Ein Beitrag von www.unbekannter-bergbau.de
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Unser Beitrag zum Bergbau in Gersdorf
Geographische Lage und Entstehung des Rittergutes Gersdorf Unser Beitrag zu den verbliebenen Zeugnissen übertage
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Aus der Geschichte des Rittergutes Gersdorf bei
Roßwein
Autor: Ulrich Bänsch, Striegistal, Ortsteil Etzdorf. Recherchestand vom September 2023. Ein etwas redaktionell bearbeiteter Auszug aus dem umfassenden Beitrag des Autoren zur Geschichte des Rittergutes Gersdorf, von uns online gestellt im Dezember 2023.
Den gesamten Beitrag können Sie bei
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Geographische Lage und Entstehung des
Rittergutes Gersdorf
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Gersdorf befindet sich in seiner geografischen
Lage fast im Zentrum Sachsens und liegt etwa zwei Kilometer östlich von Roßwein,
oberhalb des linksseitigen bewaldeten Talhanges der Freiberger Mulde. Er steigt
vom Ufer der Freiberger Mulde (100 m über NN) bis etwa 280 m NN nach Süden an
und wird in seiner Ausdehnung von verschiedenen Seitentälern in Richtung der
Freiberger Mulde durchzogen, wie dem Lämmergrund und dem Krebsbachtal. Beide
werden jeweils von einem Bach durchflossen.
Das Rittergut selbst befindet sich in einer Höhe von 260 m über NN. An das von der Freiberger Mulde tief in das Gebirge eingeschnittene Tal grenzt im Süden das Zellwald- Mulde- Striegis- Plateau mit der Ortschaft Gersdorf mit Rittergut und Herrenhaus, sowie etwas entfernt das Dorf Etzdorf an. Der bewaldete Talhang, der als „Gersdorfer Wald“ oder „Gersdorfer Forst“ bezeichnet wird, gehörte mit zum Grundbesitz des Rittergutes Gersdorf. Der eigentlich zum Gut gehörende Grundbesitz (ohne Amtsdörfer) umfasst etwa 450 bis 490 ha und erstreckt sich grob vom Rosenthal im Osten bis zur Striegis im Westen. Nördlich wird er durch die Freiberger Mulde begrenzt. Das Dorf grenzt unmittelbar an eben dieses Waldgebiet an, dem sich südlich und westlich weitreichende Wiesen und danach, noch weiter südlich, die zu Etzdorf gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Ackerflächen anschließen. In den Senken der Wiesen befinden sich Feuchtgebiete, die die für das Gebiet typische Feuchtwiesen-Vegetation aufweisen. Naturräumlich gehört das Gebiet zum Mulde- Lößhügelland und kann geographisch dem „Mittelsächsischen Mulde- Hügelland“ zugeordnet werden.
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Die Ortslage befindet sich am nordöstlichen Rand
des Mittelsächsischen Granulitgebirges, das hier von einer teilweise bis 1,50 m
starken Lößschicht bedeckt ist, die Bestandteil des mitteleuropäischen
Lößgürtels, bzw. des „Lößgefildes“ ist. An den Hängen der Täler und teilweise
engen Schluchten in Richtung der Freiberger Mulde wird der Löß zurückgedrängt,
so dass in diesen Lokalitäten das darunterliegende Gestein zu Tage tritt.
Geomorphologisch besitzt das Areal eine interessante Struktur. Das in östliche
Richtung von Roßwein her übergreifende Ende des Mittelsächsischen
Granulitgebirges, erreicht hier seine nordöstlichste Ausbreitung und wird nach
außen von Flasergabbro, als Hangendes, begrenzt. Das Gebiet zählt zum
Schiefergürtel des Granulitgebirges. Diese Randzone besteht aus einer
Verflechtung von Gabbro und Amphibolschiefer, wobei der Gabbro dem Granulit
aufliegt. Gabbro ist als Tiefengestein im Gebiet, die Gesteinsart, in dessen
tektonischen Spalten sich die Erzgänge herauskristallisieren konnten; die
vorrangig der fluor-barytischen Formation (fba) und der edlen Quarzformation (eq)
zuzuordnen sind und den Gersdorfer Bergbau ermöglichten.
Weiter nach Osten hin wird dieser Bereich durch die große Mittelsächsische Verwerfung gegenüber den Nossener Schieferformationen abgeschnitten. Der Ort „Gersdorf“ selbst befindet sich auf der Gabbro-Amphibolschiefer-Formation und wird zum Teil von einer aus dem Erzgebirge hereinreichenden Zunge aus Gneisglimmerschiefer tangiert. Die landwirtschaftlich genutzten Flächen (Ackerflächen) befinden sich im mittelsächsischen Mulde-Lößhügelland. Aus dem Löß haben sich hier braune Lößlehmböden in verschiedenen Bleichungsgraden gebildet. Diese Böden zeichnen sich durch eine hohe natürliche Fruchtbarkeit mit einem hohen Ertragspotenzial aus und bilden damit fruchtbares Ackerland mit guten chemischen und physikalischen Eigenschaften, wie gutes Speichervermögen für pflanzenverfügbares Wasser, einer mittleren Wasserdurchlässigkeit und ein hohes Nährstoffpotential. Sie können den natürlichen Standorteinheiten Lö 3 bis Lö 4 (Löss-Parabraun bzw. Fahlerden) zugeordnet werden mit Ackerzahlen von 55 bis 70. Die aus landwirtschaftlicher Sicht hochwertigen Böden werden ausschließlich für den Ackerbau und nur die Senken, die das Plateau teilweise durchziehen, werden als Wiesen und Weiden genutzt. Die Flächen südlich des Gutes bieten heute ein völlig anderes Erscheinungsbild als 1800 oder noch 1914. Ein Vergleich der Karten zeigt eindrucksvoll die landwirtschaftliche Erschließung des Plateau-Gebietes südlich von Gersdorf und nordöstlich von Etzdorf, mit dem Hauptgebiet, das „Hofefeld“ genannt wird.
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Aber es sind nicht nur die Wege verschwunden,
sondern mit ihnen auch die Wegebepflanzungen und Feldheckenstrukturen. Da alle
diese Wege in Richtung Osten als Wetterschutz mit Feld- und Heckengehölzen
bepflanzt waren, bestand, neben den positiven kleinklimatischen Wirkungen auf
die Feldflächen, eine Biotopvernetzung, welches den Verbund zwischen Gersdorfer
Wald, dem Tiefenbachtal, dem Striegistal bis hin zum Zellwald herstellte. Diese
Feld- und Wegehecken dienten vielen Tieren nicht nur als Lebensraum und
Fortpflanzungsnische, sondern auch zur geschützten Wanderung und Austausch
zwischen den genannten Räumen, sowie als Erosions- Hemmer.
Der Natur wurde mit der Entfernung der Strukturen nicht nur ein kaum wieder gut zu machender Schaden zugefügt, sondern im Nachhinein verursacht die intensive landwirtschaftliche Ackerbewirtschaftung viele heute bekannte, negative Erscheinungen und Folgen. |
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Das Rittergut Gersdorf
ist untrennbar mit der Geschichte des Klosters Alt-Zella und indirekt mit der
Geschichte von Sachsen verbunden. Der Ort Nossen, auch Nozzin, Nossi oder Nuszi
wurde erstmalig 1185 im Zusammenhang mit dem Kloster „Cella Sanctae Mariae“
urkundlich erwähnt. Die erste Befestigung auf den Burgberg in Nossen ist
wahrscheinlich in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts als wehrhafte Burg zur
Unterstützung des Burgwardes Mochau angelegt wurden. Die Ritter von Nozin, ein
Geschlecht, über das heute wenig bekannt ist, haben hier erstmals 1185 in der
Person des Petrus de Nozin urkundliche Erwähnung gefunden. Die Ritter,
oder besser der Dienstadel der wettinischen Herrn, hatten hier ein Stück Land
zwischen Pietschbach und Mulde vom Bischof von Meißen zu Lehn bekommen. Unter
Aufsicht dieser Grundherren entstanden in dem kaum besiedelten Land die ersten
Dörfer und Siedlungen. Die Ritter schufen damit die erste Grundherrschaft im
Gebiet.
Der geschichtliche Ursprung des Kloster-Vorwerkes Gersdorf lässt sich bis in die Gründungs- und Kolonisationszeit zurückverfolgen. Über die Gründung des Vorwerkes gibt es aber unterschiedliche Angaben. Beyer (1855) ordnet sie um das Jahr 1215 ein, während Löbel 1927 das Jahr 1210 benennt. Klarheit besteht darin, dass in der Zeitspanne von 1210 bis 1215 die Gründung des Vorwerkes Gersdorf durch das Zisterzienser- Kloster „Cella Sanctae Mariae“, später kurz als Altenzelle oder Altzella bezeichnet, mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolgt sein könnte. Der Name Neuzelle steht für das Kloster „Monasterium Nova Cella“ (1268 – 1817, Säkularisation durch den Staat Preußen) in der Niederlausitz. Hinsichtlich des Namens „Gersdorf“ gab es in der Vergangenheit immer wieder Spekulationen bis hin zur Wahrheitserhebung von Sagen. Das der Name von „Gertrudsdorf“ abgeleitet sein soll, erscheint gezwungen und in Verbindung mit einem im Jahre 733 in dieser Gegend lebenden „Knappenmönch“ äußerst fragwürdig. Denn um diese Zeit gab es hier noch keine Mönche, geschweige denn Klöster oder Abteien. Auch die Bezugnahme auf die Gründung der Stadt Roßwein (dass man die Stadt davon erbauet.) ist einfach nur falsch und entspringt der Phantasie des Schreibers. Die urkundlich belegbaren Hintergründe der Stadtgründung waren ganz andere. Hält man sich an die historischen Tatsachen, so ergibt sich ein logisch nachvollziehbares Bild. Als das Klostergut im Zeitraum 1210 bis 1215 gegründet wurde, wobei der Zeitraum um 1215 als repräsentativer anzusehen ist, residierte im Kloster der 9. Abt seit dessen Einweihung mit Namen „Gerhardus“. Er übte sein Amt in den Jahren ab 1215/1216 aus und verstarb im Jahre 1223/24. Vor seiner Wahl zum Abt war er im Kloster Altzella als „Conventual“, also Mitglied des Conventes/Versammlung tätig. In einem Dokument vom Kloster Dobrilug d. ao. 1200 v. Ludwig Reliquie Msept. P.16 ingleichen 1207 kommt auch ein Gerhardus Cellarius (Gerhard von Celle) vor. An diesem Kloster hat er sich wohl zu Ausbildungszwecken aufgehalten (V. Zehmen 1845). Das entspricht den Lebensdaten auch zeitlich. Der auch oft als Namensgeber genannte Bergmeister „Gerhard“, der im Vertrag von Krummhennersdorf vom 8. August 1241 als „Gerhardus magister montium“, ein Bergmeister laut Kuttenberger Bergordnung, auftritt, hat wesentlich später gelebt. Schwabenicky (1991) vertritt die These, dass der genannte Bergmeister des Klosters seinen Sitz in Gersdorf und nicht im Klosterhof hatte und dass danach die Ortsbenennung erfolgte. Ob er tatsächlich seinen Sitz in Gersdorf hatte oder im Kloster selbst, ist heute sicher kaum noch nachweisbar. Dabei sollte auch bedacht werden, dass es keinen Beweis gibt, dass der genannte Bergmeister auch tatsächlich Mitglied des Conventes vom Kloster Altzella war. Es könnte ebenso gut der Bergmeister des zuständigen Bergamtes, der seiner Funktion im Interesse des Klosters ausgeübt hat und im Convent teilgenommen hat, gewesen sein.
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Bereits im Jahre 1527 führte
Kurfürst Johann, der Beständige (Reg. 1525 – 1232, *30.6.1468,
†16.08.1532) im ernestinischen Teil Sachsens und dem späteren Thüringen, eine
Kirchenvisitation durch, in deren Folge der Aufbau einer
Evangelisch-lutherischen Landeskirche erfolgte.
Nach dem Tod von Herzog Georg 1539 konnte die neue, lutherische Lehre auch im albertinischen Teil Sachsens offen vertreten werden. Sein Bruder und Nachfolger Heinrich, der Fromme (Reg. 1539 – 1541; *14.03.1473; †18.08.1541) begann in der Zeit von 1539 bis 1540 sofort mit der Einführung der Reformation im albertinischen Sachsen. Organisatorisch wird diese Umstellung schnell von zwei Kirchenvisitationen umgesetzt. Die Kirchengüter werden allerdings noch nicht säkularisiert, sondern kommen zunächst unter Sequestion (Verwaltung) der Landesstände, der politischen Vertretungen der drei wichtigsten Stände (Klerus, Adel und Bürger) gegenüber dem Landesherrn. Hinsichtlich des Klosters Alt-Zella erklärte am 18. Februar 1540 eine von Herzog Heinrich, der Fromme eingesetzte Sequestations- Kommission die geistliche Lebensordnung des Klosters für „Null und Nichtig“. Das Kloster wurde aufgelöst und alle Rechte, Eigentum des Klosters sowie Verpflichtungen von Diensten und Leistungen der zugehörigen Bevölkerung gingen an den Landesherrn über. Er sah in der Auflösung der Klöster natürlich auch eine willkommene Möglichkeit, sein Vermögen und seinen Besitz wesentlich zu vergrößern. Erst hier beginnt die eigentliche Geschichte des Rittergutes Gersdorf, denn bis dahin war es nur ein Klostergut (Gerangie), wie etwa zehn andere auch. Die Reformation wurde im Meißner Gebiet 1539 eingeführt und bereits ein Jahr später erfolgte die Liquidation des Klosters am 18. Februar 1540. Vorerst verblieb das Klostergebiet aber in seinem Umfang und Zusammengehörigkeit noch erhalten und wurde von der neu gegründeten Amtshauptmannschaft Nossen, die in den Gebäuden des Klosters untergebracht wurden war, verwaltet. Nachdem Ende des Jahres 1545 der Auszug des letzten Abtes Andreas (Andreae) Schmiedewalt erfolgte, wurde im Juni 1546 der erste Stiftsverwalter Kilian Schmieden eingesetzt. Ab 1545 wurde ein Amtmann zur Verwaltung eingesetzt, der nach 10 Jahren und dem Umbau des Schlosses Nossen in dieses umzog. Die Amtshauptmannschaft Nossen umfasste nun im Wesentlichen das bisherige Klostergebiet, zu dem auch Roßwein gehörte. Roßwein wurde als Stadt aus dem klösterlichen Besitz herausgelöst und verblieb unter Hoheit des Kurfürsten. Auch das ehemalige klösterliche Vorwerk (Gerangie) Gersdorf wurde in die staatliche Verwaltung als Grundherrschaftliches Anwesen übernommen und bereits unter Kurfürst Moriz in eine Gutsherrschaft umgewandelt. Es stand damit für die Vergabe als Lehn für die Ritterschaft bereit. Aus einem klösterlichen Vorwerk war ein Fronhof (herrschaftliches Gut oder Herrengut) geworden. Auch der Klosterhof Böhrigen wurde in eine Grundherrschaft umgewandelt, erreichte aber nie die Bedeutung des Gersdorfer Gutes, war auch eine Zeitlang der Gersdorfer Grundherrschaft untergeordnet. Allerdings erhielten die Interessenten das Land nicht zur unbeschränkten freien Verfügung. Die Ausnutzung des übergebenen Landes war vielmehr an verschiedene Bedingungen geknüpft. Diese bestanden gewöhnlich in der Treue und Loyalität zum Landesherrn und weiterhin in der Ausübung eines bestimmten Dienstverhältnisses. Dieses musste durch Eid unter Zeugen bestätigt werden. Solches Nutzungsrecht am Land, das als Entgelt für Dienste eingeräumt wird, auch Lehen oder Benefizium genannt, hatte später die Eigenschaft, allmählich erblich zu werden, da die Belehnungen immer auch für die Nachkommen ausgesprochen wurde, ohne aber, dass der Landesherr die Verfügungsgewalt über das Lehen aufgab, das Vorkaufrecht und sich die Möglichkeit der Zurückholung behielt. Das Gut Gersdorf blieb dann bis Mitte des 19. Jahrhunderts ein Lehngut. Unter den Besitzern findet man eine ganze Reihe illustrer Namen, unter anderem die Familie von Pflugk (1603 ‒ 1661) oder die von Starschedel (1661 ‒ 1696). Am längsten (von 1699 bis 1873) gehörte das Rittergut zum Besitz der Familie von Einsiedel. Eine ausführliche Aufführung der Besitzer findet man im Text des Autoren.
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Zum Bergbau auf den Rittergutsfluren
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Allgemeine rechtliche Voraussetzungen
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Allgemein bekannt ist,
daß über den Bergbau in der Zeit des 12. Jahrhunderts nur wenige
Nachrichten erhalten sind, die sich auf den meißnisch- sächsischen Bergbau
beziehen. Der Bergbau dieser Zeit ist durch eine Art Gewohnheitsrecht
geprägt, das sich in keiner Niederschrift fixiert findet und nur als
Bruchstücke aus verschiedensten Urkunden hervorgeht. Erst in späterer Zeit
ist dieses Gewohnheitsrecht als Sammlung im Freiberger Bergrecht A und B
zusammengefasst worden. Damit unterscheidet sich dieses Bergrecht sehr
deutlich von den später erlassenen Bergordnungen, die versuchten,
fehlerhafte Zustände zu beheben. (Clauss)
Eine besonders wichtige bergrechtliche Überlieferung zum Bergbau war der 1185 erfolgte Gebietsaustausch aufgrund eines bedeutenden Silberfundes in Christiansdorf, dem späteren Freiberg und weiterer zu erwartender Silberfunde auf dem Gebiet der 1162 von Otto Markgraf von Meißen gestifteten Abtei. Christiansdorf lag im Klostergebiet am rechten Ufer des Münzbachs. Es handelt sich um insgesamt 118 Hufen Land (55,46 km²), die der Markgraf gegen andere Güter aus seinem Besitz herauslöste. Hierzu wurde am 2.8.1185 in Chulmice (Collm) bei Oschatz dieser Rechtsakt vollzogen und beurkundet. (Gross) Bei diesem Gebietsaustausch sind die in der Nähe von Christiansdorf liegenden Dörfer Tuttendorf und Berthelsdorf, als zweireihige Waldhufendörfer mit eingetauscht worden. Damit entstand ein Areal, welches das spätere Zentralrevier von Freiberg bildete. (Schwabenicky) Allgemein bekannt ist auch, dass der Landesherr über das Bergregal im Auftrag des Königs wacht, welcher die Mark Meißen als Lehen an die Markgrafen gegeben hat. Der Landesherr, also der Markgraf, später auch der Kurfürst, hat einen Anspruch auf das geförderte Münzmetall und der König auf den vereinbarten Teil als Einkunft aus der Mark Meißen. (Kube) In der älteren Primärliteratur beziehen sich Historiker auf die Ronkalische Konstitution von Kaiser Friedrich I., genannt Barbarossa (Reg. 1155 – 1190; *1122, †10.6.1190), worin das eigene Recht am Bergregal (Constitutio de regalibus) und für die Münzprägung schriftlich fixiert wurde. Damit sollte die Gewinnung von Bodenschätzen dem Grundeigentümer entzogen werden. Obwohl die Ronkalische Konstitution nur für Oberitalien galt und keine Rechtskraft erlangte, ist sie der offizielle Auslöser der Trennung an Grund und Boden vom Eigentum an Bodenschätzen bis in unsere heutige Zeit hinein. 1185 soll Kaiser Friedrich I. auch dem Markgraf Otto von Meißen, genannt der Reiche (Reg. 1156 – 1190, *1125, †1190) das Privileg des Berg- und Münzregals, mit eben dem Recht zum Abbau der Erze und der Vermünzung des Silbers in der Mark Meißen und wohl auch seiner klösterlichen Stiftung übereignet haben. (Wagenbreth) Es ist wohl daher anzunehmen, dass die Markgrafen, also die Landesherren, das Recht am Bergregal nur „gewohnheitsmäßig“ ausübten, wie auch das gesamte Bergrecht dieser Zeit ein manifestiertes Gewohnheitsrecht darstellt. Erst mit der der „Goldenen Bulle“ von 1356 durch Kaiser Karl IV. (Reg. 1346 – 1378; *14.5.1316, †29.11.1378) wurde endgültig festgeschrieben, dass nicht der Kaiser, sondern nur die sieben Kurfürsten, also die Erzbischöfe von Köln, Mainz und Trier, der König von Böhmen, der Pfalzgraf vom Rhein, der Herzog von Sachsen, und der Markgraf von Brandenburg als Landesherren das Bergregal innehatten. Somit ist das von den Landesherren bisher illegal praktizierte Recht, eher ein Gewohnheitsrecht, resultierend aus der Schwäche und Machtlosigkeit römischer Könige und Kaiser, ihr Recht am Bergregal durchzusetzen, nun in ein Recht der Landesherren festgeschrieben worden. (Gross)
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Unter dem Begriff
„Bergregal“ verstehen wir folgendes: Der Bergbau auf edle Metalle, wie Gold,
Silber, Salz, und Fossilien, zu letzteren gehörten auch die Edelsteine, oblag
dem Landesherrn, wie den Markgrafen von Meißen usw. Es ist auch in der Literatur
als „hohes Bergregal“ bekannt. Ähnlich verhielt es sich mit dem Ankauf von den
Metallerzen des hohen Bergregals. Münzmetalle wie Silber sind zu vom Landesherrn
festgelegten Konditionen unter der Festlegung der jeweiligen Schmelzhütte oder
Münzstätte angekauft worden. Damit war auch deutlich der Besitz an Grund und
Boden von den Bodenschätzen getrennt. Das Recht auf die Gewinnung der niederen
Metalle, wie Kupfer und Eisen, aber auch Kohle, Kalk, Steine und Erden oblag
hingegen dem Grundherrn, gewöhnlich also dem Dienstadel der Mark Meißen. Es
wurde auch als „niederes Bergregal“ bezeichnet. Der Bauer ohne erblichen Besitz
an Grund und Boden war der Leidtragende, da ihm das Land nicht gehörte. Er
musste den Bergbau mit allen Nachteilen über sich ergehen lassen. Als
Schadensausgleich stand ihm maximal ein Frei- Kux zu, der ihn aber nur im Fall
von Ausbeute der jeweiligen Grube entschädigen würde.
Die „Erze“ des niederen Bergregals, wie eben Eisen, Kalk, Steine und Erden, waren zwar frei verkäuflich zu vom Markt bestimmten Preis, aber wie jede andere Handelsware natürlich ebenfalls mit Abgaben von diversen Zinsen, eher einer Steuer ähnlich, an den Grundherrn und den Landesherrn versehen. Jedoch gab es Ausnahmen: Wenn das hohe Interesse des Landesherrn im Spiel war, konnten auch die „Erze“ des niederen Bergregals anders bewertet werden und im landesherrlichen Interesse stehen. So war zum Beispiel in der Mark Hermsdorf, gemeint ist Hermsdorf bei Frauenstein, der dortige Kalkstein nicht grundherrschaftlich, sondern landesherrschaftlich aufgrund des Erwerbs eines Rittersitzes durch Kursachsen und somit ist dort das Recht am Kalkstein zum „Staat“ gekommen. Dies führte zu langwierigen komplizierten Rechtsstreitigkeiten über Zeiträume von mehreren Generationen. Unter Markgraf Otto, dem Reichen erfolgte die Ausbildung einer markgräflich- grundherrschaftlichen Bergvogtei mit der Person eines Bergvogtes. Es handelt sich dabei um die früheste Form einer amtlichen Bergverwaltung. Als Bergvogt verstehen wir heute einen Vertreter des Landesherrn, welcher über dem Bergmeister stand und aus gehobener Gesellschaft oder dem Dienstadel stammte. Der Bergvogt war der Vorgänger des späteren Bergbeamten. Die Bergvogtei beinhaltete die Schürf- und Bergbaufreiheit auf dem gefreiten Berg – auch ius Freibergense – mit dem Recht des Finders von Silbererz und der Verleihung einer Fundgrube von 7 Lehen Größe. Dem Markgrafen stand der Fronteil als Mitbaurecht zur Verfügung. (Kube) In der Zeit des 12./13. Jhd. war der Bergmann „frei“, aber kein freier Bürger. Er war mit Sonderrechten außerhalb der dörflichen Gemeinschaften und auch außerhalb der Städte, die als Nahhandelszentren in der ländlichen Umgebung fungierten, auch gegenüber einem Bauern oder Handwerker versehen. Es konnte jedermann, nicht nur ein Bergmann, nach Erzen schürfen und sich bei Erfolg eine „Grube“ vom Bergmeister verleihen lassen. Der Grundeigentümer durfte diese Tätigkeit nicht behindern. Meistens wurden die Schürfe oder auch Gruben von Bergleuten alleine betrieben. Es handelte sich dabei um sogenannte Eigenlöhner, welcher Besitzer des Bergwerks war, in dem er auch arbeitete, rechtlich gesehen sein eigener Lohnherr war, ähnlich einem Handwerker, der auf eigene Rechnung arbeitete. In den frühen Bergbausiedlungen des 12. Jhd. in der Mark Meißen sind die Gruben auch durch Familienverbände betrieben worden. Eine weitere Form war der Zusammenschluss mehrerer Eigenlöhner zu einer Gesellschaft, auch Eigenlöhnergesellschaft oder „gesellenweise bauende Eigenlöhner“ bekannt. Zu so einer Gesellschaft konnten noch 7 weiter Bergleute gehören, von denen wenigstens 4 noch mitarbeiten mussten. Der Eigenlöhnerbergbau ist somit die älteste Form des gewerblich betriebenen Bergbaus. In der Literatur wird auch vielmals anstelle von Eigenlöhner „Eigenlehner“ geschrieben. Dies ist aber historisch nicht richtig und auch in den Bergrechtssammlungen so nicht verzeichnet.
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In den vom Bergbau
tangierten Gemeinden des Freiberger Amtsbezirkes waren Bergmeister (lat.
Magister montium) vom Landesherrn eingesetzt. Der Bergmeister war nach den
älteren Bergrechtssammlungen und auch frühen Bergordnungen ein vom Landesherrn
eingesetzter „Beamter“, der von diesem beauftragt war, den Bergbau in einer
Berggemeinde- oder auch Bergstadt zu überwachen und das Bergrecht auszuüben.
Diese hatten die Aufgabe, die Vergabe von Schürfen zu überwachen, bei
Fündigwerden der Gruben die Verleihung der Grubenfelder vorzunehmen,
Grubenfelder zu vermessen, um Streitfälle zu verhindern, auch in bergbaulichen
Streitfällen und kleineren zivilen Vergehen Recht zu sprechen und Sorge zu
tragen, das dass geförderte Münzmetall auch wirklich in die Münzstätte des
Landesherrn geliefert wurde. Überhaupt war aber der Freiberger Richter (Vogt),
dem die Bergmeister unterstanden, im Auftrag des Landesherrn für alle Bergwerke
in der Mark Meißen und die Berggerichtsbarkeit zuständig. In späteren Zeiten
sind diese Aufgaben aufgrund von Menge und besserer Überschaubarkeit dem sich
entwickelnden Berggerichtswesen übertragen worden.
Alle anderen Rechtssachen sind durch den Erbrichter, Stadtrichter oder Vogt des jeweiligen Ortes, Stadt oder durch die Rechtsprechung des Grundherrn geregelt worden. Im Laufe der Zeit erfolgte am Ende des Hochmittelalters eine generelle Auftrennung der Gerichtsbarkeiten in ziviles Recht, zum Beispiel Freiberger Stadtrecht und einer anfänglichen eigenständigen Berggerichtsbarkeit. (Schwabenicky et al.) Schon von sehr früh an war der Beginn eines Bergbaus durch eine Reihenfolge von Rechtshandlungen wie Schürfen, Muten und Verleihen als Bestandteil des Bergregals und der Bergbaufreiheit gekennzeichnet. Das bergmännische Recht, aus heutiger Sicht eher ein Gewohnheitsrecht, beinhaltete geregelte, überlieferte und so auch manifestierte Vorgänge und Abläufe vom Muten bis hin zum Schmelzen der Erze. Ein solcher Vorgang ist auch die Aufnahme eines Schurfes für die Auffindung eines Erzganges, der ja nicht immer an der Tagesoberfläche sichtbar war. Dies bezeichnete man als „Muthen“. Mitunter war an einer offenen Felsstruktur ein Gang sichtbar und dessen Verlauf war gut zu vermuten. Hier entfiel dann der Schurf zur eigentlichen Auffindung des Ganges. Hatte der Bergmann dann einen Gang gefunden, konnte er beim Bergmeister, dem markgräflichen Vertreter des Landesherrn in Sachen Bergbau, diesen melden – muten (früher schrieb man die ,Vermuthung' mit ,th', daher auch ,muthen') – somit ein Abbaurecht beantragen. Dem Bergmann wurde ein sogenannter „Neufang“ vom Bergmeister verliehen. Hier konnten dann diverse Erschließungs- und Aufsuchungsarbeiten für ein „maßwürdiges“, also abbauwürdiges Erzvorkommen durchgeführt werden. War letztere Bedingung erfüllt, verlieh der Bergmeister dem Bergmann ein Grubenfeld von 7 Lehen in der Form von 7 quadratischen Feldern im Verlauf des Ganges. Der Bergmann hatte nun das Recht und auch die Pflicht, innerhalb von drei Tagen mit dem Abbau zu beginnen. Verwirkte er diese Frist, so verfiel auch sein Recht an dieser Stelle und der Bergmeister konnte es erneut an einen anderen Bergmann verleihen. Im Vordergrund standen immer die Einnahmen des Markgrafen aus dem Bergbau, den die jeweiligen Bergmeister gegenüber dem Bergvolk vertraten. Der Bergmann, welcher das Erz der jeweiligen Grube abbaute, war verpflichtet, ein Drittel des Gesamtertrages als Fronteil dem Markgrafen – als „Inhaber“ des Bergregals – zu entrichten.
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Eine erste Änderung der
Grubenfeldgröße erfolgte unter Markgraf Dietrich dem Bedrängten (Reg.
1197 – 1221, *1162, †1221) und ist wohl dem Geldbedarf des Markgrafen und seinem
Gefolge und dem sich ergebenden Verwaltungsaufwand geschuldet. Auch hatte man
gelernt, dass die Gänge im Freiberger Revier sich in der Regel über viel größere
Längen erstreckten, als die verliehenen Grubenfelder von 7 Lehen. Nunmehr kam an
die Fundgrube von 7 Lehen Größe je ein Block Nebenlehen beiderseits der
Fundgrube hinzu. Die Fundgrube wird zum 21 Lehenfeld. Diese umfassten jeweils
ein Lehen für den Markgraf, der Markgräfin, dem Marschall, dem Truchsess, dem
Kämmerer, dem Rat der Stadt als Bürgerlehn und für den Bergmeister. (Kube) Markgraf Heinrich der Erlauchte (Reg. 1221 – 1288, *1215, †15.2.1288) stellt das Bergregal in unmittelbaren Zusammenhang mit dem Münzregal / der Münzordnung. Für die Aufrechterhaltung und den Ausbau des Bergbaus bei wassernötigen Gruben wird als Investitionsanreiz und Sicherheit das Erbbereiten / Erbvermessen in großem Umfang angewandt. Für Gersdorf und Umgebung ist allerdings kein Erbbereiten / Erbvermessen überliefert. Lediglich für Siebenlehn ist ein solcher Vorgang bekannt. Das erste schriftlich fixierte Bergrecht, keine Bergordnung, sondern eine Sammlung des bisher praktizierten Bergrechts, wird 1307 als „Freiberger Bergrecht A“, auch als „älteres Bergrecht“ bekannt, in Schriftform festgehalten, wobei die Jahreszahl 1307 nur als wahrscheinlich anzusehen ist, da das eigentliche Original wohl zum Stadtbrand 1375 verloren ging und nur eine spätere Kopie noch erhalten ist. Es handelt sich um eine Sammlung wohl viel älterer Gesetzestexte zum damals bisher praktizierten Bergrecht. (Jaschick) Eine weitere Bergrechtssammlung geht auf das Jahr 1382 zurück. Es handelt sich dabei um das sogenannte „Freiberger Bergrecht B“, auch als „jüngeres Freiberger Bergrecht“ bekannt. Diese Textsammlung bestehend aus dem „Freiberger Bergrecht A“, vermischt mit einer deutschen Version des „Iglauer Bergrechtes“ (Jura civium et montanorum), war die erste umfassende Niederschrift vom bergrechtlichen Gewohnheitsrecht mit Gesetzescharakter. Erstmals wird sehr detailliert in 43 Paragraphen das Bergrecht in umfangreichen Vorschriften schriftlich fixiert und bildete so die Grundlage für alle zukünftigen Bergordnungen für Kursachsen. Aus dem Jahr 1466 liegt die erste schriftliche Fassung der „Freiberger Berggerichtsordnung“ vor. Hierin wurden neben den Aufgaben des Bergmeisters bzw. berufenen Bergrichters auch die Strafen für Vergehen festgelegt. Diese richteten sich zum Teil nach dem „Sachsenspiegel“, in Übereinstimmung gebracht mit dem römischen Recht (Maetschke 1916). So wurde verurteilt, wer den Landesfürsten „frefelte“ oder sich dem Bergmeister gegenüber ungebührlich benahm, mit mehreren Mark Silber Strafe. Zum Tode verurteilt wurde, wer Silber oder Geld stahl, das dem Landesherrn, auch „brotherre“, gehörte. Im § 6 der Freiberger Berggerichtsordnung von 1466 [A/5.1./] ist zum Beispiel festgelegt: „Ab ymandt seynen brotherrn stele ..., das das geclageth werde vor dem bergmeister, ßo mag yn ein bergmeister lasßenn richtenn. Wo er ynn mit warhafftiger thoth uberkompt, das er alzo vil ungestreben bley gestollenn hath, davon man konde gemachen ein lot silbers, ßo ist der galge ßein recht. Schlug auch ir eyner den anderen tzu tode (...) ßo mag man im den kopff abeschlabenn (...), wo man dnn nich begnaden will. Machet auch eyner denn andernn wunth (...), ßo mag man ym die handt abehawen (...) so man ym anders nicht genade thun will.“
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Kursachsen entstand
bekanntlich erst am 6.1.1423 mit der Belehnung Markgrafen Friedrich IV., des
Streitbaren (Reg. 1381 – 1428; *11.4.1370, †4.1.1428) mit dem Herzogtum
Sachsen- Wittenberg durch König Sigmund (*15.2.1368, †9.12.1437; römisch-
deutscher König seit 1411, König von Böhmen seit 1419 und römisch- deutscher
Kaiser ab 1433), nach dem Aussterben der sächsisch- wittenbergischen Linie der
Askanier (Kurfürsten seit 1356) im Mannesstamm 1422. Kurfürst Albrecht III.,
genannt der Arme, geboren um 1375, gestorben vor dem 12. November
1422, war zuvor der letzte Kurfürst und Herzog zu Sachsen- Wittenberg, als
solcher auch Erzmarschall des Heiligen Römischen Reiches, aus der Linie der
Askanier.
Mit der Belehnung von Friedrich IV. mit Sachsen- Wittenberg ging ebenso die Übertragung der Kurwürde an den Markgrafen von Meißen einher. Damit stiegen die Wettiner in den Kreis der ranghöchsten deutschen Reichsfürsten auf. Gleichzeitig wurde auch die Bezeichnung „Sachsen“ für den wettinischen Herrschaftsbereich sowie das askanische Wappen übernommen. Eine Bergordnung wurde durch den Kurfürsten Ernst (Reg. 1464 – 1486; *24.3.1441, †26.8.1486) und Herzog Albrecht III., den Beherzten (Reg. 1464 – 1486; *31.7.1443, †12.9.1550) erlassen. Es handelt sich dabei um eine Bergordnung für Bergwerke außerhalb der Pflege Freibergs vom 14. April 1466. Diese Bergordnung umfasst in 6 Artikeln die Rechte und Pflichten des Bergmeisters, des Bergschreibers sowie des Zehntners. Dabei werden namentlich in der Bergordnung Hans Kluge als Bergmeister, Caspar Ludewig als Bergschreiber und Nickel Friedrich als Zehntner erwähnt. Diese Bergordnung stellt aber auch eine Besonderheit dar, denn erstmals wird der Versuch der Landesherrn sichtbar, Einfluss auf die bergbauliche Gewinnung von Rohstoffen zu nehmen, die eindeutig dem niederen Bergregal angehören und als „unedle Metalle“ galten, wie Zinn und Kupfer. Die Landesherren forderten ihren Anteil in Form des Zehenten. (Jaschick) Die erste „richtige“ Bergordnung wird durch Kurfürst Friedrich II. der Sanftmütige (Reg. 1428 – 1464; *22.8.1412, †7.9.1464) am 1. Juli 1448 zur Regulierung des Zinnbergbaus bei Bärenstein (Altenberg) erlassen. Sie bildete den Anfang einer ganzen Reihe von Bergordnungen in den nachfolgenden Jahrhunderten für die einzelnen Bergreviere des wettinischen Ständestaates. In der 2. Hälfte des 15. Jhd. beginnt der weitere Ausbau der Bergverwaltung für Kursachsen. Der Personalbestand der Bergämter wurde erheblich erhöht, um die umfangreiche Verwaltungsarbeit bewältigen zu können. Zu den bisherigen Verwaltungsbeamten wie Bergmeister, Bergschreiber, Recessschreiber und Zehntner kamen noch die Stellvertreter (Vice) und Berggeschworene hinzu. (Claus) Da das bisher praktizierte Bergrecht den veränderten wirtschaftlichen Bedingungen ab dem 16. Jahrhundert, besonders nach dem Auffinden immer neuer Lagerstätten, nicht mehr genügte und größere rechtliche Probleme in Form von Streitigkeiten von Gewerken und Bergleuten in den verschiedenen Revieren auftraten, erließ Kurfürst August I. (Reg. 1553 – 1586; *31.7.1526, †11.2.1586) 1554 die erste Bergordnung, die im gesamten, damaligen Kurfürstentum Sachsen Gültigkeit besaß. Diese Bergordnung gilt als erster Schritt zum Beginn der Einführung des „Direktionsprinzips“ im sächsischen Bergbau. Von nun an wurde der Bergbau staatlich gelenkt, zumindest so, wie es der wettinische Ständestaat des Kurfürstentums Sachsen überhaupt zuließ. Es war aber noch ein weiter Weg bis zu einer richtigen staatlichen Überwachung für den Regalbergbau unter dem Begriff „Direktionsprinzip“. Die Überwachung und Kontrolle der Gruben erstreckte sich zwar bis in die Details des Abbauvorganges, der Arbeitsfunktionen und des sozialen Umfelds, welche durch die Berggeschworenen als Vertreter des Bergmeisters wahrgenommen wurde. Im Vordergrund stand jedoch immer die Geldeinnahme für den Landesherrn. Ein wesentlicher Unterschied zur späteren Zeit ist noch die schriftliche Dokumentation der Bergverwaltung.
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Für die Bergverwaltung wurde
von den Bergwerken Gelder erhoben: Das sogenannte Quatembergeld wie auch
das Recessgeld berechnete sich aus einem Gebietsgrundwert, multipliziert
mit den Feldeinheiten der vollständigen Belehnung. Gezahlt wurde dieses Geld
quartalsweise, also zu Beginn eines neuen Quartals, egal, ob die Grube in
Betrieb war oder nicht, und diente zur Besoldung der Bergbeamten und der
Finanzierung der Bergverwaltung.
Ebenso wurde die Grubenfeldverleihung schon zu Beginn des 16. Jhd. wieder verändert. Das bis dahin angewandte Prinzip des 21 Lehen Grubenfeldes verschwand allmählich. Dies hatte seinen Grund. Generell wurde der Bergbau in den tieferen Regionen einer Lagerstätte durch Wasserhaltungen, aufwendigen Stollnbetrieb und Förderung von tauben Bergen, um überhaupt bauwürdige Grubenteile zu erschließen, immer kostspieliger. Um überhaupt noch den Bergbau gewinnbringend ausrichten zu können, sind der Markgraf und allen Mitbauenden nun nicht mehr am Ertrag des Roherzes, welchen die Nebenlehen zusicherten, sondern ausschließlich am geschmolzenen Silber beteiligt. Damit rückte der Hüttengewinn und der „Schlagschatz“ aus der Vermünzung des Silbers in den Vordergrund und stellte weiterhin eine lukrative Einnahmequelle des Landesherrn dar. Für die Veränderung der Grubenfeldgrößen und deren Aufbau war auch der Übergang von einer Naturalwirtschaft zu einer reinen Geldwirtschaft von Bedeutung. Mitte 16. Jhd. beginnt der Aufbau einer eigenständigen mittleren Bergverwaltung unter Kurfürst Moritz (Reg. 1541– 1553; *21.3.1521, †11.7.1553) mit dem Einsatz von sogenannten Amtsverwesern in den Bergstädten Annaberg, Marienberg und Schneeberg. Der Amtsverweser Hans Röhling wurde 1545 Bergamtsverwalter und Simon Bogner Freiberger Bergmeister. Zusammen hatten sie die Aufsicht über den gesamten Bergbau in den albertinischen Landen. Nach Erlass der Kanzleiordung für Sachsen vom 5.8.1547 entwickelte sich auch das sächsische Oberbergamt. Seit 1555 bestand dann die Bergverwaltung mit Bergmeister und Oberbergamt in Freiberg, den unterstellten Bergämtern im Gebirge und einer zugehörigen Finanzverwaltung in Form des „Geheimen Rates“ seit 1574 als oberste kollegialisch organisierte Zentralbehörde. (Gross) Agricola (1556) schreibt hierzu: „Nächst dem Berghauptmann hat der Bergmeister höchste Gewalt, denn er hat die Gerichtsbarkeit über alle Bergleute mit wenigen Ausnahmen, nämlich den Zehntner, den Rechnungsführer, den Silberbrenner, den Münzmeister sowie die Münze selbst. Weiterhin ist sein Amt, denen, die darum nachsuchen, das Bergbaurecht zu verleihen und dieses Recht zu bestätigen, die Grubenfelder zu vermessen und ihre Grenzen festzulegen und Fürsorge zu treffen, daß keine unnötigen Strecken getrieben werden.“ Im letzten Viertel des 16. Jhd. setzte auch eine Intensivierung des Eisenerzbergbaus im Erzgebirge durch die Gründung von neuen Eisenhämmern auf Initiative von Kurfürst August I. ein. Die eingerichtete „Eisenkammer“ in Pirna an einer Nord- Süd- verlaufenden Fernhandelsroute war ein wichtiges Handelskontor. Ebenso ist der Eisenerzbergbau unter bergamtliche Aufsicht gestellt worden. Auch weitere Bergordnungen wurden durch Kurfürst August I. erlassen. Die Verwaltung des sächsischen Bergbaus nahm bei wichtigen Rohstoffen eine umfangreiche Position ein. Jedoch waren Kohle und Kalk noch immer außen vor und generell nur grundherrschaftlich geregelt. Eine Bergordnung für diese fehlte. (Gross)
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Eine weitere Veränderung in
der bergbaulichen Verwaltung war die schrittweise Einführung der schriftlichen
Dokumentation. Die bisher nur mündlich vorgenommene Reihenfolge von
Rechtshandlungen wie Schürfen, Muten und Verleihen als Bestandteil des
Bergregals erfolgte ursprünglich nur mit Handschlag unter Hinzuziehung einer
Zeugenschaft. Im Jahre 1511 wurde mit dem Beginn der Führung von
„Bergbelehnungsbüchern“ im Bergamt Freiberg und damit der schriftlichen
Überlieferung der Grubenbetreiber begonnen. Damit finden wir heutzutage die
ältesten schriftlichen Belege einer bergamtlichen Verwaltung für das Freiberger
Grubenrevier. Außerhalb von Freiberg begann die schriftliche Dokumentation erst
später. Im Jahre 1530 wurde durch Herzog Georg, dem Bärtigen (Reg. 1500 –
1539; *27.8.1471, †17.4.1539) das Amt eines Gegenschreibers eingeführt. Der
Gegenschreiber hatte im Gegenbuch als Rechtsgrundlage ein Verzeichnis aller
Verleihungen sowie der Grubenbetreiber und ihrer Anteile zu führen.
Mit der schriftlichen Dokumentation durch das Bergamt und später auch durch das Oberbergamt veränderte sich auch die Administration eines Bergwerkes. Egal, ob eine Grube durch eine Gewerkschaft oder durch Eigenlöhner betrieben wurde, gab es nunmehr einen „Ansprechpartner“, der auch schriftkundig sein musste. Zum einen kristallisierte sich beim gewerkschaftlichen Bergbau der Schichtmeister als Vorsteher der Grube heraus, während im Eigenlöhnerbergbau der Lehnträger diese Funktion innehatte. Für beide Personen galt, dass sie Kenntnisse und Fähigkeiten im Lesen, Schreiben und Rechnen besaßen. Dies galt auch für die Position des Steigers. Beim Eigenlöhnerbergbau traten vielmals Steiger als Lehnträger auf. Agricola (1556) schreibt über die Aufgabe des Schichtmeisters; „Dieser theilet die Schichten in die Arbeiter, und hat fleißige Achtung, daß ein jeder sein Ampt ordentlich und treulich ausrichte.“ Jene Schichtmeister oder Lehnträger mussten ferner „Zechenregister“ führen. Dabei handelte es sich um kleine broschürenähnliche Heftchen, besser halbierte Folio- Bögen, die in zweifacher Ausführung von der Grube geführt werden mussten. Dabei verblieb immer ein Exemplar auf dem Bergamt und wurde zur Befahrung durch den Berggeschworenen mitgebracht. Damit wurde betrügerischen Ambitionen im Vorfeld vorgebeugt. Inhalt dieser Register waren die Lage und der Name der Grube, die volle Belehnungsformel, die Namen der Bergleute und der Administration, die Zubußen der Anteilseigner, Abrechnung der Grubenkosten und Erzverkäufe und Inventarlisten. Seit 1479 sind Nachrichten über die Führung dieser Register bekannt. In der Bergordnung von Kurfürst August I. von 1574 wird eine vorgeschriebene Form festgehalten. Mit mehrfachen Veränderungen hatten diese Zechenregister bis zur Einführung des Gesetzes über den Regalbergbau vom 22. Mai 1851 Bestand. Heute sind für die sächsische Montanforschung die Zechenregister eine der wichtigsten Quellen für die Rekonstruktion von Bergbauanlagen. Eine weitere Bezeichnung für den Lehnträger und Schichtmeister als „Hutmann“ ist wohl eine Erfindung des Historismus vergangener Zeiten. Diese bezieht sich auf den im Huthaus wohnenden Steiger oder einem Bergmann, der neben dem Ausschank von Bier und Branntwein auf den Gebäuden des Erzbergbaus auch noch weitere Aufgaben zu erfüllen hatte, wie die Aufbewahrung des Gezähes und Kontrolle von technischen Einrichtungen. Im 1589 veröffentlichten Werk von Petrus Albinus „Meißnische Land- und Bergchronik...“ tauchte erstmals die Bezeichnung „Erzgebirge“ auf. Der alte Name für dieses Gebirge lautete „Soudeta ore“ (Wildschweinberge) und geht auf den griechischen Geograph Claudius Ptolemäus zurück. Dieser hatte um das Jahr 150 n. Chr. den Begriff für den Gebirgszug in einer Darstellung verwendet.
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Aus den bergrechtlichen
Gewohnheiten entwickelte sich im Laufe der Jahrhunderte die zentral geleitete
Bergverwaltung mit ihren Bergordnungen. Ab dem 17.Jahrhundert bildete sich
verstärkt das Organisationsprinzip eines bürokratischen Systems der staatlichen
Lenkung und Leitung der Bergwerksbetriebe heraus. Grundlagen waren die
Bergordnung von Annaberg aus dem Jahr 1509 und die Bergordnungen St.
Joachimsthal aus den Jahren 1541 und 1548. Als Bergordnung wurde im
hochmittelalterlichen Bergbau eine Gesetzessammlung bezeichnet, die als
Ergänzung zum geltenden Bergrecht die Rechte und Pflichten der am Bergbau
Beteiligten regelte. Meistens wurde eine solche Bergordnung bei auftretenden
Problemen mit der Umsetzung von Recht und Ordnung erlassen.
Durch die wirtschaftliche Bedeutung des Bergbaues für den wettinischen Ständestaat war das Interesse an einem gewinnbringenden Bergbau sehr groß. Innerhalb des Finanzkollegiums als oberster Aufsichthsbehörde wurde daher in Dresden eine eigenständige Kommission gebildet, das „Berggemach“. Es stand unter Vorsitz des Kammerpräsidenten und des Vize- Kammerpräsidenten, denen daneben
beigeordnet waren. Als Vertreter des Landesherrn war das Oberbergamt, seit Mitte des 16. Jahrhundert mit Sitz in Freiberg, für die ihm nachgeordneten, territorial zuständigen Bergämter sowie letztlich für alle (Regal-) Bergbaubetriebe überhaupt entstanden. Dort setzten ein Oberbergmeister, später Berg- bzw. Oberberghauptmann, unterstützt durch Bergrichter, Markscheider, Zehntner, Hütten-, Kunst- und Maschinenbaudirektoren, Archivare und Schreiber die Anweisungen des Landesherren um. Das Oberbergamt war u. a. zuständig für
Dem Oberbergamt unterstanden die Bergämter der einzelnen Reviere, in denen Bergmeister, früher auch der Bergvogt, Berg- und Gegenbuch- Schreiber sowie Geschworene über die einzelnen Bergbauwerke wachten. Durch die Bergämter wurde die fachlich- technische und finanzielle Überwachungsfunktion gegenüber den Bergbautreibenden tatsächlich ausgeübt. Die Bergämter taxierten die Verkaufspreise für ausgebrachtes Erz, ermittelten den Verkaufspreis, den der Kränzler für einen Kux verlangen durfte und konnten Vorschläge für die Ernennung von Schichtmeistern, Steigern und anderen Offizianten machen, die dann aber vom Oberbergamt selbst in ihre jeweiligen Funktionen berufen wurden.
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1710 wurde durch Kurfürst Friedrich August, den Starken
(als August I. König von Polen) ein weiterer Schritt der Zentralisation
umgesetzt, indem er die „Generalschmelzadministration“ für das fiskalische
Freiberger Hüttenwesen schuf. Dorthin musste jede Grube das gewonnene,
silberhaltige Erz abliefern. Hier erfolgte auch die Bezahlung der Gruben, wobei
gleichzeitig der Betrag, der dem Staat zustand, sowie alle offenen Gebühren
abgezogen wurden. In dieses Abrechnungssystem wurden damit nun auch die
Hüttenbetriebe einbezogen.
Um nun Berggebrechen, wie Absaufen von Gruben, Einstürze von Gruben durch fehlerhaften Aus- und Abbau usw. vorzubeugen, war es eine wesentliche Aufgabe der Bergämter auch, eine „Bergaufsicht“ zur Durchsetzung technischer Sicherheitsanforderungen, aber auch der Gewinnträchtigkeit des umgehenden Bergbaus wahrzunehmen. Hierzu gehörte unter anderem das regelmäßige Befahren der Gruben und, sich über alle Vorkommnisse auf diesen zu unterrichten, sowie die finanzielle Abrechnung der Gruben zu prüfen. Dazu gehörten ferner Entscheidungen über die etwaige Neuanlage von Gruben, über Grubenerweiterungen, Wasserhaltung, usw. zu treffen. Diese zentrale, staatliche Aufsicht, Lenkung und Leitung des Bergbaues, wird als Direktionsprinzip bezeichnet. Dazu gehörte auch weiterhin, wenn ein neues Vorkommen (Gang) entdeckt wurde, dass sich der Interessierte das Schürfrecht beim Bergamt offiziell sichern musste. Es galt wie eh und je das Schürfen, Muten und Verleihen als Beginn eines neuen Bergwerkes. Dazu legte der Interessent beim Bergamt die sogenannte „Muthung“, in neuerer Zeit nur noch Mutung, ein. Daraufhin überprüfte der Berggeschworene die Angaben des Muters vor Ort, und bestimmte Maße und Lage der Grube. Nach abgeschlossener Prüfung durch den Berggeschworenen wurde der Name der Grube durch den Lehnträger oder Schichtmeister festgelegt und in das Lehn- bzw. Verleihbuch eingetragen. Durch die Eintragung und deren Bescheinigung an den Muter war die „offizielle“ Belehnung (Verleihung) in Kraft getreten. Durch diese Verleihung blieben die Grundeigentümer. Grundbesitzer, Gemeinden usw., außen vor und hatten Duldungspflicht. Für diesen Vorgang wurde natürlich eine Gebühr erhoben. War das alles erledigt, konnte der Abbau durch den Grubenbetreiber, als Eigenlöhner oder als Gewerkschaft, rechtlich zulässig erfolgen.
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Der Beginn bis
zum Dreißigjährigen Krieg
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Nach heutigem Wissensstand
begann der Bergbau auf Gersdorfer Flur (im Gebiet des heutigen Gersdorfer
Waldes) am Anfang des 13. Jahrhunderts. Aus der Zeit des klösterlichen Bergbaues
sind kaum schriftlichen Zeugnisse vorhanden, bis auf den sogenannten „Krumm-Hennersdorfer
Vertrag“ vom 8. August 1241. (Kube) Zur Zeit des Gebietstausches mit dem Kloster Alt- Zella „Celle Santa Marie“, 1185, waren die Erzvorkommen im Gersdorf- Roßweiner Raum noch nicht bekannt, denn sonst wäre höchstwahrscheinlich auch dieses Gebiet mit aus den Besitzungen des Klosters herausgelöst worden. Aber bereits um 1241 kam es zu einem Rechtsstreit zwischen dem Rat von Freiberg und dem Kloster Alt- Zella über das Mitbaurecht an Grubenfeldern auf dem Klostergebiet. An dieser Stelle muss angemerkt werden, dass zum Klosterbesitz auch Berbersdorf gehörte und dort der Ausbiss eines größeren lokalen Kalkvorkommens lag. Der Erwerb der Fortsetzung des Kalkvorkommens mit Kaltofen und Arnsdorf stand immer im Blickwinkel des Klosters und das Gebiet konnte 1297 über einen „Umweg“ in Klosterbesitz gebracht werden. Weiterhin lag eben auch die Bergbausiedlung „Gerschberg“ im Klostergebiet. Hierbei handelt es sich um die Keimzelle in Betracht auf den Beginn des hiesigen Bergbaus (Schwabenicky). Daraus ist zu erkennen, dass auf den Besitzungen des Klosters neben dem Kalk auch Erzvorkommen entdeckt worden sind, und dass das Kloster die Berghoheit für sein Gebiet beanspruchte. Dieser Streit wurde durch Heinrich, den Erlauchten (Reg. 1221 – 1288, *1215, †15.2.1288) geschlichtet und das Ergebnis in einer Urkunde niedergeschrieben, die später als der „Vertrag von Krumm-Hennersdorf“, auch „Krummenhennersdorf“ bezeichnet wurde. Die große Bedeutung dieser Urkunde bestand in der Festschreibung der Rechte, die bei der Entstehung eines Bergwerkes auf dem Grund und Boden des Klosters gelten sollten. Doch es ist wahrscheinlicher, das schon Erzbergbau auf dem Klostergebiet stattfand, denn warum sollte sonst so ein Vertrag geschlossen werden ? Dieser Vertrag bestand aus einem Pergamentbogen und 3 Siegeln. Zum einen das Siegel des Abtes des Klosters Altzella, das Siegel des Markgrafen Heinrich des Erlauchten und das Siegel der Consules (Ratsherren) von Freiberg. Letztere beanspruchten Anteile am klösterlichen Bergbau gemäß des allgemein geltenden Bergrechtes. Die originale Urkunde (Nr. 373) befand sich im Landeshauptarchiv und ging durch Kriegseinwirkung verloren. (Kube)
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Ausgehend von
Christiansdorf, dem späteren Freiberg, in dem um 1168 der Bergbau in der
Region begann, verbreitete er sich im Laufe der nächsten Jahrzehnte, bis
er im 13. Jahrhundert in Gersdorf bei Roßwein seine nördlichste
Ausbreitung erreichte. Während in Gersdorf eindeutige Zeugnisse dieser
Zeit vorhanden sind, gibt es keinen Hinweis auf den Bergbau um Roßwein
bzw. westwärts im Muldental vor dem 16. Jahrhundert. Aus der Zeit vor dem
16. Jahrhundert sind auch keine schriftlichen Unterlagen zu einzelnen
Grubenbetrieben vorhanden, so wie wir sie seit der Zeit nach Gründung des
Oberbergamtes kennen. Ab dieser Zeit finden sich vereinzelte Verleihungen
in den Bergbelehnungsbüchern vermerkt, aber keine weiterführenden
Grubenakten, Abrechnungsbögen oder andere Unterlagen, so dass auf diese
Zeit nur durch archäologische Grabungen im Bereich der ehemaligen
„Bergstadt Gerschberg“ zurückgegriffen werden kann. (Schwabenicky et al.)
Erst ab Mitte des 16. Jahrhunderts wurde mit der Einführung von
schriftlichen Unterlagen zu den einzelnen Grubenbetrieben übergegangen.
Hierzu ordnete 1529 der Kurfürst an, dass jeder Bergbautreibender quartalsmäßig Abrechnungs- bzw. Ausbeutebögen beim Bergamt über die Tätigkeiten und wirtschaftlichen Verhältnisse der jeweiligen Grube abzugeben hatte. Kontrolliert wurden diese Schriftstücke durch die Berggeschworenen, welche immer einen Schriftsatz zu Kontrolle im Amt aufbewahrten. Diese Schriftstücke wurden als Zechenregister bezeichnet und hatten eine Größe von 32 cm x 10 cm und umfassten mehrere handschriftliche Seiten auf denen, wenn vorhanden, die Kuxbesitzer mit ihren Anteilen, die wöchentlichen Ausgaben und Einnahmen, das Ausbringen, die Zubußzahlungen, die Gesamtabrechnung, das Inventar sowie ein Grubenbericht über die ausgeführten Arbeiten enthalten sind. Mit diesen Zechenregistern ist es heute möglich, die Historie und Ergebnisse einer jeden Grube fast lückenlos nachzuvollziehen, vorausgesetzt die Register sind lückenlos vorhanden, was aber nur selten in Einzelfällen bekannt ist. Das Führen solcher Zechenregister war aber mit den Kenntnissen in Lesen, Schreiben und Rechnen verbunden, das zu dieser Zeit eher eine Ausnahmeerscheinung war. Deshalb setzte sich die bergamtlich verordnete Buchführung erst recht langsam durch. Erst mit der Verbreitung jener Kenntnisse war die Buchführung nach den Vorgaben des Amtes umsetzbar und erklärt, warum heutzutage nur wenige schriftliche Belege aus dieser Zeit im Bergarchiv Freiberg vorhanden sind.
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Für das Gersdorfer
Berggebiet ist bekannt, dass es für die Zeit des ausgehenden
16. Jahrhunderts etwa ein Dutzend einzelne Grubenbetriebe gegeben hat.
Hier muss man noch hinweisen, dass jeder aufgeführte Bergbauumgang, egal
ob Maaß, Fundgrube oder Stolln als Einzelbetrieb betrachtet werden sollte.
Denn nach Verleihung der Fundgrube konnten weitere Bergbauinteressierte
den weiteren bekannten Gangverlauf mittels Maaße, wie auch Stolln in
Verleihung nehmen. Der Lehnträger konnte dabei der Betreiber der schon im
Bergbuch eingetragenen Fundgrube sein oder auch andere neue Interessierte,
wie auch eine Gesellschaft / Gewerkschaft, die durch das „Berggeschrei“
angelockt wurden. Jede Verleihung wurde im Bergbelehnungsbuch einzeln mit
dem Namen des Lehnträgers aufgeführt, sofern die Gebühren entrichtet
wurden, war alles rechtskräftig.
Zumindest namentlich bekannt sind aus dieser Zeit:
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Erster bekannter Grubenriß der Grube Segen Gottes Erbstolln zu Gersdorf von 1693/1695: „Grundriß des Adam-Stolln“ Quelle: Kopie aus Johann Berger „Freiberga Subterranea cum Ditionibis Exteris eo pertinentibus metalli feris“ ,1693; Bestand 40040, Nr. G5003 / G5005
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Wiederaufnahme
des Bergbetriebes nach dem
Dreißigjährigen Krieg
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Nach dem 30jährigen Krieg
erfolgte unter dem damaligen Gutsherrn Adam Heinrich von Starschedel
(*1622 (oder 1626 ?); †8.7.1695 (oder 23.8.1695 ?) in Borna bei Oschatz) eine
erste Wiederinbetriebnahme der alten bekannten, aber brachliegenden Gruben und
er veranlasste die Wiederaufnahme des Bergbetriebes, da die damaligen Bergwerke
zum größten Teil durch schwedische Truppen, die um 1632/1634 nach Freiberg
zogen, zerstört wurden, womit der Gersdorfer Bergbau vollständig zum Erliegen
kam.
Zur Wiederaufnahme findet sich im zutreffenden Bergbelehnungsbuch folgende Eintragung: „Adam Heinrich von Starschedel 3. Juli 1680 Eine Fundgrube Ober und Unter Negste 2.3te Maaße vf einen stehenden Gange. Die S. Sophie genannt. Item Eine Fundgr. Ober- und Unter Negste 2.3te Maaße vf einen Morgengange. Die Edle Perle genannt. Ingleichen Einen Tieffen Erbstollen mit seiner Gerechtigkeit am Muldenberge. Der Adam Stolln, und noch Einen Erb Stollen mit seiner Gerechtigkeit an der Krebsbach gelegen. Der Vertrauen Gottes Stolln genannt. Alles vf Wohlermehlten Hrn. Von Starschedel Erbgutte gelegen, und dem Seegen Gottes Fundgr. Daselbsten Zu gutte. Anmerkung: + Eine Fundgr. Ober v Unter negster 2.3te Maas uf einen stehenden Gange. Die Sophia genannt u. Eine Fgr. Ober v Unter nexgste 2.3te Maas uf einen Morgengange. Die Edle berle genannt, hatt der SchichtM. H. Christoph Heinrich Kohler abschreiben u. ins freye fallen laßen, d. 28. Febr. 1683. J. C. Melis B:Schr.“ (40010, Nr. 4417) Der erste Schichtmeister nach dem 30jährigen Krieg war Christoph Heinrich Köhler. Dieser war auch Amtmann von Nossen. Er hatte sich bereits einige Jahre vor Adam Heinrich von Starschedel die Rechte an dem Bergwerk gesichert (vor 1680), aber dieses später wieder ins Freie fallen lassen. In einer Etzdorfer Kirchenturmknopfurkunde aus dem Jahre 1680 wird von einer Inangriffnahme des eingestellten Gersdorfer Bergwerkes berichtet (Knauth 1722): „In diesem Jahr hat Herr Christoph Heinrich Köhler Pachtsinhaber das so lange Bergwerk und zwar des himmlischen Heeres alte Fundgrube aufgenommen und mit einem andren Namen (Segen Gottes) benennet solche Fundgrube auch 26 ½ Lachter abteufen lassen…“ Weiter heißt es in dem Schreiben: „so hat man anfänglich den Stolln an der Krebsbach wieder säubern wollen auch allbereit Lachter davon aufgewältigt, indem aber alles verbrochen und viele große Pingen auf den Stolln niedergehend macht genommen worden, hat man die Arbeiter daselbst ab und an einer anderen der tiefsten, nunmehr Adam Stolln (so seinen Ausgang bei der sogenannten Henkerei an der Mulde) geleget, welcher 43 Lachter in etlichen Wochen gesäubert worden…“
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Für 1699 findet sich ein
weiterer Belehnungseintrag im Berglehnbuch des Bergamtes Freiberg über die
Belehnung des Christoph Heinrich Köhler mit der 4., 5. und 6. Maaß auf
dem Segen Gottes Spatgang:
„Hrn. Christoph Heinrich Köhlern 9. August 1699 Die obere 4.5.6. Maaß uf einen spaadgange. Der Seegen Gottes genannt. Den Seegen Gottes Findgr. Zu Gerßdorff Zu gutte. Eidem Eine Fundgr. V Ober Negste 2. v Unter Negster 2.3.4.5.6te Maas, uf einen Morgengange. Die Hülffe Gottes genannt. Zu Gerßdorff.“ Der Wiederbeginn nach dem großen Krieg stand unter keinem guten Vorzeichen. Betrug, Unterschlagung und Veruntreuung ließen nicht lange auf sich warten, was am Ende wiederum zu langjährigen Unterbrechungen im Grubenbetrieb führte. Jedoch wurden hier die Anfänge für ein später sehr bekanntes Bergwerk geleg t! Christoph Heinrich Köhler versuchte, die Wirrnisse der damaligen Zeit für sich zu nutzen, um über Manipulationen in den Privat- Besitz der Grube zu gelangen. Er brachte dann 82 Kuxe von 100 an sich und wollte Inhaber der Grube werden. In den Rest teilten sich 18 Besitzer. Durch verschiedene Manipulationen versuchte er auch, die restlichen Kux- Besitzer zur Abgabe ihrer Anteile zu zwingen und an sich bringen. Da sich darunter nun auch einige einflussreiche Beamte und Vertreter des Adels befanden, die sich das nicht unbedingt gefallen lassen wollten, ergaben sich alsbald Verdachtsmomente auf Unregelmäßigkeiten. Daraufhin setzte der Kurfürst Johann Georg III. (Reg. 1680 – 1691; *30.6.1647; †22.9.1691) eine Überprüfungskommission unter der Leitung des Bergdirektors Georg Rudolf von Lüttichau (*9.11.1621; †11.11.1703), Herr auf Schloss Stauchitz, ein. Da sich der Verdacht der Untreue bestätigte, wurde gegen Köhler Klage erhoben. Um nun einer Verurteilung im letzten Moment noch abzuwenden, zahlte er den festgestellten Fehlbetrag von 2.660 Talern, 1 Groschen, 1 Pfennig an das Oberbergamt zurück. „das man die Grube mit all ihren Bauen öffentlich zum Verkauf nutzschlag um ihn den förmlich geführten Prozeß zu erlassen“ (40001, Nr. 347) Die Akten berichten weiter, dass „vollzog und gedachte Köhler fol. 471 (Acte Nr. 2937) am 16 ten September 1699 die ganze Grube mit all ihren Zubehör und den darauf geleisteten Zuschuß gerichtlich übergab.“ abschließend: „Nach Beendigung dieser Arbeit (Absetzung Köhlers – Anm. d. A.) ist die Grube dann und wann in Betrieb gewesen, doch da ihre Gebäude unter Tage (...) wandelbar wurden, laut der Ausbeutebögen in Luciae 1719, dann ins freie gefallen. Maximum dieselben dann auch 23 Jahre lang gelegen bis endlich Anno 1732 zum 12ten März von neuem gemutet und aufgenommen wurde.“ Der Absetzung Köhlers folgten Jahrelange gerichtliche Auseinandersetzungen, in denen er ausstehende Lohnforderungen in Höhe von 864 Gulden 19 Groschen und 10 Pfennige sowie weitere Schadenersatzforderungen gegenüber der Gewerkschaft und dem Schichtmeister erhob, worüber er Klage einreichte. In einem nachfolgenden Vergleich ergab sich aufgrund der festgestellten Unregelmäßigkeiten in der Abrechnung und der Tatsache, dass sich Köhler selbst ohne Bestätigung durch das Bergamt als Schichtmeister eingesetzt und auch keine Vereidigung vor dem Oberberghauptmann Abraham von Schönberg abgelegt hatte, er also nicht berechtigt sei, die volle Bezahlung zu fordern, sondern ihm nur 366 Gulden 18 Groschen zustehen. Eine spätere Klage vor dem Appellationsgericht wurde abgewiesen, da die Handlungen von Köhler gegen die Bergordnung verstießen. Köhler ging daraufhin leer aus. 23 Jahre hat der Streit gedauert, über den Köhler letztlich verstarb und Betriebseinschränkungen, fast bis zum vollständigen Erliegen des Bergbetriebes, nach sich zogen. Erst nach einer Ausgleichszahlung durch den damaligen Besitzer des Rittergutes Kay von Rumohr (*1635; †22.6.1714 in Lichtenberg/Thüringen) von 16.000 Talern als Receßschuld auf das Berggebäude im Jahre 1709, konnte eine neue Gewerkschaft gegründet werden. (40174, Nr. 643) Als neuer Schichtmeister wurde Jonas Riedel, ein Kuxkränzler und Schichtmeister aus Freiberg eingesetzt, der ab 1708 auch Schichtmeister auf dem „Kaiser Heinrich Erbstolln“ in Roßwein war (40001, Nr. 344, 3582 und 346), aber der Bergbetrieb wollte noch nicht so richtig in Gang kommen.
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Erst durch die aktive
Einflussnahme von Johann Georg Reichsgraf von Einsiedel (*24.5.1692
Dresden; †17.1.1760 in Bayreuth) wurde der Bergbau gegen 1730/1732 wieder neu
aufgenommen. (40010, Nr. 4417; Bl. 115a) Die finanziellen Mittel wurden, neben
den Zubußen, die von den Gewerken kamen, zum Teil durch das Oberbergamt in
Freiberg als Darlehn vorgeschossen. Auch steuerliche Vergünstigungen, wie der
Erlass der „halben Land- und Tranksteuer“, die den anerkannten Bergstädten
zustanden und zur Förderung des Bergbaubetriebes eingesetzt werden sollten,
kamen zum Einsatz. Nach dem Ersuchen der Gersdorfer Bergleute nach der Befreiung
der „halben Land- und Tranksteuer“ wurde dies bewilligt. (20391, Nr. 1125)
1732 mutete ein Samuel Tachselt das Berggebäude und erhielt die Belehnung über das gesamte Bergwerk einschließlich der notwendigen Wasserrechte als Belehnung. Hier die Eintragung ins Berg-Belehnungsbuch des Bergamtes Freiberg über das Bergwerk in Gersdorf (40010, Nr. 4418, Bl. 308): „H. Samuel Tachselt 4. Juni 1732 H. Schichtmeister Samuel Tachselten von Berg Amts wegen verliehen das schon viele Jahre her weder durch Frist noch in Receß gehaltene, vielmehr im freyen gelegene Berggebäude Seegen Gottes Fundgrube zu Görsdorff gelegene, nehmlich Eine Fundgrube nebst ob. Negsten 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, und unter negsten 2, 3, Maß uf einen Spaad Gange. Der Seegen Gottes genannt. Einen tieffen Erbstollen dessen Mundloch an der Mulde der Adam genannt. Eine Fundgrube nebst ob. Negsten 2, 3, und untere negsten 2, 3, 4, Maaß auf einen Morgen Gange die Hülfe Gottes genannt. Ferner eine Poch- und Wäsch Stadt dazu die Wasser aus dem Wolfsthal ingl. Die Quelle so im Grunde by Roßwein befindl. Darauf zu gebrauchen. Iten Eine Schmiedestatt samt der gewöhnl. Schmiede Arbeit. Dieses alles auf dem Hochadel. Ritter Guthe zu Görsdorff gelegen. Ward gemuthet am 12. Marthy 1732. Frei Kux 1. Kux Berg-Knappschaft, 1 Kux Erbtheil, 2. Kuxe Gemeine Stadt“
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Für das Jahr 1738 finden wir
einen weiteren Eintrag in das Berg-Belehnungsbuch des Oberbergamtes Freiberg
über die Nutzung des Muldenwasser als Aufschlagwasser (40010, Nr. 4418, Blatt
207b):
„Anno Domini 1738, No: 12. Woche Reminiscere den 19. Marty habe ich Elias Stiebner Bergmeister bestätiget Herrn Samuel Tachselten die Wasser so aus dem Mulden Strohm, uff Kunst=Gezeug und Pochwerg zu gebrauchen, der Seegen Gottes Fundgrube zu Görßdorff gelegen, zum besten indoch aller Gerechtigkeit ohne Schaden.“ Damit war bei der Grube „Segen Gottes- Erbstollen“ die Grundvoraussetzung für den Einzug der kapitalistischen Produktionsweise gegeben. Die ökonomische Lage der Grube war um die Mitte bis Ende des 18. Jahrhunderts als „befriedigend“ einzuschätzen, so dass in der Konferenz in Gersdorf am 24. August 1784 über eine Erweiterung des Gersdorfer Bergbaus beraten wurde und die hier gefassten Beschlüsse wesentlich zur weiteren Entwicklung der Grube in den nächsten Jahrzehnten beitrugen. (20391, Nr. 1128, 1129) Die Silbererzgrube „Segen Gottes- Erbstollen“ blieb dann in den nächsten Jahren ohne nennenswerte Einschränkungen mit steigendem Erfolg in Betrieb und Ausbeute.
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Die Konferenz
von 1808
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Am 30. März 1808 kam
es zu der bedeutsamen und wegweisenden 2. Konferenz im Schloss von
Gersdorf, auf der über die weitere Entwicklung des Bergwerkes abgestimmt
wurde. An dieser Konferenz nahmen, neben der Grubenleitung, auch der Graf
von Einsiedel und der Berghauptmann des Oberbergamtes neben anderem
Beamten teil. Hier wurde die Meinung vertreten, dass die alten kleinen
Schächte, die den damaligen Produktionsbedingungen im Bergbau nicht mehr
entsprachen, nicht geeignet seien für eine tiefere Niederbringung. Auch
der Bruch des Puschschachtes (Pfingsten 1792) und der Bruch des
Neuschachtes, am 18. Februar 1808 unterhalb der ½ 2ten Gezeugstrecke,
verursachten eine Krise, die den Bergbau in Gersdorf in Frage stellte,
denn alle Schachtanlagen und Kunstgezeuge waren in einem sehr desolaten Zustand, und entsprachen auf keinen Fall den technischen Voraussetzungen für einen Bergbetrieb der damaligen Zeit. Man war deshalb der Meinung, dass nur ein moderner, im Quergestein abzusinkender Schacht dauerhaft Abhilfe schaffen könne. Letztlich war auch das Oberbergamt Freiberg am Fortgang des Bergbaues in Gersdorf interessiert, hatte es doch umfangreiche finanzielle Hilfen geleistet. Hinzu kam, dass man bei Untersuchungen des anstehenden Berges auf Gänge traf, die bisher noch nicht angefahren waren und eine hohe Ausbeute erwarten ließen. In den folgenden Jahren wurden auf der Basis dieser Konferenz weitere Baumaßnahmen durchgeführt, die die Modernisierung und Erweiterung der Grube betrafen. Es erfolgten weitreichende Investitionen und baulichen Veränderungen, die diese zu einer der größten und ertragreichsten Gruben im Freiberger Nordrevier machten, anderseits aber zu einer hohen Verschuldung der Grube führte, was sich später bitter rächen sollte. Insbesondere das Problem der komplizierten und kostenaufwendigen Wasserhaltung wurde in Angriff genommen, aber auch die Abbaumethoden und der Streckenausbau entsprechend den damaligen technischen Anforderungen im Bergbau wurden realisiert. Es erfolgte die Anlage neuer, moderner Schächte, wie dem Wolfgangschacht 1810, dem Josephschacht 1825, den Danielschacht 1864, sowie der Einbau von modernen Wasserhaltungs- und Fördermaschinen, wie die von Christian Friedrich Brendel konstruierte Wassersäulenmaschinen im Josephschacht und im Constantinschacht 1835 und 1864, sowie die Förder- Dampfmaschinen (40040, Nr. F2585) und eine von Friedrich Wilhelm Schwamkrug entwickelte Turbine zum Antrieb der Wasserhaltungsgestänge auf dem Wolfgangschacht (Wagenbreth 1968). Es erfolgten auch Verbesserungen bei den Anlagen der Erzwäsche, des Transportwesens, usw. Die Gelder hierfür streckte wiederum zum größten Teil das Oberbergamt vor, aber auch die Grube selbst und die Kux-Besitzer wurden mit herangezogen, was auf der Basis der wirtschaftlichen Funktionsweise der Kuxe möglich war. Diese Maßnahmen ermöglichten nun alte und verbrochene, abgesoffene Tiefbaue wieder aufzugewältigen sowie neue ertragreiche Abbaue relativ problemlos anzuschlagen. Der Ertrag der Grube stieg vor allem in den 1830er bis 1870er Jahren sprunghaft an. War das Bergwerk 1863 mit 337 Mann belegt, so stieg die Belegschaftsstärke in den folgenden Jahren bis zu 350 Bergleuten an.
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„Ansichten der auf der Grube Segen Gottes Erbstolln eingebauten Wassersäulenmaschine, 31. Dezember 1844“. Es handelt sich dabei um die von Brendel 1831 gebaute Maschine. Quelle: Sächsisches Staatsarchiv, Bergarchiv Freiberg, Bestand 40044 (Generalrisse), Nr. 1-K20034 Digitalisat: archiv.sachsen.de
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Die Interessen
der Grundbesitzer
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Rechtliche Interessen
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Da den Bergleuten „von
alters her“ besondere Rechte und Freiheiten zustanden, kam es immer wieder
zu Auseinandersetzungen mit den Grundherrn, die die Bergleute unter ihre
Patrimonialgerechtigkeit bringen und zumindest um einen Teil ihrer
bergrechtlich zustehenden Rechte beschneiden wollten. Insbesondere im 19.
Jahrhundert, in der Zeit nach 1850, in der Zeit der aufbegehrenden
Bürgerschaft, kam es wiederholt zu Auseinandersetzungen zwischen den
Grundherrn und den Grubenbetrieben. Nicht selten entstanden Differenzen
mit dem Oberbergamt in Freiberg betreffs der Ausübung von Recht und
Polizeigewalt. Ab 1835 unterstanden die Bergleute nicht mehr der
Ortspolizei, sondern der neu geschaffenen Bergpolizei. Das stellte
natürlich einen Eingriff in die bis dahin übliche Rechtspflege dar, die
durch die Patronatsrechte der gutsherrlichen Polizeigewalt geregelt wurde.
Als zum Beispiel am 16. Juni 1846 ein Bergmann in der Grube Segen Gottes
Erb-stolln tödlich verunglückte, kam es in der Folge zu einigen
Auseinandersetzungen mit dem Oberbergamt in Freiberg über die
Verfahrensweise. Die Abschrift eines Briefes des Bergamtes an die
Gersdorfer Gerichte zu dem vorstehend genannten Unglücksfall gibt hierüber
einen kleinen Einblick.
Ursache des Schreibens war der tödliche Unfall des Bergmannes Emil Gottlieb Berthin aus Reinsberg am 16. Juni 1846. (40174, Nr. 678, Bd. 15, S. 22-65) Da es sich hier um einen nicht aus der Gemeinde stammenden Bergmann handelte, erfolgte durch den Obersteiger August Friedrich Jobst keine Meldung an den Etzdorf'er Pfarrer, sondern er veranlasste die Überführung der sterblichen Überreste direkt zum Heimatort des Bergmannes. Der Etzdorf'er Pfarrer, als zuständiger Geistlicher für Gersdorf, fühlte sich übergangen und beschwerte sich schriftlich beim Gersdorfer Gerichtsdirektor. Diese Beschwerde löste dann einige Kompetenz- Streitigkeiten zwischen Oberbergamt, der Bergpolizei, dem Grundherrschaftlichen Gericht und der Gersdorfer Ortspolizei aus, da die beiden letzteren sich übergangen fühlten und der Meinung waren, dass sie auch für die Bergleute zuständig seien und ihre Grund- und Gutsherrliche Rechte auch über den Bergbau ausüben wollten. (20391, Nr. 1134) Aus der Abschrift eines Schreibens des Bergamtes Freiberg bezüglich der Polizeipflege der Grube Segen Gottes Erbstolln zu Gersdorf vom 15. Juli 1846 geht hervor: „Die gräflich
Einsiedlerischen Gerichte zu Gut Gersdorf benachrichtigen wir hierdurch
dienstergebenst, daß wir auf das jenseitige Communikat vom 5ten dieses
Monats, durch die bei Segen Gottes Erbstollen vorkommenden tödlichen
Verunglückungen betreffend, die abschriftlich anliegende Verfügung an den
Obersteiger Jobst erlassen haben. Was dagegen die polizeiliche Aufsicht
und Lognition der ernannten Gerichte in Bezug auf den zu obesagten Grube
gehörigen Bereich anlangt, so erlauben wir uns diesselbst auf
aufmerksam zu machen, (…), daß unbeschadet der Conzernierung der Ortspolizei in solchen Angelegenheiten, welche keinen Verzug leiden, doch die Polizeipflege in den Gruben und über die Bergwerks Emblissariments auch ferner ausschließlich den Bergbehörden zustehen.“
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Aber auch Tanz- und
andere bergbaulich bedingte Veranstaltungen, die insbesondere sonnabends
bzw. sonntags erfolgten, erregten wiederholt den Unmut des Etzdorf'er
Pfarrers, der hierüber schriftlich in Beschwerde ging, da die Gersdorfer
Knappen nach einer solchen Veranstaltung am nächsten Tag, also am Sonntag,
nicht nach Etzdorf zum Morgen- Gottesdienst kamen. Er forderte diese auf,
solche Veranstaltungen an einen anderen Tag der Woche durchzuführen. Die Antwort vom Bergamt lautete: „An die gräfliche Einsiedlerische Gerichte zu Gersdorf Auf das Communicent der gräflichen Einsiedlerischen Gerichte zu Gersdorf vom 1ten dieses Monats haben wir die Vorsteher vom Segen Gottes Erbst. angewiesen bei dieser Grube die Bergpredigt und das damit verbundene Tanzvergnügen auf einen anderen Tag der Woche, als den Sonnabend zu verlegen, in diesen sowie in allen anderen Fällen über, wo Seiten der bei der Grube in Arbeit stehenden Mannschaft Tanzvergnügungen auf Grund und Boden beabsichtigt würden, welche den gedachten Gerichten zur alleinigen polizeilichen Aufsicht unterworfen sei, hierzu jedesmal deren Genehmigung zuvor einzuholen, wogegen zu dergleichen Festen, falls man selbige auf gangbaren Zechenhäusern oder auf desmalen im Bergwerksgebrauche befindlichen Räume abzuhalten beabsichtigte, jedoch diesfalls den Gerichten zu Gersdorf hiervon Anzeige zu erstatten sei, weil der Ortsverwaltung von jedem solchen Vergnügen eine Abgabe entrichtet werden muß. Im Übrigen haben wir gleichzeitig den Obersteiger Jopst auf Segen Gottes Erbstolln für Befolgung dieser polizeilichen Anordnung verbindlich gemacht...“
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Rechtliche Interessen
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Kux (Anteile am
Bergwerk)
Der Bergbau auf dem herrschaftlichen Grundbesitz war natürlich auch im Interesse der Grundbesitzer selbst. Obwohl diese keinen unmittelbaren Einfluss auf das bergbauliche Geschehen hatten, denn das oblag nach dem damals herrschenden Regalverordnungen und dem Direktionsprinzip der Lenkung und Leitung durch den Staat, sprich dem kurfürstlichen Landesherrn und den von ihm eingesetzten Bergbeamten in der Institution des Oberbergamtes (entsprechend Direktionsprinzip). Für den Grundbesitzer war es trotzdem eine lukrative Angelegenheit, zumal die Gersdorfer Grube zu den größten Berggebäuden außerhalb Freibergs zählte. Dem Eigentümer an Grund und Boden stand der sogenannte Freikux zu, auf dem keine Zubuße zu leisten war, aber bei einem Freiverbau der Grube entsprechende Ausbeute gezahlt wurde. Es stand ihm natürlich auch frei, weitere Kuxe zu kaufen. Laaszins Für die von den Gebäuden, Anlagen usw. belegte Fläche stand dem Grundbesitzer ein finanzieller Ausgleich zu, der damals als „Laaszins“ bezeichnet wurde. Laaszins ist ein heute nicht mehr gebräuchlicher Begriff. Grimms Deutsches Wörterbuch (1885) beschreibt den Laaszins als „censsus locationis“. Darunter verstand man einen Betrag, der für die Benutzung einer konkreten Fläche, unabhängig vom Flurstück, vierteljährlich entrichtet werden musste. Nach der Wirtschafttheorie ist es eine spezielle Form der Grundrente, die dem Grundeigentümer zufließt, ein auf dem Besitz von Grund und Boden basierendes Einkommen (Differentialrente), was nichts mit einer Pacht gemein hat. |
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Gegen Ende des 18.
Jahrhunderts kam es wiederholt zu Verzögerungen der Laaszinszahlungen an
die Grundherrschaft. Aus diesem Grund erfolgte 1796 ein Vergleich zwischen
dem Grundbesitzer Johann Friedrich Graf von Einsiedel (*18.12.1730,
Dresden; †21.6.1811, Reibersdorf)
mit der Grubenleitung,
in dem eine Stundung und Ratenzahlung festgelegt wurde (20391, Nr. 1130).
Auch mussten bei jeder Baumaßnahme und Erweiterung des Bergbaubetriebes
die Laaszins- Verpflichtungen neu geregelt werden.
Desweiteren entstand auch ein Vorteil daraus, dass Bergleute der Grube zu baulichen Arbeiten zum Vorteil des Rittergutes mit herangezogen wurden. Das ist zum Beispiel zu erkennen aus der Verhandlung vom 7.8.1858 zwischen dem Bergwerk „Segen Gottes Erbstollen“ und dem Grafen von Einsiedel zum Bau einer Röhrenfahrt zu Schloss und Rittergut Gersdorf durch Bergleute des genannten Bergwerkes, um die Trinkwasserversorgung sicher zu stellen. Der Graf verpflichtete sich vertraglich, die Hälfte der Kosten für den Bau zu übernehmen, den Rest sollte die Grube tragen (20391, Nr. 1088). Zu weiteren Auseinandersetzungen kam es z. B. 1866, als die Grubenverwaltung den Umbau des Scheidebankgebäudes zu Wohnzwecken veranlasste, was zu einem umfangreichen Briefverkehr führte. Abschrift eines Schreibens der Rittergutsverwaltung durch den Bevollmächtigten Gottlieb Müller an den Vorstand der Grube Segen Gottes Erbstolln (20391, Nr. 1135): „In meinem größten Bedauern habe ich wahrgenommen, daß die geehrte Grubenverwaltung der beabsichtigten Umbau des Scheidebankgebäudes zu Wohnungen ohne gehörige Anzeige und eingeholter Genehmigung des Grundbesitzers Herrn Kammerherrn Herrn Alexander Grafen von Einsiedel in Angriff genommen und dadurch den Unterzeichneten in die unangenehme Lager versetzt hat, die Rechte des Herrn Grafen von Einsiedel (…) daß ich gegen jeden weiteren Fortbau des fraglichen Gebäudes hierdurch protestiere. (…) zugleich die Hoffnung ausdrücke, die genannte Grubenverwaltung werde zu anderweitigen Maßnahmen, welche den Fortbau zur Folge haben würde, nicht Anlaß geben.“
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Von Bergleuten
und Bergmännern in Gersdorf
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Arbeitsverhältnisse
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Im Zusammenhang mit
der Lage der Bevölkerung müssen auch die im Gersdorfer Bergbau tätigen
Bergleute wie Hauer, Bergmaurer, Bergzimmerlinge, Bergschmiede und auch
Bergbeamte mit betrachtet werden, die in den verschiedenen Jahren der
Jahrhunderte in unterschiedlicher Zahl in Gersdorf arbeiteten, denn auch
sie waren in die allgemeinen Lebensverhältnisse ihrer Zeit eingebettet.
Wobei die Besonderheit darin bestand, dass die Gersdorfer Bergleute
ständig in ihrer Arbeit im Kontakt mit der Gutsherrschaft standen. Dabei
sollte man immer die jeweiligen gesellschaftlich- ökonomischen Bedingungen
in den Jahrhunderten berücksichtigen.
Da aus der Zeit des Beginns über das Leben der in Gersdorf tätigen Bergleute fast nichts bekannt ist, sind hierzu Vergleiche mit anderen sächsischen Bergsiedlungen heranzuziehen. Fest steht, dass es mehrere kleinere Eigenlöhnergruben gegeben hat, die zum Teil noch namentlich bekannt sind. Wie das Leben der Bergleute damals ausgesehen haben möge, ist sehr gut in der rekonstruierten mittelalterlichen Bergsiedlung Bleiberg auf dem Treppenhauer bei Sachsenburg/Frankenberg nachvollziehbar. Die Bergbausiedlungen bestanden damals aus dicht nebeneinander liegenden Zechen und Häusern. In der ersten Besiedelung entstanden bis zu zwei Metern eingetiefte Grubenhäuser, die später durch ebenerdige Häuser abgelöst wurden. Bei Grabungen (Schwabenicky, 1987 und 1991) gefundene Scherben und Schachtanlagen lassen diesen Schluss auch für Gersdorf zu. Die Häuser hatten Steinfundamente, waren ansonsten aber aus Holz gebaut. Schriftliche Unterlagen aus dieser Zeit gibt es keine.
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Ein Schachtkaue im Freilichtmuseum „Bergstadt Bleiberg“ in Sachsenburg, Stadt Frankenberg, als Beispiel für die Arbeits- und Lebensverhältnisse der mittelalterlichen Bergleute. Foto: Sammlung Bänsch
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Eingetieftes Grubenhaus als Beispiel der Wohnverhältnisse der mittelalterlichen Bergleute und ihrer Familien. Foto: Sammlung Bänsch
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Ab dem 30igjährigen
Krieg wurde der Grubenbetrieb in Gersdorf trotz vieler Schwankungen im
Ausbringen und durch Unglücke und Verbrüche bedingter notwendiger
Einschränkungen durchgehend bis zum 1. Juli 1885 aufrechterhalten. Seit
der Wiedereröffnung waren in der Gersdorfer Grube ausschließlich
Lohnarbeiter und Gedingearbeiter beschäftigt. Als Lohnarbeiter wurden
gezählt: Steiger, Doppelhäuer, Häuer, Lehrhäuer, Bergmaurer, Zimmerlinge,
Bergschmiede, Arbeiter in der Erzwäsche und in der Wasserkunst usw. Für
Hilfsarbeiten wurden oft Knechte für unter Tage und Tagelöhner für
übertägige Arbeiten bei Bedarf befristet eingestellt. Die höchste
Belegschaftsstärke im Segen Gottes Erbstolln bestand in den Jahren 1850
bis 1860 mit etwa 450 Bergleuten. Diese wohnten nicht in Gersdorf, sondern
kamen aus Roßwein und anderen umliegenden Ortschaften, in denen sie meist
auch noch kleine Wirtschaften als Gärtner und Häusler betrieben. Für die
von weither kommenden Bergleute konnten die Bewohner von Gersdorf und
Umgebung sich ein Zubrot mit der Aufnahme als Hausgenossen verdienen.
Grob kann für Gersdorf eine Einteilung in folgende Etappen getroffen werden: 1.Etappe Vom Beginn des Gersdorfer Bergbaus im 12. Jahrhundert bis etwa zum 30jährigen Krieg, 1618. Mit den Lebensbedingungen des Mittelalters und des Spätmittelalters, der Existenz überwiegend kleiner als Eigenlöhnergruben oder auch Eigenlöhnergesellschaften und von mehreren Familien gemeinschaftlich betriebenen Gruben geprägt. Schriftliche Belege diesbezüglich fehlen. Jedoch sind die archäologischen Grabungen und der daraus interpretierten Erkenntnisse Beleg für solch eine Aussage. (Schwabenicky et al.) 2.Etappe Mit Beginn der Wiederaufnahme des Gersdorfer Bergbaus nach dem Ende des 30jährigen Krieges bis zum Ende des 19. Jahrhunderts, der Betriebseinstellung des Gersdorfer Bergbaus. Entwicklung größerer Grubenbetriebe wie Segen Gottes Erbstolln. Kein Bergbau von Eigenlöhnern mehr zu verzeichnen. Der Bergmann ist nun reiner Lohnarbeiter und nicht mehr selbst Unternehmer. 3.Etappe Diese beinhaltet den Zusammenschluss mehrerer großer Grubenbetriebe zu einer Wirtschaftseinheit im ausgehenden 19. Jhd. zur Steigerung der Produktivität in der Zeit des Silberpreisverfalls, wie die Himmelfahrt Fundgrube in Freiberg oder die Grube Himmelsfürst in Brand-Erbisdorf. Dieser Punkt blieb in Gersdorf unerfüllt. Die Lagerstätte ist begrenzt und ließ eine weitere Ausdehnung des Betriebes einfach nicht zu.
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Die Privilegien der
Bergleute bestanden im Wesentlichen darin:
Wenn auch aus heutiger Sicht das Leben und die Arbeit der früheren Bergleute oft romantisiert werden, so war das Leben der Bergleute trotz der gewährten Privilegien alles andere als leicht. Ein ständiges Thema war unter anderem auch die Frage der mit dem Bergbau verbundenen Krankheiten. Bereits Georgius Agricola befasste sich mit den Erkrankungen der Bergleute, wie Schädigung an den Gliedern, insbesondere der Arme sowie der Atmungswege. Er erkannte, dass sich die feuchte Kälte in den Bergleuten auf die Muskeln auswirkt und im Alter zu steifen Gliedern führte. Auch der Gesteinsstaub war ein Problem, der zu Zersetzungen der Lungen führte. Vergleicht man die allgemeine Lebenserwartung der damaligen Zeit, zeigt sich, dass die durchschnittliche Lebenserwartung der Bergleute deutlich unter dem der übrigen Bevölkerung lag. Betrug die Lebenserwartung im 16./17. Jahrhundert durchschnittlich 35 Jahre, so wurde selten ein Bergmann älter als 25 Jahre. (Agricola 1556) Er schreibt unter anderem: „Das Wasser, da in manchen Schächten in großen Massen und recht kalt vorhanden ist, pflegt den Unterschenkel zu schaden, denn die Kälte ist ein Feind der Muskel. (…) die Trockenheit (…) denn der Staub, der bei der Grubenarbeit erzeugt und aufgewirbelt wird, gelangt in die Luftröhre und in die Lunge und erzeugt Atembeschwerden und ein Leiden, das die Griechen Asthma nennen. (…) bringt es die Lungen zum Eitern und erzeugt im Körper die Schwindsucht. (…) In Altenberg im Meißnischen findet sich schwarzer Hüttenrauch in den Gruben, der Wunden und Geschwüre bis auf die Knochen ausnagt.“ Bei dem schwarzen Hüttenrauch könnte es sich um eine arsenige Säure handeln, die sich beim Feuersetzen aus dem mit Zinnerz zusammen vorkommenden Arsenkies entwickelt und sich mit Ruß vermischt – Anm. d. A.
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Direktionsprinzip
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Seit dem 12.
Jahrhundert hatte sich in der königlich- sächsischen Bergverwaltung eine
komplexe Struktur mit eigenem Rechtssystem, eigener Berg-Polizei und
Berggerichten herausgebildet, der alle Bergleute unterstellt und
eingegliedert waren. Das entsprach der gesellschaftlichen Organisation im
Feudalismus, in dem jeder Mensch einer „Gruppe“ zugeordnet wurde. Also
konnten auch Bergleute nicht außerhalb dieses Systems stehen. Die
Entstehung und Entwicklung des „Bergstaates“ leitet sich endlich auch ab
vom Regalrecht an Erzmitteln und Rohstoffen des Landesherrn.
Das Bergrecht war damit im Mittelalter bzw. Renaissance die dritte Rechtsform, neben dem Patriomonialrecht und dem Stadtrecht. Seit dem Ende des 17. Jahrhunderts hatte sich im Bergbau die Organisationsform des Direktionsprinzips mit weitreichenden Folgen durchgesetzt, welches sich ebenfalls aus dem Regalrecht an Erzmitteln ableitete. Ein Vorteil bestand darin, dass die Bergarbeiter bei einer Schließung ihrer Grube auf andere Gruben des Gebietes „umgesetzt“ werden konnten. Damit wurde das längerfristige Bestehen der Gruben gegenüber dem kurzfristigen Profitbestreben der Grubenbesitzer durchgesetzt. Der Höhepunkt der Durchsetzung des Direktionsprinzips war Anfang des 19. Jahrhunderts mit der Einführung von Produktions- und Investitionsplänen für die einzelnen Gruben erreicht. So erfolgte 1817 unter dem Oberberghauptmann Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra (*5.4.1740; †16.7.1819) die Einführung abgestimmter Fünfjahrespläne für die Gruben des Freiberger Revieres durch Bergrat Johann Gottfried Freiherr von Herder (*25.8.1744; †18.12.1803). Die Kehrseite der
Privilegien der Bergarbeiter war unter anderem schweren Eingriffe in die
persönliche Freiheit und das Privatleben der Bergleute. Es wurde gefordert
„gutes Betragen“, „Leben und Wandel in Sittlichkeit“, „das Vermeiden des
Lasters der Trunkenheit“ usw., verboten waren auch Agitationen gegen den
Staat oder gegen die Vorgesetzten. Verstöße wurden sofort mit Lohnabzügen
bis hin zur sofortigen Entlassung bestraft. So wurden z. B. beim Bau des
Rothschönberger Stollens folgende Strafregister geführt
So wurde zum Beispiel im Sommer des Jahres 1728 der Steiger Johann Christian Gutwasser auf Kayser Heinrich Erbstolln zu Roßwein fristlos entlassen, nachdem er mit einem Musketier am Abend des 28. August beim Bier in Händel geraden war, welche letztlich sich zu einer körperlichen Rauferei entwickelte. Der Kompaniekapitän De Kolbe beschwerte sich am nächsten Tag schriftlich beim Bürgermeister, der dann die Entlassung veranlasste (Retaled 1928)
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Der Status der
Bergleute, die allgemein ein sehr hohes Ansehen genossen, bestand in einer
Mischung aus Privilegien und Disziplinierung, von staatlichen
Fürsorgeleistungen und Loyalitätserwartungen. Während Arbeiter in der sich
entwickelnden Industrie 12 Stunden und mehr, die Bauern von Sonnenaufgang
bis Sonnenuntergang arbeiten mussten, war für Bergleute eine
Tagesarbeitszeit von 8 Stunden festgeschrieben, wobei allerdings für
Bergleute die Verpflichtung bestand, eine Schicht im Monat ohne Bezahlung
zu arbeiten. Diese Schicht wurde meist sonnabends gefahren und zu
Aufräumungs- und Säuberungsarbeiten, sowie um die angesammelten „Berge“
auszufahren bzw. zum Nachreissen der Strosse, genutzt.
Für alle Wirtschaftszweige galt eine Wochenarbeitszeit von 6 Tagen. Urlaub oder andere Erholungszeiten, außer öffentlichen Feiertagen, gab es nicht. Auch eine Kranken- und Altersversorgung (Rente) gab es nicht, wobei die Bergleute, wenn sie in die Gnadengroschenkasse eingezahlt hatten, aus dieser eine sehr geringfügige Unterstützung erhalten konnten. Ansonsten musste bis zum Tod gearbeitet werden, und wenn dies nicht möglich war, war man auf die Hilfe der Angehörigen angewiesen oder man landete im Armen- oder Siechenhaus der Gemeinde. Auch gehörte Kinderarbeit zum alltäglichen Bild auf der Grube. Sie mussten spätestens ab dem 10. Lebensjahr zum Unterhalt der Familie beitragen, denn der Vater, damals der Alleinverdiener, konnte kaum den Familienunterhalt für die oftmals sehr kinderreichen Familien absichern. Eingesetzt wurden die Jungen als Klaubejungen oder als Scheidejungen an der Scheidebank, wo sie mit schweren Hämmern das Erz vom tauben Gestein trennen mussten, später auch als Huntestößer unter Tage. Hier arbeiteten auch alte oder Bergleute, die nach einem Unfall nicht mehr nach untertage einfahren konnten.
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Die Fürsorgepflicht
des Staates erstreckte sich auch auf die Sicherheit und den
Gesundheitsschutz der Bergleute. So wurde in Gersdorf etwa Anfang des 19.
Jahrhunderts ein Berghospital (Bergkrankenhaus) gebaut, welches mit einem
Arzt besetzt wurde. Der Arzt war Dr. med. Karl Friedrich Wilhelm Funke.
Er war aber nicht nur für die Bergleute, sondern für die gesamte
Einwohnerschaft von Gersdorf zuständig. Nach dem Niedergang des Bergbaues
in Gersdorf wurde es zu einem Gasthof umgebaut und nach 1989 dem
Pflegeheim der Diakonie zugeordnet.
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Ein wesentlicher
Vorteil, des Direktionsprinzips für die Bergleute, war die staatliche,
zentrale Festsetzung von Löhnen, die für alle im Bergbau Beschäftigten des
Landes Sachsen Gültigkeit in etwa hatte. Demgegenüber müssen natürlich die
Lebenshaltungskosten gesetzt werden, wobei damals mit etwa 70% des
Grundeinkommens für die Grundnahrungsmittel
aufgewendet werden mussten.
So betrugen die Ausgaben im Jahre 1850 zum Beispiel, für:
Hinzu kommt noch, dass der Bergmann für sein Werkzeug und Arbeitsbekleidung selbst aufkommen musste. Auch musste er den Talg oder Rüböl für sein Licht bezahlen und seinen Beitrag für die „Kasse“ entrichten. Wie er zu seiner Arbeit im Berg kam, war jedem selbst überlassen. Da es zur damaligen Zeit weder Fahrräder, Motorräder oder Autos usw. gab, waren vor und nach der Arbeit oft lange Fußmärsche über mehrere Kilometer notwendig, was besonders im Winter bei hohem Schnee sehr unangenehm und belastend werden konnte. Ab dem Ausgang des Spätmittelalters, etwa ab dem 16. Jahrhundert erfolgten immer wieder Bestrebungen, die Freiheiten der Bergleute zu beschränken. Eine Reihe von Streiks auf dem Freiberger Revier, in denen sich die Bergleute zur Wehr setzten, zeugen davon. Die zunehmende Klassendifferenzierung, die zunehmende Herausbildung von Kapitalgesellschaften (Gewerkschaften) einerseits und der Lohnarbeit andererseits führten zunehmend zu einer Verelendung der als Lohnarbeiter tätigen Bergarbeiter. Grundsätzlich galt für ihre Löhne die Feststellung von Karl Marx (1849), dass sie relativ unabhängig von der Ertragslage der Grube um das Existenzminimum schwankten und gerade zur Regenerierung ihrer Arbeitskraft ausreichten. Auf dem Lande, wie hier in Gersdorf, wurde die Schärfe der Klassendifferenzierung nicht so auffällig, da die hier wohnenden und arbeitenden Bergleute stark in den ländlichen Kontext eingebunden waren. Die meisten besaßen ein kleines Häuschen und, wenn auch geringfügigen Landbesitz mit Kleinviehhaltung. Sie galten daher in der dörflichen Gemeinschaft als Häusler und Gärtner und waren in der Lage die benötigten Lebensmittel selbst zu erzeugen. Damit sicherten sie ihre physische Existenz und der ihrer Familien, trotz niedriger Löhne, auch in Zubußzeiten, in denen die Gruben aufgrund ihrer wirtschaftlichen Lage keine bzw. nur eine eingeschränkte Vergütung zahlen konnten, was wiederum etwas zusätzliche Sicherheit und Selbstständigkeit verbürgte. Für die damaligen Verhältnisse stellte das sicherlich einen bescheidenen Wohlstand dar, aber keinen Reichtum. Der damalige bestehende soziale Status insgesamt hob die Bergleute gegenüber den abhängigen Bauern hervor, und von dieser ländlichen und oft auch konfessionellen Orientierung wird der Konservatismus der Bergleute abgeleitet, der dazu führte, dass sich die Masse der Bergleute im Knappschaftskorpsgeist konservativ und königstreu verhielt. Erst nach dem Erscheinen des Sächsischen Berggesetzes 1869 und dem Aufheben des Direktionsprinzips gingen auch alle seit dem Mittelalter bestehenden Privilegien verlustig und kapitalistische Marktwirtschaft wurde im Bergbau eingeführt. Der bisher bekannte Bergstaat löste sich aber nicht auf, sondern formierte sich nach den neuen Gesichtspunkten der Gesellschaft, was sich unter anderem auch darin äußerte, dass reiche Kaufleute sich in die Gruben einkauften und Eigentümer wurden. Der Staat hatte nur noch Inspektionsrechte.
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Dass sich jetzt der
Staat für die Sicherung der Lebens- und Arbeitsverhältnisse der Bergleute
nicht mehr für zuständig erklärte, hatte zur Folge, dass die ehemals
privilegierten Bergarbeiter und Bergknappen rechtlich endgültig zu
„freien Lohnarbeitern“ wurden, man spricht hier auch von einer
Proletarisierung der Bergleute. Sie gerieten in die finanzielle und
ökonomische Abhängigkeit der Unternehmer. Das wurde besonders deutlich im
Unterschied der Beschäftigung in den kleinen Gruben in Roßwein, in denen
vorerst die alte herkömmliche Produktionsweise weitergeführt wurde und der
mittelgroßen Bergwerksanlage z. B. von Gersdorf, in der die hier
beschäftigten Bergleute keine Anteile mehr an der Grube besaßen oder sich
solche hätten leisten können. Etwa um 1860 verlegte die Verwaltung der
Grube ihren Sitz von Gersdorf nach Siebenlehn und trennte damit die
Produktion endgültig von der Verwaltung. Der Bergbau in Sachsen wurde
fortan vom Kapital bestimmt und diktiert, was letztendlich unter anderem
zur Insolvenz des „Segen Gottes Erbstollns“ in Gersdorf 1885,
führte, die wahrscheinlich bei einer Beibehaltung des Direktionsprinzips
hätte vermieden werden können.
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Schicksalsjahre nach 1870
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Obwohl der Ertrag der
Grube „Segen Gottes Erbstolln“ sehr gut war, kam es immer wieder zu
finanziellen Problemen, die sich aus der hohen Verschuldung und den
auferlegten Rückzahlungsverpflichtungen ergaben. Trotzdem konnte sich die
Grube auch einige soziale Maßnahmen leisten, wie den Bau einer
Bergarbeiterunterkunft für ledige Bergleute, dem Umbau des Schachthauses
auf dem ehemaligen Neuschacht zu einer Wohnunterkunft, den Bau und den
Unterhalt eines Bergkrankenhauses (jetzt zum Wohnheim der Diakonie
gehörig) sowie regelmäßige Veranstaltungen, wie Tanzveranstaltungen oder
bergbau- und grubenbezogene Veranstaltungen, wie Bergaufzüge usw. Die
Verwaltung der Grube zog von Gersdorf nach Siebenlehn.
Ab Anfang der 1870iger Jahre begannen eine Reihe von unglücklichen Verkettungen. Es begann mit der Währungsumstellung in Deutschland um 1872/1873 von der bis dato üblichen Silberwährung auf Goldwährung. Bisher wurde der wirtschaftliche Ertrag nur durch steigende Betriebskosten gemindert, aber durch das Sinken des Silberpreises sanken auch die Einnahmen und der Freiberger Bergbau wurde unwirtschaftlich, obwohl man die Gruben des Freiberger Revieres, insbesondere auch Gersdorf, modernisierte und die Förderung auf eine bis dato nicht erreichte Höhe steigerte.
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Obwohl die Erträge bei
„Segen Gottes Erbstolln“ noch ansprechend waren, konnte die Grube in
diesen Jahren nur mit größten Schwierigkeiten die Kosten decken. Darüber
hinaus stellte sich alsbald aber auch eine Ertragsminderung ein, da man
nur noch taube Gänge antraf und keine erzführenden Gänge anschlagen
konnte, da die zunehmende Unrentabilität weitere großflächige
Untersuchungen nicht mehr zuließ und man feststellen musste, dass sich die
Erzgänge in der Tiefe am liegenden Granulit auflösten. Jetzt machten sich
die hohen Schulden und die damit verbundenen Verpflichtungen bemerkbar und
ließen der Grubenverwaltung kaum noch hinreichenden Handlungsraum.
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Ein nicht zu
unterschätzender Aspekt beim Niedergang der Grube waren die Veränderungen
nach dem 1. Berggesetz und die damit verbundene Abschaffung des
Direktionsprinzips. Bestand vorher die Möglichkeit, durch Zubuße vom
Staat, als auch Zubuße von den Gewerken, ausbringungsschwache Jahre zu
überbrücken, um die Weiterführung der Grube abzusichern, bis wieder ein
bergbaulicher Erfolg eintrat, so erfolgte jetzt der Grubenbetrieb nach
rein kapitalistisch- wirtschaftlichen Prinzipien. So musste ab 1874 eine
bedeutende Einschränkung der Belegschaft erfolgen, da die Kosten nicht
mehr aufgebracht werden konnten. 1885 ging die Grube in Konkurs, in die
noch 50 Jahre zuvor so viele Hoffnungen gesetzt wurden waren.
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Die noch verkaufbaren
Maschinen und Geräte wurden an andere noch existente Gruben verkauft, die
Schächte verwahrt. Die obertägigen Gebäude gingen in den Besitz des
Rittergutes über und wurden durch Versteigerungen zum Abriss verkauft.
Der Konkurs der Grube Segen Gottes Erbstolln kam ein Jahr zu früh. Er hätte vielleicht ein Jahr später abgewendet werden können, denn im Jahre 1886 kaufte der sächsische Staat wichtige größere Gruben des Freiberger Reviers zurück, in der Hoffnung, dass sich der Silberpreis wieder erholen würde bzw. die Rentabilität der Betriebe wieder hergestellt werden könnte und um eine soziale Katastrophe zu verhindern. Das hätte auch auf den Gersdorfer Bergbau zutreffen können, denn die erfolgte Modernisierung und der Ausbau der Grube Anfang bis Mitte des 19. Jahrhunderts war nur möglich geworden, indem der Staat die notwendigen Gelder zur Verfügung gestellt hatte. Bedingt aber durch den weiteren Verfall des Silberpreises sah man alle Planungen und Hoffnungen für das Freiberger Revier zunichte gemacht. So entschloss man sich im Jahre 1913 den Silberbergbau in Freiberg vorerst endgültig einzustellen, bis in Vorbereitung des II. Weltkrieges der Freiberger Bergbau in seinen größten Betrieben erneut aufgenommen und bis in die 1970er Jahre weiter betrieben wurde. Der Gersdorfer Bergbau, der einst eine große Bedeutung besaß, war schon fast vergessen, als sich im Jahre 1980 eine Gruppe Bergbauenthusiasten im Kulturbund zusammenfand, die alten noch verbliebenen Reste sichtete, als Denkmale sicherte und diese soweit wie möglich der Bevölkerung zugänglich machte. 1990 erfolgte die Gründung des Vereins unter der alten Bezeichnung und der wiedergefundenen Fahne „Segen Gottes Erbstolln e.V.“, der das Bergwerk als Denkmal und Vereinsbergwerk wieder aufwältigt. Heute weht die Flagge wieder in historischer Form neu hergerichtet über der Knappschaft des Gersdorfer Bergwerkes in das ehemals viel Hoffnung gesetzt wurden war.
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Schlussbetrachtung
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Heute ist Gersdorf ein
Ortsteil der Gemeinde Striegistal. Es ist ein modernes Dorf, oder besser:
eine moderne Siedlung mit schmucken Einfamilienhäusern. An die
Vergangenheit erinnern noch einige Ruinen sowie das ehemalige Herrenhaus,
welches von einer Kooperative e.V. bewohnt wird und saniert werden soll.
Das nebenan befindliche Gut, welches zuletzt von der Agrargenossenschaft
Grünlichtenberg e. G. bewirtschaftet wurde, ist von der Genossenschaft
aufgegeben, teilweise abgerissen worden und der Rest verfällt. Die letzte
Schweineproduktion, die immer wieder zu Auseinandersetzungen mit den
Anwohnern führte, ist an diesem Standort in den letzten Jahren ebenfalls
aufgegeben wurden und der architektonisch wertlose „moderne“ Stall, der
zumal noch vollkommen deplatziert ist, steht als Schandfleck leer, mitten
auf dem Hof des ehemaligen Rittergutes. Eine lange Geschichte eines Objektes, wie es das Rittergut Gersdorf darstellt, ist, wie es sich zeigt, keine Garantie für den Zukunftsbestand. Wenn schon das Gut als solches nicht erhalten werden konnte, so hoffen wir, dass das Herrenhaus/Schloss bald wieder in seinem alten Glanz entsteht. Sonst müssen wir das nächste Mal sagen „Es war einmal…“ Das ehemalige Bergkrankenhaus, war nach 1885 eine Gaststätte. Der letzte Wirt war Hans Lauenstein, aus Roßwein stammend, der nebenan noch eine Fleischerei betrieb. Seine Fleischgerichte, insbesondere seine Schnitzel waren legendär. Viele Roßweiner spazierten Mitte der 60iger Jahre des vorigen Jahrhunderts extra nach Gersdorf, um nach einem Rundgang durch den Wald mit seinen montangeschichtlichen Zeugnissen, im Waldgasthof Gersdorf im Sommer im Schatten des Biergartens, unter geschnittenen, weit ausladenden Kastanienbäumen ein zünftiges Fleischerschnitzel preiswert zu essen. Nach der Aufgabe der Gaststätte gab es verschiedene Projektpläne, das Gebäude als Ferienheim für den VEB Jugendmode in Roßwein umzubauen und den in der Nähe befindlichen Krebsteich als Badegewässer auszubauen. Das wurde jedoch abgelehnt und wäre aus Kostengründen sicher auch nicht zu realisieren gewesen. Auch das Fernsehen der DDR soll diesbezüglich Ambitionen gezeigt haben, aber auch daraus wurde nichts. So wurde das Gebäude als Wohnung genutzt und stand ab 1990 leer. Danach richtete die Diakonie ein Pflegeheim ein und nahm umfangreiche bauliche Veränderungen vor. Der säulengetragene, architektonisch wertvolle Eingangsbereich wurde glücklicherweise erhalten.
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Das Gersdorfer
Bergwerk „Segen Gottes Erbstolln“ gibt es noch, freilich nicht mehr
in Abbau stehend. Es wurde 100 Jahre nach der Stilllegung vom
gleichnamigen Verein ehrenamtlich als Vereins- und Besucherbergwerk wieder
eröffnet und zum Teil wieder aufgewältigt. Eine Besonderheit stellen die
beiden 1833 von Christian Friedrich Brendel (*1776, †1861),
Maschinendirektor, und 1864 von Carl Rudolph Bornemann (*1821,
†1897), Maschinenmeister, im Josephschacht, etwa 78 m untertage
eingebauten Wassersäulenmaschinen dar. Diese sind als eine heute
ausgestorbene Maschinengeneration nur hier am Originalstandort zu
besichtigen, natürlich nach Voranmeldung beim Verein Segen Gottes
Erbstolln Gersdorf e. V. Der Verein bietet auch die Möglichkeit, bei
einer Einfahrt die untertägigen Bauten auf der Sohle des Adamstollns
bis tief ins Revier zu besichtigen und dabei viel Interessantes über das
Bergwerk zu erfahren. Es stellt in seinem Gesamtumfang (über- und
untertage) ein bekanntes bergmännisches Denkmal dar, welches heute zum
UNESCO-Welterbe Montanregion Erzgebirge gehört.
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Erster Bergaufzug nach 110 Jahren in Gersdorf. Quelle: Sammlung Bänsch, Fotograf unbekannt
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Direkt an der Straße zum Rittergut lagen die historischen Schachtanlagen des Alten Kunst- und Treibeschachtes, links: alte Bergschmiede; Mitte: Huthaus mit Betstube, Gezähestube, rechts: Förderhaus über dem Schacht, früher befand sich hinter dem Haus die Göpel-Laufbahn für das Pferd. Quelle: Sammlung Bänsch
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Der Blick in den alten Kunst- und Treibeschacht während der Sanierungsarbeiten. Quelle: Sammlung Bänsch
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Gestaltung des heutigen Schachtzuganges im Treibehaus. Quelle: Sammlung Bänsch
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Mundloch der oberen Aufschlagrösche zum Josephschacht für das Aufschlagwasser der zweiten Wassersäulenmaschine. Quelle: Kaubisch, Oskar, 1927, Nr.: df_hauptkatalog_0010743
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Blick auf die Gestängetunnel. Quelle: Kaubisch, Oskar, 1927; Nr.:df_hauptkatalog_0010741
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Regelzylinder der von Bornemann 1863 gebauten Wassersäulenmaschine im Maschinenraum des Josephschachtes auf der Sohle des Adamstolln. Quelle: Sammlung Bänsch
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Weiterführende Quellen (Auszug)
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Hinweis: Die verwendeten Digitalisate des
Sächsischen Staatsarchives stehen unter einer Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz.
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Allgemeine Quellen
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