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Ein Beitrag von www.unbekannter-bergbau.de
Erstellt 2010, letzte Aktualisierung Juli 2015.
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Montanhistorische Einführung
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Bergbaubeginn: Wann genau der Bergbau um Freiberg nun wirklich begonnen hat, darüber streiten die Historiker noch immer. Auch die Stadtväter Freibergs legten den Termin der 800-Jahr-Feier ihrer Stadt etwas freizügig für 1986 fest. Wir wollen diese Diskussion aber den Fachleuten überlassen und hier nur einige interessante Fakten für unsere Leser der Reihe nach anführen. Fest steht, das 1165 die Wettiner das Kloster Marienzelle (heute Altzella) gründeten und es mit Ländereien muldeaufwärts ausstatteten. Die Lesart der erhalten gebliebenen Urkunden und Chroniken besagt, daß um 1168 das Silbererz entdeckt worden sei. Aufgeschrieben hat es damals aber keiner und wenn, sind diese Urkunden im Dunkel der Geschichte verschollen. Die Verhandlungen über den Rücktausch der Fluren von Christiansdorf, Tuttendorf und Berthelsdorf mit den Äbten von Marienzelle fanden jedenfalls 1169 und 1170 statt. Sie waren auch deshalb recht geheim, weil die Meißner Markgrafen zu dieser Zeit das Bergregal nicht innehatten und es ihrem Kaiser erst abluchsen mußten. Dies gelang ihnen und in der Folge führten sie eine wichtige Neuerung ein: Jedem Freien wurde das Aufsuchen der Bodenschätze freigestellt - Bergleute gab es nämlich noch nicht in der Mark Meißen, also mußte man sie irgendwie herlocken. Zuhilfe kam den Wettinern dabei der Streit des Sachsenherzogs Heinrichs des Löwen mit Kaiser Friedrich Barbarossa um die Kaiserstadt Goslar. Den Belagerungen der Stadt entflohen auch die niedersächsischen Bergleute. Die erste Bergmannssiedlung in Freiberg wurde deshalb "Sächsstadt" genannt und lag westlich von Christiansdorf. Die erste (erhalten gebliebene) urkundliche Erwähnung als Stadt fand Freiberg dann im Jahr 1209 in einem Quedlinburger Güterverzeichnis. Gut recherchiert kann man viel über die frühe Zeit Freibergs übrigens in den Geschichten um die "Hebamme" nachlesen (unter unserer Rubrik "Informatives" gibt es auch Buchtipps !). Zu dieser Zeit bestand überliefertes Bergrecht - und zwar nur für die Bannmeile um Freiberg. Es wurde in den Fassungen des Sachsenspiegels von 1307 (Kodex A) und 1346 (Kodex B) aufgezeichnet. Andere Grundherren wurden auf den neuen Reichtum der Meißner Markgrafen schnell aufmerksam und versuchten, es ihnen mit dem Bergbau nachzutun. Auch wenn die Freiberger allesamt sehr stolz auf das Alter "ihres" Bergbaus sind - schon in dieser frühen Zeit waren es keineswegs mehr die einzigen. Jüngste Forschungen belegten für den Glashütter Bergbau einen Beginn zwischen 1175 und 1235, gleiches gilt für den Bergbau am Bleiberg bei Frankenberg (um 1220) und den Bergbau bei Scharfenberg (1294) südlich von Meißen. Spätestens im 14.Jahrhundert gruben sich auch in Wolkenburg, am "Hohen Forst" bei Wiesenburg oder in Schwarzenberg die Hauer in die Erde. Dieser ersten Blütezeit setzten jedoch Klimaverschlechterungen (Ende des hochmittelalterlichen Klimaoptimums), der Ausbruch der Pest 1348 und in deren Folge ein drastischer Bevölkerungsverlust ein vorläufiges Ende. In "ihrem" Freiberg versuchten die Wettiner mittels fiskalischer Unterstützung - z.B. beim Bau des Alten Tiefen Fürstenstollns ab 1348 - mit wechselndem Erfolg dem Niedergang gegenzusteuern. Andere Bergstädte - wie Bleiberg oder der Fürstenberg am Hohen Forst - gingen dagegen ganz ein und wurden wüst.
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Entwicklung des Bergamtsbezirkes vom 16. bis 19. Jahrhundert: Am Ende des 15.Jahrhunderts begann dann mit den großen Silberfunden in Schneeberg (um 1470) ein neues "Berggeschrey" im obererzgebirgischen Kreis und eine zweite Blütezeit, deren zeitweise enorme Gewinne auch auf die anderen - älteren - Reviere ausstrahlten. Grundlegend für den Aufschwung war auch das inzwischen in den Händen reicher Kaufmannsfamilien angehäufte Kapital, das nach renditestarken Anlagemöglichkeiten suchte, diese im Handel mit den Kuxen fand - letztlich aber auch enorme technische Fortschritte ermöglichte. In Ehrenfriedersdorfer Revier wurde um 1525 das "Kunstgezeug" zur Wasserhebung erfunden, das das Vordringen in größere Tiefen erheblich erleichterte. In diese Zeit fallen aber auch bedeutende gesellschaftliche Umbrüche: Die Renaissance strahlte über die Alpen nach Norden aus; Ullrich Rülein von Calw und Adam Ries studierten und lehrten in dieser Zeit, der letzte Band der "Re Metallica" von Georgius Agricola erschien 1556. Nicht zu vergessen: Die Reformation. Luther predigte in Wittenberg und die Thüringer Bauern erhoben sich. Die sächsischen Landesherren lavierten in dieser komplizierten Zeit Anfang des 16.Jahrhunderts sehr geschickt - trotz der Querelen mit dem katholischen, habsburgischen Kaiserhaus gelangte 1531 die Kurwürde an die Albertinische Linie der Wettiner. Mit der sprunghaft steigenden Zahl von Revieren und Gruben, durch den Handel mit den Kuxen - aber auch aufgrund der Streitereien der Brüder Ernst und Albrecht um ihre Erbländereien (Leipziger Teilung 1485) wurde in dieser Zeit auch eine grundlegende Neuordnung des Bergwesens erforderlich. Ein einzelner Bergmeister - trotz der Beistellung von Richtern und Geschworenen - konnte ein ganzes Revier längst nicht mehr überblicken. Daher wurde das überlieferte Bergrecht mit der Annaberger Bergordnung (um 1500) neu gefaßt, an die veränderte Situation und die gesammelten Erfahrungen angepaßt, die einstige "Bannmeile" verworfen und die Bergamtsbezirke mit ihrem Beamtenapparat und einer regionalen Zuständigkeit geschaffen. Einer dieser Bergamtsbezirke wurde Freiberg. Die Zuständigkeit des kursächsischen Freiberger Bergamtes umfaßte in dieser Zeit etwa den Bereich zwischen Frankenberg im Westen, Siebenlehn im Norden, Naundorf im Osten und Frauenstein im Süden. Südwestlich grenzte es an die Bergämter Wolkenstein und Marienberg (1521), westlich an Geyer und Ehrenfriedersdorf (1466), südlich an Seiffen und Altenberg und östlich an Glashütte. Der Ertrag und die Bedeutung der einzelnen Reviere schwankte natürlich erheblich und einige verloren sehr schnell wieder an Bedeutung. Bereits im 18.Jahrhundert wurden die ersten Bergämter zusammengelegt (u.a. erloschen 1761 die schönburgischen Bergämter Elterlein, Scheibenberg und Oberwiesenthal und fielen an Annaberg). Im 19.Jahrhundert verschob der Braun- und Steinkohlenbergbau der Industriealisierung den Schwerpunkt des Bergbaus dann auch regional erheblich und es kam zu weiteren Neuordnungen. In dieser Zeit wurden zuerst Glashütte, Altenberg und Seiffen zum Bergamt Altenberg zusammengelegt, 1856 kam dieser erweiterte Bergamtsbezirk insgesamt an Freiberg. Von Bedeutung für das Montanwesen waren ferner die Schaffung des Oberhüttenamtes und später der "General-Schmelzadministration" als metallurgische Verwaltungsbehörden mit Sitz in Freiberg. Die Münze dagegen wurde von Freiberg nach Dresden verlegt. Heute werden in Halsbrücke wieder Rohlinge für die Prägung der Euros bearbeitet... Die kursächsischen Bergämter bestanden noch bis 1869. Mit der Verabschiedung des ersten Berggesetzes für das damalige Königreich Sachsen in diesem Jahr wurde der veraltete Verwaltungsapparat aufgehoben. Dem verbliebenen "Landesbergamt" in Freiberg war jetzt nur noch die Verwaltung der Bergbau- Rechtstitel sowie die technische Überwachung des Bergwerksbetriebes übertragen. Es bestand unter diesem Namen weiter bis 1923 und wurde dann wieder in "Oberbergamt" umbenannt. Mit der Verwaltungsreform in der DDR wurde es zunächst in bezirksgebundene Bergbehörden zerlegt und besteht als Sächsisches Oberbergamt erneut seit 1990.
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Betrieblich- technische Entwicklung
Aus eigenen Gesprächserfahrungen heraus halte ich einige Bemerkungen zur technischen und "betriebswirtschaftlichen" Entwicklung des Freiberger (und allgemein) sächsischen Montanwesens an dieser Stelle auch für angebracht. Zum einen sei hier festgehalten, daß natürlich jeder Bergbau und jeder Schacht an der Oberfläche - also "übertage" - ansetzt. Es ist deswegen aber noch lange kein "Tagebau". Unter anderen Klimabedingungen, in anderen Regionen und in anderer (Früh-) Zeit haben natürlich die Ägypter, Griechen oder Römer zyprische oder toskanische Kupfererze; oder die Kelten und Slawen Raseneisenerze in "echten" Tagebauen gewonnen. Das aber war hier vom 12.Jahrhundert an nicht mehr der Fall. Alle montanarchäologischen Untersuchungen (vgl. z.B. die Forschungsberichte über den "Treppenhauer" bei Frankenberg) zeigen eindeutig, daß man sofort im Tiefbau begann. Ausnahmen an großen Gangausbissen (Lorenz Gegentrum), im Gold- oder Zinnseifenbergbau belegen bekanntlich die Regel. Das hatte einen höchst einfachen Grund: Wir befinden uns hier in einer Mittelgebirgsregion im Westwindanstrom mit einem ausgesprochen humiden Klima. Es war schon schwierig genug, das ohnehin zulaufende Grundwasser aus den Gruben zu heben - wie aber hätte man zu dieser Zeit auch noch das Regenwasser aus einer offenen Grube schöpfen sollen ?! Eine möglichst kleine Tagesöffnung - die man leicht abdecken konnte - war daher die naheliegendste Lösung. Eine andere, immer wieder gestellte Frage ist die nach dem "Eigenlöhner- Bergbau". Obwohl der Bergmann im späten Mittelalter aufgrund der Bedeutung seiner technischen Kenntnisse ein gefragter und daher auch privilegierter Fachmann - ein im Rechtsverständnis dieser Zeit "freier Mann" war - war er durchaus kein Einzelkämpfer. Auch hier zeigen die Erkundungsergebnisse an alten Bergwerksgebäuden, daß kaum eines "isoliert" für sich bestand. Schon die ältesten Schächte waren durch Querschläge verbunden, um sich Wetterführung, Wasserhebung und Förderung gegenseitig zu erleichtern. Die Spezialisierung des Einzelnen unter der Leitung des Bergmeisters in einem straff organisierten, genossenschaftlich geführten "Unternehmen" war wohl überhaupt das herausragende Kennzeichen des Montanwesens dieser Zeit. Das wurde mit der zunehmenden Technisierung ab dem 16.Jahrhundert noch viel mehr erforderlich. Tatsächlich tauchen - belegbare - Eigenlöhnergruben erst viel später auf: Besonders im 18. und 19.Jahrhundert versuchten zum einen die Stadträte, sich durch eigene Bergbauunternehmungen und Kommunzechen die Privilegien einer "Bergstadt" zu bewahren. Aber auch für viele einfache Leute war es schlicht erforderlich, sich mit einem "Nebenerwerbs- Bergbau" als Eigenlöhner in kleinen Gruben über das Winterhalbjahr ein Zubrot zu verschaffen. In größeren, ertragreichen Gruben dagegen verlief die Entwicklung andersherum und so, wie der Lauf der Geschichte allgemein erwartet wird: Aus den vielen kleinen Fund- und Maßgruben und Stollengewerkschaften konsolidierten nach und nach immer größere Gesellschaften. Im Freiberger Revier waren am Ende des 19.Jahrhunderts übriggeblieben:
Diese "Fundgruben" trugen nur noch den Namen, waren aber im eigentlichen Sinne längst schon höchst "moderne" Aktien- und Bergwerksgesellschaften. Das aber brachte bei allem Fortschritt auch ein neues Problem mit sich. Über Jahrhunderte wurde mit dem Freiberger Silber quasi "Geld" als Hauptprodukt gefördert. Dessen Wert als allgemeines Zahlungsmittel wurde natürlich so gut es ging stabil gehalten. Dafür sorgten auch Oberhüttenamt, später General-Schmelzadministration und nicht zuletzt die Prägeanstalten, die für den Metallgehalt der Münzen verantwortlich zeichneten. Bereits mit der zunehmend "kapitalistischen" Produktionsweise im ausgehenden Mittelalter tauchte aber auch das Verhältnis von Angebot und Nachfrage als Preiskriterium auf. Das schlug schon einmal um die Mitte des 14.Jahrhunderts zu, als aufgrund des Bevölkerungsschwunds infolge von Klimawandel und Epidemien die Nachfrage zusammenbrach. Es schlug erneut mit den Edelmetallimporten aus dem 1495 entdeckten Amerika zu und brach dem Silberpreis endgültig das Genick, als 1871 das Deutsche Reich gegründet wurde und man zur Reichsmark auf Goldbasis als Währungseinheit überging. Plötzlich war Silber nicht mehr "Geld", sondern nur noch "ein Metall"... In "Der Freiberger Bergbau - Technische Denkmale und Geschichte" von Wächtler/Wagenbreth (Hrsgb.) findet sich zur Entwicklung des Silberpreises die folgende Zusammenstellung. Daher wurde im Jahr 1913 der Freiberger Bergbau nach ungefähr 745 Jahren fast ununterbrochenen Betriebs das erste mal eingestellt. Bis auf die eine Grube "Alte Hoffnung" in Kleinvoigtsberg. Aber schon 1935 wurde die "Sachsenerz AG" gegründet, die zahlreiche alte Gruben wieder aufnahm. Auch in Freiberg, denn für die Akkus der U-Boote brauchte man jede Menge Blei. Als erste wurde die Beihilfe in Halsbrücke wiederaufgenommen, 1937 die Himmelfahrt Fundgrube. Nach dem Ende des Weltkrieges steckten zunächst die Offiziere der Wismutverwaltung ihre Geigerzähler in jedes offene Loch. Auch die Himmelfahrt wurde nur wenige Wochen nach Kriegsende wieder gesumpft. Man fand zwar hier kein Uran, nahm aber trotzdem bereits 1946 - zunächst unter Regie der damaligen SAG Wismut - den Erzabbau wieder auf. 1951 wurde dann der VEB Bleierzgruben gegründet und auch die Gruben Alte Hoffnung Gottes und Churprinz Friedrich August wurden wieder aufgenommen. 1961 wurde aus den erzgebirgischen Hütten- und Bergbaubetrieben (Freiberg, Altenberg, Ehrenfriedersdorf) das VEB Bergbau- und Hüttenkombinat (BHK) "Albert Funk" gebildet. Noch bis 1969 wurde in Freiberg Blei- und Zinkerz gefördert und auf die Buntmetalle und zahlreiche Spurenelemente verhüttet, dann war wieder einmal Schluß. Das Kombinat leitete aber den Zinnbergbau der anderen Reviere und die Buntmetallverhüttung noch bis 1990. Mit der Wiedervereinigung schlug dann erneut der Weltmarktpreis über dem Autarkiestreben der DDR-Führung zusammen. Aus dem einstigen BHK ist in der Zwischenzeit auch die Saxonia- Stiftung hervorgegangen, die sich um die Bewahrung der bergmännischen Traditionen in der Region sehr verdient gemacht hat. Ob man nun aber demnächst die Freiberger Gruben wieder einmal anfährt - diesmal um die überall präsente Elektronik mit teuren Spurenmetallen, wie Indium und Germanium zu versorgen - das wird die Zukunft zeigen...
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