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Ein Beitrag von www.unbekannter-bergbau.de

Erstellt Januar 2015, letzte Aktualisierung Juli 2015.

  

 
 

Der Ferdinandschacht in Rothenfurth  
- Historisches -

  

Diese Schachtanlage entstand ab 1864 und sollte ein neuer Hauptschacht der fiskalischen Grube  „Churprinz Friedrich August Erbstolln“ zu Großschirma werden. Zur damaligen Zeit baute diese Grube mit einer durchschnittlichen Belegung von gut 142 Bergleuten vor Ort hauptsächlich auf der 4., 6. und 8. Gezeugstrecke des „Drei Prinzen Spates“. Dieser Spat bewies sich im der zu dieser Zeit angefahrenen Gangbereich mit Gneis, Quarz, Kalk- und Braunspat, mit einbrechendem Schwefel-, Leber- und Weißnickelkies, Zinkblende, Glas- und Rotgültigerz. Dabei bewegte sich der Abbau aber schon sehr weit vom damaligen Hauptschacht, dem „Schreiberschacht“ in Großschirma entfernt in Richtung Osten. Zur Verkürzung der Förderwege wie auch zur Wasserhaltung in den morgendlichen (östlichen) Abbauen war dringend ein neuer Schacht erforderlich.

  


Die Lage des Ferdinandschachtes in einer alten topografischen Karte.

  

Als Ansatzpunkt für den neuen Hauptschacht wurde im morgendlichen Grubenfeld gut 147 Lachter vom „Büttnerschacht“ entfernt, in unmittelbare Nähe des „Annastolln“, der auch diesen neuen Schacht tangieren sollte, der Ansatzpunkt gewählt. Noch 1864 wurde der „Ferdinandschacht“ gut 12,25 Lachter geteuft und mit einer provisorischen Kaue versehen worden.  

Der „Ferdinandschacht“ wird auch durch den „Treuen Sachsenstolln“ gut 38 Lachter unter der Rasensohle erreicht, war bis dahin verzimmert und wird auf diesem Niveau auf natürliche Weise vom Wasser gelöst.

Um 1870 wurde der Schacht mit einer Dampfmaschine für Förderung und Wasserhaltung ausgestattet. Es handelte sich dabei um eine kleine doppeltwirkende Expansionsdampfmaschine von gut 10 PS Leistung. Die Dampfmaschine trieb ein Kunstgestänge mit 6zölligen Sätzen und einen Förderhaspel über entsprechende Vorgelege an. 

Eigentlich genossen die weites gehend veralteten sogenannten Cornischen Dampfmaschinen den Vorzug im Freiberger Bergbau. Dieser neuere Maschinentyp zählte damals zu den modernsten und effektivsten Dampfmaschinen überhaupt und war den Cornischen Maschinen im Wirkungsgrad überlegen. Als Besonderheit bei dieser Maschine war die Dampfbeschickung über eine Leistungsregelung äußerst bemerkenswert. Die Dampfregelung reichte von 1/3 über 2/3 bis hin zur vollen Öffnung des Dampfspeiserohres hin zum Zylinder. Der liegende Zylinder maß 14 ¼ Zoll im Durchmesser. Dessen Kolbenstange trieb außerdem noch eine kleine Kesselwasserspeisepumpe an. Diese fasste ihr Wasser aus einem Bassin unter dem Treibehaus und speiste einen Wasserkasten im Kesselhaus. Das Bassin wiederum ist durch einen auf Niveau der Annastollnsohle am Kunstgestänge angebrachten kleinen Drucksatz, der seine Wasser aus einem Klärsumpf des benannten Stolln bezog, gespeist worden. Der Dampfkessel war als damals sehr moderner und effektiver Siederohrkessel von 2 Ellen Durchmesser und 15 Ellen Länge ausgeführt. Die zwei Siederohre maßen 12 Ellen in der Länge und 32 Zoll im Durchmesser. Die gesamte Dampfmaschinenanlage verursachte Kosten in Höhe von 2.800 Taler - aber noch ohne die erforderlichen Gebäude!  

Diese Maschine stand in einem dafür errichteten Maschinenhaus. Dieses war 38 Ellen lang, 23 ½ Ellen breit und 24 Ellen hoch und in Fachwerk mit Bruchsteinausfachung ausgeführt. An dessen einer Stirnseite schloss sich das Treibehaus mit dem Ferdinandschacht an. Dieses Gebäude war in den selben Maßen wie das Maschinenhaus ausgeführt und beherbergte einen Seilscheibenstuhl mit 2 gusseisernen 4 ¼ Ellen hohen Seilscheiben. Auf der anderen Stirnseite des Maschinenhauses schloss sich das Kesselhaus an. Jenes war 27 Ellen lang, 13 Ellen breit und 14 Ellen hoch. Es handelte sich dabei um mit Ziegeln ausgesetztes Bundwerk (Fachwerk). Ein 18 Ellen langer, 12 Ellen breiter und 10 Ellen hoher Kohlenlagerschuppen von gleicher Bauart gehörte ebenfalls mit zum Gebäudekomplex. Weiterhin erhielt das Kesselhaus noch einen 40 Ellen hohen Schornstein.  

  


Lage des Ferdinandschachtes im Grubenfeld von „Churprinz Friedrich August Erbstolln“.

  

1871 erreichten die Teufarbeiten des „Ferdinandschachtes“ das Niveau von 12 Lachter unter der Sohle des „Treuen Sachsenstolln“, welcher bei 82 m unter der damaligen Hängebank einkam. Hier wurde ein neues Füllort angelegt.

Ab 1874 erfolgte die Anlage eines neuen Stollnortes 56 m unter der Sohle des „Treuen Sachsenstolln“. Dieses in Richtung SW angeschlagene Ort ist ein Teil des zu dieser Zeit im Bau befindlichen Rothschönberger Stolln. Zwischen „Ferdinandschacht“ und dem Hauptschacht der Grube „Beihilfe“ in Halsbrücke fehlten noch 1720 m aufzufahrende Länge. Von beiden Gruben erfolgte die Auffahrung im Gegenortbetrieb. Als um 1876 der „Rothschönberger Stolln“ das 7. Lichtloch erreicht hatte, wurde die dort bisher für die Wasserhaltung gangbar gewesene Wassersäulenmaschine auf den „Ferdinandschacht“ umgesetzt. Für die Maschine wurdet ein größerer Maschinenraum im „Ferdinandschacht“ angelegt, ausgemauert und mit gemauerten Tragebögen für die Treibezylinder versehen. Die Wassersäulenmaschine trieb ein eisernes Kunstgezeuge mit  einem Drucksatz und 7 Saugsätzen bei einem Hub von 2,5 m (!) an. Die Maschine bestand weiterhin aus zwei Treibezylindern mit gemeinsamen Aus- und Eintragsrohr von gut 0,5 m lichter Weite und waren über einen Hauptsteuerzylinder in ihren Arbeitstakten geregelt. Das Aufschlagwasser lieferte der „Annastolln“ und brachte eine wirksame Wassersäule von fast 33 m ein. Das gehobene, wie auch das Treibewasser der Maschine sind auf den  „Treuen Sachsenstolln“ abgeschlagen worden. Zum Ausgleich der Gestängelast befand sich im Treibehaus des Schachtes ein Balancier von 9 m Länge mit einem entsprechenden Ausgleichsgewicht in einem dafür angelegten Raum unter der Treibehaussohle von 8 m Länge, 2 m Breite und 4 m Tiefe. Die Maschine erreichte bei voller Auslastung je Minute 4 Spiele – bei 2,5 m Hub (!) - und förderte vom „Rothschönberger Stolln“ eine Wassermenge von etwa 1.360 L/min bis auf den „Treuen Sachsenstolln“.

Ab 1883 ist der hauptsächlichste Grubenbetrieb bei „Churprinz Friedrich August Erbstolln“ vom abendlichen Grubenfeld wegen Verarmung der Erze in das morgendliche Feld im Bereich des „Ferdinandschachtes“ verlagert worden. Hierfür wurde die 5. Gezeugstrecke weiter nach Südwest verlängt und hat das hangende Trum vom „Ludwig Spat“ und den „Gott mit uns Spat“ angefahren. Die 4. Gezeugstrecke ist aufgrund hoher Wasserzugänge zwischen West- und Morgenfeld verspündet worden, um die Wassersäulenmaschine des „Ferdinandschachtes“ zu entlasten. Weiterhin wurdem verschiedene Durchschnittsschächte zur Bewetterung angelegt und Durchschläge in den Abbauen vorgenommen. Ebenso ist ein Ort auf der 7. Gezeugstrecke in Richtung „Schreiberschacht“ angeschlagen worden.

1886 erreichte der „Ferdinandschacht“ eine Teufe von 283 m und war damit einer der wichtigsten Schächte der Grube „Churprinz Friedrich August Erbstolln“. Denn nur hier war noch eine halbwegs rentable Erzgewinnung möglich. Deshalb ist dieser Schacht auch mit einem eisernen Seilscheibenstuhl und einer äußeren Blechverschalung zum Schutz des Treibehauses vor den Schachtwettern ausgerüstet, sowie auch auf Gestellförderung und Seilfahrt umgebaut worden. Um 1890 wurde die Dampfmaschinenanlage erneuert und ein neuer Flammrohrdampfkessel mit 50 m² Heizfläche von der Fa. Sulzberger & Co. aus Flöha aufgestellt und in Betrieb genommen.

Weiterhin kamen einige weitere technische Neuerungen auf diesem Schacht zum Einsatz. Da wären die Dampfbremse der Seilfahrt in Kopplung mit einer selbsttätigen Dampfabsperrvorrichtung und die von der Fa. F. A. Münzner aus Obergruna entwickelte und gebaute „Münznersche Fangvorrichtung“ für die Seilfahrtgestelle zu nennen. Außerdem ist im Schachtgebäude, eine Mannschaftsstube, eine Steigerstube und eine Obersteigerstube eingerichtet worden. Jene Räume wurden mit dem Abdampf der Dampfmaschinenanlage beheizt. Außerdem hat man nun die Gruben „Beihilfe“ im Halsbrücke und  „Churprinz Friedrich August Erbstolln“ in Großschirma aus Rentabilitätsgründen konsolodiert, um überhaupt noch Bestehen zu können.

Ab 1890 wurde auch die Wasserhaltung durch den Aufbau einer stärkeren Wassersäulenmaschine auf dem „Ferdinandschacht“ mit wirkungsvolleren Kunstsätzen modernisiert. Die Einbringung des „Rothschönberger Stolln“ hatte zu dieser Zeit schon eine Distanz von 760 m erreicht. Damit konnten die Churprinzer Kunstschächte zukünftig ebenfalls sehr stark entlastet werden. 1895 erreichte diese Auffahrung dann nach 786 m auch den Churprinzer Grubenteil. Weiterhin ist auf dieser Strecke der Wasserweg in gusseiserne halbelliptische Spundstücke von 370 mm Tiefe und 550 mm Weite gefasst worden, um ein Verfallen des Wassers in die Tiefbaue zu unterbinden.

1896 erreichte der „Ferdinandschacht“ die 9 ½ Gezeugstrecke bei über 300 m Teufe.

Doch sämtliche Modernisierungsmaßnahmen nützten nichts. Der starke Preisverfall bei Metallen und auch bei Silber als ehemaliges Währungsmetall führten 1900 zur endgültigen Betriebseinstellung der staatlichen Gruben, die schon im Fall von „Beihilfe-Churprinz“ für das Jahr 1887 beschlossen war. Im Rahmen der Betriebsstilllegung ist der „Ferdinandschacht“ mittels einem elliptischen Ziegelgewölbe etwa 16 m unter der Hängebank verwahrt worden. Es sollte auch ein Teil des Gebäudekomplexes abgetragen werden, was aber aus heutiger Sicht durch die Auswertung von Bildmaterial aus den 1930er Jahren in Frage gestellt wird. Sicher ist, das das Maschinenhaus noch bis 1954 existiert hat. 

  


Das Gelände des ehemaligen Ferdinandschachtes um 1954.

  

Ab 1926 wurden für die Bergbauregionen Sachsens diverse Untersuchungen zu vorhandenen Erzmitteln im Auftrag des Reichswirtschaftsministeriums und der Lagerstättenforschungsstelle angestellt, u. a. auch  für die Freiberger Gruben. Bis dahin unterstanden sämtliche bergbaulichen Hinterlassenschaften dem Sächsischen Finanzministerium und kosteten nur Geld. Außerdem war Deutschland seit dem Ende des 1.Weltkrieges durch die Versailler Verträge und den Verlust der Kolonien auf den Import von Rohstoffen angewiesen. Der Gedanke zur Wiederaufnahme von Bergbau, besonders des Erzbergbaus, lag also nicht in weiter Ferne. 1927 wurde zu diesem Thema der Ministerialrat Hirsch mit der Erarbeitung eines Gutachtens beauftragt. Jenes Gutachten ist auch unter dem Titel „Der Freiberger Erzbergbau und die Aussichten bei einer Wiederaufnahme“ im „Jahrbuch für das Berg- und Hüttenwesen in Sachsen“, 1927 im II. Teil veröffentlicht.  

Ab 1933 werden erste Gedanken des Sächsischen Finanzministeriums zur Wiederinbetriebnahme des Erzbergbaus in Sachsen umgesetzt. Zunächst wurde ein Ausschuss aus Fachleuten verschiedener Disziplinen zusammengestellt und mit der Erarbeitung von Vorschlägen und konkreten Umsetzungsplänen beauftragt. Jedoch lagen die Metallpreise für mitunter „kriegswichtige“ Metalle tief im Keller. Für Blei wurde die Tonne mit 200 RM berechnet und Silber kostete das Kilo nur 40 RM. Um halbwegs profitabel wirtschaften zu können, mussten also neue Aufbereitungstechnologien mit hohem Wirkungsgrad entwickelt werden. Auch fehlten inzwischen die Fachleute für den zukünftigen Bergbau.

Ab 1934 lagen dann konkrete Pläne für eine gezielte Wiederinbetriebnahme der Freiberger Gruben vor -  forciert durch die Wiederaufrüstungsbestrebungen des Dritten Reiches. Für das ehemalige „Beihilfe-Churprinzer Revier“ spielte der „Ferdinandschacht“ darin wieder eine wichtige Rolle. Die Vorarbeiten für eine Wiederaufnahme des Bergbaus im „Beihilfe-Churprinzer Revier“, nunmehr auch als „Halsbrücker Revier“ bezeichnet, begann im September 1935 mit 35 Arbeitskräften. Durch das Öffnen der Verspünden im „Beihilfer und Kurprinzer Querschlag“ am VII. Lichtloch wurden die über der Rothschönberger Stollnsohle gelegenen alten Grubenbaue zugänglich und wurden bis zum „Ferdinandschacht“ wieder fahrbar gemacht. Damit wurde der Zutritt zu folgenden Teilen der Lagerstätten frei:

  1. Samuel Spat (hangendes, mittleres und liegendes Trum),
  2. Halsbrücker Spat,
  3. Gott mit uns Spat,
  4. Ludwig Spat,
  5. Erfreulich Glück Spat,
  6. Papst Stehender,
  7. Michaelis Stehender.

Der „Ferdinandschacht“ wurde vorläufig aber nur bis zum Verwahrungsgewölbe 16 m unter der Rasensohle geöffnet und erst in den kommenden Jahren als Flucht- und Wetterschacht wieder nutzbar hergerichtet. Weiterhin wurde zum Betrieb einer Presslufthaspel und einiger Bohrhämmer ein fahrbarer Dieselkompressor aufgestellt. Ab 1937 nach Inbetriebnahme einer elektrischen Umspann- und Mittelspannungsschaltanlage, auch "Trafohaus" genannt, ist die Presslufterzeugung auf stationäre elektrische Kompressoren ausreichender Leistung umgeändert worden. Die Belegschacht der Grube „Halsbrücke“ lag zu dieser Zeit bei 77 Arbeitskräften.

  


Schachtanlage vom „Ferdinandschacht“ um 1937. Das neu errichtete Trafohaus steht hinter dem alten Dampfmaschinenhaus, welches wiederum als Maschinenhaus genutzt wurde und wohl noch gut erhalten war. (Foto: Karl August Reymann, Sammlung Klanthe Halsbrücke)
  

Das hölzerne Fördergerüst steht auf der Bruchstein-Schachtaufsattelung des früheren Treibehausgebäudes. Somit entsteht zwischen Rasensohle und Hängebank ein zusätzlicher Höhenunterschied von gut 6 m. Diese Sturzhöhe für eine Halde war für die „Alten“ vollkommen ausreichend. Das kleine Haus links im Bild ist das sogenannte „Wächterhaus“ der früheren Kunstanlagen des „Ferdinandschachtes“. (Foto: Karl August Reymann, Sammlung Klanthe Halsbrücke)

  


Zustand des Churprinz Ferdinand-Schachtes um 1938 mit verschaltem Fördergerüst.
   

Davor befand sich das in Holzbauweise errichtete Maschinenhaus.
  

Die Ansicht von der Seite.
  
Die parallel erfolgende Bemusterung der Lagerstätte erbrachte positive Ergebnisse, führte zur Gründung der neuen staatlichen Gewerkschaft „Halsbrücker Bergbau“ und der sukzessiven Wiederaufnahme von Aufwältigungs-, Vorrichtungs- und Gewinnungsarbeiten.

Bis Jahresende 1935 waren die beiden Schachtanlagen, „Johannesschacht“ und „Ferdinandschacht“ bis zur Rothschönberger Stollnsohle zugänglich gemacht und durchgebaut und im Hauptschacht, dem „Beihilfe Richtschacht“, weitere 24 m gesümpft. Außerdem waren die wichtigsten Verbindungsstrecken des großen Reviers aufgewältigt und fahrbar gemacht, ferner erfolgten schon umfangreiche Vorrichtungsarbeiten über und unter Tage.

1936 begann der Aufbau eines hölzernen Fördergerüstes und einer elektrischen Fördermaschinenanlage auf dem „Ferdinandschacht“, welche aber wesentlich kleiner als die des „Beihilfe Richtschachtes“ war. Diese Anlage war für 600 m Teufe, 750 kg Nutzlast bei einer Seilgeschwindigkeit von 4 m/s projektiert und war bis um 1954 in Betrieb.

  


Postkartenansicht der Schachtanlage um 1940. Die Aufnahme entstand von der gegenüberliegenden Talseite und zeigt im Vordergrund das Dach des noch heute vorhandenen Gebäudes der ehemaligen Rothenfurther Mühle. (Foto: Sammlung Beckert, Hohentanne)
 

Diese Aufnahme entstand wohl in den 1940er Jahren auf den unterhalb des Schachtes zum Dorf hin gelegenen Feld im Bereich eines von der Dorfstraße abzweigenden Weges. Wächterhaus und Fördergerüst sind aus dieser Perspektive nicht mehr sichtbar. (Foto: Sammlung Beckert, Hohentanne)

 

Der Halsbrücker Bergbau war ab 1940 der „Sachsenerz Bergwerksgesellschaft m. b. H.“ unterstellt und verfügte 1942 über 550 Arbeitskräfte und bis zum Ende des 2.Weltkrieges im Betrieb. Ab 1942 waren verstärkt sowjetische Kriegsgefangene und sogenannte „Ostarbeiter“ - zur Zwangsarbeit verschleppte Zivilisten – eingesetzt. Durch die in Halsbrücke komplett neu und nach neuester Technik errichtete Aufbereitung war es ab 1939 möglich, Jahresdurchsätze von nahezu 74.000 t Roherz zu Konzentraten zu verarbeiten. Diese erbrachten etwa 2.600 t Blei.

Ab 1945 erfolgte im Rahmen der Reparationsvereinbarungen mit der Sowjetunion der teilweise Abbau der Anlagen untertage und die Beschlagnahme der beweglichen Produktionsmittel. Lediglich eine dieselgetriebene Deutz-Grubenlok nahmen die Russen nicht mit und stellte für die Förderung der Grube „Beihilfe“ den Neuanfang dar. Die Wiederaufnahme des Bergbaus erfolgte auf allerhöchsten Befehl mittels der Verordnung Nr. 25 der SMAD (Sowjetische Militäradministration in Deutschland). Diese datiert auf den 04.06.1946 und beinhaltete die Wiederaufnahme der Roherzförderung in den Freiberger Gruben, einschließlich Halsbrücke.

Im Januar 1947 lief die Freiberger Aufbereitung im Probebetrieb und die Erzgewinnung begann wieder, freilich von großem Mangel und vielen Schwierigkeiten gekennzeichnet, langsam in Fahrt zu kommen. Im Laufe des Jahres 1948 wurden sämtliche Freiberger Gruben und auch Halsbrücke unter die Aufsicht der SAG Wismut gestellt. Grund war das Auffinden von Uran bei Lagerstättenuntersuchungen. Jedoch erwiesen sich die Gehalte für eine Förderung als viel zu gering.

Erst ab 1950 kam die Freiberger und Halsbrücker Bergwirtschaft wieder richtig in Betrieb. Gearbeitet und produziert wurde mit der Technik der 1930/40er Jahre. Eine Modernisierung ging erst stückweise und in kleinen Stücken voran.  

1954 wurden wichtige Modernisierungsarbeiten am „Ferdinandschacht“ abgeschlossen. Dieser hatte nun für den großen Halsbrücker Grubenkomplex der „Beihilfe“ eine besondere Bedeutung. Als neuer Hauptschacht sollte er die gesamte Bergeförderung übernehmen, da hier im Gegensatz zum „Beihilfe Richtschacht“ noch genügend Platz für eine Spitzkegelhalde mit Terrakonik-Aufzug vorhanden war. Außerdem sollte er als Seilfahrtschacht dienen und die wichtigen Materialtransporte für das hiesige Grubenfeld übernehmen. Dazu wurde der Ferdinandschacht mit an die 250 m Hauptsohle angeschlossen, erhielt eine vollkommen neue Fördereinrichtung inklusive Turm, Maschine, Fördermaschinenhaus und einen neuen großräumigen Sozialtrakt mit Kauen, Speiseraum und Büros. Um genügend Platz für die Neubauten zu haben, wurde das Fördergerüst um 90° gedreht aufgebaut und unterhalb der Schachtaufsattelung ein neues Maschinenhaus errichtet. Das bis dahin noch erhaltene und bis zur Inbetriebnahme der neuen Anlage 1954 genutzte alte Dampfmaschinenhaus ist leider abgerissen worden. Seine Aufgaben erfüllte der „Ferdinandschacht“ in dieser Ausstattung bis zur Betriebseinstellung des Freiberger Bergbaus 1969. Nach dem Ende des Bergbaus gehörte das gesamte Objekt „Ferdinandschacht“ zum „VEB Geologische Forschung und Erkundung Halle“. Hier wurden nicht nur Bohrkernkisten durch einige ehemalige Bergleute gefertigt, sondern auch Bohrkerne in großem Mengen aus den Erkundungsgebieten der DDR eingelagert worden.

  


Ansicht des Schachtkomplexes in den 1960er Jahren vom Kommunweg aus Richtung Rothenfurth. (Foto: Reinhold Klanthe, Sammlung Klanthe, Halsbrücke)
  

Der „Ferdinandschacht“ vom Feld oberhalb des linken Muldentalgehänges aus gesehen. Dabei lag der Standort des Fotografen einige Hundert Meter gegenüber des Dorfes, etwa am Dorfanfang in Richtung Halsbrücke. (Foto: Reinhold Klanthe, Sammlung Klanthe, Halsbrücke)

  

Heute – 2012/13 – finden wir am „Ferdinandschacht“ einen noch nahezu vollständig erhaltenen Schachtkomplex vor. Lediglich das stählerne Fördergerüst wurde bei der Betriebseinstellung demontiert und der Schacht verwahrt. Sämtliche Gebäude blieben erhalten und wurden weiter genutzt. Die mächtige, für den Freiberger Bergbau äußerst ungewöhnliche Spitzkegelhalde ist leider um 1987/88 abgetragen und deren Material für den Straßen- und Wegebau genutzt worden.

Heute ist das zentrale Bohrkernlager des „Sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie“ hier untergebracht. Der Erhaltungszustand des Komplexes ist momentan noch als „gut“ zu bezeichnen, doch wandelt sich dieser sichtbar mit Fortschreiten der Zeit weiter zu einem bedenklichen Zustand, da außer hinsichtlich der Einbruchsicherheit der Gebäude nichts Wesentliches am Erhaltungszustand durch das Amt getan oder verbessert wird.

  


Ansicht der Schachtanlage mit Wächterhaus und dahinter liegender Spitzkegelhalde mit Terrakonik-Aufzug in den 1960er Jahren. (Foto: Reinhold Klanthe, Sammlung Klanthe, Halsbrücke)
  

Ansicht des Ferdinandschachtes von der gegenüberliegenden Muldentalseite über den Rothenfurther Sportplatz hinweg, ebenfalls in den späten 1960er Jahren aufgenommen. (Foto: Reinhold Klanthe, Sammlung Klanthe, Halsbrücke)
 

Werkseingang zum Ferdinandschacht. Aufgenommen zwischen 1966 – 1970. Auf der Tafel zwischen den Fenstern steht: 

VEB
Bergbau- und Hüttenkombinat

Albert Funk“

Grube Halsbrücke

Ferdinand Schacht

(Foto: Sammlung Beckert, Hohentanne)
 


Teilansicht des Sozialkomplexes.  Aufgenommen zwischen 1966 und 1970. (Foto: Sammlung Beckert, Hohentanne)
  

Bergleute bei der Anfertigung von Bohrkernkisten. Aufgenommen zwischen 1966 und 1970. (Foto: Sammlung Beckert, Hohentanne)
  

Ansicht des Schachtes von der Werksstraße aus. Aufgenommen zwischen 1966 und 1970. Am Fördergerüst ist noch der beleuchtete „Rote Stern“ zu erkennen. Damals ein Symbol für die tiefe Verbundenheit zum „Bruderstaat“ Sowjetunion, im Volksmund auch als „Schnapsstern“ bezeichnet. Bei Planerfüllung leuchtete das Teil und es gab am Monatsende „Grubenschnaps“. (Foto: Sammlung Beckert, Hohentanne)
  

Fördermaschinenhaus und Schachthaus mit Fördergerüst. Davor die Mittelspannungsleitung zum Trafohaus. Aufgenommen zwischen 1966 und 1970. Im Hintergrund ist das alte Wächterhaus zu sehen. (Foto: Sammlung Beckert, Hohentanne)
 

Bau von Bohrkernkisten. Links im Bild Bergmann Heinz Beckert (†) aus Hohentanne. (Foto: Sammlung Beckert, Hohentanne)
  

Die Fördermaschinenanlage des Ferdinandschachtes. Hier mal ein Scan des originalen Bildes aus dem privaten Fotoalbum.  (Foto: Reinhold Klanthe, Sammlung Klanthe, Halsbrücke)
   

Die Hängebank des Ferdinandschachtes zu Betriebszeiten der Grube Halsbrücke, also in den 1950/60er Jahren. (Foto: Reinhold Klanthe, Sammlung Klanthe, Halsbrücke)
  

Magazinabbau auf dem Samuelspat auf der 5. Gezeugstrecke aus Zeiten der „Sachsenerz Bergwerksgesellschaft m. b. H.“, also damals schon abgeworfen. Das Bild entstand in den 1950/60er Jahren. (Foto: Reinhold Klanthe, Sammlung Klanthe, Halsbrücke)
  

Bei diesem Bild handelt es sich mit großer Sicherheit um die  Zentralrolle für die Bergeförderung auf dem „Ferdinandschacht“ auf der 250 m Sohle.  (Foto: Reinhold Klanthe, Sammlung Klanthe, Halsbrücke)

   

 

 

Der Ferdinandschacht in Rothenfurth  
- heute (2012/2013) Stadt Großschirma -

  

An dieser Stelle folgt eine kleine Bildergalerie zum heutigen Zustand des gesamten Schachtkomplexes. Bei Betriebsstilllegung der Schachtanlage „Ferdinandschacht“ wurden keine Gebäude abgerissen, da eine Nachnutzung des Geländes und eine Weiterbeschäftigung eines kleinen Teiles der Belegschaft für den neuen Betrieb geplant war. Der neue Nutzer, „VEB Geologische Forschung und Erkundung Halle“, war mit seiner Betriebsabteilung Süd nunmehr hier beherbergt. Lediglich das stählerne Fördergerüst, der Terrakonik-Aufzug zur Spitzkegelhalde und sämtliche bergbauliche Ausstattung wurden entfernt. Außerdem ist um 1987/88 die Spitzkegelhalde abgetragen worden.

Durch die neue Nutzung sind nur unwesentliche Veränderungen erfolgt. Der heutige Zustand entspricht demzufolge noch weitestgehend dem im Grubenstilllegungsjahr 1969 und stellt damit einen wertvollen Zeitzeugen der letzten Betriebsperiode des Freiberger Bergbaus dar. Es ist auch der letzte, nahezu vollständig erhaltene Schachtkomplex der Grube Halsbrücke!

Leider wird dieser Gebäudekomplex heute nur sehr stiefmütterlich in Sachen Erhaltung bedacht, da er weit außerhalb der durch den Bergbautourismus tangierten Areale des Freiberger Bergbaus liegt. Es ist auf jeden Fall einen Ausflug wert, dieses Gelände (zumindest von außen, weil Betriebsgelände) einmal im Original in Augenschein zu nehmen, vielleicht auch einmal als Herbstausflug mit dem schönen bunten Laub auf den Bäumen... 

  


Ansicht der Halde mit der Schachtanlage von der Dorfstraße aus.
  

Blick entlang der Straße zum Werkseingang...
  

...der wie hier im Bild von einer kleinen Pappelallee eingerahmt wird.
  

Der Werkseingang im Herbst 2012. Die Tafel neben der Eingangstür nennt den derzeitigen Eigentümer.
  

Also der Freistaat Sachsen.
  

Der in den 1940er Jahren angelegte Teil der Halde...
  

...aus Sicht vom unterhalb in Richtung des Dorfes liegenden Feldes.
  

Aus dem Standort der ehemaligen Spitzkegelhalde ist nunmehr der Platz für den Jugendclub der Großschirmaer Dorfjugend geworden.
 

Noch einmal der Standort der Spitzkegelhalde. Heute durch natürliche Sukzession und Wildwuchs geprägt.
 

Noch einmal von der anderen Seite die in den 1940er Jahren entstandene Halde des „Ferdinandschachtes“.
   

Selbst Schuppen und kleinere Gebäude aus der Betriebszeit der Grube sind noch heute erhalten...
  

...wie hier gut zu sehen.
  

Ansicht des Schachtkomplexes vom oberhalb liegenden Feld in Richtung SW.
  

Das Sozialgebäude vom selben Standort aus gesehen. Hier waren neben Büros und Speisesaal auch die Kauen und das „Duschkombinat“ untergebracht.
   

Das Sozialgebäude und ein Teil der Schachtanlage von der Rückseite des Geländes aus gesehen.
  

Dieser Bruchsteinsockel könnte noch zum Terrakonik-Aufzug der Spitzkegelhalde gehört haben.
  

Aus diesem Gebäude heraus war die Terrakonik-Aufzugsanlage angelegt.
  

Dieser alte Weg führte zwischen der Spitzkegelhalde und dem Schachtkomplex hindurch. Hier befand sich auch ein hinteres Werkstor.
  

Blick vom hinteren Eingang der Bergwerksanlage auf den Schachthof. Mittels einer überdachten Brücke waren die Schachtgebäude mit dem Sozialgebäude verbunden.
  

Gesamtansicht des Sozialgebäudes aus der Ferne...
 

...und von der Rückseite.
 

Blick vom Haupteingang auf den Schachthof.
  

Rechts im Bild das Trafohaus aus dem Jahr 1937 und links ein Teil des durch den VEB Bergbau- und Hüttenkombinat „Albert Funk“ Grube Halsbrücke neu errichtetes Schachthaus. Die Bruchsteinaufsattelung aus dem 19. Jahrhundert, worauf die alten Kessel-, Maschinen- und Treibehäuser standen, wurde gleich mit genutzt.
  

Das Trafohaus.
  

Hier eine kleine Besonderheit: Das Trafohaus schließt sich direkt an das alte Maschinenhaus des 19.Jahrhunderts an und ist sogar in den gesamten Gebäudekomplex bei späteren Erweiterungen mit eingebunden worden. Man erkennt dieses Gebäude am noch vorhandenen Fachwerk.
  

Ansicht des Fördermaschinenhause links unterhalb des Schachtgebäudes. Im Gegensatz zur Anlage der „Sachsenerz Bergwerksgesellschaft m. b. H.“ ist das neue Stahlförderüst durch das „BHK“ (VEB Bergbau- und Hüttenkombinat „Albert Funk“)  um 90° gedreht worden, um mehr Platz zu gewinnen.
 

Das alte Fördermaschinenhaus lag nunmehr unterhalb der alten Schachtaufsattelung aus dem 19.Jahrhundert.
 

Die Architektur ist typisch für die stalinistische Ära des Bauwesens in der DDR.
 

Schablonierte Inventarnummer aus den 1950/60er Jahren an der Wand des Fördermaschinenhauses.
  

Inventarschild aus Aluminium des „VEB Geologische Forschung und Erkundung Halle“ am selben Gebäude.
 

Ansicht der Auffahrt zum Schachtgebäude. Links im Bild das „Wächterhaus“ aus dem 19. Jahrhundert und rechts das Fördermaschinenhaus.
  

Selber Komplex noch einmal aus etwas anderer Perspektive.
  

Das Schachthaus mit Vordach. Hier stand das stählerne Fördergerüst – siehe dazu die historischen Aufnahmen im vorangegangenen Teil des Beitrages.
  

Selbes Gebäude noch einmal....
 

Der Zugang zur ehemaligen Hängebank ist unter dem Vordach verborgen.
  

Die Betonfundamente des Fördergerüstes sind ebenfalls noch erhalten und auch heute sichtbar.
 

Das Wächterhaus aus dem 19.Jahrhundert. Es beherbergte die Wohnung des „Kunstwächters“ und diente später als normales Wohnhaus.
  

Ansicht in Richtung des Schachthauses.
  

Sogar diese alten Schuppen aus der Betriebszeit der Grube sind noch heute erhalten.
 

Mit diesem Herbstbild beenden wir den Beitrag über den „Ferdinandschacht“ von Rothenfurth. Dieser wird natürlich auch seine Fortsetzung mit den untertägigen Verhältnissen in diesem Teil des früheren „Beihilfe-Churprinzer Grubenfeldes“ erfahren...

 

Den ersten Befahrungsbericht gibt es hier zu lesen...

Einen weiteren Befahrungsbericht gibt es jetzt hier zu lesen...