Ein Beitrag von www.unbekannter-bergbau.de
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Der Zinn- und Eisenerzbergbau bei Irrgang (Bludná)
Erstellt April 2017.
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Die
Bergbausiedlung Irrgang (Bludná) ist heute nicht mehr existent, weil sie durch
die Beneš-Dekrete nach dem Krieg entsiedelt und beseitigt wurde. Diese
Bergbausiedlung beanspruchte die Fluren von 3 verschiedenen Ortschaften. Dies
waren Bärringen (Pernink), Breitenbach (Potůčky) und Seifen (Ryžovna), wobei
Seifen als Ortschaft, außer einigen einzelnen Häusern, aus schon benannten Grund
auch nicht mehr existent ist. Unweit Irrgang in Richtung Zwittermühl befindet
sich auch ein einmaliges Bergbaudenkmal unserer Vorfahren.
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Zu Bärringen (Pernink)
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Den
größten Einfluß mußte Bärringen (Pernink) auf die umliegenden Bergbausiedlungen
wie z. B. Irrgang ausgeübt haben. Dies war eine bedeutende königliche Bergstadt,
deren Gedeih und Verderb hauptsächlich in der Förderung des Münzmetalls Silber
und des Gebrauchsmetalls Zinn bestand. Wobei die Gewinnung von Eisenerzen sicher
auch nicht zu vernachlässigen war. Doch Münzmetalle wie Silber erzeugten die
größten Innovationen und Profite. Diese anfängliche Bergarbeiter-Siedlung lag im
westlichen Teil des Erzgebirges auf gut 900 m NN und nahe den Silber- und
Zinnerzgruben, die im 16. Jahrhundert von Graf Heinrich Schlick an der weißen
Wistritz gegründet wurden. Eine schon bestehende Bergbausiedlung aus früherer
Zeit ist nicht belegbar, aber auch keinesfalls auszuschließen. Von 1530 bis 1560
erlebte Bärringen die Hauptblütezeit des Zinnbergbaus. Im Jahre 1532 wurde sie
zum Städtchen erhoben. Im Jahre 1547 beschlagnahmte der Kaiser Ferdinand I. die
Bergwerke und führte 1548 in der Bergstadt Bärringen eine eigene Zinnbergordnung
ein. Damit endete der Einfluß der Familie Schlick in dieser Bergstadt. König
Ferdinand I. erhob Bärringen im Jahre 1559 schließlich zur königlichen
Bergstadt.
1581 kamen schließlich noch der Sitz eines Bergamtes und der Sitz einer herrschaftlichen Zinnschmelzhütte hinzu. Bärringen erlangte durch diese bedeutenden Einrichtungen des königlichen Bergbaus große Bedeutung und zog neben Abenteurern, fahrenden Bergleuten auch das Handwerk an, was für eine sukzessive Entwicklung von einer Bergbausiedlung über ein „Städtchen“ zur Bergstadt führte. Der Einfluß der Stadtgründerfamilie von Schlick verfiel 1620 nach der Schlacht am weißen Berg völlig. Während dieser Krise wurde der Zinnbergbau unter der Herrschaft der Grafen von Sachsen-Lauenburg um 1625, also mitten im 30jährigen Krieg, wieder in Schwung gebracht. Die „Maria Himmelfahrt Zeche“ am Plattenberg wurde mit Unterbrechungen sogar noch bis 1817 betrieben. Bei Untersuchungen in den 1960er Jahren sind noch abbauwürdige Zinnerze nachgewiesen worden. Der Name Bärringen/Pernik ist natürlich wie in diesen Landstrich typisch in verschiedenen Variationen überliefert. Neben Bäringen finden sich noch Schreibweisen wie Perninger, Peringen und Peringer. Geht man den Schreibweisen der Namen nach, waren die Stadt und auch die gesamte Region vorwiegend deutsch geprägt. Bärringen liegt geologisch betrachtet am Rande einer gewaltigen Glimmerschieferzone, die sich im Bereich der Hochebene von der Kontaktzone des Erzgebirgsgranits bis nach Abertamy (Abertham) und Boží Dar (Gottesgab) erstreckt. In dieser Glimmerschieferzone sind einige Silbererze führende Gänge bekannt. Der Kontaktbereich zwischen Glimmerschiefer und Granit ist Ziel des Eisen- und Manganbergbaus gewesen. Wobei die Zinnerze hauptsächlich im Granitmassiv vorkamen. Westlich der Stadt Bärringen am Plattenberg (Blatenský vrch) befand sich, an das schon erwähnte Granitmassiv gebunden, ein wichtiges Zinn- und Eisenerzrevier. Bereits in der Mitte des 16. Jahrhunderts unter der Schlick ́schen Herrschaft wurden hier Erze abgebaut. Bekannt sind hier die Gruben wie „Schwarzer Gang“, „Tiefer Stolln“, „Zwitter Zeche“ und „Maria Himmelfahrt Zeche“. Ein weiteres aber kleineres Zinnrevier befand sich südlich der Stadt am Berg Wölfling (Velflík). Der Eisen- und Manganerzbergbau erlangte nie dieselbe Bedeutung, wie der auf Zinn und Silber. Hauptsächlich aus dem 19 Jahrhundert sind Aktivitäten bekannt. In früheren Zeiten lief diese Sparte eher unspektakulär ab, da laut dem sächsischen Bergrecht diese Erze zum niederen Bergregal gehörten und nur dem jeweiligen Grundherren unterstanden. Es ist daher naheliegend, daß hier die Gewinnung außerhalb des Bergrechts verlief, was in einigen Streitereien zwischen den einzelnen Grundherren und den Vertretern des Königs gipfelte. Zum Plattenberg sind diverse Streitereien wegen der Zinngewinnung wohl sehr gut bekannt! Schließlich wurde im 19. Jahrhundert auf einem mächtigen Quarzgang Eisen- und Manganerz abgebaut. Der Kontakt zwischen Granit und Schiefer bei Bärringen ist durch diesen mächtigen Quarzgang mit Eisenerzen markiert. Diese Erze wurden besonders im 19. Jahrhundert in der „Grube Protasi“ (zwischen Bärringen und Platten), in der „Johannes Zeche“ unter dem Rammelsberg (Zaječí hora) und in der „Grube Eiserne Krone“ unter dem Schuppenberg (Liščí hora) abgebaut.
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Zu
Irrgang (Bludná)
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Die
Ortschaft lag direkt auf dem Erzgebirgshauptkamm östlich des Plattenberges an
der alten Kaiserstraße, die von Horní Blatná (Platten) nach Boží Dar (Gottesgab)
führt. Die frühere Bergbausiedlung Irrgang (Bludná) war vom 16. bis 19.
Jahrhundert ein sehr wichtiges Zentrum des Zinn- und Eisenbergbaus der Region
zwischen Johanngeorgenstadt und Joachimsthal. Erstmals um 1520 wurde der Ort im
Zusammenhang mit dem Eisenerzbergbau erwähnt, er ist aber sicher schon viel
älter. Für 1569 findet sich eine Überlieferung zum Namen des Ortes als Irrgangk.
Diese Region zwischen den heutigen Städtchen Horní Blatná (Plattenberg) und Boží Dar (Gottesgab) gehörte schon seit wenigstens der Mitte des 12. Jahrhunderts zur Schwarzenberger Herrschaft. Wobei 1212 der deutsche König Friedrich II. dieses Gebiet dem König Przemysl Ottokar I. schenkte. Damit wurde die Schwarzenberger Herrschaft ein Teil des Königreichs Böhmen. 1425 erwarben die Herren von Tettau dieses Gebiet. Um 1459 fiel dieser Teil in Form einer Mitgift wieder an Sachsen, da die Tochter Georg von Podiebrad, Zdenka, den sächsischen Herzog Albrecht III. heiratete. 1533 kaufte der sächsische Kurfürst Johann Friedrich, der Gründer von Horní Blatná (Bergstadt Platten, 1532) und Boží Dar (Gottesgab, 1533) die Region.
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Der
Name geht nicht, wie einige Quellen behaupten, auf Irrungen (Umgänge)
während gemeinsamer Grenzbegehungen auf dem umstrittenen Grenzgelände
zwischen der Herrschaft Schwarzenberg und Schlackenwerth im 16.
Jahrhundert zurück, sondern leitet sich von der „Irrgänger Störung“ als
„irrigem“ Erzgang ab. Dabei handelt es sich hier wohl um eine nicht
eindeutig als Gang zu bezeichnende Struktur, sondern vielmehr um eine Art
Bruchzone, bestehend aus vielen gangähnlichen erzführenden Trümern. In der
geologischen Literatur wird diese Zone auch als Bruchzone bezeichnet, die
in einer NW-SE-Richtung verläuft.
Der topografische Verlauf der Bruchzone kann von Mariánská (Mariasorg) über Hřebečná (Hengstererben) bis nach Potůčky (Breitenbach) beschrieben werden. Von Potůčky aus ist die Bruchzone weiter nach NW in Sachsen nachweisbar. Die Gesamtlänge wird mit 32 km, wobei 18 km auf der böhmischen Seite liegen, angegeben. Der Name „Irrgang-Störung“ steht für einen Teil des Verlaufs in Böhmen, in Sachsen ist die Bruchzone als „Rothgrübner“ und „Neujahr“ benannt. Die Fortsetzung im Joachimsthaler Revier ist als „Zentralbruch“ überliefert. Als Hauptgangart war der Quarz der sog. Irrgang (Bludná)-Störung vorherrschend. Die strahlig-faserigen Bildungen mit einer glänzenden kugeligen Oberfläche, sogenannte rote Glasköpfe, waren teilweise bis zu 0,5 Meter groß. Die Hämatitvererzung (Blutstein) besaß dabei Mächtigkeiten von bis zu 18 m. Heute sind in vielen Mineraliensammlungen solche Einzelstücke zu bewundern. Die besten Stücke wurden bereits am Ende des 19. Jahrhunderts vom Fabrikerz abgesondert und an Steinschleifer, Mineraliensammler und Händler geliefert. Außerdem, aber in geringerem Maße, wurde Hämatit auch zur Herstellung von Rotpigment (Rötel) als Grundstoff für mineralische rote Farbe verwendet. Die Wirtschaftlichkeit des Bergbaus konnte durch lokale Mangan- und Zinnerzvorkommen aufgebessert werden.
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http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/70002200
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http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/70002903
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Das
abgebaute Eisenerz galt als hochwertig für das Erzgebirge. Dabei wurde östlich
vom Plattenberg (Blatenský vrch) dieses Eisenerz bereits frühzeitig abgebaut.
Schon mindestens seit 1562 ist hier die Grube „Hilfe Gottes“ bekannt. Es
handelte sich seinerzeit um das bedeutendste Eisenerz-Bergwerk in der Nähe von
Horní Blatná (Bergstadt Platten). Diese Grube wurde dann bis zum Ende des 19.
Jahrhunderts und danach noch bis kurz während des Ersten Weltkriegs weiter
betrieben. Bekannt ist noch der Standort des alten Göpelschachtes, wo der
Betrieb um 1884 eingestellt wurde.
In unmittelbarer Nähe lag die Grube „Gustav“, welche mit zu „Hilfe Gottes“ gehörte. Sie förderte noch bis nach dem 1. Weltkrieg Eisenerze. Verwaltungstechnisch gehörte das Bergwerk in dieser Zeit zu den Škoda Werken in Pilsen.
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http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/72005571
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Pinka Zuzana – Grube Susanne unweit Irrgang (Bludná)
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Der
Zinnerzbergbau wurde einerseits direkt im Ort Irrgang sowie vor allem im Bereich
des Schneebergel (Sněžné hůrka) betrieben. Hier sind die Gruben „Susanne“,
„Lorenz“ und „Heiliger Geist“ belegbar. Eine bemerkenswerte Hinterlassenschaft
des Zinnbergbaus unserer Vorfahren stellt die als „Pinka Zuzana“ bekannte
Gangstruktur dar. Es handelt sich dabei um eine abgebaute, aber fast nicht
wieder verfüllten pingenartigen Abbau von 0,5 m bis etwa 5 m Breite, bis zu 15 m
offener Tiefe bei fast 400 m Längenerstreckung! Der Bergbau folgte hier einer
aus vielen Zinnerz- führenden Trümern bestehenden Gangstruktur.
Diese Pinge steht unter besonderen Schutz und zählt heute in Tschechien auch als ein Naturdenkmal. Das sollte von jedem Interessierten bei einem eventuellen Besuch beachtet werden! Das „Schneebergel“ ist eigentlich kein „richtiger“ Berg sondern nur eine leichte Erhebung im Bereich des Erzgebirgskammes. Bei unserem Besuch im Jahre 2015 gab es hier nur Niederwald – überwiegend Nadelhölzer – mit Büschen und großen Farnen. Das heißt, daß die Lage dieser bergbaulichen Hinterlassenschaft sehr versteckt liegt und auch durch keine Hinweisschilder angezeigt wird. Man muß sich deshalb abseits der Wege auf Wildwechseln bewegen, um die Pinge zu erreichen. Genau hier ist aber äußerste Vorsicht geboten. Die Pinge – wie in Tschechien üblich – wird nur durch eine einfache Absperrung aus Stahlseil oder Brettern gesichert. Neben der Pinge befinden sich aber im dichten Gras und unter Farnen versteckt an einigen Stellen noch offene Schächte – bis zu 10 m tief – außerhalb des abgesperrten Bereichs. Diese sind nur sehr schwer erkennbar! Auch finden sich nur sehr wenige flache Halden, die bis an den Pingenrand reichen und aufgrund der dortigen Vegetation wird der Pingenrand verdeckt – es besteht akute Absturzgefahr!! Bitte beachtet dies bei einem Besuch!
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http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/70002844
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Ein ziemlich eindrucksvolles „Loch“... |
An den Stößen sind auch die Spuren der Gewinnungsarbeit zu sehen. In diesem Fall wurde auch das Feuersetzen angewandt. |
Querschläge aus dem Haupttrum heraus. |
Gut 12 m tief ist die Pinge hier. |
Außerhalb der Pinge unter den Farnen versteckt befindet sich ein nahezu runder Schacht … |
...und stellt eine gewisse „Falle“ für unvorsichtige Besucher dar. |
So versteckt liegt das Bergbaudenkmal in der Landschaft. |
Noch ein paar Impressionen... |
... von oben.
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... in der Pinka Zuzana
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Hier gibt
es nun die Möglichkeit, die Pinge in ihrem Hauptteil zu befahren. Wir haben dies
aber erst gut ein Jahr später bei einem weiteren Besuch realisiert. Ein
Abschleppseil (Statikseil) und eine Steigklemme ermöglichte dieses Vorhaben.
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Der erste Eindruck war natürlich überwältigend... |
...aber auch nicht ganz ungefährlich. |
Die Stöße sind heute schon ziemlich gebräch und etliche Ablöser lehnen sich nur noch an... |
Dieser Anblick erinnert an die Kulisse eines russischen Märchenfilms... |
Auf der Sohle der Pinge. |
Die Bäume sind auch nicht ungefährlich und wackeln schon bei jeder Berührung. |
Dieser Rest einer kleinen Ortsbrust stammt wohl von sehr frühen Auffahrungen noch vor Entstehung der heutigen Pinge. |
Die Anwendung der Feuersetztechnologie ist hier noch erkennbar. |
Blick zurück zu unserem „Einstieg“. |
Auch hier sehen die Stöße der Pinge von unten schon sehr wandelbar aus. |
Bühnlöcher der Alten. Auch ein Hinweis, daß diese Pinge nicht durch den üblichen Verbruch, sondern durch gezielten Abbau der hier streichenden Gänge entstand. |
Im Märchenwald?? |
Hier gibt es eine weitere Möglichkeit, über den verfüllten Teil in die Pinge hinunter zusteigen. |
Der Einstieg. |
Warum diese Bergfeste stehen blieb, ist von hier noch nicht zu erkennen. |
Neben einigen kleinen Abbauen sind aber auch Gangstrukturen erkennbar. |
Der Abstieg in die Pinge. |
…schon beeindruckend. |
So und hier haben wir den Grund für die oben erwähnte Bergfeste. Es handelt sich dabei wohl um einen Förderschacht. |
...mit Licht von unten. |
Reste des vormaligen Ausbaus sind auch noch zu erkennen. Das Tiefste liegt hier wohl bei 15 m bis 20 m unter Gelände, wir können es nur schätzen. |
Der Schacht reicht sicher noch weiter in die Tiefe, ist aber mit Bruchmassen verstürzt. |
Vom Tiefsten aus der Blick in die kleinen Abbaue. |
Einige Gangstrukturen sind noch erkennbar und auch die Anwendung der Feuersetztechnologie durch unsere Vorfahren. |
...nochmal nach oben geschaut. |
Auf dem Rückweg... |
Ganz am Ende der Pinka Zusana besteht noch eine weitere Möglichkeit zum Abstieg in die Pinge. |
Sportlich... |
Es geht hier sogar noch tiefer und weiter und dies bei spürbarem Wetterzug... |
…nur sind wir an diesem Tag nicht für eine Untertage- Befahrung ausgerüstet. |
Hier ist die runde Form der Abbaue, wie sie durch das Feuersetzen entsteht, besonders schön zu sehen. |
Vor der Ausfahrt noch ein imposanter Blick nach oben!
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Das war wohl noch nicht unser letzter
Besuch hier, das nächste Mal kommen wir auch mit Untertage- Ausrüstung...
Glück Auf! L. M.
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Verwendete Quellen:
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