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Ein Beitrag von www.unbekannter-bergbau.de Erstellt September 2009, letzte Aktualisierung Juli 2015.
Ein historischer Beitrag zum Revier Oberschöna
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Das Technische
Denkmal
"Radstube Oberschöna"
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Noch eine kleine, aber feine Anlage am Westrand des Freiberger Reviers: In den 1970er Jahren aufwendig saniert, hat sich die "Radstube Oberschöna" unter diesem Namen einen solchen gemacht und bietet seitdem die Gelegenheit, eine solche Kunstradkammer unweit von Freiberg zu besichtigen. Die Bezeichnung ist freilich nicht ganz korrekt: Handelt es sich doch um den Kunstschacht der Grube "Unverhoffter Segen Gottes Erbstolln" zu Oberschöna. Diese Gewerkschaft baute zunächst auf dem "Anfänger des Glücks- Spat" und löste nach und nach die auf dem Berghang östlich der Großen Striegis liegenden Gruben bis zum "Unverhoffter Segen Gottes Neuschacht" vom Wasser. Vom Stolln aus wurde ein Flügelort entlang des "Gott gibt ferner Glück- Morgengangs" vorgetrieben und folgte dann dem "Gott hilft in der Not- Spat" bis zum Neuschacht. Die Grube ging "erst" 1728 in Betrieb - sie ist also eines der jüngsten Bergwerke im Freiberger Revier, brachte aber immerhin bis 1755 gute Ausbeute für die Anteilseigner.
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Alle Gruben auf dem Osthang der Striegis bauten nur bis zur Stollnsohle ab, lediglich der Kunstschacht auf dem Anfänger des Glücks Spat ermöglichte, diesem Gang auch in die Tiefe zu folgen. Er erreichte bis 1816 immerhin eine Tiefe von zirka 72 m unter die Talsohle der Großen Striegis, wo aber leider neue Erzanbrüche ausblieben. Als man um 1777 den Haspelschacht 32 m unter die Stollnsohle abgesenkt hatte, wurde eine Wasserkunst erforderlich, um der reichlich zusitzenden Grundwässer Herr zu werden. Zunächst legte man 1774 vom Hammergraben aus ein Feldgestänge an. In den Jahren 1790 bis 1792 wurde dieses dann durch die neue Wasserkunst ersetzt, deren Zeugnisse wir noch heute bestaunen können. Dazu zweigte man 4,3 km oberhalb des Kunstschachtes - etwa auf Höhe der "Ölmühle" zwischen Oberschöna und Linda einen zweiten Kunstgraben aus der Striegis ab, der am Schacht einen Höhenunterschied von zirka 12 m einbrachte - ausreichend für ein "genormtes" Kunstrad von reichlich 5 Lachter Durchmesser. Um den Müllern im Tal nicht das Wasser streitig zu machen, einigte man sich darauf, daß dieser Kunstgraben nur so viel Wasser aus der Striegis ableiten durfte, wie der Thelersberger Stolln - unterhalb von Linda gelegen - dem Fluß aus dem Brander Revier zuführte. Die Radkammer wurde im Liegenden des mit zirka 57° nach Westen einfallenden Erzgangs unmittelbar über der Talsohle in den Hang gegraben. Das untere Drittel ihrer Höhe ist daher bereits aus dem Fels geschlägelt, während der obere Teil aus Bruchsteinmauerwerk aufgezogen und mit dem Abraum der Schachthalde überkippt wurde. Als Abzugsrösche diente das Mundloch des Unverhoffter Segen Gottes- Erbstollns wenige Meter nördlich des Kunstschachtes. Die Kammer ist reichlich 13 m hoch und etwa 2,5 m breit. Darin drehte sich ein Kunstrad von 11,3 m Durchmesser, von dem leider außer einigen Resten der hölzernen Pumpen nichts die Zeit überdauert hat. Der ehemalige Eisenhammer wurde 1786 zu einem Naßpochwerk umgebaut und zu dessen Antrieb der tiefer liegende Hammergraben weiter genutzt. Bis zum Hochwasser 2002 waren noch die Reste des Pochwerksrades zu sehen, danach sind sie völlig verfallen. Das Gebäude des Pochwerkes aus dem 18.Jahrhundert steht noch, bräuchte aber ebenso dringend eine Sanierung...
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Das Mundloch unterhalb der Straße wurde 1975 im Rahmen der Sanierung wieder hergerichtet. |
Der Stolln erreicht nur wenige Meter östlich des Mundlochs den Anfänger des Glücks Spat und schwenkt nach Süden ab. Über dem Stolln sind hier mit Ziegelmauerwerk abgewölbte Firstenbaue zu sehen. |
Im Füllort des Kunstschachtes. Über die Fahrt sind die Gestängestrecken und die Wellenlager zu erreichen. |
Auf der Stollnsohle mittig führt die Abzugsrösche zur Radkammer, sie ist bereits in den Gneis geschlägelt. Unter dem breiten Gewölbebogen des Schachtes kommen die beiden horizontalen Gestängestrecken ein. Hinter der Bruchsteinmauer liegt die Radkammer. Auf dem Absatz befanden sich einst die beiden Kunstwinkel. |
Bei der Sanierung und Sicherung des Schachtes geborgene, hölzerne Reste der Pumpensätze. |
Bewundernswert auch hier die Akribie der elliptischen Schachtausmauerung über dem Füllort. |
Die Radkammer vom Niveau der Abzugsrösche aus. Auf Höhe der Wellenlager wurde für Besucher eine Bühne eingezogen. |
Die Radkammer ist mit Bruchsteinmauerwerk überwölbt, in der Nordostecke dient ein ehemaliger Revisionsschacht als Notausstieg. |
Detail der Mauerung: Auf dem Fels wurden ebene "Treppenstufen" ausgeschlagen und darauf abwechselnd horizontal und vertikal Gneisplatten vermauert. |
Die Wellenlager befinden sich bereits auf Höhe der Felslinie. Die Verwitterung des Gneises machte auch hier noch Mauerung erforderlich. |
Von der Besucherbühne zwischen den Wellenlagern noch einmal ein Blick nach oben ... |
Dort unter dem Firstgewölbe kam einst das Aufschlagwasser in die Radkammer. |
Auf der Welle saßen beidseitig Krummzapfen, die zunächst zwei parallele Gestänge bis hin zum Schacht bewegten. Für die Gestänge wurden diese Strecken angelegt. |
Hier vorn auf der Felskante über dem Schacht saßen dann zwei Winkel, die die Bewegung der Streckengestänge auf die Pumpengestänge im Schacht umlenkten. |
Von der Radkammer aus wurde in nördliche Richtung eine Untersuchungstrecke vorgetrieben. Sie endet nach zirka 30 m blind, ohne neue Erzgänge angetroffen zu haben. |
Während man für die Wasserhebung aufwendige Technik installierte, erfolgte die Förderung nach wie vor über eine Handhaspel. Der Haspelschacht lag unmittelbar südlich des Kunstschachtes und ist wie dieser mit einer Betonplombe verschlossen. Die ausgeschlägelte Hornstatt am Haspelort wurde dabei erhalten. |
Weiter südostwärts kann man noch in einen der auf dem Anfänger des Glücks-Spat liegenden Firstenbaue hinein. |
Auch dieser Bau ist mit einem Ziegelgewölbe abgebühnt. Darüber lagern taube Massen, deren Förderung bis Übertage sich die Vorfahren gern erspart haben. |
Ausschnitt aus einem Mehrsohlengrundriss des Grubengebäudes von 1816 (in der Ausstellung Übertage fotografiert). Über der ersten und halbersten Gezeugstrecke sind große Abbaue eingetragen, in den beiden unteren Sohlen traf man offenbar kaum noch bauwürdige Erzanbrüche an.
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In der Umgebung liegen
noch zahlreiche weitere, meist kleinere Bergwerke aus dem 17. bis 19.
Jahrhundert. Auffällig sind u.a. die große Halde des Theodor-Schachtes
auf dem Westhang der Striegis oder die kleine, isoliert auf dem Kalten
Feld neben dem Huthaus liegende Halde des Tagschachtes von "Neuer
Segen Gottes Erbstolln" - bereits auf Kirchbacher Flur. Viele der
Halden wurden beim Bau der Eisenbahnstrecke als billiges Baumaterial
verwendet und weitgehend abgetragen.
Gewöhnlich am "Tag des offenen Denkmals" oder am "Tag der Schauanlagen" wird die Radstube in Oberschöna durch die Historische Freiberger Berg- und Hüttenmännische Knappschaft für Besucher geöffnet.
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Ein historischer Beitrag zum Revier Oberschöna
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