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Ein Beitrag von www.unbekannter-bergbau.de

Erstellt Oktober 2009, letzte Aktualisierung Juli 2015.

  

Die Radstube am Kunstschacht auf dem Elias Stolln
 

Die meisten Radstuben haben die Vorfahren recht aufwendig im standfesten Nebengestein der Erzgänge ausgehauen, weil die Wasserhaltung im Grubengebäude natürlich von elementarer Bedeutung für einen sicheren Bergbaubetrieb war. 

Diese Radkammer im Johanngeorgenstädter Revier dagegen war vermutlich ein reiner "Zweckbau", der von vornherein eine geringere Betriebsdauer haben sollte, denn nach dem Durchschlag des Gesenkes auf den darunter verlaufenden Flügel des Aaron Stollns war eine Wasserhaltung in diesem Schacht nicht mehr erforderlich. 

Deshalb wurde sie in der Zeit zwischen 1729 und 1741 mit möglichst geringem Aufwand direkt im Streichen des Elias Spats - einer aus Gesteinsbrekzien, Quarz, etwas Spat und Letten bestehenden und höchst gebrächen Trümerzone - angelegt, welcher der Elias Stolln bis ins Abbaufeld unter dem Fastenberg folgt. Das weichere Gestein erlaubte so einen besonders schnellen Ausbruch der zirka 12 m hohen (bis zur Schwebe) und 11 m langen Kammer. 

Ob anschließend tatsächlich ein Kunstrad eingebaut wurde und wie lange es in Betrieb stand, geht aus den bisher recherchierten, späteren Unterlagen nicht eindeutig hervor. Aufgrund der Existenz der Radkammer wurde der dahinterliegende Blindschacht aber danach immer als "Kunstschacht" bezeichnet, obwohl der Tagesschacht später mit einem Gewölbe verschlossen und mit Haldenmassen überkippt wurde. Auf jüngeren Rißunterlagen ist der Tagesschacht gar nicht mehr dargestellt. So ist die Anlageweise dieser Radkammer zumindest recht ungewöhnlich, wenn auch nicht ganz einzigartig in Sachsen. 

Das Kunstrad muß in Richtung Mundloch neben dem Schacht mit der Welle quer zur langen Schachtachse gestanden haben. Über der Radkammer hat man eine kleine Schwebe stehengelassen, die vermutlich der Überleitung des Aufschlagwassers aus dem Schacht auf das Rad gedient hat. Während der Aufwältigung brach sie herunter - höchste Zeit also für eine dauerhafte Sicherung. 

Im Südstoß der Kammer war auf halber Höhe ein pyramidenstumpfförmiger, zirka 80 x 80 cm großer und 60 cm tiefer Einbruch ausgeschlägelt, der vermutlich das südliche Wellenlager aufgenommen hat. Aufgrund der asymmetrischen Lage der Kammer zum Blindschacht müssen die Kunstgestänge auf deren Nordseite eingebaut gewesen sein. Dort ist kein gleichartiges Lager vorhanden.  

Der Blindschacht selbst ist mit knapp 1,30 m Breite und rund 4,30 m Länge so schmal, daß man die Pumpengestänge nicht nebeneinander, sondern nur entlang der langen Schachtachse hintereinander hätte einbauen können. Auch die Kunstwinkel müssen daher hintereinander versetzt eingebaut gewesen sein. Oder aber man hat sich für einen Antrieb mit nur einem Streckengestänge und einem vollen Kunstkreuz entschieden, wie wir das in dieser Grafik dargestellt haben: 
 


 

Reste der Kunstradanlage hat man beim Beräumen der Kammer nicht gefunden. Es war aber auch nicht ungewöhnlich, daß die Vorfahren nicht mehr benötigte, aber noch brauchbare Technik komplett demontiert und an anderer Stelle wieder eingebaut haben. So bleibt unsere Darstellung nur eine mögliche Rekonstruktion...   
 


 Blick von unten in den Schacht für die Aufschlagwasserzuführung. 
Er wurde ebenfalls im Fallen und Streichen der Trümerzone abgeteuft. 
Am oberen Bildrand die Westseite der Schwebe zur Wasserüberleitung 
auf das Rad. 
  


  Vorgefundener Zustand der Kammer für die Aufnahme 
der Kunstwinkel über dem weitgehend mit Bruchmassen 
angefüllten Kunstschacht. Die anstehende Trümerzone 
am feldwärtigen Stoß der Kammer und die ihr folgende
Fortsetzung des Stollens sind gut zu erkennen. 
  


  Die in der Firste der Radkammer hinter der Schwebe in 
Richtung Mundloch anstehende Trümerzone. 
 


 Der Zugang vom Stolln aus Richtung Mundloch in die Radkammer. 
 


Ausgeschlägelter Einbruch von etwa 80 x 80 cm auf 
halber Höhe der Südseite der Kammer zur Aufnahme 
des südlichen Wellenlagers. 
 

Das südliche Radlager nach dem Beräumen der Kammer 
von Bruchmassen.
  

Über dem Stolln wurde eine Schalungsbühne eingezogen und danach 
die Radkammer verfüllt, um einen geordneten Wasserablauf im Stolln 
darunter zu gewährleisten und die Gefahr neuer Verbrüche der Kammer
dauerhaft zu beseitigen.
  

Der freigelegte Blindschacht liegt mit seiner langen Achse
ebenfalls im Streichen des Ganges und ist sehr schmal.
In der Kammer darüber müssen Haspel und Kunstkreuz
einstmals ihren Platz gefunden haben. 
 

Auch die Firstenbaue auf dem Stollen waren zubruchgegangen
und der auf den Bühnen liegende Abraum verstopfte den 
Abflußweg.
 

Wasser ist überall im Berg - wo es nicht abfließen kann,
staut es sich auf und sucht sich mit steigendem Druck 
immer neue "Auswege"... 
 

Der Scharungsbereich zweier Spatgänge westlich des 
Kunstschachtes. An dieser Stelle war das Gebirge ganz 
besonders instabil. 
  


Bereits in früherer Zeit kam es hier zu einem gewaltigen Hochbruch,
den schon die Altvorderen nicht mehr aufgewältigt, sondern lieber
mit einer neuen Strecke im Nebengestein um ihn herum umgefahren haben.
  


Die Verbrüche erreichten schnell die Tagesoberfläche, denn der
Tagschacht über der Radkammer war nur mit Haldenmassen überkippt. 
    

Um neue Tagebrüche und immer wiederkehrende Wasseraustritte im Mundlochbereich (die im Winter und Frühjahr regelmäßig dazu führten, daß die Steigerstraße bei Nachtfrost spiegelglatt wurde) dauerhaft zu verhindern, wurde der Stolln im Auftrag des Sächsischen Oberbergamtes zwischen 2009 und 2011 bis zum "Kunstschacht" aufgewältigt und dabei die Radstube zur Hälfte und der Kunstschacht bis über Stollnniveau bereits durch Verbruchmassen ausgefüllt vorgefunden. Das sich dahinter besonders bei Starkregen oder Schneeschmelze anstauende Wasser suchte sich natürlich einen neuen "Ausweg"...  Aufgrund der geringen Bergefeste, des gebrächen Gesteins und der besonderen Anlageweise dieser Radkammer war es leider unmöglich, sie als Technisches Denkmal zu erhalten.


 Das neugestaltete Mundloch...
 


... mit einem neuen Schlußstein.
 

Wir danken dem Sächsischen Oberbergamt für die Genehmigung einer Befahrung und dieser kleinen Fotodokumentation vor dem Verfüllen der Radstube und weil die Baumaßnahmen jetzt abgeschlossen sind, darf unser Beitrag auch ins Netz. Wer in Johann`stadt einmal eine Maschinenkammer über einem Blindschacht aus der Wismut- Zeit besichtigen will, dem empfehlen wir einen Besuch im "Glöck`l" unweit des Grenzübergangs.  
 
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