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Ein Beitrag von www.unbekannter-bergbau.de

  

Der Pferdegöpel auf dem Hohneujahr und Unverhofftglück Treibeschacht
zu Johanngeorgenstadt

Erstellt Dezember 2009, letzte Ergänzungen im März 2017.

Der Göpel auf dem Rudolph- Schacht in Lauta
Zur Geschichte der Neu Leipziger Glück Fundgrube

   


 
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Der jüngste der kursächsischen Bergamtsbezirke - im erst 1654 gegründeten Johanngeorgenstadt - hat natürlich viele Technische Denkmale zu bieten. Im "Glöck`l" zum Beispiel kann man einfahren oder oben in der Mittelstadt den einsamen Pulverturm besuchen. Lohnend ist aber auch ein Besuch am Pferdegöpel an der Schwefelwerkstraße: Nach dem Ende des Silber- und Kobalterzabbaus sollte dieser Göpel schon einmal zum Technischen Denkmal und zur Schauanlage für Besucher des Wintersportortes werden. Nach 1945 ist er - wie fast die gesamte Altstadt von Johanngeorgenstadt - jedoch zunächst dem Uranerzbergbau zum Opfer gefallen.

Das noch erhaltene, restaurierte und heute für touristische Zwecke genutzte Huthaus gehörte der Neu Leipziger Glück Gewerkschaft. Der Göpel selbst wurde ab 1796 ursprünglich auf dem Neu Leipziger Glück Treibeschacht errichtet, 1799 in Betrieb genommen und förderte aus reichlich 140 m Tiefe. Dort stand er auch bis 1945 noch; fiel dann aber dem Uranerzbergbau zum Opfer: Der Treibeschacht wurde von der damaligen SAG Wismut für die Uranerz- Erkundung und Gewinnung genutzt, erhielt die Nummer 42 und der einem wirtschaftlichen Betrieb im Wege stehende, alte Göpel wurde abgerissen.

Als erster seiner Art wurde der Göpel dann nach der Wende - allerdings nicht mehr am originalen Standort, denn dies war ja der benachbarte, rund 140 m tiefe Treibeschacht - auf dem gemeinsamen Tagesschacht von Unverhofft Glück & Hohneujahr 1992 bis 1993 wiedererrichtet und 1993 wieder für Besucher geöffnet. Auch dieser Tagesschacht ist tonnlägig im Fallen des Erzganges abgeteuft. Das heutige Gebäude der Göpelanlage wurde dabei nach erhalten gebliebenen Originalzeichnungen wiedererrichtet. Das Treibehaus mit dem Göpel ist reichlich 27 m lang, der - aufgrund der ziemlich witterungsexponierten Lage nahe des Erzgebirgskamms in fast 900 m über dem Meer - komplett überdachte, achteckige Rundlauf ist 13 m hoch. 

Göpelanlagen wurden überall dort errichtet, wo die Heranführung von Aufschlagwasser über Kunstgräben zu schwierig oder aufgrund der Höhenlage und Topographie ganz unmöglich war. Johanngeorgenstadt liegt fast am Kamm des Erzgebirges, hatte dieses Problem mehrfach und besaß deshalb einstmals gleich drei derartige Anlagen. Mit zwei PS ließ sich eine nicht unterbrochene Förderung auch über größere Tiefe eben viel günstiger realisieren, als mit mehreren Haspeln und etlichen Haspelknechten. Das war auch schon zu Agricola's Zeiten so und natürlich findet sich in "De Re Metallica" eine entsprechende Darstellung einer ganz ähnlichen Anlage. 

Inzwischen gibt es eine zweite, funktionstüchtige Göpelanlage auf dem Rudolph-Schacht in Lauta bei Marienberg.

  


Holzstich aus "De Re Metallica", Buch VI.  
  

 
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Das Funktionsprinzip war vor 500 Jahren dasselbe wie 1798 oder wie noch heute. Unser kleines Raumbild zeigt, wie es im Wesentlichen funktioniert hat: 

Im Mittelpunkt des zeltartigen Rundlaufes ist auf einem in den Boden gerammten Felsblock eine stehende Welle gelagert, die durch den Pferdeknecht und seine tierischen Helfer in Bewegung gesetzt wird. Obendrauf sitzen die Seilkörbe, auf denen die beiden Förderseile gegenläufig aufgetrommelt sind. Drehen sich die Seilkörbe, wird das eine auf-, das andere abgewickelt. Wie bei jedem modernen Förderturm  sitzen über dem Schachtstuhl zwei Seilscheiben, über die die Förderseile umgelenkt und in den Schacht geführt werden. 

Ist die eine Fördertonne oben, müssen die Pferde ein paar Schritte zurücktreten, damit sie einklinkt und ausgeleert werden kann. Dann wird das Gespann gedreht und es geht wieder in die andere Richtung im Kreis herum, bis die entleerte Fördertonne wieder unten und die andere oben auf der Hängebank angekommen ist. 

Interessant ist auch, daß die Wasserhebung aus dem ähnlich tiefen Brunnen der Augustusburg auf dem Schellenberg technisch fast exakt genauso, wie hier die Erzförderung realisiert wurde... 

  


Bergbaugebiet in Johanngeorgenstadt mit dem Göpel der Neu Leipziger Glück Fundgrube, gegen den Plattenberg gesehen. Blick von der Halde der Zeche Katharina, von Nordwesten, Foto: Paul Schulz, 1926; Bildquelle: Deutsche Fotothek.

http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/70002019

  


Johanngeorgenstadt, Göpel der Fundgrube Neu Leipziger Glück, Foto: Paul Schulz, 1924

http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/70003004

  


Johanngeorgenstadt, Göpel der Fundgrube Neu Leipziger Glück, Foto: Paul Schulz, 1924.

http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/70003005

 


Johanngeorgenstadt, Rundlauf des Pferdegöpels, Foto: M. Nowak, um 1930.

http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/70006317

 


Johanngeorgenstadt, Pferdegöpel, Foto: M. Nowak, um 1930.

http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/70006314

  


Johanngeorgenstadt, Seilscheibenstuhl über der Hängebank, Foto: M. Nowak, um 1930.

http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/70006315

 


 Das wichtigste Bauteil: Das Wellenlager. Hält es die Last der Welle nicht aus, bricht die gesamte Mechanik in sich zusammen. 
 

Auf dem schrägen Baum kann ein Pferdeknecht immer für ein paar Runden sitzen, seine Tiere dagegen laufen den ganzen Tag im Kreis herum. 
 

Die Seilkörbe oben auf der Welle. Zwei Balken dienen als Bremsanlage, so wie am Thurmhofer Wasserrad.  
 

Über diese kurze stehende Welle auf dem Balkenwerk des Treibehausdaches wird die Bremsanlage bedient.  
   

Auch die Seilscheiben wurden originalgetreu aus Holz gefertigt. 
  

Der Schachtstuhl: Ganz links das Fahrtentrum, rechts die beiden Fördertrümer. Ganz rechts ist die Tonne aufgezogen, eingeklinkt und ausgekippt. 
   

Irgendwo dort ganz unten im mittleren Trum hängt jetzt die andere Fördertonne. Die abgestufte Naturstein- Gewölbemauerung des Schachtes wird auch in den "Technischen Denkmalen des Bergbaus im Erzgebirge" von Wächtler & Wagenbreth hervorgehoben. 
 

 Nicht gerade bequem ist solch ein enges Fahrtentrum. Und gefährlich: Durchgehende Fahrten ohne Umtrittbühnen wurden später aus Sicherheitsgründen nicht mehr gebaut. Stürzte hier nämlich der oberste Mann von der Fahrt, riß er alle unter ihm steigenden mit sich...
 

Ganz analog ist auch der Pferdegöpel auf dem Rudolph-Schacht in Lauta bei Marienberg konstruiert, nur hat man hier auf die Verkleidung des Rundlaufs verzichtet. 

 

  

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