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Der Abraham-Gottlob-Werner-Bau und die mineralogischen und
lagerstättenkundlichen Sammlungen der Bergakademie Freiberg
Dieser Artikel ist online seit
Juli 2017, letzte Ergänzungen erfolgten
im Januar
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Es ist ja
unbestritten, daß die
![]() Aber offenbar ist auch hier nichts unwillkommen, was der „Vermarktung“ dieser Ausstellung zuträglich sein könnte. Das treibt neuerdings tolle Blüten: Wer bitte fährt denn in ein Museum (so es sich nicht gerade um die Sammlung des kriminaltechnischen Institutes handelt), um dort fiktive Mordfälle zu lösen? Liebe Ausstellungsmacher: Ihr hattet schon bessere Ideen, z. B. die Angebote zum Selber-Forschen für junge „Mineralinos“… Deshalb und auch, weil inzwischen die Gerüste am Gebäude gefallen sind, wollen wir nun auch einmal Teile der wissenschaftlichen Sammlungen der Bergakademie – auch da ist ja bei weitem nur ein kleiner Teil des gesamten Fundus in der Ausstellung zu sehen – in unseren Rubriken „Mineralisches“ und „Baudenkmale“ vorstellen.
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Während in der terra mineralia neben
Stufen aus den mineralogischen Sammlungen
der Bergakademie vorallem Schaustufen aus einer
der größten privaten Mineralsammlungen der Welt ausgestellt sind, wollen wir
unsere Leser mit diesem Beitrag gewissermaßen in die
„Unterrichtsmaterial-Sammlungen“ der (heute)
Technischen Universität Bergakademie Freiberg locken. Diese Sammlungen sind ganz
anders angeordnet und eher weniger attraktiv für Laien. Trotzdem haben
bis zur Eröffnung der terra mineralia
(und einige Zeit später dann auch der
![]() Doch zunächst ein kurzer Rückblick auf ihren Ursprung: Nach der Niederlage Sachsens im Siebenjährigen Krieg mit Preußen 1756-1763 hatte das Königreich wieder einmal Reparationen und Gebietsabtretungen zu verkraften. Als eine wesentliche wirtschaftliche Grundlage des Staatswesens galt es nun, auch den Bergbau und die Rohstoffproduktion wieder neu zu entwickeln, um dem verwüsteten und geplünderten Land durch wirtschaftlichen Wiederaufbau neue Impulse zu geben. In dieser Zeit gelang es gebildeten Kreisen des Adels, wie Generalbergkommissar Friedrich Anton von Heynitz, Bergrat Friedrich Wilhelm von Oppel und Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra, das wettinische Fürstenhaus von der Notwendigkeit einer wissenschaftlichen Herangehensweise und dem Erfordernis einer fundierten Ausbildung zu überzeugen. So schlug 1765 die Geburtsstunde der Bergakademie, als Prinz Xaver die Gründungsurkunde der Kurfürstlich-Sächsischen Bergakademie zu Freiberg unterzeichnete. Als vierter Sohn seines Vaters Friedrich August II. stand Xaver in der Erbfolge eigentlich weit zurück, gelangte jedoch nach dem Tod seines älteren Bruders Friedrich Christian als Vormund seines noch minderjährigen Neffen Friedrich August III. zusammen mit seiner Schwägerin von 1763 bis 1768 an die Regentschaft. In dieser Zeit führte er die aufklärerischen Reformen seines Bruders, zur Verschlankung des Hofstaates und zur Vereinfachung der Verwaltung nach dem Prinzip der Sparsamkeit, fort. Als Räumlichkeiten für die Vorlesungen stellte von Oppel zunächst sein eigenes Freiberger Haus mietweise zur Verfügung. 1788 bot die Witwe Juliane Sophie von Oppel das Gebäude in der heutigen Akademiestraße dem Landesherrn zum Kauf an (40001, TU-BAF 048); seit 1792 ist es dann tatsächlich im Besitz der Akademie. Noch heute befindet sich darin die zentrale Verwaltung der Universität. Im 4. Band des Neuen Bergmännischen Journals von 1816 haben wir einen Bericht über Entstehung, Geschichte und jetzige Verfassung der Bergakademie in Freyberg gefunden, worin es heißt: „Die eigentliche Errichtung ... fällt in den November 1765 … Die Vorlesungen nahmen übrigens zu Ostern 1766 wirklich ihren Anfang, und die ersten jungen Leute, welche sich dazu und zu Stipendien meldeten, waren der jetzige Ober-Berghauptmann von Trebra und der verstorbene Zehender zu Schneeberg, August Beyer... Seitdem hat dieses Institut seinen Zweck in vollem Maße erfüllt, indem nicht nur alle obere und niedere sächsische Berg- und Hüttenbeamten ihre wissenschaftliche Bildung dort erhalten haben, der sächsische Bergbau selbst durch wissenschaftlichere Behandlung ungemein viel gewonnen hat und gewissermaßen das Muster für allen übrigen Bergbau geworden ist, sondern auch sämmtliche Bergbau treibende Nationen Europens an dieser gemeinnützigen Anstalt Theil genommen haben, da ein großer und vielleicht der größte Theil der obern Bergbeamten in andern Ländern zu Freyberg gebildet worden ist.“
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Das wettinische Fürstenhaus ordnete die
Hochschule dem sächsischen Finanzministerium zu. Bis zum Ende des 1. Weltkrieges
wurde das Etat der Akademie durch das Finanzministerium beschlossen (10851,
02195 ff). Mit der eigentlichen Verwaltung war jedoch das Oberbergamt in
Freiberg beauftragt (vgl. 40001, TU-BAF 049 u. a.). Das Oberbergamt war die
technische Verwaltungs- und Polizeibehörde mit
bergrechtlicher und Bergwirtschafts-
Steuerungsfunktion. Dabei bediente es sich der Instrumente der
Rechnungskontrolle und des direkten Eingriffes in die Grubenverwaltung.
Im oben schon zitierten Bericht im Neuen Bergmännischen Journal von 1816 heißt es im Abschnitt Jetzige Verfassung der Bergakademie zu diesem Thema: „Die Direction der Akademie in höchster Instanz steht dem Geheimen Finanzcollegio, die specielle Aufsicht oder Curatel aber, nach dem Hauptplane 1766, dem jedesmaligen Ober-Berghauptmann, unter Concurrenz des Ober-Bergamts, zu. Nach einer schon vom damaligen General-Bergkommissar von Heynitz 1769 getroffenen Einrichtung mußte von Zeit zu Zeit... mit Zuziehung der akademischen Lehrer Conferenz und Berathschlagung über die Akademieangelegenheiten gehalten werden. Nach Ablauf eines jeden akademischen Lehrjahres legt das Ober-Bergamt dem Geheimen Finanzcollegio über das verflossene Lehrjahr Rechenschaft ab, und den Lehrplan für das neu angehende Lehrjahr zur Genehmigung vor... Zugleich wird die Vertheilung der Stipendien und Prämien regulirt, und die Aufnahme der angemeldeten neuen Zöglinge nach verschiedenen Classen genehmiget...“ Wie wir schon wissen, ging auch die Gründung der für die wissenschaftliche Ausbildung des bergmännischen Nachwuchses bedeutsamen Bergakademie Freiberg auf Vertreter des Oberbergamts (Bergrat von Oppel) zurück. Die Akademie war deshalb dem Oberbergamt direkt unterstellt. So entschied dieses auch darüber, daß 1775 Abraham Gottlob Werner zum Inspektor an die Bergakademie berufen wurde (40001, TU-BAF 083). Er lehrte über 40 Jahre in Freiberg und begründete den Ruf der Akademie wesentlich mit. Unter seinen Studenten finden sich zahlreiche bekannte Namen, von denen hier nur stellvertretend genannt seien:
Werner gilt als Begründer der wissenschaftlichen Mineralogie und bedeutendster Vertreter des „Neptunismus“. Bleibende Verdienste erwarb er sich besonders als Initiator der Geognostischen Landesuntersuchung in Sachsen. Für die Ausbildung seiner Studenten legte er die ersten, ausbildungsorientierten Sammlungen, wie etwa seine Kennzeichensammlung an. Im schon zweimal zitierten Bericht im Neuen Bergmännischen Journal von 1816 heißt es im Abschnitt Geschichte und weitere Ausbildung des Institutes über A. G. Werner: „Es ist bereits erwähnt, daß bey der Gründung der Akademie nur für die Markscheide- und Probirkunst, die metallurgische Chemie, die mathematischen Wissenschaften und für die Zeichenkunst eigentliche Lehrstellen fundirt wurden. Der Mineralogie, welche damals noch im Zustande der Kindheit war, wurde nur nebenbey gedacht, ...bis der 1775 ...zum Inspector ernannte Werner den Lehrstuhl bestieg, welcher im zehnten Lehrjahre der Akademie 1775/1776 das erste Collegium über die Mineralogie las, und sie durch seinen Scharfsinn und ausharrenden Fleiß zu dem hohen Range erhob, den sie jetzt unter den Naturwissenschaften hat.“ Nach Werner's Tod 1817 entschied das Oberbergamt auch über den Verkauf der Werner'schen naturhistorischen Sammlungen an die Bergakademie und die Anstellung eines speziellen Kustos für die Betreuung der Sammlungen (vgl. 40001, Nr. TU-BAF D/R und TU-BAF 523 sowie 10851, Nr. 02242). Der wissenschaftliche Nachlaß Abraham Gottlob Werner's wird heute im Institut für Mineralogie und im Institut für Geologie an der Technischen Universität Bergakademie Freiberg bewahrt, wo die Werner'schen Sammlungen bis heute Teil der dortigen Geowissenschaftlichen Sammlungen sind. Im wissenschaftlichen Altbestand der Universitätsbibliothek Freiberg sind auch Werner's handschriftlicher Nachlaß, u. a. sechs Briefbände, seine Privatbibliothek, seine Riß- und Kartensammlung sowie seine Münzsammlung aufbewahrt. Nach der Inkraftsetzung des Allgemeinen Berggesetztes für das Königreich Sachsen 1869 übernahm die Funktion des bisherigen Oberbergamtes das Landesbergamt (40024). Oberste Bergbehörde blieb aber das Finanzministerium (Ausführungsverordnung zum Allgemeinen Berggesetz vom 2. Dezember 1868). Das Landesbergamt erstellte Arbeitspläne und Aufgabenstellungen für die Studenten, sammelte die Berichte der Kurspraktikanten und führte statistische Erhebungen durch (40024, 6 ff). Erst ab 1915 gab es Bestrebungen innerhalb der sächsischen Ständeversammlung, auch die Bergakademie der Aufsicht des Ministeriums für Kultus zu unterstellen (10692, Nr. 16108).
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Da die früheren Kalender für den Bergmann,
später Jahrbücher für das Berg- und Hüttenwesen im Königreich Sachsen, ja „bey
der Königl. Bergacademie zu Freyberg“ herausgegeben wurden, finden sich von
der ersten Ausgabe im Jahre 1827 beginnend in den „Bergstatistischen
Nachrichten“ stets auch
Informationen „Die
Bergacademie zu Freyberg betreffend.“
Zwanzig Jahre später lobt man sich im Abschnitt der Ausgabe von 1850 schon sehr: B. Bergstatistische Nachrichten ... XXIII. Die Bergakademie zu Freiberg betreffend. Nachricht über den Besuch der Königl. Berg-Akademie zu Freiberg. „Auf der Königlichen Bergakademie zu Freiberg werden nicht allein alle Zweige der Bergwerkskunde mit den nöthigen Hilfswissenschaften gelehrt, sondern auch den Studirenden hinreichende Anweisungen und die günstigsten Gelegenheiten dargeboten, alle Arten praktischer Arbeiten selbst zu treiben, und berg- und hüttenmännische Ausführungen gründlich kennen zu lernen. Der Zutritt zu den Gruben- und Hütten-Werken ist nicht nur gestattet, sondern wird auch noch dadurch sehr erleichtert, daß diese größtentheils in der Nähe der Stadt liegen, auch auf ihnen fast in jedem Jahre größere Maschinenbaue und wichtigere Unternehmungen vorkommen, während in Entfernungen weniger Meilen von Freiberg wichtiger Steinkohlen- und Stockwerks-, sowie auch Steinbruchs-Bau betrieben wird. Nicht minder gewähren die bergakademischen Mineralien-, Modell- und andere Sammlungen, die chemischen Laboratorien, der mathematische und physikalische Apparat und eine bedeutende Bibliothek die zum Studium erforderlichen Hilfsmittel. Endlich ist durch drei Buchhandlungen, durch eine Mineralienniederlage, durch im Orte wohnhafte geschickte Mechaniker und sonst für die Befriedigung von wissenschaftlichen Bedürfnissen gesorgt. Das Studium auf dieser Anstalt, in Lehrcursen, welche zu Michaelis jeden Jahres anfangen und mit Ende des Monates Juli des nächsten Jahres geschlossen werden, erfolgt entweder auf Staatskosten oder auf eigene Kosten.“ Der letzte Hinweis war besonders wichtig. Bereits im Neuen Bergmännischen Journal von 1816 steht in dem schon genannten Bericht über Entstehung, Geschichte und jetzige Verfassung der Bergakademie in Freyberg dazu zu lesen: „Die eigentliche Errichtung ... fällt in den November 1765 … (und) besteht in ihren Grundzügen noch jetzt; denn von dem auf 1.200 Thaler bestimmten, aus der Freyberger Oberzehnden-Casse angewiesenen Fonds sollten 1) einige Dozenten, welche jungen Leuten, die sich den Bergwerks-Wissenschaften widmen wollten, den nöthigen Unterricht ...umsonst zu ertheilen hätten, besoldet... 2) einigen fähigen, jedoch mit sattsamen Vermögen nicht versehenen Subjecten, zur Beyhilfe in den Bergwerks-Studien, Stipendien... auf mehrere Jahre gereicht und endlich 3) die zum Unterricht unentbehrlichen Hilfsmittel an Modellen, Mineralien etc. nach und nach angeschafft werden... Zu ihrer Unterstützung erhalten die Stipendiaten Freygedinge und Stipendien von 10 bis 50 Thaler jährlich. Diejenigen, welche nach Beendigung ihrer Studien auf der Bergakademie noch eine Universität besuchen, genießen hier ebenfalls Stipendien von 20 bis 100 Thlr. jährlich; die übrigen, welche von der Bergakademie in die Bergamts-Reviere zurückkehren, bleiben, bis zu ihrer wirklichen Anstellung beym Bergbau, auch im Genusse von Stipendien und Freygedingen...“ Stipendiaten gab es also von Anfang an, wer jedoch nicht in diesen Genuß kam, für den folgte in der Ausgabe des Jahrbuches von 1850 auch eine Aufstellung der zu erwartenden Kosten: „…die Gelderfordernisse eines auf eigene Kosten Studirenden, so sind die hierbei zu berücksichtigenden wichtigsten Gegenstände folgende:
Rechnet man diese Zahlen zusammen, kommt man locker auf mehr als 500 Thaler an Studiengebühren und Nebenkosten pro Jahr – eine recht erkleckliche Summe, die sich weiß Gott nicht jeder leisten konnte.
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Im Jahre 1880 erfährt man dagegen nur recht kurz und bündig: „Die Bergakademie verfolgt das Ziel, in einem drei- bis vierjährigen Lehrgange eine möglichst vollständige Ausbildung in den berg- und hüttenmännischen Wissenschaften zu gewähren...“ Im Jahr 1913 findet man dann das dazumal geltende, komplette Statut der Hochschule abgedruckt. Der folgende Auszug wiederholt sich in den nachfolgenden Ausgaben immer wieder im betreffenden Abschnitt: „Die Königliche Bergakademie zu Freiberg ist eine technische Hochschule. Sie verfolgt das Ziel, den an ihr Studierenden in vierjährigem Lehrgange eine vollständige wissenschaftliche Ausbildung für den berg- und hüttenmännischen Beruf zu gewähren. Ausführliche Auskunft über ihre Einrichtung gibt die Satzung nebst zugehörigen Ausführungsbestimmungen, welche Druckschriften vom Sekretariat kostenlos bezogen werden können. Vor Beginn eines jeden Studienjahres erscheint das Programm, welches ebenfalls kostenlos abgegeben wird und einen kurzen Auszug aus der Satzung und den Ausführungsbestimmungen, ein Verzeichnis der an der Bergakademie wirkenden Professoren und Dozenten, des Verwaltungspersonals und der übrigen Angestellten, eine Zusammenstellung der Vorträge und Übungen nebst Übersicht des Inhalts derselben, sowie die Studien- und Stundenpläne für die einzelnen Fächer (Bergingenieur, Markscheider, Hütteningenieur, Eisenhütteningenieur) enthält…“ Hier erfährt man auch, welche spezifischen Ausbildungsgänge inzwischen angeboten werden. Bereits ab 1830 und noch bis 1919 (danach wurden es einfach zu viele) wurden in den Jahrbüchern die neu immatrikulierten Studenten namentlich aufgeführt. Diesen Verzeichnissen „der bey der Königlichen Bergacademie zu Freyberg auf das Lehrjahr 1829/30 aufgenommenen Academisten“ kann man eine Menge statistischer Informationen entnehmen, auch wenn man die originalen Matrikel der Bergakademie gerade nicht zur Hand hat... Wenn wir richtig zusammengezählt haben, wurden anno 1830 demnach 56 Studenten immatrikuliert, davon 40 aus den deutschen Ländern und darunter wiederum 32 aus Sachsen.Später führte man nicht mehr die neu aufgenommenen, sondern die insgesamt „auf der Königlichen Bergakademie zu Freiberg im Lehrjahr 1869/70 studirenden Akademisten“ auf. Das waren anno 1860 immerhin 145, davon 111 aus deutschen Ländern und unter diesen 59 Sachsen. Während des Deutsch-Französischen Krieges sank die Zahl ab, hatte aber schon 1880 den alten Stand erreicht und 1890 diesen überschritten. In den späteren Ausgaben brauchen wir nicht mehr selber addieren, sondern finden jeweils eine Zusammenstellung nach den Nationalitäten. Demnach waren im Jahr 1900 bereits 372 Studenten immatrikuliert, worunter wieder 56 aus Sachsen waren. Unter den ausländischen Studenten finden sich jetzt auch Angaben, wie „Afrika“ oder „Asien“. Die europäischen Nationen von Rußland bis Portugal und von Norwegen bis Griechenland waren ohnehin schon immer vertreten. Nach den Bürgerkriegen in Nord- und Südamerika hatten sich nun auch dort selbständige Staaten gebildet, die an der Ausbeutung der eigenen Rohstoffe interessiert waren und (weil die früheren Kolonialmächte ihre Fachleute oft abgezogen hatten) zahlreiche Studenten nach Freiberg schickten – allen voran übrigens neben Rußland die Vereinigten Staaten von Amerika. Aber man findet z. B. auch Holländer und „Ostindien“ vertreten und sogar Studenten aus Australien... Im Jahr der Grundsteinlegung des ersten Neubaus eines Institutsgebäudes für die jetzt ja bereits schon fast 150jährige Hochschule – 1912 – war die Zahl der Studierenden bereits auf 444 angewachsen. Unter diesen befanden sich wieder alles in allem 241 Deutsche und darunter 114 Sachsen. Gegenüber dem Jahr 1860 hatte sich also die Zahl der Studenten schon verdreifacht... Es wurde folglich allerhöchste Zeit, über neue Räumlichkeiten nachzudenken. Als das Institutsgebäude dann 1915 tatsächlich eröffnet wurde, tobte der 1. Weltkrieg. Dementsprechend war die Zahl der Studenten wieder drastisch gesunken; vor allem aus den Staaten der „Kriegsgegner“ Frankreich, Großbritannien und Rußland war verständlicherweise kaum noch ein Student vertreten. 1916 waren gerade einmal noch 194 Studenten immatrikuliert, von diesen die Mehrzahl (159) aus Deutschland, darunter 88 aus Sachsen. Auch diese Zahl stimmt aber so nicht, denn „von den deutschen Studierenden und Hörern befanden sich 132 beim Heere, 5 Studierende sind im Studienjahr 1915/16 auf dem Felde der Ehre gefallen.“ Von den 159 waren also gerade einmal noch 22 tatsächlich anwesend… Zum Glück fand auch dieser Krieg 1918 ein Ende. Bereits 1919 waren wieder 320 Studenten in Freiberg immatrikuliert (von denen sich noch immer „beim Heere 34 Studierende“ befanden) und im Studienjahr 1922/1923 war ihre Anzahl schon auf 685 angewachsen. In der Aufstellung der Nationen finden sich nun auch nach dem Weltkrieg neu entstandene Länder, wie die von der k. u. k. Monarchie unabhängig gewordene Tschechoslowakei, Ungarn, Jugoslawien; aber auch Estland, Armenien oder die Ukraine. Auch Rußland und die USA waren wieder vertreten, erstmals findet man nun auch einen Studenten aus Südafrika. Erst mit der Machtergreifung der Nazis sanken die Studentenzahlen erneut wieder ab. Wie man auf der Internetseite der Bergakademie (tu-freiberg.de) leicht herausfindet, studieren aktuell (2017) rund 4.600 Studenten, davon etwa ein Viertel aus dem Ausland, an sechs Fakultäten an der Bergakademie. Die Fakultät 3 ist darunter die für „Geowissenschaften, Geotechnik und Bergbau“.
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Das Bauwerk
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Waren bis zur zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts die vorhandenen Räumlichkeiten für die akademische Ausbildung noch
immer ausreichend, so führte schon die Industrialisierung ab 1830, verbunden mit dem
Aufschwung der Dampfkraft und der Kohleindustrie, besonders dann aber die Gründerzeit
nach 1870 zu einem raschen, erheblichen Anwachsen des Fachkräftebedarfes. Bisher hatte
man bereits einige Gebäude hinzu erworben, wie etwa die Laboratorien in der
Brennhausgasse oder das Gebäude in der Silbermannstraße. Nun aber war ein Neubau
nicht mehr zu umgehen.
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1907 begründete Prof. Dr. Richard Beck die Notwendigkeit des Neubaus eines geologisch-mineralogischen Instituts mit dem Raumbedarf für neue Labormethoden und Geräte sowie mit einer ihrer Bedeutung für Lehre und Forschung gerecht werdenden Unterbringung der geowissenschaftlichen Sammlungen. Auf Grundlage der Gebäudeplanung von Oberbergart Prof. Roch wurden vom Sächsischen Landtag schließlich im Jahr 1911 die Baukosten in Höhe von 682.000 Reichmark, davon allein 219.000 RM. für die Einrichtungen, bewilligt. Die Grundsteinlegung für diesen ersten wirklichen Neubau der Königlichen Bergakademie zu Freiberg erfolgte 1912 und zwar auf dem Grundstück des früheren Hackebeil'schen Hauses, das damals vom städtischen Rats- Bauhof genutzt und dem sächsischen Staat für diesen Zweck unentgeltlich überlassen worden ist.
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Fertig wurde das Gebäude drei Jahre später im Jahr 1915, zugleich 150 Jahre nach der Gründung der Akademie im Jahr 1765 und bereits mitten im 1. Weltkrieg. Als Herausgeber der Jahrbücher für das Berg-
und Hüttenwesen in Sachsen berichtete man selbstverständlich auch über die
feierliche Eröffnung (JB 1916).
Die Feier
des 150jährigen Bestehens „In dem Studienjahr 1915/16 vollendete sich ein Zeitraum von 150 Jahren, seitdem durch weitsichtige landesväterliche Fürsorge die Bergakademie zu Freiberg als älteste Bildungsstätte für technische Wissenschaften errichtet wurde. Dieser seltene
Zeitabschnitt konnte nicht unbemerkt vorüber gehen; es waren deshalb bereits
seit Jahren die Vorarbeiten zu den in Aussicht genommenen
Jubiläumsveranstaltungen eingeleitet worden. Durch den eingetretenen Weltkrieg
aber konnte von einer Ausführung der geplanten Veranstaltungen nicht mehr die
Rede sein, vielmehr kam man dahin überein, diese nur aus einem Festaktus und
mehreren geselligen Zusammenkünften der Festteilnehmer bestehen zu lassen. Am
28. und 29. Juli 1916 fanden diese Veranstaltungen statt; es waren inmitten
dieser schweren Zeit erhebende Tage und Stunden, beschienen von einer prächtigen
Julisonne… F e s t a k t u s . Reiche Tannengewinde verzierten die Schauseiten des Stammgebäudes, üppiges Grün das Innere der vom Feste berührten Räume. Kurz vor 11 Uhr war Se. Majestät der König*) im Sonderzug hier eingetroffen, am Bahnhof von den Herren des Kleinen Empfanges begrüßt. In Begleitung des Königs befanden sich die Herren Staatsminister Dr. von Seydewitz, General der Kav. Generaladjutant Freiherr von Müller, Kämmerer Generalleutnant z. D. von Criegern, Ministerialdirektor Geheimer Rat Dr. Wähle, Vizeoberstallmeister von Römer, Flügeladjutant Major Freiherr von Fritzsch. In Hofwagen wurde die Fahrt nach der Stadt angetreten, durch die im reichen Flaggenschmuck prangenden Straßen. Am Haupteingange des Akademiegebäudes empfingen die Herren Rektor Oberbergrat Prof. Galli und Prorektor Oberbergrat Prof. Dr. Kolbeck den König und geleiteten Se. Majestät nach der Aula, aus der Klänge eines vom städtischen Orchester gespielten Chorais entgegenschallten. Als dieser verklungen, nahm Se. Exzellenz der Herr Staats- und Finanzminister Dr. von Seydewitz das Wort: „… Nur ganz wenige aus der glänzenden Fülle von Persönlichkeiten, deren Namen noch heute die Wissenschaft mit hoher Achtung nennt, will ich in dieser der dankbaren Erinnerung gewidmeten Weihestunde herausgreifen: Altmeister Abraham Gottlob Werner begründete hier die Wissenschaft der heutigen Geologie, hier wirkte Lampadius, der Urheber der ersten Gasanstalt des Kontinents, hier lehrten Leuchten der Wissenschaft, wie Geliert, der Bruder des Dichters, von Charpentier, Breithaupt und aus neuerer Zeit Weisbach, Zeuner, Ledebur, Clemens Winkler und neben und mit ihnen viele andere, deren ehrendes Gedächtnis für immer mit der altehrwürdigen Bergakademie verknüpft ist. Andererseits darf die Hochschule auf eine lange Reihe von Männern zurückblicken, die hier ihre Ausbildung gefunden und den Ruhm ihrer ausgezeichneten Bildungsstätte durch ihre ganze Lebensarbeit in alle Lande hinausgetragen haben…“ Im Anschluß hieran hielt Se. Magnifizenz Herr Rektor Geheimer Bergrat Professor Galli die Festrede, in der er folgendes ausführte: „… Hinter uns liegen 150 Jahre Geistesarbeit und von dem Tage der Gründung durch Se. Königliche Hoheit Prinz Xaver, den Administrator des Kurfürstentums Sachsen, bis zum heutigen Tage konnte sich die Bergakademie Freiberg unter dem Schütze des Herrscherhauses Wettin zu segensreicher Tätigkeit entwickeln. Manche Umgestaltung hat die Bergakademie im Laufe der Zeiten, Dank der Fürsorge einer Hohen Staatsregierung, nach innen und außen erfahren, aber sie ist treu geblieben dem Platze, auf welchem sie einst Allerhöchste Einsicht und Entscheidung als erste technische Hochschule der Welt ins Leben gerufen hat. Unweit jener Stelle, an welche die Sage den ersten Silberfund zur Zeit Otto des Reichen verlegt, steht sie heute noch, und wird, wie wir freudig hoffen, auch fernerhin der alten Bergstadt Freiberg treu und erhalten bleiben. Ist auch der Silberreichtum unserer Berge zur Neige gegangen, so sind durch die weitausschauende Wirtschaftspolitik einer Hohen Staatsregierung dem Lande neue Hilfsquellen erschlossen und ein neuer Impuls ist dem Lehrbetrieb der Bergakademie gegeben worden. Mehr als bisher werden in Zukunft der Braunkohlen- und Kalibergbau, und damit im Zusammenhang stehend die maschinen- und elektrotechnische Ausbildung unserer Ingenieure Berücksichtigung finden und so sind es heute höhere Werte, welche die Jünger montanistischer Wissenschaften hier erschürfen…“ Die Feier schloß mit einem Dank des Rektors der Jubiläumsakademie und Musikvortrag des Stadtorchesters. Se. Majestät war sowohl zu Beginn wie am Ende der Feier durch stürmische Hochrufe begrüßt worden. Anschließend erfolgte sodann nach Rundgang Sr. Majestät durch die Nonnengasse, Promenade, Am Gymnasium nach der Brennhausgasse. Die Besichtigung des neuerbauten Instituts für Mineralogie und Geologie an dessen meisterhaft mit Steinhauerarbeiten geschmücktem Portal Se. Majestät durch den Referenten für Bausachen im Finanzministerium, Herrn Geh. Baurat Canzler, den Herren der Bauführung und den Leitern der Institute, den Herren Geheimen Bergräten Prof. Dr. Beck und Prof. Dr. Kolbeck empfangen und nach dem Hörsaal für Geologie geführt wurden…“ *) Se. Majestät der König war zugleich der letzte auf dem Thron des Königreichs Sachsen. Als solcher amtierte dazumal Friedrich August, III. und dankte 1919 ab.
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Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges
entwickelten sich nicht nur die Geowissenschaften weiter, auch die Anforderungen
der Rohstoffwirtschaft stiegen, einerseits bedingt durch den Bedarf für den
Wiederaufbau, andererseits durch Embargos während des „Kalten Kriegs“ und das
dadurch auch gar nicht zu vermeidende Autarkiestreben der DDR, stetig an. Auch die
Anzahl der Studenten wuchs in dieser Zeit schnell weiter an. In den 1950er
Jahren erfolgten daher zahlreiche Neubauten, etwa die Institutsgebäude in der Agricola- Straße, beiderseits der Leipziger sowie an der G.- Zeuner- Straße oder
das „Audi- Max“ und die Studentenwohnheime in der Winkler- Straße.
1954 wurde die frühere „Mineralienniederlage“ in das gegenüber des Wernerbaus befindliche, frühere Laborgebäude in der Brennhausgasse umgelagert. In den freigewordenen Räumen des Untergeschosses im Wernerbau fanden dadurch neue Laborräume Platz. 1957 zog das Geologische Institut endgültig aus dem Wernerbau aus und fand seinen neuen Standort im damals gerade fertiggestellten Humboldtbau in der Bernhard- von- Cotta- Straße. Den heute jedem Freiberger und auch jedem Studenten sehr bald geläufigen Namen Abraham- Gottlob- Werner- Bau erhielt das Gebäude des mineralogischen Instituts übrigens erst 1961. Bei immer neuen Änderungen von Funktion und Ausstattung der einzelnen Räume in den zurückliegenden Jahren erwies sich aber auch immer wieder, wie gut die Planungen anfangs des 20. Jahrhunderts gewesen sind, so daß das Gebäude immer wieder „anpassungsfähig“ geblieben und den Bedürfnissen der aktuellen Nutzung bis heute noch gewachsen ist.
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2011 bis 2016 wurde das Gebäude aufwendig saniert. Allein die Neueindeckung des Daches kostete fast 600.000,- Euro. Besonders aufwendig gestaltete sich aber der Innenausbau, bei dem Denkmalschutz und heutige Brandschutzbestimmungen in Übereinstimmung zu bringen waren: Um zu vermeiden, daß zusätzliche Treppenhäuser außen angesetzt werden müssen, um im Brandfall Fluchtwege zu schaffen, wurde der zentral im Gebäude gelegene Treppenraum zu einem „Sicherheitstreppenraum“ umgebaut. Das bedeutet, daß man jetzt im Fall eines Brandes das gesamte Treppenhaus unter Überdruck mit Frischluft versorgen kann, um ein sicheres Verlassen des Gebäudes zu gewährleisten. Dazu mußten u. a. sämtliche Fenster ausgetauscht und durch dicht schließende ersetzt werden. Allein für diese Sanierungsmaßnahmen stellte der Freistaat Sachsen weitere rund 2,7 Millionen Euro zur Verfügung (sib.sachsen.de). Im Jahr 2016 sind die Gerüste wieder gefallen und nun erstrahlt das Gebäude wieder in seinem alten Glanz. Am Tag des offenen Denkmals 2016 öffnete die Bergakademie das Haus für interessiertes Publikum (officesax.de). Selbst der amtierende Kustos war über den Ansturm überrascht: „…mit welchem großen Interesse die Besucher auch die Übungszimmer und Hörsäle sehen wollten. Besonders Interesse rief der Mikroskopie- Seminarraum bei den jüngsten Besuchern hervor, aber auch das Röntgenlabor“, berichtete Prof. Gerhard Heide. 2017 jährte sich nun zum 200. Male der Todestag des Namensgebers, Abraham Gottlob Werner. Es wird Zeit für uns, auch einmal wieder die geowissenschaftlichen Sammlungen und den Abraham- Gottlob- Werner- Bau zu besuchen...
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Nähert man sich dem Gebäude von weitem, erscheint es eher unauffällig und unspektakulär. Ein breiter, rechteckiger Grundriß, drei Etagen, deren oberste von den darunterliegenden durch einen umlaufenden Sims getrennt ist und alles wieder in einem hellen freundlichen Ton frisch verputzt. Obenauf sitzt ein gleichermaßen breites, schiefergedecktes Walmdach, das sich gut zwischen den umgebenden Gebäuden der Altstadt einfügt. Beiderseits des mittig an der der Brennhausgasse zugewandten Längsseite angeordneten Hauptportals sowie an den beiden Giebelseiten springt das Mauerwerk etwas vor und läuft oben in flachen Gauben aus, welche die Form des Walmdaches wiederholen. An diesen Stellen erhöht sich auch der First etwas und obenauf sitzen hier zwei quadratische Türmchen mit pyramidenförmigem Dach.
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Tatsächlich aber weist das Gebäude in seinem Inneren einige architektonische Besonderheiten auf. Obwohl es von außen aufgrund der Natursteinverblendung des Untergeschosses, der mit kleinen Applikationen geschmückten Fensterstürze im Erdgeschoß und dem schmuckvollen Portal aus Sandstein eher den Anschein des Jugendstils erweckt, gilt es als der erste Eisenbetonbau in Sachsen. Diese Bauweise ist heute allgemein verbreitet. Mittels Spannbeton werden gewaltige Brücken und Hochhäuser errichtet. Tatsächlich war es aber ausgerechnet ein Gärtner, Joseph Monier aus Saint Quentin bei Nimes, der 1867 ein Patent auf mit Drahtgewebe verstärkte Pflanzkübel aus Zementmörtel erhielt. Der Begriff „Monier-Eisen“ für den Bewehrungsstahl im Beton geht auf diesen findigen Mann zurück. In Deutschland erwarb 1884 zunächst Conrad Freytag die Monier´schen Patente für den süddeutschen Raum. Er hatte 1875 die Baustoffhandlung Freytag & Heidschuch oHG in Neustadt gegründet und wandte sich nun der Herstellung von Betonfertigteilen, insbesondere Betonrohren, zu. 1885 trat er die Vorkaufsrechte an den Patenten für den norddeutschen Raum an Gustav Adolf Wayss ab, der nun seinerseits in Berlin die G. A. Wayss & Cie. gründete, die spätere Beton- und Monierbau AG. Bei dem damals gerade in Bau befindlichen Reichstagsgebäude wurde die Stahlbetonbauweise vom preußischen Regierungsbaumeister Matthias Koenen erstmals für Decken und Gewölbe angewendet (wikipedia). Die Entscheidung für die dazumal noch hochmoderne Stahlbetonbauweise hatte man sich in Freiberg wohl auch genau überlegt, denn jeder, der schon mal ein paar Steine in der Hand hatte, weiß aus eigener Erfahrung, daß eine mineralogische Sammlung ein gewisses Gewicht besitzt. Hinzu kommt, daß man sich – der schlechten Lichtverhältnisse in den Gassen der Altstadt geschuldet – dafür entschieden hatte, die Sammlungsräume in das Obergeschoß zu verlegen. Deren gesamte Last liegt also unter dem Dachgeschoß! Schaut man dann sich die Sammlungsräume von innen an, sieht man außerdem, daß die Decke des Obergeschosses auf ihrer gesamten Breite – nur von wenigen Trägern überspannt, die auf je vier schlanken, quadratischen Pfeilern ruhen – freitragend ausgeführt wurde, um nämlich Platz zu schaffen und um das Licht der Fenster möglichst ungebrochen in den gesamten Raum hineinzulassen. Dies war der Nutzung der Sammlungen im Rahmen der studentischen Ausbildung sicher förderlich; es hat für uns Gäste in heutiger Zeit allerdings leider den Nachteil, daß die Lichtverhältnisse dem Fotografieren – ganz im Gegensatz zur „terra“ – äußerst unzuträglich sind.
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„In das e´wge Dunkel nieder
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„….Was er in dem Schacht
gewonnen,
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Geradeaus geht es durch dieses besonders historisierend geschmückte Portal in die petrologische Sammlung. Im Foyer befinden sich außerdem mehrere Vitrinen für wechselnde Sonderausstellungen.
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Zurzeit stehen hier ausgewählte Stücke aus der historischen Werner’schen Kennzeichen-Sammlung.
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In den Mittelvitrinen findet man gegenwärtig auch solche Porzellantäfelchen für den Farbvergleich und staunt, daß es nicht nur vom Grau fifty shades gibt...
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Sie wurden offenbar in Meißen hergestellt und tragen die blauen Schwerter auf der Rückseite.
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Schauen wir aber nun zuerst nach links in die systematische mineralogische Sammlung – wo sich im Übrigen auch die Kasse befindet – entrichten unseren Obolus (zur Zeit 2,50 Euro) und staunen zunächst einmal über die Größe des Raumes, die man dem Gebäude, von außen betrachtet, gar nicht zugetraut hätte. |
Dies sind die Vitrinen, die bei der Eröffnung des Wernerbaus 1916 ursprünglich hier im Wernerbau gestanden haben und die von der Firma ![]()
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Die Kämpfer, auf denen die Längsträger der Decke und die Türgewände aufliegen, sind mit den Wappen der Bergstädte geschmückt. Neben Annaberg finden sich im östlichen Ausstellungsraum Marienberg, Schneeberg, Altenberg, Ehrenfriedersdorf und Geyer, die beiden letzteren einander gegenüber unter dem Türsturz des Durchgangs in den angrenzenden Saal am Ostgiebel.
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Wir springen gleich einmal hinüber in die lagerstättenkundliche Sammlung auf der Westseite des Dachgeschosses und finden hier auch das Wappen der alten Bergstadt Freiberg, allerdings unterhalb des Wappens von…
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…Borna! War mir gar nicht bewußt, daß diese Stadt Bergrechte besessen hat – aber die Kohle hatte wohl zur Zeit der Errichtung dieses Gebäudes dem Erz schon den Rang abgelaufen… Außerdem findet man hier noch die Wappen von Schwarzenberg, Eibenstock, Johanngeorgenstadt und Zwickau.
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Bevor wir uns nun die eigentlichen Sammlungen
anschauen, seien auch dem Namensgeber des Gebäudes noch einige Zeilen gewidmet.
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Der Namensgeber:
Abraham Gottlob Werner
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Inzwischen hat es sich an der Bergakademie zu
einer Tradition entwickelt, daß auch die in jüngerer Zeit errichteten Gebäude
der Akademie-Institute heute fast alle einen Namen verdienstvoller, einst in
ihnen wirkender Lehrer tragen. Wer hätte es mehr verdient, daß heute das Gebäude
des Institutes für Mineralogie seinen Namen trägt, als der Begründer der
Mineralogie ?
Bereits zu Lebzeiten galt Abraham Gottlob Werner als Schöpfer eines neuen geologischen Weltbildes auf wissenschaftlicher Grundlage. Zu seinem 100. Todestag widmete die Bergakademie in ihrer Jahrbuch-Ausgabe von 1917 A. G. Werner eine fast 50seitige Publikation, in der der Geheime Bergrat und Professor der Bergakademie Richard Beck seine Verdienste auf´s umfassendste würdigte. Die staatliche Bergwirtschaftsstelle des Oberbergamtes gab zu diesem Anlaß sogar eine Gedenkmünze heraus (40028, Nr. 3-781). An den Kreuzteichen vor dem früheren Stadttor, direkt an der Wallstraße, über die heute die B 101 verläuft, steht ein Denkmal für Werner, entworfen von Eduard Heuchler.
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2017 betitelte die Freie Presse aus Anlaß
seines 200. Todestages einen Bericht über die Ausstellungen im fertig
rekonstruierten Werner- Bau mit „Werner´s Wende“ und sprach damit
den durch ihn maßgeblich mitbestimmten Wandel der geologischen
Wissenschaften von der empirischen Beschreibung früherer Zeiten zu exakten
physikalischen und chemischen Analysen an.
Wer war dieser Mann ? Abraham Gottlob Werner wurde am 25. September 1749 im oberlausitzischen Wehrau (Osieszniza) an der Queiß (Kwisa) als Sohn des Gräflich- Solms‘schen Eisenhüttenwerks- Inspektors zu Wehrau und Lorenzdorf, Abraham David Werner, geboren. Bereits 1764 war er als Gehilfe und Hüttenschreiber von seinem Vater angestellt. 1769 begab er sich an die Freiberger Bergakademie, ging aber 1771 zunächst nach Leipzig, wo er Rechts- und Naturwissenschaften studierte. 1775 wurde er von Carl Eugenius Pabst von Ohain, nach dem Tod seines Vorgängers von Oppel ab 1769 Berghauptmann in Freiberg, zum Inspektor und Lehrer an die Bergakademie berufen. Hier an der Bergakademie lehrte Werner über 40 Jahre und begründete den internationalen Ruf dieser Technischen Universität im hohen Maße mit. Werner‘s wissenschaftliche Leistungen liegen in theoretischer und praktischer Hinsicht vor allem auf den Gebieten der Geologie, Mineralogie, Bergbaukunde und Eisenhüttenkunde. Er war außerdem Freimaurer. A. G. Werner entwickelte in einer Zeit, welche die Kulturhistoriker heute als „Aufklärung“ bezeichnen, die Mineralogie als ein von der Bergbaukunde getrenntes Fachgebiet und hielt erstmals Vorträge über die Geognosie als Wissenschaft von den physischen und mineralogischen Beschaffenheit der Erde insgesamt, womit er die Erdbeobachtung zur Erfahrungswissenschaft machte. Werner entwickelte eine der ersten systematischen Mineralien-Klassifikationen, die heute freilich wieder überholt und nicht mehr in Gebrauch ist. Sie umfaßte neben Mineralen nach heutiger Definition auch Erden, Gesteinsarten und dem Mineralreich zugeordnete organische Naturprodukte. 1791 erhielt er vom Oberbergamt den Auftrag zur Durchführung der lange von ihm geforderten Geognostischen Landesuntersuchung. 1799 wurde Werner zum Kgl. Sächsischen Bergrat ernannt. Ab 1816 assistierte dem bereits kränkelnden Werner bei der Fortführung der geognostischen Untersuchung Sachsens Carl Amandus Kühn, welcher diese Arbeiten nach dessen Tod 1817 fortsetzte. Werner starb am 30. Juni 1817 ohne eigene Nachkommen in Dresden. Seine Grabstätte befindet sich auf dem Grünen Friedhof des Doms St. Marien in Freiberg. Alleinige Erbin war seine einzige Schwester Christiane Sophie († 9. November 1840), verwitwete Pastor Glaubitz zu Hirschberg in Schlesien, die in seinem Sinne eine wohltätige Stiftung mit einer Stiftungshöhe von 5.000 Talern errichtete, welche auch nach ihrem Ableben weiteren Bestand hatte. Stiftungszweck war die „Unterstützung armer, kranker, bergfertiger Bergleute und armer Witwen und Waisen verunglückter Bergarbeiter.“
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Einige wichtige Publikationen A. G.
Werners:
Werner gilt auch als Begründer und wichtigster Vertreter des „Neptunismus“ (auch „Diluvialismus“), einer veralteten geologischen Anschauung, wonach alle Gesteine Sedimentgesteine seien. Der Theorie liegt eine Einteilung der Gesteinsgruppen in vier Hauptarten zugrunde. Diese Klassifikation beinhaltet folgende Grundeinheiten:
Die Bezeichnung „uranfänglich“ besagte, daß diese Gesteine die frühesten und ursprünglichsten Bildungen auf dem Erdkörper darstellen. Aus einem Urozean mit stetig sinkendem Meeresspiegel seien diese Urgebirge durch chemische Ausfällungen zuerst auskristallisiert. Seither waren sie der Erosion durch Wind und Oberflächenwasser ausgesetzt, wodurch sich ihre Mächtigkeit stetig verringerte. Diese Urgebirge entstanden zu einer Zeit, als es noch keinerlei Leben auf der Erde gab; daher sind in solchen Gesteinseinheiten auch niemals Fossilien enthalten. Die übrigen drei Hauptarten werden nacheinander im Vorland abgelagert, können daher auch fast ganz aus dem aufgearbeiteten Material der ersten Einheit bestehen. Sie sind somit den „uranfänglichen“ zeitlich nachgestellt. Zu den Anhängern des Neptunismus gehörten unter anderem Johan Gottschalk Wallerius, Torben Olof Bergman, Novalis und auch Johann Wolfgang von Goethe. Die Hypothese wurde Anfang des 19. Jahrhunderts insbesondere von Alexander von Humboldt zurückgedrängt, der während seiner Südamerika- Expedition zahlreiche geognostische Daten zusammengetragen hatte, die dem Neptunismus widersprachen. Selbst er hielt aber noch bis ans Ende seiner Reise an der neptunistischen Interpretation seines berühmten Lehrers Werner fest.
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Die Sammlungen
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Im Neuen Bergmännischen Journal von 1816
steht in dem schon mehrfach zitierten Bericht über Entstehung, Geschichte und
jetzige Verfassung der Bergakademie in Freyberg zu lesen, daß die
akademischen Sammlungen seinerzeit zu den Nebenanstalten, welche mit der
Bergakademie in Verbindung stehen, gezählt wurden. Im betreffenden Abschnitt
heißt es: „Diese (Nebenanstalten) zwecken ab theils auf das bessere
Gedeihen dieses Instituts und den vollständigeren Unterricht seiner Schüler,
theils auf Vermehrung der Einkünfte der Akademie. Zu den Nebenanstalten der
letzteren Art gehört: A. die Herausgabe akademischer Schriften und B. die
Mineralienverkaufs-Anstalt. Zu den der ersteren Art: C. die akademischen
Sammlungen, D. die geognostischen Landesuntersuchungen und E. die Bergschulen...
Die Sammlungen der Akademie haben gleiches Alter mit dieser, verdanken ihren ersten Anfang den Geschenken des Herrn Staats-Ministers von Heynitz und Ober-Berghauptmanns von Oppel... wurden aber bald durch Ankauf ...vermehrt. Zur weitern Vervollständigung dieser Sammlungen wurde schon 1766 ein Fonds von jährlich 225 Thlr. ausgesetzt, welcher im Jahre 1797 auf 300 Thlr. erhöht worden ist. Am wichtigsten sind jetzt die Mineraliensammlungen, nachdem das ursprüngliche Cabinet der Akademie in den ersten Monaten des Jahres 1814 durch den Ankauf der Werner'schen Sammlungen einen fast unschätzbaren Zuwachs erhalten hat. Die ursprünglichen Sammlungen der Akademie bestanden bisher aus einer ziemlich ansehnlichen geographischen, geognostischen und einer orytognostischen Sammlung, die vorzüglich zum Vorzeigen der Fossilien bey den Vorlesungen bestimmt war, auch ferner dazu bestimmt bleibt... (Die Werner'sche Sammlung) enthält vollständige Suiten fast aller einfacher Fossilien des Werner'schen Systems, und von einigen der seltensten wenigstens einzelne ausgezeichnete Exemplarien. Jedes einzelne Stück dieser Sammlung ist für den Kenner von Werth, ihr Hauptwerth aber liegt in der Vereinigung der Individuen zu einem höchst seltenen und wohl in seiner Art einzigen Ganzen... Sie wird, so lange sie in dieser Verfassung bleibt, ein sprechendes Denkmal von Werner's Scharfsinn... sein... Der Kaufswerth dieser ...Sammlungen wurde bey der vom Generalgouvernement angeordneten Taxation, ohne Rücksicht auf ihren unschätzbaren wissenschaftlichen Werth, auf 56.164 Thlr. 8 Gr. gewürdigt. Herr Bergrath Werner hatte indessen anfangs den Kaufpreis nicht höher als 40.000 Thlr. bestimmt, verlangte davon nur 7.000 Thlr. halb in baar und halb in zinsbaren Staatsopapieren zum Angeld, und erbot sich, die übrigen 33.000 Thlr. der Bergakademie als ein Geschenk ...zu überlassen... Zugleich bedung sich der Bergrath Werner den lebenslänglichen wissenschaftlichen Gebrauch dieser Sammlungen, nahm aber dafür freywillig die Verbindlichkeit auf sich, sie nach seinen Kräften fortwährend zu vermehren und zu vervollständigen...“ Über die Sammlungen zum Zeitpunkt der Eröffnung des Neubaus 1915 findet sich in der Jahrbuchausgabe von 1916 (S. A17 – A180) ein ausführlicher Bericht:
Das Mineralogische Museum von Dr. F.
Kolbeck, und Dr. P. Berberich, V o r w o r t . „Ein Führer dem Freunde der Minerale, eine Hilfe für unsere Studierenden beim Studium der Sammlung — das will vorliegende Schrift sein. Diesen Zwecken entspricht die dargebotene Auswahl aus all dem, was über die Minerale wissenswert ist. In Verfolgung dieses Zweckes sind neben kurzer chemischer Charakterisierung und häufig auch einigen Bemerkungen über das Vorkommen vornehmlich nur solche äußere Kennzeichen erörtert, die mit dem Auge an Museumstücken erfaßt werden können und zwar unter ständigem Hinweis auf typische ausgestellte Stufen. Die Charakteristik der Minerale schließt sich an die „Tabellen zur Bestimmung der Minerale“ von Weisbach- Kolbeck an. Alle Mineralarten der Sammlung konnten nicht ausgestellt werden. Dies hätte nur geschehen können auf Kosten der tatsächlich aufgestellten und wichtigeren Minerale. Nicht ausgestellt wurden zu wenig bekannte, sehr seltene und unwichtige, sowie die mit unbewaffnetem Auge in den Schauschränken doch nur schlecht erkennbaren Arten. Das neue Museum gliedert sich in 6 Einzelsammlungen. Davon sind im großen Sammlungsraume aufgestellt:
Unser bergakademisches mineralogisches Museum wurde (abgesehen vom Wernermuseum) wesentlich begründet und durch wertvolle Erwerbungen bereichert von August Breithaupt, der von 1813 bis 1866 an der Bergakademie lehrte. Seine Nachfolger haben es sich angelegen sein lassen, die Sammlung weiter zu pflegen und stets auf dem neuesten Stande der Wissenschaft zu erhalten. Heute umfaßt das Museum an Ausstellungsstücken und verschlossenen Stufen zusammen rund 50.000 von Fundorten aller Erdteile. … Mögen die alten Schätze in der neuen Aufstellung den aus dem Kriege in die Heimat zurückkehrenden Studierenden bei Wiederaufnahme friedlicher Arbeit eine Anregung bilden zur Vertiefung in die Schönheiten der Natur und eine Ergänzung zu all dem, was ihnen an unserer Alma mater über das Reich der Steine in den Hörsälen vorgetragen wird…“ Es folgt eine ausführliche Beschreibung wichtiger Minerale und Stufen in den Sammlungen. Heute sind im Abraham-Gottlob-Werner-Bau die systematische mineralogische Sammlung, die petrologische Sammlung sowie die allgemeinen und regionalen lagerstättenkundlichen Sammlungen zu finden. Die paläontologischen und stratigraphischen sowie eine Kohlen-geologische Spezialsammlung befinden sich heute im Humboldt-Bau. Schauen wir sie uns also an ! Zunächst die mineralogische Sammlung. Bedauerlicherweise sind auch hier – wie in der „terra“ auch – keine chemischen Formeln angegeben, die wir uns daher selber ergänzend heraussuchen müssen, wenn wir sie nicht aufgrund der Verbreitung des Minerals im Kopf haben. Aber genau das sollten sicher die Studenten auch…
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Die mineralogische Sammlung
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Auch an dieser Stufe des Arsenkieses (FeAsS) erkennt man die pinakoidale Kristallform besonders gut.
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Weiter geht´s mit der Systematik: Die Oxide.
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Diese „Tannenbäumchen“ des Hausmannits (MnIIMnIII2O4) entstehen durch Vielfach- Verzwilligung.
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Direkt nebeneinander stehen aber auch ganz unterschiedliche Kristallformen, hier beim Hämatit (Fe2O3).
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Die einspringenden Winkel zwischen den Kristallflächen weisen immer auf Zwillingsbildung hin, hier bei einer besonders großen „Zinngraupe“ (Kassiterit, SnO2).
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Die nächste Mineralklasse...
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…natürlich mit farbenprächtigen Fluoritkristallen (CaF2) aus Halsbrücke mit der typischen Würfel-Form.
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…aber daneben auch wasserklare Kristalle in Oktaeder-Form.
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Hierher gehören auch die Steinsalze: Im Bild der u. a. für Staßfurt typische, blau verfärbte Halit (NaCl).
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Aber hierher gehören auch seltene „Exoten“, wie etwa der Atacamit Cu2Cl(OH)3, der seinen Namen von der gleichnamigen Wüste im chilenischen Anden-Hochland bekommen hat.
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Die Vitrinen zu den Salzen sauerstoffhaltiger Säuren beginnen mit den Silikaten...
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...wo man natürlich als erstes prächtige pseudohexagonale Kristalle des Quarzes (SiO2) findet.
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Hierher gehört auch der Kalifeldspat Orthoklas (KAlSi3O8) und an diesem Kristall sieht man gleich schön, warum er „Ortho-Klas“ heißt – er kristallisiert nämlich monoklin, während der Natronfeldspat (Plagioklas) triklin kristallisiert und überhaupt keine rechten Winkel aufweist.
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Andererseits stehen hier in der systematischen Sammlung zahlreiche Mineralexoten, bei denen auch mancher Fachmann erst nachschlagen muß, um sie korrekt einzuordnen: Mordenit zum Beispiel gehört zu den selteneren Zeolithen und wird von mineralienatlas.de mit folgender chemischer Zusammensetzung angegeben: (Na2, Ca, K2)4Al8Si40O96 • 28 H2O.
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Noch ein Beispiel: Wer hätte es aus dem Ärmel zu sagen gewußt? Boltwoodit ist ein Uranyl-Silikat mit der Zusammensetzung (K, Na)(UO2)SiO3(OH) • 1,5 H2O.
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Aber natürlich findet man auch hier prächtige Stufen mit wirklichem Schauwert, wie etwa diesen Kristall des Kunzits, ein durch geringe Mangangehalte hellrosa gefärbter Spodumen (LiAlSi2O8).
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Ein durch seinen Chromanteil grün gefärbter Granat (Ca3Cr2Si3O12).
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Gleich daneben – ganz systematisch halt – der Kalzium-Eisen-Granat Andradit (Ca3Fe2Si3O8) und der prächtig rot gefärbte Kalzium-Aluminium-Granat Grossular (Ca3Al2Si3O8). Was so ein paar Kationen in der Kristallstruktur doch ausmachen…
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Mit denen geht´s hier weiter…
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…dann folgen die Phosphate.
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Hier kommen wir an diesen Stufen natürlich nicht vorbei und müssen es wieder mit einem Foto versuchen: Roselith ist ein seltenes Kobalt-Arsenat mit der Zusammensetzung Ca2(Co, Mg)(AsO4)2 • 2 H2O.
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Das Aluminium-Phosphat Wavellit aus dem Tagebau Lichtenberg bei Ronneburg (Al3(PO4)2(OH, F)3 • 5 H2O).
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Man lernt hier doch immer wieder noch was dazu: Dieses Mineral ist ein Zink-Arsenat mit der chemischen Zusammensetzung Zn2(AsO4)(OH) • H2O.
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Einen Vertreter hatten wir schon: Hier finden sich aber gleich mehrere schicke Stufen der – in der „terra“ weitgehend „ausgeschlossenen“ – Uranyl-Salze. Links das Barium-Uranyl-Phosphat, rechts dasselbe mit Kupfer als Kation.
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Auch diese eigentlich recht unscheinbare Stufe müssen wir unbedingt zeigen, weil sie wohl schon aus dem „Jahrhundertfund“ vom 16. März 1871 auf dem Walpurgis Flachen in Schneeberg stammt und zusammen mit vier weiteren Neuentdeckungen vom Bergmeister Tröger zur Bestimmung nach Freiberg geschickt wurde. In Schneeberg wurden insgesamt (bisher) 22 neue Mineralien entdeckt, darunter recht seltene, wie eben dieses Uranyl-Arsenat mit der Zusammensetzung (H3O)(UO2)(AsO4) • 3 H2O.
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Auf meinem Foto etwas schwer zu lesen: Die nächsten Vitrinen enthalten Sulfate.
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Immer wieder schön: Das Strontiumsulfat Coelestin (SrSO4).
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Ganz „triviale“ Minerale gehören aber auch in diese Gruppe, wie der Gips (CaSO4 • 2 H2O) mit seinen schönen „Schwalbenschwanz-Zwillingen“.
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Solche Stufen des nach seiner durchscheinenden Farbe so genannten Honig-Spats findet man auch in vielen Sammlungen. Es handelt sich um den Schwerspat (BaSO4) aus Pöhla.
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Dann hätten wir da noch: Wolframate…
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…nur ein Beispiel aus dieser Gruppe und – klar doch – aus dem Erzgebirge: Scheelit ist das Kalzium-Wolframat CaWO4.
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In diese Klasse gehören auch die Chromate. Weltbekannt sind Stufen vergleichbarer Qualität, die man Ende der 1970er Jahre in der Nickellagerstätte Callenberg in Sachsen gefunden hat: Das Blei-Chromat Krokoit PbCrO4.
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Die Karbonate fehlen noch…
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Hier müssen wir ein paar wirklich fast idiomorphe Kristalle aus Niederrabenstein zeigen: Zum Beispiel den trigonal-skalenoedrischen Habitus des Kalkspats CaCO3.
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Eigentlich winzig und von daher eher ohne „Schauwert“ – aber es gibt ja Zoom für diesen nahezu durchsichtigen Schwalbenschwanz vom gleichen Fundort.
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Da kommt man auch in keiner Sammlung vorbei: Das meist pink-rosa gefärbte Mangan-Karbonat Rhodochrosit MnCO3.
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Und auch bei solchen prächtigen Kristallen schlägt des Mineralogenherz immer wieder schneller: Das Kupfer-Karbonat Azurit Cu3(CO3)2(OH)2.
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Noch ein paar „Exoten“: Auch dies ist ein wasserhaltiges Kupfer-Karbonat: Cu2Mg2(CO3)(OH)6 • 2 H2O.
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Das Pendant mit Nickel als Kation: Ni3(CO)3(OH)4 • 4 H2O.
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Die Regionalsammlung zum Erzgebirge
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Nun der Raum an der Giebelseite: Hier finden wir die Regionalsammlung zum Erzgebirge…
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…und bemerken mit unserem „Fotografen-Auge“ sofort, daß wir hier Probleme haben werden, vernünftige Aufnahmen selbst zu machen. Die Gardinen hängen natürlich in den Fenstern und spiegeln sich nur in den Scheiben der Vitrinen.
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Wir versuchen es trotzdem…
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...denn solche schönen, historischen Stufen kann man sich doch nicht entgehen lassen.
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Klein, aber sehr fein! Argentit ist die kubisch kristallisierende Hochtemperatur-Modifikation des Akanthits, beide chemisch das Silber-Sulfid Ag2S.
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Den hatten wir auf unseren Fotos aus der systematischen Sammlung auch noch nicht vorgestellt: Freibergit gehört zu den Fahlerzen und wird etwa mit dieser chemischen Zusammensetzung angegeben: (Ag, Cu)10(Zn, Fe)2(As, Sb)4S13.
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In solchen prächtigen Kristallen ist es vor allem aus dem Brander Revier bekannt: das Silber-Antimon-Sulfid Stephanit Ag5SbS4.
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Und hier finden wir natürlich…
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…Granate aus den westerzgebirgischen Skarnen.
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…oder den „Honig-Spat“ aus Pöhla, goldgelb durscheinenden Schwerspat, wieder.
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…den Namenspatron der SDAG Wismut.
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…und auch auf den Schächten der SDAG wurde gediegen Silber gefunden.
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…oder dieser Exot: Das Kalzium-Oxalat Whewellit Ca(C2O4) • H2O, das außer von den Uranerz-Revieren auch aus dem Freitaler Kohlerevier bekannt ist.
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Dann kommen wir von Ost nach West noch ins Vogtland…
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…wo wir überrascht wieder vor schicken Stufen der Uranyl-Salze vom Streuberg-Steinbruch in Bergen stehen, hier der Autunit, chemisch das Kalzium-Uranyl-Phosphat Ca(UO2)2(PO4)2 • 10-12 H2O.
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...aber auch Belege des Irfersgrün'er Aqaumarins finden können: Meist blau gefärbte Kristalle des Ring-Silikates Beryll Be3Al2Si6O18.
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...oder verschiedenfarbige Schönbrunn´er Flußspäte.
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Nicht zu vergessen: Der Schneckenstein-Topas Al2SiO4(F, OH)2 mit seiner typisch weingelben Farbe.
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Dann gibt´s hier noch Vitrinen zu Thüringen und dem Harz, wo wir die schönen Galenit- Kristalle vom Neudorfer Typ, zusammen mit dem hier braun- durchscheinenden Siderit (FeCO3) wiedersehen…
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Aber auch die bekannten Manganit-Kristalle (MnOOH) aus Ilfeld.
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Eine haben wir noch: Eine Spezialvitrine zu den Salzen aus den thüringischen und anhaltinischen Lagerstätten.
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Die blauen Halite leuchten uns hier schon wieder von weitem an...
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…und auch dafür gibt´s noch eine kleine „Extra-Kollektion“.
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Die petrologische Sammlung
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Das war nun schon eine Menge „Augenschmaus“. Aber es geht ja noch weiter… Die beiden anderen Sammlungen sind tatsächlich eher etwas für den Geologie-Studenten. Hier stehen nämlich nicht die seltenen Einzelfunde besonders schöner Mineralien, sondern die „Steine“ – die natürlich alle aus eben diesen Mineralien aufgebaut, aber doch zumeist vorallem dicht und hart und grau erscheinen, solange man sie nicht in dünne Scheiben zersägt und unter dem Polarisationsmikroskop betrachtet. Aber das können die Studenten in den freilich normalerweise nicht öffentlich zugänglichen Laboratorien im Untergeschoß hier ja auch tun… Durch die erste gehen wir mal schnell durch, zumal inzwischen die Sonne halb herum ist und sich die Außenfenster wieder in den Vitrinen spiegeln.
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Hinter der mittleren Tür verbirgt sich die petrologische Smmlung. Die ist natürlich nicht mehr nach Werner´s Klassifikation geordnet, sondern nach modernen geologischen Vorstellungen. Zur leichteren Orientierung hat man die magmatischen Gesteine mit roten Tafeln gekennzeichnet…
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Die Sedimentgesteine bekommen blaue Beschriftungen…
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…und die metamorphen sind mit gelben Beschriftungen gekennzeichnet.
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Am Ende stehen die fast schon wieder aufgeschmolzenen Migmatite.
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Die lagerstättenkundliche Sammlung
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Nun geht es in die gegenüber an der anderen Giebelseite liegenden Ausstellungsräume. Hier steht die lagerstättenkundliche Sammlung und die sollte man sich unbedingt auch einmal zu Gemüte führen.
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Die Architektur des Saales ist vollkommen symmetrisch zu dem mit der mineralogischen Sammlung gegenüber.
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Als erstes bekommt man gezeigt, was denn eigentlich eine Lagerstätte ist und wie unterschiedlich so etwas aussehen kann.
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Dann wird der geologische Rahmen aufgespannt: Bei welchen Abläufen können sich denn welche Lagerstätten bilden? Hier findet man die Farbkonzeption aus der geologischen Sammlung wieder; rot heißt also auch hier: Magmatisch gebildet.
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Hier findet nun auch die Freiberger Lagerstätte ihren geologischen Platz: Da natürlich nicht alle chemischen Verbindungen dieselben Schmelzpunkte aufweisen, bilden sich je nach Entstehungstemperatur verschiedene Paragenesen heraus. Das ist schon vor dem alten Abraham Gottlob Werner auch Ullrich Rülein und Georg Bauer aufgefallen. Werner prägte dafür den Begriff der „Formation“ und jedem Mineralogen sind zum Beispiel die „kiesig-blendige“ oder die „fluor-barytische Formation“ ein Begriff.
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Und wir können uns anschauen, wie denn das „normale“ Erz gewöhnlich aussieht, wenn es keine Drusen hat, in denen prächtige Kristalle sitzen. Als Beispiele einmal zwei Gangstücke aus Freiberg…
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Eines aus der BiCoNi-Formation im Westerzgebirge...
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Der Zinnerz- „Zwitter“ aus Altenberg...
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…und noch eines aus Ehrenfriedersdorf.
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Manches Stück gewinnt erheblich an Attraktivität, wenn man es anschleift und poliert, so wie dieses Kupfer-Zink-Erz aus dem Goslarer Rammelsberg.
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Dann hätten wir die durch Verwitterung entstandenen Lagerstätten, analog wie zuvor nun kenntlich gemacht durch die blaue Beschriftung der Vitrinen…
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Hier gehören zum Beispiel die Zinngraupen hin, die jahrhundertelang im Erzgebirge aus den Bachsedimenten ausgewaschen wurden.
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Und außer diesen Edelmetall-Flitterchen werden auch Diamanten zum großen Teil aus Sedimenten ausgewaschen…
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Aber auch viele wichtige Baustofflagerstätten gehören diesem Typ an, angefangen von Kaolin oder Ton …
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…oder wichtige Erzlagerstätten.
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Nicht zu vergessen: Auch die Salzgesteine.
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So zum Beispiel sieht bestes Kalisalz aus…
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…und hier die dazugehörige Mineralstufe mit schönen, aufgewachsenen Kristallen aus der systematischen Sammlung gegenüber.
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Auch durch Metamorphose können sich neue Lagerstätten bilden, wie uns jetzt wieder die gelbe Beschriftung der Vitrinen verrät.
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Dann gibt´s hier noch eine andere hochinteressante Zusammenstellung: Die Vitrinen an der linken Seite des Saales nämlich sind danach geordnet, welche Rohstoffe man denn daraus gewinnt. Das beginnt mit einem unserer wichtigsten Baustoffe: Dem Eisen.
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Beispielhaft – weil dieses angeschliffene Handstück wieder viel von seiner inneren Struktur verrät – hochwertiges Erz aus Kriwoi Rog in der Ukraine.
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Weiter geht´s mit dem Stahl- Veredler Mangan…
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Es folgen die Legierungsmetalle Chrom, Nickel, Kobalt...
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Titan, Vanadium, Wolfram, Molybdän usw. usf. … Die Zahlen unter dem Symbol des Elementes in der Vitrine geben übrigens den Clarke-Wert an, also die relative Häufigkeit in der Erdkruste.
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Dann folgen die Buntmetalle, deren wichtigstes das Kupfer ist.
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Mit Blei und Zink sind wir wieder mal in Freiberg... Es folgt noch das Zinn.
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Nun die Edelmetalle Gold und Silber...
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Wie hier zu lesen steht: „Chemische und Agrochemische Rohstoffe“, worunter zum Beispiel die Kalisalze, aber auch Schwefel, Flußspat, Apatit, Salpeter u. v. a. zu verstehen sind.
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Nicht zu vergessen: Natürlich auch „Edelsteine“, von denen einige heute aber aufgrund ihrer speziellen optischen oder piezoelektrischen Eigenschaften ganz andere Verwendungszwecke gefunden haben…
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Und noch einen haben wir: „Technische Rohstoffe“, wo wir zum Beispiel die Glimmer finden, aus denen bis heute Kondensatoren gewickelt werden, ferner auch Baustoffe, Werksteine, Zementrohstoffe usw.
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Noch eine lagerstättenkundliche
Sammlung...
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Nun fehlt uns nur noch der Saal am Westgiebel. Hier findet sich ein weiterer Teil der regionalgeologisch- lagerstättenkundlichen Sammlungen.
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Hinein...
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Leider stört uns auch hier wieder das Licht der Fenster beim Fotografieren, aber uns alten „Ossis“ fällt eines trotzdem sofort ins Auge: In dieser Lagerstättensammlung hängt noch die geologische Karte der DDR, heute also der „neuen“ Bundesländer…
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Das ist aber nicht schädlich, vielmehr werden hier mit vielen Schnitten und Karten und typischen Belegstücken der Aufbau und Besonderheiten einzelner Lagerstätten erläutert. Im Foto z. B. die Altenberger Pinge…
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… oder hier erneut die Freiberger Blei-Zink-Lagerstätte mit weiteren, zumindest für den Mineralfreund auch sehr attraktiven Gangstücken.
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Auch aus erloschenen Bergbauregionen, wie etwa Scharfenberg bei Meißen. Hier wurde – nebenbei bemerkt – das Mineral Coelestin erstmals beschrieben.
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Weil´s uns einigermaßen gelungen ist, noch ein Foto mit einem Beleg aus der Lagerstätte Scharfenberg, die sich neben dem Vorkommen des Strontiumsulfats Coelestin auch durch reiche Vorkommen des Mangankarbonats Rhodochrosit auszeichnete.
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Wer immer noch denkt, daß sich der Bergbau auf die Gebirgsregionen und besonders auf das Erzgebirge beschränkt habe, wird hier eines Besseren belehrt. Schon aufgrund des immerwährenden Rohstoffmangels hatte man auch zu DDR-Zeiten die einst als geognostische Landesuntersuchung in Sachsen begonnene geologische Kartierung bis in die jüngste Zeit fortgeführt. Ostdeutschland kann wohl als das am besten geologisch erkundete Gebiet der Welt gelten…
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Hier findet man die Nickel- Silikaterze von Callenberg...
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Eisen- und Manganerze aus Trusetal im Thüringer Wald...
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Flußspat aus Schönbrunn im Vogtland...
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...und neben Kalk und Kalisalz auch eine Fülle nützlicher Gesteine.
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Anhand eines kleinen Schemas eines Einfamilienhauses wird hier sogar erläutert, für welchen Zweck man denn welchen Werkstein verwenden kann.
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Wir hoffen jedenfalls, daß wir unsere Leser mal wieder zu einem neuen Besuch in diesen alten Sammlungen verlocken konnten. Als die älteste Mineralsammlung am Platze hat sie sicherlich fast jeder, der sich für Geowissenschaften interessiert, ohnehin schon einmal besucht. Nach der Gebäudesanierung hat sich aber nicht nur die technische Ausstattung für die Studenten und die Sicherheit im Brandfall verbessert – auch in den Ausstellungsvitrinen selbst scheint mir seit meinem letzten Besuch einiges „museumspädagogisch“ modernisiert worden zu sein. Nur eines: Die Fotoerlaubnis ist hier inzwischen genauso teuer wie in der „terra mineralia“ (nämlich 3,- Euro). Auch wenn die Sonne nicht von außen scheint, bewirken die Deckenleuchten aber zu viel Nebenlicht und zu viele Spiegeleffekte, als daß man als fotografischer Laie gleichermaßen gute Fotos hinbekommt, wie in der Schausammlung im Schloß. Diese Gebühr zu zahlen, lohnt sich also kaum. Man mag sie aber gern als Spende für die Erhaltung und den Ausbau der Sammlungen verstehen und es trotzdem mit eigenen Fotos versuchen – als Mineralfreund kommt man doch eh´ an vielen schönen Stufen einfach nicht vorbei, ohne zumindest ein Erinnerungsfoto zu versuchen… Glück Auf! J. B.
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Über die
folgenden geowissenschaftlichen Sammlungen in Freiberg haben wir inzwischen auch
Beiträge:
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Weiterführende Quellen
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Allgemeine Quellen
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