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Ein Beitrag von www.unbekannter-bergbau.de

Erstellt Februar 2011, letzte Aktualisierung November 2017.

  

5. Lichtloch
4. Lichtloch

 

Die "Grabentour"
zwischen Krummenhennersdorf und Reinsberg
 
 

Einer der schönsten, bequemsten, lehrreichsten und oft begangenen Wanderwege im Landkreis Freiberg ist die "Grabentour". Sie führt entlang des wildromantischen unteren Bobritzschtales von Krummenhennersdorf nach Reinsberg. Nur ein paar Kilometer lang, kann man sie bequem hin und zurück laufen und sein Auto zum Beispiel an der Wünschmann- Mühle in Krummenhennersdorf parken. 

Die Grabentour verläuft aber nicht nur durch schöne Landschaft, sondern auch entlang eines Kunstgrabensystems, das 1844 bis 1846 unter Leitung von Obereinfahrer Ernst v. Warnsdorff, Obersteiger August Jobst und Maschinensteiger G. Beier angelegt wurde, um den Rothschönberger Stolln vorantreiben zu können. Eine Tafel an der Porzellanfelsenrösche erinnert an diese Ingenieure. 

Entlang dieses Weges kann man auf engstem Raum und mit wenig Anstrengung viel über den technischen Aufwand lernen, der früher für einen erfolgreichen Bergbaubetrieb erforderlich war. Besonders faszinierend ist immer wieder, mit welchem Geschick unsere Vorfahren bereits zu ihrer Zeit mit einfachen Mitteln geniale Problemlösungen erreichten...

Aber der Reihe nach:

 

Der 13,9 km lange "fiskalische Teil" des Rothschönberger Stollns wurde bekanntlich 1844 bis 1877 auf Staatskosten errichtet, um den Freiberger Bergwerken die Wasserlösung zu erleichtern. Der Bau des Stollns erfolgte vom Mundloch im Triebischtal her, sowie von insgesamt acht Lichtlöchern und der Grube "Beihilfe" in Halsbrücke ausgehend im Gegenortbetrieb. Die Lage dieser acht Hilfsschächte - der Lichtlöcher - wurde relativ gleichmäßig entlang der Stollntrasse verteilt gewählt. Nur das 8. wurde relativ dicht zwischen die Beihilfe und das 7. Lichtloch gesetzt, da hier der seit Jahrhunderten abgebaute Halsbrücker Spat durchörtert werden mußte.

So kam das 6.Lichtloch zum Beispiel auf die Höhe zwischen Krummenhennersdorf und Halsbrücke zu liegen und bekam dort große Schwierigkeiten mit der Hebung des Grundwassers. Eine 18-PS-Dampfmaschine erwies sich als nicht ausreichend, erst 1866 wurde man mittels einer 120-PS-Dampfmaschine der zudringenden Grundwässer Herr. Denn bis zum Durchschlag des Stollns konnte das Wasser ja nicht abfließen, sondern mußte aus allen Schächten einzeln herausgepumpt werden ! 

Erheblich einfacher gestaltete sich der Antrieb von Pumpen und Fördermaschinen am 5.Lichtloch und nach Fertigstellung der Reinsberger Rösche auch am 4.Lichtloch:

Unterhalb der Wünschmann-Mühle, die selbst auch Bobritzschwasser zum Antrieb der Mühlräder nutzt, wurde ein Kunstgraben aus der Bobritzsch abgezweigt und mit möglichst geringem Gefälle am Talhang entlang geführt. Je geringer das Gefälle, desto größer war der Höhenunterschied, über den man das Wasser dann nach einer gewissen Strecke am Schacht hinunterstürzen und seine Energie nutzen konnte. 

Im 19. Jahrhundert war man so weit vorangekommen, daß man längst nicht mehr nur "einfache" Wasserräder einsetzte. Eine geradezu geniale Erfindung war die "Wassersäulen-Maschine" - besonders weil sie wesentlich weniger Platz beanspruchte und keine riesigen "Radstuben" untertage mehr nötig waren. Am 5.Lichtloch hingegen ließ der Oberkunstmeister F. W. Schwamkrug eine der nach ihm benannten Schwamkrug- Turbinen einbauen. Das waren von innen beaufschlagte Freistrahlturbinen, die einen höheren Wirkungsgrad besaßen und größere Fallhöhen besser ausnutzten.

  

Das Gesamtsystem der bergmännischen Wasserbauten hier im Bobritzschtal umfaßt 1.652 m offene Gräben und fünf Röschen mit 1.905 m Gesamtlänge. Man überlege sich noch dazu, daß diese insgesamt sage und schreibe 3.557 m lange "Wasserleitung" ausschließlich während der 33 Jahre des Baus des Rothschönberger Stollns benötigt wurde ! 

Aber nun genug der Theorie. Wandern Sie einfach mal mit uns hier entlang. Besonders im zeitigen Frühjahr ist dieser Weg empfehlenswert: Weil die Natur im Tal aufblüht, aber auch, weil das Schmelzwasser des alten Schnees den Kunstgraben wieder mit Wasser füllt und ihn damit wesentlich attraktiver macht.

Die kleine Kartenskizze gibt eine Übersicht über den zurückzulegenden Weg.

  


Übersichtskarte Grabentour
 

 
Die steinalte, zweibogige Brücke über die Bobritzsch in Krummenhennersdorf sollte man sich bei der Gelegenheit auch einmal anschauen.
 


Wenige Meter hinter der Brücke wird der Aufschlaggraben der Wünschmann- Mühle aus der Bobritzsch abgezweigt.
  


Er hat die Dimension eines "modernen" Betriebsgrabens und treibt noch heute eine Turbine an. Die Mühle wurde bereits Ende des 12. Jh. erstmals erwähnt und ist auch einmal einen Besuch zum Mühlentag (jährlich Pfingstmontag) wert. 
 


Kurz vor der Mühle gibt es noch einen alten Striegel, um nötigenfalls das Wasser einmal vorbei leiten zu können.
 


Dahinter kommt das Wasser mit kaum zwei Meter Höhenunterschied wieder heraus. Diese kleine Treppe hier wurde aus halbierten, alten Mühlsteinen aufgestapelt...
 


Der Abzugsgraben der Mühle führt noch einige Meter talwärts, damit in der nur flach geneigten Talsohle der Bobritzsch wenigstens diese Höhendifferenz zusammenkam.
   


Auch an einem kalten Wintermorgen ist das wildromantische Bobritzschtal einen Spaziergang wert... Hier blicken wir am Abzugsgraben rückwärts zur Mühle.
 


Dieses kleine Wehr vor dem Ablauf in die Bobritzsch sorgte einst dafür, daß sich der Kunstgraben mit Wasser füllte. Heute geht nur noch ein Rohr unter dem Wanderweg hindurch. 
 
 

Und das ist sein Anfang: Von hier fließt das Wasser über rund 3,5 km zu den beiden
Schächten des 5. und 4. Lichtlochs.
 

Das Bobritzschtal wurde immer wieder von Sommerhochwassern getroffen: An der Felsklippe im Foto oben erinnern ein paar Tafeln an die schwersten: Rechts unten 30.7.1897; in der Mitte 5.7.1958 und links oben: Das war der Stand am 13. August 2002.
 

Die alten Ufermauern der Bobritzsch hat sich hier längst die Natur zurückgeholt...
 

Die Bobritzsch windet sich in großen Schleifen talwärts, bis sie bei Biberstein in die Freiberger Mulde mündet. Der Kunstgraben verläuft zunächst einmal parallel zum Fluß. Teils waren es topographische Hindernisse, teils aber auch eine Wirtschaftlichkeitsrechnung, die die Ingenieure auf die Idee brachte, den Fließweg entlang des Tales abzukürzen und stückweise unter die Erde zu verlegen. Die erste Rösche beginnt gleich dort hinten an der Ruhebank für Wanderer.
 

Hier verschwindet er dann das erste mal unter der Erde: Die "Felsenbach-Rösche" unterquert die Felsrippe, die die Bobritzsch hier zu einer spitzen Schleife zwingt. Weil diese Rösche gleichzeitig auch noch den "Felsenbach" unterquert, bekam sie diesen Namen.
 

Ein Blick zurück nach Krummenhennersdorf auf die ersten 500 Meter... Kunstgraben und Bobritzsch verlaufen noch nebeneinander und noch fast auf gleichem Niveau.
 

Der Wanderweg führt über diesen Felsbuckel hinweg.
 

Und da kommt auch die Bobritzsch wieder angeflossen...
 

Hier kommt der Felsenbach den Hang herunter...
 

... und nach einem kurzen Anstieg erreicht der Wanderweg das Ende dieser Rösche. Jetzt aber schon ein paar Meter oberhalb des Bobritzschtals.
 

Irgendwer hat hier das Gitter herausgerissen. Die kalte Luft sorgt für nebligen Wetterzug aus der Rösche und macht den Blick hinein schwer...
 

Weiter flußab: Links unten hinter den Bäumen fließt die Bobritzsch, rechts der Kunstgraben. Er hat hier zirka 1,5 m Breite und auch etwa diese Tiefe, wurde dem Hang abgegraben und mit den anfallenden Steinen beidseitig in Mauerwerk gesetzt.
 

Das Prinzip: Im Hang wurde ein Einschnitt angelegt, das ausgehobene Material für die Anlage eines Wirtschaftsweges neben dem Graben genutzt. Je nach Untergrundfestigkeit wurde der Grabenverlauf in den Felsen eingetieft oder in lockerem Gestein mit einer Fassung aus Bruchsteinmauerwerk stabilisiert.

 


Hinter der ersten Kurve kommt ein langes gerades Stück...
 

... mit einer alten Brücke in der Mitte.
 

Dann schlängelt er sich wie eine Höhenlinie auf der Karte mit möglichst geringem Gefälle weiter am Talhang entlang.
 

Noch ein Stück geradeaus...
 

...und während dort unten die Bobritzsch wieder zu einer weiten Schleife ausholt...
 

...geht der Kunstgraben geradeaus unter der nächsten Felsklippe hindurch.
 

Das obere Mundloch der etwa 150 m langen "Porzellanfelsen-Rösche".
 

Zunächst ein Blick hinein...
 

...dann schaun wir mal, warum die so heißt: Oberhalb der Rösche gibt es nämlich noch einen Eingang.
 

Oberhalb der markanten Trennfläche im Hangenden steht Freiberger Gneis an, darunter aber ein rund zwei Meter mächtiger Quarzporphyrgang, der reich an Kalifeldspat ist. Den wiederum benötigte man unter anderem zum Abtönen des Kobaltblaus und zur Herstellung von Glasuren für das Meißner Porzellan.
 

Deshalb haben die Vorfahren den quasi im Vorbeigehen gleich mit abgebaut und diese kleine "Quarzhöhle" hier hinterlassen.
 

Der Wanderweg dagegen führt diesmal nicht über die Klippe hinweg, ...
 

...sondern hier unten, unmittelbar am Ufer entlang drumherum.
 

Wie oben schon gesagt: Auch wenn Sie nichts mit dem Bergbau am Hut haben - das tief in die bewaldeten Hänge eingeschnittene, gewundene und enge Bobritzschtal ist diese Wanderung allein schon allemal wert...
 

Dann geht`s wieder ein paar Meter bergauf und versteckt hinter kleinen Birken kommt auch die Porzellanfelsen- Rösche wieder zutage.
 

Auch aus der anderen Richtung schnell einen Blick hinein...
  

...dann zurück zum Wanderweg und wir folgen weiter dem Grabenverlauf.
 

Der ist hier zunächst ein Stück weit in den Felsen eingeschlagen, was natürlich eine mühevolle Arbeit war, weshalb am Rest dieser kleinen Klippe auch ein schöner alter Rastplatz steht...
 

Dahinter windet der Graben sich wieder in vielen Schleifen am Hang entlang.
 

Ein schöner Blick zurück: Rechts unten im Bild fließt die Bobritzsch gerade wieder im Schatten der winterlich tiefstehenden Sonne.
 

Geradeaus im Foto ist hinter den Bäumen schon die Halde des 5. Lichtlochs sichtbar.
 

Zwischen den alten Grabenmauern hat man hier ein Halbrohr verlegt.
 

Dort begann die Aufschlagrösche zur Wasserturbine am Schacht.
 

Unmittelbar links vor dem Röschenmundloch zweigte man das am 5. Lichtloch benötigte Aufschlagwasser aus dem Graben ab.
 

Unmittelbar neben dem Kunstgraben hat der "Fluther" gelegen - ein Wasserkasten mit Striegeleinrichtung über dem Aufschlagschacht zur Turbinenkammer. Wenn man genau hinschaut, erahnt man noch den Standort am linken Bildrand. Heute fließt hier nur noch das hier ankommende Wasser frei über den Hang ab.
 

 

Die Grabentour
4. Lichtloch

 

Das 5. Lichtloch auf dem Rothschönberger Stolln...

...ist uns ein paar zusätzliche Sätze wert:

Das 5. Lichtloch wurde auf einem Höhenrücken in einer Bobritzschschleife angesetzt. Der Rothschönberger Stollen unterquert hier bereits zirka 94 m tief unter der Erde das Bobritzschtal. Weit abgelegen von allen größeren Orten und Verbindungsstraßen im engen und schlecht zugänglichen Bobritzschtal mußte man sich hier wieder einmal einiges einfallen lassen und besondere technische Lösungen finden.

Bedauerlicherweise hat man diese kleine, aber hochinteressante Anlage nach dem Durchschlag der beiden Gegenörter aber bereits 1873 nicht mehr gebraucht und rückgebaut. 1911 hat man dann auch den Förderschacht verfüllt - zunächst nur die unteren 78 m bis unter die Turbinenkammern, nach einem Unglücksfall in den 1950ern dann auch noch den Rest bis obenhin. Wenn man heute hier vorbeikommt, entdeckt man deshalb nur noch die massiven Fundamente des Treibehauses über dem Schacht und die beiden vermauerten Röschenmundlöcher vor und hinter der Halde in der Bobritzsch- Schleife. 

   


Heutige Situation am 5. Lichtloch

 

Deshalb skizzieren wir hier einmal, wie in etwa es zwischen 1844 und 1873 hier ausgesehen hat:

Das Treibehaus war sicherlich ein "Typenbau", wie er noch heute am 4. oder 7. Lichtloch zu sehen ist. Auf alles nicht unbedingt Wichtige hat man hier aber verzichtet. Als Mannschafts- und Versammlungsraum wurde die Bergschmiede gleich mit benutzt - die war schön warm und trocken und sowieso unentbehrlich. Der Sprengstoff wurde in einer am Schacht ausgehauenen Kammer sicher untergebracht. 

  


 Betriebsanlagen des 5. Lichtlochs 1844 bis 1873
zu den untertägigen Anlagen

 

Etwas wirklich Neues ließ man sich aber vor allem für den Antrieb der Maschinen und Pumpensätze einfallen:

Um für Förderung und Wasserhebung während des Stollenbaus nämlich ausreichend Antriebsenergie zur Verfügung zu haben und um dafür - fernab der Straßen und Wege im engen Bobritzschtal - keine konstruktiv aufwendigen und sperrigen Kunsträder installieren zu müssen, hat man hier ganz besondere "Motoren" eingebaut: Nämlich Turbinen.

Insbesondere für die Kunstgezeuge benötigte man nun aber relativ langsam laufende "Motoren", denn die Pumpensätze liefen ja nur mit zwei bis höchstens zehn Spielen pro Minute. Eine schnell rotierende Turbine wäre für deren Antrieb eigentlich völlig ungeeignet gewesen, denn man hätte den Leistungsvorteil durch die Reibungsverluste in einem entsprechend großen Vorgelege-Getriebe zur Reduzierung der Drehzahl wieder eingebüßt.

F. W. Schwamkrug als damals zuständiger Maschinenmeister im Oberbergamt entwickelte speziell für diesen Zweck einen neuen Turbinen-Typ, der später nach ihm benannt wurde. Diese SCHWAMKRUG-Turbine stellt eine von innen beaufschlagte Freistrahlturbine mit liegender Welle dar und erinnert noch sehr stark an ein herkömmliches Wasserrad. Das physikalische Prinzip ist jedoch sehr modern und nutzt im Gegensatz zum Wasserrad nicht allein die Gewichtskraft des Wassers, sondern in erster Linie seine kinetische Energie (den Strömungsdruck) aus. In ganz ähnlicher Form - weiterentwickelt zur PELTON-Turbine - werden noch heute Generatoren in Wasserkraftwerken angetrieben. Hinsichtlich Entstehungszeit und Konstruktion vergleichbar - jedoch mit stehender Welle und gedacht für große Wassermengen bei geringerer Fallhöhe - ist die ebenfalls nach dem Erfinder benannte FURNEYRON-Turbine, derer zwei z.B. in der Grube Alte Hoffnung Erbstolln zu Schönborn-Dreiwerden die Kunstgezeuge angetrieben haben. Ein erhaltengebliebenes, kleineres Exemplar einer solchen Turbine ist heute im historischen Hüttengelände von Muldenhütten unweit des Zylindergebläses zu sehen.

Besonderheit der SCHWAMKRUG-Turbine ist, daß das Antriebswasser über eine Leiteinrichtung stets nur auf einige wenige Turbinenschaufeln gelenkt wurde (partielle Beaufschlagung). Darüber hinaus waren die Schaufeln in der Leiteinrichtung nicht starr angebracht, sondern konnten verstellt werden, so daß je nach verfügbarer Wassermenge und benötigter Leistung die Drehzahl der Turbine sehr einfach regulierbar war. Eine Beschreibung der für das 5. (und später auch für das 4. Lichtloch) vorgesehenen Turbine findet man in der Jahrbuchausgabe von 1850. In der Rubrik Freie und eigenthümliche Aufsätze vermischten Inhaltes gibt es in diesem Jahr einen solchen von Herrn Kunstmeister Schwamkrug zu Freiberg Ueber die Einrichtung und Anwendung vertikaler Turbinen mit theilweiser Beaufschlagung.

Die folgende Skizze zeigt, wie diese SCHWAMKRUG-Turbine prinzipiell ausgesehen hat (Um die Schaufeln sichtbar zu machen, haben wir die Verkleidung geöffnet und das Rad ein Stück weit "aufgeschnitten").

 


  Schematische Darstellung der SCHWAMKRUG-Turbine am 5. Lichtloch
 

Konstruktionszeichnung der Turbine am 5. Lichtloch aus einem Bericht von F. W. Schwamkrug
(in: Kalender f. d. sächsischen Berg- und Hüttenmann, 1850)

 

Die 1846/47 am 5. Lichtloch eingebaute SCHWAMKRUG-Turbine war die erste ihrer Bauart überhaupt. Sie besaß einen Laufraddurchmesser von 1,7 m innen und 2,3 m außen. Die Turbine nutzte eine effektive Fallhöhe des Aufschlagwassers von 10,7 m zwischen Aufschlaggraben und Turbinenablauf und lieferte bei einer Drehzahl von 40 bis 90 Umdrehungen pro Minute eine Leistung von 4,5 PS. Mit dieser Turbine wurden die Kunstgezeuge angetrieben. Ein Wasserrad gleicher Leistung hätte wenigstens den vierfachen Durchmesser ( !! ) gehabt und entsprechend mehr Platz benötigt. Den - analog zur Anordnung der Radstuben am 4.  und 7. Lichtloch - im hier besonders harten Gneis zu schaffen, schätzte man als zu aufwendig ein.

Die folgende Skizze zeigt, wo die Turbine vermutlich eingebaut war - Unterlagen über den tatsächlichen Standort haben wir nämlich noch nicht gefunden und die untertägigen Anlagen sind komplett verfüllt. Aber so ungefähr muß es gewesen sein: Die Rösche am 5. Lichtloch diente jedenfalls nur dazu, das Überschußwasser - rund 7 m unterhalb der Hängebank - am Schacht vorbei in die Fortsetzung des Kunstgrabens zum 4. Lichtloch zu leiten. Unmittelbar vor dieser Rösche war gleich neben dem Aufschlaggraben ein als "Fluther" bezeichneter Wasserkasten eingerichtet, über den die Rohrtour zur Turbine beaufschlagt wurde. Die Turbinenkammer befand sich direkt darunter. Von dort führte auf Höhe der Wellenlager eine Gestängestrecke zum Schacht, deren Wassersaige man wohl auch gleich zur Ableitung des gehobenen Grundwassers nutzte. Das floß zusammen mit dem Antriebswasser der Turbine über eine kurze Rösche wieder in die Bobritzsch ab.

Im Schacht waren acht Saugpumpensätze eingebaut. Das zulaufende Wasser wurde damit rund 80 m vom Schachtsumpf hinauf bis auf das Niveau der Gestängestrecke gehoben. Zwei weitere Pumpensätze, um die noch rund 14 m von der Gestängestrecke bis zur Hängebank zu fördern, konnte man sich sparen.

  


 Schematische Darstellung der untertägigen Betriebsanlagen des 5. Lichtlochs 1847 bis 1852
zurück zur Situation übertage
    

Zeichnung der Turbine am 5. Lichtloch vom Bergwerkscandidaten E. Röting
(in: Kalender f. d. sächsischen Berg- und Hüttenmann, 1849)

  

Die Anlage funktionierte so sicher, daß im Jahr 1852 noch ein weiterer Turbinengöpel für die Förderanlage hinzukam. Im Bergarchiv liegen noch Bauzeichnungen, nach denen zu vermuten ist, daß diese zweite Turbinenkammer unmittelbar neben dem Schacht ausgehauen wurde und die Förderseile von dort durch einen zweiten Schacht zunächst vertikal nach oben und über zwei Seilscheiben ins Treibehaus geführt wurden. Diese Turbine besaß - ganz genau so wie ein Kehrrad - eine doppelte Beschaufelung, um die Drehrichtung der Seilkörbe umkehren zu können.

Eine gleichartige Turbine beabsichtigte man, 1851 auch am 4. Lichtloch zu installieren, nachdem man dort einen "wasserführenden Lettengang" angefahren hatte und die Leistung des Radkunstgezeugs nicht mehr ausreichte, um die Grundwässer zu halten.

1873 hatte man dann die beiden Stollnörter auf die Gegenörter vom 4. bzw. vom 6. Lichtloch durchgehauen und baute die komplette Anlage wieder ab.

Auch am 8. und am 7. Lichtloch waren zeitweise SCHWAMKRUG-Turbinen aufgestellt. Die Turbine am 7. Lichtloch besaß einen beeindruckenden Außendurchmesser von 7,72 m.

Bergrat Friedrich Wilhelm Schwamkrug wurde am 20. Februar 1808 in Schneeberg geboren, war der letzte Kunst- und Maschinenmeister im Freiberger Oberbergamt und hätte im Jahr  2008 seinen 200. Geburtstag gefeiert. 

  


Auch hier gibt es einen "historischen" Rastplatz - natürlich aber auch ein paar neue Bänke und eine Rasthütte für schlechtes Wetter.
 

Und dazu einen Blick auf die Haldenoberfläche.
 

Vom einstigen Treibehaus sind nur ein paar Fundamente übrig. Nach meinem Dafürhalten ist auch die Tafel hier nicht ganz korrekt: Dieser Zugang liegt deutlich höher als der Kunstgraben und kann keinesfalls das Niveau der Aufschlagrösche gewesen sein...
 

Oben auf dem Fundament erinnert dieser Stein mit der römischen "5" an das 5. Lichtloch.
 

Dies ist die Fortsetzung des Kunstgrabens im gleichen Niveau wie vor der Halde: Nur ein Teil des herangeleiteten Wassers wurde auf die Turbine des 5. Lichtlochs geleitet, der andere Teil floß weiter in Richtung 4. Lichtloch... Oberhalb des Röschenmundloches die Fundamente des Treibehauses und eine Schutzhütte.
 

Auch dieses Mundloch ist komplett zugemauert.
 

Deshalb ist der weitere Verlauf des Grabens auch trocken und füllt sich nur im Frühling mit Schmelzwasser. Er ist hier etwas schmaler - zirka 1 m breit und tief - denn er leitete ja nur einen Teil des noch "ungebrauchten" Wassers weiter, sonst aber genauso wie vorher in den Hang gegraben und beidseitig mit Trockenmauerwerk eingefaßt.
 

In der nächsten Kurve kommt wieder ein Seitentälchen aus dem rechten Hang.
 

Dieser Bachlauf wird hier mit einem Schüttdamm überquert.
 

Auf der Talseite ist der Damm mit einer Trockenmauer abgefangen.
 

Ach ja: Und dort unten - nun schon rund 20 m tiefer - fließt die Bobritzsch.
 


Waren enge Seitentäler oder kleine Bachläufe zu überqueren, entschieden sich die Konstrukteure hier für Schüttdämme, deren Talseite bei größerer Höhe mit Trockenmauerung gestützt wurde. Über eine Rohrtour konnte sicher darunter hindurch der Bachlauf geführt werden.

  


Der Graben dagegen kann dadurch immer in der gleichen Höhe bleiben.
 

An dieser Stelle mußte wieder einmal eine Felsnase durchbrochen werden.
 

Genau da sind wir: Der Platz ist vermutlich nach dem am Bau beteiligten Maschinensteiger G. Beier benannt.
 

Und so geht es weiter: "Immer an der Wand lang..."
 

Da kommt noch ein Hindernis: Die Klippe mit dem Tausend-Taler-Sprung... Links unten im Bild erahnt man vielleicht gerade noch die Bobritzsch, die gleich wieder nach Westen abbiegt.
 

Der Kunstgraben dagegen führt mit der "Buchenborn-Rösche" geradewegs hindurch. Vorher hat hier wohl noch ein Striegel bestanden, von dem aber wieder nur der Mauerdurchbruch geblieben ist.
 

Dies ist das obere Mundloch, wieder schön in elliptischer Mauerung, von rechts kommt der Buchenborn - eine kleine Quelle - angeflossen.
 

Auch hier sorgen alte eiserne Gitter für eine gewisse Sicherheit, lassen aber Fledermäuse hindurch. Man sieht auch im Bild, daß die Röschen nicht geradeaus durch den Fels geschlagen wurden, sondern in Bögen.
 

Unser Weg führt diesmal wieder oberhalb der Rösche weiter...
 

..und bringt uns zu diesem schönen Aussichtspunkt. Und weil der Volksmund natürlich an solch schönen Pläzen auch gern rastet, erzählt er sich eine Sage über diesen Felsen:

Ein Bergmann - vielleicht war es der Geldbote mit den Wochenlöhnen (?) - soll einst hier mit 1000 Talern verunglückt sein. 999 davon hat man wiedergefunden... Sollten Sie also den einen fehlenden Taler entdecken, geben Sie ihn doch bitte bei der Freiberger Berg- und Hüttenknappschaft ab, damit der eine Bergmann nicht noch länger auf seinen Lohn warten muß.
 


Da unten glitzert die Bobritzsch in der Wintersonne.
 

Wenn Sie Zeit und Lust dazu haben, machen Sie doch hinter dem Kroatenstein (ein kleines Denkmal aus dem Dreißigjährigen Krieg) einen Abstecher in den Talgrund. Dort nämlich findet sich diese uralte Brücke, die einst vielleicht einmal zu einer Mühle führte, heute aber nur noch ins "Nirgendwo" führt.
 

Ungewöhnlich nämlich ist die Bauform dieses Gewölbes: Es ist kreisrund gesetzt !
 

Die Brücke überspannt auch nicht die Bobritzsch, sondern einen weiteren Graben, der direkt unter dem Tausentalersprung aus der Bobritzsch abgezweigt wurde.
 

Und zwar hier: Ein Wehr ist zwar heute im Flußlauf nicht mehr zu erkennen, die Engstelle am Felsen aber hat sich wohl dafür angeboten.
 

Der Graben ist unterhalb der Brücke noch ein ganzes Stück zu verfolgen. Hinter einem Fichtenwäldchen aber wurde er an einem Forstweg wieder in die Bobritzsch zurückgeleitet und es ist (mir) unbekannt, wohin er einst geführt haben mag...
 

Zurück zum Kunstgraben: Am Kroatenstein gibt es wieder eine kleine Schutzhütte und direkt darunter kommt auch die Buchenbornrösche wieder ans Tageslicht.
 

Ein Blick hinein...
 

Ein Blick zurück...
 

Und weiter geht`s den Kunstgraben entlang.
 

Quer durch den verschneiten Hochwald. Wie man an der Fahrspur sieht, war der Wirtschaftsweg neben dem Graben so vorausschauend angelegt, daß er auch heute noch breit genug für Fahrzeuge ist.
 

Nun aber naht das Ende.
 

Wir sind am oberen Mundloch der "Reinsberger Rösche" angekommen. Mit etwa 950 m Länge ist es die längste der Röschen entlang der Grabentour; sie kommt erst unmittelbar oberhalb des 4.Lichtlochs in Reinsberg wieder zutage. Ein erstaunliches Bauwerk - nur dazu angelegt, ein noch tiefer liegendes und noch erstaunlicheres Bauwerk herstellen zu können - den Rothschönberger Stolln, der etwa 80 m tief unter Reinsberg hindurch führt.
 

Ein Blick hinein: Der halbhohe Damm sorgt dafür, daß heute hier kein Wasser mehr hineinläuft.

 

 

Die Grabentour
5. Lichtloch

 


Setzen wir die Wanderung in Richtung Reinsberg fort... Dorthin.
 

Entlang eines alten Weges mit uralten Bäumen...
 

... hat man hinter der Anhöhe nach rechts den Ausblick ins Reinsberger Tal...
 

... und linkerhand schaut hinter dem Freizeitzentrum der dicke Turm des Reinsberger Schlosses herüber.
 

Von der Straße in Reinsberg aus entdeckt man im Winter auch das Fundament des einstigen Pulverturms am 4. Lichtloch - im Sommer ist es zwischen Gras und Strauchwerk leicht zu übersehen...
 

Und da kam früher das Aufschlagwasser aus der Reinsberger Rösche wieder an: Beim Straßenneubau wurde das untere Mundloch leider schon vor vielen Jahren zerstört und nur ein altes eisernes Rohr führt in der Erde noch bis zum Schacht.
 

Der Förderverein hat im Huthausgelände den Graben wieder geöffnet, so daß auch die Besucher dieser Schauanlage einen Eindruck von seiner Bauweise bekommen können. Unter dem flachen Dach links neben dem Treibehaus drehten sich einst Kunst- und Kehrrad.

  

Im Übrigen kann man in der Jahrbuchausgabe von 1851 in den Mittheilungen über den Rothschönberger Stolln nachlesen, was allein nur der Bau der Antriebswasserzu- und Ableitung für den Bau des Stollnabschnittes zwischen dem 4. und 5. Lichtloch gekostet hat:

"Die von der Bäckermühle in Krummenhennersdorf über das fünfte und vierte Lichtloch des fiscalischen Rothschönberger tiefen Erbstollens hergestellte Bobritzschbach-Wasserleitung, bestehend in

  • 806,7 Lachtern Röschen,

  • 830,45 Lachtern offenen gemauerten Gräben,

  •   96,9 Lachtern Abzugsrösche beim vierten,

  •   48,9 Lachtern Abzugsrösche und Graben beim fünften Lichtloche, und in

  • 167 Lachtern Aufschlagsgraben mit 8 Lachtern Spundstück für die Nieder- Reinsberger Mühle,

hat überhaupt 79.293 Thlr. 9 Ngr. 7 Pf. gekostet."

Es ist immer wieder faszinierend, mit wieviel Geschick die Vorfahren die ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ausgenutzt haben. Schon, weil der Bau einer solchen Anlage eine langwierige Sache war, nahmen sie sich wohl auch mehr Zeit als wir heute zum Überlegen und zur Suche nach der cleversten Lösung. 

Freilich muß man auch eingestehen, daß der Bau des Rothschönberger Stollns - wenn man so will - eigentlich eine "Investruine" war. Er wurde bekanntlich  im Jahre1844 angeschlagen. Fast zeitgleich, nämlich 1846, stand die erste Dampfmaschine auf dem Schacht Alte Elisabeth zu Freiberg. Die Wasserkraft wurde von moderneren Antriebsmaschinen überholt...

Uns bleibt nur das Staunen über die Findigkeit der Alten und - der Rückweg.

Man kann die Tour genausogut von Reinsberg aus machen und hat dann obendrein die Möglichkeit, an warmen Sommertagen hinterher ins Freibad zu hüpfen, um sich zu erfrischen. Das Tal ist zwar schön schattig und auch im Sommer angenehm kühl - die kleinen Anstiege zwischendrin haben es aber durchaus in sich. Und im Sommer reicht die "Bober" - wie sie auch genannt wird - bestenfalls für ein Fußbad... Viel Spaß beim Wandern !

Glück Auf !

J. B.

Wer nicht zurücklaufen möchte, sondern sich auch das 4. Lichtloch ausführlich anschauen möchte, klicke bitte hier hin: 4. Lichtloch.

 


Noch ein paar Winter- Impressionen zum Genießen...
 

 Der vereiste "Porzellanfelsen".
 

 Und das winterliche Bobritzschtal.
 

 
 

 

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