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Erstellt November 2009, letzte Aktualisierung Juli 2015.
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Eine eigene Geschichte: Die Namen der Bergwerke |
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Zwar heißt es "Namen sind Schall und
Rauch", aber wie es meistens so ist, ist es auch damit nicht ganz so
einfach. Ist doch auch die Namenswahl Ausdruck aktueller Mode und damit der
gerade stattfindenden Geschichte. Das gilt genauso für Namen von Gruben oder
Bergwerksgesellschaften und weil ich kürzlich danach gefragt wurde, hier ein
paar Notizen unserer Redaktion dazu: |
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Eigennamen für Bergwerke oder Erzgänge gab es sicher
schon lange, aus dem hochmittelalterlichen Bergbau sind solche jedoch kaum
überliefert - zu wenige in dieser Zeit konnten überhaupt einen Namen für die
Nachwelt aufschreiben.
Auch wird es noch wenig üblich gewesen sein, den Bergwerken Namen zu geben: Ihre Anzahl war noch überschaubar und der Bergmann gab seinem Schacht wohl am ehesten den Namen "Schacht" - so wie der Landmann auch seinem Acker oder seinem Stall kaum einen Namen gab. Das änderte sich ausgangs des 15. Jahrhunderts mit dem "Silberboom" im obererzgebirgischen Kreis: Zum einen explodierte die Anzahl der Bergwerke und Gewerkschaften, zum anderen machte die kursächsische Bergbauverwaltung und der Handel mit Kuxen eine gewisse Ordnung einfach erforderlich. So stammen denn die meisten phantasievollen und wohlklingenden Bergwerksnamen auch aus der Zeit des 15. bis 19. Jahrhunderts. |
![]() Die legendenumwobenen "Drei Kreuze" zwischen Freiberg und Brand-Erbisdorf unweit des Drei Brüder Schachtes. |
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Die Wahl des Namens erfolgte sehr unterschiedlich:
Oft bildeten einfach Orts- oder Landschaftskennzeichen die Grundlage, auch
Personen oder Ereignisse, sehr oft der Schutzpatron der Gewerkschaft. Und nicht
zuletzt spielten immer auch Hoffnungen und Wünsche auf erfolgreichen
Bergbaubetrieb eine große Rolle. |
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Orts- oder Landschaftsbesonderheiten:
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Die Heilige Anna gilt im evangelischen Raum als Schutzpatronin des Bergbaus. Diese besonders schöne Plastik der Anna selbdritt steht an der Engen Gasse in Freiberg. |
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Hinsichtlich der Ortsbezeichnungen ist auch auf
Besonderheiten zu verweisen, die aus der Organisation des kursächsischen
Bergwesens ab dem 16. Jahrhundert resultieren: Bezeichnungen, wie etwa
"Fundgrube", "Maßschacht", "Unteres" und
"Oberes Maß", "Überschaar" oder auch "Gegentrum"
bezeichnen einfach bestimmte Teile und Abschnitte eines Grubenfeldes. Manchmal
verselbständigten sich solche Revieruntergliederungen und so gibt es zum
Beispiel heute mitten in Freiberg einen "Maßschacht", der eigentlich
"nur" das 6. Obere Maß auf dem Thurmhof Stehenden ist... Tatsächlich
gibt es auch solche Namen, wie "Elende Seelen Spat" oder "Blinddarm Stolln" (in
Freiberg). |
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Personen oder Ereignisse:
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In diese Reihe von Namen gehören auch die
verschiedenorts zu findenden "Fürstenstolln" (z.B. Schneeberg,
Freiberg), war doch der Landesherr gewöhnlich selbst Gewerke der Grubenbetriebe
und natürlich sehr daran interessiert, daß die Bergwerke auch Gewinn abwarfen.
Deshalb wurden schon früh aufwendige Stollenbauten aus herrschaftlicher Hand
vorfinanziert oder unterstützt und die Gewerkschaften bekamen dann einen
solchen Namen. |
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Heilige und Schutzpatrone:
Da Sachsen seit 1531 evangelisch ist, ist die Heilige
Barbara hier praktisch nicht vertreten - obwohl sie überall in katholischen
Ländern als die Schutzpatronin
der Bergleute gilt. An ihre Stelle ist die Heilige Anna getreten und hat selbst in den Namen der Bergstadt Annaberg Eingang
gefunden... |
![]() Auch dieses Hauszeichen in der Freiberger Donatsgasse widerspiegelt die tiefe Frömmigkeit der Bergleute |
In manchen Gruben begnügte man sich auch nicht mit
einem einzigen Nothelfer - mehrere zu haben, konnte ja nur besser sein:
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Überall aber finden sich vor allem solche
Bergwerksnamen, in denen sich die ewige Hoffnung auf Erzanbrüche, gutes
Ausbringen und gesunde Wiederkehr nach der Arbeit widerspiegelt:
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![]() Religion hin oder her - als gutes Omen für den Erfolg gilt der Beistand der Heiligen auch heute noch: Hier zum Beispiel beim Bau des Tunnels Dölzschen auf der BAB 17 von Dresden nach Prag. Da hier Bergleute aus dem (katholischen) Böhmen gearbeitet haben, haben die sich natürlich die Barbara mitgebracht. |
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Gräbt man im Bergarchiv zu Freiberg einmal nach
alten Karten oder Unterlagen, muß man beachten, daß Bergwerksnamen oftmals
gewechselt haben: Nahm etwa eine neue Gewerkschaft eine alte, auflässige Grube
wieder auf, bekam auch das Bergwerk oft einen neuen Namen. Ganz charakteristisch
ist für die jüngere Zeit das folgende Beispiel:
In Oelsnitz/Erzg. im Lugau-Oelsnitzer
Steinkohlenrevier wurde im 19. Jahrhundert der "Kaiserin Augusta
Schacht" geteuft. Spätestens nach dem zweiten verlorenen Weltkrieg war die
Kaiserin dann aber als Schirmherrin nicht mehr opportun. Dafür verfuhr Adolph Hennecke
in Oelsnitz seine erste
Sonderschicht und so erhielt der Schacht dann den Namen Karl Liebknechts. Aller
Wechselfälle der Geschichte zum Trotz können Sie heute immer noch am selben
Ort im Bergbaumuseum die Geschichte des sächsischen Steinkohlenbergbaus
erleben... |
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Das ging aber schon früher los: Im Zuge der
Industrialisierung im 19. Jahrhundert wurden auch die zahlreichen, kleinen Einzelbetriebe im
Erzbergbau unrentabel. So entstanden nach und nach neue, erheblich größere
Bergbaugesellschaften. Charakteristisch für diese Zeit ist vor allem der Name
"Vereinigt Feld", den es in unzähligen Varianten und wirklich
überall gibt.
Manchmal haben diese neuen Gesellschaften aber auch alte Namen
übernommen. Das betrifft zum Beispiel im Freiberger Revier die Himmelsfürst
Fundgrube im Südfeld oder die Himmelfahrt Fundgrube im Zentralrevier. Beide
hatten nichts mehr mit einer "Fundgrube" im ursprünglichen Wortsinne zu
tun - sie bauten in einem ganzen Revierabschnitt über mehrere Förder-, Wetter-
und Fahrschächte und über kilometerlange Verbindungsstrecken zwischen den
einzelnen Erzgängen auf zahlreichen Sohlen Erz ab... |
![]() Das älteste, erhaltengebliebene "moderne" Fördergerüst des sächsischen Erzbergbaus steht auf dem Thürkschacht in Neustädtel. |
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Ganz anders wurde die Namensgebung im 20.
Jahrhundert: Der Pragmatismus des Industriezeitalters gewann die Oberhand. Die
damalige SAG Wismut zum Beispiel hat die Schächte und Strecken einfach
durchnummeriert. Da die Uranerz- Bergwerke zum Teil ins Gigantische gewachsen
sind, kamen dann nach und nach auch solche verwirrenden Bezeichnungen, wie
"Blindschacht 383 II-B"
oder "Rohrschacht 15 II-B"
zustande (nicht zu verwechseln mit dem "Schacht 15 II-B",
den gibt es auch und in den können Sie sogar
heute noch in Schlema einfahren). Das war auch gewollt, denn der
Uranerzbergbau war natürlich ganz fürchterlich geheim... |
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Die obenstehende Auswahl von Grubennamen fiel mir
beim Frühstückskaffee quasi "aus dem Ärmel" ein und erhebt
keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit.
Sie können uns aber gern noch weitere besonders schöne oder besonders ausgefallene Namen mitteilen - wir nehmen sie in unsere kleine Aufzählung auf ! J.B. |
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