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Ein Beitrag von www.unbekannter-bergbau.de

  

Ein Fundstück in Niklasberg / Mikulov:
Ein Walzenhunt

Erstellt März 2018.

  


 

Manchmal geschehen Zeichen und Wunder und dies ist so eines! Es ist schon sehr selten, daß von unseren Altvorderen Zeugnisse aus Holz in gutem Zustand erhalten sind. Meistens sind es Helme vom Gezähe oder Fragmente einer Fahrt oder auch mehr oder weniger funktionaler Ausbau eines Schachtes. Das Auffinden einer Karre oder eines Huntes grenzt schon an ein Wunder und ist wirklich höchstselten. Doch von Niklasberg sind wir ja Überraschungen gewöhnt. So war auch der Walzenhunt, der dort bei Aufwältigungsarbeiten aufgetaucht und vollständig erhalten ist, eigentlich keine… Der Erhaltungszustand ließe sogar eine Bergung zu, doch dieses Artefakt soll weiterhin am Fundpunkt untertage bleiben, was auch uns so richtig scheint.  

Der Walzenhunt stellt generell eine Besonderheit für das Sächsisch- Böhmische Erzgebirge dar. In der Regel sind in unseren Regionen nur „gleisgebundene“ Grubenhunte bekannt. Die ältesten Bauformen davon sind deutsche und ungarische Grubenhunte. Beide liefen auf im Stolln bzw. in den Strecken verlegtem Tragwerk. Der Unterschied war nur die „Lenkung“ der beiden Förderfahrzeuge und daraus resultierende bauliche Modifikationen. So liefen der deutsche, wie auch der ungarische Hunt nur auf dem Tragwerk und hatten vorne zwei kleinere Räder von schmaler Spur und hinten große Räder von breiter Spur. Der deutsche Hunt wurde durch einen „Spurnagel“ in einer Spalte zwischen die Pfosten des Tragwerkes geführt. Beim ungarischen Hunt fehlte diese Führung.  

Der Walzenhunt war ein früher Vorfahre unser heutiger „Gleislos- Technik“ und konnte sowohl auf Tragwerk, als auch auf fester (geschlägelter) Sohle oder auf einem Trampelhorizont aus Lehm oder Sedimenten gefahren oder richtiger „gestoßen“ (geschoben) und auch hinter sich her gezogen werden. Es war eher eine Mulde mit zwei darunter angebrachten hölzernen Walzen. Bekannt war diese Konstruktion auch aus dem Mansfelder Kupferschieferbergbau als „Strebhunt“. Die nach Arbeit suchenden und durch halb Deutschland und Europa ziehenden Bergleute verbreiteten solche technischen Lösungen – heute würden wir es „Technologietransfer“ nennen.

  

In der Literatur ist zu dieser Konstruktion auf den ersten Blick kaum etwas zu finden. Beim tiefgründigen Suchen stoßen wir wie schon bemerkt auf das Mansfelder Kupferschieferrevier. Im Bergbaulexikon von Heinrich Veith ist er vermerkt. Doch wird ihnen generell das „hundsein“ abgesprochen. Veith bevorzugte auch in seinem Werk die Bezeichnung „Hund“ und nicht „Hunt“ und schreibt:

„ …Die als Schlepp- und Flözhunde bezeichneten Fördergefäße sind keine Hunde mehr, sondern nähern sich den Wagen, sie sind eigentlich Schlepptröge mit Walzen oder Rädern statt der Kufen und werden wie jene örtlich in niedrigen Abbauen bei sehr flachen Fallen angewendet, z. B. im Mansfeldischen, im Schaumburgischen. Diese Hunde laufen meist auf natürlicher Sohle, haben niedrige Kasten entweder auf nahe an einander liegenden Walzen oder auf 4 Rädern...“

Für Niklasberg auf den niedrigen Feldstrecken, die zu den Abbaubereichen führen, ist der Einsatz einer solchen Huntebauart sicher ideal, doch für eine Förderung auf dem Hauptstolln zum Haldensturz hin eher unrationell. Wie genau dieser Walzenhunt auf dem Lehnschafter Stolln eingesetzt wurde, können nur unsere Vorfahren sagen. Wir gehen daher davon aus, daß dieser Walzenhunt aus der Zeit des 19. Jahrhunderts, also aus der letzten St. Niklasberger Betriebsperiode stammt.  

Der Erhaltungszustand des Huntes ist wirklich sehr gut und wird auch in der nachfolgenden Bildergalerie sichtbar.

 
Der Fundpunkt befindet sich auf Niveau des Lehnschafter Stolln außerhalb des für Besucher zugänglichen Bereiches in einem noch nicht vollständig aufgewältigten Stollntrakt. Daher wird den Besuchern dieser schönen Grube dieser Fund leider noch vorenthalten. Auf der anderen Seite ist dieser Umstand der weiteren Erhaltung des Artefaktes dienlich, weil kaum Organismen aus dem übertägigen Bereich (außer mit dem natürlichen Wetterzug) dorthin gelangen und damit die Substanz zerstören könnten. Inwieweit die Betreiber der Grube den Besucherweg dorthin ausbauen, werden wir später sehen.

  

 

 

Einfahrt bis zum Fundpunkt...

 


Wir fahren auf einem Flügel des Lehnschafter Stollns weiter in das Grubenfeld. Foto: D. Oehme

  


  Die auffällig großen Bohrlöcher verweisen auf die Anwendung der Bohr- und Schießarbeit. Foto: D. Oehme

  


Jedoch ist eine Aussage zum Zeitraum nicht zu treffen, da uns die entsprechenden Hintergrundinformationen zum Böhmischen Bergbau momentan fehlen. Foto: D. Oehme

    


Der Ausbau des Stollnflügels stammt mit Sicherheit aus dem 19. Jahrhundert. Leider fehlen auch hierzu nähere Angaben. Foto: D. Oehme

  


Versatzkasten unter einem Firstenbau über dem Stollnflügel. Foto: D. Oehme

 


Streckenauffahrung ohne Nachriß. Foto: D. Oehme

  


Hier haben die Vorfahren angesetzt, die Strecke mit Schlägel und Eisen zu verbreitern... Foto: D. Oehme

 


Feine Schlägelarbeit... Foto: D. Oehme

 


Die Prunen sehen aus, als hätten die Vorfahren noch gestern hier gearbeitet. Foto: D. Oehme

  


Noch einmal das Streckenprofil. Foto: D. Oehme

 

 

 

Das Fundstück...

 

Dieser Bereich liegt in Nähe eines Schachtes, der leider verfüllt ist und das Ende dieses Flügels des Lehnschafter Stollns bildet.

   


Kurz vor Erreichen des Schachtes – der befindet sich im Foto hinter Pavel ... Foto: D. Oehme

  


...liegt eine Fahrt aus der letzten Betriebsperiode der Grube in der Strecke. Foto: D. Oehme

   


Da liegt er... Der Walzenhunt. Nachfolgend aus verschiedenen Ansichten fotografiert. Foto: D. Oehme

 


Da er auf dem Kopf liegt, sind die walzenförmigen Rollen gut zu erkennen. Foto: D. Oehme

 


Nochmal etwas näher... Foto: D. Oehme

 


...von oben. Foto: D. Oehme

 


Die Achsen der Walzen sind in zwei schmiedeeisernen Bändern gelagert. Foto: D. Oehme

 


Weil's so selten ist zu sehen ist... Foto: D. Oehme

 


Eines noch ‒ dann geht es wieder zurück. Foto: D. Oehme

 

Wir hoffen, daß dieses einmalige Artefakt noch lange erhalten bleibt und es auch spätere Generationen noch in Augenschein nehmen können.

Glück Auf!

L. M.

  

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