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Ein Beitrag von www.unbekannter-bergbau.de

Erstellt Oktober 2012, letzte Aktualisierung Juli 2015.
  

Die Stolln im Bergbaugebiet von Hengstererben / Hřebečná
Die „Mauritius Fundgrube“ in Hengstererben / Hřebečná 
Der „Schnepp-Bruch“ oder „Schnepp-Pinge“ in Hengstererben / Hřebečná 
Der Basalt- Steinbruch bei Hengstererben / Hřebečná 
Die Rote Grube bei Hengstererben / Hřebečná 

 

 
 

Das Zinnbergbaugebiet von Hengstererben / Hřebečná (ČR)

Dieses hochinteressante Bergbaugebiet liegt unweit von Oberwiesenthal auf der böhmischen Seite des Erzgebirgskammes und ist am besten über die B 95 nach Boží Dar (Gottesgab) und weiter über Rýzovna (Deutsch-Seifen) Richtung Abertamy (Abertham) zu erreichen.

 


Übersichtsskizze zur Lage der Zinnbergbaugebiete am südwestlichen Erzgebirgskamm.
   

 
Spätestens seit einem Zeitungsartikel in der „Freien Presse“ vom 21.05.2012 (Faksimile siehe unten) dürfte diese Region auch den interessierten sächsischen Bergbaufreunden bekannt und zunehmend auch ein Ausflugsziel am Wochenende sein. Neben den Hinterlassenschaften des Bergbaus vergangener Jahrhunderte gibt es aber noch viel mehr zu entdecken. Als Wander- und Skigebiet ist die Region um Abertham schon aus der Zeit vor dem 2. Weltkrieg bekannt. In Hengstererben gab es allein für die Freunde des Skisprungs drei verschieden große  Sprungschanzen, die heute leider nicht mehr existieren. 

 


 Dieser Artikel in der FP am 21.05.2012 stellte erstmals dieses Bergbaugebiet den Lesern offiziell im Rahmen der tschechischen Bewerbung für das Weltkulturerbe "Montanregion Erzgebirge" vor. Zum Tag des Geotops fanden weit über 40 Leute den Weg nach Hengstererben und nahmen an der Exkursion „500 Jahre Zinngewinnung in Hengstererben“ teil.
    

 
Hřebečná (Hengstererben) liegt in einem Gebiet, wo zwei Kolonialisierungswellen zusammentrafen, die den Charakter der Besiedlung des westlichen Erzgebirges seit dem seit dem Mittelalter und bis zum Jahre 1945 prägten. Die erste Welle, bei der im 13./14. Jahrhundert die niederen Lagen des westlichen Erzgebirges durch Bauern aus dem Egerland und der Oberpfalz bevölkert wurden, hat wahrscheinlich das Gebiet um Hengstererben noch gemieden, sie endete unterhalb des Plessberges. Eine zweite Welle der Besiedlung erfolgte auf Grund der Erzvorkommen am Ende des 15. und zu Beginn des 16. Jahrhundert durch die Zuwanderung von Arbeit suchenden Bergleuten aus Sachsen und weiteren Bergbaugebieten Mitteleuropas. Die Einwohner entwickelten ihre eigene erzgebirgische Mundart.

Die Zusammensetzung der Einwohner wurde aber auch durch den Dreißigjährigen Krieg beeinflußt, davon zeugt hier die Geschichte des Hauses Nr. 87, früher auch „Glöckl“ genannt. Es ist seit 1783 in mehreren Etappen aus- oder umgebaut worden und bis 1946 von der Familie Kolitsch bewohnt worden. Um 1624 kam wahrscheinlich ein kroatischer Soldat mit einem slawischen Namen Kolić (Radmacher) mit den kaiserlichen Truppen ins Erzgebirge und hat als Urvorfahre der Familie Kolitsch hier Wurzeln geschlagen. Noch im Jahre 1945, nach sieben Generationen, lebten Nachfahren der Familie Kolitsch in 15 von fast 200 Häusern, aber auch in anderen Ortschaften der Umgebung.

Die ersten Häuser, die sich die Menschen im Erzgebirge bauten, waren wohl sehr einfach. Es handelte sich um ebenerdige Häuschen, die aus unbehauenen Baumstämmen in Blockbauweise zusammengesetzt waren. Erst im 18. Jahrhundert haben sich die typischen zweigeschossigen Fachwerkhäuser mit einem hohen Dach durchgesetzt. Die Größe der Wohnungen war relativ gering, weil im Erdgeschoß Platz für die Kuh- und Ziegenställe und für die Lagerung der Heizstoffe nötig war und auf dem Dachboden das Heu gelagert wurde.  Das Familienleben spielte sich meistens in einer großen Wohnküche ab. Erst zwischen den beiden Weltkriegen wurden Fachwerkhäuser durch komplett gemauerte Häuser ersetzt.

Die Häuser im Ortsteil Erb entstanden ursprünglich wegen der kurzen Wege zu den Zinngruben. Der Ortsteil ist typisch für die territoriale Zergliederung mit schlechten Zugangswegen, ständigen Wasserproblemen und widrigen Witterungsverhältnissen.

Nach der Zwangsaussiedlung der deutschen Einwohner 1945 – 46 und nachdem das ganze Joachimsthaler Bergbaugebiet aufgrund des Uranbergbaus ab 1952 zum Sperrgebiet erklärt wurde, begann der Abriss der Gebäude. Insgesamt wurden in Hengstererben die Hälfte aller Häuser abgerissen und im ehemaligen Ortsteil Erb verschwanden alle Häuser bis Mitte der 1960er Jahre komplett. Nur wenige Fachwerkhäuser sind noch heute in dem niederen Teil des Ortsteils Hengstererben und der Stadt Abertham erhalten.

 


Ehemalige Besiedlung des Ortsteiles Erb von Hengstererben. Alle rot markierten Häuser sind bis in die 1960er Jahre abgerissen worden. Nach Aufhebung des Sperrgebietes Joachimsthal entstanden in den 1980er Jahren wieder einige Wochenendhäuser, teilweise auf den Ruinen oder Fundamenten der früheren Gebäude. Hengstererben hatte 2012 noch etwa 45 ständige Einwohner, die meisten davon zugezogen, der Rest sind heute Wochenendhäuser wohlhabender Tschechen.
   


Der herbstliche Nebel umschließt die Ortschaft, ein Bild das nicht ungewöhnlich für diese Lage unmittelbar am Erzgebirgskamm ist.
   


Blick auf Hengstererben vom Erzgebirgskamm. Der heutige Ort erstreckt sich durch das Tal der „Wistritz“ und über die angrenzenden  Hochflächen.
  


Reste der ehemaligen Kaserne am Ortseingang aus Richtung Seifen.
   


Holzhaus in Blockbohlenbauweise. Hier ist auch ein kleines, aber hochinteressantes privates Bergbaumuseum untergebracht. Ein Besuch lohnt sich !
   


 Hier mal schon ein Blick in das kleine aber äußerst feine Bergbaumuseum.
  


Wohl die wichtigsten Initiatoren für das hiesige Bergbaugebiet, Jan Albrecht (Honza) und Marek Nesrsta (von links).
  


Die geschnitzte Skulptur vor dem Haus mit dem Museum ist nicht zu übersehen.
 


Eines der typischen zweigeschossigen Häuser der ursprünglichen Bewohner, hier als denkmalgerecht saniertes Wochenendhaus.
 

   

 

Die Stolln im Bergbaugebiet von Hengstererben / Hřebečná 

Im frühen Stadium der Zinngewinnung in Hengstererben wurde das Erz direkt an der Oberfläche in flachen Schürfen gewonnen. Mit allmählicher Verlagerung der Erzgewinung nach der Tiefe, bestand das Problem der Entwässerung, sowie des Transports von Erz und tauben Bergen nach Übertage. Neben den vertikalen Grubenbauen zur Erzgewinnung entstand dazu auch ein Netz von verschiedenen Stolln.

Der östliche Teil des Bergbaurevieres von Hengstererben, das durch den Schacht „Mauritius“ im sogenannten „Hinteren Hengst“ erschlossen wird, wird durch eine ganze Reihe von Stolln erreicht. Der längste, tiefste und wichtigste Stolln darunter war der „Blasius Erbstolln“. Das Mundloch dieses Stolln liegt im Tal der „Wistritz“ im Niveau von zirka 880 m NN. Er ist die eigentlich jüngste Stollnauffahrung des Reviers und wurde erst 1747 angeschlagen.

Bis dahin dienten höher gelegene Stolln wie „Weiße Taube“, „Tag Strecke“, „Christoph Stolln“ und vor allem der „Festenburger Stolln“ zum Entwässern des Reviers. Dessen Mundloch ist unterhalb der Straße von Hřebečná nach Rýzovna (Deutsch-Seifen) in der Wiese noch heute sichtbar. Die Sohle des Festenburger Stollns  lag etwa 40 m oberhalb des „Tiefen Blasisus Erbstolln“. Der „Festenburger Stolln“ diente zugleich der Entwässerung und der Förderung.

Ferner existierten im westlichen Teil von Hengstererben noch weitere kleine Stolln, wie zum Beispiel der „Eustachi Stolln“ und „Dionisy Stolln“, sowie im „Vorderen Hengst“ in Richtung Irrgang der „Georg Stolln“ und „Schaf Stolln“.

Der „Blasius Erbstolln“ war etwa 1.500 m weit aufgefahren und durchörterte am Anfang zunächst auf zirka  380 m Länge Glimmerschiefer, bis der erzführende Granitgreisen erreicht wurde. Nach gut 725 m ist der „Mauritiusschacht“ in einer Teufe von 84 m angefahren. Dort beginnen auch die beiden parallel verlaufenden Hauptgänge der Fundgrube, der „Führinger Gang “ und der „Mauritius Gang“. Auf diesem folgt der Stolln bis zum nordöstlichen Ende dieser Zinnlagerstätte, die durch eine sogenannte „Große Fäule“ gebildet wird, welche die Grenze zwischen Granitgreisen und angrenzenden Gesteinsschichten bildet.

Durch diesen tiefen Stolln wurde auch ein mächtiges Gangkreuz erschlossen das aus O – W-  und NW – SO- streichenden Gangstrukturen gebildet wurde. Diese waren im Bereich des Kreuzes reichhaltig vererzt und somit ein wichtiges Ziel für den früheren Bergbau. Zum letzten Mal wurde der „Blasius Erbstolln“ in den 1930er Jahren erneuert und war zu dieser Zeit fast in voller Länge fahrbar. Danach war er während der Prospektionsarbeiten während des 2. Weltkrieges von 1942 – 1944 und auch noch in den 1950er Jahren, als weitere Untersuchungsarbeiten auf Erze erfolgten (aber mit negativen Ergebnis) immer noch zugänglich.

 


Der  „Blasius Erbstolln“ ist an einem Wasseraustritt an der verbrochenen und vormals gemauerten Firste in der Wiese gut erkennbar.
 


Das ursprüngliche Mundloch der Wasserrösche des „Blasius Erbstolln“ ist anhand von  Resten der Trockenmauerung noch zu erkennen...  
  


...ebenso die Wassersaige parallel zum Flüßchen „Wistritz“, weil die Sohle des Stolln hier noch tiefer liegt als das Flußbett.
  


Aufgrund des Höhenunterschiedes mußte man eine imposante Halde als eine Art Deich zwischen Wassersaige und „Wistritz“ aufschütten. Dieses Bauwerk verhinderte bei Hochwasser den Rückstau in den Stolln.
  


Hier haben nun Stollnsohle und Flußbett das gleiche Niveau erreicht und das Stollnwasser kann in die „Wistritz“ ablaufen.
 


Vom Festenburger Stolln ist lediglich eine große Halde...
 


...ein verbrochenes Mundloch und...
 


...ein Wasseraustritt sichtbar.
  


Das hervorragend sanierte Mundloch des „Christoph Stolln“.
  

   

 

DieMauritius Fundgrube in Hengstererben / Hřebečná 

Die „Mauritius Fundgrube“ war das größte Zinnbergwerk des böhmischen Erzgebirges, in dem mit wenigen zeitlichen Unterbrechungen nahezu vier Jahrhunderte lang – von 1545 bis 1944 Zinnerz gefördert wurde. Allein in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhundert gewann man über 1.000 t Zinn. Die Förderung in der Blütezeit im 16. Jahrhundert, als oberflächennah Reicherze gewonnen wurden, dürfte noch wesentlich größer gewesen sein und wird auf 7.000 bis 10.000 Tonnen geschätzt.

Seit dem 16. Jahrhundert war die „Mauritius Fundgrube“, nach dem ersten Besitzer auch „Behrische Zeche“ genannt, sowie etliche weitere Gruben in Betrieb. Vor allem von der „Rote Grube“, die aber schon im 18.Jahrhundert zum Erliegen kam, sind riesige Pingen in der Landschaft auf der Anhöhe zwischen Hengstererben und Irrgang erhalten. Dagegen verzeichnete die „Mauritius Fundgrube“ in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhundert eine weitere Blütezeit, die bis in das 19. Jahrhundert reichte.

Gegen Ende des letzten Drittels des 19. Jahrhundert und bis Anfang des 20. Jahrhundert gehörte die Grube ausländischen Bergbaukonsortien aus England und Belgien, danach in den 30er Jahren wieder einer englischen Gesellschaft, die erneut Bergbau und Zinngewinnung mit moderneren Technologien versuchten. Trotz großer Investitionen konnte die Förderung aber nie voll anlaufen. Dasselbe traf auch den letzten, nicht gelungenen Versuch der deutschen „Sachsenerz AG“ von Sommer 1942 bis November 1944.

Der Hauptschacht der Grube, der „Mauritiusschacht“, war ursprünglich 84 m tief bis auf den Hauptentwässerungsstolln des Revieres, den „Tiefen Blasius Erbstollen“, geteuft. Der Blasius Stolln setzte aus dem Tal der „Wistritz“ heraus an. Durch die „Sachsenerz AG“ wurde der „Mauritiusschacht“ noch weitere 145 m abgesenkt.

Unmittelbar am „Mauritius Schacht“ war außerdem eine umfangreiche Erzaufbereitung angesiedelt und das hier gewonnene Zinn wurde als fertiges Endprodukt für den Handel geliefert. In der Vergangenheit standen neben dem Hauptschachtgebäude eine ganze Reihe von Gebäuden, unter anderem insgesamt 13 (!) Pochwerke zum Zerkleinern des Erzes, eine Zinnhütte, ab 1773 auch eine Arsenhütte sowie eine Schmiede. Außerdem befand sich hier ein Zechenteich, in den das Wasser aus dem „Toten Teich“ unterhalb des „Gottesgaber Spitzberges“ über einen Graben eingeleitet wurde. Das Zinn aus dem Erzgebirge war bereits im Mittelalter durch seine Qualität bekannt und ein gefragter Exportartikel, der unter anderem über Nürnberg nach fast ganz Europa verkauft wurde.

Das hauptsächlich geförderte Erz war Kassiterit (Zinnstein, SnO2).

Der Zinnstein kam sowohl in pneumatolytischen Gängen, als auch als Imprägnation (der sogenannte „Greisen“) vor. Der erzführende Granitgreisen wird durch eine mächtige gangartige Struktur, der sogenannten Fäule, vom Glimmerschiefer getrennt. Diese „Fäule“ stellt die Grenze der Lagerstätte nach Norden hin dar. Der „Festenburger Stolln“ erreichte und durchfuhr diese Lagerstättengrenze und erschloß somit das gesamte Grubenfeld.

Mit etwas Glück kann man Kassiterit noch gelegentlich auf den Halden der Bergwerksanlage finden.

Die folgenden Skizzen entstanden nach einem Riß des Berggebäudes „Mauritius Fundgrube“ mit Lage des „Schneppbruches“ und der Abbaubereiche des 17. und 18. Jahrhunderts sowie benachbarter Gruben. Die Bezeichnung „Lauf“ steht in diesem Bergbaugebiet für Sohle bzw. Gezeugstrecke.

Die tiefsten Abbaue liegen gut 600 m vom „Mauritius Schacht“, dem  Schacht mit Göpelwerk zum Fördern von Haufwerk und Erz entfernt und gut 50 m unter der „Blasius Erbstolln“- Sohle, somit im Bereich des „Tag- oder Förderschachtes“ fast 200 m unter der Tagesoberfläche !

 


Lageskizze der Mauritius Fundgrube und der angeschlagenen Stolln...
  


...und saigerer Schnitt dazu.
 


Die Sanierung des Stollnmundloches geht auf eine Initiative von Bergbaufreunden sowie der Stadt Abertham zurück. Angedacht ist auch die Aufwältigung des „Christoph Stolln“ und dessen Ausbau zu einem  Besucherbergwerk.
 


Im tschechischen wird der Grubenname nur mit „f“ geschrieben, wie man der Tafel über dem Schlußstein entnehmen kann.
 


1540 steht für den Erlass der „Hengster Zinnbergordnung“ durch König Ferdinand (von Böhmen natürlich - wir sind hier ja auf der "anderen" Seite des Erzgebirgskamms) und damit auch für den ältesten schriftlichen Beleg über dieses Bergbaugebiet.
 


2008 steht für die Sanierung des Stollnmundloches.
   


Die Halde des „Mauritius Schachtes“ vom Wanderweg aus gesehen.
  


Diese Tafel weist auf den verwahrten Schacht hin.
 


Alle bergbaulich bedeutenden Punkte und Sachzeugen, wie hier der „Mauritius Schacht“ sind im Gebiet von Hengstererben ebenso wie weitere Sehenswürdigkeiten mit zweisprachigen Informationstafeln versehen.
 


Der „Mauritius Schacht“ ist nur durch diese Betonplatte verwahrt und könnte jederzeit wieder geöffnet werden.
  


Auch die Widerlager für die Fördergerüststützen aus der letzten Betriebsperiode (Sachsenerz AG) sind noch da.
 


Die Fundamente der Fördermaschine und weiterer technischer Einrichtungen aus der letzten Betriebsperiode.
 


Östlich des „Mauritius Schachtes“ liegen noch die Reste weiterer Halden und eines Pochwerkteiches. Auch war hier der Standort der umfangreichen Aufbereitungsanlagen.
   


Reste eines Kunstgrabens für das Heranführen von Aufschlagwasser sind noch als Fragment im Gelände sichtbar.
   


Auf dem Höhenzug im Bereich des Baumbestandes liegen die großen Brüche, Pingen und Halden des einst sehr erfolgreichen Zinnbergbaus. Allerdings sind kaum Halden wie beim Erzbergbau sichtbar. Meist verschwand das taube Material nach dem Ende des Bergbaus in den Pingen.
  


Ein weiterer, noch ganz gut erkennbarer Grabenrest findet sich unweit der „Schnepp-Pinge“. Das Aufschlagwasser wurde aus Richtung Gottesgab herangeleitet.
  


Blick zurück zum „Mauritius Schacht“ und das sich mit Nebel füllende Tal.
 

   

 

Der Schnepp-Bruch oder Schnepp-Pinge in Hengstererben / Hřebečná 

Einer der beeindruckendsten Sachzeugen der Zinngewinnung in Hengstererben ist der sogenannte Schneppbruch oder Schnepp- Pinge, welche nach dem Besitzer des Gasthauses, das unweit des Bruches stand, Schnepp, benannt wurde. Diese Pinge entstand aus einem Tagebau mit darunter liegenden und zu Bruch gegangenen Zinnkammern auf den zwei Hauptgängen der Lagerstätte, Mauritius  und Führinger. Diese fast vertikalen Greisengänge mit hohem Kassiterit- Anteil verlaufen in nordöstlicher Richtung nahezu parallel in geringen Abstand zueinander, meist nur 3 m bis 5 m entfernt und erreichen zusammen eine Mächtigkeit bis zu 16 m.

Bereits seit dem 16. Jahrhundert wurde direkt an der Oberfläche in flachen Schürfen und durch verschieden hoch über dem Flüßchen Wistritz angesetzte Stolln Zinn abgebaut. Direkt durch die heutige Pinge verliefen zwei Stolln, der Christoph und der Festenburger Stolln. Desweiteren verlief noch auf sehr flacher Sohle die so genannte Tag- Strecke durch die Pinge hindurch, welche heute noch im oberen Bruch zu sehen ist.

Oberhalb des Schneppbruches liegen noch, verschieden groß und tief, zahlreiche Senken, Pingen und auch offene, teilweise 30 m tiefe Schächte. Diese befinden sich alle im Kreuzungs- und Scharungsbereich des Mauritiusgangzuges mit dem Zinngrübner Gang. Dieses Areal ist umzäunt und sollte aufgrund der nicht sofort sichtbaren Gefahren auf keinen Fall betreten werden !

Die Bergleute haben hier riesige unterirdische Kammern ausgehauen. Die größte davon war über 10 m breit und mehr als 200 m (!) lang. Als Gewinnungsmethode kam häufig das Feuersetzen zum Einsatz. Dabei wurden vor Ort in den Gruben Holzstapel angebrannt und durch die Hitze des Brandes die obersten Gesteinsschichten aufgrund ihrer thermischen Ausdehnung aufgelockert und "abgesprengt", was die Gewinnung der harten Greisen natürlich sehr erleichterte. Dabei entstehen typische, rundliche Hohlraumformen.

Der Abbau folgte den unregelmäßig im Greisen verteilten Imprägnationen und nahm auf moderne Standsicherheitsfragen keine Rücksicht. Dies ist auch dem Umstand geschuldet, daß Zinn noch sehr lange nicht zu den "edlen" Metallen gezählt wurde, sondern ein "grundeigener" Rohstoff war, welcher nicht von Beginn an bereits dem Regalrecht unterlag. Durch die Anlage sehr großer Abbauhohlräume und fehlende Sicherheitspfeiler kam es des Öfteren zum Einsturz dieser Kammern bis zur Tagesoberfläche hinauf, so wie in vielen anderen Zinnbergbaugebieten des Erzgebirges auch. Auch in Hengstererben ist der Schneppbruch ein solches Beispiel, genau wie die noch größere „Georgspinge“ auf der Anhöhe in Richtung Irrgang. Heute erscheinen die Pingen bei weitem nicht mehr so tief wie zur Zeit ihrer Entstehung, da sie sich durch den Einfluß von Erosion und des Nachbrechens der Pingenwände allmählich wieder mit Gesteinschutt füllen.

Der Schneppbruch liegt inmitten des Grubenfeldes der „Mauritius Fundgrube“ und auf dem Streichen der beiden Hauptgänge des Reviers. Die Bruchzone reicht bis unter das Niveau des „Festenburger Stolln“. Nur der „Blasius Stolln“ führt als einzige horizontale Auffahrung noch immer bis in die Abbaubereiche nördlich hinter dem Schneppbruch. Alle darüber liegenden Auffahrungen, wie die „Tagstrecke“ und der „Christoph Stolln“ sind heute am Schneppbruch unterbrochen, da sie durch die Entstehung des „Schneppbruches“ mit zu Bruch gingen.

Die Erzförderung im Bereich des Schneppbruches wurde zu Beginn des 18. Jahrhundert eingestellt und der Abbau verlagerte sich in den nördlichen Bereich der Lagerstätte, wo aufgrund der Gangscharungen ebenfalls eine reichere Vererzung vorhanden war und bis auf 220 m Teufe abgebaut wurde.

 


Der teilweise stark verwachsene „Schnepp- Bruch“ oder auch „Schnepp- Pinge“ vom südwestlichen Pingenrand aus gesehen.
 


Der Ausdehnung wegen noch mal im Querformat...
 


Blick in Richtung Südosten.
 


Ansicht aus Westen.
 


Aus dem Hangschutt der Pingenränder ragen stellenweise auch noch steile Bruchwände heraus. Hier liegen die Bruchprozesse noch nicht ganz so lange lange zurück. Durch den abgelagerten Hangschutt an den Pingenrändern werden die dahinter liegenden Wände stabilisiert. Zur Entstehungszeit der Pinge war diese wesentlich schmaler und erheblich tiefer. Die heutigen Ausmaße sind das Ergebnis der Erosion.
  


Allmählich geht auch dieser Tag zu Ende und der Nebel zieht auf. Diese Bergbaugebiet oben auf dem Kamm bietet noch ganz andere Schönheiten, denen man sich kaum entziehen kann.
 


Die Ausmaße der Pinge sind schon imposant, vor allem sieht man diese erst, wenn man unmittelbar am Pingenrand steht.
 


Die Fortsetzung der „Schnepp Pinge“ in nördlicher Richtung.
 


Hier ist sehr schön der Verlauf eines steil stehenden Zinngreisenganges und die Lage der „Tagesstrecke“ zu sehen, deren Stollnmundloch nur wenige Meter unterhalb der Pinge lag und heute nicht mehr aufzufinden ist.
 


Ansicht vom nördlichen Pingenrand.
 


Überall markieren Pingen und Halden den Verlauf der Zinngreisengänge.
 


Diese handgemachten, haltbaren und künstlerisch wertvollen Verbotsschilder werden von den tschechischen Behörden hier im Bergbaugebiet eingesetzt. Im Deutschland der akkuraten Normen einfach undenkbar.
 


Solche eingezäunte Bereiche sollte man aber unbedingt beachten, mitunter geht ein Schacht auch schnell mal gut 20 bis 40 m in die Tiefe. Hier sollte man sich  äußerst vorsichtig verhalten !
 


Auch das Waldgebiet ist durch die Auswirkungen des einstigen Bergbaus gezeichnet...
 


...wie durch Einsenkungen oder...
 


...den sich neigenden Masten einer Überlandleitung !
 


Mitunter sind die Senkungserscheinungen nur wenige Jahre alt und zeugen noch von der akuten Bruchaktivität in diesem Bergbaugebiet.
  

   

 

Der Basalt- Steinbruch bei Hengstererben / Hřebečná 

Der aufallende O – W- streichende Bergkamm zwischen Hengstererben und Seifen besteht aus einem Basalt, der hier in mehreren, verschieden großen Steinbrüchen gewonnen wird und Ähnlichkeit mit den Vulkaniten der Pikrit- Familie ( Nephelinit, Leucitit...) hat. Im Hauptsteinbruch ist die charakteristische Säulenklüftung dieses Vulkangesteins, die beim Abkühlen des etwa 10 bis 25 m mächtigen Lavastroms zustande kam, hervorragend aufgeschlossen. Der Vulkanismus war hier, ähnlich wie im Duppauer Gebirge oder im Tschechischen Mittelgebirge, vor etwa 17 bis 35 Millionen Jahren aktiv (in den Stufen Oligozän bis Miozän des Tertiärs).

Die Gewinnung des Basaltes für Straßen- und Wegebauzwecke durch die Karlsbader Straßenverwaltung begann Anfang des 20. Jahrhunderts und reichte bis etwa Anfang 1960. Aus dem Basalt wurde lediglich Splitt hergestellt.

Im Liegenden der Vulkanite tritt eine Lage mit Kies, Sand-  und Tonsteinen auf, die als einzigartiger Zeuge aus einer Zeit stammen, als das Erzgebirge als solches noch gar nicht existierte. Diese alttertiären Sedimente entstammen dem Boden von Seen und Flüssen im Gebiet der Kohlebecken des Egertales und sind erst durch tektonische Verschiebungen viel später hier hinauf gelangt. Vor der Erosion wurden sie hier durch die im Hangenden liegenden, harten Vulkanite, die nur unwesentlich jünger sind, geschützt. Hin und wieder tauchen im Sand auch Gerölle mit Zinnstein auf, die sogar in kurzen Stolln mitgewonnen wurden.

Dieser Bergkamm zwischen Hengstererben und Seifen wurde 1996 zum Naturschutzgebiet (NSG) Seifen erklärt. In diesem NSG werden auf einer Fläche von gut 20 ha nicht nur die Basaltaufschlüsse, sondern auch die gefährdeten Pflanzen- und Tierarten der Kammregion des Erzgebirges geschützt. Von den gefährdeten Pflanzen wachsen hier zum Beispiel Arnika, Schaumkraut, Meisterwurz, Bärwurz, Platanenblättriger Hahnenfuß, auch finden sich hier eine Reihe geschützter Vögel wie Wachtelkönig, Wendehals, Braunkehlchen und Birkhuhn.

   


Neben dem hochinteressanten Sachzeugen des Zinnbergbaus gibt es auch noch andere Sehenswürdigkeiten, die zwar nicht mit dem Erzbergbau zu tun haben, doch auch ein Muß für einen Bergbaufreund darstellen, wie dieser Basaltsteinbruch auf dem Erzgebirgskamm.
 


Eigentlich bedarf es keinen Kommentars, die Landschaft in der Abendsonne spricht für sich...
 


Der Steinbruchbetrieb ist schon seit gut 50 Jahren erloschen.
 


Heute ist das Gebiet ein großflächiges NSG mit etlichen seltenen Pflanzen und selten gewordenen Tierarten wie der Kreuzotter.
 


Die zugewachsene Verladerampe am Rand des Bruches.
 


Ein imposanter Aufschluß, schöner als die "Butterfässer" am Pöhlberg und den "Orgelpfeifen" am Scheibenberg mindestens ebenbürtig...
 


Die große Wand aus der Ferne als letztes Bild zu diesem Thema.
 

   

 

Die Rote Grube bei Hengstererben / Hřebečná 

Hengstererben oder früher nur „Hengst“ entstand als Bergbausiedlung an einer reichen Zinnerzlagerstätte schon im 14. Jahrhundert, doch erste urkundlichen Belege gehen erst auf das Jahr 1545 zurück. Zu dieser Zeit waren bereits die Erzgänge der „Roten Grube“ am so genannten „Vorderen Hengst“ bekannt und man begann mit der Erschließung der Lagerstätte am hinteren Hengst, der späteren „Mauritius Fundgrube“.

Am vorderen Hengst wurden Zinnerze aus etwa 15 Haupterzgängen gewonnen. Diese Greisengänge streichen NO – SW bis O – W und laufen fächerförmig im Bereich der „Roten Grube“ zusammen. Das Zinn wurde dabei bis zu 60 m tief, aber auch aus über 100 m Teufe abgebaut. Um diese Hauptgrube herum gab es auch noch zahlreiche kleine Grubenanlagen wie „Neues Jahr“, „Johannes“, „Dreikönig“ und „Wildbahn“. Das Bergbaugebiet am vorderen Hengst wurde dabei durch den „Georg Stolln“ und den „Schaf Stolln“ entwässert.

Das Bergbaugebiet Hengstererben zeichnete sich durch hochwertige Zinnerze, die ein gefragter Exportartikel waren, aus. Im 16. Jahrhundert lieferten die Gruben am vorderen und hinteren Hengst durchschnittlich jährlich etwa 50 Tonnen Zinn, doppelt soviel wie die Gruben am Plattenberg und viermal soviel wie die Gruben um Gottesgab. Somit nimmt dieses Bergbaurevier einen vorderen Platz unter den so genannten „Waldzinngruben“ ein. 

Am 1.Januar 1548 erlässt König Ferdinand eine eigene Bergordnung, die Hengster Zinnbergordnung. Einen schweren Schlag erlitt die Bergbautätigkeit durch den Dreißigjährigen Krieg, von dessen Folgen sich der Bergbau am Vorderen Hengst nie mehr erholte. Die letzten Bergbauversuche erfolgten am Ende des 18.Jahrhunderts.

Über die gewaltigen Ausmaße des früheren Bergbaus zeugen aber noch bis heute riesige Pingen, die durch das Zusammenwirken von Tage- und Tiefbau entstanden. Die größte Pinge ist die zirka 250 m lange, bis zu 50 m breite und jetzt noch 30 m tiefe „Georgs Pinge“ der „Roten Grube“. Diese übertrifft in ihren Ausmaßen sogar die „Wolfspinge“ am Plattenberg und ist vermutlich mit eine der größten Pingen in Tschechien.

Neben Zinn wurde in der Umgebung „Roten Grube“ auch Eisenerz abgebaut, dessen Gänge sich von Bludná bis hierher fortsetzten. Bekannt waren die Gruben „Josef“, „Tiefer Eisenstein“ und noch weitere kleine Gruben. Die meisten alten Bergwerke sind zwar heute gekennzeichnet und gesichert, trotzdem kann der Aufenthalt in ihrer Nähe gefährlich sein und kann deshalb nicht empfohlen werden. Die Bergbaugeschichte und weitere interessante Themen sind aber inzwischen durch einen Lehrpfad in der Umgebung von Hengstererben erschlossen.

   


Skizze der sogenannten „Roten Grube“ als Sammelbegriff für viele kleine und große Grubenanlagen in diesem Areal. Dargestellt ist nur ein Teil der Gesamtanlage, auch sind weder die Grubennamen, noch die blaugrau dargestellten Gangzüge vollzählig. Die Dimension des Areals läßt sich anhand der Skizze aber in etwa nachvollziehen. Der Heilige Christof (mit „F“) findet sich hier gleich noch einmal als Schutzpatron und auch die "Propheten" schreiben die Tschechen hier mit F.
 


Die „Georgs Pinge“ vom südlichen Pingenrand aus gesehen, im April 2012. In der Pinge sammelte sich das Tauwasser des letzten Winters.
 


Gleiche Ansicht, aber im September 2012.
  


Die „Georgs Pinge“ wurde zwar durch einen tiefen Stolln entwässert, doch scheint die Verbindung nicht mehr intakt zu sein.
 


Durch den relativ dichten Bewuchs an den durch aufgelagerte Bruchmassen abgeflachten Pingenrändern ist es möglich, die „Georgs Pinge“ auch zu betreten. Doch dabei ist äußerste Vorsicht und eine dementsprechende Absicherung geboten !
 


Die Schäden des vergangenen Winters sind allgegenwärtig.
 


Es finden sich kaum Stellen ohne die winterlichen Auswirkungen.
 


Die Pinge weist wirklich eine enorme Breite auf und ist mit Sicherheit größer als die „Wolfspinge“ am Plattenberg.
 


Neben der üblichen Bodenerosion treten aber auch Einsenkungen auf, deren Auslöser größere Wassermengen sein können, wie hier ebenfalls im April 2012.
 


Gleiche Stelle im September und aus anderer Perspektive.
  


Solche Schäden sind aber auch für Bergbaufreunde und für die tschechischen Geologen interessant, wie hier im September 2012. Die Suche hatte sogar Erfolg. Etwas Kassiterit konnte gefunden werden, was auch für dieses Bergbaugebiet keine Selbstverständlichkeit ist.
 


Egal wo man hinschaut - überall Senkungen und Pingen als Botschaft eines intensiven, aber schon längst vergangenen Bergbaus.
 


Weiter geht es zur „Wildbahner Pinge“.
 


Diese Pinge hat eine Längenerstreckung von 120 m, ist 30 m breit und gut 20 m tief.
 


Als Besonderheit gibt es bei dieser Pinge noch einen (mit entsprechender Vorsicht) zugänglichen, offenen Weitungsbau. Hier eine Aufnahme der Pinge vom April 2012.
 


Hier eine Aufnahme vom September 2012. Neben dem Bewuchs ist auch die Veränderung der Pingenwand im Bereich des Weitungsbaus gut sichtbar.
 


Das ständige Nachbrechen der Pingenränder macht die „Wildbahner Pinge“ sehr gefährlich und nicht berechenbar. Dies sollte bei einer Befahrung beachtet werden.
 


Detailansicht Zugang Weitungsbau.
 


Der dunklere Bereich auf dem Gangstück enthält sehr fein eingesprengten Zinnstein. Die Gewinnung des Erzes war deshalb sehr aufwendig.
 

 

An dieser Stelle beenden wir unseren kleinen Streifzug durch dieses hochinteressante Bergbaugebiet am Hengst. Es ist aber schon jetzt klar, daß es hier nicht nur eine Fortsetzung geben wird...

L.M.