Ein Beitrag von www.unbekannter-bergbau.de Erstellt Oktober 2014, letzte Aktualisierung Juli 2015.
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Der Stolln „Goldener Engel“
bei Niederhohndorf |
Nordwestlich von
Zwickau saniert die bundeseigene Wismut GmbH die ehemalige Industrielle
Absetzanlage (IAA) Helmsdorf. Hier wurden bis zum Ende der Uranproduktion
Rückstände der Aufbereitungsfabrik Crossen eingespült. In unmittelbarer
Nachbarschaft zur IAA werden im Tagebauverfahren tiefgründig verwitterte
Rotliegendsedimente der Mülsen-Formation in Abbauscheiben von zirka 2,5 m
gewonnen und zur Herstellung der Abdeckschichten verwendet. Hauptgestein
ist das sogenannte "Kleinstückige Konglomerat", eine aus einer tonig-kiesigen
Suspension entstandene Schwemmfächerablagerung.
Im August 2013 wurde im Abbaufeld ein etwa 2 m² großer Tagesbruch festgestellt. Bei einer ersten Freilegung mittels Bagger wurden mehrere, teilweise wassergefüllte Stollenabgänge sichtbar. Nach der Wasserabsenkung konnte ein Teil der Stollnanlage durch Vertreter der Wismut, des Oberbergamtes und des Landesamtes für Archäologie befahren werden. Dabei entstanden die im Folgenden gezeigten Fotos. Die angrenzenden verbrochenen bzw. mit Feinsediment verfüllten Stollnabschnitte wurden mit dem Bagger systematisch freigelegt und untersucht. Im Bereich des Engelsgrundes wurde die Lage des ehemaligen Mundloches etwa 30 m östlich des Abbaufeldes in zirka +320 m HN anhand der Morphologie extrapoliert. Durch die Markscheider der Wismut GmbH wurden alle altbergbaulichen Befunde aufgemessen und dokumentiert. Die Gesamtlänge des Stollns wurde dabei mit 147 m ermittelt. Eine dendrochronologische Datierung an einem Grubenholz ergab das Fälldatum 1678. Anhand der Befunde und einer Archivrecherche konnte der Stolln mit ziemlicher Sicherheit als der „Goldener Engel Stolln“ identifiziert werden. Er wurde im 17. Jahrhundert (Beginn der Auffahrung vermutlich 1694) auf goldhaltige Sande angelegt. In seiner „Ausführlichen Beschreibung der unweit Zwickau in Meißen, zu Niederhohndorf und anderen umliegenden Orten gefundenen Goldischen Sande“ [1] gibt Johann Neithold einen ausführlichen Bericht zum Ursprung des Bergwerkes und über seine eigenen Versuche, aus den abgebauten Sanden Gold zu extrahieren. Er nennt als Gewerken den Zwickauer Jurist Gottfried Peylschmied und den Schneidermeister Johann Hertel. Beiden soll „…aus der dritten Hand ein kleiner Extract aus einem alten manuscript, welches … von 2 oder 3 italiänischen Wall-Brüdern herstammen soll…“ in die Hände gekommen sein. Neben anderen Fundortbeschreibungen enthält dieser Text den Hinweis: „Bey Zwickau liegt ein Dorff, heißt Rorhenbach, in demselben Bach liegen gute Gold- und Silber Granaten…“ Peylschmied und Hertel „…verfügten sich miteinander gen Rothenbach, bedienten sich der so genannten Wünschel-Ruthen, welche mehr gedachten Herteln in vollen Schlagen auff die lincke Hand hinauff, einen kleinen Weg über Niederhohndorff geführet, allwo er bey einer kleinen Quelle nebst einem Eichenbaum ferner gefunden, daß sich der Gang gewendet, und in die Erde erstrecket, woselbst man hernahmahls eingeschlagen, durch die Berg-Knappen fleißig arbeiten und sich den Handel angelegen seyn lassen…“ Gegenstand des Abbaus waren offenbar bis zu drei geringmächtige Lagen aus verwittertem Sandstein, wobei die zuständigen Bergverständigen es ablehnten, diese als Gold-Erz zu bezeichnen. Johann Neithold wurde mit der Untersuchung von Sandproben beauftragt, worüber er in [1] ausführlich berichtet. Seiner Meinung nach verhinderte der Eisengehalt der Sande die Extraktion des möglicherweise in geringen Mengen enthaltenen Goldes. Nur für zwei Proben gibt er an, daß sie im Pfund ein halbes bzw. knapp zwei Loth (1 Loth zirka 14,6 g) Gold enthalten hätten. Im Frühjahr 1696 überwarf sich Neithold mit den Gewerken, weil man sich nicht auf die Bedingungen der weiteren Zusammenarbeit einigen konnte. Er schreibt von sich selbst, dass er als Chemiker vom Bergbau nichts verstehe und liefert daher kaum Angaben zum Stollnvortrieb. Er hatte aber erkannt, dass der Stolln keineswegs an einem erzreichen Punkt angesetzt war, da er schreibt: „Denn was dorten bey dem Güldenen Engel durch große Unkosten und blutsaurer Arbeit in die Erde mit Stollnenführen und Schachtsenken nach Bergk-Manier zu wege gebracht wird, das versichere ich von aller dort herumb liegenden Erden gleichfalls…“ Im Ergebnis der Befahrungen und der Vermessung lassen sich folgende Angaben ableiten: Der handgeschlägelte Stolln hatte bei 1,5 m bis 1,7 m Höhe meist eine Breite zwischen 0,5 m und 0,8 m. Es wurden nur zwei wenige Dezimeter tiefe Gesenke sowie mehrere Abzweige und Nischen, teilweise mit Kniebrettern ausgelegt, vorgefunden. An zwei Stellen fanden sich Lampennischen und an drei Stellen im Südstoß Vortriebszeichen in Form einfacher Kerben. Abschnittsweise war der Stolln mit Holzausbau in Form von Türstöcken, teilweise mit First- und Stoßverschalung gesichert. Einige Stempel und Kappen hatten quadratischen Querschnitt, meist wurden aber einfache Halbschalen verwendet. Im Mittelteil des zugänglichen Bereiches war die Stollnsohle mit Laufbohlen belegt. Durch die Markscheiderei der Wismut GmbH wurde eine ausführliche Dokumentation des Stollns angefertigt [2]. Die Wismut GmbH gestattete freundlichst die auszugsweise Veröffentlichung auf dieser Website. Durch den fortschreitenden Abbau von Abdeckmaterial mussten die Geländebefunde vollständig liquidiert werden.
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Quellenangaben: [1] Neithold, Johann Erhard: Ausführliche Beschreibung der unweit Zwickau in Meißen, zu Niederhohndorf und anderen umliegenden Orten gefundenen Goldischen Sande, Verlag des Autors, Leipzig, 1696 [2] Wismut GmbH: Dokumentation der aufgefundenen Grubenbaue im Rotliegendabbaugebiet Ostfeld auf der IAA Helmsdorf, Bearbeiter Herr Kunzmann, J. (BSR MSW), Herr Müller, J. (BSR IAA), unveröffentlicht, 2014 Fotos: B. Tunger, Chemnitz
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