Ein Beitrag von www.unbekannter-bergbau.de Erstellt Februar 2010, letzte Aktualisierung Juli 2015.
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Christbescherunger Kanal von Großschirma bis Großvoigtsberg |
Geplante Trasse des Bergwerkskanals:
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Verlauf |
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Der Grundgedanke Die Idee des Kanalbaus
bei der Grube „Kurprinz“ beinhaltete gleich von Anfang an auch die
Fortsetzung bis zur größten Grube des Freiberger Nordreviers, der
„Gesegneten Bergmannshoffnung“ zu Obergruna. Doch der letzte Teil
dieses Projektes wurde nur stückweise begonnen. Die Gründe dafür mögen
vielschichtig gewesen sein. Sinkende Erzförderungen auf den anliegenden
Gruben, hoher Instandhaltungsaufwand des Kanals = hohe Kosten und
geringer Gewinn gegenüber dem herkömmlichen Erztransport und
technologische Probleme könnten dafür in Frage kommen. Der finanzielle
Teil zur Verwirklichung des Projektes lässt sich weitgehend ausschließen. |
Versuche zur Projektumsetzung Vorgesehen war wieder der Ausbau des bestehenden Kunstgrabens zum schiffbaren Erzkanal. Der Kunstgraben der Grube „Alte Hoffnung Gottes“ zu Kleinvoigtsberg nahm seinen Anfang am Wehr der Hohentanner Mühle bei Großvoigtsberg. Das teilweise hölzerne Wehr speiste zum einen den Aufschlagwassergraben der Mühle von Hohentanne auf dem rechten Ufer der Freiberger Mulde und den Kunstgraben der Grube auf dem linken Flussufer. Bis zur „AHG“ hätte die Ausbaulänge 3 km betragen und wieder clevere Lösungen von den damaligen Technikern erfordert. Um die „AHG“ weiter mit Aufschlagwasser zu versorgen, sollte der Erzkanal 1600 m unterhalb des Mühlenwehres geteilt werden. Zum einen lieferte der Kunstgraben direkt das Wasser zu den Rädern im Schacht. Der Kanal sollte aber immer der Mulde folgend direkt bis zur Wäsche der „AHG“ führen. Die Mühle und Erzwäsche von Kleinvoigtsberg besaßen ebenfalls ein gemeinsames Wehr und einen dazugehörigen, 600 m langen Graben. Dieser sollte zum Kanal erweitert werden und Mühle nebst Wäsche über einen Stichgraben mit Aufschlagwasser versorgen. Nach der Erzwäsche der „AHG“ sollte der Kanal über zwei Schleusen auf die Mulde hinabgeführt werden und vermutlich über den Wehrteich der Grube „Gesegnete Bergmannshoffnung“ und einen dort abzweigenden Kunstgraben zum schiffbaren Kanal erweitert und bis zur Grube selbst führen. Von diesem ganzen Projekt sind nur wenige Teile umgesetzt worden. Im Bereich der Kleinvoigtsberger Wäsche wurden einige Kanalstücke fertig gestellt, sind aber heute nicht mehr sichtbar. Hier verlief der Kanal auf einem 2 – 3 m breiten und bis zu 2,7 m hohen Damm. Vermutlich wurde das
Vorhaben aufgegeben, weil unterhalb von Kleinvoigtsberg die Mulde ein
relativ starkes Gefälle hat und die „Erzkahnpartie“ dadurch in sehr
schwierigem Wasser verlief. Für die Realisierung des Projektes wäre
noch ein weiteres Wehr zwischen Obergruna und Kleinvoigtsberg nötig
gewesen, natürlich mit der dazugehörigen Schleuse oder einem Hebehaus.
Daß sich dieser Aufwand nie hätte bezahlt gemacht, war wohl den
Planern schon damals klar gewesen ! |
Kanalverlauf und Befunde Im Bereich der Grube „Gesegnete Bergmannshoffnung“ ist noch heute ein Graben vorhanden der in seinen Ausmaßen einem schiffbaren Kanal entspricht. Heute ist aber noch nicht restlos geklärt ob der von der Pappenfabrik benutzte sehr breite Mühlgraben schon ein Produkt des Kanalprojektes ist ? Einige Fakten sprechen dafür und andere dagegen. Dieser Graben speiste einmal drei Erzaufbereitungen, die lange Wäsche der „AHG“, die Wäsche der „Radegrube“ und die Wäsche und Pochwerk der „Gesegneten Bergmannshoffnung“. So kann die großzügige Ausführung des Mühlgrabens für die Pappenfabrik, oder die frühere Wäsche der Grube „Gesegnete Bergmannshoffnung“ auch auf beachtlich 5,4 m Fallhöhe für die Turbine zurück greifen. Des weiteren gab es die Möglichkeit die Grube „Gesegnete Bergmannshoffnung“ durch einen untertägigen Wasserweg mit Aufschlagwasser für ihre Maschinerie zu versorgen. Näheres zu diesem Wäschestandort ist noch nicht bekannt, jedoch ist dazu auch ein Beitrag im Entstehen, da für dieses spezielle Thema hier kein Platz ist. Die Lage des Wehres der
Hohentanner Mühle ist noch recht gut erkennbar. Der Kunstgraben für
die „AHG“ verlief linksseitig der jetzigen Straße und ist noch gut
im Gelände zu verfolgen, während der Mühlgraben am linken Ufer des
Wehres seinen Anfang nahm, aber heute nicht mehr im Gelände sichtbar
ist. |
Versuch einer Verfolgung des ehemaligen Kunstgrabens der "Alten Hoffnung Gottes" von Großvoigtsberg bis zur "Gesegneten Bergmannshoffnung" in Obergruna Die Begehung des
Kunstgrabenverlaufs gestaltet sich äußerst schwierig. Neben der
Querung von Privatgrundstücken in Hohentanne und Kleinvoigtsberg, stand
auch ein durch das Hochwasser 2002 weggespültes Ufer der Mulde als
Herausforderung an und erforderte schon „alpinistische“ Fähigkeiten,
um diese Passagen im tiefsten Winter zu bezwingen. Obwohl der Winter
aufgrund des fehlenden Strauchwerks für eine solche Spurensuche die
beste Jahreszeit ist, muß im Gegensatz zu den beiden vorangegangenen
Exkursionen bei dieser dringend von der Nachahmung
abgeraten werden ! |
Der Kunstgraben zum Berggebäude „Alte Hoffnung Gottes Fundgrube“ nahm am Verwaltungs- und Wäschegebäude der „Christbescherung“ seinen Anfang. Das Wasser dafür wurde aus dem Wehrteich des Hohentanner Mühlenwehres abgeleitet und teilweise zum Antrieb der Aufbereitungsmaschinen genutzt, ehe es in den Graben geleitet wurde. |
Die Lage des Wehres ist noch gut in der Mulde zu erkennen. |
Heute sind nur noch das Verwaltungs- und Wäschegebäude neben dem Kahnhebehaus und die Stollnmundlöcher erhalten. Einige Gebäude verschwanden erst in den 1950er Jahren. Zwischen 1745 und 1872 sind umfangreiche Veränderungen an den Tagesanlagen der Grube erfolgt, je nach Bedarf der Produktion. Das über die Einzugsrösche
gefasste Wasser aus dem Wehrteich diente auch dem Antrieb der
Aufbereitungsmaschinen und wurde dann ebenfalls in den Kunstgraben
eingeleitet. Der hier beginnende Graben führte das Aufschlagwasser über
3 km bis an den Kunst- und Treibeschacht der „AHGF“ und teilweise
auch zu den Erzaufbereitungsanlagen. Dieser Kunstgraben bildete schon
wie beim Kurprinzer Kanal die Grundvoraussetzung für einen zukünftigen
Schifffahrtskanal. Das Projekt wurde aber nicht mehr umgesetzt. |
Der Kunstgraben verlief linksseitig des Fahrweges nach Hohentanne und ist noch als „Straßengraben“ zu erkennen. |
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Sehr stark verkrauteter Grabenabschnitt, im Sommer unpassierbar. |
Mit Bruchholz verstopfter Graben, dafür ist der Weg begehbar. |
Auf der anderen Muldenseite liegt das Stollnmundloch des „Jacob Stolln“ - zur Grube „Daniel Erbstolln“ gehörig. |
Wasserabschlag des Graben kurz vor Erreichen der Kleinvoigtsberger Mühle. Für Instandhaltungszwecke konnte hier der Grabenverlauf bis zur Grube trocken gelegt werden. |
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Fest steht, daß hier an der Mulde unterhalb von Halsbrücke nur zwei Projekte wirklich umgesetzt wurden und davon nur der Kurprinzer Kanal auch wirklich als Schifffahrtskanal über einen längeren Zeitraum genutzt wurde. Das gesamte Kanalprojekt zählte mit zu den fortschrittlichsten Vorhaben, die überhaupt im sächsischen Bergbau jemals umgesetzt wurden. Schon allein der Bau des Kanals mit einem Gefälle von 1:10.000 bis 1:16.000 ist beim Entwicklungsstand der Vermessungstechnik des 18. Jahrhundert sensationell ! Das gesamte Kanalprojekt ist heute weitestgehend vergessen. Sieht man vom Rothenfurther Hebehaus einmal ab, spielt das Kanalprojekt heute in der allgemeinen Geschichtsbetrachtung leider kaum noch eine Rolle ! Es wäre wünschenswert, wenn der Kanalverlauf heute weiter in den Blickpunkt der Öffentlichkeit - besonders der „Montanregion Erzgebirge“ - rücken würde und ds kühne Projekt so aus dem Dunkel des Vergessens geholt wird. Der Grabenverlauf bietet sich auch als idealer Wanderweg für hochinteressante Exkursionen zum Thema „Bergbau und Natur“ an. Daß dies geht, zeigen z.B. der Rote Graben zwischen Halsbach und Halsbrücke oder die "Grabentour" zwischen Krummenhennersdorf und Reinsberg. Dazu müsste hier auch mehr Initiative vom regionalen Tourismusmarketing und besonders der „Montanregion Erzgebirge“ kommen. Es kann einfach nicht sein, daß althergebrachte Wanderwege durch Interessen einzelner Bürger gesperrt und so dem öffentlichen Interesse verwehrt werden ! Weitere, ähnliche
Kanalprojekte bestanden übrigens in Bräunsdorf bei der Grube „Neue
Hoffnung Gottes Fundgrube“ und in Gersdorf bei „Segen Gottes
Erbstolln“. Diese Kanäle waren aber eher kleine und weit weniger
aufwendige Projekte. Auch hier zeigten sich die gleichen Probleme wie
beim „Kurprinzer Kanal“. |