schließen

 

Ein Beitrag von www.unbekannter-bergbau.de

Zum Kalkbergbau im unteren Triebischtal
Zum Kalkbergbau im mittleren Triebischtal und in Braunsdorf

Zur regionalen Geschichte
Zur Geologie
Zur Montangeschichte

Kalkwerk Hintergersdorf
Kalkwerk Tharandt
Verbliebene Zeugnisse
Weiterführende Quellen

 

Zum Kalksteinabbau im Nossen- Wilsdruffer Schiefergebirge:
Ein Nachtrag zum Kalkwerk in Tharandt

 

Online seit April 2017,
letzte Ergänzungen im Juli 2022 zur Geschichte der geologischen Erforschung,
im
September 2023 zu Tharandt und im August 2020 zu Hintergersdorf.

Wir bedanken uns

  • bei der Bergsicherung Freital GmbH sowie

  • bei den Mineraliensammlern Torsten L., Dresden und F. Hrouda, Naturkundemuseum Gera, für die Bereitstellung von Bildmaterial, sowie

  • bei Herrn U. Wackwitz für Quellenhinweise zur gleichnamigen Familie.

  

Das hätten wir doch fast vergessen. Aber ganz im Süden des Schiefergebirges, schon südlich der Wasserscheide zur Wilden Weißeritz gelegen, dort wo das Schiefergebirge auf die nordöstlichen Ausläufer des Erzgebirges und auf die südwestlichen Ausläufer des Döhlener Beckens stößt, gab es in der Stadt Tharandt noch weitere Kalksteinvorkommen. Auch diese standen wenigstens seit dem 19. Jahrhundert in Abbau.

 

 

 

Zur regionalen Geschichte

 

Tharandt ist eine Kleinstadt im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. Sie entstand in ihrer derzeitigen Ausdehnung durch den Zusammenschluß der Gemeinden Kurort Hartha, Pohrsdorf und der Stadt Tharandt im Zuge der Gemeindegebietsreform am 1. Januar 1999 und ist Sitz der Verwaltungsgemeinschaft Tharandt.

Das Städtchen liegt am Zusammenfluß des Schloitzbaches und der Wilden Weißeritz östlich des Tharandter Waldes. Die Talaue der Weißeritz liegt auf etwa 215 m Seehöhe, die umliegenden Hochflächen erreichen bis über 350 m Höhe. Das Kalkwerk Tharandt lag in einem westlichen Seitental des Schloitzbaches bei etwa 250 m Geländehöhe.

 


Übersicht zur Lage der Stadt Tharandt. Reliefkarte vom Geoportal.Sachsen.de, ergänzt.

      

Tharandt wurde erstmals indirekt in einer Urkunde vom 21. Januar 1216 erwähnt, in der ein markgräflich-meißnischer Vasall namens Boriwo de Tharant, benannt nach der dortigen Wehranlage, als Zeuge erscheint. Dieser Mann entstammte wohl der wettinischen Döbelner Burgmannschaft und nahm im damaligen Herrschaftsgefüge offensichtlich einen recht prominenten Platz ein. Jedenfalls ist er danach bis 1242 noch weitere fünf Mal nachweisbar.Im Vollständigen Staats-, Post- und Zeitungslexikon von Sachsen von A. Schumann, Band 11, Erscheinungsjahr 1824, lesen wir: „Die Burg Tharant, nicht zwar durch Größe, wohl aber durch feste und angenehme Lage ausgezeichnet, soll nach Einigen eben von letzterer (da sie den Rand eines engen Passes oder Thores darstelle) nach Andern aber von Tarent in Italien (mit dessen Vorgebirge das hiesige Aehnlichkeit zeige) den Namen tragen, und ist unbekannten Ursprungs, soll aber schon 1190 einmal abgebrannt seyn.“ 

Die erste Burg Tharandt hatte Markgraf Dietrich der Bedrängte wahrscheinlich errichten lassen, um den Siedelzug der Burggrafen von Dohna im Weißeritz- und Müglitzgebiet zurückzudrängen. In diesen Zusammenhang gehört vermutlich auch die Gründung (bzw. ein Umbau) der Burg Lauenstein um 1240. Unter Markgraf Heinrich dem Erlauchten errichtete man 1240 bis 1256 die in Resten heute noch existierende Burg. Heinrich hielt sich in der Folgezeit vielfach auf der Burg auf. Zwischen 1371 und 1400 war die Burg an die Grafen von Schönburg verpfändet. Während dieser Zeit wurden die Befestigungsanlagen so ausgebaut, daß die Burg als eine der stärksten des Landes galt. Im Hauptrezeß von Naumburg 1410 wurde Tharandt Landgraf Friedrich dem Jüngeren zugesprochen.

Erst im späten 15. Jh. ist anzunehmen, daß eine wohnlichere Ausstattung erfolgte, da die Burg Tharandt ab 1476 Witwensitz der Herzogin Sidonie (Zděnka; †1510) war. Sidonie war die Tochter des böhmischen Königs Georg von Podiebrad und Gattin Herzog Albrechts. Dieser Nachfolgebau der Tharandter Burg war wahrscheinlich ein Werk aus dem Umfeld des bekannten Renaissance-Architekten Arnold von Westfalen, auf den auch der Bau der Albrechtsburg in Meißen zurückgeht. Zu Alberts Zeiten (1482) kommt auch zum ersten Mal der Name „Granaten“ in der Geschichte vor. Wie B. Cotta 1834 schreibt, soll dieser Name auf die seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts gelegentlich im Flußbett der Weißeritz gefundenen Granate zurückzuführen sein. Sie seien aber nach Cotta „stets im Gneis eingewachsen, klein, dunkelfarbig, undurchsichtig und völlig unbrauchbar…“  Besonders während der frühen Neuzeit wurde für die Stadt der Name „Granaten“ (gelegentlich auch „Amts-Städtlein Granaten unterm Tharandt“) verwendet, wobei jedoch in den schriftlichen Quellen, zum Beispiel in Steuerverzeichnissen dieses Zeitraumes der Stadtname Tharandt niemals gänzlich verschwand.

Nach dem Tod Sidonies 1510 war das Schloß nicht mehr bewohnt. Türen und Fenster wurden ausgebaut und im Jagdschloß Grillenburg wieder verwendet. 1572 demontierte man sogar die Dachschiefer zur Weiterverwendung für Schloß Annaburg bei Torgau. 1568 schlug der Blitz ein. Daraufhin gab Kurfürst August die Burg 1579 zum Abbruch für die Bürger der Siedlung am Fuße des Berges frei. Die Ruine ist seitdem im Besitz der Stadt Tharandt.

1609 erweiterte Kurfürst Christian II. die mindestens bereits seit der Mitte des 16. Jahrhunderts vorhandene Stadtgerechtsame, die sich unmißverständlich beispielsweise im Vorhandensein einer Ratsverfassung äußerte, durch Verleihung des Rechtes, ein Stadtsiegel zu führen und einen Jahrmarkt abhalten zu dürfen.

Tharandt war bis 1568 und erneut ab 1827 Sitz des Amtes Grillenburg-Tharandt. Das Gerichtsamt Tharandt wurde 1856 gebildet und unterstand zunächst dem Bezirksgericht Dresden und ab 1871 dem Bezirksgericht Freiberg. 1879 wurde das Gerichtsamt Tharandt aufgelöst und das Amtsgericht Tharandt neu gebildet. In dessen Gebäude befindet sich heute die Grundschule.

Ende des 18. Jahrhunderts, mit der Zeit der Empfindsamkeit (Vorläufer der Romantik), setzte langsam der Tourismus ein. Der Amtschirurg Johann Gottfried Butter entdeckte 1792 zwei Mineralquellen, die Sidonien- und Heinrichs-Quelle, so daß eine kurze Blütezeit als Badeort mit einer direkten Straßenverbindung, u. a. durch den „Badewagen“ durch den Plaunschen Grund nach Dresden einsetzte. Im sogenannten „Badetal“ zwischen den Quellen entstand 1805 das Stadtbad-Hotel nach Entwürfen von Gottlob Friedrich Thormeyer. Zudem wurden an den Talhängen ab 1796 zahlreiche Wanderwege mit Aussichtspunkten, Schutzhütten und Gedenksteinen, u. a. unter Leitung des Dresdner Hof- und Justizrates und Heilsberger Freiherrn Gottfried Ferdinand von Lindemann (*1744, †1804), angelegt.

Um 1800 wurden die noch vorhandenen Ruinen im Sinne der Burgenromantik gesichert,
Gewölbe zugeschüttet und Bäume angepflanzt. Zwischen 1790 und 1850 hat die Ruine fast jeder berühmte Maler, Zeichner bzw. Kupferstecher dieser Zeit (darunter Ludwig Richter, Caspar David Friedrich, Adrian Zing, Carl Blechen) im Bild verewigt.

Friedrich Schiller (Gedenktafel am Gasthaus Schillereck am Markt), Johann Wolfgang von Goethe (Gedenktafel am ehemaligen Stadtbad-Hotel, eingelagert), Heinrich von Kleist und andere Berühmtheiten weilten in Tharandt.

  


Ansicht der Burgruine Tharandt, aus B. Cotta, 1834.

  


Etwa derselbe Blick im Vorfrühling 2017. Leider war der Teich gerade abgelassen. Wenn Sie einmal selber hierher fahren, haben Sie bestimmt mehr Glück mit diesem Fotomotiv.
  


Etwas schicker auf einer historischen Aufnahme von M. Nowak, um 1930. Bildquelle: Deutsche Fotothek.

Link zur Originaldatei: http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/90085713

  


Die Kuppelhalle zeugt noch von der vergangenen Bäder-Kultur.

  

Die Stadt ist heute vorallem bekannt für die Fakultät Forstwissenschaft der Dresdner Technischen Universität. Sie entstand aus einer ursprünglich privaten Forstlehranstalt, die Johann Heinrich Cotta (*1763, †1844) mit seiner Anstellung bei der sächsischen Forstvermessungsanstalt im Jahr 1811 von Zillbach in Thüringen nach Tharandt mitbrachte.

Am 24. Mai 1811 konnte Cotta in Tharandt sein Privatforstlehrinstitut neu eröffnen. Neben Cotta, der die forstlichen Fachdisziplinen lehrte, war Johann Adam Reum, Professor für Mathematik und Lehrer für Vermessungskunde, Zeichnen und Botanik, mit nach Tharandt gekommen. Reum begann sofort mit dem Anlegen des heutigen, weltweit ältesten Forstbotanischen Gartens. 1814 wurde noch Karl Leberecht Krutzsch (*1772, †1852), Professor und Lehrer für Naturwissenschaften, eingestellt. Die Vorlesungen fanden in Privaträumen der Professoren oder im Freien statt.

Damit wurde Tharandt zur Gelehrten- und Studentenstadt. Bäcker und Fleischer, Schneider und Schuhmacher, nicht zuletzt die Wirte profitierten von dieser Entwicklung. Auch Studentenverbindungen entstanden in Tharandt, vorallem akademische Jagdkorporationen.

Während der Befreiungskriege um 1813 ging die Zahl der Schüler stark zurück, so daß finanzielle Schwierigkeiten den Fortbestand der Lehranstalt gefährdeten. J. H. Cotta bemühte sich deshalb um Übergabe der Schule an den Staat. Da der Staat wegen des herrschenden Mangels an Holz als Bau- und Brennstoff an qualifizierten Fachleuten interessiert war, wurde am 17. Juni 1816 die Königlich-Sächsische Forstakademie eröffnet, deren erster Direktor J. H. Cotta bis zu seinem Tod im Jahre 1844 war.

Cotta konnte zwar nun die Professoren entlohnen, aber Geld für den Bau eines Lehrgebäudes wurde nicht bewilligt. Erst 1842 wurde das Schweizerhaus im Forstgarten für Lehrzwecke gebaut. 1847 bis 1849 entstand das heute als Altbau bezeichnete Akademiegebäude nach Plänen von Oberlandbaumeister Karl Moritz Haenel (*1809, †1880). Im Jahr 1904 wurde die Forstakademie in den Rang einer Hochschule erhoben und erhielt das Habilitationsrecht.

Bereits am 1. April 1929 wurde die Forstliche Hochschule Tharandt Teil der Technischen Hochschule Dresden (1961 in Technische Universität Dresden umbenannt), wobei eine gewisse Selbstständigkeit gewahrt blieb. 1941 wurde mit der Erhebung in den Rang einer Fakultät die Integration vervollständigt.

 


In diesem Gebäude am unteren Ende der Thalmühlenstraße wurde die Forstlehranstalt 1811 gegründet.

  


In diesem Gebäude an der Straße im Weißeritztal befand sich 1811 die Forstvermessungsanstalt. Auch hier erinnern die Tharandter mit einer frisch polierten Gedenktafel an Johann Heinrich Cotta.

   


Heute hat die Forstakademie modernere Gebäude zur Verfügung. Nebenbei ist hier auch ein Teil der Sächsischen Landes- und Universitätsbibliothek der Dresdner Technischen Universität untergebracht.

 

Sicherlich nicht nur, weil sein Vater hier unterrichtete, stieß die Region um Tharandt auch bei Bernhard Cotta (*1808, †1879) auf Interesse. Er schrieb 1834 in Tharand und seine Umgebungen u. a. zur…

Geschichte des Schlosses Tharand

„…Die älteste Geschichte des Schlosses Tharand selbst ist in ein undurchdringliches Dunkel gehüllt. Über die Zeit und den Zweck seiner Erbauung bestehen bloß unsichere Sagen…

In den dicken, jetzt noch stehenden Mauern des alten Schlosses finden sich nämlich mitten inne oft gebrannte und zum Theil sogar verschlackte Steine (nicht etwa Mauerziegel) mit anderen, ganz unveränderten, durch Mörtel verbunden, der nicht die geringste Einwirkung von Hitze erlitten zu haben scheint. Dieses Faktum scheint allerdings auf eine frühe Benutzung des Raumes hinzudeuten, den später das Schloß einnahm, oder wenigstens auf eine Benutzung der Steine, die zum Theil in seinen Mauern verbaut sind. Denn bei dem späteren Brande im Jahre 1190, von dem wir geschichtliche Nachricht haben, standen diese Mauern unfehlbar schon und blieben durch das Feuer unzerstört…

Es bleibt daher für das Vorkommen jener gebrannten Steine im Innern der Mauern nur eine Erklärung übrig: Es seien diese Steine schon vorher zu irgendetwas benutzt worden, wobei heftiges Feuer auf sie einwirken konnte; wenn man nicht annehmen wollte, die Arbeitsleute hätten sie an zufälligen Feuern so gebrannt (oder sie seien beim Brennen des Kalks mit entstanden) wogegen allerdings die Häufigkeit derselben und der Grad ihrer Veränderung bedeutend sprechen, welcher letztere eine sehr starke Hitze voraussetzt…“

Bernhard Cotta kolportiert hier die Ableitung des Namens Tharandt vom germanischen Gott Thor und nahm die Existenz eines heidnischen Heiligtums an. Er erwähnt aber hier auch schon den Kalkabbau:

„Aus den ältesten Zeiten existieren von Tharand mehrere Sagen, die sich jedoch keineswegs als begründet nachweisen lassen. So enthält eine handschriftliche Chronik von Tharand unter anderem (die Nachricht, daß) im Jahre 809 schon viel hiesiger Kalkstein benutzt und nach Meißen geschafft worden (sei), was, wenn es wahr wäre, allerdings zunächst auf ein hiesiges Bedürfnis, vielleicht zu Erbauung des Schlosses hindeuten würde…“ (S. 37f) Und an anderer Stelle (S. 99ff) schreibt er:

Wenn man durch Tharand hinauf bei dem Amthause vorbei nach dem Kalkofen (Die Kalkbrüche daselbst werden unter der Erde und ganz bergmännisch betrieben. Sie sind den Mineralogen bekannt durch die ausgezeichnet schönen Kalkspathkrystallisationen, welche sie zuweilen liefern.) und dann weiter im Thale fortgeht, so kommt man in den Ebergrund (Früher hieß dieses Tal der Saugrund, auch Todteichgrund; seit es aber zur Promenade erhoben worden ist, hat man diese Namen durch den ästhetischeren „Ebergrund“ zu verdrängen gesucht.), in welchem ein schattiger Weg hinaufführt, bei mehreren kleinen Wasserfällen vorbei, nach einem geebneten, mit Ruhebänken versehenen Platze, von wo man einen äußerst freundlichen Blick auf die ersten Häuser des Dorfes Gersdorf genießt…“

  


Tharandt ist ein schmuckes Städtchen, daß sich hauptsächlich entlang des Schloitzbachtales erstreckt. Die Heilig Kreuz Kirche steht auf den Fundamenten der früheren Unterburg.
 


Die Ruinen der Oberburg haben wir uns recht genau angesehen...
  


Neben eher neuzeitlichem Ziegelmauerwerk haben wir u. a. Sandstein, Phyllit und Quarzporphyr gefunden...
  


...quasi einen geologischen Lehrpfad durch die ganze Umgebung. Was B. Cotta jedoch mit den „mitten inne oft gebrannten und zum Theil sogar verschlackten Steinen“ gemeint haben könnte, ist uns nicht klar.
   


Also genießen wir die angepriesenen und bei diesem Wetter wirklich hübschen Ausblicke nach Norden in das Schloitzbachtal...
 


...oder auf der Südseite flußauf in das Tal der Wilden Weißeritz.

  

   
 
 

Zur Geologie

  

Die bisher älteste Beschreibung der Kalklager bei Tharandt haben wir im Bergmännischen Journal, Herausgeber Alexander Wilhelm Köhler, 2. Band, Achtes Stück vom August 1792 gefunden. Darin beschreibt der spätere sächsische Oberberghauptmann Johann Carl Freiesleben (*1774, †1846) seine Mineralogisch-bergmännischen Beobachtungen auf einer Reise durch einen Theil des meißner und erzgebirgischen Kreises zu Anfange des 1791. Jahres:

„…Der hiesige Sandstein bedeckt eben den Kalkstein, welchen man auch schon hinter Hartha bey

Gersdorf,

theils in Geschieben, theils anstehend findet. Er ist sehr feinkörnig, bläulichgrau, mit vielen Kalkspaththeilchen, auch angeflogenem Schwefelkiese gemengt. Auch um

Tharand

steht dieser Kalkstein fast überall zu Tage aus, und nur das Schloß Granaten nebst der Kirche ist auf einem hohen Felsen erbaut, den die Weißeritz von dem übrigen Gebirge trennt, …und der aus einem… Gneise besteht… Dieser Fluß läuft hier durch ein sehr tiefes, auch ziemlich weites Thal hin, an welches von Westen her ein minder beträchtliches Thal stößt, das das Tharanter Wasser bildet. Beyde Thäler sind mit hohen, aber meist bewachsenen und angebauten Bergen eingeschlossen, und zwar liegen in denen, die das Tharander Thal gegen Süden einschließen,

Die Kalkbrüche,

wovon wir aber nur den einen befahren durften. Dieser war ehedem ein Tage- oder Steinbruch, da er aber nach und nach zu tief wurde, stürzte man ihn zu, richtete einen Schacht vor, und baut nun den Kalkstein durch eine Art unregelmäßigen Pfeilerbau ab. Der Kalkstein wird hier bloß mit Bohren und Schießen gewonnen… (Er) ist bläulichgrau, höchst feinkörnig, das ins dichte übergeht, unzerklüftet, und brennt im Feuer ganz weiß. Bisweilen ist er von Lettenklüften durchzogen, und mit angeflogenem Schwefelkiese, aber mit Kalkspath gemengt, welcher letzterer häufig trümerweise in ihm liegt. Über diesem Kalksteine liegt ein bläulich- und grünlichgrauer, krumm- und etwas grobschiefriger Thonschiefer. In der Nähe eines ähnlichen, aber alten und verschütteten Baues beobachten wir eine Porphirkuppe…

Der Kalkstein wird hier mit Steinkohlen in konischen, überbauten Kalköfen gebrannt, die oben 6 Ellen (rund 3 m) und unten 1 ¼ Ellen (rund 0,75 m) weit sind.“

Nach dieser Beschreibung benutzte man also auch hier in dieser Zeit trichterförmige Niederschachtöfen, regional als Schnelleröfen bezeichnet.

  

Einen Zwischenbericht mit Datum vom 20. August 1818 zu der am Ende des 18. Jahrhunderts begonnenen, geognostischen Untersuchung des Königreiches Sachsen, namentlich über die dabei „aufgefundenen Lagerstätten gemeinnützlicher und besonders brennlicher Fossilien,“ verfaßte „auf allerhöchsten Befehl“ der damalige Obereinfahrer in Freiberg, Carl Amandus Kühn (40003, Nr. 59). Darin notierte er im zweiten Kapitel über den zwischen der Elbe und der Freiberger Mulde gelegenen Teil Sachsens (Blatt 63ff), im Abschnitt D. über Lagerstätten nicht brennlicher nutzbarer Fossilien (Blatt 98ff) seines Berichtes, über die hiesigen Kalksteinvorkommen (Blatt 105f):

§38.

e. dergleichen bei Tharand, Hintergersdorf und Braunsdorf.

Nächstdem finden sich auch bei Tharand und den in der Nachbarschaft gelegenen Dörfern Hintergersdorf und Braunsdorf nicht unwichtige Lagerstätte von Kalkstein...

Auch bei Tharand, und zwar ¼ Stunde nordwestlich von diesem Städtchen, findet sich der Kalkstein als liegender Stock. Auch dieser Stock hat eine sehr bedeutende Stärke und auf ihm ist ein sehr ansehnlicher Bruch angelegt.

Von diesem Bruch 200 Schritte in Mitternacht, auf Hintergersdorfer Flur, hat man endlich mittelst eines 40 Ellen in Thonschiefer abgesunkenen Schachtes ebenfalls Kalkstein von 5 – 6 Ellen Mächtigkeit ausgerichtet, der aber des starken Wasserzudrangs halber bis jetzt noch nicht bebaut worden ist.“

  

A. Schumann erwähnt in seinem Vollständigen Staats-, Post- und Zeitungslexikon von Sachsen die „Kalkbrennerei“ als Erwerbszweig der Bewohner und führt 1824 unter den Sehenswürdigkeiten in der Umgebung Tharandts auf: „Wer weitere, aber nicht minder interessante Puncte besuchen will, dem sind …der Grund des Todtenbaches mit dem durch greuliche Sagen bekannten Todtenteiche, und den Kalköfen bei einem gegen 40 Ellen tiefen Schachte, der in das Urkaltstein- Lager einführt – ferner der Gang zu den 3 Braunsdorfer Kalkbrüchen, …zu empfehlen.“ 

  

Im Zuge der geognostischen Landesuntersuchung bereiste später auch Bernhard Cotta mehrfach die Region zwischen Freiberg, Nossen und Meißen und hinterließ uns u. a. aus dem Jahr 1836 seine Geognostische Beschreibung der Gegend von Tharandt, worin er schreibt:

Einleitung 

§1. Tharandt liegt am nordwestlichen Abhange des Erzgebirges, in dem vier- bis fünfhundert Fuß tiefen Thale der Weisseritz, wo sich der Schloitzbach in dieselbe einmündet; 640 Pariser Fuß über der Ostsee, fast in der Mitte zwischen Dresden und Freiberg.

Der ganze Nordwestabhang des Erzgebirges ist flach, so daß die Abdachung vom höchsten Kamme bei Altenberg bis zum Elbspiegel bei Dresden in hiesiger Gegend auf eine Fläche von 4 bis 5 Meilen Breite verteilt ist, die selten mit hervorragenden Bergen besetzt, häufig von schmalen, tiefen Thälern durchschnitten, sonst aber für ein Gebirgsland ziemlich eben gestaltet ist. Die Breite der Jöcher überwiegt die der Thäler um ein Vielfaches, und einmal auf ihre Höhe gelangt, übersieht man leicht die schmalen Einschnitte der Hauptthäler und glaubt sich auf ein weit ausgedehntes, flach ansteigendes fruchtbares Hügelland versetzt. Unerwartet steht dann der Wanderer oft plötzlich vor einem tiefen Abgrunde, dessen Gehänge felsig und dicht bewaldet sind. Die kleinen Gebirgsstädte liegen gewöhnlich in solchen Thälern, die Dörfer mit den Feldern mehr auf solchen Höhen und in sanfteren Seitengründen. …

§2. … Gerade wo das Gebiet der Flötzgebirge über das der versteinerungsleeren Gesteine herrschend zu werden beginnt, auf dem Vereinigungspunkte mehrerer Gesteinsformationen, in den tiefen Thaleinschnitten mehrerer Gewässer, die sich meandrisch nach allen Seiten hin winden, liegt Tharandt, berühmt durch seine schöne Natur, wie durch sein Bad und als Sitz einer Akademie für Forst- und Landwirthe. … Die hiesige Gegend ist in der That der Ort, wo man über die Bildung des ganzen Erzgebirges Aufschluß erwarten kann, denn sie enthält auf kleinem Raum zusammengedrängt fast alle Gesteine und viele Lagerungsverhältnisse, die im Innern des Gebirges sich wiederholen...

1ste Abtheilung.
Gruppirung und Verbreitung der einzelnen Gesteine.

... §13. Der körnige Kalkstein verdient eine ausführlichere Beschreibung, … Wie die anderen eben erwähnten Gesteine der Schiefergruppe, so erscheint auch er ohne Ordnung bald hier, bald da zwischen den Thonschiefer eingelagert (namentlich im Triebischthale). Zumindest bei Tharandt finden wir ihn jedoch nur an der Grenze desselben gegen den Gneis hin. Nachgewiesen ist er bis jetzt in den Kalkbrüchen zu Tharand und Braunsdorf und an dem östlichen Abhange des Kienberges im Garten des Hrn. Prof. Krutzsch (beim Brunnengraben aufgefunden). Überall also das äußerste Glied des Thonschiefers ausmachend, wo dieser den Gneis oder Porphyr berührt.“

Anmerkung: Wie oben schon zu lesen war, war Prof. K. L. Krutzsch als Lehrer für Naturwissenschaften am Forstlichen Lehrinstitut J. H. Cotta´s tätig und sicher auch den Geowissenschaften gegenüber aufgeschlossen, so daß er auf solche Besonderheiten achtete.

  

Dieser Kalkstein ist im Tharandter Bruche hell- und dunkelgrau von Farbe, sehr feinkörnig und von weißen und lichtgrauen Lagen bandförmig durchzogen. Die dadurch entstandene, der Schieferung entsprechende Streifung ist auf mannichfache Weise gewunden und zuweilen nach vielerlei Richtungen gekrümmt.

Über dem Hauptkalklager liegt, durch 30 bis 40 Fuß mächtigen Thonschiefer getrennt, noch ein minder bedeutendes, welches jetzt nicht abgebaut wird. Im Hangenden dieser oberen lagerförmigen Kalkmasse, welche im Wackwitz’schen Bruche, von dem ich hier rede, gegen 8 Fuß mächtig ist, während die untere eine Stärke von 40 bis 50 Fuß erreicht, findet ein höchst auffallender Wechsel von Kalk und glimmerreichem Schiefer statt, ein Wechsel, der wohl 100 Kalklagen von der Dicke eines Messerrückens bis zu der eines Fingers, zwischen gleich dicke Schieferbläter eingelagert, wahrnehmen läßt. Beide Gesteine sind dabei scharf begrenzt und voneinander ausgeschieden. Stellenweise zeigt diese Wechsellagerung auffallende Biegungen, ähnlich denen, die man im Innern des Kalkes selbst wahrnimmt; und dann ist der dazwischen gewebte Schiefer gewöhnlich mehr schwarz und erdig als glimmerreich.

Sind aber diese Erscheinungen im Hangenden des Kalklagers schon sehenswerthe, so gehören doch die im Liegenden der unteren Kalkschicht, in der Nähe des Porphyrs, bei weitem zu den denkwürdigeren.

Zunächst zwischen Kalk und Porphyr, findet man auf der steil einschießenden Grenze eine mehrere Zoll dicke schwarze Lettenlage, die gegen Oben in mit Kalk durchwebten, mannichfach gewundenen, schwarzen abfärbenden Schiefer („Zeichnenschiefer“) übergeht. Darauf ruht der Kalkstein, hier zunächst von Kalk- und Braunspathadern nach allen Richtungen durchzogen, drusig und breccienartig in dem Grade, daß er zum Kalkbrennen in dieser Region nicht tauglich ist.

In jenen schwarzen Letten liegen zuweilen Knollen von Faust- bis Kopfgröße, welche, wenn man sie auseinanderschlägt, einen hohlen Drusenraum zeigen, dessen dünne Wände aus blättrigem Braunspath bestehen, innen mit rhomboedrischen Krystallen desselben Minerals überzogen, außen mit einer schwachen Schale schwarzgrauen, abfärbenden Kalkmergels umgeben.

Die oben erwähnten Brecciengesteine sind wieder von zweifacher Art; die einen bestehen aus streifigen, gewöhnlich mürben Kalksteinstücken, die durch grauen körnigen Kalk innig und fest miteinander verkittet sind, so daß man nur durch die verschieden gerichtete und unterbrochene Streifung der einzelnen Fragmente zur Erkenntnis der wahren Natur dieses Gesteins gelangt. Die anderen bestehen aus eckigen und scharfkantigen Bruchstücken grauen körnigen Kalkes, fest verkittet durch blättrigen Braunspath. Das Merkwürdigste dabei ist aber die deutlich erkennbare Umwandlung des körnigen Kalkes der Bruchstücke in Braunspath oder Braunspathdrusen. Daß eine solche Umwandlung – Dolomitisierung – hier wirklich vorgegangen sei, ist an einzelnen Handstücken so deutlich nachzuweisen, daß niemand, der das sieht, daran zweifeln kann, und daß ich deshalb auch keinen Abstand nehme, in diesem eigentlich rein beschreibenden Theile von ihr zu reden…

Anmerkung: Braunspat ist eigentlich ein Synonym für das Kalzium-Eisen-Doppelkarbonat Ankerit. Wenn B. Cotta hier von einer postgenetischen Dolomitisierung spricht, meint er vermutlich auch das Kalzium-Magnesium-Doppelkarbonat Dolomit. Die im Weiteren noch angeführten chemischen Analysen sind etwas widersprüchlich; einige zeigen jedoch auch ein vermehrtes Auftreten von Eisenkarbonaten („kohlensaures Eisen“).

  

  

Bei Fig. 6 liegt ein unverändertes etwas gestreiftes Kalkstück a in der krystallinisch blättrigen Braunspathmasse. Ein ähnliches Stück b zeigt bei c schon den Anfang der Umwandlung, und im Innern des umgewandelten Theiles einen mit Braunspathkrystallen ausgekleideten Drusenraum. Bei dem Stück d ist die Umwandlung schon so weit gediehen, daß nur noch die äußeren Umrisse des Bruchstückes im ehemaligen Zustande verblieben sind, ohne jedoch in der Mitte des gebildeten Braunspathes – wie sonst gewöhnlich – einen Drusenraum zu erzeugen. Besonders auffallend ist es, daß an allen diesen Bruchstücken die Umwandlung von innen ausgegangen ist und von da bis in die Nähe des Randes, aber selten bis zum Verschwinden des letzteren um sich gegriffen hat. Denn fast immer findet man die äußeren Conturen dieser umgewandelten Kalkstücke noch aus grauem körnigem Kalkstein bestehend, während ihr Inneres gewöhnlich ganz zu einer Braunspathdruse geworden ist.

Dadurch entstehen dann jene ganz drusigen Brecciengesteine Fig. 7, wo lauter eckige Braunspathdrusen, immer von grauen Kalksteinrändern umgeben, in krystallinisch blättrigem Braunspathe inne liegen, und die oft das Ansehen haben, als wenn ein körperliches Netz von grauen Kalksteingängen, durch die aus Braunspath und Braunspathdrusen bestehende Hauptmasse nach allen Richtungen hindurchsetzte.

Auch die Drusen und Adern im Kalksteine selbst scheinen sich nur im unteren Theile desselben zu finden, dort aber in großer Häufigkeit und von bedeutender Größe. (Tauber erwähnt in Becker’s Beschreibung des Plauenschen Grundes Drusen, in welchen ein Mensch Platz gehabt habe.) Vorwaltend ist in ihnen der Braunspath, theils krytallinisch blättrig, theils krystallisirt in flachen Rhomboedern. Er bildet fast überall die Grundlage für die übrigen Mineralien, unter welchen wieder krystallisirter Kalkspath die erste Stelle einnimmt. … Nach dem Kalkspathe verdient der Eisenkies erwähnt zu werden, welcher in Würfeln… krystallisirt, oft prächtig glänzend zwischen Kalkspathkrystallen hervortritt oder in matten kugelförmigen und traubigen Gestalten auf ihnen aufsitzt. …

Seltener findet sich in den Drusenräumen des Tharandter Kalksteins krystallisirter Schwerspath, Gyps und Kupferkies, noch seltener Bleiglanz und braune Blende ein. Das Zusammenvorkommen dieser Mineralien sowie die Altersfolge derselben – Braunspath zuunterst, darauf Kalkspath, endlich die Erze und übrigen Späthe zuoberst – giebt diesen Drusen eine gewisse Analogie mit den Freiberger Erzgängen. …

Von den Lagerungsverhältnissen dieses Kalksteins gibt das Profil Tafel I, Fig. 4 ein deutliches Bild…

  

  

2te Abteilung.
Geologische Rückblicke und Wanderungen
in die nähere und entferntere Umgegend von Tharandt

… §50. Körniger Kalkstein – Dolomit.

…Der Tharandter Kalkstein ist zwar schon in §13 beschrieben, seitdem erhielt ich jedoch … zwei Analysen desselben, … welche nicht nur an und für sich, sondern auch durch Übereinstimmung mit den Untersuchungen einiger sogenannter Urkalksteine des Erzgebirges… ein sehr interessantes Resultat liefern. Es ergiebt sich nämlich daraus, daß viele sächsische körnige Kalksteine eigentlich Dolomite sind. Die Kalksteine von Tharandt, Lengefeld, Heidelbach und Memmendorf enthalten 20 bis 40 Procent kohlensaure Talkerde (Magnesiumkarbonat) und dennoch werden sie gebrannt und geben vortrefflichen Mörtel. Bei fortgesetzten Untersuchungen wird man vielleicht auch die Kalksteine mancher anderen Gegend als Dolomite, oder wenigstens als talkerdehaltig erkennen.

  

  1) 
Lengefeld
1)
Memmen- dorf 
1)
Heidel- bach bei Wolken- stein
2)
Tharandt, gelblich-weißer Braun- spath 
 
2)
Tharandt, schwarz-grauer Kalkstein
1)
Helbigs- dorf
1)
Miltitz 
Kohlensaure Kalkerde


55,34%


53,99%


51,92%


54,15%


 47,99%


86,23%


97,69%

Kohlensaure Talkerde


41,56%


40,02%


39,62%


24,74%


19,87%


1,21%


keine


Kieselerde


0,60%


1,97%


3,63%

 


5,50%

 

 


Thonerde


 1,50%


1,52%


1,59%

 

 

 

 


Eisenoxyd

 


2,03%


2,65%

 

 

 

 

Kohlensaures Eisen

 

 

 


21,10%


25,05%

 

 


Kohle

 

 

 

 


1,34%

 

 

       1) Analysen durch Oberhüttenamtsauditor Merbach.
       2) Analysen durch Dr. Henry.

   

(In Tharandt) sind beides also Bitterspathe (Dolomite) mit verhältnismäßig wenig Talkerde. Der schwarze unterscheidet sich von dem weißen durch seinen Gehalt an Kieselerde und Kohle, die sich beide in dem weißen nicht finden, … Wir haben es also hier offenbar mit einem Dolomit zu thun, dessen Talkerdegehalt sich in einem bestimmten, wenn auch kleinen Verhältnis zur Kalkerde befindet. Der bedeutende Gehalt an kohlensaurem Eisen (Eisenkarbonat bzw. Siderit) läßt erwarten, daß dieses Gestein sehr zweckmäßige Anwendung als Zuschlag bei Eisenhüttenwerken finden könnte, insofern nicht etwa die Talkerde störend einwirkt, die dagegen, wie das Eisen, die bindende Kraft des daraus erzeugten Mörtels nur zu befördern scheint. Bei der Anwendung des gebrannten Kalkes als Düngemittel dürften jene Bestandtheile, wenn auch nicht absolut nachtheilig, doch wenigstens durch Verringerung der eigentlichen Ätzkalkmenge in demselben Volumen unvorteilhaft einwirken; und wirklich wollen geschickte Landwirthe der Umgegend bemerkt haben, daß der hiesige Kalkstein als Düngemittel nicht so wirksam ist, als der von Miltitz, welcher sich durch außerordentliche Reinheit auszeichnet. …

Im unterirdischen, jetzt unzugänglichen Theile des Wackwitz’schen Bruches wird, nach Aussage des Steigers, das Kalklager an der Südseite, unter der Thalsohle plötzlich vom Porphyr abgeschnitten und diese Angabe stimmt auch recht wohl mit dem Auffinden des drusigen Kalksteines oder Dolomites im Brunnen des Hrn. Prof. Krutzsch überein, da hier der zunächst an den Gneis grenzende Thonschiefer, also der, welcher an der Ziegenleithe die Dolomitlager enthält, auf die östliche Seite des Porphyrganges hinübergerissen ist und am oberen Ausgange der sogenannten Kirchgasse neben Krutzsch’ens Hintergebäude nur durch eine kleine Porphyrverzweigung auf kurze Strecke abermals vom Gneis getrennt wird. Die Fortsetzung des Kalksteins würde demnach zwischen der Ziegenleithe und Krutzsch’ens Garten… am hinteren Kienberge und nach dem Zeisiggrunde zu, zu suchen sein. Auch in der Richtung von der Ziegenleithe nach Braunsdorf ist die Hoffnung auf Kalkstein keineswegs unbegründet. Ob er überall mächtig genug und sonst bauwürdig ist, läßt sich freilich nicht voraussagen, die unregelmäßige Gestalt seiner Einlagerung an den bereits bekannten Punkten führt vielmehr zu der Vermuthung, daß dies nicht der Fall sei. … Genauere Untersuchungen würden bei der Wichtigkeit des Kalksteins in diesem Falle gewiß am rechten Orte sein…“

  


Dichter Kalkstein aus Tharandt
, Bildbreite zirka 7,5 cm, Sammlung und Foto: Torsten L., Dresden.

  

Es sei darin erinnert, daß Bernhard Cotta ein entschiedener Gegner des Neptunismus gewesen ist und sogar für die „Urkalke“ des  Triebischtales eine magmatische Entstehung annahm.

Seine Beobachtungen flossen anschließend in die Geognostische Beschreibung des Königreiches Sachsen und der angränzenden Länderabtheilungen ein, hier in das 1845 von Carl Friedrich Naumann (*1797, †1873) herausgegebene 5. Heft: Geognostische Skizze der Umgegend von Dresden und Meißen. Darin heißt es über den…

Kalkstein im Schiefergebirge; Gegenden des Triebischthales.

…Ganz besonders interessant sind die Verhältnisse des bei Tharand, an der Westseite des dasigen Porphyrganges vorkommenden Kalklagers, von welchem Cotta eine ausführliche Beschreibung geliefert hat.

Das Gestein ist, den Analysen von Henry zufolge, ein Dolomit, in welchem ein bedeutender Antheil der Magnesia durch Eisenoxydul vertreten wird, sehr feinkörnig und aus abwechselnd schwärzlichgrauen und aschgrauen oder graulichweißen Lagen zusammengesetzt, welche erstere ihre dunkle Farbe einem Gehalte an Kohle verdanken. Adern, und zum Theil sehr schöne Drusen von Braunspath und Kalkspath, der letztere in manichfaltigen Combinationen und nicht selten von Eisenkies (Seltener finden sich Baryt, Kupferkies und Gyps, am seltensten Bleiglanz) begleitet, verleihen dem Gestein ein mineralogisches Interesse.

Dieser Tharander Dolomit zerfällt eigentlich in zwei Lager, welche durch ein ungefähr 35 Fuß mächtiges Zwischenmittel von Thonschiefer getrennt werden. Das untere Lager ist 40 bis 50 Fuß mächtig und ruht fast unmittelbar auf Porphyr, von welchem es nur durch eine, mehre Zoll starke, schwarze Lettenage abgesondert wird, in der zuweilen faustgroße und größere, inwendig hohle und drusige Knollen voп Braunspath liegen.

Sehr merkwürdig sind die, von Cotta beschriebenen und im liegenden Theile dieses Lagers vorkommenden breccienartigen Varietäten des Kalksteines, welche entweder aus Fragmenten des gewöhnlichen gestreuten Dolomites in grauer körniger Dolomitmasse, oder ans Fragmenten der letzteren in weißer körnig-blätteriger Braunspathmasse bestehen. Das obere Kalksteinlager ist nur etwa 8 Fuß mächtig und mit dem darüber liegenden Thonschiefer durch einen hundertfältigen Wechsel voп nur linienstarken Kalk- und Schieferlagen verbunden.

  


Ausschnitt aus der geognostischen Karte von Sachsen, Section X, 1845, mit der Südspitze des Nossen- Wilsdruffer Schiefergebirges westlich von Tharandt und den Kalkgesteinsvorkommen (blau eingezeichnet) bei Braunsdorf und bei Tharandt.

  

Eine weitere chemische Analyse des Tharandter Kalksteines findet man in dem bekannten Gutachten von G. Wunder, A. Herbrig und A. Eulitz über den Kalkwerksbetrieb Sachsens und die Ursachen der verschiedenen Kalkpreise in Sachsen aus dem Jahr 1867. In den tabellarischen Zusammenstellungen in dieser Quelle wird 1867 das Wackwitz’sche Kalkwerk zu Tharandt mit den folgenden zwei Analysen genannt.
  

 

Kalk

Magnesia

Kohlensäure

Eisenoxyd, Thonerde

Unlösliches

Wackwitz, blau

47,1

0,5

38,3

1,4

12,6

Wackwitz, schwarz

49,1

Spuren

38,7

0,6

11,0

Auf die umfangreichen Analysen dieser Autoren griffen die Geologen auch später noch immer wieder zurück.

  

Friedrich August Frenzel (*1842, †1902) führt 1874 in seinem Mineralogischen Lexicon für das Königreich Sachsen Tharandt als Fundort für Calzit und als „einen der vorzüglichsten Fundorte dieses ungemein häufig vorkommenden Minerals…“ auf. „Die Krystalle sitzen in der Regel auf Braunspath und werden von Eisenkies begleitet. Die scalenoedrischen Krystalle zeigen mitunter Zwillinge mit parallelen Axensystemen; Ebenso sind doppelte Bildungen diesem Lager nicht fremd.“

Auch als Fundpunkt von Dolomitkristallen wird Tharandt von Frenzel angeführt. Eine spezielle Ausbildung eines eisenreichen Dolomits wurde von dem Mineralogen Johann Friedrich August Breithaupt (*1791, †1873) mit dem Namen „Tharandit“ belegt (mineralienatlas.de).

  

Calzit xx, mit Pyrit auf Dolomit xx, Tharandt, Bildbreite zirka 9 cm, Sammlung Torsten L., Dresden. Die Stufe entstammt vermutlich ursprünglich der Sammlung eines Professors der Forstfachschule und wurde später von F. Schlegel, Schneeberg, aufbewahrt.
 

Auch bei den Sanierungsarbeiten im Jahr 2008 kamen noch einmal solche Stüfen mit Calzit xx mit dem dicksäulig erscheinenden Habitus, weswegen er auch als "Kanonenspat" bezeichnet wird, zutage.
   

Eine weitere Stufe aus derselben Sammlung. Calzit xx mit rhomboedrischem Habitus auf Ankerit.
Größe der Stufe zirka 3,5 cm. Foto: F. Hrouda, Gera.

  


Quarz xx auf Calzit xx mit hexagonal- tafligem Habitus, Tharandt, Größe der Stufe zirka 4,5 cm. Aus der Sammlung des Geraer Stadtapothekers Dr. Paul Friedrich Curt Schröder (*1836, †1916), heute im Museum für Naturkunde Gera. Sein jüngerer Bruder Dr. Max Valentin Schröder war während des Ersten Weltkrieges auch in Sachsen tätig, betreute dort den sächsischen Erzbergbau und bekam den Titel „Bergrat“ verliehen.
Foto: F. Hrouda, Gera.

 


Dolomit xx, syn. Tharandit, Kalkwerk Schweinsdorf (bei Rothenburg, Bayern). Originaletikett von Friedrich August Frenzel 1897. Sammlung und Foto: A. Gerstenberg, Chemnitz.

  

Noch etwas aktueller sind dann die Erläuterungen zu den ab 1880 herausgegebenen Geologischen Specialkarten von Sachsen. Tharandt finden wir jetzt auf der Sektion 81: Tharandt, deren 1. Auflage 1891 erschienen ist. In den Erläuterungen schreiben die Geologen A. Sauer und R. Beck:

II. Das Cambrium.

„Auf die Gneisse der oberen Stufe folgen im Gebiete der Section Tharandt nicht wie sonst im Erzgebirge die jüngeren Glieder der archäischen Formationsgruppe, vielmehr wird hier die Gneissformation, wie eben erwähnt, von ·Verwerfungen abgeschnitten und stösst auf diesen direct an das Cambrium. Diese Formation setzt sich auch auf Section Tharandt zusammen aus graugrünen, bläulichen, violetten, rothen und schwarzen Thonschiefern, welchen sericitiscbe Quarzitschiefer, Kieselschiefer, Alaunschiefer, Kalkstein, besonders reichlich aber sogenannte Grünsteine (veränderte Diabase und verwandte Gesteine) eingelagert sind. Die lebhafte und wechselnde Färbung der Thonschiefer und die Häufigkeit solcher Grünsteine sind charakteristische Eigenthümlichkeiten, die sich auch am Cambrium der Nachbarsectionen wiederholen, wo dasselbe zwischen der Phyllitformation und dem Silur eingeschaltet erscheint…

Das Kalklager bei Tharandt.

In seinen geognostischen Wanderungen (Leipzig und Dresden 1836) widmet B. Cotta diesem seiner Zeit offenbar gut aufgeschlossenen Kalklager eine sehr ausführliche Beschreibung, welche ein anschauliches Bild über Zusammensetzung und Verbandsverhältnisse desselben giebt und Beobachtungen enthält, die gegenwärtig nicht mehr anzustellen sind. Chronikalischen Aufzeichnungen zufolge soll der Kalkstein bei Tharandt bereits im Jahre 806 gebrochen worden sein…“

Es folgt ein fast wörtliches Zitat der Beschreibung von B. Cotta.

„Der gegenwärtig geförderte dichte, schwärzliche bis blaugraue Kalkstein brennt sich fast weiss und hat nach einer von W. Wolf in Döbeln im Jahre 1887 ausgeführten Analyse in seiner reinsten Ausbildung folgende Zusammensetzung:
 

Kohlensäure

42,7%

Kalkerde

54,4%

Magnesia

0,1%

Eisenoxyd nebst Thonerde

 0,6%

Unlösliches (Quarz)

1,6%

 Andere Partien des Kalklagers dürften wesentlich magnesiareicher sein, da sich sonst kaum die oben geschilderte umfangreiche Dolomitisirung der Reibungsbreccie des Kalklagers an der Grenze zum Porphyr erklären liesse.

Das schwarze. sowohl dem Kalkstein, als auch den mit diesem wechsellagemden Thonschiefer imprägnirende Pigment besteht aus einer dem Graphit in seiner chemischen Zusammensetzung nahestehenden, aber amorphen Modification des Kohlenstoffes, dem Graphitoid. Dasselbe ist zuweilen in Knollen und Lagen und besonders dort, wo derber Schwefelkies reichlich auftritt, stark angereichert. Hinsichtlich der Microstructur des dichten Kalksteines verdient noch bemerkt zu werden, dass nicht selten klastische Quarzkörnchen darin vorkommen…“

  

Die Sektion Tharandt erfuhr in ihrer 2. Auflage von 1912 noch eine Revision durch den bekannten Geologen K. Pietzsch. Er schreibt:

III. Das Altpaläozoikum.
A.
 
Petrographische Beschreibung  

Am Aufbau des Altpaläozoikums der Sektion Tharandt sind neben Tonschiefern auch quarzitische Schiefer, Kieselschiefer, Kalkstein, sowie diabasische Gesteine verschiedener Art beteiligt; an letzteren haben sich charakteristische Umwandlungsvorgänge (Amphibolitisierung u. a. m.) geltend gemacht, infolge deren sie jetzt alle in Form der „Grünsteine“ erscheinen…

4. Kalkstein

Im Thalmühlengrund bei Tharandt ist dem Altpaläozoikum ein Lager von Kalkstein eingeschaltet, der chronikalischen Aufzeichnungen zufolge bereits im Jahre 806 gebrochen worden sein soll; gegenwärtig wird er nur noch unterirdisch abgebaut. Das Lager hat von jeher die Aufmerksamkeit auf sich gezogen als eine Fundstelle schön kristallisierter Mineralien (namentlich Kalkspat und Braunspat). Schon B. Cotta widmet diesem zu seiner Zeit offenbar gut aufgeschlossenem Kalksteinlager eine sehr ausführliche Beschreibung, welche… Beobachtungen enthält, die gegenwärtig nicht mehr anzustellen sind… (Auch Pietzsch wiederholt hier die Beschreibung B. Cotta´s aus dem Jahre 1836.)

Über die chemischen Verhältnisse des Tharandter Kalksteins, der sich fast rein weiß brennt, geben die umstehenden Analysen Aufschluß, deren Resultate durch die neuere Analyse bestätigt werden. Danach enthält der Tharandter Kalkstein also nur sehr wenig Magnesia, was ihn namentlich von dem benachbarten Braunsdorfer Kalkstein unterscheidet…

Anmerkung: Letzterem widerspricht die ältere Analyse von Henry, bei der knapp 20% Magnesiumkarbonat ermittelt wurde.

 

  CaO  MgO CO2 Fe2O3 und Al2O3 Unlösliches
Wunder, Herbrig, Eulitz, 1867


47,1%


0,6%


38,3%


1,4%


12,6%


49,1%


Spuren


38,7%


0,6%


11,0%


Wolf, 1887


54,4%


0,2%


42,7%


0,6%


1,6%

   

CaCO3

 

MgCO3

 

FeCO3

 

Fe2O3 und Al2O3

 

Unlösliches


Mammen, 1902


88,18%


0,94%


2,05%


1,35%


7,34%


Henry, 1834


47,99%


19,87%


25,05%


1,34% Kohle,
5,50% Kieselsäure

  

Außer im Thalmühlengrund scheint auch noch an anderen Stellen des Tharandter Altpaläozoikums Kalkstein vorhanden zu sein. So wurde nach Cotta in der Scholle altpaläozoischer Schiefer am Ostabhange des Forstgartens an der Grenze gegen den Quarzporphyr bei einem Brunnenbau im Garten des Prof. Krutzsch drusiger Kalkstein oder Dolomit aufgefunden.

B. Das geologische Alter der altpaläozoischen Schichtenfolge

Eine genaue Bestimmung des geologischen Alters ist bei den altpaläozoischen Schichtenkomplexen der Sektion Tharandt zurzeit noch nicht möglich, da einwandfreie Fossilien bisher nicht aufzufinden waren. … Der Kalkstein, der bisher nur in unmittelbarer Nähe jener großen Verwerfung anzutreffen war, die das Verbreitungsgebiet des Paläozoikums überhaupt begrenzt, kann mit dem obersilurischen Kalkstein des Vogtlandes einigermaßen in Parallele gestellt werden; doch mahnt die noch größere Verbreitung devonischer, mit Diabasen verknüpfter Kalksteinbildungen in jenem Gebiet zur Vorsicht…

Hauptdisklokationen des Grundgebirges

An der neuen Straße gegenüber dem Tharandter Kalkwerk ist eine aus der Zermalmung des Tonschiefers hervorgegangene Tonschieferbreccie entwickelt. Sie wird hier von quarzarmem Porphyr durchtränkt oder vielmehr der Porphyr hat aus der Breccie so sehr viel Material aufgenommen, daß er gewissermaßen nur das Bindemittel der Breccie zu bilden scheint; er stößt jedoch gegen die eigentliche nicht verfestigte Breccie mit scharfer Grenze ab. Auch das Kalksteinlager ist in seinem östlichen Teile in eine Breccie zermalmt, die zudem weitgehend dolomitisiert ist...

  


Ausschnitt aus der Geologischen Specialkarte des Königreiches Sachsen, Section 81 Tharandt, 2. Auflage 1912. Das Kalkvorkommen ist dunkelblau eingezeichnet und zwischen Porphyr (hellrot) auf der Ostseite und verschiedenen Schiefergesteinen auf der Westseite eingebettet.

  


Ausschnitt aus der Geologischen Specialkarte des Königreiches Sachsen, Section 81 Tharandt, 2. Auflage 1912 mit einer Profildarstellung des Kalklagers im Thalmühlengrund.

  

Eine detailliertere Beschreibung des Kalklagers aus jüngerer Zeit findet man ferner in einem Gutachten von August Robert Hausse, Markscheider und Bergingenieur der Kgl. Sächs. Steinkohlenwerke im Plauenschen Grund (40024, Nr. 15-55), aus dem Jahre 1908 (Gürtler, 2006):

„… Die Grundfläche des Kalksteinlagers bei Tharandt bildet an der Tagesoberfläche ein längliches Viereck, das zu beiden Seiten spitz zuläuft und dessen Länge zirka 180 m und dessen Breite 50 m beträgt. Gemessen an der Ostseite seiner Begrenzung am unterlagernden Quarzporphyr fällt das Kalklager im Mittel 46° nach Westen ein, verflacht sich aber zwischen der 4. und 5. Abbausohle bis zu 15°. Zwischen 5. und 6. Sohle brachte eine nach Osten gerichtete Verwerfung (nach Pietzsch) unbekannter Sprunghöhe einen weiter östlich gerichteten Abbau. Zwischen 6. und 7. Sohle fällt die liegende Kalklagerbegrenzung wieder flach nach Westen ein. Noch anzuführen ist, daß die mittlere Breite des Lagers nach unten abnimmt. … Das Kalksteinlager ist bis zur 7. Abbausohle aufgeschlossen. Das entspricht einer Tiefe von zirka 105 m.“

  


Skizze zum Aufbau des Kalklagers aus dem Gutachten von 1908. Der Blindschacht (links unten) ist hierin bis zur 6. Sohle geteuft.

  

Weiter heißt es: „Über den drei obersten Sohlen ist der Kalkstein seit wenigstens 50 Jahren (also mindestens seit 1850) abgebaut. Zuallererst ist jedenfalls Tagebau getrieben worden. Aus dem Grubenriß läßt sich darüber nichts ersehen…“

  

   
 
 

Zur Montangeschichte

  

Wie unseren Lesern u. a. aus unserem Beitrag zu  Miltitz schon bekannt ist, unterstand der grundeigene Bergbau, auch der auf Kalkstein, vor der Inkraftsetzung des Allgemeinen Berggesetzes für das Königreich Sachsen im Jahre 1869 nicht den Bergämtern, sondern den örtlichen Gewerbeaufsichtsämtern, hier in Tharandt zunächst beim Amtsgericht Döhlen (Freital). Auch danach vollzog sich die Übernahme der Kontrolltätigkeit durch die neugebildeten Bergbehörden beim Landesbergamt Freiberg nur langsam und kam erst Ende des 19. Jahrhunderts zum Abschluß.

Die Akten des Amtsgerichtes Döhlen sind später an das Amtsgericht Tharandt abgegeben worden, 1874 dann an die Königliche Amtshauptmannschaft Dresden. Leider sind diese Aktenbestände bei der Bombardierung Dresdens am 13. Februar 1945 stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Speziell zum Kalkbergbau im Zuständigkeitsbereich der Amtshauptmannschaft Dresden vor 1850 sind überhaupt keine Akten erhalten geblieben (Gürtler, 2006).

Demzufolge ist auch die Aktenlage bei den Bergbehörden nur sehr begrenzt und wir können nur versuchen, im Weiteren zunächst anhand historischen Kartenmaterials etwas Licht ins Dunkel zu bringen.

Andererseits war der Abbau von Kalk durch die Grundeigentümer, sei es zur Herstellung von Baumaterial oder als Düngemittel, in der Vergangenheit offenbar etwas so Normales, daß auch die alten Kartographen die Abbaustellen oft nicht als etwas Hervorhebenswertes ansahen und in die Kartenwerke eintrugen. Wohl aus diesem Grund finden wir in den ab 1780 entstandenen Meilenblättern von Sachsen noch keine Eintragung eines Kalkwerkes bei Tharandt.

 


Ausschnitt aus dem Meilenblatt von Sachsen, Berliner Exemplar, eingenordet. Am Standort des Kalkwerkes im Thalmühlengrund sind zwar einige Gebäude eingezeichnet, jedoch ohne nähere Bezeichnung. Bildquelle: Geoportal.Sachsen.de

  

Der Dresdner Arzt Christian Friedrich Schulze erwähnte 1796 in einem Artikel für eine Zeitschrift unter dem Titel Nachricht von den in der dreßdnischen Gegend vorhandenen Mineralien und Foßilien bereits Förderschächte (also untertägigen Abbau) und eine Kalkhütte: Am Ende dieser aufgesetzten Gebirge, und auf den Anhöhen derselben lieget das Städtgen Tharand. Gleich hinter diesem Orte befindet sich ein Flötz, welches aus sehr derben, theils grauen, theils aber auch weißlichen und röthlichen Kalksteinen bestehet.

Dieses Flötz ist drey bis vier Ellen mächtig, und liegt an einigen Orten zehen bis funfzehen Ellen unter der dasigen Dammerde. Daher man die Kalksteine durch gewisse hierzu errichtete Schachte ausfördert, und solche in der dasigen Kalkhütte brennet.

   


Auf diesem Ausschnitt aus einer Karte von 1812 (aus C. Lang, Norden hier rechts) ist erstmals ein Kalkofen gegenüber des „Toden Teiches“ eingezeichnet.

   

Von 1810 bis 1816 befand sich auch in Tharand eine gute Lehr- und Pensionsanstalt des Dr. Karl Lang, welcher kurze Zeit hindurch an der Cotta´schen Privatforstlehranstalt Lehrer der Naturwissenschaft… war (Fritzsche, 1866). Dieser Dr. Lang verfaßte 1812 eine Beschreibung des Plauenschen Grundes, worin es (S. 73ff) heißt: „Wir gehen mitten durch das Städtchen (Tharandt) und lenken links vom Schlotzbach in den nach Gersdorf führenden Grund, welchen der Todtenbach durchfließt. Von diesem Bache und dem Todtenteiche, den man links liegen läßt, weiß die Sage manches Furchtbare zu erzählen, unter andern, daß in diesem Wasser alles Lebendige sterben müsse. Nicht weit vom Todtenteiche ist ein Kalkofen, wo schöner Urkalkstein gebrannt wird. Der Schacht, wo dieser gebrochen wird, ist nur 80 Fuß tief, und da derselbe auf eine weniger bergmännische Art gewonnen wird, so sind die unterirdischen Ansichten, die man hier haben kann, desto schöner.“

Auf der noch etwa 50 Jahre jüngeren Oberreit’schen Karte von Sachsen ist ein Kalkofen („K. O.“) eingezeichnet.

  


Ausschnitt aus der Oberreith´schen Karte von Sachsen, Blatt 10, datiert auf 1836, mit der Eintragung eines Kalkofens im Thalmühlengrund.  

  

Auf einem leider undatierten, wahrscheinlich ebenfalls aus der Mitte des 19. Jahrhunderts stammenden Riß ist schließlich erstmals ein kleiner Steinbruch, gekennzeichnet mit Schlägel und Eisen, am Westhang der Ziegenleithe zu entdecken.

1866 erscheint ein weiterer Führer „Tharand, durch seine Umgebungen, ein Abriss seiner Geschichte und eine Beschreibung seines gegenwärtigen Zustandes“ von L. Fritzsche. Dieser schreibt dann (S. 59 ff) im Abschnitt:  

IV. Die Stadt Tharand,

…Tharand hat auch Kalksteinlager in der Nähe des Todteichgrundes; das eine Kalkwerk (Eigentümer Wackwitz) ist in flottem Betriebe und wurde sein Lager von Martin Brock schon im Jahre 1686 aufgefunden, während das andere, von Keil erst im Jahre 1853 errichtete und auf Hintergersdorfer Flur, jedoch nahe dem ersten Kalkwerk: der Dreikönigsschacht, wegen mangelnder Betriebsmittel gegenwärtig stille steht. Seit einigen Monaten gräbt der Amtsmaurermeister Lommatzsch der Ältere am Anfange des Todteichgrundes nach Kalk.“ 

Tatsächlich findet man in den Akten des Amtes Grillenburg anno 1633 einen Herrn Martin Brock aus Hartha, welchen es vermutlich während des 30jährigen Krieges als Landsknecht in die Region verschlagen hat (10052, Nr. 0782).

Außerdem finden wir unter VIII. Chronologische Zusammenstellung (S. 87 ff) bei Fritzsche den Hinweis, daß angeblich Karl der Große im Jahre 806 das Schloß Tharand erbaut habe. Vielleicht basiert auf dieser, auch hier wiederholten Zeitangabe die Vermutung B. Cotta´s, daß schon zu dieser Zeit hier Kalk gebrochen worden sei.

In diesem Abschnitt lesen wir außerdem bei Fritzsche, daß „1785, den 7. Juli der Bergmann Nestler in Zschocken´s Kalkschacht verunglückte.“  Vermutlich erfahren wir daraus auch den Namen eines der Vorbesitzer des späteren Wackwitz´schen Kalkbruches Ende des 18. Jahrhunderts.

Ferner findet man in Fritzsche´s Chronologie noch den Hinweis, daß es am 6. Mai 1861 erneut zu einem Unfall gekommen sei, bei dem „im Keil´schen Kalkwerke der Steiger Dietrich und der Arbeiter Horn zu Schaden gekommen waren.

 


Ausschnitt aus einem Plan von Tharand und der Umgegend, gezeichnet von Johann Anton Williard um 1850, mit dem Steinbruch und dem Kalkwerk am Nordwestabhang der Ziegenleithe.

Link zur Originaldatei http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/81387731

  

Die Eintragung eines Steinbruchs und eines Kalkofens findet man noch etwas später auch auf den Äquidistantenkarten aus den 1880er Jahren wieder.

 


Ausschnitt aus der Äquidistantenkarte von Sachsen, Section Tharandt, dat. 1881.

  

Auf dem folgenden Flurstücksplan aus dem Jahr 1901 ist es auch als „Kalkwerk“ bezeichnet.

 


Ausschnitt aus Plan von Tharandt, datiert auf 1901, mit der Lage des Kalkwerkes. Zu dieser Zeit ist der Tagebau bereits wieder rückverfüllt.

Link zur Originaldatei http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/90031898

  

Auf dem Meßtischblatt von 1912 sind zwar die Gebäude noch eingezeichnet, auf die Eintragung des Kalkwerkes wurde jedoch schon zu dieser Zeit wieder verzichtet.

 


Ausschnitt aus dem Meßtischblatt No. 81 aus dem Jahr 1912.

 

Hinsichtlich der weiteren Geschichte greifen wir u. a. auf die Publikation von E. Gürtler, 2006, zurück und entnehmen daraus einige der nachstehenden Auszüge. Historisch belegt sind in der Mitte des 19. Jahrhunderts zwei Kalkwerke, die unmittelbar aneinandergrenzend das Kalklager abgebaut haben.

 

   
 
 

Kalkwerk Hintergersdorf

  

Nach Kühn's Bericht zu den Zwischenergebnissen der geognostischen Landesuntersuchung aus dem Jahr  1818 hat es einen 40 Ellen (reichlich 21 m) tiefen Schacht auf Hintergersdorfer Flur bereits zu dieser Zeit gegeben; er sei jedoch „des starken Wasserzudrangs halber“ zu dieser Zeit wieder aufgegeben worden.

   

Anfang der 1850er Jahre ließ Carl Christian Friedrich Keil aus Großopitz einen Versuchsschacht abteufen. Er lag direkt an der Grubenfeldgrenze zum Wackwitz’schen Bruch, aber schon auf Hintergersdorfer Flur. Nach Anfahren des Kalksteins regelte Keil mit dem Grundbesitzer Tamme am 17. Juli 1856 vertraglich das Abbaurecht.

Für jede gebrochene  Ruthe Kalkstein hatte Keil demnach einen Bruchzins von 4 Talern zu entrichten, wobei die Ruthe Kalk hier mit 24 Ellen Länge, 3 Ellen Breite und 2 Ellen Höhe festgelegt war. Das entsprach 144 Kubik-Ellen bzw. einem Volumen von zirka 26,2 m³ oder einer Masse von etwa 34 Tonnen.

Keil war zugleich Bergbautreibender auf einigen kleineren Erzgruben der Umgegend, wie Keil´s Silberblick bei Hintergersdorf (40050, Nr. 167) und Keil´s Grubenfeld am Schloitzbach in Großopitz (40174, Nr. 272). Auf der geologischen Karte ist letzteres – östlich des Schloitzbachtales gelegen – und ein herzynisch streichender Gang der kiesig- blendigen Formation eingezeichnet.

1857 beantragt Keil die Baugenehmigung für ein Huthaus am inzwischen als „Drei- Königs-Schacht“ benannten Schacht. Maschinen- und Kesselhaus waren bereits fertiggestellt. 1858 tritt in einem Bauantrag für einen zweiten Kalkofen neben Keil ein Advokat Rachel aus Dresden als Mitbesitzer in Erscheinung.

   

Auf Keil’s Kalkwerk wurden offenbar auch Versuche zur Anwendung der Gasfeuerung in Kalkbrennöfen durchgeführt. Jedenfalls berichtet uns ein kurzer Nachtrag zur Kritik des Siemens'schen (Steinmann'schen) Kalkofens mit Gasfeuerung des Herrn Dozenten Ottokar Čech aus Prag in Dingler´s Polytechnischem Journal (Band 200, 1871), daß ein Herr Ferdinand Steinmann, Ingenieur des Dresden‘er Bureau's für Gasfeuerungs-Anlagen, nach Friedrich Siemens' Regenerativsystem „eine große Anzahl dieser vortrefflichen Kalköfen in böhmischen Zuckerfabriken und Kalkwerken“ eingerichtet habe. Weiter heißt es in diesem Artikel, daß „sich Hr. Hans Siemens in der Lösung des bisher noch nicht durchgeführten Problemes, Kalk mit Gasfeuer zu brennen, eine besondere Aufgabe stellte, und … Herr Steinmann die ersten Versuche hierzu in seinem Auftrage auf dem sogenannten Dreikönigsschachte bei Tharandt im Jahre 1862 anstellte. Hr. Siemens ging dabei von dem Gedanken aus, die Verbrennungsluft vor ihrer Mischung mit dem Gase durch die gebrannte Kalkmasse zu leiten und damit einen doppelten Zweck zu erfüllen: nämlich die dem Kalke innewohnende Temperatur auf die Luft zu übertragen und denselben zugleich auf diese Weise abzukühlen.“

Zur Umsetzung ist es aber wohl – zumindest auf diesem Kalkwerk – noch nicht gekommen, denn in dem nur wenige Jahre später, im Jahr 1867 erschienenen Standardwerk über die Kalkindustrie dieser Zeit, dem Gutachten von G. Wunder, A. Herbrig und A. Eulitz über den Kalkwerksbetrieb Sachsens und die Ursachen der verschiedenen Kalkpreise in Sachsen, wird im Kapitel über die Ofentechnik, nämlich unter der Überschrift

IV. Öfen zu continuirlichem Betriebe mit großer Flamme.

nur ein Ort genannt, wo die Gasfeuerung in Sachsen damals bereits eingesetzt werde. Es heißt im Text wörtlich:

c) Der Siemens’sche Gasofen wurde in Sachsen (zwischen 1864 und 1867) nur einmal; nämlich auf dem fiscalischen Werke zu Hermsdorf bei Frauenstein, angetroffen und hat daselbst so wenig befriedigende Resultate ergeben, daß eine weitere Besprechung desselben kaum gerechtfertigt erscheinen würde, wenn nicht anzuerkennen wäre, daß die zu Hermsdorf erzielten, höchst ungünstigen Resultate nicht sowohl einer Unrichtigkeit des von Siemens zur Anwendung gebrachten Princips zuzuschreiben sind als vielmehr der mangelhaften Art und Weise, in welcher das an sich richtige Princip zur Anwendung gebracht worden ist.“

In den tabellarischen Zusammenstellungen in dieser Quelle wird dann nur noch das Wackwitz’sche Kalkwerk in Tharandt; das Keil’sche hingegen schon nicht mehr aufgeführt.

 


Grundriß von dem Kalkwerk Drei Königschacht in Hinter-Gersdorf bei Tharandt, nebst der zugehörigen Tagegegend und den Flurgrenzen. Aufgenommen und zu Riß gebracht im Juni 1865 von R. Heuchler, Markscheider in Freiberg. Bildquelle: Sächsisches Staatsarchiv, Bergarchiv Freiberg, Bestand 40044-1 (Generalrisse), Nr. C17585, Gesamtansicht, Norden ist im Grundriß links oben.

Link zum Digitalisat: archiv.sachsen.de/archiv

  


Ausschnitt aus obigem Riß. Wir haben dabei den Saigerschnitt ungefähr in die Vertikale gedreht. Rechts ist die Grenze zur Wackwitz'schen Flur vermerkt. Vom Maschinenschacht aus waren drei Abbausohlen (Ober-, Mittel- und Unterbau) sowie eine (rot kolorierte) Strecke in Richtung des zweiten Tageschachtes aufgefahren. An Tagesanlagen sind neben den Schachtgebäuden ein Huthaus, ein rechteckiger (vermutlich doppelter) Kesselofen, sowie ein Gasofen (!!) eingezeichnet.

  


Die o. g. Strecke wurde nach diesem am unteren Blattrand nur blaß zu erkennenden Kreuzriß
mit dem anderen Tageschacht über ein Steigort zum Durchschlag gebracht.

 

1866 ist Herr Keil verstorben, aber spätestens 1868 war das Kalkwerk Drei König Schacht – jetzt im Besitz eines Herrn Wirthgen – wieder in Betrieb. 1870 erwirbt es eine Dresdener Versicherungsgesellschaft, welche es aber bereits 1872 an einen Herrn Dr. Eulenstein aus Berlin wieder veräußerte. Wahrscheinlich wurde der Betrieb 1873/1874 eingestellt.

Anschließend soll das Kalkwerk zur Versteigerung ausgeschrieben worden sein. Allerdings scheint sich kein Interessent gefunden zu haben, denn nach einer Befahrung der Tagesanlagen am 7. August 1877 wurde berichtet: „… daß das Kalkwerk …gänzlich dem Untergang verfallen ist.“ Die Mehrzahl der Bauten, bis auf die Kaue und das Huthaus, sei bereits abgetragen worden.

Der Drei Königs Schacht soll später verfüllt worden sein, allerdings wurde dann bei einer Befahrung der 1. Sohle im Jahr 1911 der Verbruch des Schachtes konstatiert. 1929 erwähnt ein Bericht, daß er nur mittels Eisenträgern abgebühnt worden sei. Infolge der unzureichenden Verwahrung kam es zwischen 1900 und 1931 mehrfach zu Einsenkungen.

  

   
 
 

Kalkwerk Tharandt

  

Aus dem Zeitraum 1800-1803 stammen im Aktenbestand des Bergamtes Freiberg Unterlagen über Bohrversuche auf Kalkstein bei Tharandt (40010, Nr. 2553). Dieser Akte ist zu entnehmen, daß am 7. April 1800 die Herren Carl Christian Friedrich Zinn und Carl Friedrich Görgelt aus Dippoldiswalde im Amte vorstellig geworden waren und gegen einen jährlichen Kanon um Konzession zur Anlegung eines Kalksteinbruches und einer mit Steinkohle zu betreibenden Kalkbrennerei am sogenannten Eichberg bei Tharandt, zwischen den Dörfern Gersdorf und Hartha, ersucht hatten. Dem konnte man so aber nicht stattgeben, da es sich bei diesem Grund um fiskalischen Besitz handelte.

Aber aufmerksam geworden, daß auch am Gegenhang des ‒ damals offenbar schon im Umgange gewesenen ‒ Kalkwerkes Kalkstein anstehen könne, entschloß man sich, der Sache selbst nachzugehen. Von höchster Stelle wurde das Rentamt Grillenburg angewiesen, zuvörderst, wie wir hierdurch gnädigst begehren und befehlen, die Lokal- Umstände mit Zuziehung eines hierzu vom Bergamte Freiberg zu requirierenden Bergbau- Verständigen zu erörtern, ...ob der Abbau dort möglich und vortheilhaft ist.Diese Lokalerörterung fand dann auch am 15. September 1800 statt, allerdings hatte das Bergamt Freiberg nicht Herrn Hensel, wie im Aktentitel benannt, sondern den Berggeschworenen Unger nach Tharandt abgeordnet.

Das Protokoll dieser Erörterung, bei der der Kreisamtmann Meißner, der Oberforstmeister Trützschler, der Amtsinspektor Treutler und der schon genannte Berggeschworene Unger zugegen waren, besagt, „man habe das aus dem Tahl von Tharandt nach Süden zu in die Gegend von Hartha aufsteigende Gebürge, der Winkelberg genannt, nochmals genau untersucht, hierbei aber werder einen Kalkgang, noch ein Kalklager oder Flöz entdeckt. Herr Unger meinte, daß sich das „im ohnweit befindlichen, bei einer ansehnlichen Größe unterirdisch betriebenen Preißker'schen Kalksteinbruch befindliche Lager bis dahin forterstrecken könne, konnte aber auch nicht ausschließen, daß es „verdrückt oder abgeschnitten“ sein könne. Zur näheren Aufklärung empfahl Unger, einen Schacht abzusenken, vorher aber einen Markscheider hinzuzuziehen, damit „der Punkt zu dieser Absinkung richtig und bestimmt angegeben werden könne. Markscheider Oehlschlägel aus Freiberg könne dies übernehmen.

Da für alle weiteren Erkundungen nun die Staatskasse die Kosten übernahm, ist im Weiteren auch von einen churfürstlichen Kalksteinbruch bei Tharandt die Rede. Wir können aber schon vorwegnehmen, daß es hier nicht zum Abbau und zur Anlage eines Kalksteinbruches gekommen ist.

Nachdem die Meinung der Beamten am Hofe in Dresden vorgetragen wurde, faßte man dort am 9. Februar 1801 den Beschluß, daß vor dem Teufen eines Schachtes am Fuße des Winkelberges bei dem Todteichsbach zunächst Erdbohrungen“ vorzunehmen seien, um bessere Gewißheit zu erlangen. Am 31. März des Jahres 1802 teilte Oberbergmeister Schmidt vom Bergamt Freiberg dann mit, daß „die zur Entdeckung eines Kalksteinlagers gemachten Versuche nunmehr beendigt“ seien. Tatsächlich habe man dabei, und zwar:

  • bei dem 3ten Puncte durch 7 Ellen Kalkstein und
  • bei dem 4ten Puncte durch 13 Ellen Kalkstein gebohrt,

was aber noch nicht hinreichenden Aufschluß über die Bauwürdigkeit eines dort eventuell vorhandenen Kalksteinlagers geben könne. Deshalb wurde Unger´s Vorschlag wieder aufgegriffen. Man rechnete mit etwa 200 Thaler Kosten für einen 10 Ellen tiefen Schacht, die das Grillenburger Rentamt vorzuschießen auferlegt bekam.

Da man im Forstamt natürlich keine Bergleute zur Verfügung hatte, mußte das Bergamt Freiberg vier Doppelhauer und einen Zimmerling abordnen. Die Aufsicht und Abrechnung führte der Steiger Carl Gottlob Schuffenhauser. Das Schachtteufen war im Gedinge vergeben und die fünf Bergleute erhielten bei einem Lachter Länge und einem ¾ Lachter Breite des Schachtprofils pro Lachter Teufe einen Lohn von 20 bis 21 Thalern, eingeschlossen alle Zimmerung und Wasserhaltung. Bis zum Quartal Luciae 1802 wurden darauf 109 Thaler, 30 Groschen und 19 Pfennige verbaut, ohne daß der Schacht das Kalklager in etwa 10 Ellen Tiefe bereits erreicht hätte.

Schon am 26. Mai 1803 wurde vom Rentamt Grillenburg das Schachtteufen wegen der so ungünstig erscheinenden Aussichten und um die Versuchskosten nicht noch zu vermehren, aber wieder sistiert und ein neues Gutachten angefordert. Das Bergamt antwortet daraufhin, daß man den Schacht doch wenigstens auf die 10 Ellen Tiefe hinunter bringen müsse, bevor man etwas Verbindliches aussagen könne. Im Juni 1803 waren dann tatsächlich 8 Lachter Teufe erreicht, wofür Gesamtkosten von 334 Thalern, 10 Groschen, 11 Pfennigen aufgewandt worden waren. Der Berggeschworene Johann Erler vermeldete am 4. Juni 1803, daß zwar auch der hangende Tonschiefer Kalkadern enthalte, aber noch keine Zuversicht über die Existenz eines Kalkflözes und über dessen Bauwürdigkeit bestehen könne.

Daraufhin war man nun aber höchsten Ortes nicht mehr geneigt, die Finanzierung ungewisser Versuche fortzusetzen. Nach Rückfrage beim Bergamt raubte das Forstamt noch die verbauten Hölzer aus dem Schacht, bevor er zum 23. Dezember 1803 abgeworfen wurde.

 


Situations- Riß von der Gegend des neu angelegten Versuchsbaus auf Kalkstein bei Tharand, aufgenommen und gezeichnet von C. G. Schuffenhauer, 1802. Bildquelle: Sächsisches Staatsarchiv, Bergarchiv Freiberg, Bestand 40010 (Bergamt Freiberg), Nr. 2553: Acta, die den churfürstlichen Forts- und Rentamte Grillenburg höchsten Ortes aufgetragenen... Bohrversuche auf Kalkstein ohnweit Tharand... betreffend, darin Blatt 33, Gesamtansicht.

 


Ausschnitt aus obigem Situationsriß. Von Herrn Schuffenhauer wurde angemerkt und rot eingetragen: A. Der Schacht des Versuchsbaus, B. Das 2te Bohrloch, C. Das 3te Bohrloch, D. Das Hangende des gegenüber liegenden Kalksteinflözes, E. Das Liegende gedachten Flözes.

Der Ausschnitt gibt zugleich einen Überblick über die übertägigen Betriebsanlagen des Preißker'schen Kalkwerkes am Gegenhang.

  

Der Bericht zum Besuch von Berggeschworenem Unger in Tharandt nennt für den gegenüberliegenden und bei einer ansehnlichen Größe unterirdisch betriebenen Kalksteinbruch den Namen Preißker als Besitzer in der Zeit um 1800. Nach Freiesleben soll der Abbau bereits 1791 vollständig untertage erfolgt sein. Anhand der historischen Karten läßt sich leider nicht mehr feststellen, in welchem Zeitraum ein früherer Steinbruch tatsächlich zugeschüttet wurde.

Auch diesen Namen haben wir in Bergamtsakten bisher nicht finden können. Nur eine Stammliste einer Familie Preißiger oder Preißker aus Wilsdruff enthält immerhin den Hinweis, daß sie tatsächlich unweit von Tharandt schon lange ansässig war und vermutlich Nachfahren eines Peter Preißcker, welcher etwa von 1500 bis 1555 dort gelebt habe (22179, Nr. Ma 6669). Im Jahr 1700 wurde in Wilsdruff ein Gut von einem Christian Preißker versteigert (10655, Nr. 252).

Wie obigem Grundriß zu entnehmen ist, verfügte das Preißker'sche Kalkwerk Anfang des 19. Jahrhunderts bereits über einen Kunst- und einen Förderschacht. Das Kunstgezeug wurde von einem Wasserrad mittels Feldgestänge angetrieben und erhielt das Aufschlagwasser über einen Kunstgraben aus dem Todteichsbach. Um genügend Gefälle zu gewinnen, war zur Ableitung des Aufschlagwassers eine Rösche angelegt. Das an den Hang angebaute Kalkofengebäude ist recht groß dargestellt und enthielt sicherlich schon mehrere Schachtöfen.

    

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war dieses Kalkwerk dann in den Besitz eines Herrn Wackwitz gelangt. Bernhard Cotta benennt den Kalksteinabbau schon 1836 als „Wackwitz’schen Bruch“.

Über eine Familie Wackwitz aus Ziegenhain bei Nossen gibt es einen ganzen genealogischen Aktenbestand (21927). Ein Carl Gottlob Wackwitz verkaufte 1834 Parzellen seines Zweihufengutes in Niedertoppschädel. (Der Ort mit dem lustigen Namen wurde schon 1877 nach Choren bei Roßwein eingemeindet und ist heute bei Google Maps nicht mehr zu finden.) In derselben Akte wird außerdem ein Christian Gottlieb Wackwitz aus Altchoren erwähnt (10059, Nr. 267).

Mit konkretem Ortsbezug zu Tharandt findet man dann einen Kaufmann Christian Gottfried Wackwitz, dessen Wohnhaus in Tharandt 1819 verkauft wurde (10052, Nr. 0851). Witzigerweise sind die Initialen aller drei „C. G.“ Wackwitz.

Letzterer war 1837 tatsächlich auch im Besitz des Tharandt'er Kalkwerkes, wie folgender Zeitungsausriß beweist (Wir bedanken uns für diesen Hinweis bei Herrn U. Wackwitz).

    


Faksimile einer Mitteilung im Dresdner Anzeiger vom 17. März 1837, Seite 4, Mitte links.
Hinweis von Herrn U. Wackwitz.

Link zum Digitalisat: slub-dresden.de

   

Welche ,Unachtsamkeiten' der Aufseher begangen hat, das teilt Herr Wackwitz hier natürlich nicht mit. Offenbar aber wurde der ,gewesene' Aufseher entlassen.

Auf einem Riß (40037, Nr. 1-K22816) liest man schließlich sogar die Angabe „Kalksteinbruch des Herrn von Wackwitz“. Eine Erhebung dieser Familie in den Adelsstand ist sonst aber nirgends dokumentiert.

Als ,Wackwitz’sches Kalkwerk' wurde es noch 1867 auch von Wunder, Herbrig und Eulitz im Kalkwerksbetrieb Sachsens aufgeführt.

  


Eine leider nicht genauer datierte Postkarte mit einer Ansicht des Kalkwerkes Tharandt; vermutlich aus der Zeit vom Ende des 19. Jahrhunderts. Am rechten Bildrand ist ein ziemlich mächtiger Kesselofen zu erkennen und in der Bildmitte weist der Schornstein darauf hin, daß eine Dampfmaschine das Kunstrad als Maschinenantrieb abgelöst hatte. Im Hintergrund sind die Stöße des früheren  Tagebaus noch gut zu sehen.
Bildquelle: Sammlung Dr. A. Rüthrich, Freiberg.

  

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts muß das Wackwitz’sche Kalkwerk dann an die Herren Louis Facius und Ernst Scholz verkauft worden sein (40024-12, Nr. 405).

Unter dem Namen ,Kalkwerk Tharandt von Ernst Scholz' wird es auch von O. Herrmann aufgeführt. Es habe damals zwei Kesselöfen besessen, hauptsächlich aber Terrazzo- Split hergestellt.

Die  Familie Facius ist uns aus dem Westerzgebirge bekannt, wo sie in Raschau selbst einen Kalkbruch betrieb. Später verlegte sie sich aber auf andere Gewerke.

Am 12. September 1899 ist der Kalkbruch nach einem Starkregen abgesoffen. Aufgrund fehlender Geldmittel mußte die Wasserhaltung zeitweise eingestellt werden.

  

Am 14. Dezember erwarb schließlich Herr Paul Zschille aus Großenhain das Kalkwerk. Unter dem Namen dieses Besitzers ist das Kalkwerk auch in der Aufstellung der gewerblichen Gruben in der Ausgabe des Jahrbuchs für das Bergwesen im Königreich Sachsen von 1901 angeführt.

Einer nur teilweise veröffentlichten Zusammenstellung der Berginspektion III für die Jahrbuchausgaben 1902 und 1903 zufolge wurden in den genannten Jahren im Kalkwerk von P. Zschille 4.540 t bzw. 4.883 t Kalkstein gefördert und 2.517 t bzw. 2.324 t Branntkalk erzeugt (40024-12, Nr. 15).

Paul Zschille entstammte wohl der Familie Zschille aus Großenhain und verfügte aus der Tuchmacherei und dem Textilmaschinenbau über das nötige Kapital, um ein Bergwerk zu kaufen.

Dort hatte im Jahr 1842 Johann Gottlob Heinrich Zschille eine Tuchfabrik gegründet. Die nötigen Maschinen stellte man bald selbst her, denn 1853 gründete sein Bruder Anton Zschille eine Maschinenfabrik und Eisengießerei (L. Oeser, 1856). Unter dem Namen „Großenhainer Webstuhl- und Maschinenfabrik, vormals Anton Zschille“ wurde dieses Textilmaschinenbauunternehmen 1872 ins Handelsregister eingetragen. 1889 fusionierte die Zschille'sche Großenhainer Webstuhl- und Maschinenfabrik mit der Textilmaschinenfabrik May & Kühling in Chemnitz, später kamen noch weitere Unternehmen, u. a. in Schlesien hinzu. 1946 wurde die Fabrik enteignet und gehörte danach zur VVB für Maschinen der Textil- und Bekleidungsindustrie Textima in Chemnitz (11681).

  


Diese Lithographie haben wir im Album der Sächsischen Industrie, Band 1, herausgegeben von Louis Oeser, Neusalza 1856, auf Seite 145 gefunden...

 


Ebendort, nur auf Seite 189, findet man auch eine Zeichnung der Zschille'schen Maschi8nenfabrik.

  

Der Abbau in Tharandt erfolgte teils als Weitungsbau, teils als Pfeilerbau. Wie es A. R. Hausse 1908 beschreibt: „…wird das Kalklager von oben nach unten ohne Bergeversatz unter Stehenlassen von Sicherheitspfeilern und einer 2 m starken Decke abgebaut. Die Scheiben erhalten 7 m bis 8 m Stärke…“ 

Trotz Untersagung seitens der Bergbehörde wurden mehrfach die Schwebenmächtigkeiten und die Pfeilerdurchmesser geschwächt, um die Abbauverluste zu verringern. Teilweise wurden sogar die Schweben zwischen den Sohlen gänzlich  heruntergeschossen („gestürzt“). Dieses Stürzen der Schweben wurde erst 1904 von der Bergbehörde ausdrücklich verboten. 

  


Auf diesem Grund- und Saigerriß ist auch Keil´s Kalkschacht – schon auf Hintergersdorfer Flur – noch einmal mit eingezeichnet. Das Wackwitz´sche Kalkwerk verfügte zu dieser Zeit noch über drei Niederschachtöfen, der Ringofen war bereits geplant (Standort mit Bleistift nachgetragen). Bildquelle: Sächsisches Staatsarchiv, Bergarchiv Freiberg, Bestand 40037-1 (Deponierte Risse der Steine- und Erdenindustrie), Nr. K22816: Kalkwerk Wackwitz in Tharandt, angefertigt im Jahre 1848 von Markscheider G. F. Kneisel, teilweise nachgebracht bis 1883, Gesamtansicht, Norden oben. Eine Kopie dieses Risses (40044-1, Nr. K17587) hat der Rißarchivar Gretschel in Freiberg 1910 angefertigt.

  


Der Saigerriß in Nord- Süd- Richtung aus obigem Riß, etwas kontrastreicher auf einer jüngeren, aber kaum veränderten Kopie von Markscheider R. Heuchler, gibt einen Eindruck von der Lagerung der Kalklinse. Im Liegenden (rot markierte Grenze) Porphyr, im Hangenden (blau markiert) Tonschiefer. Bildquelle: Sächsisches Staatsarchiv, Bergarchiv Freiberg, Bestand 40044-1 (Generalrisse), Nr. I17588: Kalkwerk Wackwitz in Tharandt, Baue der 1. bis 3. Etage, dat. 1848-1902, Ausschnitt.

  

Im September 1903 verbrach erstmals der Fluchtschacht. Um der bergbehördlichen Forderung nach einem zweiten Fluchtweg gerecht zu werden, wurde binnen kürzester Zeit der Alte Maschinenschacht wieder aufgewältigt. Ab Februar 1904 konnte er genutzt werden und wurde fortan als „Paul Schacht“ bezeichnet. Im Jahr 1907 begann man mit dem Abteufen eines Blindschachtes, um die 6. Sohle auszurichten.  

Am 16. März 1908 mußte Zschille dem Bergamt Freiberg mitteilen, daß „…im nördlichen Teil des Grubenfeldes die Abbauweitung der 4. Sohle, aus deren Firste bereits größere Gesteinsbruchstücke nach und nach hereingebrochen waren, vor etwa drei Wochen vollständig zubruchgegangen ist…“ 

Am 22. April 1908 war dieser Verbuch bis zur Tagesoberfläche durchgebrochen, wo eine Pinge von zirka 9 m Durchmesser und 10 m Tiefe entstanden war. Gleichzeitig hielt die Berginspektion aber am 5. Mai 1908 auch fest, daß: „die Verwahrung der Abbauweitung unter der Thalmühlenstraße… somit in dem vorliegenden Fall, wo ja der Kostenpunkt die Hauptrolle spielt, nicht mehr ernstlich in Frage kommen (kann).“

Am 15. Oktober war der nächste Tagesbruch von 4 m Durchmesser und bis zu 20 m Tiefe festzustellen… Erst am 6. Juli 1910 gab die Bergbehörde die inzwischen verlegte Thalmühlenstraße wieder für den öffentlichen Verkehr frei.

In der Zwischenzeit hatte Paul Zschille am 1. August 1909 das Kalkwerk an Herrn Albert Nicklich aus Liebenwerda verkauft. Unter dem Firmennamen „Marmor- und Kalkwerk Tharandt“ baute Nicklich weiter Kalkstein ab. Dabei schlug man 1912 von der 6. Bausohle aus auch in die 3. Sohle des Drei-Königs-Schachtes ein. Ein sicherheitshalber vorab gebohrtes Bohrloch hatte gezeigt, daß sich bis zu diesem Zeitpunkt kein Standwasser im Keil’schen Abbau aufgestaut hatte.

Nebenbei stellte man dabei auch fest, daß es bei Keil auf dessen dritter Bausohle zu einem Überbau um etwa 20 m nach Süden in das (damals noch Wackwitz’sche) Nachbarfeld gekommen war. Die Bergbehörde schätzte den Verlust für A. Nicklich als sehr bedeutend und auf mindestens 40.000 Reichsmark ein. Die Baue im Nachbarfeld werden – wohl aus diesem Grund – jetzt auch als „Kuckucksbaue“ bezeichnet.

  

Am 12. August 1912 kam es erneut zu einem Verbruch in der Grube: „Nach … dem Durchschlag in die 3. Sohle der Kuckucksbaue (war) eine gewisse Unruhe des Gesteins bemerkbar. In der 6. Sohle wurden längs eines Pfeilers am Übergang zwischen Pfeiler und Gewölbeweitung Gesteinsschalen abgedrückt, der Pfeiler erhielt Risse und Sprünge… Um 10 Uhr vormittags wurde wahrgenommen, daß im Norden ein hinterer Bau zusammenging, bald darauf stürzte die Decke zwischen der 4. und 5. Sohle zusammen und die Massen durchschlugen die reichlich 3 m starke Decke zwischen der 5. und 6. Sohle. Übertage hat sich die große Binge durch Abrutschen des Erdreiches an ihren Rändern erweitert, die Mauerrisse im Naumann’schen Stallgebäude haben sich erweitert…“  Eine eindrucksvolle Beschreibung des Ablaufes eines Verbruches.

Trotzdem wurde mit dem Blindschacht wurde 1913 die Teufe der 7. Sohle erreicht. Ab 1914 wurde nur noch auf dieser tiefsten Sohle abgebaut. 1916 geriet die Firma des A. Nicklich in Konkurs. Zu diesem Zeitpunkt ersteigerte Paul Zschille das Kalkwerk wieder und wandelte es kurze Zeit später in eine „Verkaufsstelle für Terrazzo- und Kunststein-Materialien GmbH Tharandt“ um.

Im November 1917 wurde der Abbau aufgrund von kriegsbedingt fehlenden Arbeitskräften, aber auch wegen der sich erschöpfenden Vorräte endgültig eingestellt. Die beiden zuletzt noch betriebenen Schächte, der Paul Schacht und der Kunst- und Treibeschacht, wurden danach bei 8 m bzw. 35 m Teufe abgebühnt und der obere Teil verfüllt.

   


Auf diesem Bebauungsplan aus dem Jahr 1907 sind noch einmal beide Gruben und der frühere Tagebau dargestellt. Bildquelle: Sächsisches Staatsarchiv, Bergarchiv Freiberg, Bestand 40044-1 (Generalrisse), Nr. K18066, Ausschnitt, Norden ist rechts.

Link zum Digitalisat: archiv.sachsen.de/archiv

  


Profil durch das Kalkwerk Tharandt. Bildquelle: Sächsisches Staatsarchiv, Bergarchiv Freiberg, Bestand 40044-1 (Generalrisse), Nr. H18068, Gesamtansicht. Datiert auf um 1900, Bleistifteintragungen („Bruch aus neuester Zeit“ links vom Titel) um 1920. Dargestellt sind die III. bis VII. Bausohle.

Link zum Digitalisat: archiv.sachsen.de/archiv

  


Auf dem Firmenprospekt von P. Zschille sind die Kalkwerksanlagen in ihrem Zustand um 1910 dargestellt.
Bildquelle: Förderverein Geologie im Tharandter Wald; von uns abfotografiert auf der Tafel 19 des Geologischen Wanderweges Kurort Hartha - Tharandt.

  


Eine historische Übersichtsaufnahme des Kalkwerkstandortes aus dem Jahr 1905. Links am Bildrand der Kunst- und Treibeschacht, in der Bildmitte ein Schachtofen und rechts an der Straße (mit der hohen Esse) ein Ringofen. Bildquelle wie oben.

   


Die Belegschaft des Kalkwerkes 1910. Bildquelle wie oben.

  


Ansicht des Schachtofens. Bildquelle wie oben.

   

Schon im Juli 1904 hatte die jetzt zuständige Berginspektion III auch im „Zschille’schen Pingen- und Spaltengebiet“ neue Risse und Senkungen festgestellt. 1912 schätzte die Bergbehörde ein, daß die Risse als Folge von Zusammenbrüchen der Abbauweitungen anzusehen seien. Durch die teils recht steile Hanglage kam es zudem zu einem Abgleiten der Deckschichten und zur Bildung von Zerrspalten im Hangenden. Erst 1931 kamen die Senkungen und Nachbrüche zu einer trügerischen Ruhe.

1953/1954 mußten erneut Sanierungsmaßnahmen an den ehemaligen Bergbauflächen veranlaßt werden, die jetzt von der damaligen Bergsicherung Dresden (heute Bergsicherung Freital GmbH) ausgeführt wurden. Trotz der erfolgten Absenkung des Standwasserpegels durch Einbau einer Pumpe über der Schachtplombe im Kunst- und Treibeschacht setzten sich die allmählichen Senkungen fort. 1974/1975 erfolgten weitere Erkundungs- und Sicherungsmaßnahmen.

Im Jahr 2008 wurden der Paul Schacht und der Kunst- und Treibeschacht durch die Bergsicherung Freital GmbH verplombt (bergsicherung-freital.de). Dabei ergaben sich wohl letztmalig einige Einblicke in diesen Teil der „Unterwelt“ in Tharandt.

  


Direkt neben diesem Gebäude befand sich der Kunst- und Treibeschacht. Dahinter ist noch ein Rest der früheren Steinbruchwand zu erahnen. Foto: Bergsicherung Freital GmbH, 2008.

 www.bergsicherung-freital.de

  


Schachtausmauerung im Paul Schacht, Foto: Bergsicherung Freital GmbH, 2008.

 www.bergsicherung-freital.de

 


Herstellung des Plombenwiderlagers im Paul Schacht, Foto: Bergsicherung Freital GmbH, 2008.

 www.bergsicherung-freital.de

  


Originale Fahrung im Kunst- und Treibeschacht, Foto: Bergsicherung Freital GmbH, 2008.

 www.bergsicherung-freital.de

  


Das Füllort des Kunst- und Treibeschachtes, Foto: Bergsicherung Freital GmbH, 2008.

 www.bergsicherung-freital.de

  


Das Füllort des Kunst- und Treibeschachtes in den Weitungsbauen, Foto: Bergsicherung Freital GmbH, 2008.

 www.bergsicherung-freital.de

 


Weitungsbaue im Kalksteinlager, Foto: Bergsicherung Freital GmbH, 2008.

 www.bergsicherung-freital.de

  

   
 
 

Verbliebene Zeugnisse

  

Das warme Vorfrühlingswetter haben wir für einen Besuch in Tharandt genutzt. Das lohnt sich in jedem Fall, denn auch die Eisbar unterhalb der Schloßruine hat schon offen. Natürlich haben wir uns auch das Schloß näher angeschaut - einige Fotos sind oben schon im Text enthalten.

Der ursprüngliche Kalksteinbruch wurde wohl schon vor 1850 verfüllt. Aufgrund der Tagesbrüche und immer neuer Sanierungsmaßnahmen ist auch von den Übertageanlagen nur wenig erhalten geblieben… Aber selbstverständlich schauen wir auch hier nach, was noch aufzufinden ist.

 


Der Standort der Tafel 19 des Geologischen Wanderweges Kurort Hartha - Tharandt am ehemaligen Kalkwerk Tharandt. Die mit Rauhputz versehenen Gebäude im Hintergrund haben zu den Schachtanlagen gehört.
  

Wenn man ein Haus weiter unten über den Zaun schaut, sieht man im Hof noch die Fundamentreste des Schachtofens.
 

Wir sind mal neugierig und schauen ums Eck...
 

Die massiven Fundamente hat man offenbar nicht abreißen wollen...
 

...und das Gewölbe lieber als Geräteschuppen nachgenutzt.

  

Mehr ist heute übertage vom einstigen Kalkwerk leider nicht mehr zu entdecken. Wir hoffen aber, daß wir mit unserem Beitrag trotzdem die Erinnerung an dieses Kapitel der regionalen Montangeschichte wach halten können.

Wenn Sie selber in Tharandt wohnen, einmal in alten Fotoalben blättern und dabei noch alte Ansichten des Kalkwerkes finden, würden wir uns sehr freuen, wenn Sie mit uns Kontakt aufnehmen und uns geeignete Fotos für die Illustration dieses Beitrags zur Verfügung stellen würden.

Glück Auf!

J. B.

   

   
 
 

Weiterführende Quellen

  

Wo wir außerdem schon nach der Geschichte des Kalkbergbaus und der Kalkverarbeitung recherchiert haben, haben wir einmal in einem  Sammelband zusammengestellt. Sie finden diesen auch in unserer Rubrik Technik unter Baudenkmale.

Hinweis: Die verwendeten Digitalisate des Sächsischen Staatsarchives stehen unter einer
 Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz.

  

          Allgemeine Quellen

  1. Wikipedia.de

  2. Mineralienatlas.de

  3. Tharandt.de

  4. bergsicherung-freital.de/tharandt

  5. gera.digital.de

  6. fotothek.de, Kartenforum, Sächsische Landes- und Universitätsbibliothek (SLUB), Dresden, u. a.:
    - Meilenblätter von Sachsen, Freiberger Exemplar, 1:12 000, Handzeichnung, Blatt 254: Tharandt, 1:12.000, Grundaufnahme 1785, Nachträge bis 1876
    - Meilenblätter von Sachsen, Berliner Exemplar, 1:12 000, Handzeichnung, Blatt 260: Tharandt, Somsdorf, Kurort Hartha, Lübau, Obernaundorf, Kleinopitz, Datierung 1785
    - Topographischer Atlas des Königreichs Sachsen: Auf Befehl Weiland Sr. Majestät Des Königs Friedrich August aus der grossen topographischen Landes-Aufnahme reducirt und bearbeitet bei der Königlichen Militair-Plankammer, bearbeitet von Oberreit, gestochen von Bach, Krille, Knoebel, Köhler, Hofmann und Trendelenburg seit dem Jahre 1821. Blatt 10: Section Dresden, 1836
    - Geognostische Karte von Sachsen (Königreich), 1:120 000, Lithographie, 1846, Blatt 10: Riesa bis Stolpen, 1:120.000, 1846
    - Plan von Tharand und der Umgegend Urheber: Williard, Johann Anton, Lithograph, Böhme, ?, Zeichner, undatiert, zirka 1850?
    - Karte des engern Excursionsgebietes der Academie Tharand, Lith. u. Druck v. J. Williard. Bearb. von J. Brückner. 1:40.000. Dresden, 1866
    - Geologische Karte von Sachsen (Königreich), 1:25 000, Lithographie, 1886-1914, Sektion 81: Tharandt, 1912, geolog. Aufnahme von A. Sauer, Geolog. Rev. zur 2. Aufl. ausgeführt von K. Pietzsch. Giesecke & Devrient, Leipzig, 1912
    - Topographische Karte (Äquidistantenkarte) Sachsen, Section Tharandt, bearbeitet im topographischen Bureau des Königlichen Generalstabes. Gedruckt von Giesecke & Devrient, Leipzig 1881
    - Topographische Karte (Meßtischblätter) Sachsen, Section Tharandt, Abteilung für Landesaufnahme des Königl. Sächs. Generalstabes. Gedruckt von Giesecke & Devrient, Leipzig, 1912
    - Plan von Tharandt, 1:4.000. Gedruckt bei Meinhold u. Söhne, Dresden 1901

  7. Bergmännisches Journal, Hrsg. Köhler, Alexander Wilhelm, Erschienen: Freyberg / Annaberg bei Craz, 1790-1792, Digitalisat: Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

  8. C. F. Schulze: Nachricht von den in der dreßdnischen Gegend vorhandenen Mineralien und Foßilien, in: Neues Hamburgisches Magazin oder gesammlete Schriften aus der Naturforschung der allgemeinen Stadt- und Land- Oekonomie und den angenehmen Wissenschaften überhaupt, Hrsg.: Hermann Heinrich Holle, Hamburg und Leipzig, im Verlag bey Adam Heinrich Hollens Witwe, Nr. 6, Dreyunddreyßigstes Stück, 1769, u. a. S. 220

  9. C. Lang: Beschreibung des Plauenschen Grundes, des Badeorts Tharant und seiner Umgebungen, Dresden, 1812

  10. Kalender für den Berg- und Hüttenmann bzw. Jahrbücher für das Bergwesen in Sachsen, 1827-1938, Onlineausgaben der Bibliothek der TU BAF

  11. B. Cotta: Tharand und seine Umgebungen, beschrieben von B. C., Arnold‘ische Buchhandlung Dresden und Leipzig, 1834

  12. B. Cotta: Geognostische Wanderungen, I. Geognostische Beschreibung der Gegend von Tharandt, Arnold‘ische Buchhandlung Dresden und Leipzig, 1836

  13. C. F. Naumann: Geognostische Beschreibung des Königreiches Sachsen und der angränzenden Länderabtheilungen, Fünftes Heft: Geognostische Skizze der Umgegend von Dresden und Meißen, Arnold‘ische Buchhandlung Dresden und Leipzig, 1845

  14. L. Oeser: Album der sächsischen Industrie, Band 1, Neusalza, 1856

  15. L. Fritzsche: Tharand. Ein Führer durch seine Umgebungen, ein Abriss seiner Geschichte und eine Beschreibung seines gegenwärtigen Zustandes, Dresden, 1866

  16. G. Wunder, A. Herbrig, A. Eulitz: Der Kalkwerksbetrieb Sachsens und die Ursachen der verschiedenen Kalkpreise in Sachsen, Verlag W. Engelmann, Leipzig, 1867

  17. J. G. Dingler, später E. M. Dingler (Hrsg.): Dingler’s Polytechnisches Journal, Verlag J. G. Cotta, Stuttgart (Digitalisate unter polytechnischesjournal.de), daraus:
    O. Čech: Nachtrag zur Kritik des Siemens'schen (Steinmann'schen) Kalkofens mit Gasfeuerung, Band 200, 1871

  18. August Frenzel: Mineralogisches Lexicon für das Königreich Sachsen, Verlag W. Engelmann, Leipzig, 1874

  19. Dr. O. Herrmann, Lehrer der Technischen Staatslehranstalten zu Chemnitz: Steinbruchindustrie und Steinbruchgeologie – Technische Geologie nebst praktischen Winken für die Verwertung von Gesteinen unter eingehender Berücksichtigung der Steinindustrie des Königreiches Sachsen, Verlag Gebr. Borntraeger, Berlin, 1899

  20. Eberhard Gürtler: Das Tharandter Kalklager, Erschienen: Freital, 2006 Reproduktion durch Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, 2009,
    Link zur SLUB
    www.qucosa.de/urnnbn/urn:nbn:de:bsz:14-qucosa-23295
     
     
    Sächsisches Staatsarchiv, Hauptarchiv Dresden

       

  21. Bestand 10052 (Amt Grillenburg), Nr. 0851: Verkauf des Wohnhauses des Kaufmanns Christian Gottfried Wackwitz in Tharandt mit Ausnahme eines Teils des Gartenlandes an den dortigen Einwohner Johann Christian Kühnel, dat. 1819-1820

  22. Ebenda, Nr. 0782: Vergleich zwischen Martin Brock aus Hartha und Hans Paul aus Hintergersdorf über eine Entschädigung Pauls für die versehentliche Verwundung durch Brock bei der Verfolgung marodierender Soldaten, dat. 1633-1634

  23. Bestand 10059 (Stiftsamt Meißen), Nr. 267: Abtrennung von Feld- und Wiesenparzellen des Zweihufengutes von Carl Gottlob Wackwitz in Niedertoppschädel, dat. 1834-1844

  24. Bestand 10655 (Grundherrschaft Wilsdruff), Nr. 252: Versteigerung der Güter von Christian Stelzer, Georg Hempel jun., Christian Preißker, Samuel Haberstroh, Christian Morgenstern und Hans Morgenstern in Wilsdruff, dat. 1700

  25. Bestand 11681 (Großenhainer Webstuhl- und Maschinenfabrik AG), Bestandserläuterungen
     
     
    Staatsarchiv Leipzig

       

  26. Bestand 21927 (Genealogischer Nachlaß Walter Wackwitz), Bestandserläuterungen

  27. Bestand 22179 (Genealogische Mappenstücke), Nr. Ma6669: Stammliste der Familie Preißiger/Preißker aus Wilsdruff, dat. 1960
     
     
    Bergarchiv Freiberg

       

  28. Bestand 40003 (Geognostische Landesuntersuchungs- Kommission beim Oberbergamt Freiberg), Nr. 59: Zusammenstellung sämmtlicher, in dem Königreiche Sachsen bei dessen geognostischer Untersuchung aufgefundener Lagerstätte gemeinnützlicher und besonders brennlicher Fossilien, auf allerhöchsten Befehl entworfen von C. A. Kühn, Obereinfahrer, dat. 20. August 1818

  29. Bestand 40010 (Bergamt Freiberg), Nr. 2553: Acta No. 3363, die den Churfürtsl. Forst- und Rentamte Grullenbuig höchsten Ortes aufgetragene mit Zuziehung des Herrn Berggeschworenen Hensel unternommenen Bohrversuche auf Kalkstein ohnweit Tharandt, samt was dem anhängig, betreffend, dat. 1800-1803

  30. Bestand 40024 (Landesbergamt Freiberg), Nr. 12-015: Kalksteinbrüche, Ton-, Kaolin- und sonstige Gruben, dat. 1901-1905

  31. Ebenda, Nr. 12-405: Tharandt, Kalk- und Marmorwerk des Herrn Paul Zschille vormals Scholz und Facius, dat. 1900-1904

  32. Ebenda: 12-406: Tharandt, Kalk- und Marmorwerk des Herrn Paul Zschille vormals Scholz und Facius, dat. 1904-1908

  33. Ebenda, Nr. 12-407: Tharandt, Kalk- und Marmorwerk des Herrn Paul Zschille vormals Scholz und Facius, dat. 1908-1927

  34. Ebenda, Nr. 12-409: Tharandt, Kalk- und Marmorwerk des Herrn Albert Nicklisch vorher Paul Zschille, dat. 1901-1927

  35. Ebenda, Nr. 12-408: Tharandt, Kalk- und Marmorwerk des Herrn Albert Nicklisch vorher Paul Zschille, dat. 1913-1936

  36. Ebenda, Nr. 15-55: Anstellung der Markscheider sowie das Markscheidewesen, dat. 1873-1884

  37. Bestand 40037 (Deponierte Risse der Steine- und Erdenindustrie), Nr. 1-K22816: Tharandt, Kalksteinbruch des Herrn Wackwitz, dat. 1848-1883

  38. Bestand 40040 (Fiskalische Risse zum Erzbergbau), Nr. H3327 und Nr. C3328: Keils Grubenfeld in Großopitz (Tharandt), dat. 1860

  39. Bestand 40044 (Generalrisse), Nr. 1-I17588: Kalkwerk Wackwitz in Tharandt; Baue der ersten bis dritten Etage, dat. 1848-1902

  40. Ebenda, Nr. 1-I17586: Tharandter Kalkwerk Paul Zschille (ehemals Wackwitz); Baue des Porphyr-Abbaus in der vierten Etage, dat. 1883-1884

  41. Ebenda, Nr. 1-17587: Grund- und Saigerriß von dem herrl. Wackwitz'schen Kalksteinbruch bei Tharandt, Kopie von H. Gretschel, dat. 1910

  42. Ebenda, Nr. 1-C17585: Grundriß von dem Kalkwerk Drei Königschacht in Hinter-Gersdorf bei Tharandt, nebst der zugehörigen Tagegegend und den Flurgrenzen,  dat. 1865

  43. Ebenda, Nr. 7-I330: Liebau, Eckersdorf, Rabenau, Tharandt, dat 1869-1932

  44. Bestand 40050 (Bergamt Dresden), Nr. 167: Keils Grubenfeld bei Tharandt und Keils Silberblick bei Hintergersdorf, dat. 1869-1878

  45. Bestand 40174 (Grubenakten des Bergreviers Freiberg), Nr. 271 und 272: Keils Grubenfeld am Schloitzbach in Großopitz und Keils Silberblick in Hintergersdorf bei Tharandt, dat. 1860-1878