Ein
Beitrag von
www.unbekannter-bergbau.de
Erstellt August 2010, letzte Aktualisierung Juli 2015.
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Befahrung
im St. Briccius zu Geyersdorf |
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Der Förderverein
für die Anerkennung der "Montanregion Erzgebirge" als
Weltkulturerbe bei der UNESCO hat dieses Bergwerk auf seine Liste der
hervorzuhebenden Denkmale gesetzt. Und wir waren noch nicht drin - na, das
geht doch aber nicht. Also wurde ein verregneter Augusttag genutzt und der
Pöhlberg erklommen. Hier stehen wir bereits annähernd 760 m über dem
Meeresspiegel und bestaunen die gut erhaltenen Mildenauer Waldhufen unter der
gerade aufgerissenen Wolkendecke... |
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Klar doch: Nicht
nur das Landschaftsschutzgebiet hat uns hergelockt. Man muß sich nur
herumdrehen und staunt über die Dimension der großen Pinge der St. Briccius-
Fundgrube. |
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Auch hier
östlich der Bergstadt Annaberg haben sich eine Handvoll Unverzagte
zusammengefunden und in mühevoller Arbeit an den Wochenenden die alten
Mundlöcher von St. Briccius, Heiliger Dreifaltigkeit und Freudenstolln wieder
hergerichtet. |
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Es sind insgesamt
fünf ( !! ) Stollensohlen übereinander - der steile Hang des
Pöhlberges machte es den Vorfahren möglich - und das mittlere Niveau wurde
in den zurückliegenden Jahrzehnten wieder zugänglich gemacht. |
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Die Anzahl der Hunte voll mit ausgeräumten Abraum, die dazu aus dem Berg zu schieben waren, hat keiner gezählt. St. Briccius hat
vor allem Kupfererz gefördert, die Fundgrube wurde nach gegenwärtiger
Kenntnis wohl bereits lange vor der Stadtgründung Annabergs (1496) erstmals
verliehen und war mit Unterbrechungen bis ins 19. Jahrhundert in Betrieb. Auch
die Sachsenerz AG hat in den 1940er Jahren das Bergwerk nochmals auf
bauwürdige Erzvorkommen untersucht. |
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Daß hier wirklich
viel Erz aus den Gängen zu holen war, belegen vor allem die gewaltigen
Firstenbaue über den Stollensohlen. Zum Größenvergleich beachte man rechts
unten in der Gangstrecke die Personen unserer Besuchergruppe... |
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Das relativ
standfeste Nebengestein der Annaberger Gneiskuppel unter dem Pöhlberg
erlaubt, die eindrucksvollsten Abbaue ohne den Blick (und das Blitzlicht)
störenden Ausbau offen zu lassen. Auch hier im Foto: Der gelbe Punkt am
unteren Bildrand ist ein Helm auf dem Kopf eines Besuchers. |
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Abgebaut wurden
mehrere, parallel verlaufende und flach streichende Gänge, die durch
schwebende Spatgänge geschnitten werden. An den Gangkreuzen haben die
Vorfahren riesige Weitungen hinterlassen und beim weiteren Vortrieb
gewöhnlich mit Abraum verfüllt. Diese auf Holzausbau abgelagerten
Versatzmassen sind natürlich im Lauf der Jahrhunderte heruntergebrochen und
mußten erst hinausgeschafft werden, bevor man hier als Besucher wieder
hinreichend sicher hinein darf. |
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Nicht alle Abbaue können leergezogen werden: Bei einigen käme man sonst oben auf der Wiese an... Fast schon "notgedrungen" haben die heutigen Hobbybergleute
deshalb die Handwerkskunst ihrer Vorfahren erlernen müssen: Inzwischen
beherrschen sie das Setzen von Gewölbemauerwerk ganz hervorragend ! |
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Dieser - an den originalen Vorbildern früherer Jahrhunderte orientierte Ausbau - kann heute anderen Bergbaufreunden als Vorbild dienen. Super gemacht
!! |
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Es sei an dieser
Stelle allen Mineraliensammlern gesagt, daß heute keine Erzfunde
mehr möglich sind. Wie immer, waren die Vorfahren da außerordentlich
gründlich... Und auch die farbigen Sinterbildungen sehen zwar bergfeucht schick
aus, zerfallen aber zumeist beim Austrocknen oder verlieren zumindest ihre
prächtigem Farben. |
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Außerdem ist der
wieder zugängliche Teil der Bergwerksanlage bereits jetzt ziemlich
umfangreich, stellenweise sehr eng - richtiger Altbergbau eben - und das
Einfahren ohne ortskundigen Führer nicht ungefährlich. |
Vor allem deshalb,
weil die steil einfallenden Erzgänge an vielen Stellen von der
Tagesoberfläche aus bis in große Tiefe fast komplett abgebaut wurden. In
regelmäßigen Abständen entlang der Gangstrecken finden sich in der Sohle
Durchschläge und Gesenke wie dieses hier. Der noch vorhandene Holzausbau entstammt der Zeit der
Untersuchungsarbeiten durch die Sachsenerz AG und ist folglich mindestens achtzig Jahre
alt. |
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Die Bergbaufreunde arbeiten daran, wenigstens einzelne Querverbindungen zwischen den Sohlen wieder herzustellen. Bereits jetzt kann man aber als Besucher schon so Vieles
entdecken, daß eine Befahrung auf dem genehmigten Besucherweg leicht mehr als
zwei
Stunden dauert. |
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Auch unser Dichterfürst und Geheimrat Goethe hat hier Spuren hinterlassen. Bekanntlich stritten sich zu seiner Zeit "Plutonisten" und "Neptunisten" um die Art und Weise der Entstehung der Basalte der erzgebirgischen "Scheibenberge" (Wer dazu mehr erfahren möchte, schlage zum Beispiel im zweiten Teil des "Faust" oder in diverser Fachliteratur zur Wissenschaftsgeschichte nach). Ob er nun höchstselbst hier eingefahren ist, ist nicht überliefert - aber der westlichste Abschnitt der Sohle des mittleren Briccius Stollens heißt tatsächlich "Goethe- Stollen". Er zielt nämlich unter den Pöhlberg- Basalt und sollte wohl der Klärung der Entstehungsgeschichte des Basaltgesteins dienen. Da hier kein Erz
mehr gefunden wurde, kann man in diesem Abschnitt die präzise Schlägelarbeit
der Vorfahren besonders gut bewundern. Und zunächst einmal ein rund drei
Meter hohes Streckenprofil, welches wohl einer Befahrung durch den Herrn
Geheimrat angemessen war... |
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Ein Stückchen weiter drin im Berg setzt die geräumige Firste ab und wird zunächst einmal ein "Normalprofil" - in dem normal große Personen immerhin noch aufrecht stehen können. Man beachte die
wie mit dem Lineal gezogenen Stöße dieser Schlägelstrecke... |
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Noch ein Stück weiter im Berg ging man dann zu einem "Spar-Profil" über. Von hier weg geht es nur noch in sehr Ischias- unfreundlicher Körperhaltung weiter. Der Basalt wurde
natürlich nicht erreicht - heute wissen wir schließlich, daß es sich dabei
um Reste erstarrter Lavaströme aus dem Tertiär handelt und daß der einstige
Vulkanschlot viel weiter südlich bei Hammerunterwiesenthal zu suchen
ist. |
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Auch vertaubten
die Erzgänge in westlicher Richtung. Die Alten haben zwar die angefahrenen,
querenden Trümchen untersucht, aber kein Erz mehr gefunden. An solchen
Einschlägen in den Streckenstößen kann man aber
heute noch gut erkennen, wie die Bergleute einst mit Schlägel und Eisen
vorgegangen sind. |
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An dieser
Ortsbrust haben vielleicht sogar zwei Hauer nebeneinander gearbeitet - und der
rechts war nicht ganz so geübt und flott wie sein Kollege links. |
Auch das hier
sind nicht die Schrämspuren einer Tunnelbohrmaschine. Das sind die
Meißelspuren der Hauer - an dieser Stelle aber ganz besonders schön
gearbeitet. |
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Der Vortrieb
einer solchen Erkundungsstrecke wurde wohl als Gedingeleistung vergeben.
Jedenfalls finden sich hier auch Gedingezeichen, wie dieses. |
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Daß auch im Mittelalter bereits die Effizienz der Erzförderung von Bedeutung
war, belegen solche Einschläge im Stoß der Abbaustrecken: Auf diesen
"Stufen" konnten mehrere Hauer neben- und übereinander gleichzeitig
den Firstenbau seitlich vorantreiben. |
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Noch mehr Details
illustrieren die Arbeit in einem solchen Bergwerk: Zum Beispiel ein solches
"Gequäl", mit dem das ständig tropfende Grundwasser gesammelt und
abgeleitet wurde. |
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Auch die
Wassersaigen in der Streckensohle sind an vielen Stellen in bester
Schlägelarbeit ausgeführt - besonders natürlich dort, wo auf der Strecke
Gesenke ansetzten, in die es natürlich nicht hineinlaufen sollte. |
Kurze Zusammenfassung: Diese Grube steht zurecht auf der Denkmalliste. Unbedingt sehenswert für alle, die sich für die Bergbau- Geschichte in ihrer Heimat interessieren ! Bewundernswert ist aber nicht nur allein die Ausdauer und
das unendliche Gottvertrauen der Vorfahren bei der Auffahrung der Stollen und
Strecken, sondern auch das Engagement und die Arbeitsleistung der
Bergbaufreunde heute. |
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Übrigens: St. Briccius wird am Tag des Geotops 2010 wieder für Besucher geöffnet. Nutzen Sie doch diese Möglichkeit zu einer Befahrung und lernen Sie ein beeindruckendes Stück Heimatgeschichte kennen !
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