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Ein Beitrag von www.unbekannter-bergbau.de

Erstellt Februar 2013, letzte Aktualisierung August 2022.

Für die Mitwirkung an diesem Beitrag bedanken wir uns

  • für Ergänzungen zur Brethmühle und Bildmaterial von der Sanierung des Tagesbruches in Eibenstock bei Herrn Th. Helm sowie

  • für Ergänzungen und Korrekturhinweise bei Herrn U. Jaschik.

  

Bergbaulehrpfad Grüner Pingen
Grüner Graben in Eibenstock
Altbergbau in Eibenstock
Grüner Graben bis Wildenthal
Julius Stolln Wildenthal

 

Bergstadt Eibenstock ‒ Ein kurzer Überblick

  

Wann Eibenstock als Radial-Hufendorf inmitten des „Miriquidi“ entstanden ist, ist nicht mehr genauer urkundlich zu belegen. Als Ursprung des Namens wird die Bezeichnung für einen „Ort am Eibenstöckicht bzw. Eibenholz“ angenommen. Aufgrund der Höhenlage von mehr als 600 m wird Eibenstock jedenfalls nicht zu den allerersten Bauerndörfern im Erzgebirge gehört haben. Daher wird angenommen, es sei als dauerhafte Ansiedlung frühestens im Laufe des 13. Jahrhunderts im Bereich der Herrschaft Schwarzenberg entstanden (wikipedia.de). 1378 wird es als „Stigero de Ibenstok“ bzw. „Ybinstok“ urkundlich erwähnt (hov.isgv.de).

1453 belehnte Kurfürst Friedrich, II. von Sachsen, genannt der Sanftmütige, die Brüder Leonhart und Nickel von Tannenberg auf Plohn unter anderem mit den Dörfern Eibenstock, Sosa und Burkhardtsgrün. Diese konnten sich jedoch nur kurz an dem neuen Besitz erfreuen, denn Wilhelm von Tannenberg mußte Eibenstock schon im Jahre 1456 an den Erbmarschall von Sachsen, Hans Löser, abgeben. 1464 fiel Eibenstock wieder an die Herrschaft Schwarzenberg zurück (wikipedia.de).

Die Herrschaft Schwarzenberg, an deren Nordwestrand Eibenstock lag, bildete ursprünglich ein böhmisches Lehen. Mit der Herrschaft Schwarzenberg waren im Laufe der Zeit die Vögte von Gera und Plauen, 1334 die Herren von Lobdeburg auf Elsterberg und schließlich die Burggrafen von Leisnig belehnt. Von diesen hat 1488 Wilhelm von Tettau die Herrschaft gekauft.

Seit der Leipziger Teilung 1485 gehörte Schwarzenberg zum Besitz der ernestinischen Linie der Wettiner. Am 30. Mai 1533 erkaufte Kurfürst Johann Friedrich, I. genannt der Großmütige, die Hälfte der Herrschaft Schwarzenberg von Georg von Tettau für 10.700 Gulden. Am 17. September verkauften auch die Brüder Albrecht und Christoph von Tettau für die Summe von 10.000 Rheinischen Gulden die andere Hälfte der Herrschaft an den Kurfürsten. Damit zählte auch Eibenstock nun zum sächsischen Kreisamt Schwarzenberg. Schon 1532 wurde der Ort als „Marktflecken“ und 1555 als „Städtlein“ bezeichnet. Marktrecht und damit Stadtrecht erhielt Eibenstock aber erst 1639 (hov.isgv.de, sowie 32925, Bestandserläuterungen).

  

Geologisch befindet sich Eibenstock mitten im westerzgebirgischen Granitkomplex. Den Untergrund bildet der Eibenstocker Granit. Zwischen Eibenstock und Wildenthal liegt auf dem Granit noch eine Restscholle des einstigen Deckgebirges.

Durch das ausgedehnte Granitmassiv ziehen sich annähernd Nord- Süd- orientierte, große tektonische Störungszonen, welche oft mit Eisenerzvorkommen verknüpft sind. Innerhalb des Granits öffneten sich während seiner Abkühlung dagegen zumeist West- Ost- orientierte Spalten, an die pneumatolytische Zinnerz-Vorkommen gebunden sind. Da der Zinnstein relativ hart und verwitterungsbeständig ist, reichern sich die schwarzen "Graupen" bei der Abtragung der Granite in den Flußsedimenten an.

Bereits im Mittelalter müssen die rund um Eibenstock vorhandene Zinnseifenvorkommen den Ausgangspunkt des Bergbaus gebildet haben. In den „Technischen Denkmalen...“ erwähnen die Autoren, daß bereits 1378 bei Eibenstock eine „Alte Seife“ erneut verliehen wurde - die Seifnerei im Westerzgebirge ist also schon der ersten Bergbauperiode zuzuordnen.

Um 1510 wird als erster Bergmeister zu Eibenstock Jörg Unger namentlich erwähnt. Spätestens ab 1524 wurden auch in "der Grün" - am Südhang des Gerstenbergs nördlich von Eibenstock - Zinnseifen gewaschen. Neben den Zinnseifen in den Flußauen wurde aber auch schon im 15. Jahrhundert nach den Primärlagerstätten im Festgestein gesucht. Besonders nördlich von Eibenstock wurden dabei zahlreiche Zwittergänge aufgetan.

  

In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts fielen die Hussiten auch in dieser Region ein und zerstörten 1429 die Burg Schwarzenberg. Die Auswirkungen hielten sich jedoch in Grenzen und bald kam es wieder zu einem Aufschwung. 1467 wird schon wieder von einem florierenden Zinnbergbau in Eibenstock berichtet. Angeblich verlieh Kurfürst Johann Friedrich I. dann Eibenstock den Titel einer „Churfürstlich Sächsischen freyen Bergstadt“. Das ist allerdings sehr schwer vorstellbar, denn er war seit Mitte 1545 mit Vorbereitungen zu dem 1546 dann ausgebrochenen Schmalkaldischen Krieg beschäftigt. Im Übrigen fußte eine solche Benennung nur auf dem Bergrecht, nicht aber auf dem Stadtrecht (Hinweise von Herrn U. Jaschik).

Zinn- und Eisenerze gehörten zu den grundeigenen Rohstoffen, deren Gewinnung den Grundherrschaften, zu diesem Zeitpunkt hier also den Tettau’ern, nach 1533 dann den Ernestinern, unmittelbar unterstand. Die Bergreviere Schwarzenberg und Eibenstock waren deshalb zunächst Vasallenbergreviere der Herren von Tettau auf Schwarzenberg. Verleihungen auf edle Metalle fielen dagegen in die Kompetenz der kurfürstlichen (ernestinischen) Bergmeister in Schneeberg bzw. in Buchholz (40012, Bestandserläuterungen). Um 1510 wird als erster Bergmeister zu Eibenstock Jörg Unger namentlich erwähnt, 1513 hatte diese Funktion ein Hans Mennel inne. Nach dem Erwerb der Herrschaft Schwarzenberg 1533 erhielt der Bergmeister zu Schwarzenberg 1537 auch das Verleihungsrecht auf Silber und andere Metalle außerhalb der Bannmeile um Schneeberg.

Bereits 1529 wurden das Bergrevier Gottesgab und 1532 das Revier Platten aus dem südlichen Teil des Bergreviers Schwarzenberg ausgegliedert (40012, Bestandserläuterungen). Nach der Niederlage der Ernestiner im Schmalkaldischen Krieg teilten sich Herzog Moritz von Sachsen und Ferdinand, I. (der jüngere Bruder Kaiser Karl’s, V., seit 1521 im Besitz der österreichischen Erblande, damit auch König in Böhmen, und nach dem Rücktritt seines Bruders 1556 selbst Kaiser des Heiligen Römischen Reiches) die Herrschaft Schwarzenberg gewissermaßen als "Kriegsbeute". Das Gebiet um Platten und Gottesgab hatte – damals noch Herzog – Moritz schon zuvor im Prager Vertrag vom 15. Oktober 1546 Kaiser Karl, V. zugesagt. Im Gegenzug sollte er für seine militärische Neutralität im Schmalkaldischen Krieg Ländereien der Ernestiner und die Kurwürde erhalten, was mit der Wittenberger Kapitulation vom 19. Mai 1547 auch umgesetzt wurde. So gelangte der südliche Teil der Herrschaft Schwarzenberg wieder an die böhmische Krone, während deren nördlicher Teil von nun an endgültig bei Sachsen verblieb.

Zwar bestätigte Kaiser Karl, V. dem jetzigen Kurfürsten Moritz im jüngeren Prager Vertrag von 1549 die halbe Bergwerksnutzung, jedoch gestaltete sich die Wahrnahme dieser Rechte sehr strittig, weil die böhmische Seite aus dem Erlaß der Bergordnung für die Zinnbergwerke Hengst, Platten und Gottesgab von 1548 durch Ferdinand I. später eine alleinige Ausübung des Bergregals herzuleiten versuchte (40012, Bestandserläuterungen).

Die Bergbauerträge wurden noch bis 1556 an die sächsischen Kurfürsten abgeführt, danach teilten sich Sachsen und Böhmen den Zehnten. Am 15. März 1534 erließ Kurfürst Johann Friedrich, I. auf Grundlage der Annaberger Bergordnung von 1509 eine Zinnordnung für die Schwarzenberg'er Wälder, welche auch für Eibenstock Gültigkeit besaß. Sie wurde am 21. Februar durch eine kleine Zinnordnung für Eibenstock ergänzt; eine umfassende Zinnordnung wurde dann am 7. Februar 1556 erlassen (Hinweise von Herrn U. Jaschik).

1560 wurde Eibenstock Sitz eines eigenständigen Bergamtes und nannte sich selbst fortan "freie Bergstadt" (wikipedia.de). Nachdem 1662 in Johanngeorgenstadt ein neues Bergamt eingerichtet wurde, mußten die Bergreviere Schwarzenberg und Eibenstock Gebiete an dieses abtreten. Das Bergamt Eibenstock brachte die westlich des Schwarzwassers liegenden Gebiete ein, also insbesondere die Bergwerke am Fastenberg und bei Jugel.

Nach dem Tod des letzten Eibenstock‘er Bergmeisters, Gottfried Ficker, im Jahre 1768 wurde ein kombiniertes Bergamt Eibenstock mit Voigtsberg eingerichtet; dieses hatte jedoch als solches nur kurze Zeit Bestand (bis 1771). Abnehmende Vorkommen, vor allem aber der Rückgang der Weißblechherstellung und damit der wichtigsten regionalen Abnehmer der Zinnproduktion, bewirkten, daß schon 1772 Kurfürst Friedrich August, III. die Zusammenlegung der Bergämter Schwarzenberg und Johanngeorgenstadt mit Hauptsitz in Johanngeorgenstadt verfügte. Diese ursprünglich nur übergangsweise gedachte Lösung wurde jedoch von ihm sieben Jahre später bestätigt. Da der Bergbau im Westerzgebirge weiter rückläufig blieb, wurde 1793 das Bergamt Eibenstock ganz aufgelöst und das Revier als Unterrevier dem Johanngeorgenstädter Revier zugeschlagen.

  

Im 18. Jahrhundert und noch Anfang des 19. Jahrhunderts betrieb die Stadt den Eibenstocker Kommunstolln weiter, um sich die damit verknüpften Privilegien und Steuererlässe zu erhalten. 1798 brach man die Kurfürstliche Zinnschmelzhütte in Eibenstock ab. Um 1814 endete die Zinnseifnerei um Eibenstock.

Zum 1. Januar 1818 wurde auch das Bergamt Voigtsberg ganz aufgehoben und sein Revier als 4. Abteilung dem Schneeberger Revier zugeschlagen (40012, 40016, Bestandserläuterungen). 1856 wurde dann schließlich auch das Bergamt Johanngeorgenstadt aufgelöst und zusammen mit dem Bergamt Schneeberg dem wiederbegründeten Bergamt Schwarzenberg zugeordnet, welches noch bis zur Gründung des Landesbergamts 1869 bestand.

Bis 1870 wurden zwischen Oberwildenthal und Johanngeorgenstadt (in der "Sauschwemme") noch Zinnseifen gewaschen und bis 1890 wurde in der Region auch noch Eisenerz gefördert (St. Johannes am Rehübel).

Die dieser Zeit entstammenden geologischen Kartenwerke (Ausgabe 1899) geben einen Überblick über die Lage der Erzvorkommen und den Verlauf des Grüner Grabens.

  


Ausschnitt aus den Geologischen Karten Eibenstock-Asch und Schneeberg-Schönheide. Hervorgehoben ist der Verlauf des Grüner Grabens und der heutigen Staats- bzw. Bundesstraßen. An der Nordwestecke des Kartenausschnitts liegt heute die Eibenstocker Trinkwassertalsperre.
  

   


  

Zinnerzbergbau in der Grün

Im Zusammenhang mit dem Bau der Trinkwassertalsperre verlor Eibenstock nicht nur die steilste Bahnstrecke Sachsens (zwischen Muldenhammer und Eibenstock), auch die (heutige Bundes-)straße 283 zwischen Aue und Markneukirchen wurde auf dem Höhenrücken neu gebaut. Zwischen dem Gerstenberg westlich Wolfsgrün und Schönheide schwingt sie sich seitdem in großen Bögen um die Talsperre herum und führt mitten durch das Altbergbaugebiet der "Grün" hindurch.

Hier gibt es einen Wanderparkplatz und seit kurzem einen Bergbaulehrpfad - der hat uns neugierig gemacht. 

  


Übersichtskarte am Wanderparkplatz
  

Ungefähr der gleiche Kartenausschnitt auf alten Militärkarten mit dem Geländezustand um 1940. Rot markiert die einstige Stichbahn von Muldenhammer nach Eibenstock, links oben die heutige Talsperre. Am "Bühl" stehen heute Hotel und Badegärten, von der "Brendelzeche" ist nichts mehr zu sehen. Am unteren Bildrand blau hervorgehoben das heutige Ende des Grüner Graben oberhalb des Steinbachs.
 

Hoppla - da ist er wieder: Modellhaft nachgestaltet ein Stückchen Grüner Graben.
  

 Im Hintergrund um diese Jahreszeit schön zu sehen die typisch wellige, von Raithalden geprägte Seifenfläche.
   

Einige der langgestreckten Pingen hat man zugänglich gemacht.
 

Müssen wir uns anschauen...
 

Nun, wir sind aus anderen Ecken vielleicht etwas verwöhnt - viel sieht man nicht...
 

Aber für "Bergbau-Neulinge" ist das sehr ansprechend gemacht.
    

Die Nachbildung einer Einmännigen Haspel im Foto oben steht auf dem Bartholomäus Zwitterzug. Wie der informativen und umfangreichen Beschilderung zu entnehmen ist, 1539 erstmals gemutet.
 

Östlich des Haspel-Schächtchens zieht sich die Pinge weiter in den Wald und hier verdeckt der Schnee den anstehenden Granit nicht ganz...
 

Der Kübel ist gut gedacht, paßte aber wohl kaum durch diese Abbauschlitze... Man fragt sich immer wieder, wie die Alten in diesen engen Klüften überhaupt arbeiten konnten.
  

Dieser Schlitz gehört zur "Schramm". Der Name ist wohl rein umgangssprachlich vom "Ausschrämen" herzuleiten und ausnahmsweise dient hier kein Schutzheiliger als Namenspatron. Als "Schrammer Erbstolln" ab 1528 urkundlich erfaßt, ab 1682 unter dem Namen "Schrammer Zug" wohl konsolidiert.
 

Blick in die Gegenrichtung. Die meisten Zwittertrümer waren nur einige Zehner Meter, manche ein paar Hundert Meter lang. Von Osten her wurde 1654 der Maria Verkündigung Stolln gegen den Schramm angefahren.
 

Die größte der Pingen nördlich der B 283.
  

Das sind schon mal hundert Meter vom Hauptweg bis hierher...
 

...und da geht´s weiter westwärts mit vielleicht 10...15 m Tiefe.
  

   Man sieht schon, daß hier die Winterstürme und der Schneebruch immer für Arbeit sorgen...
  

   Dann geht der Lehrpfad einmal quer durch...
  

  Nachbau einer zweimännigen Schräg-Haspel.
 

  Wahrscheinlich hat man nicht bauwürdige Schweben immer mal stehengelassen und dann mit kleinen Schächten und Lichtlöchern durchteuft.
  

Von der Brücke aus hat man schon einen eindrucksvollen Blick.
  

Auch noch nicht gesehen: Ein "Griebenherd".
 

Eine haben wir noch: Wieder zurück zum Parkplatz...
  

...und hinter der Straße bergauf: Der untere Teil der Pinge auf dem Allerheiligen Zwitterzug. Wo wir stehen, fuhr einst die Stichbahn nach Muldenhammer hinunter.
  

Blick in die Gegenrichtung.
 

Auch hier gibt´s eine Schachtnachbildung.
 

Die Unterhaltung des Weges kostet gewiß sehr viel Arbeit...
  

Raufgestiegen und Blick zurück.
 

Aus den kleinen Einhieben in der Granit-Wand hat man Proben gezogen und auf den Zinngehalt untersucht - aber für nicht bauwürdig befunden.
  

Diesen etwas größeren Einschlag hat man zugänglich gemacht.
 

  Das Querort aus der Pinge heraus führt aber nur rund 1,5 m in den Granit.
  

Die Klüfte waren offensichtlich nicht vererzt.
 

Der Einstieg in den oberen Teil der Allerheiligen Pinge.
  

Resümee: Das kann man empfehlen.
 

 

Weil mir diese Auffassung immer wieder begegnet, hätte ich da noch eine Anmerkung:

Mein verehrter Lehrer Prof. Wagenbreth (und die Koautoren) hat mit den Bänden über die Technischen Denkmale des Erzbergbaus Grundlegendes geleistet und das Interesse vieler Heimatforscher und letztlich auch der Archäologen auf die auf uns überkommenen Zeugnisse des Bergbaus gelenkt. Nun ist es klar, das insbesondere über den frühen Bergbau die Quellenlage äußerst dünn ist und deshalb Analogieschlüsse im Vergleich mit anderen Regionen und älteren Bergbauverfahren unumgänglich waren.

Ich glaube aber, daß eine der dort gezogenen Schlußfolgerungen zumindest kritisch zu hinterfragen ist. Sicherlich hat der Bergbau immer an den Gangausbissen begonnen und jeder Schacht setzt naturgemäß an der Erdoberfläche - also von Übertage aus - an. Das ist deswegen aber noch lange kein "Tagebau", wie es immer wieder - selbst in Fachvorträgen - erklärt wird.

 


Eine der Darstellungen von Abbauverfahren aus den Bänden "Technische Denkmale und Geschichte" des Freiberger bzw. des Erzgebirgischen Bergbaus von Wagenbreth & Wächtler (Hrsgbr.)

    

Unsere Vorfahren hatten hier im Erzgebirge und erst recht im Vogtland, das heute ja als "Kältepol" Deutschlands bekannt ist, nämlich ein grundsätzliches Problem: Wasser. Und das reichlich und vor allem dort, wo man es nicht haben wollte.

Selbst während des hochmittelalterlichen Klimaoptimums (das um 1344 ziemlich abrupt zu Ende ging) hat das Erzgebirge quer zur Westwindströmung gelegen und deshalb immer Stauregen verursacht. Wir befinden uns auf dem Erzgebirgskamm und im Vogtland also in einer Region mit höchst humiden Klimabedingungen. Nun erkläre man bitte, wie man einen vielleicht 10 m, vielleicht aber auch 100 m langen Tagebau im Gangausbiß gegen Niederschlags- und Tauwasser "abdichten" wollte. Schließlich hatte man schon genug mit dem Wasser zu tun, das aus dem Berg zulief; wie wollte man dann auch noch der Niederschlagswässer, die von oben kamen, Herr werden ?!

Da nirgendwo berichtet wird, daß die Gruben jedes Frühjahr bei der Schneeschmelze aufgegeben werden mußten, muß man wohl eher davon ausgehen, daß unsere Vorfahren vielleicht entsprechende Tagebaue aus anderen - trockeneren - Regionen kannten, sicher solches auch, wo es sich anbot zunächst versucht, dabei aber ganz schnell gemerkt haben, daß es hier nicht funktioniert.

Deshalb werden sie wohl seit frühester Zeit von vornherein im Tiefbau vorgegangen sein, d. h. möglichst kleine Tagesöffnungen (Schächte) abgesenkt und die Gänge von untertage aus abgebaut haben. Einen Schacht kann man im Gegensatz zum offenen Tagebau mit einem wenig aufwendigem Schutzdach sehr einfach vor zulaufendem Niederschlagswasser schützen. Das trifft natürlich nicht mehr zu, wenn dichter oder tagesnah durchgebauter Tiefbau zubruchgeht und eine Pinge im engeren Sinne des Wortes entsteht.

In seiner Meißnischen Bergkchronica verweist Petrus Albinus im II. Titel auf diese "antiquiteten des Freybergischen Bergkwergs": "Es ist aus etlichen Alten Bergkbüchlein zu sehen / dass man vorzeiten viel eine andre Art die Bergkwerck zu bawen gehabt / als itzt im brauch ist / denn die Zechen oder Gruben nicht also in gewissen Maßen geteilet gewesen / und ihre Markscheiden im auslencken / des gleichen im hangenden und liegenden gehabt / als itzo. Sondern man soll damals nur gerade in die teiffe gesuncken haben / und daher soll es entstanden sein / das man itzo dieselben Alten Gruben / oder auflässige Zechen / mit dem namen Pingen von den Newen unterschieden..."

Die heutige Topographie der Pingen in der Grün läßt nun vermuten, daß die Alten hier "im Tagebauverfahren" vorgegangen wären.

Eine erst vor kurzem erforderlich gewordene Sanierungsbaustelle mitten in Eibenstock vermittelte aber einen anderen Eindruck .

Über meine These kann man sich sicher trefflich und ausgiebig streiten. Sicher hat es beide Verfahren parallel gegeben und eine allgemeingültige Klärung wird man heute nicht mehr finden können - oder nur in Einzelfällen mit genauen montanarchäologischen Belegen. Jedenfalls sollten wir den Sachverstand unserer Vorfahren nie unterschätzen...

  

   


 

Der Grüner Graben 

Der Wasserbedarf der Zinnwäschen und der ab 1520 vorherrschenden Naßpochwerke war natürlich enorm. Dies war der Grund für die Anlage des ursprünglich rund 8 km langen "Grüner Grabens", welcher im Jahr 1555 fertiggestellt war und noch bis 1732 Antriebs- und Waschwasser vom Oberlauf der Großen Bockau bei Wildenthal nach Eibenstock heranleitete. Der Name des Grabens wie der "Grüner Fundgrube" leitet sich von der alten Flurbezeichnung "die Grün" ab.

Der Bau des Grabens wurde durch das wettinische Fürstenhaus gefördert, u. a. durch Zahlung eines Ausgleichs an die vom Bau betroffenen Grundstücksbesitzer in Höhe von 4 bis 10 Gulden. Der Graben bildet eigentlich die Fortsetzung des Wildenthaler Hammergrabens, der auf zirka 736 m Höhe in Wildenthal aus der Bockau abgezweigt wurde.

Hinter der einstigen Hammermühle haben wir noch ein Höhenniveau von etwa 719 m (mit GPS) gemessen. An der Alten Schneeberger Straße in Eibenstock liegt der Graben zirka 636 m hoch. Auf diesen rund 6,5 km Länge hat der Graben ein mittleres Gefälle von 2,2%. Das klingt vergleichsweise viel - aber bei den enormen  Höhenunterschieden in der Kammregion war ein geringeres Gefälle gar nicht vonnöten. Bei Eibenstock hat sich die Große Bockau schließlich schon auf 569 m eingefräst (Höhendifferenz zur Alten Schneeberger Straße also rund 67 m). Die Schwarze Pinge in der Grün liegt zirka 567 m hoch - und dort sollte das Wasser hin.

Nach seiner Fertigstellung versorgte der Graben zunächst die Kunstgezeuge der Gruben im Kessel und der Grün, sowie 8 Pochwerke. Zwischen 1618 und 1648 versorgte er neben den Gruben 10 Seifen und 22 Pochwerke, im Jahr 1694 immer noch 13 Pochwerke. Zum Glück führt die Große Bockau fast immer genug Wasser - die Aufteilung auf die zahlreichen Gruben und Wäschen muß jedoch ein technisches wie finanzielles Kunststück gewesen sein.

Nach 1732 wurde das Wasser noch durch das Hammerwerk Wolfsgrün und für die Wasserversorgung der Stadt genutzt. Wie der alten topographischen Karte zu entnehmen ist, wurde das Grabenwasser vor dem Krieg auch durch eine Fischzuchtanlage genutzt.

Bis heute erhalten geblieben sind die etwa 6 km von Wildenthal bis Eibenstock. Am südlichen Stadtrand von Eibenstock wird der Graben kanalisiert und taucht dann hinter dem Albertplatz noch einmal auf rund 500 m Länge wieder auf. Danach wird sein Wasser heute über Straßengräben dem Steinbach und - unten im Bockau-Tal - dem Toelleschen Graben (einem Hammergraben zwischen Blauenthal und Wolfsgrün) zugeleitet.

Der Verlauf zwischen der Alten Schneeberger Straße und der Grün wurde sicher schon beim Bau der Stichbahn von Muldenhammer nach Eibenstock zerstört und mit neuzeitlichen Fabrikanlagen und Gewerbegebieten überbaut.

  


Höhenprofil und errechnetes Gefälle für den Grüner Graben. Insbesondere im nördlichen Abschnitt wird das Gefälle deutlich höher und erreicht bis zu 5%.
 

 Aha - da steht´s !  
  
 

Kurz vor dem Ende ist der Graben noch einmal hergerichtet, halbseitig in Mauerung gesetzt und bei Tau- oder Regenwetter sogar voll Wasser...
 

Hier liegt die Gartensparte "Grüner Graben" (das Tor oben in unserem Beitrag).
 

Leider endet aber auch die schön restaurierte Einfassung an dieser Stelle.
 

Noch ein Stückchen als offener Graben.
 

 Da vorn biegt er in ein Gartengrundstück ab und fließt unterirdisch weiter.
 

 Und dies ist sein heutiges Ende.
 

Das letzte erhaltene Stück ist hier noch in Mauerung gesetzt und mit Steinplatten abgedeckt.
   

Gleich daneben steht jetzt eine Hinweistafel auf den Wanderweg durch`s "Wilde Erzgebirge". Schade, das darin jeder Hinweis darauf fehlt, daß auch die Mühlen das Wasser des Grüner Grabens genutzt haben...

  

Zur Orientierung: Wir stehen jetzt am Punkt 1:

   


 

Altbergbau in Eibenstock 

Bevor wir die Wanderung entlang des Grüner Grabens nach Wildenthal fortsetzen, bleiben wir noch kurz in der Stadt. Hier machte sich nämlich Ende 2011 wieder einmal der "unbekannte Bergbau" bemerkbar und in der Folge wurde eine Sanierungsbaustelle erforderlich, in die - so weit es möglich und erlaubt war - auch viele neugierige Eibenstocker mal hineingeschaut haben. Allen, die dazu keine Gelegenheit hatten, zeigen wir hier mal ganz kurz, wie es an manchen Stellen unter der Stadt ausschaute oder vielleicht anderswo noch immer aussieht.

Gewöhnlich nämlich ist die erste bergmännische Besiedlung - wie man das an anderen, später wüst gefallenen frühen Bergbauorten, wie bei Sachsenburg oder bei Wolkenburg oder am "Hohen Forst" noch heute sehen kann - direkt neben den ersten Schächten und Stollen gewachsen und genauso wird es auch hier in Eibenstock gewesen sein. Es ist deshalb nicht verwunderlich, daß auch im heutigen Stadtgebiet Zeugnisse des frühen Bergbaus auftauchen.

Und dieses war "früher" Bergbau !  Einige geborgene Ausbauhölzer wiesen noch genügende Dicke für eine Datierung auf und die belegte Fälldaten der Bäume um 1470.

Der hier durchgebrochene Abbau war rund 80 m lang und besaß zwei Schächte. Die "Hauptstrecke" war kaum mehr als 1 m breit, nur an den beiden Schächten weitete sich der Abbau auf. Im Mittelteil zerschlug sich die Zinnkluft in zwei parallel streichende Trümer; beiden sind die Vorfahren nachgegangen. Mit einigen Querörtern haben sie auch die Umgebung des Gangs auf weitere, parallel streichende Erzgänge untersucht, wurden dabei aber nicht fündig und gaben die Örter nach kaum zehn Metern Vortrieb wieder auf. Wie tief der Abbau reichte, konnte während der Sanierung der Tagebrüche (nachdem der erste geöffnet wurde, brach der Altausbau noch mehrmals an anderen Stellen zusammen) nicht geklärt werden - im mittleren Teil jedenfalls mehr als 9 m.

Inzwischen können die Eibenstocker nun wieder beruhigt auf der Wiese spazieren gehen - ein Betonriegel verschließt den Abbau und darüber kann wieder Gras wachsen oder das nächste Frühjahrsfeuer stattfinden...  

Von montanhistorischen Interesse ist aber die Anlageweise des Abbaus (vgl. Anmerkung oben ):

Obwohl (zumindest der westliche Teil des Abbauschlitzes) gerade einmal 8 m in die Tiefe reichte, war der Abbau durch wenigstens zwei Schächte aufgeschlossen. Mit - am westlichen Schacht - höchstens einmal 6 m Bergefeste haben sich also die Alten von untertage aus durch die Zinnkluft gegraben und keineswegs einen offenen Tagebau angelegt ! 

Wie die folgenden Bilder illustrieren, durchfuhr der Abbau die Zinnkluft tatsächlich bis zur Festgesteinsoberkante. Obendrüber lagen nur die schon durchgekutteten Waschsande, Hanglehme und Torf - nicht gerade der haltbarste Untergrund.

Zutage kam der Altbergbau am Ende dadurch, daß der verbliebene Holzausbau nach 540 Jahren ( !! ) Standzeit soweit aufgeweicht und verfault war, daß er der Last des Deckgebirges nicht mehr widerstehen konnte. Bricht der Abbau dann immer weiter durch und wird er nicht verwahrt, dann entstehen genau solche "Schrammen", wie unten in der Grün.

 


Huch - da ist er wieder: Der "unbekannte Bergbau" hat sich aufgetan.
  

Bei der Sanierung dieses Bergschadens ergab sich die Möglichkeit, in diesen - später wieder überdeckten - "Abbauschlitz" auf einer Zinnkluft hineinzuschauen. Unterhalb der Lockergesteinsdecke in kaum zwei Meter Tiefe unter der Oberfläche wird in diesem Bild die Kontur des Abbaus sichtbar. Und der alte - teils zubruchgegangene - Holzausbau, den man in einem "Tagebau" nicht benötigt hätte (Ein paar Spreizen hätten es auch getan) !
    

  Links und rechts steht Granit an, dazwischen haben die Vorfahren die Zinnstein führenden Trümer herausgekratzt.Oben auf den alten Kappen liegt Altversatz, von der Oberfläche hinein gespülter oder gerutschter Hanglehm und durchgekuttete hellgraue Waschsande.
  

Hier zerschlug sich das Trum und die Vorfahren haben zwischen beiden Abbauen einen Pfeiler stehen gelassen.
      

Links im Bild die "Hauptstrecke", rechts hinter der Fahrt die "Nebenstrecke". Sieht hier - wo sich die Erde an dem östlichen Schacht aufgetan hatte, ganz geräumig aus - tatsächlich ist die rechte Strecke kaum 60 cm breit...
     

Wo die Alten ihre ausgeerzten und abgeworfenen Baue nicht versetzt hatten, wurden mit der Zeit Schlamm und Bruchmassen hineingespült. Hier schaut aus feinkörnigem, hellgrauem Waschsand der Rest eines hölzernen Wasserrohres heraus.
  

Im "uralten" Bergbau häufig zu finden sind solche "verzapften" Ausbauhölzer.
 

  Man beachte die "Bergefeste" über dem Hohlraum !  Bricht es unten zusammen, frißt sich der Bruch allmählich auch durch die Lockergesteinsdecke hindurch...
 

Noch eine Nahaufnahme des montanarchäologischen Befundes: Man kann den Holzausbau im Abbauschlitz mit gleichem Recht auch als Versatzkasten in einer vorher offenen Grube interpretieren. Die Durchmischung der durchgekutteten Sedimente darüber macht es heute schwierig, eine Entscheidung zu treffen, ob sich die Vorfahren hier erst aus dem Schürfgraben nach unten gegraben oder gleich von untertage aus vorgegangen sind...
Foto: Th. Helm, Eibenstock.

   


Schematische Darstellung des angetroffenen Abbaus. Vom Querort am Schacht 2 aus wurde von den Alten auch das nördliche Nebentrum noch weiter untersucht. Da das Hangende hier mächtiger und fester wurde, wurde aber die Aufwältigung an dieser Stelle abgebrochen.
  

Noch einen Blick in den westlichen Schacht während der Aufwältigung mit dem "Streckenkreuz" im Niveau der Verbindungsstrecke zum östlichen Schacht. Foto: Th. Helm, Eibenstock.
 

Der Schacht führte noch weiter in die Tiefe, wurde aber während der Sicherungsmaßnahmen nicht weiter erkundet.
Foto: Th. Helm, Eibenstock.
  

Hier der Zugang vom Schacht in das Nebenort auf dem nördlichen Paralleltrum.
Foto: Th. Helm, Eibenstock.
   

Nach Westen hatten die Vorfahren eine Schwebe stehengelassen - vielleicht, um einen Wasserablauf in diesem Höhenniveau sicherzustellen, vielleicht war es aber auch einfach nur ein tauber Bereich im Gang. Darunter setzt sich der Strossenbau aber weiter fort, so daß es wie zwei Abbaue übereinander erscheint. Foto: Th. Helm, Eibenstock.
   

   


 

Winterwanderung entlang des Grüner Grabens bis Wildenthal 

Es hat ein wenig gedauert, aber eines schönen Wintertages haben wir uns auf den Weg gemacht und auch den südlichen Teil des "Wasserwegs" einmal in Augenschein genommen.

Los geht´s jetzt am südlichen Stadtrand von Eibenstock. Auch hier gibt´s einen Wanderparkplatz für alle, die es uns mal nachmachen wollen.

  

Startpunkt 2 der Wanderung:

  

Hier verschwindet der Grüner Graben in der Kanalisation.
 

Rechts im Bild führt die Karlsbader Straße (S 275) aus Eibenstock hinaus und über Wildenthal bis Johanngeorgenstadt.
  

Die Gegenrichtung: Vom Wasser sieht man zwar gerade nicht viel - aber wir laufen ihm entgegen. Am Ende der Häuserreihe quert der Graben die Straße.
  

Hier geht´s hinüber.
  

Danach führt der Graben an dieser markanten Reihe alter Bäume entlang über die Weideflächen südlich der Stadt.
(Achtung: Zufahrt zum Rinderzuchtbetrieb ! )
  

Vom Osthang der Großen Bockau schaut jetzt schon der Auersberg mit seiner Radarstation zu uns hinüber.
 

Der Graben ist um die Jahreszeit hier unter Schneewehen fast verschwunden - wie haben die Alten den im Winter bloß gängig gehalten ?
  

Immerhin: Bissel Wasser ist drin.
  

Wir wechseln die Seite und erreichen gleich den Waldrand...

 

...und stehen jetzt ungefähr hier:

 

Ein Blick zurück: Wäre die Baumreihe nicht und unsere Spuren im Schnee - man könnte den Graben glatt übersehen.
 

Der Graben ist bis hierhin - soweit sichtbar - auf der ganzen Länge ohne Ausbau einfach in den flach geneigten Hang gebuddelt.
 

Vor dem Waldrand eine alte Brücke und:
  

Ah, ja - davon war schon die Rede...
 

Vor der Brücke ist der Graben mit Granitblöcken (die gab´s hier reichlich) in Trockenmauern gefaßt und die Überfahrt wurde aus dicken Steinplatten hergestellt.
  

Nun am Waldrand entlang.
   

   Auch hier ist er wieder einfach in den flachen Hang eingetieft.
  

Durch die gleichmäßige Hangneigung mußten sich die Erbauer beim Halten des Gefälles hier wenig Mühe geben - streckenweise läuft der Graben ziemlich schnurgerade...
    

   Dann wieder schlängelt er sich um die Bäume herum.
  

Kurz vor den Waldhäusern wird auch dieser kleine Bach in den Graben "eingespeist".
   

Ein Rückblick: Der Graben führt immer links am Waldrand entlang.
  

  Dahinten schauen die Häuser am Wiesenweg heraus - einst lebten hier sehr einsam Kleinbauern, Köhler oder auch Seifner.
 

Diese Stelle gab uns erstmal zu denken: Wie man sieht, ist die Mauereinfassung an der linken Seite offen und dort parallel zum Hang wäre das passende Höhenniveau des Grabens gewesen. Tatsächlich kommt er aber hier "von oben" und verspringt um zirka 10 m (GPS) in seiner Höhenlage. Vielleicht gab es hier eine einsame Mühle im Wasserlauf, vielleicht auch einen streitbaren Bauern, der sich mit 10 Gulden nicht abspeisen ließ ...
   

Ende 2016 haben wir Post aus Eibenstock erhalten und Aufklärung gefun
den: Tatsächlich stand hier einst ein Pochwerk. Der bekannte Kartograph Öder vermerkt sie um 1620 als "Adam Lippolds Bretmühl und Buchwerk". 1698 wurde dann noch die Mahlmühlengerechtigkeit verliehen. Der letzte Mahlmüller war August Friedrich Schmidt. Der starb 1856 und die Gebäude brannten 1904 ab. Der kleine Weiler da draußen hieß bis dahin Brethmühl, heute ist dieser Name in Vergessenheit geraten. Das historische Foto zeigt die Mühle um 1900. Bildquelle: Th. Helm.

Jedenfalls stehen wir jetzt hier:

  

Das Einlaufbauwerk für die "Falleitung" oberhalb des Wiesenwegs.
 

In die "Schleife" wird gleich noch dieser kleine Graben mit eingespeist. Dort oben vor dem Waldrand verläuft die S 275.
    

Hinter dem kleinen Bogen um den Gästeparkplatz des Waldhauses herum geht es wieder schnurgerade am Wiesenweg entlang.
 

Hinter den Häusern wird der Hang schon steiler, aber noch liegen Wiesen ober- und unterhalb.
  

Noch eine Schutzhütte...
   

.. dann schwenkt der Graben auch wieder nach Süden in den Hochwald ab.
  

Das sieht noch ganz gemütlich aus - kommt aber besser...
  

Die "Schneekante" im Hintergrund markiert wieder die Staatsstraße. Hier wird der Hang schon steiler.
Und man fragt sich wiedermal: Wer zum Teufel schmeißt hier einen Einkaufswagen in den Wald ?!
  

Erst mal weiter. Wir sind noch auf dem Bogen in das obere Bockautal hinein.
  

Von hier weg geht es fast schnurgerade nach Süden...
 

Und hier existiert auch ein erster (oder in Fließrichtung ein vierter) Abschlag. Er ist hangseitig beiderseits mit Granitmauern eingefaßt.
 

Im Gegensatz zu den Weideflächen stört das gelegentlich abgelassene Wasser hier keinen. So gräbt es sich tiefe Rinnen hinunter bis zur Bockau. Ach, so: Irgendwo da unten hinter den Bäumen im Talgrund, an dieser Stelle rund 85 m (abgegriffen bei Google Earth) tiefer, fließt die Große Bockau.

 

Wir befinden uns jetzt hier:

  

Wir bleiben schön hier oben.
 

Beim Straßenausbau hat man an zwei Stellen mal den Hang zwischen Graben und Staatsstraße mit Mauern stützen müssen.
 

Der Steilhang schiebt natürlich und so muß man hier immer mal wieder ausbessern: An dieser Stelle z.B. mit ein paar Stahlprofilen und Pfosten.
 

Aber dann geht´s wieder geradeaus.
  

In diesem Abschnitt wurde die Hangseite mal mit eingeschlagenen Hölzern und Verzug abgedichtet.
 

Ein Forstweg kommt mal von der Straße herab.
  

Dann wieder ein Bogen nach rechts und wir haben wieder Sonne.
  

Die Hangneigung täuscht nicht...
  

Es ist hier verdammt steil !
  

Jetzt kommt auch wieder ein Striegel. Sie haben so etwa 1.200 m Abstand und auch hier läßt man überschüssiges Wasser einfach bergab laufen.
 

Da unten glitzert das erste Mal die Bockau durch´s Gehölz. Bald geschafft !
  

Jetzt merken wir auch langsam unsere Knochen...
  

Aber die 6 km ziehen sich noch hin...
  

Und hier wird´s wirklich ungemütlich: Die Stämme liegen vielleicht schon seit Kyrill, vielleicht auch erst seit dem letzten Schneebruch kreuz und quer. Kletterpartien auf dem verschneiten Hang sind nicht wirklich empfehlenswert.
   

Geschafft. Hier geht´s wieder besser.
  

Aber dieser Abschlag erfordert schon wieder Balance und Kletterkunst.
  

Auch gepackt. Hier also der dritte Striegel (oder "flußab" gerechnet der zweite).
 

Im Hintergrund wird es lichter: Wir erreichen in Kürze Wildenthal.
 

Solch ein kleiner "Querschläger" hält uns nicht mehr auf.


Achtung: Wir sind inzwischen hier unten...
  

Gleich da. aber hier wird es etwas unübersichtlich, deshalb untermalen wir das Foto nochmal...
 

Also: Von geradeaus kommt der untere Hammergraben mit einem Abschlag nach links unten ins Bockau-Tal. Von rechts oben kommt hier der Abschlag des mittleren Hammergrabens. Und nach rechts unten wird der Grüner Graben geführt. Man würde es schneller begreifen, wenn das Hammerwerk noch zwischen den Grabenniveaus stehen würde. Jedenfalls wird der Grüner Graben eigentlich gar nicht aus der Bockau abgezweigt, sondern verlängert hier an dieser Stelle den unteren Wildenthaler Hammergraben.
 

Was hier jedenfalls aussieht, als wäre das der Grüner Graben, endet weiter vorn "blind" in einer Wiese und hat wohl früher mal das Wasser unterhalb der Räder des Hammerwerks eingesammelt.
   

Was soll man dazu sagen. Die Vandalen werden nicht alle.
  

Hier stehen wir jetzt oben an der S 275 und gucken in Richtung Graben hinunter: Geradeaus sieht man von der Ecke des Fundamentes am rechten Bildrand ausgehend den Abschlag des mittleren Hammergrabens.
  

Hier irgendwo unterhalb müssen sich einst Mühlräder gedreht haben.
  

Weiter bergauf Richtung Wildenthal läuft hier direkt unterhalb der Straße der Hammergraben entlang.
  

Unmittelbar hinter der Brücke unter der Staatsstraße hindurch hat der Hammergraben eine Tür.
  

Auf der anderen Seite verläuft der Hammergraben oberhalb der Straße.
  

Dann quert die Straße auch die Große Bockau und den ersten Striegel sehen wir dann gegenüber am anderen Ufer.
  


Im Ort ist er sehr schön hergerichtet, in Granitmauern gefaßt und mit einem Hammer-Modell geschmückt.
  

 
Steht ja alles drauf.
  


Ja und da sind wir nun. Hier an dieser Stelle wird der Hammergraben - und wie wir gesehen haben - in dessen Verlängerung auch der Grüner Graben aus der Bockau abgezweigt.


   Angekommen in Wildenthal.
  


Bleibt nur noch der Rückweg zum Parkplatz. Den nehmen wir aber die Straße entlang - das Gestiefel über die verschneiten Hänge hatten wir jetzt ziemlich satt. Apropos satt: Die Hammerschänke in Wildenthal können wir empfehlen. An dieser Stelle sind wir oberhalb der Waldhäuser und von fern grüßt schon der Kirchturm von Eibenstock.
 


Den Wald haben wir nun auch hinter uns, damit freien Blick und können noch mal auf den Auersberg schauen. Immerhin Sachsens zweithöchster Punkt. Am linken Bildrand markieren die alten Pappeln den Verlauf des Grüner Grabens.
 

   


 

Rein bildtechnisch sind wir zwar schon auf dem Rückweg - aber da der natürlich auch wieder 6 km lang ist, haben wir noch Zeit, ein wenig über den Eisenerzbergbau in Wildenthal zu erzählen.

  

Der Julius Stolln in Wildenthal

Bei der Suche nach den Primärlagerstätten der ZInnseifen (Greisen oder Zwittergänge) kamen westlich des Auersberges vor allem die Eisenerz- Ganglagerstätten entlang der Rehübler Störung zutage, während Zinngreisen weiter westlich (z.B. bei Gottesberg) oder Zwitterklüfte nördlich von Eibenstock (Grün) entdeckt wurden.

Das gemeinsame Vorhandensein der Rohstoffe Zinn und Eisen bildete besonders im 18. Jahrhundert die wirtschaftliche Grundlage der Weißblech- Herstellung. Etwa von 1620 bis 1790 währte die Blütezeit der Weißblechherstellung im Westerzgebirge. Auch entlang des Oberlaufs der Großen Bockau arbeiten damals zahlreiche Eisenhämmer.

Zum Julius Stollen in Wildenthal liegen im Bergarchiv Freiberg (Bestand Fiskalische Erzrisse, Archivnr. H 9231 sowie Archivnr. K 7760: „Julius Stolln am Halbenberg“, Grund- und Saigerriss, datiert Q.R. 1839) nur einige wenige  Rissunterlagen vor. Die Grube wurde unter diesem Namen also 1839 zuletzt verliehen. Offenbar hatte man in dieser Zeit einen älteren Stolln neu aufgenommen, mit dem schon einmal versucht wurde, aus dem Tal heraus im Streichen des Eisenerzgangs einen Stolln unter die Abbaue vorzutreiben und diesen Wasserlösung zu schaffen.

Vom einstigen Mundloch aus führte der ältere (geschlägelte) Teil des Stollns zirka 40 m in Richtung auf die Abbaue am Hang oberhalb des Tals. Da man aber den Erzgang nicht fand, entschied man sich, zirka 10 m vor der Endschaft einen Querschlag nach Westen zu treiben, um das Streichen des Ganges zu finden und auf diesem den Stolln weiter vorzutreiben. Dieser Querschlag wurde zirka 50 m lang, ohne den Gang anzutreffen. Einige kurze Hoffnungsbaue gab man schnell wieder auf. Etwa 25 m vom Hauptstolln entfernt ist eine Jahrestafel eingeschlagen (1839 entsprechend der Rissdatierung).  

Die beiden existierenden Risse weisen nordwestlich des Stollnmundloches ältere Haldenzüge und weiter nördlich und höher am Talhang angesetzt noch einen weiteren Stollen („Hanns Süssens Stolln“) aus. Über den Beginn und den Umfang des Erzbergbaus in diesem Gebiet wurden aber bisher keine archivalischen Angaben gefunden.

Das hat seinen Grund auch darin, daß Eisen, Kohle, Torf, Kalk sowie Steine- und Erden-Rohstoffe immer grundeigen waren und dieser Bergbau nicht dem Regalrecht unterlag. Rissunterlagen wurden für diesen "Eigenbedarfs-Abbau" oftmals gar nicht geführt. Erst mit der Reform der Bergverwaltung im 19. Jahrhundert und dem Inkrafttreten des ersten allgemeinen Berggesetzes für das Königreich Sachsen im Jahr 1869 wurde der grundeigene Bergbau dem Regalbergbau auf die "edlen" Metalle gleichgestellt.

Das nun wieder hat auch zur Folge, daß im Gebirge öfter mal die Erde einbricht. wo gar keiner mehr damit rechnet und diesen Fall hatte es hier auch.

  

 
Da hat sich in Wildenthal zwischen den Häusern schon wieder "unbekannter Bergbau" aufgetan...
 
 


Auch hier wurde eine Sofortbaustelle des Sächsischen Oberbergamtes daraus und da inzwischen der Schlüssel herumgedreht ist, können wir jetzt auch einmal diesen beeindruckenden Blick von unten auf den Tagesbruch zeigen.
 


Am Westhang des Tals der Großen Bockau hatten hier die Vorfahren nach Eisenerz gegraben. Dieser Versatzkasten hält noch... Die Farbe ist nicht nachbearbeitet oder dem Blitzlicht zu verdanken, sondern tatsächlich so - Roteisenstein eben.
  


Dieser alte Ausbau sieht nicht mehr so richtig gut aus... Bevor auch der zubruchging, kam hier Beton hinein - hier stehen nämlich ein paar Wohnhäuser oben drauf.
 


Weil man von oben nicht mehr weiter kam, wurde nachgeforscht und in der Talsohle der Julius Stolln geöffnet. Hier der erste Einblick... Er steht komplett im Eibenstocker Granit und der erste Teil ist fein oval ausgeschlägelt - daher wahrscheinlich auch deutlich älter, als der Riss von 1839.
  


Vorerst das Ende: Kurz vor dem ehemaligen Mundloch hatten bereits die Alten Türstöcke unter das mürbere Anstehende gesetzt. Die untere Hälfte stand ständig unter Wasser und ist gut konserviert - der Rest längst verfault.
 


Die letzten Meter vor dem Mundloch waren in Mauerung gesetzt und mit Platten überdeckt. In diesem Stollnabschnitt liegt heute eine Rohrleitung und Leichtbeton, denn wir sind mitten unter dem Ort und kurz vor dem Hammerbach, in den das zulaufende Wasser nun wieder abfließen kann.
  


Andersherum: Feldwärts sieht man sehr schön die akribische Schlägelarbeit der Alten mit der leichten Einwölbung der Firste.
  


Hier gabelt sich der Stolln. Der rechte Flügel endete einige Meter weiter an einem Vollverbuch.
 


Auch hier steht der halbe Türstockausbau (mit Spreizen unten) noch.
 


Nach dem Ausräumen der Masse war aber doch Schluß. Ob die schwarze Farbe der Stöße auf Feuersetzen hinweist, ist eher  unwahrscheinlich - der Blockschutt deutet vielmehr darauf hin, daß man hier 1839 herausgeschossene Abraummassen hineingeschafft hat.
 


Folgen wir dem Stollnflügel nach Westen: An dieser Stelle setzte rechts ein kleiner Kammerbau an.
  


Ein Erzgang steht hier aber nicht an, nur auf den Klüften des Granits hat sich der knallrote Hämatit abgesetzt.
  


Weiter im Stollnverlauf ist das Profil auch einmal fast rechteckig geschlägelt.
 


Gegenüber ist hier diese schöne Jahrestafel eingeschlagen - blöderweise auf einer schräg nach unten weisenden Ablösefläche...
  


Da muß man fast auf den Knien fotografieren - aber hat sich gelohnt: Sehr akribisch gemacht, gerahmt und oben rechts noch ein Quartalswinkel drüber - der allerdings in Richtung Mundloch weist ?!  Die Jahreszahl entspricht der Datierung des Risses aus dem Bergarchiv.
   


Kurz vor der Endschaft des westlichen Stollnflügels.
  


 Weiter geht´s nicht.
  


Hier ist Schluß !  Eine Verbindung auf die Abbaue weiter oben gibt es nicht. Wie so oft und vielerorts scheint man auch hier versucht haben, die Baue der Vorfahren auf tieferer Sohle anzufahren - aber hier ging der Gewerkschaft wohl das Geld aus.
  


 Bleibt der Rückweg - und noch ein paar Impressionen der Schlägelstrecken.
  


Wieder am Streckenkreuz.
  


Ein letzter Blick zurück.
  


Da vorn ist wieder Tageslicht...
  


Durch dieses unscheinbare Rohr kurz vor der Mündung des Hammerbaches in die Große Bockau fließt heute das Wasser aus dem Julius Stolln wieder ab. Links neben dem Gebäude befand sich einst das Mundloch. Mehr ist nicht mehr zu sehen - nur bei uns...

 


So ungefähr muß man sich die Lage der Grube und des Julius Stollns vorstellen.
  

 

 

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