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Ein Beitrag von www.unbekannter-bergbau.de

Erstellt September 2013, letzte Aktualisierung April 2017.

  

 
 

Fundstücke aus Dippoldiswalde  

Archäologische Funde aus der Unterwelt von Dipps wurden leider bisher nur in der Sach- und Fachliteratur bekannt und ausführlicher beschrieben, somit sind dem „normal“ interessierten Bürger diese Informationen nicht immer und nicht immer richtig zugänglich. Es sei denn, dieser hat Kenntnis über diese speziellen und nicht immer preiswerten Publikationen oder weiß wo eine Einsichtnahme möglich ist. Zumindest ist dies 2013 noch so! Die Ausstellung zu diesem Thema vermittelt nur einen kleinen Eindruck.

Nun wollen wir hier an dieser Stelle einmal eine kleine Auswahl an Funden oder Artefakten einem breiteren Publikum über das Medium „Internet“ vorstellen. Aufgefunden wurden sehr viele Artefakte nicht von den Archäologen, sondern von den dort tätigen Mitarbeitern des Freitaler Bergsicherungsbetriebes. Diese sind ja „vor Ort“ tätig und immer die Ersten, denen solche Funde vor die „Füße fallen“. Erst nach „telefonischer Alarmierung“ kommen dann die Archäologen, also die Fachleute für die Dokumentation, Bergung und Konservierung solcher Funde. Eigentlich entstehen erst ab diesem Zeitpunkt die Bilddokumente der Funde, die dann auch in den Publikationen zu finden sind. Doch es gibt auch noch andere Aufnahmen.  

Sämtliche Bilder der nachfolgenden Galerie wurden in erster Linie von Mitarbeitern des in Dipps tätigen Bergsicherungsbetriebes und nicht von den Archäologen erstellt und zeigen die Funde somit auch aus der Sicht des dort tätigen Bergmannes. Dies spiegelt sich besonders in der bildlichen Dokumention zum „Auffindezeitpunkt“ der jeweiligen Artefakte wieder! Die Bilder entstanden während der Zwangspausen – hervorgerufen eben durch diese Funde – in der eigentlichen Sanierungsarbeit und dies teilweise auch nur flüchtig und mit den gerade zur Verfügung stehenden Mitteln wie Halogenstrahler, LED-Kopflampe und handlicher Kompaktkamera, einfach um nur weiter arbeiten zu können.  

Alle nachstehenden Bilddokumente stammen von Thomas Witzke aus Glashütte, die er uns in dankenswerter Weise zur Verfügung gestellt hat. Ebenso auch die vielen kleinen Hintergrund- Details zu den einzelnen Funden. Sämtliche Bilddokumente beziehen sich auf den Untersuchungsschacht 8 und mit einer Ausnahme auf den Schacht 7 im Arbeitsgebiet rund um die Pension Göhler.

  


Zum besseren Verständnis noch einmal die Skizze mit den verschiedenen Baufeldern auf dem mittleren Sonnenberg im Bereich der B 170 und Glashütter Straße. Hier liegen auch die Auffindungsstellen der nachstehend beschriebenen Artefakte.
 

 

 

   

Der Fund einer nahezu vollständigen Fahrt  

Waren auf den Baustellen in Dipps bis 2010 Funde von Fahrten – gemeint sind die bergmännischen Leitern zur Überwindung vertikaler Hindernisse –  zwar in einem rekonstruierbarem Zustand, aber nur als Fragmente erfolgt, so stellte der Fund einer nahezu vollständig erhaltenen Fahrt im Untersuchungsschacht 8 auf dem Grundstück der Pension Göhler schon eine kleinen Sensation dar! Nun war es erstmals möglich, direkte Vergleiche zu den Fahrten aus dem 16. bis 19. Jahrhundert anzustellen, die uns ja aus Beschreibungen, amtlichen Regularien und ebenfalls als Funde in anderen Gruben des Altbergbaus gut bekannt sind.

In einem Abbau oder auch Schacht – dies ist im Dippser Uraltbergbau mitunter eins – etwa 14 m südlich des Untersuchungsschachtes 8 auf dem Niveau – 18 m unter der Hängebank befand sich der bemerkenswerte äußerst gut erhaltene Fund. Bei der Freilegung des benannten Abbaus im Juli 2010 schauten plötzlich zwei parallel verlaufende halbrunde Hölzer aus der Verfüllmasse und ermahnten zu einer vorsichtigen Freilegung des Abbaus.

 


Am Anfang waren nur zwei aus der Masse ragende Hölzer neben einem Querholz sichtbar.
  


 Die Fahrt war ursprünglich an diesem Querholz (Einstrich) befestigt – in den Publikationen fälschlicherweise als „Fröschel“ bezeichnet. Aber nicht mittels  Fahrtenhaspen sondern nur mit Bastschnur (!).
 


Nun schon langsam als Fahrt erkennbar. Von der ehemaligen runden Sprosse ist nicht viel übrig geblieben.
   

  
Die weitere Freilegung bestätigt nun die wohl vollständig erhaltene Fahrt – ein diesmal wirklich sensationeller Fund! Eine Besonderheit ist schon jetzt sichtbar. Die Fahrtschenkel, Bäume oder Stangen (wie die Holme im Bergbau auch heißen), sind halbrund ausgeführt und mit der Rundung nach außen verbaut. Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zu den Fahrten des 17. bis 19. Jahrhunderts!
  


Gesamtansicht des Abbaus mit der historischen Fahrt – rechts im Bild – während der weiteren Freilegungsarbeiten. 
  


Nun mit staunenden Archäologen. 
  


Während man das Tiefste des Abbaus erreichte zeigten sich noch weitere Artefakte des einstigen Abbaus unserer frühen Vorfahren.
  


An dieser Stelle kam neben einigen Schachthölzern und Sprossen unserer Fahrt sogar eine Haspelwelle zum Vorschein. Der Schacht selber ging noch weiter, wurde aber nicht freigelegt. Somit bleibt offen, ob noch eine weitere Fahrt vorhanden ist.
  


Noch einmal die Gesamtansicht der Fundstelle von einem erhöhten Platz aus gesehen. 
   


Die auf die Seite gestellten Fundstücke während der weiteren Beräumung des Abbaus.
 


Etwas merkwürdig und bis heute noch nicht zu deuten – ein Rundholz von etwa 10 cm Durchmesser und 60 cm Länge mit einer etwa 4 cm breiten und ebenso tiefen Nut.
 


Nicht, wie bisher angenommen die Sprosse einer Fahrt, sondern noch nicht zu deuten ist dieser Fund - steht aber mit dem vorherigen Fund irgendwie in Verbindung.
 


Die Welle einer Handhaspel.
 


Das untere Ende der Fahrt nach der vollständigen Freilegung des Abbaus.
   


Aufgrund ihrer Größe ist sie nur abschnittsweise fotografierbar.
    


Die Fahrt ist äußerst schmal – nur eine Stiefelbreite – und die Sprossenabstände sind recht groß – gut einen halben Meter.
  


Vorbereitung zur Bergung...
  


Eigentlich sollte die Fahrt im Ganzen geborgen werden...
  


Hätte den Archäologen etwas Arbeit gespart...
  


Doch aufgrund der Platzverhältnisse war dies unmöglich.
  


Die Fahrt wurde also von der Bergsicherung zerlegt und in Einzelteilen zu Tage gebracht.
  

 

Die aufgefundene Fahrt wies noch eine Länge – wohl sogar die originale Länge – von 514 cm auf, hatte noch 13 Sprossen und war gut 35 cm breit. Die halbrunden Holme der Fahrt (oder auch Stangen, Fahrtschenkel oder Bäume – alles bergmännische Bezeichnungen für die Holme) waren aus halbierten Rundhölzern hergestellt und jeweils mit der Rundung nach außen verbaut. Es ist aber nicht genau bekannt, ob die Hölzer dafür gespalten oder gesägt wurden. Die Sprossen oder Schwingen der Fahrt sind gut 2 – 3 cm dick, rund ausgeführt und im Abstand von gut 50 cm in die Fahrt eingepasst. Die Fahrt war nicht auf der Sohle aufgestellt und hing vermutlich nur an dem oberen Einstrich und der Bastschnur- Befestigung. Ein „Fröschel“ – also ein im Fahrschacht auf den Einstrichen befestigtes Querholz – war nicht mehr vorhanden.  

Eine direkte zeitliche Einordnung der Fahrt ist bisher noch nicht bekannt – vielleicht aufgrund der geringen Abmessungen der Holme auch nicht möglich. Jedoch wurden die Beifunde in Form verschiedener Hölzer im Schacht in die Zeit zwischen 1187 (sogar mit Waldkante) und 1224 durch dendrochronologische Untersuchungen datiert und auch so publiziert. 

Demnach ist dieser Grubenbau für einen Zeitraum von nahezu 40 Jahre für den Dippser Bergbau von Bedeutung gewesen, was aber an anderer Stelle noch durch die Gerinne aufgezeigt wird. Die Fahrt dürfte demzufolge mit in diesen Zeitraum passen und stellt wohl ein herausragendes Fundobjekt aufgrund des Erhaltungszustandes und seiner Vollständigkeit dar. Interessant ist auch ein Vergleich mit den Fahrten des 17. bis 19. Jahrhundert. Doch dies werden wir uns mal für einen anderen Beitrag in unserer Technik- Rubrik aufheben...

 

 

 

   

Weitere Holzfunde aus dem Untersuchungsschacht 8

Sie ergeben oft ein verworrenes Bild. Die Deutung und Dokumentation der Funde wird nämlich dadurch erschwert, dass sehr selten mehrere Untersuchungsschächte gleichzeitig offen waren, sondern nur nacheinander nach Bedarf angelegt wurden und somit bei komplexen Fragen zum Aufbau des zu gesamten Grubengebäudes nicht mehr fahrbar waren.  

Weil diverse Fragen am besten „vor Ort“ zu beantworten sind, ist es „stückchenweise“ und im Nachgang nicht nur für die Archäologen – für die das Thema Bergbau in ihrer täglichen Arbeit auch ein gewisses Neuland darstellt und auch so sichtbar wird – sondern auch für uns sächsische Bergbauenthusiasten nicht immer einfach, ein vorliegendes Ensemble an Funden auseinander zu „fitzen“ und immer eine richtige Deutung der ganzen Situation und die schon sehr komplizierten Zusammenhänge dieses mittelalterlichen Bergbaukomplexes zu ermitteln und zu erkennen.  

Dieser Umstand führt natürlicherweise zur Ausbildung sehr unterschiedlicher Meinungen, die mitunter sehr gegenteilig sind und je nach Kenntnisstand und Bekanntheitsgrad des jeweiligen Meinungsvertreters Beachtung und Eingang in die amtlichen Dokumentationen finden. Mitunter finden sich in diesen Dokumentationen – aus bergbautechnischem Blickwinkel betrachtet – fragwürdige Ansichten und Interpretationen, die gleichermaßen undeutlich wie ungesichert sind. Ansichten, Ergebnisse oder Erfahrungen der ehrenamtlichen Bergbauenthusiasten sowie aus der experimentellen Archäologie bleiben bisher nahezu unbeachtet!  

Dieser eben benannte Umstand wird besonders beim Thema „Entwässerungsstolln“ in diesem mittelalterlichen Grubenkomplex sehr deutlich. Obwohl nur ein Bruchteil des Grubenfeldes und eben nur oberflächennah und nicht zusammenhängend – also gleichzeitig – sondern nur nacheinander montanarchäologisch untersucht wurde, gibt es die manifestierte Meinung, dass solche Stolln oder auch Strecken hier nicht existierten, zumindest bis 2016. Auf der Tagung ArchaeoMontan in Kadaň am 30./31.03.2017 wurde erstmals öffentlich zugegeben, dass im mittelalterlichen Bergbau von Dippoldiswalde  Entwässerungsstolln  existieren, bisher sträubte man sich vehement dagegen. Der Vortrag von Susann Lentzsch und Volkmar Scholz über Bergbautechnologie und Betriebsabläufe in mittelalterlichen Bergwerken ist auch im Tagungsband „Silberrausch und Berggeschrey“ auf S. 122 folgendermaßen zu diesem Thema im Abschnitt „Wasserhaltung“ zitiert: „Eine Lösungsmöglichkeit bestand in der Heranführung eines Stolln aus dem nächstliegenden benachbarten Tal, über den das Grubenwasser im freien Gefälle zur Vorflut abfließen konnte. …“ Im Vortrag wurde für Dippoldiswalde explizit die Entwässerung in den nahe gelegenen „Kreuzbach“ und der „Weißeritz“ betont.

Jedoch sind die Funde von aufwendigen Gerinnen, Wassersammelbecken und Ausgussstellen an Gerinnen auf etwa immer demselben Höhenniveau – für den Verfasser als außen stehenden Betrachter – ein Hinweis auf ein ausgeklügeltes Wassermanagement der mittelalterlichen Bergleute. Auch sind bisher 2 solcher Stolln aufgrund der eben erwähnten Befunde bekannt. Zum einen gab es einen oberen Stolln der in die „Kreuzbach“ unweit der Glashütter Straße entwässerte und zum anderen einen tiefen Stolln in Richtung „Weißeritz“.  Sicher verlief der bislang bekannte tiefste „Entwässerungsstolln“ nicht auf dem tiefsten Niveau und kamen kaum im Bereich der Talsohle zur „Weißeritz“ heraus, doch wurde sicher eine Wasserableitung auf einem „tiefen“ Niveau realisiert und heute uns durch die vorhandenen Gerinne auch sichtbar. Sicher ist dieser tiefe „Entwässerungsstolln“ auch nicht separat angelegt – so wie wir das aus späteren Zeiten kennen - und so in das Grubenfeld geführt worden, sondern vielmehr ein Konglomerat aus Strecken, Abbau, Schachtfüllörtern und Durchschlägen zwischen einzelnen Grubenbauen entstanden und wohl sogar Kaskadenförmig in Richtung der „Weißeritz“ angelegt. Dieser Umstand erschwert natürlich das Erkennen eines solchen Bauwerkes...

Die nachstehende Bildergalerie zeigt Gefluter sowie Geflutertteile in einem Bereich der auf etwas höherem Niveau zu späteren Zeiten durch eine hier nicht dokumentierte Eichenholz- Getriebezimmerung „repariert“ wurde. Dabei wird anhand der unterschiedlichen dendrochronologischen Ergebnisse ein größeres Zeitfenster deutlich, dass auf eine längere Nutzung und vor allem auf gewisse Wichtigkeit dieser Einrichtungen für den Grubenkomplex hinweist. Diese wird wiederum durch den Nutzungszweck – der Wasserabführung – untermauert!

 


Die Fundsituation mit etlichen noch nicht deutbaren Holzteilen.
  


Noch einmal etwas näher.
 


Ein spezielles Rundholz mit Verblattung ist zu erkennen. Die anderen Hölzer liegen darin.
 


Der Teil eines Gerinnes wird sichtbar oder ? 
 


Ein weiteres langes Holz des älteren Gerinnes. 
 


Hier liegt vermutlich das Fußholz von einem Türstock - ganz sicher ist auch dies aber nicht zu deuten.
 


Gut an der eigenartigen Verblattung zu erkennen.
 


Noch etwas freilegen und mit Maßstab versehen.
 


Aus der Nähe betrachtet...
 


...und hier nach der Bergung aus dem „Holzberg“. Gut 80 cm ist das Holz lang. Auch hier kann man aus heutiger Sicht nicht genau sagen ob dieses Holz wirklich zu einem Türstockausbau der darüber liegenden Getriebezimmerung aus Eichenholz gehört – nur ein Hypothese!
  


Es handelt sich gar nicht um eine richtige „Verblattung“, sondern vielmehr um längliche Aussparungen für eine für damalige Verhältnisse sicher kompliziert anzufertigende, zapfenartige Verbindung zwischen Stempel und Fußholz. Da steht doch die Frage im Raum: War dies zur damaligen Zeit untertage überhaupt technisch möglich und wenn ja, wie?  Die wohl bisher aufwendigste Art für einen Türstockausbau und eigentlich so bisher völlig unbekannt!
 


Der Gefluterkasten ist in einem Führungsholz gelagert und ist über einem wohl schon vorher hier verlaufenden Gerinne angelegt.
  


Das darunter liegende Gerinne ist in zwei Teile zerfallen. Es dürfte sich dabei um ein aus einem Holzstamm gebeiltes Gerinne gehandelt haben.
 


Blick in die hintere Hälfte des Gerinnes mit seiner früheren Fortsetzung. 
  


Bis hier reichte das alte Gerinne noch.
 

   

 

Zum besseren Verständnis der Fundsituation:   

Der Fundkomplex bestand aus einem „älteren“ Gerinne, über das ein „neueres“ Gerinne gebaut wurde. Das ältere Gerinne wurde durch die bisherigen Bilder dokumentiert und gehört zum „Rinnensystem“ aus der Zeit um 1224. Dieses Jahr ist auch durch eine dendrochronologische Untersuchung belegt.  

Der darüber liegende Gefluter ist aus „neuerer“ Zeit und mittels Dendrochronologie (mit vorhandener Waldkante) sicher in das Jahr 1273 datiert. Dieser neuere Gefluter besteht aus zwei Hälften, die formschlüssig zusammengefügt und mittels eines speziell dafür angefertigten Lagerungsholzes gehalten wurden. Beide Teile sind 36 cm hoch, ergeben zusammen eine Breite von 59 cm und sind 265 cm lang. Beide Gefluterteile besitzen an Ihren Enden verblattungsartige, schräge Flächen zum Anschluss an nachfolgenden Gefluter. 

Weiterhin befand sich gut 1 m über dem Fundkomplex eine Getriebezimmerung aus Eichenholz und ist durch das Fußholz des Türstockes belegt. Vom Fußholz sind Bilder vorhanden, leider nicht von der Getriebezimmerung.  

Der Wasserweg und der sich daraus ergebende Sinn stellt sich nun folgendermaßen dar, wenn man frühere Belege hierzu von den vorangegangenen Baustellen mit einbezieht:  

Das Wasser floss vom Untersuchungsschacht 1 direkt unter der Pension Göhler über den Abbau, wo sich der Fundkomplex befindet, gut 20 m südlich vom Untersuchungsschacht 8 weiter auf einem Querschlag unter der B 170 in Richtung Weißeritz. Auf demselben Höhenniveau konnten in zwei anderen Baustellen auf der anderen Seite der B 170, sowie in einer Baustelle direkt an der B 170 und damit gegenüber der Pension Göhler um 1995/97 ähnliche Strukturen von den Mitarbeitern des Bergsicherungsbetriebes beobachtet werden. Im Bereich des Untersuchungsschachtes 1 hat man sogar eine Radstube (!) festgestellt, aber nur teilweise aufgewältigt.  

Diese neue, größere und zweiteilige Rinne schneidet oder ersetzt das Rinnensystem von 1224, welches damals vermutlich unbrauchbar oder zu klein für die Wassermengen war, oder auch durch einen Verbruch –  deshalb die Aufwältigung durch die Getriebezimmerung aus Eichenholz – im Bereich der Fundstelle zerstört war.  Somit haben hier die Bergleute um 1273 den Stolln wieder aufgewältigt, um das Wasser aus dem Schacht 1 unter der Pension Göhler und der dortigen Radstube abzuleiten.  

Bereits um 1224 hatten die Bergleute diesen Bereich von dem angrenzenden Schacht mit der aufgefundenen Fahrt – siehe Beitrag weiter oben – durch einen Verzug verbaut, da auf dem abgebauten Schaarkreuz der dort vorhandenen Gänge sicher schon Ablösen vorhanden waren. Nur die alte Rinne von 1224 ging noch auf 2 m Länge durch bis  zum Stolln und war mit dicken Hölzern als Schutz abgedeckt, was wohl auch ein Hinweis auf die Wichtigkeit für diesen Wasserweg ist!  

Die Anfertigung der Gefluterrinne aus zwei Teilen ist äußerst bemerkenswert. Eine aus einem Stamm gebeilte Rinne hätte man wegen ihrer Größe nämlich kaum bis vor Ort bekommen, da die Grubenbaue einfach in ihrer lichten Weite zu klein sind. Dieser Umstand wurde durch die handwerklichen Fähigkeiten der damaligen Stellmacher, Brunnenbauer oder Zimmerer ausgeglichen und man hat solche Teile einfach als mehrteiligen „Bausatz“ gefertigt, was wiederum auch ein Beleg für eine sehr hochentwickelte handwerkliche Infrastruktur von Dipps ist.

 


Nun wird der neuere Gefluterkasten geborgen.
 


Gut zu erkennen ist die Anfertigung als zweiteilige Rinne. Die Trennung in der Mitte ist keine Bruchfläche, sondern eine säuberliche Trennung!  Die schrägen Anschlussflächen zur nächsten Rinne an der Stirnseite sind ebenfalls schon gut sichtbar.
   


Hier die schrägen Paßflächen von vorn. .
  


In diesem speziell ausgesparten Rundholz waren die zwei Teile der Rinne in einer Art Formschluss gelagert. Die Schlammablagerung in der Mitte der Aussparung belegt den Umstand der Zweiteiligkeit der Rinne. Ein Beleg für den sehr hohen Stand des dem Bergbau zur Verfügung stehenden Handwerks.
  

   

 

Eine weitere hölzerne Rinne aus Untersuchungsschacht 8    

Ebenfalls Juni/Juli 2010, aber nördlich vom Schacht wurde ein weiteres Gerinne aufgefunden. Diese gehört aufgrund des Alters mit zum Komplex von Gerinnen aus der Zeit um 1222/24. Belegt wurde das Zeitfenster anhand zersägter Teile und eingebauter Grubenhölzer. Dabei sind aber auch weitaus ältere Hölzer aufgefunden worden und das gesamte Zeitfenster reicht bis 1180 zurück.

 


Blick in die 30 bis 40 cm „breite“ Strecke mit dem aufgefundenen Gerinne.
  


Das Gerinne ist etwa 30 cm breit.
  


Der weitere Streckenverlauf nun schon oberflächlich beräumt und die Rinne kann sukzessive freigelegt werden.
  


Nach dem Beräumen der aufgelagerten Masse kommt eine etliche Meter lange Holzrinne zum Vorschein.
 


Die Rinne ist wohl in diesem Bereich fast vollständig erhalten.
  


Nur noch ein restliches Stück freilegen...
  


...mit Wasser abwaschen und wieder ist ein Zeitzeuge des Dippser Bergbaus freigelegt.
    


Weit über 2 m Länge misst dieser Fund.
  


Hier noch einmal aus anderer Perspektive.
  

   

 

Bergung einer weiteren hölzernen Rinne aus Untersuchungsschacht 8    

Ebenfalls im Jahr 2010. Dabei handelt es sich um einen Einlauf aus einem Schacht in das umfangreiche Rinnensystem zur Entwässerung des Grubenkomplexes. Wie schon vorher erwähnt handelt es sich um ein Rinnensystem das von 1222/24 bis wenigstens 1273 in Nutzung war.

 


Dieses Rinnenfragment liegt nicht mehr so da, wie es einst eingebaut wurde.
  


Bei weiterer Freilegung wird das Fehlen einer Seite sichtbar.
   


Solche Gerinne wurden aus einem ganzen Stück Stamm hergestellt. Gut zu erkennen auch der schräge Anschnitt für das Ansetzen der nächsten Rinne.
   


Noch einmal die Fundsituation mit den üblichen Maßlatten. Demnach lag die lichte Weite des Gerinnes bei fast 40 cm.
 


Auch der Rand des Gerinnes ragt fast 30 cm auf.
  


Vorbereitung zur Bergung der Rinne durch die Archäologen des Landesamtes.
  


Neben der genauen Sondierung über Zustand und Lage, die ja für die Bergung unerlässlich sind...
  


...gehört auch eine Vermessung und Dokumentation der gesamten Situation dazu.
 


Neben der Fotografie ist die zeichnerische Dokumentation nach wie vor ein wichtiges Dokumentationsinstrument.
  


Damit bei Bergung im Schacht, sowie anschließenden Transport und vorläufiger Lagerung in den Werkstätten des Landesamtes bis zur Konservierung keine Beschädigung des Fundes erfolgt und auch der ursprüngliche Wassergehalt des Holzes erhalten wird, muss das Fundstück mit Kunststofffolie eingewickelt werden. 
  


Was bei Größe und Gewicht nicht immer einfach ist...
  

   

 

Noch eine Rinne aus Untersuchungsschacht 8    

Hierbei handelt es sich eigentlich um die erste südlich vom Schacht 8 aufgefundene Rinne im März 2010. Zeitlich wird dieser Fund dem Rinnensystem von 1222/24 zugerechnet. Am Fundort wurden aber noch drei Kappen festgestellt, die aus früherer Zeit stammten. Die älteste Kappe wurde in das Jahr 1186 datiert. Eine weitere Rinne mit Waldkante konnte dem Jahr 1211 zugeordnet werden. In einem weiter in die Tiefe führenden Schacht sind zwei Spreizen mit Waldkante geborgen worden und konnten dem Jahr 1190 zugeordnet werden.

Daraus ergibt sich ein Zeitfenster, wonach dieser Grubenbau von wenigstens 1186 bis 1222/24, also wenigstens 40 Jahre bergbauliche Bedeutung hatte. Dies spiegelt sich besonders in der Streuung der dendrochronologisch ermittelten Jahreszahlen wieder und lässt auf eine gezielte „Instandhaltung“ dieses Grubenbaus schließen. Damit liegt auch ein Hinweis vor, der den Betrieb der tieferen Schächte noch in die Zeit vor Anlage des im Untersuchungsgebiet festgestellten Entwässerungssystems, also vor 1222/24 datiert. 

 


Fundsituation im März 2010.
  


Gesamtansicht in der Strecke.
  


Die schon freigelegte Rinne...
  


…..“aufgebahrt“ auf einem Huntefahrgestell der Bergsicherung Freital.
 


Ansicht von der Stirnseite...
 


...hier mit Größenvergleich. Gut 30 cm breit aus einem ganzen Baumstamm hergestellt, vermutlich mit einem speziell geformten Beil ausgearbeitet.
  


Noch einmal eine Gesamtansicht.
 

   

 

Eine Rinne mit "Einlauf"    

Der Fundort befindet sich wieder im Untersuchungsschacht 8 auf der -18 m Sohle in südlicher Richtung. Genau an unserem Fundpunkt der vollständig erhaltenen Fahrt! Das Gerinne mit Einlauf gehört wiederum durch dendrochronologische Untersuchungen zum Rinnensystem von 1222/24 und ist im Juni 2010 noch vor der „Fahrt“ entdeckt und auch geborgen worden. Dabei lag das obere Ende der Fahrt nur etwa 20 cm unter dem Gerinne mit Einlauf... 

Dieser Fund ist wiederum eine Besonderheit und auch ein Alleinstellungsmerkmal für den Dippser Bergbau. Um das aus dem Schacht geschöpfte oder gehobene Wasser „verlustfrei“ in eine Ablaufrinne einzuleiten – also dem untertägigen Entwässerungssystem zuzuführen – ist eine Art „Einlauf“ an eine Holzrinne erforderlich. Doch stellt sich hier die Frage, warum diese Einrichtung und dieser Aufwand der frühen Dippser Bergleute? Könnte es sich hier um eine Ausgußstelle handeln, wo ein Gefäss mit keiner festen statischen Form benutzt wurde, ein Bulgen vielleicht, also ein lederner Wasserbehälter?

Die nachfolgende Bildergalerie lässt diese Vermutung zu. Vor allem wenn man sich die Geometrie, Lage und Größe des Einlaufes von fast einem halben Quadratmeter und den empfindlichen Ledersack - darauf verweist auch Agricola noch einige hundert Jahre später – zum Schöpfen des Wassers vor Augen hält, ist der Zweck dieser Einrichtung schon logisch – doch dies ist die persönliche Meinung eines Bergbauenthusiasten. Die amtliche Interpretation dieses Fundes ist bislang noch alles andere als logisch, zumindest bis in das  Jahr 2016. Ein wohl gewaltiges Umdenken setzte in letzter Zeit ein! Der Vortrag von Susann Lentzsch und Volkmar Scholz – Bergbautechnologie und Betriebsabläufe in mittlealterlichen Bergwerken – auf der Tagung ArchaeoMontan in Kadaň am 30./31.03.2017 ist auch im Tagungsband „Silberrausch und Berggeschrey“ auf S. 122 folgendermaßen zu diesem Thema im Abschnitt „Wasserhaltung“ erwähnt: „ … Eine dritte Variante ist die Wasserhebung durch Handhaspel über senkrechte Schächte, wie diese in Dippoldiswalde vielfach aufgefunden wurden. Verwendet wurden Bulgen, eine Art versteifter Ledereimer, die zur Oberfläche gehaspelt wurden...“

 


Auffindesituation im Juni 2010.
   


Ansicht des hölzernen Einlaufes.
  


Links das Gerinne, rechts der Einlauf und das direkt vor dem Schacht, wo gut einem Monat später die vollständig erhaltene Fahrt vom Vorschein kam.
 


Ansicht von der Seite – der Schacht liegt im Bild rechts (wo die Pfoste liegt).
  


Der Fund aus Richtung Schacht gesehen.
  


Und von oben betrachtet.
  


Der hölzerne Einlauf ist gut 1 m lang...
   


...und über 40 cm breit.
  


Ansicht noch einmal im Verlauf der Rinne zum Schacht.
  


Rinneneinlauf mit Maßstab.
  


Blick entlang der Rinne in Richtung des Verlaufes vom Schacht weg.
  


Nach dem Entfernen des nur angelegten hölzernen Einlaufes kommt scheinbar ein Unterbau aus Lehm zum Vorschein – doch dies ist nicht so.
 


Ansicht der Fundstelle von oben aber ohne Rinneneinlauf.
  


Nach der weiteren Freilegung wird die Lagerung des Rinneneinlaufes auf Traghölzern sichtbar. Also sollte dieser Einlauf auch größere Lasten tragen? Vielleicht einen vollen, ledernen Bulgen.
 


Der separat abgelegte Rinneneinlauf.
  

   

 

Die Bergung eines "Geistes"    

Der Titel ist wohl eher eine irreführende Umschreibung - doch irgendwie auch zutreffend. Bei dem sogenannten Geist aus dem Untersuchungsschacht 8 auf dem Gelände der Pension Göhler – nur eine vorläufige Arbeitsbezeichnung des Verfassers – handelt es sich um eine figürliche Reliefdarstellung aus der Zeit des Dippser Bergbaus. Dieses Relief ist direkt in das anstehende Nebengestein unweit einiger Schächte und Abbaue im Bereich der -18 m Sohle des Untersuchungsschachtes 8 von den frühen Bergleuten mechanisch eingearbeitet worden. Vermutlich mit den Werkzeugen – besser Gezähe – der damaligen Bergleute, also mittels Schlägel und Eisen hergestellt. Eine Deutung des Fundes ist bis heute nicht möglich gewesen. Es gibt nur eine Vielzahl an Theorien und Hypothesen, die hier nicht Gegenstand der Betrachtung sein sollen. 

Viel wichtiger ist jedoch die Tatsache, daß es sich hierbei nicht um einen Erstfund in Dippoldiswalde handelt! Schon um 2000/2001 ist im Untersuchungsschacht 1 unter der Pension Göhler ein ähnliches Relief aufgefallen. Leider ist dieses Relief mit in der Schachtverwahrung aus Beton verschwunden. Auch hier gibt es keine realistische Erklärung, sondern nur Theorien und Hypothesen.

Der Fund aus dem Untersuchungsschacht 8 ist durch das Landesamt für Archäologie geborgen worden. Dieser Umstand einer quasi „abrasiven“ Entfernung von Kulturgut mag wohl umstritten sein, doch sollte dies auch von Kritikern als einzige Alternative angesehen werden, um auch zukünftigen Generationen solche Fundstücke im Original zugängig zu machen. Denn auch der Untersuchungsschacht 8 ist mittlerweile mit Beton verwahrt.

 


Da uns zur Zeit kein Foto zur Verfügung steht, mussten wir auf eine Skizze nach einem Gedächtnisprotokoll zurückgreifen. So oder ähnlich hat damals dieses erste Relief ausgesehen. Man könnte es auch als figurine Darstellung bezeichnen, jedoch kennt niemand die genaue Bedeutung!
  


Hier ein Bild des Reliefs aus dem Untersuchungsschacht 8 aufgenommen im Jahr 2011. Es sind zwar keine auffälligen Ähnlichkeiten zwischen beiden Reliefs sichtbar, doch ist schon die Häufung recht merkwürdig.
 


Die heraus skizzierten Konturen des Reliefs lassen ebenfalls auf eine figurine Darstellung schließen. Dies trifft ja auch auf den Fund von 2000/2001 zu.
 


So bot sich den Besuchern das Relief vor Ort dar.
 


Je nach Lichteinfall wurde die Phantasie der Betrachter anders angeregt...
   


Das Heraustrennen des Reliefs erforderte viel Geduld und das handwerkliche Geschick der Mitarbeiter der Freitaler Bergsicherung. Neben der üblichen Freilegung mittels Presslufthammer mußte das anschließende Ablösen des Reliefs schön vorsichtig durch den Einsatz etlicher Holzkeile erfolgen.
 


Das herausgetrennte Relief auf einer eigens dafür angelegten „Auffangrutsche“.
 


Hier im Bild ist die Holzkonstruktion recht gut erkennbar.
  


Gehalten von einem Textilgurt reist unser „Geist“ das erste Mal dem Tageslicht entgegen...
  


Auf dem Weg nach oben...
  


Oben angekommen.
  


Das erste Mal an der frischen Luft.
  


Sicher gelandet...
 


Erst einmal eine Fotosession von diesem seltenen Objekt...
  


Bißchen drehen, bis das schräge Licht die Konturen richtig hervorhebt.
  


Da geht es hin und verschwindet erstmal in den Tiefen des Landesamtes. Wollen wir hoffen, daß dieses Artefakt nicht in irgendeinem Museumsmagazin zu Staub oder besser in die einzelnen gesteinsbildenden Mineralien zerfällt, sondern eines Tages auch wieder einer breiten Öffentlichkeit und möglichst dort, wo es "zu Hause" ist, gezeigt wird.
  

   

 

Einen haben wir noch.... 

 

Eine Kratze aus dem Untersuchungsschacht 7     

Ein weiterer, spektakulärer Fund des sehr frühen Dippser Bergbaus. Es handelt sich dabei um eine völlig aus Holz hergestellte, gut erhaltene Kratze, welche im Untersuchungsschacht 7 im Baufeld Göhler in einem an den Schacht anscharenden Abbau in gut 23 m Teufe im September 2009 aufgefunden wurde. Die genaue Datierung dieses Werkzeuges war nicht möglich, da keine weiteren hölzernen Begleitfunde in der Nähe lagen und der Stiel für eine dendrochronologische Datierung schlicht zu dünn ist. Gut einen Meter tiefer im Schacht reicht das Altersspektrum des Holzes von 1223 – 1227. Deshalb ist die Kratze auch offiziell vom Landesamt in die Zeit von 1220 – 1230 datiert worden.  

Die Ausführung dieser Kratze völlig aus Holz erscheint uns heute sehr ungewöhnlich, ist aber für diese Zeitepoche normal. Holz war in ausreichenden Mengen und in guter Qualität besonders im „Miriquidi“, einem den ganzen südlichen Teil Sachsens bedeckenden Primärwald vorhanden. Die heutigen Holzkrankheiten unserer schnell wachsenden Monokultur- Sekundärwälder gab es zu dieser Zeit nicht. Auch ließ sich Holz gut bearbeiten und war kostengünstig. Da war die „Lebensdauer“ solcher hölzerner und vollständig recycelbaren Werkzeuge – die man anschließend auch im Ofen verheizen konnte – nicht von allzu großer Bedeutung. In den Dippser Untersuchungsschächten sind noch weitere völlig hölzerne Werkzeuge aufgetaucht.

 


Bei dem Untersuchungsschacht 7 handelt es sich um den (vorerst) vorletzten Schacht in diesem Bereich.
 


So wie der Bergmann die Kratze vor über 800 Jahren ablegte, wurde diese im September 2009 aufgefunden.
  


Noch einmal als vollständige Ansicht mit Maßstab.
 


Der Auffindeort nach Entnahme der Kratze mit den Spuren von 800 Jahren „ruhigen Liegens“ und Wartens auf einen Finder...
 


Die geborgene und gereinigte Kratze als „Fotomodell“ auf der Kompressorabdeckung.
 


Sie ist gut 55 cm lang.
 


Sie ist hervorragend erhalten...
 


...und ohne jegliche Metallteile zusammengefügt.
   


Dieser Fundzustand ist eigentlich wirklich spektakulär. Ohne jegliche Beschädigungen mit leichten Gebrauchsspuren und dann gleich noch gut 800 Jahre alt...
  

So, jetzt wissen Sie auch, warum wir eigentlich dieses Hobby betreiben: Dreck konserviert nämlich prächtig. Dabei kann man alt wie ein Methusalem werden, wenn einem nicht vorher was auf den Kopf fällt.... Aber Scherz beiseite - wir berichten weiter.

 

Bis dahin ein großes Dankeschön an die Bildautoren und

Glück Auf!

   

 

  

Kleines Nachwort...

Zur Datierung von Holz...

Dazu gibt es einerseits die "Radiokarbon-Methode", die auf der Bestimmung des Mengenverhältnisses von Kohlenstoffisotopen (12C und 14C) beruht. Während das eine Isotop radioaktiv ist und sich daher nach und nach abbaut, sobald der lebende Organismus es nicht mehr täglich neu aufnimmt, bleibt das andere, was es ist. Leider sind dazu völlig unverschmutzte Proben und so genaue Messungen erforderlich, daß sich dieses Verfahren nur bei sehr alten Proben lohnt und immer nur einen "Bereich" liefert, der auch einmal ein paar Jahrhunderte umfassen kann.

Glücklicherweise geht das bei Baumholz entschieden einfacher und genauer. Damit beschäftigt sich eine eigene wissenschaftliche Disziplin – der Dendrochronologie – auch als „Lehre vom Baumalter“ bekannt. Der Name dieser Wisssenschaft setzt sich auch aus drei griechischen Worten zusammen: Der Baum – dendron, die Zeit – chronos, und die Lehre – logos – bilden zusammen diesen Begriff. Der Name selber wird auf den Astronomen Andrew Ellicot Douglass (1867 – 1962) zurückgeführt. 

Die Basis für diese Wissenschaft bildet die Erkenntnis, daß die Jahresringe von Bäumen aus Jahren mit guten Wachstumsbedingungen breiter sind als solche aus Jahren mit schlechten Wachstumsbedingungen. Da für alle Bäume einer Art in einem bestimmten Gebiet die Lebensbedingungen annähernd gleich sind – lässt man spezielle problematische Faktoren einzelner Baumarten außen vor weisen alle Bäume einer Art in einer Region etwa die gleiche charakteristische Abfolge von schmalen und breiten Jahresringen auf. Dieses Muster hat sich nicht nur lokal und auf einzelne Bäume bezogen, sondern aufgrund des manchmal recht "wirren" Pendelns von Klima und Wetter auch über Jahrtausende als spezifisch und unwiederholbar erwiesen.

Die Bestimmung des Baumalters erfolgt nun anhand von vergleichenden Diagrammen über den jeweiligen Baumwuchs einer Region. Dafür muss natürlich eine umfangreiche Datensammlung aus der entsprechenden Region – unter Beachtung von besonderen Faktoren wie Dürren, starken Temperaturschwankungen, flächenmäßigen Holzkrankheiten und starken Regenperioden – vorliegen.

Heutzutage im PC- Zeitalter ist alles elektronisch erfasst und die sich damit befassenden Institute sind auch untereinander vernetzt. Demzufolge kann ein Bohrkern oder auch eine Baumscheibe mittels Scannen im Computer erfasst werden und mit Hilfe spezieller Vergleichsprogramme wird dann die Zu- und Einordnung anhand der Daten zur angegebenen Region vorgenommen bzw. mit den bekannten Daten der Jahresringtabellen verglichen.

Voraussetzung für eine genaue Altersbestimmung sind aber stets Angaben zu genauem Fundort, möglichst eine Baum- / Waldkante (Also die "Borke", um das Datum des Fällens zu bestimmen und nicht nur den Zeitraum des Wachsens) und wenigstens eine Anzahl von 50 Jahresringen. Damit kann man den Wuchszeitraum des Holzes auf das Jahr genau ermitteln !  Wobei heute schon für einige Regionen teilweise 30 Jahresringe ausreichen sollen, da hier besonders umfangreiche Datensammlungen vorliegen.