. 64b. des Flurbuchs verschmolzenen, Theilen der Parz. Nr. 71 und 583 … (s. a. Lfd.Nr.15. des Grundbuchs) 15. October 1875 hinzugeschlagenen zwei mit Nr. 64b. des Flurbuchs verschmolzene Trennstücke aus Nr. 71. und 583. welche Louis von Limburg von Friedrich Hermann Genge um 165 M gekauft hat, besage Kaufs vom 20. Juli 1873 und tabell. Anz. vom 6. Juli 1873. -Specialacten Nr. 48 Bl. 171b flg. -Steinkohlenabbaurecht f. Nr. 22“) …steht dem Schmiedemeister Johann Friedrich Kunze in Berthelsdorf für Recht des Steinkohlenabbaus zu, lt. Antrags vom 10. September 1847, Kaufs und Certiers...tangs (?) vom 1. Januar 1853 und Registratur vom 17. Februar 1854, sowie vom Beschluß des König. Oberlandgerichtes vom 24. Juni 1890. Akten Kap. XIV Nr. 17 Bl.85 V Lit. BT. Nr. 9 Bl. 16 fg. Grundakten zu Fol. 4 Bl. 267 fg. Eingetr. Bl. III S.217 Schreiber Buch.“

Anm.: Kuntze, in diesem Eintrag Kunze, hatte also bereits seit 1847 ernste Absichten eines Steinkohlenbergbaus in Berthelsdorf. Auf dem Grund- und Saigerriß von Berthelsdorf über die Jahre 1814 bis 1878 ist eine Rainung des Grundeigentümers „Meister Kunzen” ausgewiesen, die sich zwischen dem Grundstück des Grundeigentümers Erbrichter Lange und des Richter Häner befindet. Häners Grundstück grenzt wiederum an das Grundstück eines Lange an, auf dem sich der Vierseitenhof des Erbgerichts befindet. Die Identität der Anrainer muß noch weiter konkretisiert werden.

Kuntze's Anwesen lag vis a vís des Erbgerichts auf dem gegenüberliegenden Ufer der Kleinen Striegis. Heute ist von diesem lediglich noch ein Gebäude erhalten geblieben. Links der Zufahrt zum Anwesen befindet sich heute das Bortsmann'sche Gut.

In der Rainung des „Kunze“ liegen auch zwei Vierseitenanwesen, wovon das eine höchstwahrscheinlich Schmied Kuntze zuzuordnem ist. Das Gehöft Borstmann ist auf diesem Riß offensichtlich noch nicht verzeichnet.

Trotz unterschiedlicher Schreibweise der Namen ist anzunehmen, daß Schmied Kuntze also selbst Hufengrundbesitzer in Bertheldorf war und somit auch auf seinem eigenen Grund und Boden nach Steinkohlen graben wollte. Aber auch er wird auf diesem Grund- und Saigerriß nicht als bergbautreibender Grubenbesitzer benannt.  

 

Kuntze jedenfalls ließ einen neuen Schacht (neuer Windmühlenschacht) in der Nähe des zwischenzeitlich verfallenen (alten) Windmühlenschachtes auf die Neuglückflözen abteufen (auch Kuntze's Schacht genannt), der aber während des Baues zweimal zu Bruch kam, schließlich mit 37 m das Rotliegende durchsank und bei 40 m ein 50 cm starkes Flöz erreichte, das bei 60 m Teufe durch Querschlag ausgerichtet wurde und stellenweise sogar eine Mächtigkeit von über 1 m besessen haben soll.

Ferner ließ Kuntze den „Friedrich Schacht“ abteufen, welcher eine Tiefe von über 34 m erlangte und ein 15 cm mächtiges hangendes, sowie ein 50 cm bis 1,1 m mächtiges liegendes Flöz mit einem Zwischenmittel von 4 bis 6 m ausrichtete. 

  


Wieder die übersichtlichere Darstellung aus Rothpletz: Rot markiert Kuntzes Schacht (links) und der Friedrich Schacht (rechts) auf den Neuglücker Flözen.

       

Detaillierteres wußte Bergverwalter H. Ritter: „Von selbigem (dem neuen Schacht des Kuntze, d. A.) fuhr man in 36 und 84 Ellen Tiefe querschlagsweise gegen Nord die schon erwähnten sogenannten Neuglücker Flötze an, von welchen das eine nicht weiter in Betracht zu ziehende 12 Zoll, das andere aber 36 Zoll mächtig ist. Nur auf letztem hat man den Ortsbetrieb und Abbau eröffnet, das Erstere als zu gering mächtig unverritzt gelassen.

Am 3.Mai l. J. (Anm.: letzten Jahres, wäre also das Jahr 1855?) fuhr man ein 3. Flötz ebenfalls von 36 Zoll Mächtigkeit in der 84 Ellen Strecke im Hängenden des in Abbau stehenden an.

Die Belegung beträgt zur Zeit 12 bis 16 Mann, welche durch den Betrieb von 4 Kohlenörtern und 6 Förstenstößen ein jährliches Kohlenquantum von 14.000 Scheffel producieren.

Dabei erfolgt die Schachtförderung mittels Menschenhänden durch einfachen Haspel, die Wasserhaltung hingegen durch ein Radgezeug, an dessen Stelle bei Wassermangel die auf dem früheren Adolphschacht gestandene Dampfmaschine wirkt.“  

Anm.: Hier wird ein Widerspruch zu den Angaben von Geinitz im Jahre 1856 deutlich, der den Verkauf der Dampfmaschine des Adolph Schachtes beschreibt und daß Berthelsdorf von Dampfmaschinen entblößt sei – oder hat Kuntze diese Dampfmaschine zurückgekauft ?!  

Die vorhandenen Grubenwasser wären zur Zeit nur sehr unbedeutend und meist nur bloße Tagewassern. Der soeben besprochene Betrieb ist es nun, der heutigen Tags den Berthelsdorfer Steinkohlen-Bergbau bescheiden repräsentiert…”  

Anm.: Die K. F. Engler zugesprochene Aussage, wonach  „…der derzeitige Besitzer einige Jahre mit kleiner Belegschaft arbeiten ließ unter ungünstigsten Verhältnissen und förderte, d. h. mit bloßer Menschenkraft, auf sehr kleinem Raume und ohne weiteres Anlagecapital, als die vorhandenen einfachen Berggebäude repräsentieren, täglich mindestens 60 Dresdener Scheffel Kohle…“ ist wohl eher auf Schmied Kuntze zu beziehen, als auf den nachfolgenden Karl Friedrich Engler.

Der Name Kuntze wird im November / Dezember 1855 auch beim Stadtrat Hainichen als Grubenbesitzer aktenkundig, da ein Kaufmann Walther aus Leipzig mit dem Stadtrat von Hainichen über einen Vertragsentwurf und um den Kohlenzins feilscht. Er hält dem Stadtrat Hainichen, nach Erkundigungen in Berthelsdorf u. a. „...bei Frau Kuntzen durch Herrn Kühnel aus Rochlitz“, den dortigen Zins unter dem Hinweis vor, daß „...in den Nachbarfluren die Kohle Zwickauer und Würschnitzer Qualität...“ erreiche. Der Stadtrat senkte daraufhin den Zins von 3 auf 2 Thaler pro Scheffel.  

Anm.: Warum sich der Herr Kühnel bei Frau Kuntze erkundigte und nicht bei ihrem Gatten und ob es sich dabei um die Gattin des Schmied Kuntze handelte, ist noch ungeklärt.

Im Jahre 1859 wurde eine Beschädigung der Gebäude Heinkes in Berthelsdorf durch den Kohleabbau beim Gerichtsamt Hainichen aktenkundig, die im Staatsarchiv Leipzig, Bestand 20093, AH Döbeln, 6484, noch auszuwerten ist. 

In der Folgezeit gab es Bestrebungen des Kuntze zur Veräußerung seiner Bergbaurechte. Ursache und Motiv dafür sind bisher nicht bekannt. Er scheint aber Käufer gefunden zu haben, so daß Bergwerksdirektor Fritz Feller 1917 rückblickend zu berichten wußte, daß das Bergwerkseigentum schließlich „37 Besitzer hatte, die unter sich niemals einig waren, große Prozesse führten, die erst nach langen Jahren dadurch beendigt wurden, daß das Gericht vor einigen Jahren die Abbaurechte öffentlich versteigern ließ... Diese wurden alsdann vom Bergwerksdirektor Engler erstanden.”  

Anm.: Ob es sich dabei tatsächlich um 37 verschiedene Besitzer der Bergbaurechte gehandelt hatte, oder um eine entsprechende Anzahl verschiedener Grundbesitzer, mit entsprechenden Rechtsansprüchen, ist bisher ungeklärt. Ebenso unbestätigt ist die Ersteigerung der Bergbaurechte durch Engler. Bisher ist lediglich bekannt, daß Erbrichter Voigts (offensichtlich der Nachfolger des Erbrichters Lange) im Jahre 1870 Bergwerkseigentum (Schachtgebäude auf seinem Grundbesitz) versteigerte. Ein Erwerb durch Engler ist daraus bisher nicht belegt.

Auch das Königliche Gerichtsamt Hainichen versuchte am 14. Mai 1912, das Bergbaurecht und Bergwerkseigentum der Witwe des Engler zu versteigern. Auch dieser Versuch scheint erfolglos gewesen zu sein.

Im Jahre 1857 soll Kuntze dann tatsächlich einige seiner Bergbaurechte an Karl Friedrich Engler aus Freiberg, später Hof- Lößnitz verkauft haben, blieb aber zugleich noch Grundbesitzer in Berthelsdorf und behielt offensichtlich auch noch Teile des Steinkohlenbergbaurechts dort, wie die Dokumente zum Kauf dieser Rechte durch Herrn Heinrich Pöland im Jahre 1872 ausweisen.  

Zur Gründung eines Berthelsdorfer Steinkohlen- Aktienvereins hatte Pöland seit 1872 notarielle und andere rechtliche Schritte unternommen, „das Steinkohlenbaurecht in Berthelsdorf mit allen Rechten und Gerechtigkeiten” den Herren

  1. Johann Friedrich Kuntze, Hausbesitzer in Freiberg,
  2. Carl Friedrich Engler, Bergwerksbesitzer in der Hof-Lößnitz,
  3. Hermann Julius Richter, Haus- und Steinbruchbesitzer in Falkenstein,

als „einzige und alleinige Besitzer des Steinkohlen-Bau-Vereins Gottes Segen zu Berthelsdorf“, abzukaufen.

Wobei Herr Engler zugleich „die Vertretung aller etwaig von dritter Seite her zumachender Ansprüche ohne weiteres Zuthun der Herrn Richter und Kuntze (übernimmt), indem er versichert, dass er Niemanden kennt, welcher ein Recht oder Ansprüche an das Werk zu machen habe.” 

Der Kaufpreis betrug 20.000 Thaler, wobei sich der Pöland zur Bezahlung, nach Gründung des Aktienvereins, in Vollaktien per Stückelung von 4.000 Taler an Kuntze und je 8.000 Thaler an Engler und Richter verpflichtete.  

Doch die Kohlenabbaurechte in Berthelsdorf, auch das des Johann Friedrich Kuntze, waren zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr unumstritten.

Die am 24.01.1870 vorherrschende Rechtsauffassung des Bergamtes Freiberg widersprach u. a. dem Kohlenabbaurecht des Kuntze, da dieser es aufgrund der Nichtinanspruchnahme seit 1860 (seit dem ruht de facto der Bergbau in Berthelsdorf) verwirkt hätte und dieses somit an den Grundbesitzer Voigts zurück gefallen sei.

Diese Rechtsauffassung war vom Bergamt erstmalig im Zusammenhang mit dem Kohlenschachtsturz auf dem Grund des nunmehrigen Erbgerichtsbesitzer Gustav Adolf Voigts am 21.12.1867, geäußert worden. Demgegenüber wurde aber auch bestätigt, daß die Kohlenabbaurechte am 28.11.1868 noch immer für den Schmiedemeister Johann Friedrich Kuntze als Eigentümer eingetragen waren. Dieser Fakt erfuhr mit der zuvor erwähnten Kaufabsicht des Pöland ab dem Jahre 1872 erneut Bestätigung.  

Anm.: Liegt hierin der Grund, weshalb Pöland zeitnah seine Kaufaktivitäten einstellte ?  

Im Januar 1870 erklärte sich der Sohn des Johann Friedrich Kuntze, der Schmiedemeister, später Handarbeiter, Franz Wilhelm Kuntze, gegenüber dem Königlichen Gerichtsamt Hainichen bereit, den noch immer nicht sanierten Schachtsturztrichter, 6 Ellen vom gefährdeten Huthaus, durch Erdarbeiten zu beseitigen, um in diesem noch immer bestehenden Eigentum seines Vaters Wohnsitz nehmen zu können.  

Anm.: Ob das erlaubt wurde und ob der Sohn Kuntze's später in das Huthaus einziehen konnte, ist noch zu klären.  

Am 17. März 1873 war eine Generalversammlung zur Auflösung eines Berthelsdorfer Steinkohlenbau- Vereins in Leipzig vom Vorsitzenden Theodor Hermann aus Altenburg inseriert worden, ohne daß im Folgenden der Akte die Namen Kuntze oder Engler erwähnt wurden.

Erst der Grundbucheintrag unter lfd. Nr. 31. vom 29. Dezember 1923 beweist die Löschung des Steinkohlenabbaurechts unter lfd. Nr. 22., nbr. 15. des Kunze. Gr. Akt. 143 Bl. 209.  

Da aufgrund fehlender Nennung der korrekten Vornamen oder der exakten beruflichen Tätigkeit nicht immer zwischen den verschiedenen Personenidentitäten Kunze oder Kuntze unterschieden werden konnte, sind Verschiebungen der Zuordnung bestimmter Textstellen durchaus noch möglich.

  


Das Huthaus steht bis heute (Foto G. Mühlmann 2011).

  

 

 

Die Bergbauunternehmungen des Karl Friedrich ENGLER bei Hainichen von um 1857 bis 1918

  

Im Jahre 1857 verkaufte Johann Friedrich Kuntze aus Berthelsdorf, später in Freiberg ansässig, zumindest einen Teil seiner Bergbaurechte an Karl Friedrich Engler aus Freiberg, der nach bisherigen Erkenntnissen auch im Döhlener Revier von 1876-1880 Versuche eines Steinkohlenbergbaus (40050, Nr. 21) unternommen hatte. 

Der Name K. F. Engler taucht bereits 1859-1862 aber auch als Bergbautreibender auf der Robert- Fdgr. in  Wahlen bei Crimmitzschau (40169, Nr. 1455), sowie nach 1884 als Lehnsträger des  Neujahr Stollens in  Wildenau bei Schwarzenberg (40169, Nr. 1382, vgl. auch Jahrbuchausgaben bis 1879) und Besitzer der Grube Friedrich Georg zu Pretzschendorf (vgl. Jahrbuch 1884) auf. Herr Engler war offenbar ein recht umtriebiger Mensch, der es allenthalben wieder probierte, auch wenn Erfolge dabei eher dünn gesät waren...

Engler wird in einem Gutachten des Bergwerksdirektor Fritz Feller, das dieser nach 1900 erstellte, als eine Person bezeichnet, die über „lange Zeit der technische Leiter des Berthelsdorfer Revieres gewesen (sei)“. Er dürfte wohl noch heute (also damals) der einzige sein, der die Abbauverhältnisse genau kenne. „Er habe die Schächte selbst befahren und den Betrieb daselbst geleitet, und hätte, wäre er nicht von der Gediegenheit und Abbauwürdigkeit der Kohlenlager aus eigener Anschauung und Kenntnis überzeugt, wohl nicht ein Vermögen daran gesetzt haben, die Abbaurechte zu erwerben und das Steinkohlenfeld aufs neue zu vereinen.“  

Engler gründete zum Abbau der Steinkohlen in Berthelsdorf wohl noch im Jahre 1857 eine Aktiengesellschaft mit dem Namen „Berthelsdorfer Steinkohlenbergbau-Verein“.

Kohlenwerksinspektor Koettig bezeichnet diesen Verein im Jahre 1861 im statistischen Teil seiner Schrift über das Jahr 1858 unter „Name des Besitzers“ als „Leipzig-Berthelsdorfer Steinkohlenbauvereinauf den Ortsfluren Berthelsdorf und Neudörfchen (?) auf einem Areal von 1.500 Acker Fläche für den Abbau von fünf Flötzen mit einer Mächtigkeit von zwei Lachtern“.

Der Zweck des Vereins war der Abbau und die Verwertung der Steinkohlen „unter denjenigen Feldern der Berthelsdorfer Fluren, unter denen er (der Verein d. A.) das Abbaurecht erworben hat… anderweitige Kohlenfelder … soweit solche ratsam ist vertragsweise oder durch gesetzmäßige Aufrufung der Grundbesitzer (Mandat vom 10. September 1822. §. 2. fg.) zu gleichem Zweck an sich zu bringen. … Die Consumtion der genannten Kohlen durch Veranlassung gewerblicher Unternehmungen, sowie überhaupt durch alle gesetzlich zulässige Maßregeln zu befördern.”  

Eine dem Autoren vorliegende Kopie einer Interims-Actie mit der Nummer 242 dieses Vereins weist den K. F. Engler, den E. F. B. (oder V.) Lorenz und den Dr. A. A. I. Roeschke als Mitglieder des Direktoriums aus. Sitz des Aktien- Vereins ist Leipzig. Die Aktie wurde am 1. November 1857 für „Ein Hundert Thaler im Münzvereinsfusse” ausgegeben.

   


Kopie im Besitz des Autoren G. Mühlmann

   

Diese Interimsaktie sollte nach der Bestätigung des Vereins durch die Hohe Königliche Staatsregierung inhaltsgleich in eine wirkliche Aktie unter obiger Nummer mit Dividendenscheinen und Leiste eingetauscht werden. Es war geplant, 1.000 Aktien im Werte von insgesamt 100.000 Talern auszugeben. Von den benötigten 100.000 Talern Aktienkapital wurden

  • 36.000 Thaler Kaufgeld für das 3.000 Scheffel Kohlenareal nebst darauf befindlichen Gebäuden, Schächten, Maschinen und Kunstgezeug, inclus. Gründungskosten des Vereins,

  • 35.000 Thaler Canon an die Grundbesitzer

  • von ca. 1.900 Scheffel Areal für Ablösung des Tonnenzinses und Abtretung eines Huthauses,

  • 29.000 Thaler Bau- und Betriebskapital zur Instandsetzung der vorhandenen und Anlegung der noch erforderlichen Berggebäude konzipiert.

Im Kaufgeld von 36.000 Talern waren – neben den Eigentumsrechten des Unterirdischen – ein Maschinen- und Kesselhaus mit Dampfkessel im Werte von 3.000 Talern, eine Dampfmaschine, 14 PS, nebst Vorgelege zur Wasserhaltung im Werte von 4.000 Talern, eine Wasserkraft nebst Wasserrad, Radstube, Wehr und Kunstgraben im Wert von 4.000 Talern, zwei gangbare und zwei vorbereitete Kohlenschächte nebst Kauen im Werte von 5.000 Talern enthalten.

Dem Verein wurde seitens der Gutachter eine „Capitalrente” von 8 % prognostiziert und mindestens das Doppelte erwartet.  

Anm.: Die dem Engler zugesprochene Aussage, wonach „der derzeitige Besitzer einige Jahre mit kleiner Belegschaft arbeiten ließ und förderte unter ungünstigsten Verhältnissen, d. h. mit bloßer Menschenkraft, auf sehr kleinem Raume und ohne weiteres Anlagecapital, als die vorhandenen einfachen Berggebäude repräsentieren, täglich mindestens 60 Dresdener Scheffel Kohle, …“ könnte auch und wohl wahrscheinlicher auf Schmied Johann Friedrich Kuntze zu beziehen sein, als auf Karl Friedrich Engler.  

Innerhalb der vier Jahre, während der Engler mittels des Aktienvereins den Kohlenabbau betrieb, öffnete er die drei Schächte auf den Gerichtsflözen und brachte den Abbau bis auf eine 160 m tiefe Strecke nieder. Zur Ausrichtung derselben Flöze auf der rechten Talseite ließ er zusätzlich den Engler Schacht teufen. Er lag genau in der Verlängerung einer über den Wind- und Kunstschacht gezogene Linie.  

  


Noch einmal die Darstellung aus Rothpletz: Rot markiert hier Engler's Schacht (ganz rechts). Die rote unterbrochene Linie verbindet Windmühlenschacht (Bildmitte unten) und Neuen Kunstschacht. Genau in der Verlängerung wollte Engler die Gerichtsflöze wieder erreichen.

  


Von Engler's Schacht existiert oberhalb der rechten Talschulter noch ein Haldenrest. Foto G. Mühlmann 2011.

  

Der Schacht durchsank bei 32 m Teufe das Rotliegende. Von der 36,5 m tiefen, im Kulm stehenden Sohle des Schachtes trieb man in südöstlicher Richtung einen Querschlag 40 m weit ins Liegende, wobei das Kulmkonglomerat (Grundkonglomerat) immer großstückiger wurde. Ein 23 m langer Querschlag ins Hangende erreichte ein 0,7 bis 1,0 m starkes Flöz, das 20 m weit in nördlicher Richtung abgebaut wurde.

Da aber hier infolge von Verwerfungen, deren Vorhandensein aus dem Streichen der Neuglückflöze konstatiert werden kann, der unterirdische Ausstrich der Gerichtsflöze etwas über 100 m jenseits dieser Linie nach NW verschoben ist, so war dieses Unternehmen von vornherein aussichtslos.  

Im Jahre 1860 / 1861 wurden die Abbauversuche de facto eingestellt, da die Geldmittel der AG bald erschöpft gewesen wären.

Außerdem wäre die AG in Prozesse verwickelt worden, infolge derer ihr die Abbauberechtigung aberkannt worden sein soll. In der „Acta (des Königlichen Amtsgericht Hainichen) das Steinkohlenabbaurecht in Berthelsdorf betreffend” wird ebenfalls auf das Ruhen des Kohlenwerkes seit 1860 hingewiesen.

Grundbuchamtlich belegt sind des Engler umfangreichen Zukäufe der Abbaurechte auf Steinkohle in Berthelsdorf auf der Basis von Erbpachtverträgen, so daß ihm letztendlich eine zusammenhängende Fläche rechteckiger Form beidseitig der Kleinen Striegis von ca. 6,5 Mio. Quadratmeter (3.000 m x 2.000 m) zum Kohlenbergbau zur Verfügung stand. 

Zugleich mit der Aufgabe des Abbaus in Berthelsdorf wandte sich Engler auch anderen Aktivitäten zu. Schon im Jahr 1859 beantragte er Abbaurechte auf der „Robert Fundgrube“ bei Wahlen (Crimmitschau). Nach Aktenlage wurde diese Grube jedoch nur in Fristen gehalten und schon 1862 wieder losgesagt. Später wurde ein C. F. Engler auch als Bergbautreibender auf der Neujahrfundgrube bei Schwarzenberg aktenkundig. In der Jahrbuchausgabe von 1886 taucht die zu diesem Zeitpunkt auf Eisenerze neu verliehene Grube und C. F. Engler als deren Besitzer in den Statistischen Mittheilungen über das Bergwesen auf das Jahr 1884 auf. Auch mit dieser Grube hatte er aber keine glückliche Hand und sagte sie 1897 los (Jahrbuch, 1898). Gemäß noch zu sichtender Unterlagen in einem Gutachten über die Kohleführung der Feldflur von Oberhermsdorf bei Zauckerode verkaufte dann um 1903 ein K. F. Engler einen Versuchsschacht auf Kesselsdorfer Flur.

Am 20. September 1867 wurde im Bergamt Freiberg ein Schachtverbruch beim Erbgericht Berthelsdorf aktenkundig, der von der Kohlenwerkinspektion untersucht und dessen Sicherung und Verfüllung verfügt wurde. Noch bis 1870 war offenkundig noch kein verantwortlicher Eigentümer gefunden, dem die Verfüllung bzw. deren Kosten auferlegt werden konnten.

Widersprüchliche Rechtsauffassungen der dabei beteiligten Kontrahenten, nämlich

  • das Bergamt bzw. die Kohlenwerkinspektion, die davon ausgingen, daß das Abbaurecht wegen de facto Stillstandes des Bergbaus seit 1860 an den Grundbesitzer zurückfiel,

  • Grundbesitzer Erbgerichtsbesitzer Gustav Adolf Voigts, der das im Grund- und Hypothekenbuch eingetragene Abbaurecht des Schmiedemeister Kuntze einklagte und

  • unter Folie 8 (beim Erbgerichte) in Rubrik I eingetragener Besitzer der Kohlenabbaurechte, Schmiedemeister Johann Friedrich Kuntze, respektive der „Berthelsdorfer Steinkohlenbergbau-Verein“ oder gar der Karl Friedrich Engler, an die ja der Kuntze seine Abbaurechte abgegeben haben soll,

führten zu einem noch Jahre andauernden Rechtsstreit.  

Aus dem Jahre 1870 wurde bekannt, daß der Erbgerichtsbesitzer von Berthelsdorf namens Voigts Schachtgebäude auf seinem Grundstück versteigerte.  

Anm.: ob es sich um Anlagen des Schmied Kuntze handelte, inwieweit der Engler einer der Ersteigerer der Anlagen war oder ob die Erfolglosigkeit der Engler'schen Unternehmungen den Anlaß dazu boten, ist noch zu untersuchen.  

Mit der Gründung des Deutschen Reiches 1871 erwachte nach A. Rothpletz „allerwärts ein reger Unternehmungsgeist,...“ der nur zu oft in die aussichtlosesten industriellen Gründungen führte. Er lenkte so auch das Augenmerk nach ca. 20 Jahre währender relativer Ruhe erneut auf die Hainichener Kulmkohlelager. 

So eröffneten 1871 / 1872 ein F. A. Oschatz aus Schönheida und ein E. Schildbach aus Greiz einen Versuchsbau auf dem Neuglückflöz in Berthelsdorf, der sich darauf beschränkte, die alten vorhandenen Schächte und Stollen fahrbar zu machen und der bereits im Februar 1872 wieder einging.  

1871 ließ der Zigarren- Fabrikant und Hausbesitzer Carl Friedrich Reinhard aus Chemnitz noch weiter im Hangenden des Neuglück- Flözes einen Schacht 14 m weit abteufen, ohne Kohle zu finden.  

Anm.: Welche Rolle der K. F. Engler oder Schmiedemeister Kuntze dabei spielten, ist bisher ebenso noch nicht bekannt bzw. noch zu untersuchen, wie auch bei der juristischen Auseinandersetzung mit dem Bergamt im Falle des Schachtsturzes. 

Im Jahre 1872 unternahm schließlich ein Herr Heinrich Pöland aus Hainichen notarielle Schritte zur Gründung eines Berthelsdorfer Steinkohlen- Aktienvereins, „das Steinkohlenbaurecht in Berthelsdorf mit allen Rechten und Gerechtigkeiten” den Herren

  1. Johann Friedrich Kuntze, Hausbesitzer in Freiberg,

  2. Carl Friedrich Engler, Bergwerksbesitzer in der Hof-Lößnitz,

  3. Hermann Julius Richter, Haus- und Steinbruchbesitzer in Falkenstein,

als einzige und alleinige Besitzer des Steinkohlen- Bau-Vereins Gottes Segen zu Berthelsdorf“, abzukaufen.  

Anm.: Letzterer trat bisher nicht aktenkundig in Erscheinung.

K. F. Engler übernimmt „die Vertretung aller etwaig von dritter Seite her zumachender Ansprüche ohne weiteres Zuthun der Herrn Richter und Kuntze, indem er versichert, daß er Niemanden kenne, welcher ein Recht oder Ansprüche an das Werk zu machen habe”, übernimmt.

Der Kaufpreis beträgt 20.000 Thaler, wobei sich H. Pöland zur Bezahlung nach Gründung des Aktienvereins, in Vollaktien per Stückelung von 4.000 Thaler an Kuntze und je 8.000 Thaler an Engler und Richter verpflichtet. Dazu sollte am 10. März 1873 der „Berthelsdorfer Steinkohlenbergbauverein“ aufgelöst werden.

Bei dem Berthelsdorfer Steinkohlenbauverein handelt es sich offensichtlich um den von Karl Friedrich Engler im Jahre 1857 gegründeten Verein, dessen bergbauliche Aktivitäten aber seit 1860 / 1861 ruhten, was zu abbaurechtlichen Problemen führte. Die Auflösung konnte aber mangels Beschlußfähigkeit erst am 17. März 1873 durch einfache Mehrheit der Anwesenheit der Generalversammlung erneut in Angriff genommen werden. Tagesordnung sollte die Neuwahl des 6 Mitglieder umfassenden Gesellschaftsausschusses und der Beschluß zur Auflösung des Vereins mittels Veräußerung der ihm zugehörigen Kohlenabbaurechte durch Annahme des dafür vorliegenden Kaufangebots sein.  

Den ersten Aufruf zur Beschlussfassung der Auflösung des Vereins, unterschrieben die Personen

  • Bernhard Tanner, Schullehrer in Großröda,

  • E. Theod. Dietrich, im Auftrage des Pastors Emil Dietrich in Seitenroda,

  • Florus Kröber, Gutsbesitzer in Posa,

  •  Wilhelm Kipping, Gutsbesitzer in Serbitz,

  • Carl Müller, Pfarrer in Mehna,

  • Viktor Müller, stud. theol. in Leipzig,

  • Ferdinand Warnecke, Leipzig,

  • Henriette, verw. Mohrmann in Altenburg,

  • Advokat Gabler in Altenburg,

alles Aktionäre mit mehr als 50 Aktien Besitz. Von den im Anfang dieses Berichts genannten 3 Mitgliedern des Direktoriums war in dieser Annonce nicht mehr die Rede.  

Pöland brach offensichtlich nach 1873 seine Absichten zum Kauf der Bergbaurechte ab. In seinem Kontrakt hatte er clevererweise die Klausel 4. eingebaut: „Sollte jedoch binnen Jahresfrist das Actienunternehmen nicht ins Werk gesetzt sein, so steht beiden Contrahenten frei, diesen Contract für null und nichtig zu erklären.“  

Da nach Rothpletz aber „die ungünstigen Erfahrungen auf der Hainichener Flur auch die kühnste Unternehmungslust daniederdrücken mußten und die Ober-Berthelsdorfer Kohlenfelder unter dem Banne eines gerichtlichen Urteils lagen, so waren es nur die Nieder-Berthelsdorfer, Cunnersdorfer und Ottendorfer Fluren, welche dieses Mal ins Auge gefaßt werden konnten.”  

Anm.: Um welches gerichtliche Urteil es sich dabei handelte, muß noch geklärt werden. Denkbar wären die „schwebenden“ Verfahren um die Abbaurechte Englers's und Kuntze's.  

Fakt ist, daß zu dieser ganz Deutschland in eine wirtschaftliche Krise verfiel, die mit einer Überhitzung des deutschen Wirtschaftsbooms die Gründerzeit jäh beendete.  

Karl Friedrich Engler hatte jedoch das Interesse am Bergbau noch nicht aufgegeben und verfolgte bald wieder andere Ziele. Im Zeitraum ab 1884 war er an der Grube Neujahr Stolln bei Wildenau (Schwarzenberg) beteiligt. Auch damit war er allerdings nicht erfolgreicher, zerstritt sich nacheinander mit seinen Partnern H. E. Teichmann und H. G. Beyer, gab den am Neujahr Stolln anschlägigen Kalkbruch ab und sagte schließlich auch hier die Bergbaurechte wieder los.

Im Jahre 1903 war dann, nach Bergwerksdirektor Fritz Feller, geplant gewesen, die vermeintlich immer noch in den Händen des Engler konzentrierten Abbaurechte in Berthelsdorf an eine Bergwerksgesellschaft zu veräußern. Der alte, verbrochene Adolfschacht sollte wieder aufgewältigt werden. Das wäre mit wenigen Kosten zu erreichen, da der Schacht bereits durch das Gebirge getrieben sei und nur von den Füllmassen entleert werden müsse. Darüber hinaus sollte ein Gegenschacht geteuft und das Grubenfeld durch Querschläge insbesondere in nordwestlicher Richtung weiter untersucht werden. Die ganze Anlage sollte mit elektrischer Förderung ausgestattet sowie ein Kohlenbrechwerk und eine Kohlenwäsche installiert werden.
  

Unter Nutzung des zuvor erwähnten Gutachtens des Bergwerksdirektor Fritz Feller sowie durch die diesem direkt übertragenen Verwertungsrechte, beabsichtigte Engler seine Abbaurechte für 350.000 Mark, diesmal an eine Steinkohlenbau- Gewerkschaft, zu veräußern.

Ein rechtsverbindlicher Kaufvertrag dazu konnte dann auch vor dem Dresdener Notar, Georg Schubart, am 1. Dezember 1903 zwischen Karl Friedrich Engler einerseits und dem Grubenvorstand der Steinkohlenbau- Gewerkschaft „Gottes Segen“ zu Berthelsdorf, vertreten durch

  • Friedrich Hermann Schönfeld aus Dresden,

  • Karl Robert Schroeder aus Niederstrahwalde,

  • Wilhelm Theodor Paul aus Dresden und

  • Otto Ernst Heuschkel aus Dresden,

geschlossen werden. Engler verkaufte demnach seine Abbaurechte, bestehende Schachtanlagen des Adolfschachtes und des Schachtes „Gottes Segen” sowie die Nutzungsrechte für Fuhrwege, Wasserleitungen etc. an die Steinkohlenbau- Gewerkschaft „Gottes Segen“ zu Berthelsdorf unter anderem für 40.000 Mark in bar, die Übernahme von zwei Hypotheken und den Erhalt von 775 voll bezahlten und zubußfreien Kuxen.  

Diese Gewerkschaft hatte sich am 21.11.1903 ein Statut gegeben, wonach u. a. der Grubenvorstand aus 3 Mitgliedern sowie 1 Ersatzmann bestehen und für 6 Jahre fungieren sollte. Per Dekret wurde am 15.04.1904 verkündet, die Anzahl von 2.000 Kuxen erreicht zu haben. Eine im Bergarchiv archivierte Liste der Mitglieder der Gewerkschaft ist jedoch ohne entsprechende Namen unausgefüllt geblieben.

Im Mai des Jahres 1907 war diese Steinkohlenbau- Gewerkschaft „Gottes Segen” durch Zurückziehung des ministeriellen Dekrets aufgelöst worden, nachdem vom Bergamt Freiberg mehrfach die Aufnahme bergbaulicher Aktivitäten angemahnt worden war, die offensichtlich nicht erfolgt waren.  

Die Abbaurechte verblieben vermutlich dennoch bei Engler bzw. gingen wieder an diesen zurück, zumindest weist eine einberufene Zwangsversteigerung des, nunmehr auf den Namen der Witwe des Engler lautenden, Kohlenbergbaurechts am 14. Mai 1912, darauf hin.

Am 23. März 1908 unterbreitet ein Rechtsanwalt Paul Claus aus Dresden, Feldherrnstraße 34, im Auftrage des Engler, dem Stadtrat von Hainichen das Angebot zum Kauf der ehemaligen Fiedler'schen Steinkohlenfelder in Berthelsdorf für eine Kaufsumme von erneut 350.000 Mark.  

Anm.: Das ist ein weiterer Hinweis darauf, daß sich die Bergbaurechte offensichtlich erneut oder noch immer oder zum Teil noch im Besitz des Engler befanden. Claus beruft sich in seiner Offerte auf das (Anm.: …stark verkaufsorientierte) Bergbaugutachten des Bergwerksdirektor Fritz Feller aus Berlin, der eine Verkaufsoption besitze.

Der Bauausschuß der Stadt Hainichen prüft daraufhin das Angebot, antwortet am 1.4.1908 mit einer „Hinhaltetaktik“ und veranlaßt das Gegengutachten durch den Bergamtsrat Börchers vom 9. März 1912, um gegebenenfalls bei der mittlerweile auf den 14. Mai 1912 angeordneten Zwangsversteigerung des im Grundbuch für Berthelsdorf unter Blatt 143 auf den Namen Auguste Selma, verwitwete Engler, geb. Teichmann in Dresden eingetragene Bergbaurecht, mitbieten zu können.

Laut Aktennotiz des öffentlichen Stadtverordnetenkollegiums vom 9. Mai 1912 ergeht der Beschluß: „…daß die Angelegenheit, von den Beteiligten vermutlich anderswillen, in die Öffentlichkeit gebracht wurde, um Spekulation zu treiben und nach Befinden Uneingeweihter zu schädigen ..., und somit... von der Erwerbung des Kohlenbaurechts ... abzusehen (ist).... (Stadtarchiv Hainichen HA 219 „Kohlenfelder“ S.14,ff)  

Gegen die zuvor erwähnte Zwangsversteigerung erhebt am 25.3.1912 ein Rechtsanwalt Lambertz aus Mönchengladbach, im Auftrag seines (hier nicht weiter benannten) Mandanten, der sich als Besitzer eines Großteils der Bergbaurechte wähnte, Einspruch.

Dieser Mandant hatte offensichtlich von dem Bankier Max Arendt aus Berlin am 18. / 20. August 1906 insgesamt 1.000 Kuxe der Gewerkschaft „Gottes Segen“ zum Preis von 137.000 Mark plus Zubuße von 75.000 Mark gekauft und wollte den Verkäufer nun wegen arglistiger Täuschung verklagen bzw. zur Annullierung des Kaufvertrages veranlassen.  

Entsprechende Anfragen beim Bergamt Freiberg konnten hier offensichtlich nicht zur Zufriedenheit des Kuxbesitzers beantwortet werden. Die tatsächliche Rechtslage schien zu verworren zu sein. Laut der Verfügung der Zwangsvollstreckung vom 14. Mai 1912 waren die Bergbaurechte aber noch immer zu Gunsten von Engler bzw. seiner Erbin eingetragen.

Anm.: Ein Register der Kuxbesitzer wurde bisher nicht gefunden, könnte sich gegebenenfalls im Nachlaß des Engler oder in den Gerichtsakten der Versteigerung finden, falls der bzw. die noch vorhanden sind.  

Mit dem „Gesetz über das staatliche Kohlenbergbaurecht“ vom 14. Juni 1918, das rückwirkend seit dem 18. Oktober 1816 in Kraft war, galt seit dem eine Sperrfrist bzw. ein vorläufiges Verbot der Veräußerung von Kohlenbergbaurechten und einiger hiermit zusammenhängender Handlungen. Damit entzog der Staat den Stein- und Braunkohlenbergbau endgültig dem Verfügungsrecht des Grundeigentümerbergbaus und stellte klar, daß das ausschließliche Recht, Kohlen aufzusuchen und zu gewinnen, unter Wahrung der Interessen der Grundeigentümer und unter Bekämpfung aller spekulativen Rechtsgeschäfte, nunmehr beim Staat lag.

Eine der drei Ausnahmen dieses Gesetzes besagte, daß es dann nicht galt, soweit das Kohlenunterirdische schon am 18. Oktober 1916 zum Grubenfeld eines bereits in Betrieb befindlichen Kohlenwerkes gehörte. Da Engler oder seine Anteilseigner offensichtlich per 18.10.1916 keine bergbaulichen Aktivitäten durchführten, waren somit seine und seiner Genossen Bergbaurechte de facto spätestens zu diesem Zeitpunkt erloschen.

Am 25. Juni 1917 (Anm.: Deutschland befindet sich im letzten Kriegsjahr des Ersten Weltkrieges und es herrscht sowohl Hunger unter der Bevölkerung als auch Roh- und Brennstoffknappheit) erneuerte Paul Claus seine Absicht zum Verkauf des Steinkohlenfeldes an den Stadtrat von Hainichen. Es erheben sich hier folgende Fragen:

  • Warum wurde bei der Zwangsversteigerung 1912 das Bergbaurecht in Berthelsdorf offensichtlich nicht mit versteigert,

  • Was war tatsächlich Gegenstand der Versteigerung,

  • Gab es keine Käufer bzw.  

  • Hat überhaupt eine Versteigerung stattgefunden ?

Die tatsächlichen Zusammenhänge und das Ergebnis der Zwangsversteigerung muß noch geklärt werden, zumal die Bergbaurechte bis ca. 1918 offensichtlich weiterhin auf den Namen der Witwe eingetragen blieben. 

Erst am 28. Juni 1918 erlischt also mit neuer Gesetzeslage in Deutschland auch das von Engler in Berthelsdorf erworbene und zwischenzeitlich „selbst für das Bergamt scheinbar unkontrollierbar gewordene”, zum Teil an Dritte veräußerte und offensichtlich zum Spekulationsobjekt gewordene Bergbaurecht Englers.   

  


Die Flöze bei Oberberthelsdorf und eine Reihe bestehender Schächte (graue Rechtecke) sind in der Geologische Karte der Ausgabe von 1908 noch eingetragen.

   

 

 

Versuch des Carl Heinrich PÖLAND aus Hainichen unter anderem zur Gründung eines Steinkohlenbau- Actien- Vereins im Jahre 1872 / 73

  

Rothpletz schrieb, daß mit der Reichsgründung 1871 „...nach nahezu zwanzigjähriger relativer Bergbauruhe in Berthelsdorf, ...als allerwärts ein reger Unternehmungsgeist sich nur zu oft in die aussichtlosesten Gründungen stürzte, lenkten auch die Hainichener Kulmkohlelager wieder das Augenmerk auf sich. Da aber die ungünstigen Erfahrungen auf der Hainichener Flur auch die kühnste Unternehmungslust daniederdrücken mußten und die Ober-Berthelsdorfer Kohlenfelder unter dem Banne eines gerichtlichen Urteils lagen, so waren es nur die Nieder-Berthelsdorfer, Cunnersdorfer und Ottendorfer Fluren, welche dieses Mal ins Auge gefaßt werden konnten.“  

Die Aktivitäten des Carl Heinrich Pöland scheinen ein typisches Beispiel für vorgenannte Einschätzung gewesen zu sein.  

Am 11. September 1871 war in Niederberthelsdorf unter der zweiten Striegisbrücke im Bachbett ein „3 Fuß mächtiges Kohlenschmitz“ bloßgelegt worden. H. Pöland ließ daraufhin zunächst, dicht neben dem Ausbiß, einen 36 m tiefen Schacht teufen und von da aus bei 22,6 m Teufe einen 7 m langen Querschlag auffahren. Das Werk sei im September 1873 eingestellt worden.

Außerdem ließ Pöland in einem Seitentälchen des Hölloches in Niederberthelsdorf einen Stollen 23 m weit in steilfallende Schiefertone und Konglomerate treiben, wobei man auf drei je 10 bis 15 cm starke Flöze (vermutlich die Gerichtsflöze?) traf. Unweit davon aber, etwa 100 m im Hangenden dieses Stollens ersank er mit einem 5 bis 6 m tiefen Schacht ein 2 bis 3 cm und dann ein 15 cm starkes Flöz, welches höchstwahrscheinlich die südwestliche Verlängerung des Cunnersdorfer Neuglück- Flözes darstellte.

Bei einer Ortsbesichtigung konnte 2015 am Zugang zum Hölloch, in Ufernähe der Kleinen Striegis im rechten (südwestlichen) Steilhang ein Keller festgestellt werden, der z. T. in Schlägelarbeit ausgeführt ist und dessen linker Stoß mit Bruchsteinen zugesetzt war, so daß eine stollnartige Fortführung des Kellers vermutet werden kann, die vielleicht der Pöland‘sche Stolln gewesen sein könnte.

 


Zugang zu einem Bergkeller am Zugang zum Hölloch (Privatgelände !)

   


Das Innere dieses Bergkellers.

  


Am bergseitigen Stoß des Kellers ist die steil einfallende Lagerung der Schichten  und ein mit Trockenmauerung zugesetzter Bereich zu sehen.

 


Im Anstehenden sind noch kleine Kohlenschmitzen erkennbar. Foto G. Mühlmann 2011.

  

Obwohl von A. Rothpletz textlich beschrieben, sind weder der Schacht im Striegis-Bett noch der Stolln des Pöhland auf der Geologischen Spezialkarte des Königreich Sachsen, Sektion Frankenberg- Hainichen von 1903 bzw. 1908 eingezeichnet. Der in den Kartenausschnitten eingezeichnete 2. oder „untere“ Schacht des Pöland befand sich nach Angaben des Herrn Rudolph auf der Anhöhe am „Ende“ des Höllochs. Davon hatte zumindest der Vater des Herrn Rudolph oft erzählt, auf dessen Grundbesitz sich die Bergbauanlagen des Pöland befanden. Der Vater des  Herrn Rudolph war Grundeigentümer und Gutsbesitzer in Berthelsdorf. Dessen Vorfahren hatten um 1822 den Grundbesitz von einem Gutsbesitzer Pöhland (Namensgleichheit, aber Schreibweise mit „h“, auch keine Personenidentität mit dem Grubenherrn) erworben, so daß es heute noch im Familienbesitz ist.

Bei bäuerlicher Bewirtschaftung des Geländes im Hölloch waren mehrfach Rudimente der Bergbautätigkeit gefunden worden, wie Tagebrüche, unverhoffte Wasseraustritte oder „unfruchtbare“ Ackerflächen.

  


Im Bereich des Pöhland'schen Schachtes am oberen Ende des Höllochs kann man diese Geländestufe eventuell als Rest des Haldensturzes deuten. Noch weiter im Hangenden versuchte sich zur gleichen Zeit wie Pöland der Chemnitzer Reinhard mit einem 14 m tiefen Schacht, ohne jedoch Kohle zu finden. Beide Werke scheinen ihren Abraum auf die gleiche Haldenfläche verkippt zu haben, so daß eine solche Haldenkippe entstanden sein kann.

  

Im Jahre 1872 unternahm Pöland notarielle Schritte zur Gründung eines Berthelsdorfer Steinkohlen- Actienvereins auf Oberberthelsdorfer Flur und zur Übernahme des „Steinkohlenbaurecht in Berthelsdorf mit allen Rechten und Gerechtigkeiten” aus den Händen der Herren  

  1. Johann Friedrich Kuntze, Hausbesitzer in Freiberg,

  2. Carl Friedrich Engler, Bergwerksbesitzer in der Hof-Lößnitz,

  3. Hermann Julius Richter, Haus- und Steinbruchbesitzer in Falkenstein (eine in den bisherigen Untersuchungen noch nicht namentlich in Erscheinung getretene Person), bekannt.

Kuntze, Engler und Richter bezeichneten sich selbst als „einzige und alleinige Besitzer des Steinkohlen-Bau-Vereins- Gottes Segen zu Berthelsdorf“. Der Engler übernahm zugleich „die Vertretung aller etwaig von dritter Seite her zumachender Ansprüche ohne weiteres Zuthun der Herrn Richter und Kuntze“, indem er versicherte, dass er „Niemanden kenne, welcher ein Recht oder Ansprüche an das Werk zu machen habe”.

Der Kaufpreis betrug 20.000 Thaler. Pöland verpflichtete sich zur Bezahlung, nach Gründung des Aktienvereins, in Vollaktien per Stückelung von 4.000 Thaler an Kuntze und je 8.000 Thaler an Engler und Richter und strebte ein Aktienkapital von 150.000 Thaler an.

Sollte die Summe nicht erreicht, das Geschäft aber dennoch eröffnet werden, wären die Verkäufer bereit, im entsprechenden Verhältnis dazu ihre Forderungen zu reduzieren.

Mit Stempelmarke des Königlichen Gerichtsamtes Hainichen vom 28.II.1872 und mit Unterschrift gleichen Datums ließ sich der „Agent und Gutsbesitzer Karl Heinrich Pöland in Hainichen” durch Patent vom Gerichtsamt bestätigen, daß er per vertragsgemäßer Bezahlung die Kohlenabbaurechte der

  1. Grundbesitzer Johann Friedrich Kunze in Freiberg,

  2. Bergwerksbesitzer Carl Friedrich Engler in Lößnitz und

  3. Grundbesitzer Hermann Julius Richter in Falkenstein

der unter den Grundstücken nach genannter Personen befindlichen, von den früheren Besitzern dieser Grundstücke veräußerten Steinkohlen käuflich an sich gebracht habe. Gleichzeitig entzog er damit den erwähnten Personen das juristische Verfügungsrecht über diese Steinkohlen.  

Darüber hinaus informierte er von der Eintragung des Steinkohlenabbaurechts „auf den betreffenden Folien des Grund- und Hypothekenbuchs für Berthelsdorf”. Die Richtigkeit dieser Aussage scheinen offensichtlich nachfolgende Eintragungen im Grundbuch des Anerbengerichtes in Hainichen unter „173 Hufengut“, zu belegen.

So wurde am16. November 1872 das Stein- und Braunkohlenabbaurecht unter den Parzellen Nr. 33., 42., 43., 44., 45., 46., 56a., 56d., 56c., 62., 64a., 64b., 65., 66., 67., 68., 91., 572., 573., 574., 575., 576., 90., 591., 592., 593., 594., 601., 602., 603., 604., 605., 606., 507., 508., 619., 620., 621., 26., 642., 643. und 644. des Flurbuchs für Carl Heinrich Pöland von dem Grundstücke abgetrennt wurden und dafür ein getrenntes Folium unter Nr. 113 dieses Grund- und Flurbuchs angelegt worden ist, gemäß seines Antrags vom 16. September 1872. (s. a. Specialacten Nr. 48 Bl. 89)

Bereits am 20. Juni 1873 wurden die Parzellen Nr.43 (mit welcher die Parzellen Nr. 42 und 44 verschmolzen worden sind) 45., 46., 601., 602., 603., 604., 605., 606., 607. und 608. des Flurbuchs abgetrennt, welche Carl Heinrich Pöland an Heinrich Wilhelm Schumann um 9.400 rt.(evtl. Reichsthaler?) verkauft hatte.

Darüber hinaus wurden die Parzellen Nr. 56a, 62., 56b, 56c, 643. und 644. des Flurbuchs, welche, und zwar erstere beiden je auf einem und die übrigen ebenfalls zusammen auf einem besonderen Folium unter Nr. 116., 117. und 118 dieses Grund- und Flurbuchs eingetragen worden sind, derm. Kaufs und dism. Anbringen vom 6. September 1872 Registraturen vom 13. November 1872 und 15 Januar 1873 Verordnung vom 10. Februar 1873 Rentenvertheilung vom 21. März 1873 und Registraturen vom 24. und28. Mai 1873. (s. a.Spezialacten Nr. 48. Bl. 93., 98., 108., 111., 113., 116., 118b., 128.)  

Dessen ungeachtet kam der Kohlenwerksinspector Kühn zu der Einschätzung, „...daß das Steinkohlenabbaurecht auf den in dem vorstehenden Vertrage aufgeführten Grundstücken in Berthelsdorf nach Inhalt der betreffenden Folien in dem Grund- und Hypothekenbuche und den angezognen Acten von den früheren Grundstücksbesitzern zwar veräußert, aber nicht, wie in Gemäßheit § 14 des Hypothekengesetz vom 6. November 1843 und § 124 der provisorischen Gerichtsordnung vom 9. Januar 1865 itzo § 48 des Berggesetzes vom 16. Juni 1868 vorgeschrieben, auf einem besonderem Folium des Grund- und Hypothekenbuchs für Berthelsdorf eingetragen worden ist.

Auch sind die von Julius Paul Robert Winkelmann bei 16. und 55. und Carl Friedrich Engler und Johann Friedrich Kunze bei 169. 179. gestellten Anträge auf Anlegung eines besonderen Foliums bei 58. 65b. 81. 110. 211. und 235 flg. abgewiesen worden, weil sie die erforderliche Legitimation derjenigen, von welchen sie das Kohlenabbaurecht erworben, überhaupt die Zustimmung aller aus den Documenten und sonst aus den Acten sich ergebenden Zwischeninhaber dieser Abbaurechte nicht beigebracht haben. Diesen Erfordernissen ist auch bis jetzt nicht genügt worden.  

Wenn nun der Antragsteller Pöland laut des im Originale und in Abschrift beigebrachten, jedoch nur als Privaturkunde anzusehenden, Kaufvertrages die dem Schmiedemeister Kunze an den betr. Grundstücken zugestandenen Kohlenabbaurechte käuflich an sich gebracht hat, so hat er, bevor ein Folium für dieselben angelegt worden waren, den obigen Erfordernissen gleichfalls zu entsprechen; hierzu aber den Mitverkäufer Engler durch eine Auflage anzuhalten, ist nicht statthaft, da das zwischen Pöland und demselben bestehende Verhältnis ein Vertragsverhältnis ist und die § 92. der provisorischen Gerichtsordnung vom 9. Januar 1865 getroffenen Bestimmung hier offenbar nicht einschlägt; vielmehr wird es Pölanden nur freistehen, auf Erfüllung des Vertrags und seiner sonstigen Ansprüche gegen Engler Klage anzustellen. Es wird daher Pöland mit dem laut. A. gestellten An…“  

Anm.: Leider endet die Kopie der Stellungnahme des Kühn hier, das Ende muß noch gesucht werden...  

Die tatsächlichen Rechte der Engler, Kuntze und Richter waren also zum Zeitpunkt der Vertragsverhandlungen mit Pöland bergbaujuristisch nicht unumstritten – wir erinnern uns auch an die Rechtsauffassung des Bergamtes Freiberg im Zusammenhang mit dem Schachtsturz aus dem Jahre 1867, wo damals dem Kuntze die Abbaurechte bereits wegen Nichtverfolgung derselben seit ca. 1860 abgesprochen wurden.

Diese Rechtsauffassung wurde vom Bergamt erstmalig im Zusammenhang mit dem Kohlenschachtsturz vom 21.12.1867, 6 Ellen vom ehemaligen Huthaus entfernt, auf dem Grund des nunmehrigen Erbgerichtsbesitzer Gustav Adolf Voigts, geäußert, der auch zu Gebäudesenkungen u. a. des Kretzschmann'schen Hauses geführt hatte und zu dem eine Schadensregulierung im Januar 1870 noch immer nicht erfolgt war.

Die Bergbauaktivitäten des Pöland „versandeten” folglich bereits im Jahre 1873 aus noch zu klärenden Gründen, u. a. sicher auch wegen der im Staatsarchiv Leipzig vorliegenden Hinweise, wonach die von Pöland angestrebten Abbaurechte sich nicht einfach durch eine notarielle Bereitschaftserklärung der Grundbesitzer erlösen ließen. Bleibt also die Frage, konnte oder wollte Pöland die Abbaurechte in Ober-Berthelsdorf nicht kaufen und warum ?!   

Klugerweise hatte er im Vertrag unter Punkt 4. einen Passus eingebaut, wonach: „Sollte jedoch binnen Jahresfrist das Actienunternehmen nicht ins Werk gesetzt sein, so steht beiden Contrahenten frei diesen Contract für Null und nichtig zu erklären.“ Ob Pöland oder Engler und Gen. diese Option gezogen haben, ist dabei noch zu klären.

   

 

 

Die Versuche des Johann Gottfried KRASSELT um 1835 im familieneigenen Steinbruch auf Berthelsdorfer Flur

  

Johann Gottfried Krasselt (auch Crasselt), Grundeigentümer und Gutsbesitzer in Nieder-Berthelsdorf unternahm 1835 Versuche eines Steinkohlenbergbaus auf dem Territorium des zu seinem Grundeigentum gehörenden Sandsteinbruchs.

Dieser ehemalige Krasselt 'sche Steinbruch befindet sich hinter einem der Gehöfte am Talhang des rechten Striegisufers, als heute kaum noch sichtbarer, von Vegetation überwucherter Taleinschnitt von ca. 5 m Breite, ist eingezäunt und wird von der anwohnenden Familie mit einem kleinen künstlichen Teich in die Gartennutzung einbezogen. Diesen Anwohnern war vom Altbergbau hier bisher nichts bekannt.

  


Auf den hochauflösenden Reliefkarten vom Geoportal Sachsen entdeckt man oberhalb des Höllochs noch die Kontur des einstigen Krasselt'schen Steinbruchs. Links oben im Ausschnitt das demgegenüber vergleichsweise gewaltige Tagebaurestloch der Lehmgrube („Südfeld Hainichen“) der früheren Ziegelwerke Hainichen.

   


Das Gelände ist heute stark verwachsen und wird als Garten genutzt (Privatgelände !)

  

Nach Angaben des in den 1950er und 1960er Jahren in der Nachbarschaft wohnenden Herrn Rudolph, Bernd war der Steinbruch beliebtes Wintersportgelände der Dorfjugend. 

Der Krasselt'sche Steinbruch wird auch in der geologischen Literatur bei Bruno Geinitz, unter Berufung auf Untersuchungen von Prof. Naumann seit dem Jahre 1838 erwähnt: „Der Sandstein ist im Allgemeinen graulichweiss, feinkörnig und weich, wird eines Theils sehr thonig und verläuft dann in Schieferthon, nimmt andern Theils Geschiebe auf und geht in Conglomerat über. Besonders schön läßt er sich in den Werner´schen Steinbrüchen bei Hainichen und in Crasselt´s Steinbruche zwischen Hainichen und Berthelsdorf beobachten.

Geinitz schreibt weiter zur Schichtenfolge im Becken von Hainichen „...während in dem etwas aufwärts folgenden Crasselt´schen Steinbruche, welcher schon dem Südflügel der Mulde angehört, die Schichten wieder 45° in Nordwest fallen und von da bis an die Gneissgrenze immer steiler werden. ...“  

Die eben benannten Schichtenfolgen sind auch auf nach genanntem Riß als „a Conglomerat, b Schieferthon, c weißer Sandstein, d Schieferthon, e Sandsteinschiefer, Schieferthon, g Schieferthon mit Steinkohlenflötztrümern, h grauer Sandstein und Schieferthon mit Steinkohlenflötztrümern“ verzeichnet.

 


Ausschnitt aus dem nachfolgenden Riß mit der geologischen Profildarstellung.

 


Reproduktion des gesamten Risses mit freundlicher Genehmigung des Sächsischen Staatsarchives, Bergarchiv Freiberg, Bestand 40042 (Fiskalische Risse zum Steinkohlenbergbau), Archivnr. I13736: Krasselt´s Steinkohlengrube... Lage der Versuchsstrecke, Grund- und Saigerriß, 1835

  




Ausschnitte aus dem obigen Riß mit der Lage der "Versuchsstrecke" in Grundriß- und Schnittdarstellung.

  

Auffällig wurde, daß die nachfolgende Schilderung der Grubensituation, die auf A. Rothpletz 1903 und 1908 gedruckten Darlegungen beruhen, die Maßeinheit Meter verwenden, während der Riß die Maßeinheit Lachter ausweist.

Der Schacht ist lt. Riß im linken Bereich des flaschenhalsartigen Zuganges zum Steinbruch, der in die Hanglage eingehauen wurde, bei ca. 8 Lachter vom Uferniveau der Kleinen Striegis, nach A. Rothpletz auf 8 m erteuft worden (1). Er dürfte lt. Riß ca. 8 Lachter tief sein.

Von der Sohle des Schachtes wurde ein Querschlag ebenfalls 8 m weit ins liegende getrieben (2). Bei 3 m erreichte man ein schwaches Flöz, das mit einer Strecke 10 m weit nach SW verfolgt wurde (3), während das Flöz in NO des Querschlages nicht fortsetzte.

Bei 8 m Erlängung (4) des letzteren (Querschlag) traf man ein 20 bis 30 cm mächtiges Flöz an, das erneut mit einer Strecke 14 m nach NO. verfolgt wurde (5), aber dann an einer Verwerfung endete (6). 

Bei Wiederausrichtung derselben wurden nur 2 ganz schwache Flözchen durchfahren (7).

Ein hier auf der Sohle des Querschlages angesetzter 2,5 m geteufter Schacht traf ein 45 cm mächtiges Flöz an (8), bei dem es sich wahrscheinlich um das oben erwähnte, nach unten verworfene Flöz handelte.

Eine 16 m auf dem Flöz angelängte Strecke nach NO erbrachte ein schwächer werdendes Flöz (9).

Nach dem Riß hätte er an zwei Stellen Versuchsabbaue von je ca. 4 Lachter Länge und 4 Lachter Höhe sowie 1 Abbau von 2,5 Lachter Länge und 4 Lachter Höhe angelegt.

Krasselt hätte dabei und während der Auffahrungen der Versuchsstrecken insgesamt gefördert:

  • 65 Scheffel Schmiedekohle zu 15 Gr.       =          121 Mk. 50 Pfg.
  • 84 Scheffel Stückkohle zu 10 Gr.               =          105 Mk.
  • 175 Scheffel Kalkkohle zu 7 Gr.                 =          153 Mk. 10 Pfg.

    ss. also 324 Scheffel (21,06 t)                                      379 Mk. 60 Pfg.

  

 

 

Die vergeblichen Versuche im Hölloch von Niederberthelsdorf

  

Zumeist erfolglose Bergbauversuche wurden auf den Nieder-Berthelsdorfer Flözen beim Hölloch, zwischen Berthelsdorfer und Cunnersdorfer Flur, unternommen. 

Bereits im Februar 1792 beantragte Carl Friedrich von Schirnding den Kohlenabbau in Cunnersdorf und Berthelsdorf.  

Bergkommissionsrat von Oppel baute im Jahr 1790 auf des Bauern Hähner Feld, gleichzeitig mit Löwe u. a. Sie hatten auf einem 20 bis 25 cm mächtigem, zu Tage austretenden Flöze, dessen Streichrichtung N.50°O. und dessen Fallen 70° in NW. gerichtet war, einen Stollen 74 m weit treiben lassen, bei 30 m mit Lichtloch, das bei einer Tiefe von 7 m noch um 5 m in die Stollnsohle abgeteuft wurde. Der Wasserzudrang war gering, die Belegschaft 1 Steiger, 3 Mann. Gewonnen wurde zum größten Teil Schmiedekohle, der Betrieb erfolgte fast ohne Zubuße.  

Am Ende des 18. Jahrhunderts und Anfang des 19. Jahrhunderts versucht Graf von Einsiedel auf Wolkenburg einen Stollen in festes Konglomerat gehauen vorzutreiben. Er wurde in das Liegende des von Oppel bebauten Flözes getrieben.

  

Ungefähr in demselben Niveau ist ein unweit des späteren Pöland‘schen Stollens gelegener alter Schacht gesetzt. Das war einer der häufigen, aber ziemlich vergeblichen Schürfversuche am Höllenloch.  

Schließlich wurde der von Oberberthelsdorf bis Ottendorf reichende, von Verwerfungen unterbrochene Flözzug in Niederberthelsdorf in dem zu seinem Gut gehörenden Sandsteinbruch durch dessen Besitzer Krasselt 1835 versuchsweise bebaut.  

Auch A. G. Fiedler hatte im Jahre 1838 am rechten Gehänge des Höllochs dicht neben der Cunnersdorfer Flurgrenze auf einem 30 bis 40 cm mächtigen Flöze einen Schacht abteufen lassen, auf dem die Kohlenförderung wegen schwieriger Wasserhaltung bald eingestellt wurde.  

Zur Lösung der Wasser begann er von Richters Grundstück aus, unweit eines schon von Schirnding geteuften Schachtes, einen Stolln in das Talgehänge in südöstliche Richtung zu treiben. Bei ungefähr 80 m Erlängung durchfuhr dieser einige ca. 10 cm mächtige Kohlenflöze und blieb dann unvollendet liegen.  

Im Jahre 1871 bis 1873 ließ dann H. Pöland in einem Seitentälchen einen Stolln 23 m weit in steilfallende Schiefertone und Konglomerate treiben, wobei man auf 3 je 10 bis 15 cm starke Flöze traf. Im Niveau des späteren Pöland‘schen Stollns war ein alter Schacht am Flußbett der Kleinen Striegis angesetzt.

Unweit davon, aber etwa 100 m im Hangenden dieses Stollns ersank er mit einem 5 bis 6 m tiefen Schacht ein 2 bis 3 cm und ein 15 cm starkes Flöz, welches höchstwahrscheinlich die südwestliche Verlängerung des Cunnersdorfer (Neuglück)- Flözes darstellte.  

In der Nähe des Pöland'schen Schachtes, noch weiter im Hangenden versuchte sich zur gleichen Zeit wie Pöland der Chemnitzer Reinhard mit einem 14 m tiefen Schacht, ohne Kohle zu finden. Beide Werke scheinen ihren Abraum auf die gleiche Haldenfläche verkippt zu haben, so daß eine charakteristische Haldenkippe entstand.  

Auf den Neuglücker Flözen errichteten 1871 F. A. Oschatz aus Schönheida und E. Schildbach aus Greiz einen Versuchsbau, der sich aber auf die Aufarbeitung der alten Stolln und Schächte beschränkte und im Februar 1872 wieder eingestellt wurde.  

 


Die Flöze am Hölloch sowie die vermeintliche Fortsetzung in Richtung Cunnersdorf (Pfeile) sind in der Geologische Karte der Ausgabe von 1908 noch eingetragen. Der Kreis markiert die hier angegebene Lage des Krasselt'schen Steinbruchs.